Artikel : Archive von unten

/print04.htm

  • ROCKARCHIV - Dokumente: Sause durch linke Pinten
    http://www.rockarchiv.infopartisan.net/doku/doku006.html


    Heute, gestern, morgen - ein Blick in die Vergangenheit führt zu einem quicklebendigen Künstler

    Berlin ist ein Eldorado für Kneipengänger. Fast an jeder Ecke findet sich eine Bierstampe, schmucklos die Einrichtung, ohne Charme, ohne Ambiance, ausgestattet aber mit einem Zapfhahn, der die Ruhestellung nicht kennt. So manch männlich gemütliche Beleibtheit, auch Mollenfriedhof genannt, läßt nach jedem Hektoliter Bierkonsum Berliner Bauchfalten weiter über den Hosenbund rutschen.

    Das war im Oktober 1971 als Der Blickpunkt , die Zeitschrift des westberliner Landesjugendrings, in seiner Ausgabe Nr. 206 hilfreiche Tips zur Alkoholaufnahme gab. Das war in den seeligen Zeiten vor der grassierenden Prohibition, die heute Kopf und Herz der Gutmeinenden plagt. Junge Menschen durften trinken, ganz ohne schlechtes Gewissen.

    Geblieben ist uns der Zwiebelfisch , das Schwarze Cafe schräg gegenüber war noch nicht eröffnet kommt also nicht vor im Artikel und der Rest ist ein Fall für Kneipenarchäologen.

    ...ZWIEBELFISCH"

    Nicht zu vergessen in dieser Kneipen-Kollektion rund um den Kurfürstendamm ist der „Zwiebelfisch", Savignyplatz Ecke Grolmannstraße, wo sich angehende und arrivierte Literaten treffen. Annemarie Weber, Pablo Voigt und Wolfgang Graetz halten hier eine regelmäßige Skatrunde ab.

    „GALERIE NATUBS"

    Dieselben Gäste finden sich zu später Stunde in der um die Ecke gelegenen „Galerie Natubs", Bregenzer Straße, wieder. Ein riesiger Gipsfinger, einem Phallus nicht unähnlich, deutet dahin, wo das Altbier in Strömen fließt. In einem Nebenraum werden Bilder und Graphiken — bevorzugt politisch-satirischen Inhalts — ausgestellt.

    Na also, totgesagte leben länger und so finden wir den dichtenden Maler und HdK-UdK-Professor Matthias Koeppel aus der Galerie Natubs heute noch in der Wittelsbacher Straße 28.

    Galerie SMK
    http://www.galeriesmk.de

    Der aufmerksame Berliner findet ihn überall, wie im Tagesspiegel anläßlich einer Studie über die Zukunft Berlins.

    16.11.2015 Neue Studie: So wird Berlin im Jahr 2030, Die Megatrends der 4-Millionen-Metropole
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/neue-studie-so-wird-berlin-im-jahr-2030-die-megatrends-der-4-millionen-metropole/12593842.html

    Mit viel Freude darf man heute die leider etwas mitgenommenen WWW-Seiten des Künstlers ansehen und seine Gedichte in Starckdeutsch laut vorlesen.

    Arrckiteikturr
    http://www.matthiaskoeppel.de/arrck.htm

    Arr, di Arr, di Arrckitucktn -
    jarr, di sünd tautul pfarrucktn.
    Pauhn onz euburoll Quaduren,
    vo se gurrnücht henngehuren.
    Vn demm Hurrz büsz ze denn Ullpn
    snd di Häusur steitz di sullpn.
    Duch di Arrckitucktn tschumpfn:
    Onzre Pauhörrn snd di Tumpfn!
    Olle zullte mon kastruren,
    düßße auff ze pauhin huren;
    odur stott ünn rachtn Winkuln
    se dönn pauhin, wi se pinkuln.

    Lieblingsbild, An der Nordbahn 50 x 70 cm, Öl/Lw., 1978

    Nicht mehr ganz aktuelle Kneipen in Charlottenburg-Wilmersdorf
    http://www.kneipenszene.de/kneipenszene/bezirksuche_cw.php

    Das Wirtshaus Wuppke gibt es noch
    http://www.wirtshaus-wuppke.de

    Die Kneipe als Hort der Revolution wird, allgemein bekannt als Schnapsidee , hier behandelt: „Aus der Kneipe Kreuzberger Vereinshaus (dröhnte) die Internationale oder ‚Der Osten ist rot’“, Ein paar Schlaglichter zur Geschichte der Zeitschrift Agit 883
    http://www.leibi.de/alternativmedien/print04.htm

    Und Johann Manfred Kleber, den Betreiber der Kneipe Galerie Natubs gibt es auch noch.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Manfred_Kleber

    Manchmal stellt er noch aus:
    Kungerkiez Initiative, Berlin-Treptow, Ausstellung von Johann Manfred Kleber: „Tausend Deutsche Filze“ - in der Nachbarschaftsgalerie - (02. bis 30. April 2011)
    http://www.kungerkiez.de/veranstaltungen-im-kiez/veranstaltungsarchiv/ausstellungen-alt/3160.2011-04-01-30-ausstellung-kleber.html

    Wer noch mehr lesen will, kann diese Geschichte einer wunderbaren Freundschaft angehen.
    https://marcuskluge.wordpress.com/2016/07/07/berlinische-leben-rainer-works-art-marcus-writes-portrait-ein

    Tja, Schluß für heute, genug gestöbert.

    #Berlin #Geschichte #Kneipen #Kunst

  • Quartett im Bett - Berlin 1968 - von Ulrich Schamoni
    https://www.youtube.com/watch?v=PvjBNowP1cM

    https://de.wikipedia.org/wiki/Quartett_im_Bett

    „Quartett im Bett“ spielt in West-Berlin im Sommer 1968. Es wird das Lebensgefühl der Zeit anhand mehrerer musikalischer Quartett-Formationen gezeigt. Sie ziehen durch die Hinterhöfe von Kreuzberg, wo sie herumblödeln. Sie vertreiben sich die Zeit mit Ulk-Gedichten und dem Bau von Instrumenten.

    Regie Ulrich Schamoni
    Drehbuch Ulrich Schamoni
    Produktion Peter Schamoni
    Musik Peter Ehlebracht + Ingo Insterburg

    Insterburg & Co.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Insterburg_%26_Co.

    http://www.ingo-insterburg.com


    Quelle: http://www.john-vaughan.com/john-vaughan-photos-70.htm

    „Aus der Kneipe Kreuzberger Vereinshaus (dröhnte) die Internationale oder ‚Der Osten ist rot’“
    http://www.leibi.de/alternativmedien/print04.htm

    Ein paar Schlaglichter zur Geschichte der Zeitschrift Agit 883

    In der BZ, der größten Berliner Tageszeitung, konnte man am 13. Februar 1969 lesen, dass Regierungssprecher Diehl nach Verfassungsschutzangaben 145 radikale Publikationen in der BRD ausmachte. „Die Auflagen sind gering, doch darf ihre Existenz nicht bagatellisiert werden.“ Die am selben Tag erstmals publizierte Agit 883 dürfte bald darauf als Nr. 146 registriert worden sein. Die Agit 883 war in der Zeit von 1969 bis Anfang 1972 die größte und bekannteste linksradikale Zeitung in West-Berlin, die eine große Ausstrahlung auch nach Westdeutschland hatteBereits in der ersten Ausgabe ging es um „Verhalten bei Festnahmen“, um den „Kampf gegen das Kapital“ und einer Aufforderung des Zentralen Ermittlungsausschusses der ASten der TU und FU, Fotos von der Politischen Polizei zur Verfügung zu stellen. Im Impressum ist vermerkt: „Druck: Zahl-Wienen 1 Berlin“. Dahinter verbarg sich die Druckerei von Peter Paul Zahl und seiner Frau, in der ausweislich des Impressums die Zeitung bis zur Ausgabe Nr. 62 im Sommer 1970 gedruckt wurde. Am gleichen Ort fanden sich auch Kleinanzeigen, die neben der politischen Diskussion die Zeitung prägen sollten. Die Rubriken reichten von „Wohnen / Mitfahren / Autos / Jobs“ bis „Sonstwas“. Auch drei Kneipen waren vertreten: Das Liftass in der Sybelstraße 49 offerierte „Griechische Küche“, die Gastwirtschaft Polkwitz in der Bayrischen Straße wollte nach eigenem Bekunden auch „für entspannte Progressive“ sorgen. Die Kneipe Zum Schotten sucht sich ihren Besucherinnen als eine „antiautoritäre Quatschbude“ vorzustellen, in der von Nachmittags um Drei bis in die tiefe Nacht um Vier wohl auch schon mal – so legt es das Anzeigenbild nahe – ein Bierglas kaputt gehen durfte.

    1971 - Sause durch linke Pinten
    http://www.rockarchiv.infopartisan.net/doku/doku006.html

    Berlin ist ein Eldorado für Kneipengänger. Fast an jeder Ecke findet sich eine Bierstampe, schmucklos die Einrichtung, ohne Charme, ohne Ambiance, ausgestattet aber mit einem Zapfhahn, der die Ruhestellung nicht kennt. So manch männlich gemütliche Beleibtheit, auch Mollenfriedhof genannt, läßt nach jedem Hektoliter Bierkonsum Berliner Bauchfalten weiter über den Hosenbund rutschen.
    ...
    „POLKWITZ"

    Fünf Minuten in gemütlicher Gangart braucht es von hier bis zum „Polkwitz". Das rustikale Gasthaus ist eine Gründung des Rixdorfer Druckvereins, dessen überdimensionale Holzdruckstücke die Dekoration bestimmen. Das elektrische Klavier funktioniert sogar manchmal. Auseinandersetzungen harmloserer Natur werden am Flipper oder beim Tischfußball ausgetragen. Die hier versammelten Barte sind gepflegt, die Männerhaare halblang und gewaschen. Überhaupt kommt man auch ohne Koteletten und „keimfrei" durch die Tür. Selbst Krawattenträger sind im „Polkwitz" schon gesehen worden.
    ...

    „KLEINE WELTLATERNE"

    Bleibt zum Schluß noch einzugehen auf die typische Künstlerkneipe, die gewiß -Pate gestanden hat bei der Entstehung der sogenannten „linken" Kneipe. Von allen derartigen „Glas-Bier-Geschäften", gehen die stärksten Impulse noch immer von Hertha Fiedlers „Kleiner Weltlaterne" in Kreuzbergs Kohlfurter Straße aus. In reizvoll gegensätzlichem Nebeneinander hängen von der Decke bis zum Biertisch allerlei Kunstprodukte. Im Hinterzimmer findet sich stets Kreuzberger und andere Graphik zu zivilen Preisen. Ulrich Schamoni, Wolfgang Schnell oder Friedrich Schröder-Sonnenstern gehen hier ein und aus.

    Wirtin Hertha, ihrer Künstlerhilfe wegen auch Engel von Kreuzberg genannt, steht freundlich lächelnd hinter dem Tresen, auch für Nur-Bier-Trinker oder Nicht-Kunst-Käufer.

    Axel Benzmann, Der Blickpunkt Nr. 206/Oktober 1971, S. 32f, Zeitschrift des westberliner Landesjugendrings

    #Westberlin #Kneipen