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  • Ein guter Beitrag über Herrschaft und das, was sie aufrecht erhält:...
    https://diasp.eu/p/12822032

    Ein guter Beitrag über Herrschaft und das, was sie aufrecht erhält: „Entstanden im aufsteigenden Bürgertum, hat er sich #Bildung als ein unhinterfragtes Konzept über die Gesellschaft gelegt. Bis heute sind für „akademische“ Kinder die Chancen zigfach höher, an eine Uni zu kommen und dort Erfolg zu haben. Es sind nicht alle „ihres Glückes Schmied“. Das ist Ideologie, denn wir leben nicht in einer herrschaftsfreien Gesellschaft, in der es egal wäre, woher man kommt.“ https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-freie-wille-ist-eine-ideologie

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      Diese „Chemie“ sorgt ja auch dafür, dass schichtenübergreifende Lebenspartnerschaften kaum häufiger sind als ethnisch „gemischte“. Aber wie wirkt sie bei der sozialen Vererbung?

      Sie entsteht im Herkunftsmilieu, dessen soziale Position durch den Zugriff auf ökonomische, kulturelle, soziale und symbolische Ressourcen bestimmt ist. Wichtig sind aber auch Identifikationsprozesse mit diesem Milieu und seinem Habitus. Bildungsarmut entsteht nicht nur, wenn die Eltern zu wenig kulturelles Kapital „vererben“, sondern auch in dem, was sie stattdessen weitergeben. Nämlich bestimmte „Komplexe“, etwa eine starke Unsicherheit gegenüber Bildung. Man fühlt sich minderwertig, traut sich nichts zu und versucht es dann kaum. Selbst bei manchen Studierenden sehe ich das, obwohl die es ja alle immerhin an die Universität geschafft haben. Wer etwa Dialekt spricht, was ja zumeist nicht als „legitime Kultur“ gilt, traut sich oft nicht, im Seminar etwas zu sagen.

      An diesem Punkt würden nun viele mit Hintergrund in der „legitimen Kultur“ einwenden: Na ja, versuchen müssen sie es schon selbst. Lehrjahre sind keine Herrenjahre!

      Wer das so sagt, muss seine Herkunft komplett vergessen haben. Aber tatsächlich treten „ererbte“ Unsicherheiten auch offensiv auf, als Trotz, als scheinbare Selbstsicherheit. Etwa in der Abwertung von „Studierten“, die „keinen Nagel einschlagen“ können. Aus der Not wird eine Tugend, man tröstet sich im Vorhinein über versagte Chancen: „So ein Schreibtischjob wäre wirklich nichts für mich.“ Das wirkt wie sich selbst erfüllende Prophetie, wie ein Teufelskreis, dem schwer zu entkommen ist. Schon Kinder entsprechen oft unwillkürlich den schlechten Meinungen, die Lehrkräfte von ihnen haben, was diese Zuschreibungen wiederum bestärkt.

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