Die Wirecard-Connection deutscher Behörden | Telepolis

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    Suite à la lecture de cet aricle l’envie me prend de déménager à Palerme ou Naples. Là bas on est sans doute davantage à l’abri de la mafia qu’à Berlin. En plus il fait meilleur temps dans le Mezzogiorno qu’à Berlin où on n’est même plus récompensé par de vrais hivers pour les longues périodes pluvieuses de l’automne.

    09.11.2021 von Rainer Winters „Failed State Germany“ - Kommentar und Hintergrund

    Cambridge Analytica, Wirecard, Glencore, Bosch, Credit Suisse, Kolping, UBS, M.M. Warburg, Facebook, HSBC, Deutsche Bank - ohne Whistleblower wie Christopher Wylie oder Karsten vom Bruch wären die epochalen Skandale rund um diese Unternehmen nicht ans Tageslicht gekommen.

    Die eindrucksvolle Liste wäre beliebig erweiterbar, doch erweckt sie den Anschein, dass nur Firmen auf der Anklagebank sitzen. Dabei dürfte die Liste mit Trägern staatlicher Aufgaben ebenso lang ausfallen. Kraftfahrtbundesamt, US-Army, Südwestrundfunk (SWR), Kreisverwaltung Bad Segeberg, FBI, Andrej Babis, Behörden, Minister, Beamte aller Art sind kaum besser als die von ihnen verfolgten Unternehmen. Auch das zeigen regelmäßige Hinweise mutiger Whistleblower wie Daniel Hale, Ole Skambraks, John Kiriakou oder Margit Herbst.

    In der Reihe großer Skandale nimmt der Fall des Dax-Unternehmens Wirecard eine besondere Stellung ein. Kaum ein anderer deutscher Skandal hat je so viele Verfehlungen von staatlich Verpflichteten offengelegt.

    Wie schon der Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages zum NSA-Skandal muss der Untersuchungsausschuss zu Wirecard im Großen und Ganzen als gescheitert bezeichnet werden. Nicht zuletzt, weil Bundeskanzleramt, Geheimdienste und Ministerien Wissen und Beteiligung bis heute effektiv vertuschen.

    In moderater Manier attestiert die Financial Times dem designierten Bundeskanzler Olf Scholz, er habe „während des Wirecard-Skandals bei der Arbeit geschlafen“, an Scholz scheine „nichts Negatives hängen zu bleiben“.

    Ein paar hierarchische Ebenen unter dem Bundeskanzleramt scheinen auch diverse Staatsanwaltschaften auf der ganzen Linie zu versagen. Das Online-Magazin The Pioneer mutmaßt, die Staatsanwaltschaft München habe sich „in ihre Vision von der Wirklichkeit verrannt“.
    Hochproblematischer Schulterschluss

    Nun mag ja der Fisch immer vom Kopfe her stinken, im Falle Wirecards aber müffelt die halbe Republik. Am Drama rund um den Finanzkonzern Wirecard zeigt sich, welch unerträgliche Gesinnungsgemeinschaft deutsche Behörden zusammen mit Deutschlands Finanz- und Wirtschaftselite verfestigt haben.

    Der hochproblematische Schulterschluss ist ein demokratiegefährdender Cocktail mit bislang unbekannter Ausprägung von Demokratieverachtung. Auch ein Untersuchungsausschuss im Bundestag konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die gebildeten Strukturen an mafiöse Spektren erinnern: Hochorganisiert und strukturell schädlich.

    Jährlich erwirtschaften Deutschlands Top-Konzerne Milliardenumsätze mit fragwürdigen Methoden. Steht das große Geld generell nicht selten im Verruf, kriminell zu sein, erwartet man zumindest von Politik und Staat Rechtschaffenheit. Die Wahrheit ist flächendeckend eine andere. Das Beispiel: Fast alle staatlichen Stellen, die mit der Kontrolle des Finanzgebarens von Wirecard beauftragt waren, sind auf miserable Art involviert.

    Bundesregierung, Bundesfinanzministerium (BMF), Bundesjustizministerium (BMJV), Geheimdienste, Bundeskriminalamt (BKA), oberste Bundesbehörden, Wirtschaftsprüfer, DAX-Konzerne, sie alle sitzen in einem Boot, in der Krähen den anderen zwar kein Auge aushacken, die kleinen von ihnen aber - so wie die DPR - gefressen werden.

    Der Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach sagt: „Die Tatsache, dass sich ehemalige Minister, Staatssekretäre, ein ehemaliger Polizeichef und ein aktiver Berliner Politiker von Wirecard einspannen ließen, macht mich sprachlos.“ Der Herausgeber der Berliner Zeitung, Michael Maier, sagt im Kontext Wirecard, so etwas erwarte man vielleicht in Sizilien, aber nicht in Bayern. Mafiöses Gebaren?

    In geradezu konzertierter Aktion wird die Presse bekämpft, beschattet, denunziert, angeklagt, wenn sie über die Machenschaften berichtet.

    Nur dank der Robustheit einer ausländischen Medieninstitution, der britischen Financial Times (FT), wird Deutschland bewusst, wie korrupt ihre obersten Behördenvertreter sind. Die Zeitung hat wunderbar beschrieben, wie sich hierzulande die Politik- und Finanzelite entlarvt.

    Die Hartnäckigkeit ihres Investigativ-Reporters Dan McCrum spielte eine zentrale Rolle bei der Aufklärung. Er wurde deswegen in Deutschland massiv angegriffen. Das ist ein Lehrstück für sich.
    Die Hintergründe

    Beginnen wir im Bundestag. Es gab einen Untersuchungsausschuss, der am 22. Juni seinen Abschlussbericht an Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble übergab.

    Die Oppositionsparteien beantragten ihn, die Vertreter der Großen Koalition (KoGroKo) enthielten sich, wollten ihn tendenziell verhindern. Die FT zitiert das Ausschussmitglied Danyal Bayaz, den Moment festhaltend, als Deutschlands Behörden sich auf die Seite von Kriminellen stellten und gegen Journalisten und Marktteilnehmer ermittelten, die kritische Fragen stellten.
    Output deutscher Medien = Fehlanzeige

    Natürlich wäre es die Aufgabe deutscher Journalisten gewesen, allen voran der öffentlich-rechtlichen ARD und ZDF, über die Verfehlungen Wirecards und aller beteiligten Behörden zeitnah zu berichten. Dass sie jahrelang zu offensichtlichem Unrecht schwiegen, ist eine Kapitulation des deutschen Pressewesens.

    Dagegen erklärte der für Wirecard-Berichte federführende Journalist der FT seine journalistische Hartnäckigkeit im Mai damit, dass es „so himmelschreiend war, dass wir es mit einem kriminellen Unternehmen zu tun hatten“. Sechs Jahre lang hatte Dan McCrum mit seiner Zeitung investigativ recherchiert.

    Der organisierten Behörden- und Finanzlandschaft fiel nichts Besseres ein, als den Botschafter der Nachricht von der Justiz verfolgen zu lassen. McCrum berichtet, dass [Wirecard] die Klage persönlich an seine Privatadresse lieferte. Es war, als würden sie sagen: „Übrigens, wir wissen, wo Sie wohnen“, so McCrum.

    Bereits 2015 hatte er zusammen mit seinen Kollegen John Reed, Stefania Palma und dem heute noch aus Frankfurt berichtenden Olaf Storbeck über Unstimmigkeiten in der Wirecard-Bilanz hingewiesen.

    Deutschlands Politiker verfolgen die nationale und internationale Medienberichterstattung sehr genau. Selbst in Landtagen gibt es einen Dienst, der allen Mitarbeitern täglich eine Presseschau zusammenstellt.

    Deutschen Behörden scheint es egal zu sein, was ausländische Medien über ein deutsches Top-Unternehmen schreiben. Sie verlassen sich lieber auf deutsche Medien, in Momenten, wenn selbst Kai Diekmann, ehemaliger Chefredakteur der Bildzeitung, über eine Agentur für Wirecard tätig wird. Informationsinsel Deutschland.
    Input aus Großbritannien: Der Zatarra Report

    2016 fassen britische Shortseller in Sherlock Holmes Manier zusammen, was alles bei Wirecard faul ist. In ihrem 101 Seiten starken Zatarra Report (vgl dazu Bundesfinanzministerium 2020, PDF, S.4) steht zum Beispiel, dass der Geschäftsführer von Wirecard Technologies, M. B. zusammen mit J. P. S. zwei Schweizer Firmen inkorporierte. S., der im Mittelpunkt einer laufenden Untersuchung stehe, die Beihilfe und Anstiftung in mehreren Fällen von Geldwäsche, illegalen grenzüberschreitenden Transaktionen, Veruntreuung und gewerbsmäßigem Betrug beinhalte.

    Obwohl die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Report liest, lässt sie die Kritik an Wirecard im Sande verlaufen. Einer der Shortseller, Fraser Perring, wird selber angeklagt, und erst vier Jahre später wird die Anklage fallen gelassen. Zu oft werden in Deutschland die Botschafter geköpft, und die Feldherren geschont.

    Seit 2003 machte Wirecard Geld mit E-Payment-Funktionen für internetbasierte Glückspiel- und Pornoseiten. Kaum verwunderlich im Puffland Deutschland, in dem Massenpuffs wie das Pascha in Köln durch wohlwollende Gesetzgebung florieren und gedeihen, ermöglicht durch die „christlichen“ Parteien CDU und CSU und ihren willfährigen Partner SPD.

    Der Sachverständige Kilian Kleinschmidt nannte Wirecard ein Finanzierungsdarknet für (Einf. d. A. libysche) Milizen und Dienste. Solche Unternehmen befinden sich in Deutschlands Top 30 Aktienunternehmen, mit solchen Unternehmen arbeitet das BKA zusammen, mit solchen Unternehmen machen Banken wie die Commerzbank oder die Deutsche Bank Geschäfte?
    Input von Deutschlands kriminellen Banken Commerzbank und Deutsche Bank

    Nachdem Medien 2019 von ihren Recherchen berichten, schreibt eine Aktienanalystin der Commerzbank an ihre Kunden: „Gestern hat der Serientäter Dan McCrum, Journalist bei der ansonsten renommierten FT, einen weiteren negativen Artikel über Wirecard veröffentlicht.“ Und weiter: „Wir sind eigentlich mehr besorgt über [die] offensichtliche aktive Beteiligung der FT an der Marktmanipulation als über die Vorwürfe an das Unternehmen. Wir glauben, dass die Aufsichtsbehörden dies ernsthaft untersuchen müssen.“

    So macht die Commerzbank Geld? Journalisten werden als Serientäter dargestellt. Wie die Großfinanz wünscht, so springt das Hündchen Staatsanwaltschaft auf den Zug und ermittelt gegen die Medien, nein, einen Journalisten.

    Und so weiter und so fort. Ein damaliges Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank schreibt an den inzwischen inhaftierten Wirecard-Chef Markus Braun: „habe übrigens 3x wirecard aktien gekauft letzte woche, macht diese zeitung fertig!!“, gefolgt von einem Smiley.

    Das Handelsblatt zitiert das entlarvende Sprachbild, auch andere Zeitungen berichten, was der frühere Deutsche-Bank-Aufsichtsrat Braun als Maßnahme gegen die Financial Times vorschlägt.

    Als großer Aktionär der Deutschen Bank sieht die Fondsgesellschaft Deka in dem Aufsichtsratsmitglied ein „Reputationsrisiko“. Der Mann verlässt die Bank und seitdem müssen sich Journalisten fürchten.

    Ganz als ob kein öffentliches Interesse an dem Berichteten besteht, geht ein Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank gegen veröffentlichende Medien vor, so gegen das Handelsblatt, die Financial Times oder das Internetportal Zackzack. Kolumbianische Zustände, in denen Journalisten nicht auf Demonstrationen angegriffen werden, sondern dezent und kostenintensiv von Vertretern der White Collar-Branche. So kann man Medien zum Schweigen bringen, und dazu, dass sie erst gar nicht mehr berichten.

    Commerzbank, Staatsanwaltschaft, systemimmanenter Terror Deutschlands. McCrum ist fassungslos. Das Fraud Magazin berichtet über seine Angst, die der deutsche Staat im Zusammenspiel mit Deutschlands Finanzelite bei ihm auslösen:

    Ich dachte nicht, dass ich jemals nach Deutschland reisen könnte, sonst würde ich verhaftet werden.
    McCrum

    Das Magazin schreibt weiter: Twitter-Spam-Accounts behaupteten, er habe die Artikel geschrieben, die Wirecard belasten, weil seine Frau für einen Konkurrenten arbeite. Wirecard schien entschlossen zu sein, seinen und den Ruf seiner Frau zu zerstören.
    Vom britischen Input bis zum Bonner Bafin-Knall

    Dass der Ruf der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kaputt ist, ist nur eine der Lehren des Wirecard-Dramas. Als der Nachfolger für Bafin-Boss Felix Hufeld feststeht, lästert die FT, Deutschlands Finanzaufsichtsbehörde wirke eher wie ein gealterter Zwergspitz (sic Pomeranian) als ein dynamischer Rottweiler. Eine Anspielung auf den Zweck eines Zwergspitzhundes, der in England als Spielzeughund gilt, aus Pommern bzw. Deutschland kommt und zudem das Lieblingstier der deutsch-englischen Königin Victoria war. Victoria war zu 50 Prozent deutsch.

    Felix Hufeld muss die Bafin verlassen, als die Nachrichten in der Welt sind, dass sich eine nicht geringe Anzahl Mitarbeiter an Wirecard-Aktien bereicherte, dass mindestens ein Mitarbeiter sein Insiderwissen versilberte, während die Behörde ihre Aufsichtsfunktion gegen Wirecard gen Null runterfuhr. Dass die Bafin Fraser Perring anklagen und verfolgen ließ, obwohl seine Hinweise von Nutzen waren.

    Und vor allem dass der Vorwurf des Bilanzbetrugs bekannt war, man aber nur ein Leerverkaufsverbot verhängte. Das Magazin Finance schreibt, Berliner Rechtsanwälte würden im Auftrag von Wirecard-Investoren eine Sammelklage gegen die Bafin und die DPR wegen Staatshaftung vorbereiten.

    In einem Moment, wo sich die Verantwortlichen in Deutschlands Finanzaufsicht mit Vorwürfen von Strafvereitelung (§ 258 StGB) und anderen Amtsdelikten konfrontiert sehen, wo die EU-Kommission die Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA beauftragt, die Rolle der deutschen Finanzaufsicht zu überprüfen, wo die FT den Spielzeugcharakter deutscher Behörden herausstellt, propagandiert Hufeld, seine frühere Behörde gehöre zu den besten Aufsichtsbehörden der Welt. Globales Gelächter und ein Knall.

    Der Abgang Hufelds wird als Bonner Knall in Erinnerung bleiben, als sich in den Hallen der Bafin die geballte Blockadeenergie entlud, die sich unter Hufeld angestaut hatte.
    Bundeskriminalamt schleust Wirecard ein

    Von Bonn nach Wiesbaden sind es knappe 90 Minuten. Hier sitzt die nächste Behörde, die keine gute Figur macht. Die Beschreibung dieser Behörde gelingt einfach, denn sie trägt den Namen Kriminalamt als Amtsbezeichnung. Das Bundeskriminalamt (BKA) arbeitet mit der Bafin zusammen, vor allem wenn es um die Zuständigkeiten des BKA wie bei Geldwäsche geht.

    Man sollte erwarten, dass das BKA vor drei Jahren von der Bafin informiert worden war, nachdem die Bonner von der Finanzakteurin Fahmi Quadir informiert wurden, dass Wirecard eine gigantische Geldwaschmaschine ist. Angeblich verfolgte die Bafin den Hinweis nicht weiter. Da Hufelds Paradebehörde aber detaillierte Informationen zur Verfügung standen, dürften ihre Mitarbeiter mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit auch das BKA informiert haben.

    Sofern das BKA die Informationen vorliegen hatte, stellt sich die Frage, warum auch diese Behörde nicht reagierte. Eine mögliche Antwort findet sich bei den von Wirecard ausgegebenen Kreditkarten. Das BKA ließ sich von Wirecard bestechen? Verdeckte Ermittler des BKA wurden mit kostenlosen Wirecard-Kreditkarten versorgt.

    Kaum vorzustellen, dass BKA-Mitarbeiter dieses anvertraute Dax-Unternehmen auf Geldwäsche hin überprüfen. Anstatt dem Verdacht auf Geldwäsche nachzugehen, vertraute die Machtelite lieber dem neuen Aushängeschild Deutschlands, und klagte stattdessen Journalisten und den Überbringer der schlechten Nachricht an.

    Der Sonderermittler des Bundestagsuntersuchungsausschusses, Wolfgang Wieland, beziffert die Quote aller für Strafrechtssachen eingesetzten Kreditkarten auf ein Drittel. Wirecard konnte so die Umsätze der verdeckten Ermittler einsehen. Die Tagesschau berichtet über einen erfreuten Wirecard-Vorstand: „dann sehe ich wenigstens, was über das Konto läuft“.

    Laut Medienberichten wählte das BKA die Wirecard-Bank aus, um mit Hilfe von Kreditkarten Verdächtige zu überwachen. 2014 habe sich ein BKA-Beamter mit folgendem Anliegen an Wirecard gewandt: "Wir würden einer Zielperson gerne eine originalverschweißte mywirecard-VISA als „Geschenk“ geben, damit diese die Karte fleißig nutzt. […]"

    Sobald die auf Überwachung gesetzte Karte eingesetzt werde, werde ein entsprechender Datensatz mit den Informationen unmittelbar an die Strafverfolgungsbehörde gesandt. Da die Zielperson sehr misstrauisch sei, müsse ihr diese Karte originalverpackt übergeben werden.

    Das BKA kooperierte seit 2013 mit derjenigen Firma, die sie überwachen sollte. Dass das BKA auf FT-Anfrage keine Stellung nahm, obwohl es dazu gemäß Pressegesetz verpflichtet ist, spricht Bände. Auch dieses Amt ist nicht sauber.
    Kaum richtig drin, schon draußen - die DPR

    Nicht sauber zu sein, dagegen wehrt sich unterdessen die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR). Im englischen Sprachraum heißt die DPR auch FREP. Ihr Chef Edgar Ernst schimpft über die Politik. Die Bafin habe die Bilanzbetrugsvorwürfe „niedrig gehängt“, und dann seiner Stelle mit gerade mal 15 Mitarbeitern die große Aufgabe übertragen, komplexe forensische Prüfungen durchzuführen.

    Diese Beauftragung erfolgte erst 2019, obwohl da längst zahlreiche Hinweise vorgelegen hatten. Eine Rekapitulation. 1999 wird Wirecard gegründet, 2003 verdient die Firma Geld an Glücksspiel und Pornos. 2008 gibt es Hinweise auf Unregelmäßigkeiten. 2016 zirkuliert der Zatarra-Report. 2017 berichtet das Manager-Magazin über intransparente Bilanzierungen. 2019 legt die FT nach.

    BMF, Bafin und BMJV wissen sehr wohl von Wirecard und deren vermuteten Bilanzfälschungen, beide kennen die „Personalstärke“ der DPR. Laut Bericht der Frankfurter Allgemeinen (FAZ) konnte die DPR einen von 15 Mitarbeitern für die Prüfung abstellen. Eine Prüfung, die 16 Monate dauern sollte.

    Ernst sagt der FAZ, mit der DPR habe niemand gesprochen. Es scheint, BMF und BMJV nehmen die DPR als Trumpfkarte, um Medien und Öffentlichkeit einen Happen hinzuschmeißen, damit sie Ruhe geben. Als das BMJV der DPR den Vertrag kündig, sieht sich Ernst als „Bauernopfer“.

    Die FT berichtet, Ernst habe gesagt, das Budget der DPR sei bewusst klein gehalten worden, um die finanzielle Belastung der deutschen Unternehmen, die die Stelle finanzieren, zu begrenzen.
    Wieviel Input in Bundesministerien?

    Überhaupt BMJV - und BMF . Die beiden Bundesministerien werden von Ministern der SPD geleitet. Nun sagt der Bundesrechnungshof, beide hätten das Verfahren der Bilanzkontrolle „zu keiner Zeit“ kritisch überprüft, obwohl „Zuständigkeitsprobleme“ bekannt gewesen seien.

    Das Ministerium von Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat Olaf Scholz habe außerdem nicht nachgehalten, ob die Bafin ihre Instrumente ausschöpfe. Die Bafin sei dem Anspruch des Gesetzgebers nicht gerecht geworden, als integrierte Allianzaufsicht zu wirken. Eine fast zurückhaltend diplomatische Insinuierung.

    Bundestagsmitglied Jens Zimmermann beklagt die geringe Kooperationsbereitschaft der Regierung. Jetzt gehts um die Geheimdienste. Der Bundesnachrichtendienst sitzt in Berlin, untersteht direkt Kanzlerin Merkel. Sonderermittler Wieland stellt fest, dass auch der BND Kreditkarten von Wirecard nutzte. Und noch mehr.

    Der ehemalige Staatssekretär im Bundeskanzleramt für Geheimdienste, Klaus-Dieter Fritsche, CSU, ist Sicherheitsberater von Wirecard. Im Untersuchungsaussschuss bestätigt er, seine guten Kontakte in Regierungs- und Geheimdienstkreise seien doch nützlich gewesen. Er habe gemeinsam mit Mitgliedern des Wirecard-Vorstands Termine im Kanzleramt wahrnehmen können, worauf sich Kanzlerin Merkel „höchstpersönlich“ bei einer China-Reise für den Konzern einsetzte. Ja mei.

    Welche Mitglieder der Bundesregierung zu welchem Zeitpunkt involviert waren, wird noch vor der kommenden Bundestagswahl thematisiert, so lautete die Hoffnung…
    Viel Input durch Bundesnachrichtendienst

    Die Zeitung Junge Welt berichtete, Fritsche habe zu Protokoll gegeben, er selbst habe auf die Arbeit der Finanzaufsicht Bafin vertraut und keinen Grund gesehen, sich nicht für Wirecard zu engagieren. Oben verlässt sich auf unten, unten auf oben, und keiner schaut ins Eingemachte - außer vielleicht Whistleblower, aber die werden kaltgestellt.

    Der Vertraute von Korruptions-Kanzler Helmut Kohl (CDU), Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer, sagt im Ausschuss, im Zusammenhang von Wirecard verschweige er lieber Informationen, die die nationalen Sicherheitsinteressen Deutschlands gefährden können. Er sei als Teil eines Rings von Senior-Experten aus der Geheimdienstwelt gegenüber Wirecard Chef Jan Marsalek aktiv geworden.

    Schmidbauer berichtet, Wirecard habe ein besonderes Interesse am Bundestagsmitglied Fabio De Masi gehabt. In Finanzkreisen gilt de Masi als kritisch. Anlässlich der Luxemburg Leaks bezeichnete er die Verbindung von Regierungen der Europäischen Union (EU) und internationalen Konzernen wie Apple und Google als Komplizenschaft. Die Bundesländer würden versuchen, Unternehmen und Vermögende mit schlechter Personalausstattung bei Betriebsprüfungen anzulocken.

    Schmidbauer sagte der Zeitung Die Welt, er habe De Masi „nicht ausspioniert“. Schmidbauer gibt zum Besten, es gäbe noch weit mehr Zeugen als ihn, „dann müssten ganze Armeen mit ihren Generälen in Berlin vor dem Ausschuss erscheinen.“ Die Bundesregierung legt Unterlagen vor, schwärzt aber wesentliche Passagen.

    Laut Medienberichten sagt ein ex-Vorstandsmitglied von Wirecard aus, Wirecard-Chef Marsalek habe von ihr „einen kompletten Jahresdatensatz der Wirecard-Geschäftspartner zur Weiterleitung an den BND angefordert und erhalten“. Wirecard, BND, Kanzlerin Merkel, eine Wirecard-Connection.
    Nebulöses Interesse des österreichischen Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT)

    Etwas unklarer dagegen das Interesse des österreichischen Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Warum hat der BVT im Zusammenhang mit Wirecard ein Interesse an De Masi? Laut Bericht der Berliner Zeitung legen vorliegende Akten nahe, dass das BVT hinter De Masi her war.

    Die Zeitung schreibt: „Im Original-Chat der Ex-BVT Agenten Martin W. und Egisto O. hatte W. von O. gefordert, den Lebenslauf De Masis an Schmidbauer zu schicken, worauf dieser entgegnet haben soll: ’Ist schon passiert.’ De Masi sagte dieser Zeitung: ’Ich habe bis heute keine Antwort auf meine Aufforderung an den österreichischen Innenminister bekommen, die Vorgänge umfassend aufzuklären.’ Die Bundesregierung behauptet, über keine Erkenntnisse zu den Vorgängen um Martin W. und Egisto O. zu verfügen und sich auch nicht um solche Erkenntnisse zu bemühen! Das ist an sich schon ein Skandal!“

    Die Rolle Österreichs ist ein eigenes Kapitel, die den Umfang dieses Artikels übersteigt. Geheimdienste unterstützen die Spiele der Machteliten und sie erschweren jegliche Aufklärungsversuche enorm. Die Korruptionsjägerin Eva Joly schreibt in ihrem Buch „Im Auge des Zyklons“, ihre Ermittlungen als zuständige Untersuchungsrichterin im Fall Elf-Aquitaine-Leuna hätten ergeben, dass Elf mehr als 50 Millionen Deutsche Mark an einen Mittelsmann zahlte, der Kontakte zum BND pflegte.

    Doch obwohl die deutsche Justiz alle Trümpfe in der Hand hatte, sei nichts geschehen. Bis heute nicht. In der laut Guardian größten Betrugsuntersuchung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ging es um 200 Millionen Britische Pfund für politische Gefälligkeiten, Mätressen, Schmuck, Kunstwerke, Villen und Wohnungen. Auch die deutsche Justiz hat ihren Anteil an der staatsversagenden Wirecard-Connection.
    Nachrichtendienstliche Außenstelle Wirecard?

    Die Verstrickungen von Wirecard, den Geheimdiensten und explizit dem Bundeskanzleramt lässt die Hypothese zu, dass Wirecard zu einer Art nachrichtendienstlicher Außenstelle aufgebaut werden sollte. Parallel wird man von Seattle bis Berlin nicht müde, den chinesischen Tech-Konzern Huawei zu verteufeln, weil dieser in der chinesischen nachrichtendienstlichen Infrastruktur eine wesentliche Rolle spielt.

    Dass umgekehrt Wirecard möglicherweise ein Baustein in der nachrichtendienstlichen Infrastruktur Deutschlands war, hängt man natürlich tief. Erst als zu viele Skandale ans Licht kamen, wurde dieser Teil der Infrastruktur wieder fallen gelassen.
    Die Rolle der Ermittler 1: Die Staatsanwaltschaften

    Bis die für Wirecard zuständige Staatsanwaltschaft München ihre diversen Anklagen fallen ließ, dauerte es mitunter vier Jahre. 18 Monate lang verfolgte der Staat Deutschland den britischen Shortseller Fraser Perring. Erst Mitte 2020 wurde die Anklage fallen gelassen.

    Der Kollege von Perring, der Shortseller Matthew Earl, präsentierte der Staatsanwaltschaft München 2019 konkrete Hinweise auf Geldwäschegeschäfte. Im Untersuchungsausschuss sagt Earl: „Es war ein seltsames Treffen, die Atmosphäre frostig“. Das Manager-Magazin berichtet, man habe ihn behandelt „wie den Staatsfeind Nummer eins“.

    Irgendwann sei der Staatsanwältin ein Licht aufgegangen. Sie habe gesagt: „Du lieber Himmel, das ist ein Dax-30-Unternehmen“. Und Earl: „Ganz genau, und das ist Ihr Problem“, so die Zeitung. Natürlich hätte dieselbe Staatsanwaltschaft längst gegen Wirecard, gegen die Bafin oder das BKA ermitteln können. Aber nein, man kennt sich, man schätzt sich, man hackt sich gegenseitig kein Auge aus? Es könnte den eigenen Job kosten, zumal die Staatsanwaltschaften dem Justizministerium unterstehen.

    Stattdessen erwirkt die Behörde lieber einen Strafantrag wegen Marktmanipulation gegen Hinweisgeber. Die FT schildert, wie nach der Veröffentlichung des Zatarra-Reports auch ihr Reporter Dan McCrum überwacht wurde, eben weil er über den Report berichtete.

    Die Süddeutsche Zeitung berichtet über die Aussage einer Wirecard-Sprecherin, der Konzern habe „niemals die Überwachung einzelner Personen durch Detektive beauftragt - auch nicht von Herrn McCrum noch anderer Journalisten“. In Konzernkreisen hieß es, eine von Wirecard beauftragte Forensik-Beratung hätte damals einmalig von sich aus und ohne Absprache Personen beschattet, so die Zeitung.

    Wer es am Ende war, ist ja egal. Festzuhalten gilt, wie die Behörden (hier im Zusammenspiel mit Wirecard) die Presse einschüchtern. Zwar ließ die Staatsanwaltschaft auch die Geschäftsräume von Wirecard durchsuchen, aber erst im Juni 2020, als schon 12 Jahre lang Nachrichten über Fehlverhalten im Umlauf waren.

    Ob nun, da die Würfel gefallen sind, die Staatsanwaltschaften anfangen, ihre Arbeit zu machen, darf bezweifelt werden. Den Beteiligten bei der Staatsanwaltschaft droht selber eine Anklage wegen Strafvereitelung im Amt. Selbiges gilt womöglich für die Staatsanwaltschaft Frankfurt, die erst jetzt, im Jahre 2021, ein Ermittlungsverfahren gegen die Bafin eröffnete. Jeder ermittelt gegen jeden, Deutschland kaputt.
    Die Rolle der Ermittler 2: Wirtschaftsabschlussprüferaufsichtsstelle APAS

    Die Aufgabe von Staatsanwaltschaften ist die Prüfung für den Staat, ob der Staat wegen Rechtsbruch Anklage erheben will. Eine andere Bundesbehörde prüft, ob Wirtschaftsprüfer wie die der TOP 4 aus EY, PricewaterhouseCoopers (PwC), Deloitte oder KPMG ihre Aufgaben rechtskonform ausführen. Die Abschlussprüferaufsichtsstelle APAS ist die Wirtschaftsprüferaufsicht in Deutschland, und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier untergeordnet. Laut dpa wurde APAS-Chef Ralf Bose fristlos gekündigt.

    Denn Bose wird vorgeworfen, dass er illegal mit Wirecard-Aktien just in dem Moment handelte, als seine Behörde die Wirtschaftsprüfergesellschaft EY in Hinblick auf Wirecard überprüften. Da EY vorgeworfen wird, ebenfalls nicht rechtskonform gearbeitet zu haben, ermittelt die APAS gegen EY. Staatsanwaltschaften ermittelten gegen die Bafin, APAS gegen EY, der Untersuchungsausschuss gegen Geheimdienste und das Bundeskanzleramt: Das Wirecard-Drama legt in der Tat systemisch-staatliche Strukturen offen, in dem der Staat selber zum Angeklagten wird.

    Auch die Weigerung der APAS, dem Wirecard-Insolvenzverwalter Michael Jaffé die benötigten Dokumente zur Verfügung zu stellen, gehört da hinein. APAS und Bundeswirtschaftsminister Altmeier verweigern die Herausgabe mit der Begründung, die Öffentlichkeit würde sonst erfahren, wie die APAS arbeitet. Mafia-Prinzipien?

    In diesem Zusammenhang muss auch die Frage gestellt werden, warum die Staatsanwaltschaften nicht bereits 2008 oder 2016 gegen Wirecard ermittelten? Oder warum sie nicht gegen den neuen APAS-Chef und Bundeswirtschaftsminister Altmeier ermitteln. Streng genommen müsste auch gegen die Staatsanwaltschaft München wegen Verdacht auf Amtsvereitelung ermittelt werden.
    Die Rolle der Ermittler 3: Financial Intelligence Unit (FIU)

    Der nächste Kandidat ist die Financial Intelligence Unit (FIU) in Köln. Ermittelt das BKA noch bis 2017 in Sachen Geldwäsche, fällt diese Aufgabe nun der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen oder auch Financial Intelligence Unit (FIU) zu. Das Bundesinnenministerium unter Karl Ernst Thomas de Maizière (CDU) gibt die Aufgabe an Wolfgang Schäubles (CDU) Bundesfinanzministerium. ZDF zoom berichtet, dass es hier keine kriminelle Expertise gibt.

    Ein Hauptgrund, warum Deutschland selbst für Italiens Mafia zum Geldwäscheparadies geworden ist. Geschätzt werden in Deutschland jährlich 100 Milliarden Euro dreckiges Geld gewaschen.

    Markus Herbrand von der FDP-Bundestagsfraktion und Mitglied im Bundestagsfinanzausschuss stellt mit seiner Fraktion diverse Anfragen zur Arbeit der FIU, und merkt: „Da stimmt etwas nicht.“ Merkels Bundesregierung blockierte - mal wieder. Mit Täuschungen schafft man 16 Jahre Bundeskanzlerschaft am Stück.

    Die Kanzlerin steht nicht nur für die Förderung von Prostitution auf deutschem Boden, sondern insbesondere auch für weltweit geschätzte Geldwäsche. So wendet sich die FDP an die Strafverfolgungsbehörden der Länder, weil die Bundesregierung blockiert. Die Strafverfolgungsbehörden geben zur Antwort, dass sie von der FIU zu spät und zu schlecht informiert werden, um die Geldwäsche zu unterbinden.

    Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat es so arrangiert, dass die Mitarbeiter der FIU nicht den erforderlichen Zugriff auf Daten erhalten, um Geldwäsche überhaupt nachgehen zu können. Der ZDF-zoom-Report erzeugt den Eindruck, dass die FIU eine Schattenbehörde ist. Im Juli 2020 durchsucht die Staatsanwaltschaft Osnabrück die FIU. Der Vorwurf auch hier: Strafvereitelung im Amt.

    Staatsanwaltschaften ermitteln gegen die Bafin, APAS gegen EY, der Untersuchungsausschuss gegen Geheimdienste, Bundesminister und Bundeskanzlerin und dann die Staatsanwaltschaft gegen die FIU. Und Staatsanwaltschaften ermitteln gegen Journalisten, die den Fall erst ins Rollen bringen.
    Die Rolle der Wirtschaftsprüfergesellschaften EY und KPMG

    Bei so viel Sand im Getriebe lastet die größte Kritik, neben Wirecard natürlich, an der Bundesregierung. Diese gab sich unberührbar und kündigte an, die Regeln für Wirtschaftsprüfer zu verschärfen. Unter den TOP 4 hatte vor allem EY schlecht ausgesehen.

    Die APAS leitet 2019 ein Vorermittlungsverfahren gegen EY ein, welches 2020 in ein förmliches Berufsaufsichtsverfahren überführt wird, nachdem ein anderer TOP 4 Wirtschaftsprüfer, KPMG seinen Prüfbericht vorlegt. KPMG bestätigt, dass ein EY Mitarbeiter bereits 2016 innerbetrieblich vor einem Betrug warnte. Finance berichtet, der Hinweis sei versandet.

    Zehn Jahre bestätigt EY mehr oder weniger die Bilanzen von Wirecard. 2007 fertigte (bitte das e streichen) EY ein Sondergutachten an, und selbst 2017, also nach dem Zatarra-Report attestiert EY Wirecard ein „clean audit“. Erst 2020, als Staatsanwaltschaften längst ermittelten, verweigert EY das Testat für die Bilanz des Vorjahres. Im Februar 2021 wird EY-Chef Hubert Barth ausgetauscht.

    Der Whistleblower, der sich an die Financial Times wandte, um das Betrugssystem Wirecard offenzulegen, Pav Gill aus Singapur, sagt der FT, dass EY der externe Ermöglicher für Wirecard war, zusammen mit den fuchtelnden Behörden in Deutschland ("flailing regulatory agencies"). In Deutschland zumindest ist der Ruf von EY stark beschädigt.
    Ein Hoch auf Dan McCrum und Pav Gill

    Pav Gill hatte anfangs nicht gedacht, dass der gesamte Wirecard-Konzern „verseucht“ ist ("deseased"), sondern nur der asiatische Firmenteil, für den er als Anwalt eingestellt wurde.

    Ebenso verhält es sich mit dem Staat Deutschland? Hier geht es nicht um Einzelfälle, einzelne Ämter oder gar Mitarbeiter. Der Staat zeigt sich bis in höchste Ämter korrupt, vertuschend, ein wahrhafter failed state - mit weißem Kragen und Jackett. Am Ende ist es fast egal, ob innerhalb der Finanzsäule APAS, Bafin oder BMF die Hauptschuld tragen. Zu viele Beteiligte spielen regelmäßig schmutzige Spiele. Ebenso innerhalb der Innenpolitiksäule mit BMI, BKA oder auf Länderebene. Selbst die Justizvorinstanzen „Staatsanwaltschaften“ müssen sich viel Kritik gefallen lassen.

    Fassungslos über die Reaktionen der deutschen Behörden, war für den erfahrenen Journalisten McCrum das Überraschendste, „wie gewillt Leute in Deutschland waren, die Fragen zu ignorieren, obwohl sie mit Beweisen konfrontiert wurden“ ("how willing people were to ignore these questions").

    Die Behörden hatten eindeutige Fingerabdrücke vorliegen, und sie behandelten sie mit Misstrauen. In der Beschwerde gegen mich sagten sie, dass es so aussah, als ob das Teil der Verschwörung zur Manipulation des Aktienkurses war. Kein guter Versuch, die Aufsichtsbehörden darauf aufmerksam zu machen, was vor sich ging.
    Dan McCrum

    Das Fraud Magazin zitiert McCrum, er sei erleichtert, dass die Wirecard-Geschichte ihr offensichtliches Ende gefunden habe, aber er sei immer noch frustriert, dass es sechs Jahre investigativer Berichterstattung brauchte, um an diesen Punkt zu gelangen.

    Bei jeder Geschichte dachten wir [bei der Financial Times], das ist es. Diese Geschichte wird die Leute endlich zur Einsicht bringen. Aber das tat sie nicht, weil die deutschen Behörden uns effektiv dämonisiert hatten.
    Dan McCrum

    Für die Financial Times mag die Geschichte zu Ende sein, für Deutschland ist sie noch immer ein Prüfstein für eine resiliente Demokratie. Ein Hoch auf Dan McCrum und Pav Gill, denn sie haben viel für Deutschland getan.

    #Allemagne #capitalisme #criminalité #banques #politique #Wirecard