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      https://www.heise.de/tp/features/Blaupausen-fuer-die-Ukraine-6527247.html

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      Genschers zentrale Rolle in der Zerschlagung Jugoslawiens wird anhand der Debatte aber schon deutlich. Und während ihn in Deutschland viele Jüngere gar nicht kennen, steht er in Kroatien auf vielen Sockeln als Denkmal. In Serbien stellt er eine Hassfigur dar.

      Die Frage, ob diese frühe Anerkennung ein essentieller Fehler war, taucht immer dann auf, wenn bei Krisen auf diesen ersten Schritt in Richtung Völkerrechtsbruch im damaligen Jugoslawien hingewiesen wird – so etwa im Nachgang zur Ukrainekrise von 2014/15, die die Regierung Janukowitsch durch eine andere ersetzte, mit viel Dollarunterstützung aus dem Ausland (fünf Mrd. laut Victoria Nuland), die die BBC dokumentiert, und einen weiteren Völkerrechtsbruch umschloss: die Annexion der Krim durch Russland.

      Während die Deutsche Welle 2016 nach Genschers „Anerkennung als Sünde“ fragt, lehnt die tageszeitung diese Deutung als „Zerstörer-Legende“ entschieden ab und stuft die Rolle Genschers in der Aufspaltung des Balkans als nicht so zentral herunter.

      Tatsächlich stellt dieser Schritt der Anerkennung 1992 den ersten Sargnagel Jugoslawiens dar und verstieß gegen die KSZE-Schussakte von Helsinki von 1975, die die Anerkennung der Grenzen in Europa festschrieb und die auch die beiden Deutschlands unterschrieben hatten. Mit Genschers Schritt verletzte die deutsche Regierung diese Vereinbarung.

      Einen Krieg und viele Tote später wurde schließlich das #Kosovo – aus „humanitären“ Gründen, um einen „Genozid“ zu verhindern – für unabhängig erklärt, was nicht nur einen klaren Völkerrechtsverstoß darstellte, sondern auch einen Hinweis auf die Perfidie der Kriegspropaganda wirft.

      Schließlich gab sogar Deutschland seinen Grundsatz „Nie wieder Krieg!“ auf, als der damalige Außenminister Joschka Fischer mit „Nie wieder Auschwitz!“ erfolgreich für den Kriegseinsatz der Bundeswehr warb. Bis heute hält sich die Mär vom serbischen Tyrannen Milosevic, wahrscheinlich auch darum, weil die wenigsten Journalisten den Text des Vertragswerks von Rambouillet lasen und somit nicht einschätzen können, warum der Krieg auf dem Balkan eskalierte.

      Heute sind die Zusammenhänge zwar gut aufgearbeitet (s.u.), aber auch diese Fakten muss man nicht unbedingt zur Kenntnis nehmen. Dann gelingt es in der aktuellen Krise einige Parallelen zu übersehen und nicht das Doppelmaß der Doppelzüngigkeit derjenigen, die von „Völkerrecht“ und „Freiheit“ reden, um Verhandlungen abzusagen und Soldaten zu mobilisieren, zu erkennen.

      Die große #Manipulation der öffentlichen Meinung erklärt der langjährige UNO-Korrespondent der tageszeitung, Andreas Zumach, in einer Analyse über die Verhandlungen um das Abkommen von Rambouillet. An der Aufklärung der Schande von Rambouillet, nämlich dem Nichtzustandekommen des nach dem Tagungsort benannten Abkommens, was schließlich den Auftakt des Nato-Angriffs auf Jugoslawien bedeutete, wird die aktuelle deutsche Regierungskoalition kein Interesse haben, denn FDP, SPD und Grüne waren maßgeblich daran beteiligt, uns in diesen Krieg zu lügen, wie es u.a. der WDR aufdeckte.

      Die Sachlage im unannehmbaren Annex B des Vertragsentwurfs von #Rambouillet, der eine Art Besatzungsstatut für die Nato in ganz Jugoslawien darstellte (s.o.), ist zwar eine andere, als in den Abkommen von Minsk zur Befriedung des Ukraine-Konflikts. Dennoch enthält der aktuelle Konflikt neben dem Genscher-Moment der Anerkennung unabhängiger Staaten – zuletzt durch Putin die selbst proklamierten Volksrepubliken #Donezk und #Luhansk – auch ein Moment, das #Minsk_II hier einreiht: nämlich die Forderung nach „Rückkehr zu Minsk II“ an Putin allein, ohne die Verletzung der Vereinbarungen durch die Ukraine in den letzten Jahren zu erwähnen.

      Das könnte an die Dämonisierung des serbischen Präsidenten #Milosevic erinnern, wenn man es nicht verdrängt hat, denn der – und das ist wichtig für heute – wurde mit seinen Anliegen nicht vergleichbar in der hiesigen Öffentlichkeit gehört wie die andere Seite; auch durch die damals noch gänzlich andere Mediensituation. Wobei wir inzwischen wissen, dass auch vielen entscheidungstragenden Politikern wichtige Details von „Rambouillet“ nicht mitgeteilt worden waren (siehe dazu den historischen Abriss von Andreas Zumach). Offensichtlich gab es Interessen an dem Krieg.

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      #Ex-Yougoslavie #Ukraine #Russie