• Bezirk Mitte will Kunst nicht einmal mehr geschenkt haben - Mitte - Berliner Morgenpost
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    Privatisierung mal anders. Eigenwerbung für Künstler und Promoobjekte von Angenturen als Kunst verpackt drohen Berlin zu überfluten, die Folgekosten der Danaergeschenke muß die Öffentliche Hand tragen.

    Bislang konnte der Bezirk praktisch keine Schenkung ablehnen. Das würde aber dazu führen, dass die Straße des 17. Juni irgendwann lückenlos mit Kunstobjekten besetzt wäre, so Sabine Weißler. Mit der Schenkung allein sei es nicht getan. Die Kunstgegenstände müssten aufgebaut und betreut werden. Das übernehme keiner. Ausgenommen von der neuen Regelung sind zum Beispiel Fotoalben, die Museen zur Verfügung gestellt werden. Auch das temporäre Aufstellen von Kunstobjekten und die Annahme von Leihgaben sind möglich.

    „Durch die zeitweilige, unentgeltliche Überlassung von Objekten dürfen dem Bezirk keine Kosten entstehen“, heißt es im Beschluss. Ein Beispiel ist die Kirchennachbildung auf dem Bethlehemkirchplatz. Die Skulptur darf zehn Jahre stehen bleiben und „verwittert jetzt“, so Weißler.

    Skepsis wächst auch in der City West

    Auch in Charlottenburg-Wilmersdorf sieht man Geschenke aller Art eher mit wachsender Skepsis. „Da schenkt uns einer einen Kita-Pavillon für 1500 Euro. Wir müssen ihn für die gleiche Summe einbauen lassen und tragen auch noch die Folgekosten“, sagt Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD). Besonders schwierig sei der Umgang mit Geschenken von Botschaften oder ausländischen Kulturinstituten. „Da bewegt man sich schnell auf heiklem diplomatischen Parkett“, sagt der Behördenchef. Ein generelles Annahmeverbot hält Naumann aber nicht für die richtige Lösung. Er sieht den Senat in der Pflicht, eine Regelung zu erarbeiten. „Es kann nicht sein, dass solche Geschenke an die Bezirke durchgestellt werden, und wir auf den Folgekosten sitzenbleiben“, sagt Naumann.

    Mit einem „Geschenk“ und seinen Folgekosten kämpft der Bezirk derzeit auch: Auf dem Mittelsteifen der Bundesallee steht seit 1984 ein Denkmal des israelischen Künstlers Igael Tumarkin zum Gedenken an Rosa Luxemburg. Die Skulptur verrottet, aber der Bezirk hat kein Geld für eine Sanierung.


    Von der dicken Berta zur roten Rosa

    Die Luxemburg-Skulptur erfreut sich naturgemäß nicht der größten Beleibtheit bei den Stadtverordneten im konservativen Chartlottenburg-Wilmersdorf. Vielleicht ist sie deshalb auf dem unwirtlichen Mittelstreifen der unübersichtlich-autogerechten Kreuzung von Bundesallee, Hohenzollerndamm, Pariser Straße, Meierottostraße, Joachimstaler Straße (Joachimsthaler ...), Spichernstraße, Regensburger Straße und Nachodstraße gelandet. Besser kann man die Auseinandersetzung mit einem Werk nicht verhindern, als es auf der Verkehrsinsel einer unübersichtlichen Kreuzug zwischen wild wachsenden Büschen auf ungepflegtem Rasen aufzustellen. Nur die Cadillacs von Wolf Vostell gewinnen den Kampf um die Aufmerksamkeit gegen den Verkehr. Mit ihrer puren Masse brechen sie wie Panzer ihren Weg in die Wahrnehmung der Autofahrer.
    https://www.flickr.com/photos/wsuvak/6421898931

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    Bezirk will Geld sammeln für Rosa-Luxemburg-Denkmal
    http://www.imwestenberlins.de/bezirk-will-geld-sammeln-fuer-rosa-luxemburg-denkmal

    Bereits 2013 hatten Anwohner erstmals den Zustand der Skulptur moniert, doch geschehen ist nichts. Auch eine vom Fachbereich Kultur des Bezirksamts zugesagte “sachgerechte und informative Beschilderung” mit inhaltlichen Daten zu dem Kunstwerk unterblieb. 2015 erklärte schließlich Kulturstadträtin Dagmar König (CDU) auf eine erneute Anfrage, dem Bezirk stünden keine Mittel für den Unterhalt der Skulptur zur Verfügung. König geht in der Antwort sogar noch einen Schritt weiter: “Allerdings ist wegen der insgesamt ungünstigen Lage der Skulptur auf einer verkehrsumtosten Mittelinsel ohne Fußgängerüberweg der Erhaltungszustand nicht augenfällig.” Übersetzt könnte das heißen: Was man sowieso nicht gut sehen kann, muss nicht unbedingt saniert werden.
    Schulte will jetzt eine Kostenschätzung einholen

    Auch auf der Senioren-BVV am Mittwoch haben sich Anwohner wieder an das Bezirksamt gewandt. “Nach nunmehr drei Jahren ist immer noch nichts passiert. Es ist eine Schande!”, beschwert sich Dr. Hans-Rudolf Krüger. Doch Baustadtrat Marc Schulte (SPD) hat nun in Vertretung der verurlaubten Kulturstadträtin König zugesichert, dass er sich der Skulptur annehmen wolle. Kulturstaatssekretär Tim Renner (SPD) habe zwar längst abgewinkt, finanzielle Verantwortung für die Skulptur zu übernehmen. Beim Land sei man der Meinung, die Plastik sei dem Bezirk Wilmersdorf geschenkt worden, bedauert er. “Wir werden jetzt erst einmal eine Kostenschätzung für eine Sanierung vornehmen und dann versuchen, Spenden dafür einzuwerben.”
    Guter Willen bei der Linken

    Bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung zeigte man sich überrascht darüber, dass es in Wilmersdorf ein Denkmal für die berühmte Vertreterin der europäischen Arbeiterbewegung gibt: “Ich gebe zu, ich kenne die Skulptur nicht”, räumt Sprecherin Jannine Hamilton ein. Der Stiftung, deren Arbeit mit öffentlichen Mitteln gefördert werde, sei es aber nicht möglich, Geld für eine solche Sanierung auszugeben, bedauert sie. Doch sie wolle sich überlegen, wo man Hilfe für die Skulptur finden könnte.

    Voller guten Willens zeigt man sich auch bei den Berliner Linken, sich des Kunstwerks anzunehmen. “Unsere finanziellen Mittel sind aber beschränkt”, sagt Sprecher Thomas Barthel. “Wenn wir etwas unterstützen, liegt das eher immer nur so im dreistelligen Bereich.” Doch, man könne sich ja einmal mit einigen Leuten an einen Tisch setzen, darunter mit auch Katrin Lompscher, die in der City West für die Linke bei der Abgeordnetenhauswahl kandidiere, sagt er optimistisch.

    Unterm Strich sieht es eher so aus:

    Kein Cent für Kunst: Verfall einer Skulptur macht Kulturfreunde ratlos
    http://www.berliner-woche.de/schoeneberg/kultur/kein-cent-fuer-kunst-verfall-einer-skulptur-macht-kulturfreunde-ratlo
    http://www.berliner-woche.de/resources/mediadb/2016/02/10/39573_web.jpg?1455137181

    „Von der Dicken Berta zur Roten Rosa“ – ein sperriger Name für ein rätselhaftes Kunstwerk. Kaum jemand kann darin noch eine Erinnerung an Rosa Luxemburg erkennen. Denn die Skulptur am Spichernplatz verfällt wie viele andere auch. Geld für Pflege? Gibt es nicht.
    ...
    In den Kassen des Bezirks findet Kulturstadträtin Dagmar König (CDU) keinen Cent. Unterhaltszahlungen für Skulpturen im öffentlichen Raum, sie sind einfach nicht vorgesehen. „Ich würde das Kunstwerk und viele andere gerne instandsetzen, aber das Geld dazu fehlt uns“, bedauert König.

    #Berlin #Mitte #Wilmersdorf #Kunst