• Traditionsreiches Familienunternehmen „Koffer Panneck“ schließt / Heute beginnt der Ausverkauf: Ein berühmter Neuköllner geht | Berliner Zeitung
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    Lange her, aber immer noch merkt man den Verlust, Neues muß noch entstehen.

    Von Uta Grüttner 01.04.97, 00:00 Uhr

    Eine Institution verschwindet: Nach 109 Jahren wird jetzt das Lederwarengeschäft „Koffer Panneck“ in der Karl-Marx-Straße 165 geschlossen. Die Kinder des Besitzers Friedrich Panneck wollen eigene Wege gehen. Heute beginnt der Ausverkauf."Wehmut und Traurigkeit ist bei einem solchen Abschied schon dabei", sagt Friedrich Panneck. Überall in dem 350 Quadratmeter großen Geschäft hängen neue Preisschilder für den Ausverkauf. Leute bleiben neugierig an den Schaufenstern stehen. Auf der Straße wird der 68jährige oft von Vorübergehenden angesprochen. Friedrich Panneck und das markante Geschäftseck gehören seit Jahrzehnten zur Karl-Marx-Straße. Der Großvater, Sattlermeister Friedrich Panneck, eröffnete 1888 eine Geschirr- und Riemensattlerei an der Bergstraße, wie die heutige Magistrale damals hieß. Ein lebensgroßes ausgestopftes Pferd im Schaufenster faszinierte nicht nur die Kinder. Ab 1913 „residierten“ die Pannecks dann in dem bekannten Eckhaus.

    Enkel Friedrich ist mit dem Geruch von Leder aufgewachsen. Als er 1928 geboren wurde, feierten die Pannecks gerade das 40jährige Geschäftsjubiläum.

    In einer Chronik hat Panneck akribisch die Geschäftsgeschichte festgehalten. Zu sehen ist auf einem Foto auch die energische Großmutter Anna, die das Geschäft über die Kriegsjahre gerettet hatte, bis die Familie wieder vereint war.Es ging aufwärts. Das „Haus der 1 000 Aktentaschen“ hatte zu seinen Glanzzeiten 50 Mitarbeiter und 200 Quadratmeter mehr Verkaufsfläche als heute. Pannecks Engagement hörte nicht an der Ladentür auf, deshalb gehörte er auch zu den Mitbegründern der Arbeitsgemeinschaft Karl-Marx-Straße.

    Der lange Abschied vom Geschäftsleben begann mit einer schweren Krankheit vor einigen Jahren. „Man muß schon seine Grenzen erkennen und dann auch mit seinen Kräften haushalten“, sagt er. Hinzu kam: Seine Kinder wollten ihr Herz und Leben nicht an das Geschäft hängen. Der Sohn studiert Kunst und Film in New York. Die Tochter, die jahrelang mitarbeitete, will jetzt eine Familie gründen.

    Leicht ist es ihm nicht gefallen, die Entscheidung zu akzeptieren.Aber Panneck ist niemand, der nun im Kämmerlein trauert. Statt dessen sorgt er sich, wo seine „zweite Familie“, die 18 Mitarbeiter, künftig unterkommen. Und er freut sich auf das ungewohnte „Abenteuer Privatleben“. Denn das gab’s selten in den 48 Geschäftsjahren. „Ich habe einen enormen Nachholebedarf“, sagt er. Endlich Zeit und Muße für Kunst und Kultur, Bücher und vor allem Reisen - ohne das schlechte Gewissen.

    Bis zum 28. April wird er noch viele Hände schütteln, bedauernde Worte hören und noch mal viel Trubel im Geschäft haben. Noch sind die Räume der „Panneck-Ecke“ übrigens zu haben. +++

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