Jobcenter zahlen bei Hartz-IV nicht immer die vollen Wohnkosten

/ymhro

  • Thomé Newsletter 47/2022 vom 27.11.2022
    https://tacheles-sozialhilfe.de/newsletter.html

    La coalition Rouge/Jaune/Vert vient de voter une loi qui change l’appellation de l’allocation « Hartz IV » en « Bürgergeld ». Je vous transmets le commentaire du meilleur spécialiste de la question Harald Thomé dans sa l’ettre d’information. Vous pouvez l’abonner gratuitement en suivant le lien plus haut.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,
    sehr geehrte Damen und Herren,

    mein heutiger Newsletter zu folgenden Themen:

    1. Bürgergeldgesetz verabschiedet: Armut, Sanktion und Drangsalierung per
    Gesetz bleibt Realität
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    Auch wenn sich die SPD das Ende von Hartz IV gerne herbeisehnt, das jetzt
    verabschiedete Gesetz bleibt eine Modifikation vom bisherigen Hartz IV -
    System.

    Das Bürgergeldgesetz ist weiterhin Armut, Drangsalierung und Sanktion per
    Gesetz. Ich fasse die Eckpunkte nachfolgend zusammen.

    Zu geringe Regelleistungen: Mit den neu festgesetzten Regelleistungen
    wird noch nicht einmal die Inflationsrate kompensiert. Mit den
    Regelleistungen ist ein Leben in Würde und in gesellschaftlicher Teilhabe
    nicht ausreichend sicherzustellen, daher ist das Bürgergeldgesetz
    weiterhin „Armut per Gesetz“.

    Wohnkostenlücke: an den Regeln zur „Wohnkostenlücke“, also
    Unterfinanzierung durch Nichtberücksichtigung der tatsächlichen
    Unterkunftskosten wegen „Unangemessenheit“ und/oder „fehlender
    Umzugserfordernis“ wurde nichts geändert ( https://t1p.de/ymhro [https://t1p.de/ymhro] ).
    400.000 SGB II - Haushalte müssen durchschnittlich 91 € der
    Unterkunftskosten im Monat selbst aufbringen. Grade in der schwersten je
    dagewesenen Wirtschaftskrise und bei akuter Wohnungsnot wären hier
    Änderungen zwingend notwendig gewesen.
    Stattdessen wird die Begrenzung der Unterkunftskosten wegen „fehlender
    Umzugserfordernis“ sogar noch ins SGB XII übernommen, um dort die
    verheerenden Kürzungen auch noch durchexerzieren zu können.

    Kein Aufrechnungsmoratorium: Die Möglichkeit der Aufrechnung von
    behördlichen Ansprüchen bis unter das Existenzminimum ist eigentlich nach
    § 51 SGB I grundsätzlich nicht zulässig. Durch Grundsicherungssonderrecht
    ist es aber im SGB II und SGB XII doch jederzeit möglich, das
    „Existenzminimum“ durch Aufrechnung von Behördenansprüchen zu
    unterschreiten. Diese Sonderregelung wurde nicht ausgesetzt, obwohl die
    Preissteigerungen durch Inflation dies dringend gebieten würde. Immerhin
    wurde die Höhe von Aufrechnungen bei Darlehen auf 5 %, in anderen Fällen
    auf 20 % des Regelsatzes reduziert.

    Sanktionsrecht
    Die Sanktionen gehen weiter. Das war ein Herzensanliegen der Union, mit
    Sicherheit auch der FDP und weiten Teilen der SPD. Die ursprünglich
    geplante Vertrauenszeit wurde gestrichen, das Sanktionsmoratorium nach §
    84 SGB II wurde auf ein halbes Jahr verkürzt. Das Sanktionssystem geht
    weiter, wenn auch modifiziert und jetzt auf gesetzlicher Grundlage und
    nicht durch Anordnung des BVerfG.

    100 % Sanktionen durch vorläufige Leistungseinstellung und Entsagungs-
    und Entziehungsbescheide wegen fehlender Mitwirkung
    Die 100 % - Sanktionen durch vorläufige Leistungsversagungen und
    Entsagungs- und Entziehungsbescheide wegen fehlender Mitwirkung wurde im
    Bürgergeldgesetz nicht angepackt. Die hier stattfindenden Sanktionen sind
    nicht auf 30 % begrenzt, sondern regelmäßig und sehr häufig rechtswidrig
    100 % Sanktionen, dh. komplette Leistungseinstellungen, keine
    Regelleistung, keine Miete, keine Krankenkasse.
    Auf diesen Missstand wurde im Gesetzgebungsverfahren intensiv
    hingewiesen, geändert wurde nichts. Daher bleibt das Bürgergeld ein
    Drangsalierungssystem.

    Alte, kranke und behinderte Menschen werden sich selbst überlassen
    Im Bürgergeldgesetz wurden auch Änderungen im SGB XII, der
    „Grundsicherung im Alter und voller Erwerbsminderung“ durchgeführt. Hier
    hat Bundesregierung, selbstredend auch die christliche Opposition,
    komplett versagt. In einer Vielzahl von Fällen sind im SGB XII die
    gesetzlichen Regeln viel schärfer als im SGB II. Hier sind Reformen für
    die alten-, kranken- und behindertenspezifischen Bedarfe überfällig. Das
    SGB XII ist im Verhältnis zum SGB II ein diskriminierendes Gesetz. Die
    Regierung hätte im Gesetzgebungsverfahren hier die überfälligen und
    notwendigen Änderungen vorzunehmen. Tacheles hat diese in 30 Seiten
    seiner Stellungnahme im Gesetzgebungsverfahren aufgezeigt. Der Umgang der
    Regierung mit den alten, kranken und behinderten Menschen in diesem
    Gesetzgebungsverfahren ist erbärmlich.

    In der Gesamtheit ist das Bürgergeldgesetz eine Fortsetzung von Armut,
    Sanktion und Diskriminierung per Gesetz, daher ist die Bezeichnung
    „Bürgerhartz“ richtig.
    Natürlich gibt es auch einige positive Änderungen. Am wichtigsten ist die
    Abschaffung des Vermittlungsvorrangs und vielmehr die Förderung von Aus-
    und Weiterbildung. Aber das Gesetz ist weiterhin als ein Gesetz aufgebaut
    und konzeptioniert, das die Leistungsbeziehenden in bittere Armut bringt
    und ein menschenwürdiges Leben nicht ermöglicht. Besonders bitter dabei
    ist der Nichtumgang mit den SGB XII’ern, die damit ein „lebenslang in
    bitterer Armut“ bekommen.

    Stellungnahmen anderer: Christoph Butterwegge in der Faz:
    https://t1p.de/tockg [https://t1p.de/tockg]
    und Irene Becker zu den Regelbedarfe im Konzept des Bürgergelds – das
    neue Fortschreibungsverfahren: https://t1p.de/ffob7 [https://t1p.de/ffob7]

    Wenn es die ersten komplett lesbaren Zusammenstellungen an Gesetzestexten
    zu der Bürgergeldreform gibt, werden diese unverzüglich auf der
    Tacheleswebseite veröffentlicht. Wenn jemand Zugang zu einer
    konsolidierten Fassung der Rechtsänderungen hat, bitte übersenden!

    #Allemagne #Hartz4 #HartzIV #Bürgergeld #aide_sociale #allocations_sociales