/artikel

  • Inge Hannemann: »Ich bleibe aktiv«
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1141549.inge-hannemann-ich-bleibe-aktiv.html

    08.09.2020 von Markus Drescher - Inge Hannemann über ihren Austritt aus der Linkspartei

    Die damalige Arbeitsvermittlerin Inge Hannemann wurde als »Hartz-IV-Rebellin« einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Sie kritisierte vehement die Sanktionspraxis in den Jobcentern. Im Jahr 2015 erschien ihr Buch »Die Hartz IV Diktatur. Eine Arbeitsvermittlerin klagt an.« Von 2015 bis zu ihrem krankheitsbedingten Ausscheiden 2017 saß Hannemann für die Linke in der Hamburger Bürgerschaft. Heute lebt sie in Lüneburg.

    Sie haben am Dienstag Ihren Austritt aus der Linkspartei öffentlich gemacht. Was hat Sie dazu bewogen, die Partei zu verlassen?

    Ich möchte zuerst betonen, dass dieser Schritt nicht von heute auf morgen kam, oder aus einer Frustsituation heraus. Der Entschluss zum Parteiaustritt hat sich über die letzten Monate langsam entwickelt. Begleitet auch von Gesprächen mit meinem Kreis- und Landesverband - aber auch mit Berlin. Es war also keine Entscheidung, die ich für mich im Stillen getroffen habe, sondern die tatsächliche viele Monate Vorlauf hatte mit Diskussionen und Beobachtungen.

    Sie konnten also letztendlich nicht davon überzeugt werden zu bleiben.

    Ich habe in dieser Zeit natürlich versucht, meine Kritik deutlich anzusprechen - nämlich, dass die Linke neben all den anderen wichtigen und richtigen Themen auch das Soziale wieder in den Vordergrund rücken sollte. Allerdings aus meiner Sicht letztendlich tatsächlich ohne Erfolg.

    Was meinen Sie mit dem Sozialen?

    Es geht um die Situation der Menschen, die »draußen« sind. Das sind auch die Erwerbslosen, auf die sich meistens kapriziert wird - aber bei Weitem nicht nur. Das sind auch Menschen mit Behinderung, Erwerbsunfähige oder Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen einfach keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt haben. Sehr vieles hängt immer noch am Arbeitsethos, politisch berücksichtigt werden deshalb vor allem diejenigen, die arbeitsfähig sind. Das ist natürlich wichtig, aber es sollten eben auch nicht die vergessen werden, die nicht mehr arbeiten können.

    Warum ist die Linke Ihrer Meinung nach derzeit nicht in der Lage, vehement für die Interessen dieser Menschen zu kämpfen?

    Ich denke, ein ganz großes Problem ist nach wie vor die interne Zerstrittenheit der Partei und der Bundestagsfraktion sowie die vielen Strömungen und unterschiedlichen Ansichten. Anstatt gemeinsam zu handeln, gibt es diese Lagerbildung. Das führt aus meiner Sicht dazu, dass man eher reagiert und nicht selbst agiert. Und man hat auch den Blick dafür verloren, was auf der Straße und unter den »einfachen« Mitgliedern los ist. Für die ist es zudem auch wahnsinnig schwer, durchzudringen. Ohne Position, Funktion oder die richtigen Beziehungen ist es kaum mehr möglich, Einfluss zu nehmen.

    Was hätten Sie sich gewünscht?

    Ein deutlicheres Auftreten und Vorangehen. Zum Beispiel im Fall der Forderung nach einer Corona-Bonuszahlung für Erwerbslose von 200 Euro. Dazu gab es zwar einen Antrag im Bundestag - der erwartungsgemäß an der Großen Koalition scheiterte. Doch kam dieser erst, als Sozialverbände und Aktivisten das Thema schon gesetzt hatten. Die Linke ist da nur aufgestiegen, anstatt selbst aktiv zu werden und als erstes zu sagen: »Moment, so geht das nicht.« Das tolle Engagement, das nun etwa rund um den Cum-Ex-Skandal und Finanzminister Olaf Scholz gezeigt wird, hätte ich mir so auch für die sozialen Belange gewünscht.

    Hat die Partei ihre soziale Vorreiterrolle verloren?

    Komplett. Derzeit sehe ich leider keine Partei, die diese Rolle innehat. Die Linke muss wieder ein Ort für Erwerbslose und von Armut Betroffene werden - politisch und sichtbar vor Ort. Derzeit wird die parlamentarische Arbeit für von Armut Betroffene mit dem Kampf nach außen mit dieser Gruppe gleichgesetzt. Das ist sie aber gerade für die Erwerbslosen oder von Armut Betroffenen eben nicht.

    Wie geht es für Sie nun politisch weiter?

    Ich werde auf jeden Fall nicht unpolitisch. Ich bleibe hier vor Ort in Lüneburg aktiv in dem Bündnis Lüneburg sozial, in dem Sozialverbände, der SDS, die Linke, Gewerkschaften und einzelne Aktivisten engagiert sind. Ich werde auch weiterhin die Linkspartei in Lüneburg mit inhaltlicher Arbeit unterstützen. Ich verlasse die Partei ja nicht im Groll, sondern sehe einfach meine politische Heimat dort nicht mehr. Die Linke Lüneburg schätzt das Engagement für und mit Erwerbslosen um Würde und soziale Sicherheit, und das wird auch meinerseits fortgesetzt.

    #gauche #Allemagne #Hartz_IV #politique

  • Liebig 34: Warten auf die Räumung (neues-deutschland.de)
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137435.liebig-warten-auf-die-raeumung.html

    3.6.2020 von Marie Frank und Andreas Fritsche - Linkes Hausprojekt Liebig 34 verliert vor Gericht gegen Eigentümer Padovicz.

    Es sind Sicherheitsvorkehrungen wie bei einem Terrorprozess am Mittwochmorgen vor dem Berliner Kriminalgericht: Massives Polizeiaufgebot, Beamt*innen mit schusssicheren Westen vor dem Verhandlungssaal, Handys müssen abgegeben werden, sogar die Schuhe werden kontrolliert. Dabei geht es lediglich um die Räumungsklage gegen das queerfeministische Hausprojekt Liebig 34 - und deren Bewohner*innen sind nicht einmal da. Die haben sich nämlich entschieden, vor ihrem Haus in der Liebigstraße 34 im Friedrichshainer Nordkiez zeitgleich ihren eigenen Prozess zu veranstalten. Das Urteil dort fällt dann auch etwas anders aus als das echte: In Moabit unterliegt der hauseigene Verein Raduga nach monatelangem Rechtsstreit dem Eigentümer, dem Immobilienspekulanten Gijora Padovicz, der auf Räumung des Grundstücks geklagt hatte.

    Die Bewohner*innen des seit 30 Jahren bestehenden Projekts sollen Haus und Grundstück verlassen und rund 20 000 Euro für angefallene Grundstücks- und Gerichtskosten zahlen, urteilte der Vorsitzende Richter Martin Vogel. Der gegen ihn wegen nicht geschlechtergerechter Sprache eingereichte Befangenheitsantrag war zuvor abgewiesen worden. Liebig 34-Anwalt Moritz Heusinger kündigte an, gegen die Entscheidung Einspruch einzulegen. Eine aufschiebende Wirkung der Räumung hat das jedoch nicht, das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. «Ich werde beantragen, die Vollziehung auszusetzen», so Heusinger.

    So oder so müssen die Bewohner*innen nicht sofort mit einer Räumung rechnen. «Der Kläger hat das Recht, das Grundstück räumen zu lassen. Das heißt aber nicht, dass sofort sofort die Polizei losgeschickt wird, um das Haus zu räumen», sagt Gerichtssprecherin Lisa Jani. Die Bewohner*innen hätten vielmehr zunächst die Möglichkeit, freiwillig zu gehen, erst danach würden Zwangsmaßnahmen eingeleitet.

    Liebig 34-Anwalt Heusinger ist hingegen der Ansicht, dass die Räumung sowieso nicht vollstreckt werden kann. «Das Gerichtsurteil richtet sich gegen den falschen Verein», sagt er nach der Verhandlung. Der beklagte Verein Raduga habe das Haus bereits 2018 an den Verein Miteinander untervermietet. Dieser sei jedoch nicht Adressat des Räumungstitels. «Ich gehe davon aus, dass es zu einem neuen Prozess kommen wird», sagt Heusinger.

    Sollten doch vorher Fakten geschaffen werden, appelliert er an das Land Berlin, in Corona-Zeiten mit Räumungsversuchen vorsichtig zu sein. Das hat während der Pandemie die Vollstreckung von Wohnungsräumungen wegen «unzumutbarer Härte» weitestgehend ausgesetzt. Darauf vertrauen die Bewohner*innen allerdings nicht: «Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es wiederholt illegale Räumungen gegeben hat. Wir werden uns nicht darauf verlassen, dass dies in Zukunft wieder passieren wird», so eine Sprecherin des Hauses.

    Freiwillig werden die Bewohner*innen nicht gehen, so viel ist klar. «Ihr könnt Euch Euer Urteil sonst wohin stecken», so die erste Reaktion. Man werde die Liebig 34 «mit allen Mitteln» verteidigen«, hieß es am Mittwochmorgen beim alternativen Gerichtsprozess vor dem Haus. Da man »kein Vertrauen in diesen Unrechtsstaat« habe, hatten die Bewohner*innen in einem kleinen Theaterstück eine Version der Gerichtsverhandlung gezeigt, »die der Wahrheit näher kommt als das, was sich im echten Gericht abspielen wird«.

    Die Hoffnung, dort zu gewinnen, tendierte ohnehin gegen Null, also nahmen sie es mit Humor. Mit Augenzwinkern wurden die beteiligten Personen vorgestellt, darunter ein wie auf dem Laufsteg posierender Richter auf Plateauschuhen und Polizist*innen, die das Publikum ordentlich ausbuhen sollten - was die rund 250 Zuschauer*innen dann auch ausgiebig taten. Die echte Staatsmacht, die sich rund um den »Dorfplatz« postierte, beschränkte sich darauf, die Zuschauer*innen zu ermahnen, Abstand zu halten und dafür ruhig die eigens abgesperrte Fahrbahn zu betreten.

    In der warmen Morgensonne bot sich einem dort dann ein durchaus unterhaltsames Theaterstück. Im Gegensatz zum echten Gerichtsprozess, bei dem die Klägerseite gar nicht erst erschienen war, fährt zunächst der Anwalt der Hauseigentümer mit einem zum Auto umgestalteten Einkaufswagen bei Gericht vor. Vermummte Autonome verüben daraufhin unter dem Applaus des Publikums einen Brandanschlag auf das Fahrzeug. Als der Richter das Urteil gegen die Liebig 34 sprechen will, rebellieren seine beiden Beisitzerinnen, steigen auf die Tische und skandieren: »Liebig bleibt!« Die Zuschauer*innen stimmen ein und applaudieren. Verbeugung, Schluss. Auf dem Hausdach gegenüber wird Pyrotechnik entzündet und bunter Rauch in Regenbogenfarben weht über die Straße. Die Leute unten jubeln.

    Wie groß der Rückhalt im Kiez ist, hatte sich bereits am Vortag gezeigt. Zunächst hatten 35 benachbarte Initiativen, Einzelpersonen und Hausprojekte ihre Unterstützung zugesichert (»nd« berichtete). Am Abend sammelten sich dann Hunderte Demonstrant*innen im Friedrichshainer Südkiez zu einem Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei. An insgesamt acht Treffpunkten, die jeweils kurz vorher über Twitter bekanntgegeben wurden, wurden Banner entrollt und Pyrotechnik gezündet.

    Laut Polizei beteiligten sich an den Aktionen insgesamt 300 Personen. Die 580 eingesetzten Polizist*innen kesselten immer wieder einzelne Gruppen von Demonstrant*innen ein und überprüften laut eigenen Angaben die Personalien von insgesamt 200 Menschen. 15 Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen tätlichen Angriffs, Widerstandes und Beleidigung, seien eingeleitet worden. Insgesamt blieb es jedoch weitgehend friedlich. Ob das bei einer Räumung des symbolträchtigen linken Hausprojektes auch so sein wird, wird sich zeigen.

    #Berlin #squats #Friedrichshain #Liebigstraße

  • Taxi: Berlkönig fährt weiter medizinisches Personal (neues-deutschland.de)
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135603.taxi-berlkoenig-faehrt-weiter-medizinisches-personal.html

    Traurig, traurig. Die Berliner Taxiunternehmen haben seit vielen Jahren ihre Verankerung in der Stadtgesellschafft verspielt und es nicht verstanden, den Berliner Bevölkerungsaustausch für den Aufbau einer neuen Verankerung zu nutzen. Jetzt hört niemand auf sie, ihre Rolle als Teil des ÖPNV ist reine Buchwissenschaft aber schon lange keine Realität mehr.

    Kennt noch jemand Herrn Peter? Wenn zu seiner Zeit ein Problem im Nahverkehr auftrat, rief die Senatskanzleit den historischen Chef der „Taxiinnung“ an und der beriet mit seinen Kollegen eine Lösung. Das wurde dann gemacht. Die neuen Taxiunternehmer kennen nur den starren Blick auf Geld, die Perspektive ihrer Fahrer und Kunden ist ihnen abhanden gekommen. Das rächt sich.

    17.04.2020 von Nicolas Šustr - Kostenloser Shuttleservice bis 3. Mai verlängert – Taxigewerbe wartet auf Antwort des Senats auf Angebot

    Der für Beschäftigte des Gesundheitswesens kostenlose Sammeltaxidienst #Berlkönig geht in die Verlängerung bis zunächst 3. Mai. Das teilten die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) am Freitag mit. In deren Auftrag betreibt ViaVan, ein Joint Venture des Automobilkonzerns Mercedes-Benz und des US-amerikanischen Technologieunternehmens Via den Berlkönig. Zunächst galt das Angebot bis 20. April.

    Täglich zwischen 21 und 8 Uhr befördert der Dienst exklusiv und kostenlos ärztliches Personal, Pflegepersonal, medizinische Fachangestellte und Rettungskräfte. Das reguläre Angebot für die Allgemeinheit, das hauptsächlich in der östlichen Innenstadt verfügbar war, ist daher seit 25. März eingestellt.

    Gerade bei Betriebsbeginn am frühen Morgen oder auch spätabends waren zu Beginn des Notfahrplans im März BVG-Busse, die Krankenhäuser ansteuern, zumindest für Corona-Verhältnisse überfüllt.

    Nach Kritik am anfänglich zu kleinen Bediengebiet und einem in Bezug auf die Schichtwechselzeiten zu eingeschränkten Zeitfenster wurden beide Anfang April ausgeweitet. Inzwischen werden 75 Prozent der Berliner Krankenhausbetten angefahren. Nach BVG-Angaben haben sich inzwischen mehr als 2600 Gesundheitsbeschäftigte für den Dienst registriert, täglich finden über 400 Fahrten statt.

    #Berlin #ÖPNV #disruption

  • Hauptstadtflughafen : Tüv gibt Weg für Fertigstellung des BER frei (neues-deutschland.de)
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135755.hauptstadtflughafen-tuev-gibt-weg-fuer-fertigstellung-des-

    Le nouvel aeroport de Berlin BER sera inauguré le 31 cotobre 2020 même si si les travaux ne seront pas encore terminés. Il n’y aura que très peu de vols. Alors là, c’était trop facile. Sans doute on verra aussi une nette augementation de la qualité des soins dans les EHPAD de la ville. D’ici là il n’y aura que peu de papies et mamies ;-\

    21.04.2020 von Tomas Morgenstern - Alle wichtigen technischen Systeme des geplanten neuen Hauptstadtflughafens wurden abgenommen

    Der künftige Hauptstadtflughafen BER hat alle sicherheitsrelevanten Prüfungen bestanden. Der Tüv Rheinland hat der Flughafengesellschaft FBB alle erforderlichen Genehmigungen erteilt. Was unter anderen Bedingungen als kleine Sensation gefeiert worden wäre, verkündete Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup am späten Montagnachmittag eher nebenbei in Potsdam per Fernschaltkonferenz im Rahmen der Sitzung des BER-Sonderausschusses des brandenburgischen Landtags.

    Mit Blick auf das Geschehen am neuen Airport berichtete Lütke Daldrup von guten Fortschritten auf der Baustelle des Fluggastterminals T1. Dabei erklärte er: »Wir haben die Arbeiten so weit abgeschlossen, dass wir alle erforderlichen Bescheinigungen der Bauaufsicht zuleiten konnten«. Die Fertigstellung sei damit auf einem »sehr guten Weg«. Erst auf Nachfrage stellte der Flughafenchef klar, dass das auch sämtliche Genehmigungen des Tüv einschließe. Die Prüforganisation bestätigte dies am Abend auf Medienanfragen.

    Wie Lütke Daldrup den Mitgliedern des Sonderausschusses erläuterte, profitiere der Fortschritt auf der Baustelle des BER nicht zuletzt auch von dem infolge der Coronakrise stark reduzierten Flugverkehr. An den beiden Berliner Flughafenstandorten, Tegel und Schönefeld, würden derzeit pro Tag nur noch rund 1000 Fluggäste abgefertigt – wobei nicht nur die Zahl der Flugbewegungen drastisch zurückgegangen sei, sondern zugleich die Auslastung der Flugzeuge nur noch bei rund 20 Prozent (statt üblicherweise im Durchschnitt zwischen 80 und 90 Prozent) liege. Und dies werde sich in den kommenden Wochen und Monaten aller Voraussicht nach nicht grundlegend ändern. Dadurch müsse auch der Inbetriebnahmeprozess für den BER, das sogenannte Orat-Programm, nicht mehr auf einen Vollastbetrieb ausgerichtet sein. Das Orat-Programm werde Ende April starten – mit stark reduziertem Personalbestand und unter strikter Beachtung der Bestimmungen zur Eindämmung der Coronapandemie.

    Nach Auskunft von Lütke Daldrup habe die Flughafenbaustelle insgesamt in den vergangenen Wochen große Fortschritte gemacht. Die Einschätzung betreffe auch den »ganz ordentlichen« Fortgang der Arbeiten am Terminalgebäude T2. Hier sei es im Zusammenhang mit der Coronakrise bei auf der Baustelle beschäftigten Firmen zu Ausfällen bei ausländischen Arbeitskräften gekommen. Derzeit seien 25 bis 30 Prozent weniger Arbeitskräfte als erwartet am T2 im Einsatz. Er halte dennoch eine Fertigstellung des Terminals bis zum 31. Oktober 2020 noch für möglich, könne sie aber nicht garantieren. Den Eröffnungsprozess bringe das aber angesichts des zu erwartenden Verkehrsaufkommens nicht in Schwierigkeiten.
    Selbstbewusst erklärte Engelbert Lütke Daldrup: »Die Inbetriebnahme des BER war noch nie so sicher wie heute.« Für die Inbetriebnahme am 31. Oktober 2020 sehe er derzeit keine Risiken.

    #Berlin #aviation #transport

  • Straßenbahnneubau in Berlin: Das Ende der Autoschneise (neues-deutschland.de)
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1133459.strassenbahnneubau-in-berlin-das-ende-der-autoschneise.htm


    So könnte die Leipziger Straße auf Höhe des Bundesrates in einigen Jahren aufgeteilt sein – für Autos bliebe nur eine Spur pro Richtung.

    Man fragt sich, wozu der ganze Aufwand gut sein soll. Billiger und wirksamer wäre es, den privaten motirisierten PKW- und Lieferverkehr per Verordnung aus der Innenstadt zu verbannen, und nur noch unbedingt benötigte, städtische und konzessionierte Verkehre zuzulassen. Damit würde die Verkehrsdichte soweit reduziert, dass die Gefährdung für Fahrradfahrer auf das zur Zeit unvermeidliche Mass reduziert würde, und die Gemeinschaft kosten würde die Sache nichts. Im gegenteil würden viele interessante Arbeitsplätze und Nutzungsarten entsteen, für die zur Zeit kein Raum und keine Gelegenheites existieren.

    Weshalb gibt die grüne Umweltsenatorin nicht dort Geld aus, wo die Gemeinschaft es benötigt und spart es dort ein, wo es sinnlos in private Taschen fliesst ?

    Meiner Auffassung nach sind Fahrzeug- und Rüstungsindustrie gleich menschenverachtend tödlich und sollten dringend einer Konversion hin zu menschenfreundlichen Produkten unterzogen werden. Stadtentwicklung im Sinne von Menschen, nicht von Verkehren, sollte die Stadt ein einem entsprechenden Prozess umgestalten und lebenswert machen.

    26.02.2020 von Nicolas Šustr - »Es geht darum, die Stadt umzugestalten, sie menschenfreundlicher zu machen. Deswegen wollen wir versuchen, den motorisierten Individualverkehr deutlich zu reduzieren«, sagt Hartmut Reupke, Leiter der Abteilung Verkehr in der Senatsverwaltung für Verkehr, Umwelt und Klimaschutz am Dienstagabend.

    In der Leipziger Straße soll der Hebel für dieses Anliegen der Bau der Straßenbahnstrecke vom Alexanderplatz bis zum Potsdamer Platz sein. Für den Autoverkehr soll nach den präferierten Planungen nur noch eine Spur pro Richtung übrig bleiben, lässt bei dem Informationsabend über den Projektstand in der Alten Münze die Verwaltung die Katze aus dem Sack. Allerdings, so räumt Reupke ein, muss aus rechtlichen Gründen auch eine zweispurige Alternativplanung erstellt werden.

    Letztlich ist das nur die Folge der konsequenten Anwendung des Mobilitätsgesetzes, das mindestens zwei Meter breite Radspuren an Hauptstraßen sowie den Vorrang für den Öffentlichen Personnennahverkehr vorsieht. »In Summe werden wir den motorisierten Individualverkehr deutlich - wohl um die Hälfte - reduzieren können«, erklärt Holger Kölling-Orb von der Verkehrsverwaltung.

    Gegenüber den ersten, im Juni vergangenen Jahres vorgestellten Planungen muss sich die Straßenbahn an der Engstelle der Leipziger Straße zwischen Charlottenstraße und Leipziger Platz mit knapp 500 Metern fast nur noch die Hälfte der einst vorgesehenen Streckenlänge mit Autos teilen. Damit steigt die Chance, dass die Straßenbahnen mit Hilfe einer Ampelschaltung jeweils vor der Autokolonne fahren können. Eine Lösung, die in anderen Städten reibungslos funktioniert. Auch zwei Meter breite Radspuren sind vorgesehen.

    #Berlin #Mitte #Leipziger_Straße #Verkehr #Stadtentwicklung

  • „Dr. Seltsams Frühschoppen“ im Kulturhaus Mitte: Vorkäuer und Widerlacher (neues-deutschland.de)
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/348331.vorkaeuer-und-widerlacher.html

    06.03.1992 - Gerade habe ich mich hindurchgezwängt, durch die Herden der intellektuellen Jünglinge und Jungfrauen, ihren Mamis und Papis, schon fühle ich den Tritt in den Kniekehlen. Ich sacke zusammen, ohne einen Blick auf die Bühne erhascht zu haben. Schmerzgeplagt höre ich noch: „Müssen ’se eher kommen, wenn ’se wat sehn wollen. So jet did jedenfalls nich. Ick seh ja nischt.“ Was der tretende Papi in der überfüllten guten Stube des Cafe „Paz“ sehen wollte, weiß ich nicht, oder doch, denn „Dr. Seltsams Frühschoppen“ verkündigte sich wohl mit: „Hier sitzen ’se in der ersten Reihe“, oder so ähnlich. Egal, zu sehen war nichts, wollte man das ausgestellte Publikum nicht sehen.

    Immerhin erreichten mich noch ein paar hinfällig bekannte Kabarettwortungen und -Satzungen. Diese und jene stadtbekannte Medienstimme nahm man sich zum Vorbild, um den verdruckten Schwachsinn soweit zu steigern, bis auch die letzten Reihen begriffen, welcher aufgetürmte Mist da und dort geschrieben steht und... befreit lachen durfte. Mit sehr, sehr schönen Lebens- oder Sterbehilfen und ähnlich einfallsreich Wort-Schmunzelabteilungen versuchten die denkenden und textenden Vorleser die Sarkasmen des Alltags - zeitgeistgetreu - zu überbieten, ä la: „Mama, wie weit ist es noch bis Amerika? Halts Maul, und schwimm weiter.“ Hihihiii, hahahaaa, Klatschen, Beglückung vereinigten das Publikum - ob solcher Enthüllungen und Angriffe auf moralische Normative - zu einer solidarischen Masse, zu selbstbewußten Opfern des alltäglichen Schwachsinns, endlich die Freiheit des geneh-

    migten und erwünschten Lachens genießend. Vorkäuer und Widerlacher.

    In der Lächerlichkeit beruhigt Dr. Seltsam natürlich auch die solchermaßen strapazierten Geister. Wie in bekanntem Film nur ein Verrückter das atomare Inferno auszulösen vermag, kann nur ein Irrer den herrschenden Sarkasmus und die passenden Medienlandschaften kreieren. Unsere Vorstellungskraft ist dem buchstäblichen Schwachsinn, dem politisierten Schwachsinn nicht mehr gewachsen, wie die Realität auch nicht mehr. Insofern ist die kollektive Lächerlichkeit seltsamer Frühschoppen Therapieangebot, denn schließlich sind wir rein, wollen rein bleiben oder werden. Wir sind nicht die Irren, die anderen sind es.

    Wer es also über sich bringt aufzustehen, um Dr. Seltsams medialen Supermarkt zu ertragen, wer nicht schon in melancholisches Lachen ausbricht oder hysterisch wird, wenn er nur das Wort Medien ohne genauere (oder mit) Verlagsbezeichnung vernimmt, wer an Freiheit in politisierter und -sierender Lächerlichkeit glaubt, dem sei der Frühschoppen im Cafe Paz heiß empfohlen. MARIO STUMPFE

    „Dr. Seltsams Frühschoppen“ sonntäglich ab 13 Uhr, Cafe „Paz“ ab 12 Uhr geöffnet (im Kulturhaus #Mitte, #Rosenthaler_Straße 51). Übrigens: Der Namensgeber des Unternehmens, Dr. Seltsam, wird demnächst 40. Aus diesem Anlaß kommt es am Sonntag, dem 15. März, im Variete Chamäleon, Rosenthaler Str. 40-41, Mitte, um 13 Uhr zu Festlichkeiten. Der Doktor erwartet keine Geschenke, sondern daß man sein Buch „Das Ende der DDR in fabelhafter Beleuchtung“ erwirbt.

    #Berlin #cabaret #Doktor_Seltsam

  • Auftrittsverbot für „Dr.Seltsams Frühschoppen“ im Cafe Subversiv:: Aktion „Sauberes Wohnzimmer“ (neues-deutschland.de)
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/311262.aktion-bsauberes-wohnzimmerl.html

    14.06.1991 „Dr. Seltsams Frühschoppen“ - Wort-Variete, Leseshow und 3D-Feuilleton - sei eine jeden-Sonntag-Nachmittag-um-Eins-Einrichtung, die aus dem Cafe Subversiv in der #Brunnenstraße 7 im Bezirk #Mitte möglicherweise nicht mehr wegzudenken sei, schrieb ich vor einer Woche. Nun ist es soweit: Eine Gruppe von Frauen aus dem besetzten Haus Brunnenstr.7 erteilte den „Frühschopp-Boys“ am letzten Sonntag eine halbe Stunde vor der Vorstellung Auftrittsverbot. Begründung: fortgesetzter Sexismus.

    Ganz aus heiterem Himmel kam dieser Schritt allerdings nicht: schon seit einigen Wochen hatte der „Frühschoppen“ das Gefühl, nicht mehr willkommen zu sein, in einem Fall wurde die Vorstellung durch lärmende Hausbewohnerinnen gestört. Zu einer Klärung ist es trotz verschiedener Angebote des „Frühschoppens“ nicht gekommen, der Vorwurf wurde nicht weiter konkretisiert. Das sei auch nicht nötig, erklärte ein Hausbewohne...

    #Berlin #cabaret #Doktor_Seltsam #paywall

  • Balsam für die Kutscher-Seele - Neues Deutschland
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1130257.kevin-kuehnert-balsam-fuer-die-kutscher-seele.html


    Kevin Kühnert kennt die Nöte der Taxi-Fahrer aus seiner Familie.

    Auch der Chefjuso hat nur den Unternehmerstandpunkt im Blick. Typisch SPD. Ausbeutervetreter. Die Bedürfnisse der etwa 15.000 Berliner Kolleginnen und Kollegen am Steuer spielen keine Rolle. Kann sich das noch ändern?

    Auch sehr nachenklich stimmt die Aussage des Chefs der Taxiunternehmer. Verbandschefs Nadolski, dass besonders die Linke auf Seiten der Unternehmer stünde. Was läuft da falsch?

    17.12.2019 von Jérôme Lombard - Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende und Juso-Chef Kevin Kühnert wirbt für Solidarität mit Berlins Taxiunternehmern

    Wie steht Kevin Kühnert zu Taxifahrern? Wer sich immer schon mal dafür interessiert hat, wie es der frisch gebackene stellvertretende Vorsitzende der Bundes-SPD und Juso-Anführer mit Taxifahrern und ihrem Gewerbe hält, bekam am Dienstag endlich Antworten.

    Der 30-jährige aufstrebende Sozialdemokrat war auf Einladung der Innung des Berliner Taxigewerbes zur Zentrale des Unternehmens Taxi Berlin in die Persiusstraße in Friedrichshain gekommen, um mit Vertretern der Branche ins Gespräch zu kommen. Bei dem Plausch mit dem Geschäftsführer von Taxi Berlin, Hermann Waldner, und dem Vorsitzenden der Berliner Taxiinnung, Leszek Nadolski, ging es um die Themen, die die Branche bewegen: Arbeitsschutz, Tarife sowie die zunehmende Konkurrenz durch alternative Fahrdienstleister wie Uber.

    »Ich kenne die Probleme des Taxigewerbes gut«, sagte Kühnert zum Einstieg in das Gespräch. »Mein Opa hat viele Jahre lang als selbstständiger Taxiunternehmer in Berlin gearbeitet.«

    Aus diesem Grund wisse er auch, wie schwierig es für viele selbstständig arbeitende Taxifahrer sei, etwas von ihren Einnahmen für die Rente zurückzulegen. »Die Unsicherheiten, die in der Arbeitswelt zugenommen haben, betreffen auch insbesondere das Taxigewerbe«, sagte Kühnert. Der junge Sozialdemokrat forderte, dass der Staat für einen fairen Wettbewerb in der Fahrgastbeförderung sorgen müsse.

    »Wo der Staat sich nicht kümmert, haben wir Wilden Westen«, so Kühnert. Fahrdienstleister wie Uber und seine Partnerunternehmen kritisierte der SPD-Politiker für ihr »arbeitnehmerfeindliches Geschäftsmodell«, das bewusst Tarifverträge unterlaufe und mit System die gesetzliche Rückkehrpflicht für Mietwagen unterlaufe. »Taxis sind feste Bestandteile des ÖPNVs und damit auch der öffentlichen Daseinsvorsorge«, sagte Kühnert.

    Schon seit Längerem kritisiert die Berliner Taxiinnung, dass Mietwagenfirmen mit Fahrern von Uber und anderen Unternehmen systematisch gegen die Rückkehrpflicht verstoßen. Diese schreibt vor, dass Mietwagen nach jeder Fahrt an ihren Betriebssitz zurückkehren müssen und nicht wie Taxis auf der Straße auf Kundschaft warten dürfen. Ob diese Rückkehrpflicht noch zeitgemäß ist und nicht etwa marktverzerrend wirkt, ist derzeit auch auf Bundesebene Diskussionsthema. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte sich in seinen Reformplänen für das Personenbeförderungsgesetz immer wieder offen für eine Abschaffung der gesetzlichen Rückkehrpflicht gezeigt.

    »Der Berliner Senat steht zum Glück mehrheitlich auf unserer Seite«, sagte Taxiinnungs-Chef Nadolski. Insbesondere SPD und LINKE zeigten sich mit dem Taxigewerbe solidarisch. Auch die CDU sehe eine weitere Liberalisierung des Marktes kritisch. Nur die Grünen mit der für sie im Amt sitzenden Verkehrssenatorin Regine Günther hätten »versagt«, wie es Nadolski ausdrückte.

    »Die Verkehrssenatorin tut nichts, um dem illegalen Treiben von Uber und Co. etwas entgegenzusetzen«, schimpfte der Taxifahrer.

    Die Solidaritätsbekundungen von Sozialdemokrat Kühnert wirkten da wie Balsam auf der angeschlagenen Taxifahrerseele. Auf die Frage, warum Berlins Kutscher SPD denn noch wählen sollten, sagte Kühnert: »Die SPD hat die Mobilität der Zukunft im Blick.« Und die bestehe eben nicht nur aus Lastenfahrrädern in der Innenstadt.

    #Berlin #Jusos #SPD #Verkehrspolitik #Taxi

  • Linkspartei: Digitaler oder alter Kapitalismus? (neues-deutschland.de)
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1129799.linkspartei-digitaler-oder-alter-kapitalismus.html

    08.12.2019 von Peter Nowak - Konferenz der Linkspartei stellte Fragen nach den eigenen Ansprüchen im digitalen Zeitalter

    Vor knapp 10 Jahren gab es noch zwei gegensätzliche Szenarien für die digitale Gesellschaft. Manche Linke sahen einen Freifahrtschein in den Kommunismus, eher Konservative darüber klagten, dass ganze Branchen wie die Musikindustrie durch das Internet ruiniert würden. Nichts davon ist eingetreten, konstatierte Sabine Nuss. Sie beschäftigt sich seit Jahren wissenschaftlich mit dem digitalen Kapitalismus und gehört zu den Herausgeber*innen des Sammelbandes »Marx und die Roboter«. Am Samstag moderierte sie den Abschluss der von der Linkspartei organisierten Digitalkonferenz mit dem programmatischen Titel »(K)eine automatische Revolution«. Für Sabine Nuss sind die Klammern überflüssig. Es habe sich in den letzten Jahren an vielen Punkten gezeigt, dass die Digitalisierung den Kapitalismus stärkt.

    Über die Frage nach linken Gegenkräften tauschten sich die Teilnehmer*innen am Samstag in zahlreichen Workshops aus. Eingeladen waren Gewerkschaft*innen, Wissenschaftler*innen, Softwareentwickler*innen und Politiker*innen der LINKEN. Die Bandbreite der Debatte wurde schon in den Workshops deutlich. Ihre Themen: »Welchen Sozialstaat brauchen wir für den sozialen Wandel?«. »Leben, lernen und arbeiten in digitalen Dörfern«. Oder »Digitalisierung im Gesundheits- und Pflegesystem und in der Bildung«.

    Mit allgemeinen gesellschaftlichen Fragen beschäftigte sich der Workshop »Die Demokratie- und Eigentumsfrage stellen«. Mehrere Teilnehmer*innen betonten, dass eine Demokratisierung der Internetkonzerne nicht mit ihrer Verstaatlichung gleichzusetzen ist. Es könne nicht darum gehen, staatlichen Behörden mehr Daten zukommen zu lassen.

    Weitgehend Konsens bestand darin, dass das Internet Bestandteil der öffentlichen Infrastruktur sein soll - wie Wohnungsbau, Bildung oder Gesundheit. Der Vorsitzende der LINKEN Bernd Riexinger wies auf den Widerspruch hin, dass das Internet viele Güter kostenlos zur Verfügung stellt, dass aber durch das kapitalistische Profitinteresse Barrieren eingebaut werden, die genau das verhindern sollen. Riexinger sieht gute Chancen für seine Partei, mit diesen Widersprüchen zu arbeiten.

    Das war auch zentrales Thema der Abschlussrunde, die sich mit »digitalen Klassenkämpfen« beschäftigte. Die Journalistin Nina Scholz lehnte den Begriff genauso ab wie auch den Terminus »digitaler Kapitalismus«. Es sei vielmehr der alte Kapitalismus, der schon immer auf Ausbeutung und Arbeitskampf beruhe, betonte Scholz. Sie kritisierte, dass auch die Linkspartei einen feuilletonistischen Katastrophendiskurs bediene und bei der Digitalisierung wie das Kaninchen auf die Schlange starre. Nicht die Gig-Ökonomie, sondern die Gig-Ökonomisierung der Arbeitsverhältnisse sei gewachsen.

    Die tatsächlichen Klassenkämpfe seien viel weiter, moniert Scholz die nach ihrer Ansicht zahmen Lösungen der LINKEN. »Warum wird von einem digitalen New Deal und nicht von der Verstaatlichung von Airbnb gesprochen, fragte Scholz mit Verweis auf ein von den LINKE-Politikerinnen Katja Kipping, Anke Domscheit-Berg und Katalin Gennburg vorgelegtes Positionspapier «Digitale Demokratie statt Herrschaft der Monopole». Als Beispiel führte Scholz aktuelle Kämpfe von Google-Beschäftigten in verschiedenen Ländern an.

    In den Workshops erinnerte ein Teilnehmer an die Konferenz «Bytes und Bäume», auf der im letzten Jahr die Frage gestellt wurde, welchen Beitrag die Tech-Industrie im Nachhaltigkeits- und Klimadiskurs leisten könne. Dort hätten Mitglieder der LINKEN kaum eine Rolle gespielt. Bernd Riexinger sieht aber gerade eine zentrale Aufgabe der LINKEN dahin, die Kämpfe der Klimabewegung mit den Interessen der Beschäftigten zu verbinden. In der Tarifrunde 2020 für die Beschäftigten des Öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) sah er eine gute Chance, Gewerkschaften und Klimaaktivist*innen zusammenzubringen. Schließlich gehe es beiden um die Stärkung des ÖPNV. Das Beispiel gab den Einwänden von Nina Scholz Recht. Hier handelt sich um Klassenkämpfe im Kapitalismus ganz ohne das Adjektiv digital.

    #Allemagne #gauche #numérisation #lutte_des_classes #auf_deutsch

  • Wohnungsfrage: Mieterkampf in Barackia (neues-deutschland.de)
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1123797.wohnungsfrage-mieterkampf-in-barackia.html

    Dach über Kopf

    Die Ausstellung im FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum, (Adalbertstraße 95a, U-Bahnhof Kottbusser Tor, Tel. 030-50 58 52 33, www.fhxb-museum.de) wird am 8. August um 19 Uhr eröffnet. Mit dabei soll der Chor »Stadt unter Einfluss« sein, der Stücke aus dem Musical »Mietenwahnsinn« präsentiert, das im September Premiere haben wird.

    Die Schau läuft vom 9. August bis 3. November (Di-Fr 12-18 Uhr, Sa, So 10-18 Uhr). Zum Programm gehören Feierabendführungen (22.8., 5.9., 10.10., jeweils 18 Uhr) sowie Führungen durch den Bezirk zum Thema. nic

    Ein Besuch in Barackia – Wikisource
    https://de.wikisource.org/wiki/Ein_Besuch_in_Barackia

    „Hast Du schon die Berliner Republik Barackia besucht?“ fragte mich eines Tags mein humoristischer Freund.

    „Welche Republik?“ erwiderte ich verwundert. „Soll das einer Deiner schlechten Witze sein?“

    „Keineswegs! Es handelt sich in der That um einen neuen Freistaat im eigentlichen Sinne des Wortes, in seiner verwegensten Bedeutung, um einen Staat in freier Luft, auf freiem Felde, mit der freiesten Aussicht und den freisinnigsten Institutionen, frei von allen Chicanen der Polizei, frei von Executoren und tyrannischen Hauswirthen, ohne Miethsabgaben und Steuern, ohne verpestete Rinnsteine und anrüchige Senkgruben, frei von allen Lasten und Qualen der Weltstadt. Du kannst Dich davon mit eigenen Augen überzeugen, wenn Du mit mir einen Spaziergang nach dem Cottbuser Damm machen willst. Dort findest Du wirklich paradiesische Zustände, von denen sich die kühnste Phantasie nichts träumen läßt, die einzig wahrhaft freien Menschen, welche unsere berühmte Metropole aufzuweisen hat.“

    Kreuzberger Chronik: Baracken vor dem Kottbusser Tor - Sie lesen das Original! aus Berlin-Kreuzberg
    https://www.kreuzberger-chronik.de/chroniken/2012/oktober/geschichten.html

    Einen Sommer lang konnten die Bewohner Barackias aus der Not eine Tugend machen – dann nahte das traurige Ende der Utopie. Selbst Bürgermeister Hobrecht konnte es nicht verhindern, ein Humanist, der wenige Jahre zuvor noch die englischen Villenviertel und abgesonderten Slums kritisiert hatte und voller Überzeugung schrieb, wie wunderbar das Wohnen in Berlin sei, wo in der Belle Etage feine Leute und im obersten Stockwerk einfache Handwerker wohnen. Hier „gehen die Kinder aus den Kellerwohnungen in die Freischule über denselben Hausflur, wie diejenigen des Rats oder Kaufmanns.“

    Hobrecht erwähnt als erster jene berühmt gewordene Kreuzberger Mischung, das „Durcheinanderwohnen“ von Professoren und Arbeitslosen in einem Haus, das Berlin in den Siebzigern legendär machte, und das auch heute wieder durch Spekulanten bedroht ist. Obwohl schon Hobrecht schrieb: „Nicht Abschließung, sondern Durchdringung scheint mir aus sittlichen und darum aus staatlichen Rücksichten das Gebotene zu sein.“

    Als am 31. Juli 1872 eine Delegation der Barackenbewohner beim Bürgermeister vorspricht, versichert Hobrecht, sie könnten auf der Wiese bleiben, bis die neu gegründeten Baugesellschaften weitere Unterkünfte errichtet hätten. Zwei Wochen später stehen sie abermals vor ihm, denn Guido von Madai, der gerade ins Amt gehobene Polizeipräsident, verlangt die sofortige Räumung. Der Schuhmachermeister Albert Haack aus »2. Reihe, 1. Bude« wendet sich sogar an den Kaiser persönlich und bittet im Namen von 42 Erwachsenen und 59 Kindern um einen Aufschub. Doch der Kaiser blieb die Antwort schuldig, und auch James Hobrecht konnte nur noch auf das neue Baugesetz verweisen.

    Das Polizeiprotokoll schildert die Vorgänge am 27. August nüchtern: Als die Bewohner „nicht gutwillig gingen, wurde mit Zerstörung gedroht und diese auch ausgeführt. Am 27. August wurden 21 Baracken ... durch die Feuerwehr abgebrochen. Die Möbel der Barackenbewohner, wie die Bestandteile der Baracken selbst, wurden nach dem Friedrich-Wilhelm-Hospital (...) geschafft und den Insassen das Arbeitshaus als vorläufiges Obdach angewiesen, so groß auch der Widerwille gegen dasselbe bei Einzelnen war.« Gedeckt wurde die Aktion wurde von 200 bewaffneten Polizisten – ebenso wie hundert Jahre später in Kreuzberger Hausbesetzerzeiten. Was aus den Bürger von Barackia wurde, ist nicht dokumentiert.

    Freistaat Kreuzberg: Es gab ihn wirklich - WELT
    https://www.welt.de/print/wams/vermischtes/article13944682/Freistaat-Kreuzberg-Es-gab-ihn-wirklich.html

    Die Siedlung war das Ergebnis einer „Gentrifizierung“ nach einer Art, die jeden beschämt, der Heutiges damit vergleichen wollte. Der deutsche Vereinigungskrieg 1870/71 gegen Frankreich hatte den Wohnungsbau in Berlin zum Erliegen gebracht, weil die Arbeiter an der Front waren und Gelder knapp. Nach der Gründung des Deutschen Reiches aber setzte in ihrer neuen Hauptstadt ein Boom ein, der Unternehmen, viel Geld und wohlhabende Menschen anzog. Vor allem für diese wurden nun Häuser errichtet. Handwerker und Arbeiter aber konnten oft genug die Miete nicht mehr bezahlen - und mussten ihre Wohnungen verlassen, ohne Mieterschutz, ohne Vergleichsmieten, Mietspiegel und Rechtsbeistand vom Mieterverein, ohne Kündigungsfristen, ohne staatliches Wohngeld - ohne Gnade.

    Weil diese Vertreibung den unteren Mittelstand betraf und nicht die Mittellosen, war Barackia keineswegs eine Armensiedlung. „Wer in Barackia Verbrechergestalten, Vagabunden und ähnliches romantisches Gesindel sucht, der dürfte sich getäuscht finden. Ebenso wenig entdeckten wir wirkliche Noth, noch das Elend und den Jammer eines verkommenen Proletariats, sondern eher das Gegentheil. Die Männer arbeiteten, die Frauen waren einfach, aber sauber gekleidet, die Kinder sahen gesund und reinlich aus. Fast alle sprachen mit Befriedigung über ihre Lage, und gewöhnlich hörten wir den Wunsch äußern, daß sie gern immer hier wohnen möchten.“

    Die Hütten waren stabil, mit Öfen und Möbeln ausgestattet. Ein Brunnen gab genug Wasser für alle. Kurt Wernicke, Experte für die Berliner Geschichte, stellt fest, es habe „eine gewisse selbstverwaltende Ordnung“ gegeben, und die Siedlung „wurde von der gutbürgerlichen Presse mit einem Hauch von exotischer Gemütlichkeit vermarktet“.

    Der Freistaat kannte durchaus Hierarchien, es gab einen „Präsidenten“, so schreibt Max Ring, der von seiner Frau, der „Präsidentin“, kürzlich einen Sohn geschenkt bekommen habe. Dessen Name war Programm: Freifeld Schmidt.

    Ende 1872 war der Freistaat am Ende, der Magistrat ließ die Menschen auch aus ihren Buden vertreiben, um gehobenen Wohnungsbau fortzusetzen.

    #Berlin #Kreuzberg #Neukölln #Kottbusser_Damm #Geschichte #Wohnen #Obdachlosigkeit #Gentryfizierung #Mieten

  • Etappensieg für das digitale Proletariat in Kalifornien
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1125650.gig-worker-etappensieg-fuer-das-digitale-proletariat-in-ka

    Ein neues Gesetz stuft scheinselbstständige Gig-Worker als Angestellte ein - das bedeutet Anspruch auf Sozialleistungen und gewerkschaftliche Organisierung

    11.09.2019 - von Christopher Wimmer - Die Fahrdienstleister Uber und Lyft haben ein Problem an der
    Heimatfront, in Kalifornien. Das nun beschlossene Gesetz ??Assembly Bill
    5??, das aktuell unter dem Hashtag #AB5 in den sozialen Medien fu??r Furore
    sorgt, hat es in sich. Laut dem Gesetz sind die ??Gig-Arbeiter*innen?? der
    Digitalwirtschaft, die etwa als Fahrer fu??r Uber oder als Kuriere fu??r
    Lieferdienste arbeiten, in Zukunft wie regula??re Bescha??ftigte zu
    behandeln. Sie ha??tten dann Anspruch auf Mindestlohn und
    Sozialleistungen, die normalen Arbeitsschutzvorschriften wu??rden auch fu??r
    sie gelten. In der Nacht zum Mittwoch stimmte der Senat des
    Bundesstaates mit 29 zu 11 Stimmen zu. In der ??State Assembly??, dem
    kalifornische Unterhaus, war das Gesetz zuvor mit einer deutlichen
    Mehrheit von 59 zu 15 Stimmen verabschiedet worden.
    Das Gesetz sei ??ein Sieg fu??r alle Arbeiter??, jubelte die California
    Labour Foundation, ein Dachverband von 1200 Gewerkschaften in
    Kalifornien, auf Twitter. Man werde es nicht la??nger zulassen, dass
    Digitalunternehmen ??ein Freifahrtschein ausgestellt wird?? und diese ihre
    ??Gescha??ftskosten auf dem Ru??cken von Steuerzahlern und Arbeitern
    abladen??, erkla??rte die Demokratin Lorena Gonzalez. Sie hatte das Gesetz
    2018 eingebracht.

    ??Assembly Bill 5?? schlie??t eine gro??e Lu??cke im US-amerikanischen
    Arbeitsrecht - zumindest in Kalifornien. Derzeit werden die Fahrer*innen
    von Uber und Lyft als ??unabha??ngige Auftragnehmer?? bezeichnet, sie sind
    damit Schein-Selbststa??ndige. Fu??r die Unternehmen bringt dies gro??e
    Vorteile, da sie weder Mindestlohn noch Sozialabgaben zahlen mu??ssen.
    Ebenso werden die Fahrer*innen pro Fahrt und nicht pro Stunde bezahlt,
    gewerkschaftliche Beta??tigung ist ihnen untersagt.

    Das Gesetz erkla??rt, dass die Selbststa??ndigkeit nicht gegeben sei. Die
    Fahrer*innen seien als Quasi-Angestellte abha??ngig von den Unternehmen:
    Fahrten laufen nur u??ber die Firmen-App, es gibt keine direkte
    Verhandlung mit den Kund*innen. Ebenso setzen die Unternehmen die Tarife
    fest und ko??nnen kontrollieren, wer Fahrer*in wird. Bei kleinsten
    Versto????en ko??nnen diese von der App gesperrt ??? de facto geku??ndigt ???
    werden. Die Abha??ngigkeit geht soweit, dass viele Fahrer*innen Kredite
    aufnehmen, um sich u??berhaupt Autos leisten zu ko??nnen ??? manchmal sogar
    u??ber die hauseigenen Autokredite von Uber und Lyft selbst.
    Die Gruppe ??Rideshare Drivers United??, eine Basisorganisation der
    Fahrer*innen in Los Angeles berichtet davon, dass die Situation fu??r die
    Fahrer*innen immer schlimmer und preka??rer wird. Mit der Einstufung als
    regula??re Bescha??ftigte wu??rden sie nach kalifornischen Arbeitsrecht
    umfassende Rechte erhalten: neben dem Mindestlohn ist das die Bezahlung
    von U??berstunden, Arbeitsschutz, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und
    das Recht, einer Gewerkschaft beizutreten. Dabei wu??rde das Gesetz nicht
    nur Fahrer*innen betreffen, sondern weitere Bescha??ftigte wie
    Hausmeister, selbststa??ndige Handwerker oder sonstige Dienstleister.
    Jubelnde Gig-Worker in Los Angeles - auch der Stadtrat der
    Millionemetropole unterstu??tzte in einer Resolution

    Kaliforniens Gouverneur, der Demokrat Gavin Newsom, hatte bereits
    angeku??ndigt, er wu??rde das Gesetz unterschreiben. Das Unterhaus muss nun
    noch einmal u??ber im Senat verabschiedete Anha??nge zum Gesetz abstimmen.
    Wenn Newssom wie erwartet zustimmt, ko??nnte das Gesetz zum 1. Januar 2020
    in Kraft treten.
    Den Unternehmen gefa??llt diese Entwicklung so gar nicht. Mit den Debatten
    um #AB5 fiel die Uber- Aktie seit Anfang Juni um ein Drittel, Lyft gar
    um ein Viertel. Daher versucht man bei den Unternehmen nun nach einer
    gescheiterten Lobbykampagne, alle Register zu ziehen, um das Gesetz zu
    verhindern. Das kalifornische Recht sieht die Mo??glichkeit eines
    verbindlichen Volksbegehrens vor. In ein solches wollen die beiden
    Unternehmen laut ??New York Times?? nun jeweils 30 Millionen US-Dollar
    investieren. Ebenso viel wu??rde der Essen-Bringdienst Doordash besteuern,
    weitere Unternehmen ko??nnten sich anschlie??en.
    Um das Gesetz zu verhindern, waren Uber und Lyft auch zu weitreichenden
    Zugesta??ndnissen bereit: bezahlte Auszeiten, mehr Mitsprache, ein ho??herer
    Stundenlohn ??? alles unter der Bedingung, die eigenen Fahrer*innen nicht
    als Angestellte behandeln zu mu??ssen. Doch scheint die Gewerkschaftsseite
    und die politische Linke darauf nicht einzugehen. Elizabeth Warren,
    Kamala Harris, Pete Buttigieg und Bernie Sanders (allesamt
    Kandidat*innen der Demokraten fu??r die Pra??sidentschaft) haben
    angeku??ndigt, das Gesetz in zu unterstu??tzen. Sanders plant im Falle
    seiner Pra??sidentschaft gar ein US-Bundesgesetz nach dem Vorbild von AB5.
    Bisher hatten Gewerkschaften und Politik relativ wenig Erfolg dabei,
    Arbeitsrechte und Standards in der Digitalwirtschaft und in der
    Plattformo??konomie durchzusetzen. In Deutschland versucht gerade die IG
    Metall gemeinsam mit der Bewegung ??Youtubers Union?? bessere
    Arbeitsbedingungen fu??r Videoblogger und transparentere Vergu??tungsregeln
    auf der Videoplattform Youtube zu erstreiten. Die Gewerkschaft setzt
    sich seit einigen Jahren fu??r bessere Arbeitsbedingungen sogenannter
    Crowdworker ein.
    Auch wenn sich durch die zunehmende Digitalisierung Arbeitsformen und
    –verha??ltnisse rapide wandeln, zeigt die Verabschiedung von Assembly Bill
    5 das die Formen der ??traditionellen?? Gewerkschaftsarbeit auch in der
    Gig-O??konomie funktionieren ko??nnen. Die Fahrer*innen hatten den
    Gesetzgebungsprozess bereits mit Streiks, Protesten und Boykotten
    begleitet ??? und selbiges angeku??ndigt, sollte das von Uber und Lyft
    bezahlte Volksbegehren tatsa??chlich Realita??t werden.

    #USA #Arbeitsrecht #Uber

  • Es wird enger für Taxifahrer
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1111502.es-wird-enger-fuer-taxifahrer.html

    05.02.2019 - von Anne Pollmann - Druck auf Taxibranche nimmt zu. Zahlreiche Mietwagenunternehmen bieten Fahrdienste an und genießen Privilegien mangels staatlicher Aufsicht

    Man könnte sagen, für Richard Leipold lag das Geld mal auf der Straße. Seit ein paar Jahren wird es weniger. Der Taxifahrer konkurriert zunehmend mit anderen Fahrdiensten um Gäste. Sein neuester Rivale in den östlichen Bezirken von Berlin heißt BerlKönig, ein Shuttle-Service der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). »Da haben wir so viel Überlebenschance wie ein Schneeball in der Hölle«, sagt Leipold, der auch Sprecher der Berliner Taxi-Vereinigung ist.

    Die Shuttles werden immer mehr. Uber, Lyft, Moia und ViaVan - in vielen Städten weltweit fädeln sich die Dienste neben den öffentlichen Bussen und Bahnen in den Straßenverkehr ein. Mit teilweise dramatischen Begleiterscheinungen: In New York brachten sich mehrere Cab-Driver sogar um. Der darauffolgende Protest der Taxifahrer gegen die neuen Dienste war enorm.

    Fragt man in der Senatsverwaltung für Verkehr nach, soll es in Berlin keinen Grund für einen Konflikt zwischen Taxifahrern und BerlKönigen geben. Die Behörde hat den Sammel-Shuttle und das Pendant Clevershuttle der Deutschen Bahn, zum Test für maximal vier Jahre genehmigt. Wie viele Menschen steigen noch ins eigene Auto? Wie wirkt sich das auf Taxigeschäft, Verkehr und Umwelt aus? Auf diese Fragen will die Behörde Antworten finden. Ziel sind - wie im Mobilitätsgesetz festgeschrieben - weniger Autos in der Stadt.

    Dafür kommen erst einmal mehr Fahrzeuge auf die Straße. Insgesamt 130 der diesel- und elektrobetriebenen Tester mischen sich derzeit in den Verkehr. Schwarze BerlKönige mit dem BVG-üblichen Tarnprint und grüne Clevershuttles. Per App wird der Platz gebucht. Die zeigt einem auch die virtuelle Haltestelle an, an der Fahrgäste eingesammelt werden.

    Anders als beim Taxi sitzen die Fahrgäste nicht allein, sondern mit anderen im Auto. Auf dem Weg kann zu- oder ausgestiegen werden. Kosten: 1,50 Euro pro gefahrenen Kilometer, mindestens aber vier Euro - der Beförderungsdienst ist billiger als ein Taxi.

    Sorgen über Straßen voller BerlKönige, leere Bahnen und arbeitslose Taxifahrer macht sich die BVG erstmal nicht. »Der Berlkönig ist ein Ergänzungsangebot zu Bussen und Bahnen. Das Taxi spricht ganz andere Leute an«, sagt eine Sprecherin.

    Wie Busse und Bahnen ist auch der Berlkönig ein Zuschussgeschäft. »Die Fahrpreise decken die Kosten längst nicht«, sagt die BVG-Sprecherin. Trotzdem ist man bei den Verkehrsbetrieben in Jubelstimmung. Das Angebot würde »extrem gut angenommen«, 120 000 Nutzer hätten die App runtergeladen, 190 000 Fahrten seien gebucht worden. »Wir sind selber überrascht«.

    Den Algorithmus und die Fahrzeugflotte liefert ViaVan - eine Kooperation zwischen Daimler und dem US-amerikanischen Start Up Via. Eigenen Angaben zufolge ist das Joint Venture mit seinem Angebot in mehr als 40 Städten auf der Welt erfolgreich unterwegs.

    Daimler ist mit dem Projekt nicht allein, immer mehr Konzerne wollen offenbar gemeinsam mit öffentlichen Unternehmen einen Fuß auf den neuen Markt setzen. In Hamburg startet Volkswagen im April in Kooperation mit dem Hamburger Verkehrsverbund den Shuttledienst Moia. Auch in der deutschen Hauptstadt wollte Moia 500 ihrer gelben Elektrobusse auf die Straße bringen, wurde aber von der Senatsverwaltung für Verkehr abgewiesen.

    Leipold leuchtet die Euphorie bei der BVG über den Erfolg des BerlKönigs nicht ein. Die Sammel-Shuttle grüben nicht nur den Taxifahrern die Gäste ab, sondern auch Bussen und Bahnen und zerstörten so das bestehende ÖPNV-Angebot. Taxifahrer stünden plötzlich in Konkurrenz mit Mercedes Benz und der öffentlichen Verwaltung, die in ihrer Preispolitik viel flexibler seien. Als Gewinner stünden am Ende allein die großen Unternehmen dar, die Daten über das Fahrverhalten abgriffen.

    Auch in der rot-rot-grünen Berliner Koalition ist man sich über den BerlKönig uneinig. Eine »Kannibalisierung des öffentlichen Nahverkehrs« befürchtete ein SPD-Abgeordneter bei der letzten Sitzung im Berliner Landesparlament. Ein CDU-Abgeordneter wollte die Wagen in Randbezirke verbannen, wo es tatsächliche Lücken im öffentlichen Nahverkehr zu stopfen gebe. Auch Taxifahrer Leipold findet das eine gute Option.

    Die Rechtsanwältin Alexandra Decker sieht durch die neuen Akteure die Grundversorgung im ÖPNV bedroht. Private Unternehmen träfen Entscheidungen danach, ob sich ein Geschäft lohne. »Taxifahrer haben aber per Gesetz eine Beförderungspflicht«, so Decker. Gerade darum schütze sie das Personenbeförderungsgesetz. Für die Zeit nach der Testphase brauche es eine Gesetzesänderung, ist sich Decker sicher.

    #Taxi #Uber #Mietwagen #disruption #Berlin

  • Uber in New York: Die Verzweiflung der Taxifahrer (neues-deutschland.de)
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1104230.uber-in-new-york-die-verzweiflung-der-taxifahrer.html

    In New York steuern viele Kleinunternehmer in die Pleite - das Auftreten von Uber & Co. sorgt für ein Überangebot

    Von John Dyer 25.10.2018

    Die Teilnehmer einer Mahnwache vor einer U-Bahn-Station in Upper Manhattan reagierten dieser Tage wütend, als die Leiterin der Taxi-Aufsichtsbehörde von New York auftauchte. Sie riefen: »Verschwinde!«, forderten Meera Joshi zum Rücktritt auf und schrien: »Wie viele noch? Wie viele noch?«

    Die Wut ist groß, seit die Nachricht vom Selbstmord von Fausto Luna die Runde machte, der in ebenjener Station vor einen U-Bahn-Zug gesprungen war. Der 56-Jährige war Chauffeur bei dem Online-Fahrdienstvermittler Uber. Lunas Selbstmord war bereits der siebte unter Berufskraftfahrern in New York City in diesem Jahr. Für die Demonstranten ist dies ein weiterer Beleg für die finanzielle Ausweglosigkeit von immer mehr Taxifahrern und Uber-Chauffeuren, die gar nicht hart und lange genug arbeiten können, um ihre Schulden zu begleichen. Solche Selbstmorde wurden in den vergangenen Monaten auch aus Australien, Indien, Südafrika und Taiwan gemeldet.

    Dies ist die Kehrseite der sogenannten Gig Economy, bei der kleine Aufträge über Internetplattformen kurzfristig an unabhängige Freiberufler oder geringfügig Beschäftigte vergeben werden. Ihnen fehlen der Schutz und die Vorteile von Vollzeitbeschäftigung, während Technologieunternehmen große Gewinne erzielen, kritisiert die New York Taxi Workers Alliance, die die Mahnwache organisiert hatte. »Wir bitten euch, eure Herzen für die arbeitenden Männer und Frauen zu öffnen, die verzweifelt sind wegen eines Geschäftsmodells mit niedrigen Löhnen, das von Uber auf der ganzen Welt verbreitet wird«, heißt es in einer Erklärung der Taxigewerkschaft. »Jede Stadt muss einen genaueren Blick darauf werfen, was passiert, wenn man zulässt, dass von der Wall Street unterstützte Unternehmen Milliarden Dollar an Kapital einsetzen, um Arbeiter in ein Gefängnis der Armut zu stecken.«

    Die Aufsichtsbehörde von New York City hat nach eigenen Angaben rund 13 000 Lizenzen zum Betrieb der gelben Kulttaxis und rund 18 000 Lizenzen für grüne Taxis erteilt, die in Bezirken außerhalb von Manhattan fahren. Rund 50 000 Fahrer dürfen die gelben Taxis steuern. Uber, Lyft und ähnliche neue Unternehmen beschäftigen darüber hinaus heute rund 100 000 Fahrer, was einer Verdreifachung innerhalb von drei Jahren entspricht. Ihre Zahl ist anders als bei Taxibetrieben bisher nicht beschränkt.

    Die Folge ist, dass immer mehr Fahrer um die gleiche Anzahl von Fahrgästen konkurrieren. Dadurch sinken die Einnahmen beträchtlich.

    Doch das ist nicht das einzige Problem: Für viele Kleinunternehmer war das begehrte gelbe Taximedaillon eine Art Altersvorsorge. Doch der Preis für die Lizenz ist in den vergangenen Jahren wegen des Überangebots von etwa einer Million auf nur noch 200 000 Dollar gefallen. Viele Taxibesitzer kauften diese Medaillons auf Kredit und steuern wegen der sinkenden Einnahmen nun auf den Konkurs zu. Gleichzeitig verlangen sie von den Fahrern, die ihre Taxis mieten, einen höheren Prozentsatz von ihren Einnahmen.

    Das Problem betrifft nicht nur die Fahrer der gelben Taxis. Uber zufolge kann ein New Yorker Fahrer mit der App des Unternehmens bis zu 60 000 Dollar im Jahr verdienen. Das ist mehr als der Durchschnittslohn in den Vereinigten Staaten, aber in New York, wo eine Zweizimmerwohnung im Durchschnitt knapp 4000 Dollar Monatsmiete kostet, nur ein »Almosen«, wie es das unabhängige Finanzportal SmartAsset ausdrückt.

    »Ich bin finanziell ruiniert, weil drei Politiker meine Branche und meinen Lebensunterhalt zerstört haben«, schrieb der Livreefahrer Douglas Schifter im Februar in einem Facebook-Post, bevor er sich mit einer Schrotflinte vor dem New Yorker Rathaus das Leben nahm. Shifter bezog sich auf den früheren Bürgermeister Michael Bloomberg, einen der reichsten Männer der USA, das amtierende Stadtoberhaupt Bill DeBlasio, der versprochen hatte, sich für die Armen einzusetzen, und Andrew Cuomo, den Gouverneur des Bundesstaates New York.

    Immerhin hat sich seither zumindest etwas bewegt: Im August unterzeichnete DeBlasio ein Gesetz, das die Anzahl der Lizenzen von Chauffeurdiensten für ein Jahr einfriert. Außerdem müssen Uber, Lyft & Co. ihren Fahrern wenigstens den Mindestlohn bezahlen. »Wir ergreifen Sofortmaßnahmen zugunsten von mehr als 100 000 hart arbeitenden New Yorkern, die einen fairen Lohn verdienen, und stoppen die Flut von neuen Autos, die unseren Verkehr zum Stillstand bringen«, sagte DeBlasio. Stadtrat Corey Johnson brachte die Idee eines Fonds ins Spiel, um Fahrern in wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu helfen; dies solle aber nicht Unternehmern zugute kommen, die viele Lizenzen besitzen. Zu denen zählt übrigens Donald Trumps berüchtigter Ex-Anwalt Michael Cohen, der 30 Medaillons besitzt.

    Wie notwendig solche Hilfen wären, erläuterte Noureddine Afsi, der seit fast 20 Jahren in New York Taxi fährt, im Technikmagazin »Wired«: »Früher arbeitete man neun Stunden und verdiente 200 Dollar.« Heute könne man froh sein, wenn am Ende der Schicht 50 bis 60 Dollar hängen bleiben.

    #USA #Uber #New_York #Taxi

  • Mehr als Demonstrationen - In Berlin steht der geplante Google-Campus in der Kritik - ein Blick ins Ausland zeigt, wie Widerstand aussehen kann
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1092424.google-campus-in-berlin-mehr-als-demonstrationen.html

    Von Nina Scholz
    27.06.2018

    „Google ist kein guter Nachbar“: Viele Anwohner haben keine Lust auf einen Google-Campus in ihrem Kiez.

    Mittlerweile weiß es wahrscheinlich das ganze Land: Google möchte im Herbst in Berlin einen sogenannten Campus eröffnen. Im Bezirk Kreuzberg, der nicht nur auf eine lange stadtaktivistische Geschichte zurückblicken kann, sondern seit ein paar Jahren heftig mit Verdrängungen und explodierenden Mieten zu kämpfen hat, schlug die Nachricht ein wie eine Bombe: Nicht nur, aber vor allem aus San Francisco war bekannt, wie sich Gentrifizierung beschleunigt, wenn Technologieunternehmen und ihre gut bezahlten Mitarbeiter sich ansiedeln.

    In San Francisco hatten die Proteste 2013/2014 gegen den Google-Bus diese Verdrängungsprozesse sichtbar gemacht. Die Tech-Arbeiter wollten gerne im urbanen San Francisco wohnen, und so richteten die Unternehmen ihnen einen Busservice ein, mit dem sie kostenlos zur Arbeit fahren konnten.

    Ziel der Proteste war es unter anderem, darauf aufmerksam zu machen, dass rund um die Bushaltestellen des Google-Busses die Mieten durchschnittlich 20 Prozent höher waren als in umliegenden Gegenden. 30 bis 40 Prozent der Tech-Arbeiter hatten in einer Studie der Universität Berkeley angegeben, dass sie näher an ihre Arbeitsstelle ziehen würden, wenn es den Bus nicht geben würde. Bald spalteten sich die Proteste, nach Steinwürfen auf den Bus gab es Uneinigkeit darüber, ob die Tech-Arbeiter im Zweifel eher Verbündete sind, die es ebenfalls zu mobilisieren gilt, oder ob Google-Mitarbeiter per se als Gegner in dieser politischen Auseinandersetzung zu sehen sind.

    Das Berliner Bündnis, das gerade gegen den Campus mobil macht, ist derzeit weniger an den Tech-Arbeitern oder an offiziellen Gesprächen interessiert, sondern fährt eine Doppelstrategie, deren Vorbild eher die Aktionen gegen den Google-Bus sind. Einerseits demonstriert man an jedem ersten Freitag, macht Krach und projiziert »Google ist kein guter Nachbar« an das Gebäude, andererseits nehmen die Proteste auch die Form von Stadtführungen an.

    Man kann sich aber an so einem Punkt natürlich auch fragen: Was kann es außer Protest noch geben? Berlin gilt seit Jahren als Mekka für die internationale, auch widerständige Tech-Szene. Warum werden die Fragen, wie wir leben wollen, was es für Alternativen zu Smart-City-Konzepten und einer homogenen Start-up-City gibt, nicht offensiver gestellt? Warum finden kaum offensichtliche Kooperationen statt?

    Vielleicht braucht es dafür die Vermittlung der Politik. Dies wird etwa in Barcelona praktiziert, wo die Bürgermeisterin Ada Colau aus der Stadtbewegung kommt und das Problem wohl genau erkannt hat, als sie Francesca Bria zum »Chief Technology and Digital Innovation Officer« ernannte. Die Grundsätze ihres stadtpolitischen Ansatzes hat Bria gemeinsam mit Evgny Morozov in der Broschüre der Rosa Luxemburg Stiftung »Smart City anders denken« aufgeschrieben: Es geht darum, Alternativen zu Airbnb und Co. zu fördern, ein ökonomisches Öko-System zu schaffen, indem Genossenschaften es einfacher als Start-ups haben, und die demokratische Mitbestimmung in der Stadt auch mit technologischen Hilfsmitteln zu fördern.

    Doch Tech-Konzerne agieren supranational, daher kann es sinnvoll sein, sie nicht nur lokal anzugreifen. Barcelona ist bereits Teil des Rebel-City-Netzwerks, auch andere Städte könnten möglicherweise von einem Zusammenschluss profitieren. Diese Idee kam jüngst in den USA auf: Amazon hat dort einen Wettbewerb unter Städten ausgerufen, die sich um das zweite Hauptquartier des Quasi-Monopolisten bewerben konnten.

    Was folgte, war eine Art »Hunger Games meets Youtube«. Warum die Städte das machen? Weil sie seit Jahrzehnten totgespart werden, der neoliberale Kahlschlag trifft ihre Infrastruktur besonders hart, Technologieunternehmen sollen diese Lücken füllen. Doch Stadtaktivisten in Atlanta und anderen Städten wollten sich das nicht mehr länger gefallen lassen und machten mobil. So mobil, dass selbst ein Wissenschaftler wie Richard Florida neulich auf Citylab.com fragte: »Warum schließen sich die 20 Städte nicht zusammen, statt sich von Amazon gegeneinander ausspielen zu lassen?«

    Das ist gleich in doppelter Hinsicht interessant: Richard Florida war mit der These von der gewinnbringenden »Kreativen Klasse« der Vordenker der Prozesse, mit denen jetzt viele Gentrifizierungsprozesse legitimiert werden. Mit seinen alten Gedanken lag er falsch. Mit seiner neuen These, dass sich Menschen, Aktivisten und widerständige Städte nicht gegeneinander ausspielen lassen sollten, dass sie also gemeinsam stark sind - damit dürfte er hingegen recht behalten.

    #Allemagne #Berlin #Google #gentrification

  • Zum Tod von Elmar Altvater: Eine Weihnacht mit Marx (neues-deutschland.de)
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1087025.zum-tod-von-elmar-altvater-eine-weihnacht-mit-marx.html?ac


    Altvater im Jahr 2010

    L’économiste de gauche le plus important d’Allemagne disparaît à 79 ans.

    Zum Tod des einflussreichen linken Politikwissenschaftlers Elmar Altvater (1938-2018)
    Guido Speckmann

    1961 muss ein Student der Soziologie und Ökonomie in München einsame Weihnachten verbracht haben. Geld, um zu den Eltern ins heimatliche Kamen im Ruhrgebiet zu fahren, gab es nicht. Geld für die Heizung auch nicht. Sein Vater war Bergarbeiter. Mit Jobs als Liegewagenschaffner und auf dem Bau waren keine großen Sprünge zu machen. Doch diese Weihnachten sollten für den 23-jährigen Elmar Altvater prägend werden.

    Von einem linken Münchener Buchhändler war er überredet worden, die drei Bände des Marxschen »Kapital« zu lesen. Noch in der Ausgabe mit dem braunen Einband aus der DDR. Die waren billig zu haben. Die Lektüre über die Weihnachtstage war die Initialzündung für die außerordentliche intellektuelle Karriere Elmar Altvaters. Eine Lektion musste er gleich zu Beginn lernen: »Leider musste ich feststellen, dass Bertolt Brecht recht hatte, als er sagte, es sei teuer, Marx zu verstehen. Denn man muss viel Literatur dazukaufen, um ein guter Marxist zu werden«, erzählte Altvater im Gespräch mit »ZEIT Geschichte« und dem 2012 verstorbenen Norbert Walter, dem Chefvolkswirt der Deutschen Bank.

    Dass ein sich selbst als Marxist bezeichnender von einer linksliberalen Wochenzeitung zum Gespräch mit einem Vertreter des Großkapitals gebeten wird, sagt viel aus über die Stellung, die sich der Politikwissenschaftler Altvater erarbeitet hatte. Nicht nur in linken und marxistischen Kreisen galt Altvater - im besten Sinne des Wortes - als Autorität, auch in Kreisen mit anderen Klasseninteressen nahm man seine Ansichten ernst.

    Nach dem Studium in München war Altvater von 1968 bis 1970 Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Erlangen-Nürnberg. Es war eine bewegte Zeit. Altvater soll der Ruf eines »Rudi Dutschke von Erlangen« vorausgeeilt sein. Als die 68er ihren Zenit überschritten hatten, kam Altvater in eines ihrer Zentren: nach Berlin. Er engagierte sich in der »Sozialistischen Assistentenstelle«, gründete die Zeitschrift »Probleme des Klassenkampfes« - heute Prokla - und war aktiv im Sozialistischen Büro, das seinen Sitz in Offenbach hatte und ein wichtiger Zusammenschluss der Neuen Linke war.

    Zehn Jahre nach seiner ersten Marx-Lektüre wurde Altvater 1971 Professor für Politische Ökonomie am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin. Dort sollte er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2004 bleiben. Altvater gehört damit, wie der Journalist Mathias Greffrath einmal schrieb, zu der »Assistentengeneration« von 1968, die das Marxsche Werk für sich entdeckte und »mit - man ist versucht zu sagen, deutscher - Gründlichkeit den Historischen Materialismus von seinen stalinistischen Verballhornungen befreite und sein Kernstück, die Kritik der politischen Ökonomie, ›rekonstruierte‹«.

    Diese Rekonstruktion schlug sich bei Altvater in einem stetigen Ausstoß von Büchern nieder. Ein Standardwerk der Globalisierungskritik ist das zusammen mit seiner Lebensgefährtin Birgit Mahnkopf 1996 veröffentlichte Werk »Grenzen der Globalisierung«, es erschien in sieben Auflagen.

    Altvaters intellektuelle Neugier und seine regelmäßigen Reisen nach Südamerika sorgten dafür, dass er immer wieder neue Themen aufgriff. In seinem Herangehen blieb er freilich der Marxschen Methode verpflichtet. So widmete er sich Fragen der kapitalistischen Entwicklung, der Staatstheorie, der Entwicklungspolitik sowie der Schulden- und Finanzkrise und dachte über den Zusammenhang von Ökonomie und Ökologie nach. Insbesondere auf letzterem Gebiet setzte er Maßstäbe für die ökomarxistische und ökosozialistische Diskussion, die im angelsächsischen Sprachraum intensiver geführt wird als hierzulande. »Die ökologische Frage ist eine soziale Frage und die soziale Frage kann heute nur noch als ökologische Frage angemessen bearbeitet werden«, schrieb er 1992 in »Der Preis des Wohlstands«.

    Die traditionelle sozialistische Linke hat diese Erkenntnis, wenn überhaupt, nur als Lippenbekenntnis angenommen. Bis heute denkt sie das Soziale und das Ökologische getrennt. Marxisten, die von der Entwicklung der Produktivkräfte reden, keynesianische Gewerkschafter, die staatliche Konjunkturprogramme fordern, blenden aus, dass die Produktiv- in Destruktivkräfte umschlagen können und mehr Wachstum mehr Naturverbrauch und Umweltverschmutzung zur Folge hat. In Altvaters Worten: »Ökonomische Prozesse sind Transformationen von Stoffen und Energien, die irreversibel sind und nicht - wie in der ökonomischen Theorie vorausgesetzt wird - in zirkulärer Form ablaufen.«

    Auch politisch engagierte sich Altvater. Zunächst Mitglied der SPD, war er beim Gründungsprozess der Grünen Anfang der 1980er Jahre beteiligt. Die Verbürgerlichung der Grünen war für ihn kein Grund gewesen, die Partei zu verlassen. Damit hätte er leben und versuchen können, diesen Prozess von innen zu bekämpfen, sagte er in einem Interview. Er trat erst aus der Partei aus, als die Grünen den Krieg gegen Afghanistan mittrugen. Die Delegierten »haben sich von Fischer am Nasenring durch die Manege ziehen lassen. Und kaum jemand hat den Schmerz gespürt,« so Altvater. 2007 dann - gleichsam als letzte Alternative - der Eintritt in die Linkspartei, wo er in der Programmkommission aktiv war. Neben seinem Parteiengagement war er auch bei Attac aktiv. »Man muss auf beiden Hochzeiten - Politik und Zivilgesellschaft - tanzen«, sagte er einmal.

    »Das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen« sah er in dem gleichnamigen Buch von 2005 voraus. Das war hellsichtig. Drei Jahre später brach die globale Finanzkrise mit der Pleite der Bank Lehman Brothers aus. Ein Krise, die sich zu einer Weltwirtschaftskrise auswuchs. Für Altvater war sie nicht überraschend gekommen. Die Finanzialisierung des Kapitalismus und seine Krisenanfälligkeit waren schon immer Gegenstand seiner Analysen.

    In seinem Gesprächsband mit Raul Zelik - hervorragend übrigens auch als Einführung in das Denken Altvaters geeignet - heißt es als entscheidenden Punkt für die »Vermessung der Utopie«: »Wir - neun Milliarden, die wir bald sein werden - können alle ein auskömmliches Leben haben, aber dafür müssen wir etwas tun und gleichzeitig vieles unterlassen. Wir müssen die Erde umgestalten, sie sozusagen ökologisch herrichten.« Was er damit meinte? Zuvörderst den Abschied von den fossilen Energieträgern und den Übergang hin zu einem Sozialismus des 21. Jahrhunderts. Und dieser müsse »solar, demokratisch und solidarisch sein«.

    Nun ist Elmar Altvater mit 79 Jahren in Berlin verstorben - am 1. Mai des Karl-Marx-Jahres. Die Linke, ob marxistisch oder weniger, verliert einen ihrer weltweit klügsten Köpfe.

  • Starker Auftritt gegen Uber in Wien (neues-deutschland.de)
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1085654.starker-auftritt-gegen-uber-in-wien.html

    Taxifahrer enttäuscht über die fehlende Unterstützung der großen Funkzentralen und der Taxi-Innung

    Von Hannes Hofbauer, Wien 18.04.2018

    Am Montagmittag gehörte die Wiener Innenstadt den Taxifahrern. Fast 1000 Taxis beteiligten sich an einer Demonstration gegen den Fahrtenvermittler Uber. Im Schritttempo ging es vom Simmerringer Süden in Richtung Ring. Hupend umkreisten die blitzblank geputzten Fahrzeuge das Zentrum der Donaumetropole. Die geplante Abschlusskundgebung am Schwarzenbergplatz musste wegen dem zu erwartenden völligen Verkehrschaos kurzfristig abgesagt werden.

    Organisiert wurde die Protestfahrt von kleinen Taxi-Firmen, die sich im »Global Taxiverein« zusammengeschlossen haben. »Wir wollen faire Verhältnisse bei der Personenbeförderung«, meinte der Organisator der Demonstration Irfan Kuna auf seiner Facebook-Seite. Die zwei großen Taxifunkzentralen nahmen an den Protesten nicht teil, auch die Taxi-Innung verweigerte eine direkte Unterstützung, kündigte aber an, in den kommenden Tagen eine Klage gegen Uber einreichen zu wollen.

    Vor dem Hintergrund, dass die kleinen Taxiunternehmen auf sich allein gestellt blieben, war es ein machtvoller Auftritt, der vor allem auch der Innung zu denken geben muss. So mancher Demonstrationsteilnehmer äußerte sich enttäuscht über die fehlende Solidarität der Interessenvertretung. Auch wurden Vorwürfe laut, die Funktionäre der Taxi-Innung würden selbst nebenher Mietwagenunternehmen betreiben, die mit Uber ihre Geschäfte machten.

    Der Protest der Taxler richtet sich gegen die gesetzliche Ungleichbehandlung von Taxi- und Mietwagenfahrten und die von ihnen als unfair bezeichneten Geschäftspraktiken des US-amerikanischen Uber-Konzerns. Während gewerblich konzessionierte Taxifahrer in Wien überall Kunden aufnehmen können und die Fahrten einem Fixtarif unterliegen, können Mietwagen beliebige Preise zwischen Betreiber und Kunden ausmachen, dürfen dafür aber ihr Geschäft nur von ihrer Betriebsstätte aus betreiben. Daran hält sich, so der Vorwurf der Taxifahrer, niemand.

    Möglichkeiten, ohne eigenen Pkw im Auto durch die Stadt zu kommen, gibt es einige

    Uber begreift sich als reiner Vermittler, der von derlei Regulierungen ohnedies nichts hält. Damit stößt der US-Konzern in Europa jedoch zunehmend auf Widerstand. So erlitt Uber erst vor kurzem eine schwere Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof, der die Tätigkeit des Konzerns als Verkehrsdienstleiter - und nicht als Vermittler - einstufte. Das hat zur Folge, dass alle Uber-Fahrer eine entsprechende Lizenz benötigen. Auch das Oberlandesgericht Wien erließ bereits eine einstweilige Verfügung gegen eine Mietwagenfirma, die über Uber ihr Geschäft betreibt.

    Die Taxifahrer spüren die Ungleichbehandlung zwischen reguliertem und konzessioniertem Gewerbe auf der einen Seite und deregulierten Verhältnissen im Uber-Bereich in ihrer Brieftasche. Laut Wiener Innung hat das Taxigewerbe seit dem Auftreten von Uber in der österreichischen Hauptstadt ca. 40 Prozent seines Umsatzes eingebüßt. Viele der kleinen Taxiunternehmen stehen vor dem finanziellen Ruin. Die Protestfahrt war ein Hilferuf an die Interessenvertretung und die politischen Verantwortlichen.

    Die Forderung nach einer Gleichbehandlung von Taxis und Mietwagen zielt darauf, dass auch über die Uber-App bestellte Fahrer eine Konzession benötigen, eine dafür ausgelegte Versicherung für ihre Fahrzeuge abschließen sowie eine entsprechende Fahrerprüfung ablegen müssen. Zudem würde die Einstufung von Uber als Verkehrsdienstleister eine steuerliche Gleichstellung bedeuten. »Fairness für das Taxigewerbe«, so lautete die zentrale Losung der Demonstration, könnte damit hergestellt werden. Uber wehrt sich gegen all diese staatlichen Regulierungsversuche weltweit vor Gerichten.

    #Taxi #Uber #Österreich #Wien

  • Taxi-AG fordert Mindestlohn
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1081719.taxi-ag-fordert-mindestlohn.html

    8.3.2018 von Peter Nowak

    An einer Mahnwache gegen prekäre Arbeitsbedingungen in der Taxibranche nehmen nur wenige Betroffene teil. Die vielen anderen können es sich nicht leisten, auf Einnahmen zu verzichten.

    «Schluss mit dem Lohndumping im Taxi-Gewerbe» steht auf dem Banner, dass Mitglieder der Taxi-AG der Gewerkschaft ver.di am Mittwoch vor der Senatsverwaltung für Verkehr, Umwelt- und Klimaschutz aufgespannt haben. Die TaxifahrerInnen haben sich dort zur Mahnwache versammelt, um auf ihre prekären Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. «Viele Betriebe zahlen den gesetzlichen Mindestlohn nicht. Standzeiten an Halteplätzen werden als vermeintliche Pausen deklariert und nicht bezahlt», beschreibt Taxifahrer Andreas Komrowski die schlechten Arbeitsbedingungen in der Branche.

    Die neuen Taxameter würden nach wenigen Minuten automatisch auf Pause schalten, ergänzt sein Kollege Klaus Meier. Obwohl mittlerweile ein Gerichtsurteil diese Praxis für rechtswidrig erklärt hat, habe sich an den schlechten Arbeitsbedingungen nichts geändert, sagt Ramazan Bayram, von der Berliner Initiative gegen Arbeitgeberunrecht (BAGA) dem «nd». «Wir unterstützen die KollegInnen, weil hier unter den Augen des Senats Lohndumping begangen wird», erklärt er.

    Die gewerkschaftlich organisierten TaxifahrerInnen fordern einen Gesprächstermin beim zuständigen Verkehrssenat. Sie wollen erreichen, dass weitere Taxikonzessionen nur an Firmen vergeben werden, die den Mindestlohn für ihre Beschäftigten einhalten. Auch über die Festlegung des Beförderungstarifs wollen sie mit Verkehrssenatorin Regine Günter (parteilos, für Grüne) diskutieren. Vom Verkehrssenat wollte bis Redaktionsschluss niemand eine Stellungnahme abgeben.

    Die Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Arbeit bestätigt dem «nd», dass ihre Behörde die Forderungen unterstützt. Man habe es auch abgelehnt, die Dokumentationspflicht für das Taxigewerbe auszusetzen. Doch die Taxi-AG ist vor allem über den Verkehrssenat enttäuscht. Dabei führen die prekären Arbeitsbedingungen auch zu Unfallrisiken, erläutert Komrowski. «Viele Fahrer müssen wegen der schlechten Einnahmen Überstunden machen und fahren dann auch mal übermüdet. Das kann zu Unfällen führen. So ruinieren sie ihre Gesundheit und die der Fahrgäste.» Dieser zerstörerische Wettbewerb müsste eigentlich für die Politik Anlass sein, regulierend einzugreifen, heißt es.

    Dass sich am Mittwoch nur fünf FahrerInnen zur Mahnwache eingefunden haben, erklärt sich Klaus Meier damit, dass viele Beschäftigte während der Tourismusmesse nicht auf Einnahmen verzichten wollen. Außerdem sei die Branche schwer zu organisieren. «Viele Kollegen hoffen über die Runden zu kommen, indem sie mit ihren Chefs Vereinbarungen schließen», erklärt ver.di-Aktivist Burchardt Zitschke. Das mache eine gewerkschaftliche Gegenwehr oft schwierig. Doch die ver.di-AG kündigt für die kommenden Wochen weitere Mahnwachen und Proteste an. Am 21. April will sich die Taxi-AG mit weiteren gewerkschaftlich organisierten Prekären zu einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus treffen.

    Burkhardt Zitschke sieht noch eine andere Möglichkeit, wie sich die TaxifahrerInnen gegen schlechte Arbeitsbedingungen wehren können. Er arbeitet an einer App, die von den KollegInnen selbst verwaltet wird. Diese sei allerdings noch in der Erprobungsphase. In London ist eine solche von den FahrerInnen verwaltete App seit einigen Monaten schon in Betrieb. Das würde die Position der TaxifahrerInnen gegenüber ihren Chefs verbessern. Die Taxi-AG werde damit aber nicht überflüssig, betont Komrowski.

    Technische Lösungen könnten einen solidarischen Kampf nicht ersetzen. Für die nächsten Proteste wollen sie auch FahrradkurierInnen ansprechen, die für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen und sich in der Freien Arbeiter Union (FAU) organisiert haben. Für die Taxi-AG kein Hinderungsgrund für eine Zusammenarbeit. «Die Probleme der Kuriere mit Dumpinglöhnen und Kontrolle sind ähnlich wie bei uns, sagt Zitschke.

    #Berlin #Taxi #Mindestlohn #Gewerkschaft #Verkehrspolitik

  • Il y a 550 - Johannes Gutenberg meurt au mois de février
    https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Gutenberg

    * um 1400 in Mainz; † vor dem 26. Februar 1468 ebenda


    On ne sait pas exactement quel jour il est mort et on ignore complètement sa date de sa naissance. C’est la ville de Mayence qui a introduit la date de l’an 1400 parce que ses notables voulaient célébrer la 500ème anniversaire en 1900. Pourtant ce mois de février est le moment de se recueillir pour tous les typographes et imprimeurs afin de se souvenir du fondateur de leurs métiers.

    https://fr.wikipedia.org/wiki/Johannes_Gutenberg

    né vers 1400 à Mayence dans le Saint-Empire romain germanique et mort le 3 février 1468 dans sa ville natale

    Gutenberg a laissé une bible impressionnante dont un fac-similé digital est accessible ici.
    https://www.bavarikon.de/object/bav:BSB-ANG-0000HSS000MWK001

    Bereits am Anfang des europäischen Buchdrucks mit beweglichen Lettern, den Johannes Gutenberg (um 1397 – 1468) um 1450 in Mainz entwickelte, stand eine Spitzenleistung: der Druck der lateinischen Bibel (in der sog. Vulgata-Fassung). Ein Brief von Enea Silvio Piccolomini (1405 – 1464, seit 1458 Papst Pius II. ), belegt, dass der Druck der Bibel Ende 1454 bereits weit fortgeschritten war. Im Frühjahr 1455 war die Auflage von etwa 200 Exemplaren auf Papier und Pergament bereits vollständig verkauft bzw. subskribiert.

    Die Gutenberg-Bibel gilt als bedeutendstes Werk des frühen Buchdrucks (Inkunabelzeit). Der zweibändige Druck ist von hoher textlicher Qualität und zugleich eine ästhetische Meisterleistung. Textgrundlage war eine Handschrift des Pariser Standardexemplars der Vulgata. Die typographische Gestaltung ahmt die gebrochenen dichten Schrifttypen (Textura) zeitgenössischer Bibelhandschriften nach. Nach anfänglichem Schwanken entschied sich Gutenberg für eine Zahl von 42 Zeilen pro Textspalte. Die Gutenberg-Bibel wird daher auch als die „zweiundvierzigzeilige Bibel“ bezeichnet, kurz B42.

    Des recherches récentes contredisent la théorie du 3 févrire comme date de décès.

    Lt. Stephan Füssel, Hrsg. des Gutenberg-Jahrbuchs, ist gesichert, dass Gutenberg vor dem 26. Februar 1468 gestorben ist, das Todesdatum 3. Februar hält Füssel jedoch für „nicht haltbar“. Ging jetzt durch die Presse, siehe dazu z. B. im ND (02.02.2018):

    „Umso bedeutsamer ist ein 2016 in Würzburg wiederentdecktes Dokument vom 26. Februar 1468 - darin bestätigt der Mainzer Humanist Konrad Humery dem Erzbischof Adolf II. von Nassau, dass er aus dem Nachlass von Johannes Gutenberg eine Druckerpresse erhalten hat. Daraus lasse sich schließen, dass Gutenberg etwa vier Wochen zuvor gestorben sei“

    Was Füssel auf „vier Wochen“ schließen lässt, weiß ich nicht. ND schreibt weiter: „Das vermeintliche Todesdatum 3. Februar geht nach Angaben Füssels auf die Veröffentlichung eines Heimatforschers aus dem Jahr 1910 zurück, die wissenschaftlich nicht haltbar ist.“

    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1078146.so-schoen-drucken-wie-handgeschrieben.html?sstr=gutenberg

    Füssel im Gutenberg-Jahrbuch 2016 dazu:
    https://www.harrassowitz-verlag.de/dzo/artikel/201/29_201.pdf

    Und aus 1900(!):

    Festschrift zum fünfhundertjährigen Geburtstage von Johann Gutenberg. Leipzig : Harrassowitz, 1900. - (Centralblatt für Bibliothekswesen : Beih. ; 23), etwa S. 28, 29, 140, 300 u. 304

    S. 300: „Wir wissen aber durch den Revers des Doctor Humery (vgl. Nr. XXVII), dafs Gutenberg sicher vor dem 26. Februar 1468 aus dem Leben geschieden war. Der Todestag selbst ist nirgends überliefert, man kann ihn jedoch annähernd sicher zu Anfang des Jahres 1468 oder vielleicht Ende 1467 ansetzen.“

    S. 304: „... ist zu bemerken, dafs ein sicherer Anhalt für die Feststellung des Todestages fehlt (vgl. oben S. 300), weil wir nicht wissen, ob Humery sein Anrecht sofort geltend gemacht hat, und ob seinem Ansuchen alsbald oder erst nach weiteren Verhandlungen mit dem Kurfürsten willfahrt wurde.“

    https://archive.org/details/festschriftzumf00wyssgoog


    https://ia801406.us.archive.org/34/items/festschriftzumf00wyssgoog/festschriftzumf00wyssgoog.pdf

    Original der Quittung Konrad Humerys zu Gutenbergs Nachlass im Staatsarchiv Würzburg aufgetaucht
    https://archivalia.hypotheses.org/54038

    #typographie #religion

  • Mit dem Taxi ohne Fahrer durch Paris (neues-deutschland.de)
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1071290.mit-dem-taxi-ohne-fahrer-durch-paris.html?sstr=Paris|Taxi
    https://www.neues-deutschland.de/img/1020/166976

    Das französische Unternehmen Navya will Mitte 2018 mit der Serienproduktion eines Roboterautos beginnen

    25.11.2017
    Von Ralf Klingsieck, Paris

    Foto: Navya
    Probefahrt mit einem »Autonom Cab« in Paris

    250 000 Euro soll Europas erstes völlig autonom fahrendes Taxi kosten. Der Hersteller Navya hofft auf Interesse bei französischen Nahverkehrsunternehmen – die könnten sich ja den Fahrerlohn sparen.

    Das erste serienreife autonome Auto Europas ist in Paris vorgestellt worden. Der Ort, die Cité du cinéma in der Vorstadt Saint-Denis, hätte nicht besser gewählt werden können. In der ehemaligen Turbinenhalle eines vor Jahren stillgelegten Kraftwerks, das der Filmregisseur und -produzent Luc Besson zu einem Studio- und Bürohaus für seine Produktionsfirma hat umbauen lassen, stehen als Dekorationselemente einige der gelben FlugTaxis, die in seinem utopischen Film »Das fünfte Element« von 1997 durchs Bild kurvten. Neben denen hat die Start Up-Firma Navya aus Lyon in dieser Woche einige Prototypen ihres »Autonom Cab« vorgestellt.

    Das ohne Fahrer selbstständig fahrende Auto soll anfangs vor allem als Taxi zum Einsatz kommen. Äußerlich wirkt das 4,65 m lange Fahrzeug wie eine gedrungene Großraumlimousine, innen ist Platz für sechs Fahrgäste, die einander auf zwei Bänken gegenüber sitzen. Da das Auto dank seines Navigationssystems selbst den Weg zum gewünschten Ziel findet, braucht niemand durchs Fenster nach vorn zu schauen. Auffallend sind die verschiedenen Antennen, Fühler und Rezeptoren auf dem Dach, die gewissermaßen die Augen und Ohren des Steuerungscomputers sind und für die Orientierung auf der Straße sowie die Einhaltung der Richtung und des Abstands zu anderen Fahrzeugen sorgen. Zusammen mit den Elementen, die im Bug, an den Seiten und am Heck eingebaut sind, verfügt das Auto über sechs Kameras, vier Radars, zehn Laserdetektoren und vier Fühler für räumliche Bewegung. Der Antrieb erfolgt durch vier Elektromotoren – für jedes Rad einer – und ermöglicht eine Geschwindigkeit von bis zu 90 km/h bei zehnstündiger Batterielaufzeit.

    Bei der Entwicklung des »Autonom Cab« konnte man sich auf die Erfahrungen stützen, die bei dem schon vor drei Jahren entwickelten »Autonom Shuttle« gesammelt wurden. Von dem autonom fahrenden Kleinbus für 15 Fahrgäste waren mehrere Exemplare über Monate in verkehrsarmen Zonen in Paris und Lyon, aber auch in Städten Australiens und der USA im Einsatz. »Dabei wurden in 50 jeweils mehrwöchigen Tests insgesamt 160 000 Kilometer zurückgelegt und 200 000 Menschen befördert, und dabei gab es keinen einzi- gen Unfall«, berichtet Firmenchef Christophe Sapet stolz. Dafür sorgt nicht zuletzt die Integration künstlicher Intelligenz in der Software, die das Fahrzeug selbst auf unerwartete Manöver anderer Autos sicher reagieren lässt, deren Fahrer sich nicht an die Verkehrsregeln halten.

    Wann das Roboter-Taxi im Alltag zum Einsatz kommt, ist nach Meinung von Sapet »keine Frage von Jahren, sondern nur noch von Monaten«. Navya bereite sich auf die im ersten Quartal 2018 anlaufenden amtlichen Prüfungs- und Genehmigungsverfahren für die Zulassung im Straßenverkehr vor. Wenn dabei alles reibungslos verläuft und auch die gesetzlichen Regeln rechtzeitig geändert werden, was Verkehrsministerin Elisabeth Borne zugesagt hat, könnten Mitte 2018 die Fertigung in Kleinserie und der Verkauf beginnen. Dabei geht das Unternehmen zunächst von einem Einsatz als Automaten-Taxi aus, das der Kunde per Handy-App ordern kann. Auch die Bezahlung der Fahrt wird elektronisch erfolgen, denn es ist ja niemand zum Kassieren da.

    »Ein Problem gibt es noch«, räumt Navya-Chef Sapet ein: »Das ist der Preis.« Da das Privatunternehmen, zu dessen Investoren der Autozulieferer Valeo, die SNCF-Nahverkehrstochter Keolis und ein Fonds aus Katar ge- hören, kostendeckend kalkulieren muss, werden die ersten Exemplare 250 000 Euro kosten. Man setze auf Sponsoren in der Wirtschaft wie die schon an den Shuttle-Tests beteiligte Keolis und deren Konkurrent Transdev, um beim Durchbruch auf dem Markt zu helfen. Solche Verkehrsunternehmen dürften den Preis nicht einmal extrem hoch finden: Da ja der Fahrerlohn eingespart wird, kann sich die Anschaffung innerhalb der durchschnittlich siebenjährigen Lebensdauer eines Taxis amortisieren. »Je mehr ›Autonom Cab‹ gebaut und verkauft werden, umso schneller sinkt der Preis«, ist Sapet zudem überzeugt.

    #Fankreich #Paris #Taxi #Disruption #paywall