• Zum Photo: Gebäude des niederländischen Büros MVRDV in Tirana. Die Fassade ist dem Nationalhelden #Skanderbeg nachempfunden.
    via https://diasp.eu/p/17711391

    https://x.com/zeitonline/status/1937785436618768698

    @zeitonline

    Wer Visionen hat, soll zum #Architekten gehen, findet der albanische Ministerpräsident Edi Rama. In #Tirana will er die Zukunft Europas bauen lassen. Andere sehen in den #Wolkenkratzerfantasien des Politikers jedoch ästhetisch ansprechende #Geldwäsche.

    (...)

    • (...)

      Die Skyline hat noch Luft nach oben

      https://www.zeit.de/kultur/2025-06/architekturfestival-tirana-edi-rama-korruption-albanien (#Bezahlschranke)

      https://archive.ph/CkC5l

      In Tirana wird Europas Zukunft gebaut, findet der albanische #Ministerpräsident. Andere sehen in dessen #Wolkenkratzer -Fantasien ästhetisch angenehme #Geldwäsche. Ein Besuch

      Von Georg Diez, Tirana
      25. Juni 2025

      Edi Rama ist ein Mensch, der keine Menge durchschreiten kann, ohne Hände zu schütteln oder eine Schulter zu berühren oder ein freundliches Wort, ein einladendes Lächeln zu verschenken. Er hat einen grauen, gepflegten Vollbart und kurze, graue Haare, ist fast immer schwarz gekleidet und außerdem groß gewachsen, immerhin war er einmal Mitglied der albanischen Basketballnationalmannschaft.

      Die Menge teilt sich vor ihm und schließt sich wieder hinter ihm, wie er sich so durch den Innenhof seines Amtssitzes als albanischer Ministerpräsident in Tirana schiebt, eines Gebäudes aus der faschistischen Ära, als Italien Ende der 1930er-Jahre für kurze Zeit das Land besetzt hatte.

      Edi Rama hat den Innenhof zu einem Abenteuerspielplatz für die ästhetische Avantgarde umbauen lassen. Eine mächtige Holzkonstruktion schiebt sich in den offenen Himmel, Bäume wachsen hübsch verteilt auf Emporen, am Boden verwandeln kleine Kanäle und Kieskarrees den Hof in einen Dschungel für Kosmopoliten. Musik wummert, komplizierte Drinks werden serviert mit fermentiertem Irgendwas. Es ist die Eröffnung des ersten Bread-and-Heart-Festivals Anfang Juni – aber die Ambitionen von Edi Rama gehen weit über dieses Architekturfestival hinaus.

      Die Gäste an diesem Abend sind so schön und charmant, wie sie es auch in Cannes oder Soho oder São Paulo sein könnten – Weltbürger unter sich, und Edi Rama ist einer von ihnen. Ein Künstler, der von der New Yorker Galerie Marian Goodman repräsentiert wird. Ein Intellektueller, der mit klaren Worten die Weltlage umreißen kann. Ein Träumer, ein Charmeur, ein Netzwerker und, das ist in Albanien existenziell, ein Gastgeber

      Der Premier ist das Brot, die Gäste sind das Salz

      Es gehört zur #Mythologie des Landes, den Gast als etwas Besonderes zu sehen, und Edi Rama ist gut in Mythologie. Brot und Herz, so heißt das Festival auf Deutsch, die Gäste aber, das sagt Rama mit den langsamen Worten eines Mannes, der gewohnt ist, dass man ihm zuhört, die Gäste sind das Salz. .

      Edi Rama ist eine seltene Spezies, ein Freigeist mit Machtinstinkt und eher im Nebenberuf, so scheint es manchmal, albanischer Ministerpräsident. Gerade erst wurde er mit absoluter Mehrheit wiedergewählt. Er regiert seit zwölf Jahren, länger als jeder seiner Vorgänger. Die Opposition wirft ihm #Machtmissbrauch, #Korruption und autoritäre Amtsführung vor, wobei zumindest der Korruptionsvorwurf auch aus der anderen Richtung gegen die Opposition erhoben wird.

      Von 2000 bis 2011 war Edi Rama #Bürgermeister von #Tirana. Vorher, noch als Oppositionspolitiker, ist er einmal ins Koma geprügelt worden – von Mitgliedern des albanischen Nachrichtendienstes, wie Journalisten später herausfanden. Heute ist Edi Rama Vorsitzender der Sozialistischen Partei Albaniens, was ihn nicht davon abhielt, im Jahr 2023 einen umstrittenen Migrationsdeal mit Italiens neofaschistischer Ministerpräsidentin Giorgia Meloni abzuschließen.

      Edi Rama will #Albanien in die #EU führen und präsentiert sich als Visionär mit politischen und ästhetischen Ambitionen. Die Kunst ist für ihn ein Mittel der Kommunikation und der Macht. Die Architekten, die zum Bread-and-Heart-Festival angereist sind, mehr als 100 der besten der Welt, behandelt er wie Freunde, die zugleich seine Auftragnehmer sind.

      Sie sind nach Tirana gekommen, um Edi Ramas Transformationsprojekt der albanischen Hauptstadt zu feiern, an dem sie kräftig mitarbeiten und -verdienen. Hochhäuser für eine bessere Zukunft. Sie sind deshalb auch hier, um sich selbst zu feiern, was die allgemeine gute Laune bei diesem Klassentreffen der Klassenbesten erklärt.

      Bjarke Ingels ist gekommen und Steven Holl, internationale Großstars, Shigeru Ban, Christian Kerez, Matthias Sauerbruch, Reinier de Graaf von Rem Koolhaas’ Studio OMA, Simona Malvezzi, Winy Maas und, und, und – wohl die mächtigste architektonische Visionsmaschine außerhalb der #Architektur - #Biennale von #Venedig. Sie alle wollten nicht weniger, wie Edi Rama am nächsten Morgen erklärt, als ein Modell zu erschaffen, wie Tirana, wie Albanien, wie #Europa und die Welt bauen, denken, leben soll.

      Visionen und Wohnmaschinen

      Stararchitekten sehen das Leben der Menschen als Knetmasse für ihre Träume – ein Grundkonflikt zwischen Anmaßung und Ästhetik ergibt sich daraus, der stets neu verhandelt werden muss. Georges-Eugène Haussmann etwa zerlegte im 19. Jahrhundert Paris in große Achsen und kreierte Stadtraum für das aufstrebende Bürgertum. Noch heute folgt man als Flaneur Haussmanns Vision, noch heute leben die Pariser nach seinen Plänen.

      Le Corbusier, der radikalste architektonische Visionär des 20. Jahrhunderts, schuf #Wohnmaschinen für Arbeiter und Angestellte, die zum Modell wurden für die Art und Weise, wie sozialer #Wohnungsbau bis heute Menschen auf bestimmte Grundrisse und Lebensmodelle festlegt. Das 21. Jahrhundert ist bislang noch auf der Suche nach einer Vision von Stadt, Raum, Wohnen, Bauen.

      Oder anders gesagt: Es gibt diese Vision, sie ist groß und gläsern und mächtig und steht in den Dubais dieser Welt, weil das Original-Dubai mit seinem Golfgeld zum Modell wurde für die Verwandlung von Reichtum in Raummaß. Investoren bestimmen in dieser Vision die Ästhetik. Die Frage ist, ob es einen anderen Weg gibt, eine Antwort Europas auf diesen postinternationalen Stil. Die Frage ist auch, ob Politik, der Staat, einzelne Personen wieder die Macht an sich reißen, die sie dem Kapital überlassen haben.

      Edi Rama will diese Antwort geben, er will aus Tirana ein Modell machen und zeigen, wie wichtig Schönheit im Stadtraum ist und wie groß Architekten denken können, wenn man sie lässt. (Architektur, das merkt man hier, ist immer noch weitgehend ein Männersport.) Er will auch durch die Energie, die er mitbringt, und die Schnelligkeit und Rastlosigkeit, die ihm gegeben sind, ein Beispiel sein für Bauen jenseits von Überregulierung und Selbststrangulierung.

      Auch das gefällt den anwesenden Architekten, die zum Teil schon länger in Albanien arbeiten, wie etwa Freek Persyn vom belgischen Büro 51N4E, das einige der besten Hochhäuser in Tirana gebaut und auch den Neuentwurf des eindrucksvollen Skanderbeg-Platzes in der Mitte der Stadt gestaltet hat, der sich fast unmerklich zu einer superflachen Pyramide wölbt. Um den Platz herum gruppieren sich die ersten fertiggestellten Hochhäuser zu einer noch luftigen Skyline.

      Wer soll in den Hochhäusern eigentlich wohnen?

      Henning Larsens Würfelbau stapelt sich noch unfertig über dem Platz in den Himmel, der Bau wurde gestoppt, weil zwei Stockwerke heimlich hinzugefügt worden sind. Ein Entwurf von Marco Casamonti schiebt sich elegant in die Höhe, wie eine gestrandete Luxusjacht türmt sich das Gebäude von Winy Maas’ Büro MVRDV auf, die runden Bögen des Hochhauses von 51N4E überragen deutlich den Turm der Moschee nebenan.

      Zahlreiche Hochhäuser mehr sollen es werden, wenn man dem Modell von Tirana glaubt, das in einem großen Saal des runden und noch unfertigen Gebäudes ausgestellt ist, in dem das Bread-and-Heart-Festival mit einem Tag voller Talks beginnt. Ab und zu durchweht der Ruf des Muezzins aus der benachbarten Moschee die Produktion von Gedanken, der Architekten ja fast genauso gern nachgehen wie dem Bauen von Häusern.

      Edi Rama macht den Anfang und dringt gleich dorthin vor, wo er sich am wohlsten zu fühlen scheint: ins Reich der selbst gewählten Ambivalenz. “Lasst uns unser Ego aufgeben”, das ist seine Botschaft an die versammelte Schar der Super-Egos. “Lasst uns gemeinsam die Zukunft erobern.” Architektur, sagt Rama weiter, könne Orte, Räume und Menschen verändern, könne kollektive Träume Wirklichkeit werden lassen. “Lasst uns Häuser bauen, die nicht von lokaler Mittelmäßigkeit oder globalen Klischees geprägt sind.”

      Er spricht von “radikalem Vertrauen”, von der Möglichkeit und Unmöglichkeit von Demut, von #Albanien als einem Land, das Architekten die Freiheit gibt, die sie brauchen. Architektur, diese ganzheitlichste Kunst, soll das allseits bedrohte Gefühl von Humanität und Verbundenheit retten. Es ist ein Experiment, sagt Edi Rama, wahrscheinlich das größte Experiment dieser Art in Europa. “Die Vergangenheit ist tragisch, und die Zukunft ist eine Herausforderung”, ruft er nun fast, und als die Standing Ovations verklungen sind, braucht es eine Weile, bis sich die Rührung über die eigene Bedeutung gelegt hat, die dem ersten Redner nach Rama zunächst die Sprache verschlägt.

      Die Stimmung schwankt im weiteren Verlauf des Bread-and-Heart-Festivals zwischen Begeisterung und Bedenken. Unklar ist zum Beispiel, wer am Ende in all den Häusern wohnen soll und wie es sich mit der Frage verhält, ob hier nicht doch vor allem Geldwäsche auf ästhetisch hohem Niveau stattfindet. Die Hoffnung jedenfalls ist, dass das investierte Geld auf dem einen oder anderen Weg das #Lebensniveau der Stadt nach oben drücken wird.

      Gastfreundschaft und Blutrache

      Edi Rama hat auch außerhalb seiner äHauptstadt große Pläne, und auch dazu gibt es ein riesengroßes Modell in einer weiteren Etage des Veranstaltungsgebäudes. Investoren wie Jared Kushner, Schwiegersohn von Donald Trump, und andere treiben vor allem entlang der Küste Projekte voran. Auch hier ist noch nicht klar, ob sie ein Segen oder ein Schaden für Albanien sein werden.

      Vieles ist noch unberührt in diesem Land am Rande des europäischen Bewusstseins. Vieles scheint außerdem immer noch von der Vergangenheit geprägt zu sein, wie sie der große albanische Schriftsteller Ismail Kadare in seinen Romanen beschreibt, Palast der Träume etwa oder Der zerrissene April. Letzterer erzählt eine Geschichte von Blutrache und heiliger, grausamer Gastfreundschaft, von der Kluft zwischen den Menschen in der Stadt und denen in den Bergen, von den ewigen Streitigkeiten über Grundrechte und Eigentumsgrenzen.

      Die neuere Geschichte Albaniens beschreibt die Philosophin Lea Ypi in ihren Memoiren Frei, die 2022 auf Deutsch erschienen sind und vom Verlust gleich mehrerer Welten handeln: der des Kommunismus, aber auch der des Kapitalismus, der als Versprechen kam und in einen Bürgerkrieg führte. Immer noch sind viele Menschen von den Traumata der Transformationen geprägt.

      Albanien unter Edi Rama sieht seine Zukunft in der EU. Europa allerdings hat gerade eigene Probleme, es muss sich selbst finden und neu erfinden zwischen der militärischen Bedrohung durch Russland und der technologischen Übermacht der USA und Chinas. Kann also Kultur, können Urbanismus und Städtebau eine Antwort liefern, vielleicht sogar ein europäisches Projekt initiieren, das die Vergangenheit eines Kontinents der Städte mit einer Zukunft verbindet, die wieder eher urban als national ist?

      Edi Ramas Tirana versteht sich als eine mögliche Antwort auf diese Fragen – bei allen Widersprüchen, die auch der Ministerpräsident selbst im Rahmen des Bread-and-Heart-Festivals anspricht: den Vorwürfen der Geldwäsche, den Vorwürfen der Korruption, dem Verdacht, dass hier – in der Immobilienbranche nicht ganz selten – kriminelle Energie in kommerzielle und kulturelle Energie umgesetzt wird. Die Architekten jedenfalls, die sich in Tirana versammelt und schon lange vorher gelernt haben, groß zu denken, versprechen nicht weniger als eine Vision für das 21. Jahrhundert.

      Die Gebäude werden bleiben. Was noch?

      Sie wollen, sagen sie, eine Stadt bauen, die auf Kuratierung und nicht auf Regulierung basiere, sie wollen Schönheit, Design, Technologie für die Menschen schaffen. Knapp 2,5 Millionen Einwohner hat Albanien derzeit, 600.000 davon leben in Tirana. Das Land verliert beständig Menschen durch Abwanderung, die Hauptstadt gewinnt hingegen Einwohner dazu. Bis zu zehn Millionen Albaner leben im Ausland, eine riesige Exilgemeinschaft. Eine weitere Hoffnung ist, dass durch den Bauboom Geld ins Land gelangt, das den Aufbau Albaniens antreiben wird.

      Auch diese Hoffnung wird am Rande des Festivals diskutiert. Mehr als zehn Prozent Steuern auf das gesamte Budget müssen bei Baubeginn in Albanien gezahlt werden, deutlich mehr als in anderen europäischen Ländern. Dieses Geld landet beim Staat. Ist das eine gute Idee, weil es dessen finanziellen Rahmen erweitert? Oder ist es eine schlechte Idee, weil es Geldwäsche ermöglicht oder legitimiert?

      Die Opposition um den früheren Premierminister Sali Berisha sieht Letzteres als gegeben an, besonders nachdem Erion Veliaj, der Bürgermeister von Tirana und ein Vertrauter von Edi Rama, im Februar wegen des Verdachts auf Korruption festgenommen wurde. Berisha selbst allerdings wurde im Dezember 2023 unter Hausarrest gestellt, weil ihm die albanische Staatsanwaltschaft vorwirft, seinen Schwiegersohn bei einem Bauprojekt bevorzugt zu haben. Dieser Schwiegersohn wurde im Oktober 2023 festgenommen, der Verdacht: Geldwäsche und Korruption.

      Und so stellen sich in Tirana und im Rest Albaniens, vor allem entlang der begehrten Küste, einerseits Fragen von politischer Ökonomie, Demokratie und Traditionen – während andererseits berühmte Architekten aus der westlichen Welt auf ästhetisch hohem Niveau verhandeln, wie Bau- und Prestigeprojekte ein Land ins 21. Jahrhundert bugsieren könnten, das in vielem noch tief in der Vergangenheit steckt.

      Edi Rama jedenfalls hat einen widersprüchlichen Weg gewählt, den er selbstbewusst beschreitet. Nächstes Jahr werden die Architekten wiederkommen. In der Zwischenzeit wird viel gebaut werden, Schnelligkeit ist ein Versprechen in Albanien. Die Gebäude werden bleiben; es wird sich zeigen, was von all den anderen Versprechen bleibt.

  • A Simple House with a Complicated Past - New York Times
    https://www.nytimes.com/2006/06/01/garden/01berlin.html

    Eva Wendel and Peter Stenkhoff preserved the exterior of their blocky house in the former East Berlin, but took down walls and stripped away layers of carpet and tile to put in an oak parquet floor. Credit...Thomas Meyer/Ostkreuz for The New York Times

    1.6.2006 by Carly Berwick - A LOT of Germans would like to forget the recent past. But the simple, functional look of a 1970’s East Berlin house in the Communist-utilitarian style was precisely what led one couple to choose it.

    Three years ago Eva Wendel and Peter Stenkhoff, graphic designers with one child and another on the way, were house-hunting when they happened on a part of East Berlin they had never considered, discovered their dream property and bid on it the next day.

    A large, low-slung, stucco-sided shoebox, it came with a weighty history. From the late 1940’s to 1990, when Germany was reunited, the neighborhood and its tree-lined streets were a refuge for ruling party officials. The house was last inhabited by Egon Krenz, who had a very short tenure as Communist Party chief of East Germany in 1989, when the Berlin Wall fell.

    A house this style is relatively unusual in Berlin, which is distinguished by its sprawl of 19th-century town houses and its new glass-clad government buildings. This house would not be an obvious candidate for a preservation campaign, and in any event Berliners are divided when it comes to preserving Communist-era buildings.

    Many say they are architectural aberrations and scars of a regrettable past, while a sizable minority — many of them younger architects, artists and designers — argue that the 60’s and 70’s buildings have a gawky, historically particular beauty. For more than a decade a citywide debate raged over the fate of the boxy, copper-colored-glass 1976 Palace of the Republic, which served as the East German parliament building. Preservationists ultimately lost that battle and the building is being razed to make way for a replica of the Stadtschloss, a Baroque castle demolished by the East German government in 1950.

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    Eva Wendel and Peter Stenkhoff. Credit...Thomas Meyer/Ostkreuz for The New York Times

    Mr. Stenkhoff and Ms. Wendel’s house, also built in 1976, is in a neighborhood encircled by the Majakowski Ring, an oval road in the central borough of Pankow. The house is an example of the blocky East German style called Magdeburg, one of about a dozen in Pankow but the only one in its immediate neighborhood. Most of the houses here date to the 1930’s, and many are in a style that local people call Berliner Kaffeemühle, or coffee grinder, after its square shape and curved front.

    For decades the house was occupied by guests of ruling party members, including, according to one rumor, a man who hid here after taking part in a failed attempt to assassinate the Chilean dictator Augusto Pinochet. Then, in 1989, Mr. Krenz said, he moved in. Mr. Krenz, who was Communist Party chief of East Germany, said he lived in that house when he received a congratulatory telegram from President George Bush on opening the German borders.

    Now 69 and the author of a recently published memoir in German, “Backtalk: From Letters and Testimony, 1990 to 2005,” Mr. Krenz said that he changed little in the house. “The house was livable,” he said. “I felt good there.”

    In 2003 the government evicted Mr. Krenz after it won a lawsuit alleging that he had purchased the property illegally. It put the house — known locally as the Krenz villa — up for auction that spring.

    When Ms. Wendel and Mr. Stenkhoff, both now 38, discovered the villa, they were intrigued by its size — 2,690 square feet, unusual in Berlin — and its plentiful light. Its backyard is crossed by a narrow stream with a terrace overlooking apple and cherry trees and large oaks. “I felt it was like a ship on the water,” Mr. Stenkhoff said.

    Inside was a chaotic configuration of rooms, a throwback to Communist-era overcrowding, with five bathrooms in five color schemes. The ceilings had been lowered and the original floor buried under rugs and tile.

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    Years of carpet and tile to put in an oak parquet floor. The living area has its original folding wall; they added an Alvar Aalto sofa, custom shelving and the Egon Eiermann desk where Mr. Stenkhoff is seated. Credit...Thomas Meyer/Ostkreuz for The New York Times

    The couple, who own a graphic design firm, said that as fans of modernism they were taken with the streamlined shape of the house. “We saw the house and loved it, but a lot of West Germans don’t because it’s very 70’s,” Ms. Wendel said.

    Others, however, say that 1970’s structures represent a slice of contemporary history and deserve a place alongside Baroque castles. “There is a sort of culture war between those who orient their identity toward contemporary culture and those who will not acknowledge modernity,” said Adrian von Buttlar, a professor of modern art and architecture history at the Technical University of Berlin.

    The Berlin architect Philipp Oswalt, who pushed to save the Palace of the Republic as a cultural center, said: “For myself and the younger generation — I’m 41 — it was not a representation of East Germany alone. It became more and more the representation of the process of reunification after 1989.” (Indeed, the palace lasted longer as a post-reunification relic than as an East German meeting hall.)

    After months of back and forth with the agency in charge of selling former government properties, Ms. Wendel and Mr. Stenkhoff made a final bid of 372,000 euros (a little more than $400,000 at the exchange rate then). They learned that their bid had been accepted just as they were preparing to leave for two months in Mexico with their son, Anton, then 5 years old.

    When they returned they started the renovation, basing the new layout on original blueprints. They removed walls that had been added and restored the original ones, and dug through three layers of carpet and plastic tiles to find a plastic imitation of wooden parquet floors, which they were quick to replace with real oak.

    They removed two bathrooms but kept three, along with their original tiles, which looked like “colored diamonds,” in pink, orange and sparkling yellow, Mr. Stenkhoff said. They ripped out the one tiny kitchen, replacing wood cabinets with stainless steel shelves. The renovation cost about 50,000 euros ($54,000) and took about six months; the couple’s daughter, Lena, was born around the time they finished.

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    Ms. Wendel and her daughter, Lena, are on the terrace where Egon Krenz, East German Communist Party head when the Berlin Wall fell in 1989, posed in 1999. Mr. Krenz lived in the house until 2003. It was built in 1976 for a former East German official and housed guests of the ruling party. Credit...Thomas Meyer/Ostkreuz for The New York Times

    The Krenz villa is now a stripped-down version of its former self. The couple furnished it with Arne Jacobsen chairs; a lamp and a dining table by the Danish modernist Piet Hein; an Alvar Aalto sofa, which they bought from the Swiss company Wohnbedarf; work tables by the German designer Egon Eiermann; stainless steel kitchen shelving; and not much else.

    “I like the luxury of long, clean white walls,” Mr. Stenkhoff said.

    Few traces meanwhile remain of the high-ranking party members who moved in after the government appropriated houses inside the Majakowski Ring. In 1960 the East German elite retreated to the suburb of Wandlitz, leaving the houses to second-tier party members. One of those was former Foreign Minister Otto Winzer, who was too old to navigate the stairs of his 1930’s home. The Krenz house was built for him, although he died before he could move in.

    When the East German government dissolved, the properties in the area were transferred to a government agency, which started auctioning them off in 1996. Now the last available house is under contract.

    Tilman Rascher, a journalist for Deutsche Welle television, and his family moved next door to the Krenz villa in 2002. Other new neighbors include the actress Jasmin Tabatabai, a Waldorf school and the Chinese Trade Mission, which owns a couple of 1930’s buildings.

    Marianne and Martin Kothé, who live on the other side of the Krenz villa, arrived in 1998. They were both officials in the German government, which was moving from Bonn, and said they were attracted by the neighborhood parks and convenient location.

    Living among the ghosts of history’s losers lends a frisson to the neighborhood’s child-friendly, upwardly mobile vibe.

    The Kothés say they remember Mr. Krenz well. Convicted in 2000 of complicity in the deaths of people who tried to escape over the Berlin Wall, he was allowed to serve some of his four-year term under an open-prison system that allowed him to spend his days at home but return to jail each night. “The funny thing was, he was a decent neighbor,” Mr. Kothé said.

    #Berlin #Pankow #Majakowskiring #DDR #Architektur #Geschichte

  • Kritik am neuen Gendarmenmarkt in Mitte: „Was für Menschenfeinde waren hier am Werk?“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/kritik-am-neuen-gendarmenmarkt-in-mitte-was-fuer-menschenfeinde-war

    Das heilige Raster: der Gendarmenmarkt in Mitte nach seiner Wiedereröffnung Hannes P. Albert/dpa

    They paved paradise, put up a parking lot .
    Joni Mitchell, Big Yellow Taxi
    https://www.youtube.com/watch?v=ratQlft_G5c

    16.3.2025 von Peter Neumann - Ein Grauen aus Stein und Beton, ökologischer Irrsinn, Stadtglatze: Der Platz ohne Schatten erntet Wut und Spott. Wer trug zu der Misere bei? Nazis, die DDR und ein Linker.

    Anfangs gab es auch Lob. Aber inzwischen ist die Ablehnung einhellig: Der neue, zwei Jahre lang für 21 Millionen Euro sanierte Gendarmenmarkt in Mitte ist ein Desaster. Darin sind sich Politiker, Klimaschützer und alle anderen, die sich in sozialen Medien geäußert haben, einig. Am Sonntag setzte der CDU-Politiker Armin Laschet einen drauf: An der Steinwüste sei eine Politikerin der Grünen schuld, schrieb der Rheinländer bei X (ehemals Twitter). Auch wenn man die Einschätzung teilt, dass eine kahle steinerne Fläche entstanden ist: Die anderen Fakten sollten ebenfalls stimmen. Und da liegen die Dinge im Falle des sanierten Gendarmenmarkts anders, als die Kritiker dies darstellen.

    „Der Tagesspiegel schreibt, dass eine Ex-Senatorin der Grünen diese neue Steinwüste zu verantworten hat“, twitterte Laschet. Er meinte offenbar Regine Günther, während deren Amtszeit als Berliner Verkehrssenatorin angeblich die Planung begonnen hat.

    Festakt zur Wiedereröffnung des Gendarmenmarkts am 13. März 2025: Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister, Franziska Giffey (SPD), Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, und Ute Bonde (CDU), Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, vor der Kulisse des Konzerthauses. Hannes Albert/dpa

    Großzügig schrieb der Landesvorsitzende der CDU Nordrhein-Westfalen, er wolle gar nicht erst versuchen, die Berliner Kommunalpolitik zu verstehen. „Aber: Warum hat man zur Kaiserzeit im Jahr 1900 mehr Grün geplant als Grüne 2025?“ Frühere Bilder zeigen Rasen, Blumen und mehr Bäume als heute. Was dort passiert ist, sei „weder aus ästhetischen, denkmalpflegerischen noch aus klimaresilienten Gründen zu begreifen“.

    In zwei Jahren Sanierungszeit habe das der Senat in „beeindruckender Weise geschafft, den historischen Gendarmenmarkt durch Umbauten dermaßen zu verschlimmbessern, dass wir uns jetzt über einen Parkplatz im Herzen Berlins freuen dürfen. Bäume waren aus. Stadtplanung als Trauerspiel“, bemängelt Cord C. Schulz bei X. Er leitet das Büro der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Europäischen Parlament.

    „Ich sehe eine hässliche Betonwüste im Stil der 70er-Jahre“

    Auch am anderen Ende des politischen Spektrums erntet der Gendarmenmarkt, den der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU), Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) und Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) am Donnerstag wiedereröffneten, schlechte Rezensionen. Wegner nennt den Platz nach dem Umbau „einen der schönste Platz Berlins und einen der schönsten Plätze Europas“, so Niema Movassat, bis 2021 Bundestagsabgeordneter der Linken. Aber: „Ich sehe nur eine hässliche Betonwüste im Stil der 70er-Jahre. Für paar Bäume war offenbar kein Platz. Ökologischer Irrsinn.“

    „Der umgestaltete Gendarmenmarkt ist ein Grauen aus Stein und Beton. Kein einziger Baum, der Schatten spendet. Was für Menschenfeinde waren hier am Werk?“, fragt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Fridays for Future Berlin fragt Kai Wegner, ebenfalls bei X: „Am Gendarmenmarkt sind noch Bäume zu sehen!! Sagt mal, hackt’s bei ihnen?? Da könnte man gleich ZWEI PARKPLÄTZE stattdessen bauen. Autofahrer werden diskriminiert!“ Berlin zeige mit der „Stadtglatze Gendarmenmarkt“ vor allem eines: Wünsche nach Grün und Bäumen zu missachten, meint das Grünen-Mitglied Heinrich Strößenreuther, Organisator des Baumentscheids in Berlin: „Bäume statt Beton. Bäume statt Asphalt. Bäume statt Pflaster.“

    Und so weiter, und so fort. Es sieht so aus, als ob das Projekt gründlich danebengegangen ist.

    Die landeseigene Grün Berlin hatte das Vorhaben, zunächst 1,4 der 1,9 Hektar großen Platzfläche am Konzerthaus, dem Deutschen und dem Französischen Dom zu sanieren, unter seine Fittiche genommen. Der Entwurf stammt vom Büro Rehwaldt Landschaftsarchitekten Dresden und PST GmbH, Werder/Havel.

    Vieles, was entstand, ist von oben nicht sichtbar. So wurden sechs Wasserspeicher („Rigolen“) gebaut, die bei Starkregen Feuchtigkeit sammeln und langsam in den Boden sickern lassen. Weil auf dem Gendarmenmarkt wie bisher wieder viele Veranstaltungen stattfinden sollen, wurde im Untergrund jede Menge neue Infrastruktur geschaffen: 850 Meter Wasserrohre, 265 Meter Fernwärmeleitungen, drei Kilometer Stromkabel. Auf dem Platz gibt es je 27 Anschlüsse für Schmutz- und Trinkwasser sowie 29 für Strom.

    Die Kritiker stören sich eher daran, wie die Platzoberfläche aussieht. 14.000 Quadratmeter präsentieren sich wie vorher wieder als fast durchgehend gepflasterte, steinerne Fläche. Platten und Steine aus schlesischem Granit, Kleinpflaster aus Basalt wohin man schaut – dazu Sitzgelegenheiten, Poller und anderes Betonmobiliar. Die Planer haben ein Stück des zu DDR-Zeiten verlegten Pflasters erhalten: Kleinpflaster aus Natur- und Betonstein. Viele Bäume blieben stehen, aber es wurden auch welche gefällt.

    So sind die Kugelahornbäume, die einst die Südostecke verschatteten, nicht mehr da. Drei neue Bäume wurden dort gepflanzt: große Japanische Schnurbäume (Sophora japonica), die gegenüber Hitze, Trockenheit und Abgasen extrem tolerant seien, wie die landeseigene Grün Berlin betont. Mit einer ausladenden Krone von zwölf bis 18 Metern sind sie gute Schattenspender.

    Der Tagesspiegel schreibt, dass eine Ex-Senatorin der Grünen diese neue Steinwüste zu verantworten hat. Will gar nicht erst den Versuch machen, Berliner Kommunalpolitik zu verstehen, aber: Warum hat man zur Kaiserzeit im Jahr 1900 mehr Grün geplant als Grüne 2025? Es ist weder… https://t.co/6QbKymAeKL pic.twitter.com/hutmsUrTqF
    — Armin Laschet (@ArminLaschet) March 16, 2025

    Viel Stein, wenig Bäume: Was soll man davon halten? Viele Städte, auch Berlin, entsiegeln Straßen- und Platzbereiche. Bäume werden gepflanzt, damit sich die Städte in den heißen Sommern, die im Zeichen der Erderhitzung erwartet werden, nicht noch stärker aufheizen. Und dann entsteht so ein Platz wie der Gendarmenmarkt neu? Obwohl: Die steinerne Umrahmung des Schlosses wirkt ebenfalls unwirtlich.

    Ja, es ist irgendwie peinlich! Ja, es ist eine Diskussion, die geführt werden muss. Aber dann richtig! Auf dem Gendarmenmarkt entstanden keine Parkplätze, er ist weiterhin den Fußgängern gewidmet. Schuld an der Gestaltung sind auch nicht die Grünen.

    Stattdessen haben die Nazis, die DDR und ein Kultursenator der Linken Aktien darin, dass der Platz wieder so aussieht, wie er vorher schon aussah. Die Vorplanungen begannen unter dem rot-roten Senat, den Klaus Wowereit zwischen 2006 und 2011 anführte. In diese Zeit fiel auch das Bürgerforum, bei dem 2011 die wichtigsten Grundentscheidungen festgezurrt wurden. Selbst Kai Wegner hätte das alles nicht rückgängig machen können.

    Blumenbepflanzungen ausgestatteter Schmuckplatz

    Aber eines nach dem anderen: In der Tat hatte der Gendarmenmarkt, der in einigen Abschnitten bis 1886 noch als Marktfläche diente, jahrzehntelang grüne Elemente – Rasen, Blumenrabatten, Springbrunnen, mehr Bäume als heute. „Ab 1871 erfolgte eine erste gärtnerische Ausgestaltung des 1684 entstandenen, bis dahin gepflasterten Platzes im Zusammenhang mit der Aufstellung des von Reinhold Begas geschaffenen Schiller-Denkmals vor dem Schauspielhaus“, heißt es in einem Bericht des Landesdenkmalamts. „1893/94 erstellte der damalige Stadtgartendirektor Hermann Mächtig erstmals einen Entwurf für die gärtnerische Ausgestaltung des gesamten Platzes.“

    Vor dem Schauspielhaus, dem heutigen Konzerthaus, entstand ein auf die großzügige Freitreppe ausgerichteter Zugangsbereich mit dem Schillerdenkmal in der Mitte, der von einem ornamentierten Pflasterband gerahmt und von zwei lang gestreckten Rasenspiegeln gefasst wurde. „Dieser repräsentative Vorplatz wurde ergänzt durch die Einbindung der Kirchen in jeweils auf allseits und zügige Durchwegung abgestimmte Grünanlagen. Lang gestreckte linsenförmige Rasenteppiche mit höhenmäßig abgestuften Gehölzgruppen umgaben die Dome. Nach der Ausgestaltung präsentierte sich der Platz als typischer, mit reichen Blumenbepflanzungen ausgestatteter Schmuckplatz des ausgehenden 19. Jahrhunderts, der die repräsentative Wirkung der Baulichkeiten steigerte“, fassten die obersten Berliner Denkmalpfleger zusammen.

    Die Nazis machten den Gendarmenmarkt zum Aufmarsch- und Parkplatz

    Das änderte sich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. „1936 wurde anlässlich der Olympiade die Beseitigung der Vegetationsflächen vor dem Schauspielhaus sowie des Schillerdenkmals veranlasst, um eine einheitliche gerasterte Fläche anzulegen, die fortan als Aufmarsch- und Parkplatz diente“, so der Bericht.

    Dieses Raster tauchte auch in den Planungen zu DDR-Zeiten auf, als die im Zweiten Weltkrieg größtenteils zerstörte Platzanlage neu entstand. So ist in den Unterlagen zu einer Studie von 1976 eine quadratische Rasterstruktur des Platzes wieder deutlich erkennbar. „Interessanterweise zieht sich das Gestaltungsmittel des Quadratrasters, das für den Gendarmenmarkt zunächst in einer Planung der 1930er-Jahre aufkommt und 1935/36 nur auf der Fläche vor dem Schauspielhaus als Aufmarschplatz realisiert wurde, durch alle Planungsdokumente der Nachkriegszeit“, stellt das Landesdenkmalamt fest.

    Linken-Politiker wollte das postmoderne Erbe der DDR erhalten

    Genau dieses Raster ist nun mehr oder weniger sakrosankt – genauso wie die großräumige Pflasterung und der Verzicht auf Entsiegelung. Denn 2021 vollzog der damalige Kultursenator Klaus Lederer, was schon lange absehbar war. „Aufgrund ihrer geschichtlichen, künstlerischen sowie städtebaulichen Bedeutung hat das Landesdenkmalamt Berlin die Bauten und die Platzgestaltung der 1980er-Jahre des Gendarmenmarkts unter Denkmalschutz gestellt“, teilte die Kulturverwaltung mit. Der Gendarmenmarkt, wie er sich heute präsentiert, sei „mit all seinen Elementen ein hervorragend überliefertes Zeugnis eines städtebaulichen Großprojektes der DDR“.

    Die 1976 begonnenen und bis in die 1980er-Jahre ausgeführten Planungen umfassten den Wiederaufbau des Konzerthauses und der beiden Dome, die Neugestaltung der gesamten Freifläche und die Rückgewinnung des Platzraumes durch hochwertig gestaltete Neubauten. Der Platz und seine bauliche Einfassung bildeten das umfangreichste Bauprogramm zur Wiedergewinnung und Neuinterpretation eines historisch bedeutsamen Platzes in der Hauptstadt der DDR. „Auch dieses Erbe muss bewahrt werden“, sagte Lederer. „Der Gendarmenmarkt ist schließlich der bedeutendste Platzraum der Postmoderne in der DDR!“ Er muss in dieser Form erhalten bleiben.

    Stadtrat: Ein Platz, viele Nutzungen – das erfordert Kompromisse

    Die Planer hatten es schon kommen sehen und sich stets am DDR-Status-Quo orientiert. Die Vorbereitungen für das Sanierungsprojekt begannen, als die Grünen in Berlin noch in der Opposition waren. „Die Vorarbeiten für die heutige Gestaltung laufen seit 2009, damals noch unter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung“, ruft Christopher Schriner, Bezirksstadtrat für öffentlichen Raum in Mitte, in Erinnerung. Damals war Ingeborg Junge-Reyer (SPD) Senatorin. Auch das Bürgerforum fiel in ihre Amtszeit, dann übernahm Michael Müller den wichtigen Posten in der Landesregierung. Die Grünen kamen erst 2016 in den Senat. Da waren die Vorbereitungen größtenteils abgeschlossen.

    Die Notwendigkeit, Bäume zu fällen, ist auf technische Anforderungen zurückzuführen, heißt es bei Grün Berlin. „Der Platz wird, zur Herstellung der Barrierefreiheit, abgesenkt, unter den Bäumen liegt teilweise ein U-Bahn-Tunnel.“ Stadtrat Schriner erinnerte daran, dass der Gendarmenmarkt viele Funktionen hat – und dazu gehöre auch, als eine der wenigen weitläufigen Flächen im historischen Zentrum für Großveranstaltungen wie Classic Open Air oder den Weihnachtsmarkt zu dienen. „Nicht jeder Platz kann alles leisten. Die Entscheidung, hier bestimmte Veranstaltungen möglich zu machen, schließt andere Funktionen aus – wie zum Beispiel eine aktive Kühlung durch Entsiegelung und Begrünung. Denkmalschutz kommt dann auch noch mit rein.“

    Werden wir hier eine hohe Aufenthaltsqualität bei hohen Temperaturen haben? „Ja“, antwortet der Grünen-Politiker. „Aber nicht für einen langen Aufenthalt und zu jeder Tageszeit.“ Das entspräche auch nicht der bisherigen Nutzung. „Der Gendarmenmarkt ist keine Grünanlage für die tägliche Naherholung der angrenzenden Bevölkerung. Dafür gibt es andere und bessere Orte – wie den nahen Lustgarten, den WBM-Jugendpark oder den Monbijoupark. Abends wird es aber auch am Gendarmenmarkt sehr schön und angenehm sein. Und im Norden haben wir noch einen unsanierten Teil, der wesentlich mehr Grün hat und auch in Zukunft haben wird, wenn wir die Neugestaltung angehen.“

    Dort stehen die Kugelahornbäume aus DDR-Zeiten noch.

    #Berlin #Mitte #Gendarmenmarkt #Architektur #Stadtentwicklung

  • Deutschland: Gebaute Zeitenwende
    https://www.jungewelt.de/artikel/489552.deutschland-gebaute-zeitenwende.html


    Am Vorabend des Weltkriegs: Wilhelm zwo und seine Söhne vorm Berliner Schloss (13.1.1913)

    Heinz Emigholz - Schlachthäuser der Moderne (2022)
    https://rbbmediapmdp-a.akamaihd.net/content-de/83/bf/83bfd6bb-9d5e-4c7a-993a-d430fbfc63ca/83bfd6bb-9d5e-4c7a-993a-d430fbfc63ca_hd1080-avc720.mp4


    https://www.ardmediathek.de/video/dokumentation-und-reportage/schlachthaeuser-der-moderne/rbb/Y3JpZDovL3JiYl9hM2Q0NWY3Ni0wYWZjLTQzNmEtYjA2Yi0wOWJiMjBhY2FlNDdfcHVibGl

    Video verfügbar : bis 26.05.2025 ∙ 23:59 Uhr

    Video download :
    https://mediathekviewweb.de/#query=Schlachth%C3%A4user%20der%20Moderne

    11.12.2024 von Stefan Ripplinger - Wie kein anderes Gebäude in Deutschland steht das Berliner Stadtschloss für den Willen des Bürgertums, imperialistische Kriege zu führen

    Bevor sich das deutsche Bürgertum »kriegstüchtig« meldete, errichtete es sich ein Denkmal der Kriegstüchtigkeit: das als »Humboldt-Forum« rekonstruierte Berliner Stadtschloss. Bereits im Sommer 1990, die DDR bestand de iure noch, brachte ein Wendehals namens Günter Stahn, damals Leiter des Ostberliner Büros für Städtebau, die Idee ins Spiel, das 1950 auf Befehl von Walter Ulbricht gesprengte Gebäude neu zu errichten. Die Presse – neben den Springer-Blättern seien Spiegel (3.9.1990), Taz (26.10.) und FAZ (30.11.) genannt – zeigte sich von dieser politischen Regression entzückt, und am 4. Juli 2002 beschloss der Bundestag mit fast Zweidrittelmehrheit den Wiederaufbau. Der Beschluss habe, wie Rainer Haubrich (»Das neue Berliner Schloss«, 2012) feststellt, einer »Zeitströmung« entsprochen. Was genau das für eine Strömung ist, wissen wir allerdings erst seit zwei Jahren mit letzter Sicherheit. Bereits zwei Jahre zuvor, 2020, war das Schloss zurückgekehrt, wenn auch in postmodernem Gewand. Diesem ideologischen Zentrum der Hauptstadt sich zu nähern, gibt es zwei Wege: einen verdrießlichen und einen vergnüglichen.

    Den vergnüglichen Weg ins Schloss bietet der Essayfilm »Schlachthäuser der Moderne« (2022; derzeit in der ARD-Mediathek) von Heinz Emigholz. Mit den »Schlachthäusern« meint Emigholz sowohl Orte, an denen die Moderne schlachtet, als auch solche, an denen sie geschlachtet wird. Das Stadtschloss ist beides. Es ist zunächst der Ort, von dem aus Kaiser Wilhelm II. seine Politik des neuen, mitleidlosen Menschen praktizierte: »Pardon wird nicht gegeben.«

    Wir sehen in dem Film einen Darsteller (Stefan Kolosko), der im noch nicht eröffneten Schloss steht und Wilhelms Völkermorde (Genozid an den Herero und Nama, 1904–1908; 70.000 Tote) beziehungsweise Massenmorde (Einsatz von Chlorgas bei Ypern, 1915; 90.000 Tote) rekapituliert. Das ist also die schlachtende Industriemoderne. Emigholz nennt das wiedererrichtete Stadtschloss »eines der in seinen Intentionen und in seiner Ausführung widerlichsten Gebäude der Welt«. Geschlachtet wurde aber auch die Moderne, nämlich die sozialistische. Der Abriss des Palasts der Republik zeuge von »restaurativer Siegermentalität«. Mehr ist dazu nicht zu sagen, es sei denn, es will ein Neugieriger, eine Neugierige wissen, wie das alles gekommen ist. Dafür müssen wir nun doch den verdrießlichen Weg beschreiten.

    Eisenzahn

    Der verdrießliche Weg ins Schloss verläuft über die Geschichte dieses Renommierwerks. Es gab zwei Vorgängerbauten. Den Grundstein des ersten legte am 31. Juli 1443 der Markgraf Friedrich II. von Brandenburg, der nicht umsonst »Eisenzahn« genannt wurde. Ihm folgten in der Linie der Hohenzollern eine eindrucksvolle Schar von Sadisten und Scheusalen. Das sollte aber nicht genetisch, sondern geopolitisch interpretiert werden. Warum also legte Eisenzahn den Grundstein?

    Dieses erste Schloss war eine Zwingburg. Es manifestierte und sicherte den Sieg der Hohenzollern über die Patrizier des Doppelstädtchens Berlin und Cölln. Ziel war eine Schwächung des zuvor relativ autonomen städtischen Marktes und eine Begünstigung der Leibeigenschaft. Der Feudal­herr wollte mehr oder weniger alleine von der Wirtschaft profitieren. Das Schloss sollte deshalb nicht nur die Stadt gegen Feinde, sondern auch den Herrn gegen die Stadt sichern. Deshalb wurde es genau in der Mitte, auf der Spreeinsel neben dem alten Dominikanerkloster, plaziert und drohte finster den Bürgerinnen und Bürgern der einen und der anderen Stadthälfte. Dafür wurde die Cöllner Stadtmauer mit Ausnahme eines »Grüner Hut« genannten Rundturms abgerissen. Es trifft also nicht zu, dass, wie Wolf Jobst Siedler (Merian Extra, 1991) behauptet hat, in Berlin das Schloss zeitlich vor der Stadt kam. Tatsächlich gab es erst die Doppelstadt, dann kam der Usurpator und pflanzte das Schloss in die Mitte, um seine Herrschaft zu erzwingen.

    Nach der Grundsteinlegung passierte erst mal vier Jahre gar nichts. Als aber die Bauarbeiten begannen, begriffen die Städter die üble Absicht des Fürsten, es regte sich der »Berliner Unwille«. Sie zogen das untere Wehr auf, fluteten so die Fundamente, bedrängten die Büttel Friedrichs, der nun mit harter Hand durchgriff, das Vermögen der Rädelsführer einzog und im Ratskollegium ihm gefügige Untertanen einsetzte.

    Damit war ein Muster etabliert: In Berlin wird nicht um Zustimmung gebuhlt, sondern mit dem Knüppel gedroht und zugeschlagen. Die Bevölkerung lenkte man fortan mit Befehlen, Erlassen und Strafen. Mit Steuern und Zwangsrekrutierungen beutete man sie aus. Die autoritäre Politik ergab sich aus dem östlichen Absolutismus, als dessen Kennzeichen Erich Konter (»Das Berliner Schloß im Zeitalter des Absolutismus«, 1991) territoriale Zersplitterung, Eigenmächtigkeit der Grundherren, Macht der ständischen Organe und zurückgeblie­bene Entwicklung des Bürgertums erkennt.

    Typisch war von Anfang auch die Tendenz der Hohenzollern zur Expansion. Je mehr Krieg geführt, je mehr Land hinzugewonnen wurde, um so mehr veränderte sich auch das Schloss. Den entscheidenden Umbau verfügte Joachim II., nach dem mythischen Heerführer auch »Hector« genannt. Er nahm aus taktischen Gründen 1539 den lutheranischen Glauben an und verdoppelte damit fast die von ihm beherrschte Domäne, aber führte noch ein echt katholisches Leben in Saus und Braus.

    Das in der Zeit seines Konfessionswechsels (1538–1542) umgebaute Schloss hatte nichts Trutziges und Kompaktes mehr wie unter Eisenzahn, sondern war asymmetrisch und offen angelegt. Souveräne Herrschaft drückte sich von nun an darin aus, dass Wälle und Wehre an den Stadtrand rückten. In den Schlossturm hängte Joachim neun Glocken, von denen in eine das Porträt seiner selbst und seiner Gattin gegossen war. Die restlichen acht hatte er in brandenburgischen Städten rauben lassen.

    Da er vom Vater einen Schuldenberg geerbt hatte, fielen die architektonischen Ambitionen von Joachims Sohn Johann Georg bescheidener aus. Immerhin ließ er von Baumeister Rochus von Lynar ab 1579 einige Gebäude dem Ensemble angliedern: einen »drittes Haus« genannten Eckbau, ein Herzoginnenhaus, einen Querbau, der erstmals über Innentoiletten verfügte, und eine »Hofapotheke«, in der der Alchemist Michael Aschenbrenner wirkte. Eisenzahns Kanonen- wurde zum Wasserturm für den Lustgarten.

    Eine perverse Logik will es, dass Herrscher, die für besonders blutige Perioden stehen, von der Nachwelt die »Großen« genannt werden. Es mag sich darin das volkstümliche Wissen verbergen, dass je größer der Herr ist, desto größer das Unglück ausfällt, das er über die Knechte bringt. Ein besonders rabiates Regime verbindet sich mit dem Namen des »Großen Kurfürsten«, Friedrich Wilhelm, der ab 1643 regierte. Eine seiner ersten Maßnahmen war die Auflösung des Hofstaates und dessen Ersetzung durch eine nach militärischen und ökonomischen Maßgaben bestimmte Hierarchie.

    Schiefer Fritz

    Er griff seiner Zeit voraus: Der Kurfürst eroberte eine bis 1717 bestehende Kolonie in Westafrika, »Groß Friedrichsburg«, womit die heutige Nutzung des Schlosses, das unter anderem eine ethnologische Sammlung beherbergt, gerechtfertigt scheint. Außerdem stand er für eine »rücksichtslose Umwandlung der Residenzstädte in Festungen« (Michael Malliaris, Matthias Wemhoff, »Das Berliner Schloss«, 2016). Bauliche Veränderungen nahm er deshalb weniger am Schloss selbst als an den Stadtgrenzen vor, die er von dem Ingenieur Johann Georg Memhardt mit Bastionen umschließen ließ.

    Die nach dem Dreißigjährigen Krieg leere Kasse besserte er durch Profite aus in Zucht- und Waisenhäusern geleistete Zwangsarbeit auf. Er betrieb außerdem eine geschickte »Peuplierungspolitik« und zog 20.000 hugenottische Handwerker ins Land. Sein Volk vermietete er als Söldner an andere Herrscher, unter anderem Ludwig XIV. Auch zu diesem Behuf stellte er ein stehendes Heer (im Krieg 45.000, im Frieden 30.000 Mann) auf, von dem der Königsberger Immanuel Kant in einer der interessantesten Volten des preußischen Untertanengeistes schrieb, nur wer »ein wohldisciplinirtes zahlreiches Heer zum Bürgen der öffentlichen Ruhe zur Hand hat«, dürfe »das sagen, was ein Freistaat nicht wagen darf: räsonnirt, so viel ihr wollt, und worüber ihr wollt; nur gehorcht!« (»Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?«, 1784)

    Friedrich Wilhelm hätte das Schloss nicht unbedingt gebraucht. Gebraucht, dringend gebraucht wurde es erst wieder von seinem Sohn, Friedrich III., der, weil er bucklig war, »der schiefe Fritz« genannt wurde. Dieser Fritz ließ sich am 18. Januar 1701 in Königsberg (nomen est omen) krönen. Als König nannte er sich Friedrich I.

    Um sich von eigener Hand krönen zu können, bedurfte er der Zustimmung des Habsburgers Leopold I., des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Friedrich erkaufte sie sich mit der Zusage, seine Truppen an den Kaiser zu vermieten. Frankreich und Spanien erkannten erst 1713, im Todesjahr Friedrichs, seine Selbstherrlichkeit offiziell an, die er mit Backsteinen hinterlegte. Es bestand, wie Dieter Hildebrandt (»Das Berliner Schloss«, 2011) formuliert, für ihn geradezu ein »Geltungszwang«. Also wurde das Schloss aufgepeppt, um den falschen König zu legitimieren. Diese Geschichte wird immer wiederkehren.

    »Babilonischer Thurm«

    Baumeister war der unglückliche Andreas Schlüter, der den Auftrag 1698, also über zwei Jahre vor der Selbstermächtigung des Schiefen Fritz, erhalten hatte. Schlüter, der zuvor schon den Bau des Zeughauses, also des Waffenlagers, geleitet hatte, baute ungewöhnlich wuchtig, was etwa an dem Risalit vor dem Portal I zu erkennen ist. Die Monumentalität spiegelte den imperialen Anspruch des neuen Königreichs, doch Schlüter brach unter diesem Anspruch zusammen. Grund dafür war, dass Friedrich für 12.000 Gulden ein Glockenspiel gekauft hatte, das im Münzturm aufgehängt werden sollte. Deshalb wurde verfügt, ihn auf 94 Meter zu erhöhen, womit er dreimal so hoch wie das Schloss selbst gewesen wäre.

    Schlüter bemühte sich wacker, diesen Auftrag zu erfüllen, der tatsächlich ein Himmelfahrtskommando war. Denn der nachgiebige Baugrund konnte die enorme Last des erhöhten Turms nicht tragen und je mehr Stützen und Streben, Mauerblöcke und Widerlager Schlüter einfügte, um so wackliger wurde das Ganze. Bald zeigten sich Risse im Turm, Steine brachen heraus, der verzweifelte Schlüter ließ ihn teilweise abtragen, wurde deshalb 1706 als Schlossbaumeister abberufen. Der schwedische Architekt Eosander von Göthe, der zuvor über Schlüters »babilonischen Thurm« gewitzelt hatte, durfte die Baustelle übernehmen.

    Aus dem gehetzten Höfling machten die Nazis in ihrem Film »Andreas Schlüter« (1942, Regie: Herbert Maisch) einen urdeutschen »Querkopf«, der, unbeirrt von allem Geziert-Französelnden, unbeirrt auch von Speichelleckern wie Eosander, in der Kunst immer »nur das Größte« anstrebt und nicht nur das Schloss, sondern gleich auch die halbe Stadt umbauen will. Sein »gigantischer Plan« erinnert ein wenig an Albert Speers Stadt »Germania«. In der letzten Einstellung schreitet nach seinem Ausruf »Ewig ist das Werk!« Heinrich George als Schlüter ins Licht.

    Tatsächlich verfolgte nicht Schlüter, sondern Eosander gigantomanische Pläne. Er verlängerte die Fassaden im Süden und Norden um mehr als das Doppelte, errichtete auch ein gewaltiges Portal, das später den gewünschten Turm tragen sollte (statt dessen setzte Friedrich August Stüler 150 Jahre später eine Kuppel darauf). Das Eosander-Portal ist nicht ohne Grund eine vergrößerte Kopie des Triumphbogens für Septimius Severus auf dem Forum Romanum.

    Kaiser Septimius Severus darf als der große Bruder des Schiefen Fritz angesehen werden. Auch Septimius war durch Anmaßung zur Macht gelangt, auch er stützte sich auf Knute und Militär. Allerdings gelang es ihm, sich zu einem Gott zu erheben, was dem kläglichen Friedrich versagt blieb, dem das Glockenspiel gar nicht hoch genug hängen konnte und der wie der Fuchs in der Fabel am Ende nicht mehr an die ersehnten Trauben herankam. Als nächster gelangte Friedrich Wilhelm I., der »Soldatenkönig«, an die Macht. Ihm war sogar das bisschen Kunst zu viel. Er ließ Eosander schassen und den Lustgarten »rasieren«, nämlich in einen Exerzierplatz verwandeln.

    Mütze herab!

    Der Soldatenkönig und sein von ihm persönlich zurechtgestutzter Sohn Friedrich II., genannt »der Große«, waren die beiden preußischen Herrscher, die die bereits vom Großen Kurfürsten ins Werk gesetzte Militarisierung vollendeten. Sie machten aus dem Schloss als ideellem Zentrum ihres Staats ein Schlachthaus der Moderne. Verändert haben sie an den Baulichkeiten selbst wenig. Der zum Calvinismus übergetretene Soldatenkönig, der stets einen Buchenstock bei sich trug, um jeden, der nicht sogleich parierte, durchzuprügeln, ließ Martin Heinrich Böhme einige Projekte Eosanders notdürftig abschließen. Unter Friedrich dem Großen, dem Alten Fritz, wurde die alte Domkirche abgerissen. Tatsächlich regierte er selbst fast durchweg von Potsdam aus.

    »Wir sind Herr und König und thun, was wir wollen«, hatte der Soldatenkönig geprahlt. In der östlichen Version des Absolutismus, die er und sein Sohn verfochten, sollte, wie Otto Hintze (»Die Hohenzollern und ihr Werk«, 1915) formulierte, die »Staatsraison das ganze Wirtschafts- und Kulturleben vollkommen beherrschen«. Und die »Staatsraison« bestand eben in der Bereicherung der Obrigkeit und einer Oligarchie von Krautjunkern an den zum Dienst gepressten Untertanen, die Friedrich »das erbärmliche Getier« nannte. Doch bis zu seiner Herrschaft trug diese Despotie kaum Früchte. Preußen blieb sogar in militärischer Hinsicht drittklassig. Das änderte sich dank Friedrichs brutaler Eroberungspolitik, die Preußen enorme Gebietsgewinne bescherte, den Staat aber auch mehrfach, insbesondere nach dem Siebenjährigen Krieg (1756–1763), an den Rand des Ruins führte.

    Friedrichs Siege veränderten Preußen. Der vorher isolierte Feudalstaat war nun unwiderruflich ein Teil Europas geworden. Die Staatseinnahmen verdreifachten sich. Die verspätet auch hier einsetzenden Prozesse der Industrialisierung und Kapitalisierung veränderten die Gesellschaft grundlegend. Das über Jahrhunderte an seinem Hochkommen gehinderte Bürgertum bildete sich nach und nach heraus und musste von der Machtclique gewaltsam an seiner Emanzipation gehindert werden. Auch in dieser Geschichte spielte das Schloss eine Rolle.

    Am 26. Juli 1844 schoss der ehemalige Bürgermeister von Storkow, Heinrich Ludwig Tschech, im Schlosshof auf Friedrich Wilhelm II. sowie dessen Gemahlin und verfehlte sie beide. Wie Tschechs der Linken nahestehende Tochter Elisabeth (»Leben und Tod des Bürgermeisters Tschech«, 1849) schreibt, habe Friedrich Wilhelm IV. in seiner Thronbesteigungsrede gesagt: »Meine Krone habe ich von Gott, und wehe dem, der sie antastet.« Ihr Vater habe »ob dieser vermessenen Rede« mehrfach erklärt: »Ich will sie ihm zerdrücken.« Tschech wurde im Dezember 1844 geköpft, nachdem der König gnädig davon abgesehen hatte, ihn rädern zu lassen.

    Enger wurde es für Friedrich Wilhelm 1848. Als er seine Dragoner den Schlossplatz, auf dem sich eine große Menge versammelt hatte, räumen ließ, wurde auf die unbewaffneten Menschen geschossen. Nun brach ein Aufstand los, mit dem die preußische Kamarilla nicht gerechnet hatte. Er forderte Hunderte Tote und erschütterte den Militärstaat in seinen Grundfesten. Die Aufständischen, die vorübergehend die Kontrolle über das Geschehen erlangten, forderten vom König, die ins Schloss gekarrten Opfer zu ehren. Karl August Varnhagen von Ense (»Betrachtungen und Bekenntnisse«, 1980) berichtet über den 19. März 1848: »Alles hatte den Kopf entblößt, nur der König die Mütze auf; da hieß es gebieterisch: ›Die Mütze herab!‹, und er nahm sie ab. Die Leichen wurden dann durch das Schloß durch nach dem Dom gefahren.«

    Typ »Taurus«

    Wie schon nach dem Berliner Unwillen stabilisierte sich der Staat vermittels Einschüchterung und Unterdrückung. Mit Wilhelm II. bereitete sich dann die endgültige Katastrophe vor. Der schon seit dem Großen Kurfürsten bekannte imperiale Drang und die schon dem Schiefen Fritz eigene Gigantomanie potenzierten sich in der Gestalt des Kaisers und schlugen sich auch im Schlossbau nieder. Um seine Auftritte noch majestätischer zu gestalten, ließ er ab 1891 den Weißen Saal im Eosander-Flügel erweitern. Dafür musste die westliche Innenfront des Hofs abgetragen und um acht Meter versetzt werden. Nachdem das Projekt 1905 bereits sechs Millionen Reichsmark (knapp 50 Millionen Euro) verschlungen hatte, wurde es halb fertig abgebrochen.

    Die endgültige Entweihung des im Schloss versteinerten Preußentums verdanken wir Karl Liebknecht, der am 9. November 1918 vom Portal IV aus rief: »Die Herrschaft des Kapitalismus, der Europa in ein Leichenfeld verwandelt hat, ist gebrochen.« Das stimmte leider nicht, aber beflügelte viele. In Peter Voigts Film »Novemberrevolution« (1968) erinnert sich die spätere Widerstandskämpferin Charlotte Bischoff: »Wenn ich heute daran zurückdenke, dann war’s eigentlich so, dass ich weniger gegangen, als durch die Straßen getanzt bin.«

    Das Schloss, das nach dem Krieg als Museum gedient hatte, wurde am 3. Februar 1945 von Bomben zum größeren Teil zerstört. Zwar konnte eine Abteilung des Gebäudes noch genutzt werden, doch Walter Ulbricht und die Parteiführung entschlossen sich dazu, die Ruine zu sprengen. Die Niederlegung überwachte Kurt Liebknecht, ein Neffe Karls. Der Wertewesten heulte im Innersten getroffen auf. So schrieb der Berliner Tagesspiegel (1.10.1950): »Mit der Beseitigung des Schlosses wird der Baumeister Schlüter ausgelöscht sein und mit ihm die große moralische Kraft, die von seinem Werk ausgeht.« Anders als von den Nazis gedacht, schien das Werk doch nicht ewig zu sein. Zunächst.

    Denn schon seit dem Jugoslawien-Einsatz der Bundeswehr winken neue Kriege, Deutschland ist ein Preußen mit Interkontinentalraketen, Typ »Taurus«, geworden. Glücklicherweise wurde dem zuvor unbekannten Architekten des Neualtbaus, Franco Stella, gar nicht erst bewusst, in die Dienste welcher Kriegsherren er sich gestellt hatte, denn er schrieb: »Das Schloss kehrt als Lehrer der Stadtgeschichte in die Stadt zurück, deren Regisseur es war.« (»Berliner Schloss – Humboldt Forum«, 2022) In Wahrheit wird seither nicht eine Stadt-, sondern eine Staatsgeschichte inszeniert. Es ist die Geschichte Preußens.

    Unter https://schlossaneignung.de finden sich seit Oktober 2024 architektonische Vorschläge zur Umgestaltung des neuen preußischen Protzbaus. Die Website listet auch die rechten Spenderinnen und Spender des Bauprojektes auf und thematisiert dessen Entstehungsgeschichte sowie den Abriss des Palastes der Republik.

    #Berlin #Mitte #Geschichte #Architektur

  • Berlin: Bund reißt Westendbrücke auf A100 in Charlottenburg ab
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-bund-reisst-westendbruecke-auf-a100-in-charlottenburg-ab-li.


    So soll die Stadtautobahn in Charlottenburg künftig aussehen. Der Blick nach Süden zeigt in der Mitte links die neue Westendbrücke, die in diesem Bereich die Ringbahn überspannt. Vorn befindet sich die Spandauer-Damm-Brücke mit dem S-Bahnhof Westend, rechts der Luisenfriedhof II.

    5.6.2024 von Peter Neumann - Die Autobahnbrücke in Charlottenburg gilt seit langem als marode. Jetzt liegen die Pläne für den Neubau aus. Bürger fordern, die Straßenschlucht zu deckeln.

    Die Stadtautobahn wird im Westen von Berlin zur Großbaustelle. Als erstes von mehreren Projekten wird die Westendbrücke, auf der die A100 die Ringbahn überquert, abgerissen und neu gebaut. Die Pläne, die bis 28. Juni öffentlich einsehbar sind, zeigen detailliert, was dieses Projekt für Autofahrer und Anwohner bedeuten wird. Immer wieder fordern Berliner, die Autobahn zu deckeln und die Straßenschlucht unter Parks und Wohnhäusern verschwinden zu lassen. Doch die Planer wollen den Stadtring auch auf diesem Abschnitt nicht einhausen. Sie erklären, warum sie die Forderung nicht erfüllen.

    Für alle, die regelmäßig auf der A100 unterwegs sind, kommt es in den nächsten Jahren dicke. Das Dreieck Funkturm, an dem die Avus auf den Stadtring stößt, wird acht Jahre lang umgebaut. Sechs Jahre soll der Abriss und der Neubau der Rudolf-Wissell-Brücke dauern, die das Spreetal überspannt. Nicht ausgeschlossen, dass die Arbeiten 2025 beginnen. Damit nicht genug: Die A111, die sich in Richtung Tegel anschließt, muss von Grund auf saniert werden und wird ebenfalls Großbaustelle – ab 2026 acht Jahre lang.

    Die bange Frage lautet: Wie lange hält die Westendbrücke noch durch?

    Im Vergleich dazu mutet das Projekt der bundeseigenen Autobahn GmbH, für das jetzt das Planfeststellungsverfahren begonnen hat, klein an. Aber auch der Ersatzneubau Westendbrücke, wie es offiziell heißt, hat es in sich. Der Platz ist beschränkt, links und rechts ragen Stützwände auf. Es ist eine Operation an mehreren Schlagadern des Berliner Verkehrs. So ist die A100 eine der am stärksten belasteten Autobahnen Deutschlands; 2019 wurden in 24 Stunden fast 174.000 Kraftfahrzeuge gezählt. Die Kapazität werde täglich mehrfach erreicht oder überschritten, so die Planer. Die S-Bahn-Gleise auf dem Ring werden ebenfalls stark frequentiert. Daneben verlaufen zwei Gleise für andere Züge.


    Auf der Rudolf-Wissell-Brücke, die nicht weit von der Westendbrücke entfernt ist, überquert die A100 die Spree in Charlottenburg. Sie soll abgerissen und neu errichtet werden. Baubeginn: nicht vor 2025. Paul Zinken/dpa

    Dass dieser 500 Meter lange Teil der Stadtautobahn voraussichtlich als erster in Angriff genommen wird, hat einen ernsten Grund. Die Westendbrücke, die seit 1963 am S-Bahnhof Westend die nach Norden führende Fahrbahn über die Ringbahn hinwegführt, könnte nicht mehr lange durchhalten. Das Bauwerk aus Spannbeton weist „erhebliche Tragfähigkeitsdefizite“ auf, die einen kurzfristigen Ersatz nötig machen, heißt es im Erläuterungsbericht der Deges, die das Projekt plant und betreut. Es bestehe „unstreitig Handlungsbedarf“. Die Brücke hat die Note 3,0: nicht ausreichender Bauwerkszustand.
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    Wobei das Bauwerk 28, wie die Westendbrücke intern heißt, schon lange unter Beobachtung steht. Schon 1992 wurden Stahlbänder montiert, die Spannglieder entlasten sollen. 2014 bescheinigten Ingenieure die Tragfähigkeitsdefizite. 2017 wurde damit begonnen, die sieben Brückenpfeiler mit Notunterstützungen zu verstärken. Falls der Querträger kollabiert, sollen die Hilfsstützen den Überbau halten – damit er nicht auf die Gleise stürzt. Sensoren überwachen das Bauwerk. Um die Brücke zu entlasten, senkte der Senat die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 60. Lastwagen dürfen nicht mehr überholen, für genehmigungspflichtigen Schwerverkehr ist der Abschnitt tabu.
    Planer warnen: Der Abbruch ist „überfällig“, ein Aufschub „nicht möglich“

    Doch auch diese und andere Maßnahmen konnten die rechnerischen Defizite nicht ausräumen, so Deges-Projektleiter James Kanyi in seinem Bericht für das Planfeststellungsverfahren. Schon im Mai 2015 sei die „Notwendigkeit des Neubaus mit hoher Priorität“ formuliert worden. Der Ersatzneubau sei „überfällig“, ein Aufschub „nicht möglich“, warnten die Planer. Wie berichtet liegen weitere Anordnungen schon in der Schublade – unter anderem ein Lkw-Verbot sowie eine weitere Temporeduzierung.

    Rund ein Jahrzehnt später könnte es nun endlich losgehen. Der Baubeginn hänge davon ab, wann das Fernstraßen-Bundesamt das Vorhaben genehmige, teilte Deges-Sprecher Lutz Günther mit. „Wir gehen aktuell von einer Genehmigung in 2025 aus“, so Günther.

    Die Planer der Deges haben mehrere Varianten durchgerechnet und bewertet. Sie entschieden sich für die Variante 2: Danach wird die Westendbrücke abgebrochen und in veränderter Lage neu gebaut. Sie wird künftig nicht mehr aus Spannbeton, sondern aus Stahl bestehen. Die Überführung rückt nach Westen, deshalb fällt sie kürzer aus: Statt 243 Meter und 46 Zentimeter wird die neue Brücke 155 Meter und 20 Zentimeter lang.

    Künftig führen vier Fahrstreifen in Richtung Norden – heute sind es drei

    Außerdem wird sie breiter als die alte – 18,60 statt 13,75 Meter. Grund: Die Fahrbahn in Richtung Norden erhält einen vierten Fahrstreifen. Die zusätzliche Spur wird als Verflechtungsstreifen gelten, sie soll Platz schaffen, um sich ein- und ausfädeln zu können. So wollen die Planer der Tatsache Rechnung tragen, dass in diesem Bereich zwei Auf- und Abfahrten kurz aufeinander folgen. Die Rampen der Anschlussstellen Kaiserdamm und Spandauer Damm liegen nur 170 Meter voneinander entfernt.

    Die durchgehende Spur wird beide Bereiche zu einem „komplexen Knotenpunkt“ zusammenfassen, so die Planer. Autos werden von einer Anschlussstelle zur anderen gelangen, ohne die durchgehenden Fahrstreifen nutzen zu müssen. Ein „gleichmäßiges und harmonisches Geschwindigkeitsniveau“ sei künftig zu erwarten. Dies werde auf dem Abschnitt, auf dem sich in den fünf Jahren von 2013 bis 2017 insgesamt 371 Unfälle ereigneten, die Verkehrssicherheit erhöhen – aber nicht die Kapazität, so die Deges.

    https://berliner-zeitung.imgix.net/2024/06/04/8fa39a96-4731-4795-be1c-c6716fc659ce.avif?auto=format&fit=ma
    So soll die neue Westendbrücke in Charlottenburg aussehen. Wie ihre Vorgängerin wird sie die A100 in Richtung Norden über die Gleise der S- und Fernbahn hinwegführen. Sie wird aber kürzer ausfallen. Anstelle der heutigen Spannbetonbrücke ist ein Stahlverbundbauwerk geplant. Visualisierung: Deges

    Das Arbeitspensum ist damit aber nicht zu Ende. Auch die Fahrbahn in Richtung Süden wird verlegt. Der Neubau von Stützwänden steht ebenfalls auf dem Zettel. Inzwischen rechnen die Planer mit einer Bauzeit von 42 Monaten – das sind dreieinhalb Jahre. Dagegen wurde die Kostenschätzung seit der ersten Vorstellung des Projekts 2022 nicht korrigiert: 45,4 Millionen Euro.

    Die Stadtautobahn wird zur Großbaustelle, doch die Planer versprechen, dass sich die Auswirkungen für die Kraftfahrer in Grenzen halten. „Der Ersatzneubau wird unter Aufrechterhaltung der Verkehrsführung wie im Status quo realisiert“, sagte Deges-Sprecher Günther. „Der Verkehr fließt auf der vorhandenen Autobahn weiter, während der Neubau in einer versetzten Lage realisiert wird.“ Die meiste Zeit heißt es „3 + 3“: Wie heute stehen drei Fahrstreifen pro Richtung zur Verfügung. Laut Erläuterungsbericht soll allerdings zwölf Monate „2 +3“ gelten: Dann kann einer der Fahrstreifen nicht genutzt werden. Teile der benachbarten Anschlussstellen werden bis zu 18 Monate gesperrt.
    13 Bäume fallen, ein Teil des Luisenfriedhofs wird geschlossen und bebaut

    S-Bahn-Fahrgäste auf dem Ring müssen mit Betriebsunterbrechungen sowie Schienenersatzverkehr rechnen. Denn solange der neue Überbau montiert wird, dürfen auf den parallel verlaufenden Fern- und Gütergleisen keine Züge fahren. „Die Sperrung der Gleise erfolgt nicht zusammenhängend an einem Stück“, erklärte Günther. „Es werden vielmehr vereinzelte Sperrungen über wenige Tage benötigt, nach Möglichkeit während verkehrsschwacher Zeiten.“ Die gewählte Variante ist in dieser Hinsicht die schonendste. Der Bau einer Behelfsbrücke hätte längere Eingriffe erfordert.

    In der stark genutzten Verkehrslandschaft ist die Natur in der Defensive. Trotzdem wird das Projekt auch das spärliche Grün in diesem Teil Charlottenburgs betreffen. 13 Bäume werden gefällt, 3869 Quadratmeter Fläche werden neu versiegelt. Auf dem angrenzenden Luisenfriedhof II, einem Gartendenkmal, sind auf 684 Quadratmetern „Böden mit hoher Schutzwürdigkeit“ betroffen, heißt es im Bericht. Damit die Fahrbahn in Richtung Süden verschwenkt werden kann, muss ein Teil des evangelischen Friedhofs geschlossen und überbaut werden. Grabanlagen werden umgebettet. Ausgleichsmaßnahmen sind geplant, zum Beispiel neue Bäume oder die Entsiegelung von Wegen auf dem Teufelsberg.

    Und was ist mit dem Lärmschutz? Direkt an der Straßenschlucht stehen Wohnhäuser, von ihren Balkonen können die Anlieger auf die Autobahn und die Ringbahn schauen. Die neue Lage der Westendbrücke wird die Lärmbelastung westlich der A100 erhöhen, so der Bericht. Östlich sei dagegen Entlastung zu erwarten. So werden im Vergleich zu heute ein bis sechs Prozent weniger Einwohner von Grenzwertüberschreitungen betroffen sein. Lärmarme Fahrbahnbeläge senken den Anteil um weitere 15 bis 19 Prozent. DSH-V5: So heißt der Asphalt, der den Lärm um 2,4 Dezibel mindern wird. Die Planer kündigen auch passive Schallschutzmaßnahmen an – was vor allem Schallschutzfenster meint.
    Nicht effizient: Warum es weder Lärmschutzwände noch einen Deckel gibt

    Im Wesentlichen wäre es das. „Aktive Lärmschutzanlagen im Sinne von Lärmschutzwänden oder Einhausungen sind nicht Bestandteil des Vorhabens“, stellen die Planer klar. Sechs Varianten wurden untersucht, doch bei keiner stünden Aufwand und Kosten im Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Selbst sechs Meter hohe Lärmschutzwände könnten nur wenig helfen, lautet eines der Ergebnisse.

    Geprüft wurde auch, was es bringen würde, die Autobahn in diesem Bereich einzuhausen. In diesem Fall würden nicht nur links und rechts Wände entstehen, es käme auch ein Deckel drauf. Eine Variante sieht vor, die A100 von der Spandauer-Damm-Brücke bis zum Südende der neuen Westendbrücke einzuhausen. Das hätte zur Folge, dass an 37 Wohnungen die tagsüber geltenden Grenzwerte für die Gesundheitsgefährdung nicht mehr überschritten würden. Nachts wäre das an 13 Wohnungen der Fall. Die Schallgutachter beziffern die Baukosten auf 28,5 Millionen Euro. Bezieht man die Aufwendungen für die Erhaltung des Bauwerks ein, kommen sie auf 36,4 Millionen Euro.

    Geprüft wurde auch eine lange Einhausung. Dann würden die Richtungsfahrbahnen zwischen der Spandauer-Damm- und der Knobelsdorffbrücke zwischen Wänden und unter Deckeln verschwinden. Dann würde tagsüber an 41 und nachts an 47 Wohneinheiten die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung nicht mehr überschritten, so die Gutachter. Das wäre allerdings nur mit Kosten von 139,7 Millionen Euro zu erreichen, also mit 800.000 Euro je „Schutzfall“. Auf den Bau entfielen 98 Millionen Euro.

    Breites Bündnis auf Bezirks- und Landesebene fordert A100 im Tunnel

    In der Bewertung fallen beide Formen der Einhausung durch. Bei der kurzen Variante bezifferten die Schallgutachter die Effektivität auf 44 Prozent, was weit unter den anzustrebenden 80 Prozent liege. „Erst die lange Einhausung erreicht eine Effektivität von 81 Prozent“, so die Expertise. Doch die hohen Kosten drücken die Effizienz deutlich. „Somit ist eine Realisierung der Maßnahme nicht zu empfehlen.“

    Das sind schlechte Nachrichten für die Bürger und Politiker, die seit Jahren im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf und auf Landesebene die Deckelung der Straßenschlucht fordern. Zwischen den Autobahndreiecken Funkturm und Charlottenburg, wo sich die Westendbrücke befindet, müsse die A100 unterirdisch verlaufen, verlangen sie. „So würden die giftigen Emissionen kontrolliert, die permanente Lärmbelästigung ein Ende haben und der alte Stadtraum wieder geschlossen werden. Auf dem Deckel können neue Wohnräume, Kitas, Schulen, Senioreneinrichtungen entstehen und Kleingärten oder Parks angelegt werden“, mahnt ein Bündnis, in dem viele SPD-Politiker vertreten sind.

    Auch die CDU setzt sich dafür ein, die A100 in Charlottenburg in einen Tunnel zu verlegen – zunächst zwischen Spandauer Damm und Kaiserdamm. Eine Machbarkeitsstudie habe schon vor Jahren gezeigt, dass dies möglich ist, so die Christdemokraten. Anders als die Autobahnplaner verweisen auch sie auf städtebauliche Effekte. Die Forderung bleibt: „Deckel drauf und stadtverträglich umbauen.“ Es sieht so aus, als ob Koalition und Senat diese Forderung jetzt noch einmal bekräftigen müssen.

    #Berlin #Stadtautobahn #A100 #Charlottenburg #Verkehr #Stadtentwicklung #Umwelt #Architektur

  • Wohin verschwand eigentlich der eiserne Maschinen-Mensch vor dem Berliner ICC?
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/kunst/berlin-wo-steckt-eigentlich-der-eiserne-maschinenmensch-vorm-icc-li


    Mächtig gewaltig: Jean Ipoustéguys Alexander der Große, von 1980 bis 2005 vor dem Internationalen Congress Centrum (ICC)
    Mächtig gewaltig: Jean Ipoustéguys Alexander der Große, von 1980 bis 2005 vor dem Internationalen Congress Centrum (ICC)Arcaid Images/Imago

    22.4.2024 von Ingeborg Ruthe - Die monströse Skulptur war vor 46 Jahren ein Auftragswerk des West-Berliner Senats: Jean Ipoustéguys „Ekbatana“ sollte Alexander den Großen als Städtebauer darstellen.

    Aus den Augen heißt nicht immer aus dem Sinn. Leserinnen und Leser der Berliner Zeitung schaffen es bisweilen, uns Redakteure und Autoren als dilettierende Detektive in die Stadtgeschichte zu schicken. In diesem Falle mit der Frage: Wohin verschwand eigentlich der eiserne Riese, der vor dem ICC (Internationales Congress Centrum) stand, anzusehen wie ein Maschinen-Mensch aus „Krieg der Sterne“?

    Der gigantische Zwitter war auf einmal weg, mitten in der Nachwendezeit. Gelegentlich war er aufgefallen, beim Vorbeifahren Richtung Autobahn oder zum Messegelände, seit es möglich war, vom Osten der Stadt aus dieses westliche Areal grenzenlos zu erkunden. Aber ich hatte als Kunstfrau Ost, die schon auf Schnitzeljagd gehen musste, um herauszufinden, wo denn bloß all die nunmehr „unliebsamen“ Denkmäler und Skulpturen im öffentlichen Raum und all die Fassadenwerke der „Kunst am Bau“ aus DDR-Zeit hinbugsiert worden waren, von besagter Riesenskulptur namens „Ekbatana“ vor dem ICC so gar nichts gewusst.
    Diffamierung von Denkmalen

    An diesem Unwissen änderte sich auch nichts, zumal inmitten des alle Energien fordernden beginnenden Kunstbooms, einer förmlichen Galerien-Explosion, dem Zuzug Tausender Künstler aus aller Welt, der Lust auf neue, möglichst poppige Bildwerke im Stadtraum – und des aufkochenden fatalen deutsch-deutschen Bilderstreits. In dessen Gemengelagen wurde erstmal die Kunst der DDR gründlich als „unfrei“ und „sozialistisch linientreu“ diffamiert. Das rot granitene Lenin-Denkmal am heutigen Platz der Vereinten Nationen wurde vor den TV-Kameras der ganzen Welt abgerissen. Wer hätte da einen Ikonoklasmus-Akt am westlichen Stadtrand Berlins thematisiert?

    Das eiserne Monstrum verschwand 2005 von seinem Platz vor dem ICC – und ist mit Ausnahme einiger unserer treuen Leser so gut wie vergessen. Aber Europas einst größtes Kongresszentrum am Messedamm steht noch und harrt, längst ungenutzt als Architekturdenkmal, irgendeiner künftigen Bestimmung. Die 1980 davor aufgestellte monumentale Stahlplastik (20 Meter lang und 6,5 Meter hoch) eines roboterhaft gestalteten Riesen aus Tonnen von Eisen und Stahl und gesetzt auf einen allein schon 70 Tonnen schweren Betonsockel jedoch wurde im fünfzehnten Jahr der Wiedervereinigung abgebaut. Wie es sich dieser Tage mithilfe freundlicher Leute aus der Kulturszene Berlins herausfinden ließ, wurde es zerlegt und in einer ungenutzten Messehalle eingelagert. Dort ruht es in Frieden.

    Der französische Bildhauer Jean Ipoustéguy (1920-2006) hatte die monumentale Skulptur „Ekbatana“ genannt. Das ist altgriechisch und kommt vom altpersischen „Hangmatana“, das bedeutet Zusammenkunft. Beim Dichter Aischylos ist Agbatana die Hauptstadt des Mederreichs. Im Rahmen seines großen Rachefeldzuges gegen die Perser eroberte Alexander der Große (356 bis 323 v. Chr.) die Polis Ekbatana im Jahre 330 v. Chr.: Er zerstörte sie und baute sie wieder auf. Mehrmals wird sie im Alten Testament erwähnt, war später Königsresidenz im persischen Achämenidenreich. Heute befindet sich dort die iranische Großstadt Hamadan, der Name ist eine Abwandlung des altpersischen Hangmatana.
    Ein zwiespältiger antiker Held

    Für Ipoustéguy war der Makedonier, der Erschaffer des „eurasischen Reiches“, ein Erbauer von Städten. Und einer der erfolgreichsten Feldherren der Geschichte. Doch scheiterte er, wie die Historie es ungeschönt zeigt, am Ende an seinem eigenen Machtstreben. Das riesige eurasische Reich war zwar nicht von langer Dauer, doch Alexanders Heldentaten leben als Legenden weiter. Er war der Sohn von König Philipp II. von Makedonien, das im Norden an Griechenland grenzte.

    Der schier nicht enden wollende Peloponnesische Krieg hatte Athen geschwächt. Philipp ergriff die Gelegenheit und unterwarf um 339 v. Chr. Griechenland. Während des Krieges erhielt Alexander eine umfassende Ausbildung, unter anderem in Mathematik und Bogenschießen. Zu seinen Lehrern gehörte sogar der berühmte Philosoph Aristoteles. Aber die monströse Wurfmaschinerie des Eroberers diente nicht der friedlichen Völkerverständigung, vielmehr zum Zerstören von Stadtmauern.


    Trotz „Blauer Stunde“ war der eiserne Maschinen-Mensch nie romantisch anzusehen.Günter Schneider/Imago

    Der französische Bildhauer Ipoustéguy stammte aus einer armen Familie in Lothringen, rechnete sich selbst zu den „Kindern der Banlieue“. Er formte den legendären „Helden als surrealen Maschinen-Menschen“ und stellte ihm in der monumentalen Skulptur ebenso legendäre, sehr populäre „Berliner Originale“ aus dem 19. Jahrhundert zur Seite: den Berliner Bären und die Literaturgestalt des Eckensteher Nante. Die Wirkung des Ganzen war total auf Fernsicht angelegt.

    Mit „stalinorgelhaftem“ Katapult

    Der wie einem Science-Fiction- oder einem historisierenden Fantasy-Film entstiegene Riese Alexander der Große vor einem, wie der Historiker Jörg Kuhns niederschrieb, „monströsen, stalinorgelhaften Katapult“ war ein Auftragswerk des Senats von West-Berlin, damals ausgeschrieben in einem verkleinerten Wettbewerb. Mitbewerber waren das Bildhauerpaar Matschinsky-Denninghoff, Engelbert Kremser, Rolf Szymanski, Joachim Schmettau, Alfred Hrdlicka und Jean Tinguely.

    Das in der Kunstgießerei Tesconi im italienischen Pietrasanta gegossene, aufwändig aus der nördlichen Toskana über die Alpen transportierte halb kubistische, halb surreale Bildwerk des damals international sehr renommierten Ipoustéguy polarisierte von Anfang an. Futuristisch Gesinnte fanden die Bildsprache des angesagten Franzosen, der sich zu dieser Zeit von der Abstraktion zur Figur hinwandte, ausgesprochen modern und dem Stadtraum zwischen den alten Messehallen, dem Funkturm und dem damals brandneuen Internationalen Congress Centrums modernistisch und angemessen. Es sei ein Beitrag zum Fortschritt und erhöhe die „Attraktivität der Stadt“ – was freilich vor allem mit dem Ruhm des französischen Bildhauers verbunden war.
    Berliner Denkmal-Verschiebung: Ein Überblick über die verwirrenden Standort-Wechsel

    Die konservative Öffentlichkeit indes konnte der Riesenplastik wenig abgewinnen. Und das Volk, laut Heinrich Heine, „der große Lümmel“, steckte der gewaltigen Figur immer mal wieder mit Spottlust respektlos Klopapierrollen in die riesige eiserne Pofalte. Die intellektuelle Kritik richtete sich einerseits gegen die Monumentalität und die hierarchische Aufstellung der Skulptur entlang der Mittelachse des Gebäudes und war andererseits mit dem Titel und den für die damalige Zeit problematischen inhaltlichen Dimensionen des Werks befasst.

    „Alexander vor Ekbatana wurde“, so schreibt dazu der Berliner Kunsthistoriker und Skulpturenkenner Marc Wellmann, „im Berlin der späten 70er-Jahre als Eroberer und feudale Herrscherfigur gelesen.“ Gegen die Heroisierung der historischen Figur der Weltgeschichte wandten Kritiker – und wenden Gegner einer Wiederaufstellung – auch heute ein, dass Alexander der Große schließlich an seinem eigenen Machtgebaren gescheitert sei. Historiker machten und machen darauf aufmerksam, dass Alexander die persische Stadt zunächst gewaltsam unterworfen hatte und plündern ließ, bevor er dort das neue Ekbatana als Hauptstadt am Schnittpunkt seines westlichen und östlichen Reichs erbaute.

    Ekbatana statt Einheitswippe?

    Auch schon 1980, zum Festakt des Senats vor dem ICC (Regierender Bürgermeister war Dietrich Stobbe, SPD), wurde der antike Eroberer von vielen Architekten, Künstlern, Gelehrten, Studenten und auch einem großen Teil der West-Berliner Bevölkerung eher negativ, als feudale Herrscherfigur gelesen. Ganz anders Jean Ipoustéguys Botschaft. Er wollte mit seinem Werk „generell menschlich-schöpferische Aspekte“ zum Ausdruck bringen: „Der Sieger gleicht sich dem Besiegten an, wird eins mit ihm, in der Katharsis zu einem neuen, friedvollen, sich wechselseitig befruchtenden Ganzen.“ Denn Ipoustéguy sah Berlin, gerade die Frontstadt West-Berlin, als „unvollendete Metropole“– und permanent im Werden begriffen.


    Die martialische Schleuder Alexander des Großen war eher Zeichen für Stadtzerstörung als fürs Erbauen einer Stadt. Imposant war das brutalistische Bildwerk Ekbatana dennoch – und gehörte zudem zur jüngeren Berliner Kunstgeschichte.Günter Schneider/Imago

    Statt den generell menschlich-schöpferischen Aspekten, die Ipoustéguy mit der Plastik ausdrücke, so seine Anhänger, habe sich der Sinn der Kritiker ganz auf eine vermeintliche Brutalität der kriegerisch gepanzerten Hauptfigur verlagert. Und trotz der nachträglich vorgenommenen Änderung des Titels in „Der Mensch baut seine Stadt“ – im Sinne von Ekbatana (Zusammenkunft), wurde die gewaltige Skulptur im fünfzehnten Jahr der Wiedervereinigung als nicht mehr zeitgemäß empfunden. Zudem gab es veritable Schadstellen; das Metall war an vielen Stellen brüchig geworden. Eine kostspielige Restaurierung war nicht angedacht.

    In der Zwischenzeit gab es allerdings so kuriose wie ironische Vorschläge. In einem Bauwelt-Artikel 2018 etwa war die Empfehlung zu lesen: „Ekbatana statt Einheitswippe!“ Die Idee wurde natürlich ignoriert. Aber die Einheitswippe steht auch noch immer nicht vorm Humboldt-Forum. Und haben will sie eigentlich, wenn man so herumfragt, auch niemand in dieser Stadt.

    #Berlin #Charlottenburg #Neue_Kantstraße #Messedamm #Kunst #Architektur #ICC

  • Stiftung Humboldt-Forum widerspricht Philipp Oswalt: „Zutiefst unangemessen und unwahr“
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/debatte/stiftung-humboldt-forum-reagiert-auf-philipp-oswalt-wir-widersprech

    Der Abriß des Palast der Republik, eines bei der Berliner Bevölkerung beliebten Gebäudes mit Konzertsaal, Bowlingbahn und Restaurants, und der Bau einer Schloßattrappe mit dem beschönigenden Markennamen „Humboldt Forum“ in der Linden-Sichtachse war ein revanchistisches Projekt, an dem sich zahlreiche konservative und nazistische Rechte mit gut gefüllten Brieftaschen beteiligten. Das geschah in Zusammenarbeit mit der reaktionären Mehrheit im Deutschen Bundestag, wobei alle Beteiligten versuchten den Eindruck zu erwecken, es handle sich um ein demokratisches Projekt des deutschen Volkes.

    Diese durchsichtige Lachnummer wird von Philipp Oswalt in einem Buch und in Presseartikeln entlarvt, wogegen nun zwei Schloßhäuptlinge protestieren. Ihr Argument : Man habe von den nazistischen Spendern nichts gewußt. Das ist nicht erstaunlich, gehören die Autoren doch selbst zum kapitalistischen Klüngel aus Alt- und Neonazis, Nationalisten, Transatlantikern, Industriellen, reaktionären Adeligen, stinkreichen Ausbeuter aller Art und ihren Lakaien aus Politik, Kultur und Medien. Man läßt sich ungerne öffentlich mit dieser Tatsache konfrontieren.

    Der Betonkasten steht für die Enteignung des deutschen Volks durch seine pseudo-demokratischen Herren, Konzernlenker und Militärherrscher. Die Vernichtung des DDR-Volkshaus und das wieder errichtete häßliche Hohenzollernschloß verherrlichen ihren Triumph.

    Da soll es niemand mitbekommen haben, wie die Nazis mitgemacht haben? Kaum zu glauben im transatlantischen Westdeutschland, das von seiner Gründung bis heute fest im Griff der Eliten aus Nazizeiten, ihrer Erben und Spießgesellen ist.

    22.04.2024 von Hartmut Dorgerloh und Franco Stella - Die Behauptung, Rechte hätten Einfluss auf das Stadtschloss gehabt, sei falsch – wehren sich die Stiftung Humboldt-Forum und Architekt Franco Stella in einem Gastbeitrag.

    Mit schweren Vorwürfen hat der Architekt Philipp Oswalt die Stiftung Humboldt-Forum konfrontiert und ihr vorgeworfen, Nebelkerzen zu zünden und zu lügen. Oswalt, seit jeher Gegner des neu gebauten Berliner Stadtschlosses, kritisiert in seinem neuen Buch „Bauen am nationalen Haus“ die Intransparenz hinsichtlich der Spender. Nun wehren sich Hartmut Dorgerloh, der Präsident der Stiftung Humbold-Forum, und Stadtschloss-Architekt Franco Stella und widersprechen in einem Exklusivbeitrag für die Berliner Zeitung vehement.

    Der Architekt Philipp Oswalt behauptet in einem Interview mit der Berliner Zeitung, rechtslastige Spender:innen hätten Einfluss auf die Rekonstruktion der Fassade des Berliner Schlosses genommen, und die Stiftung Humboldt-Forum im Berliner Schloss würde diesen Einfluss vertuschen und sogar lügen. Die Rekonstruktion, so Oswalt, sei „etwas merklich anderes als das, was die Expertenkommission empfohlen und was der Bundestag 2002 beschlossen hat“. Als Vorstandsvorsitzender der Stiftung Humboldt-Forum im Berliner Schloss und als Architekt, der für den Bau verantwortlich war, widersprechen wir dieser Darstellung mit allem Nachdruck. Philipp Oswalt wiederholt seine Behauptungen zu vielen Anlässen. Dadurch werden sie nicht wahrer.

    Vielmehr erfolgte die Rekonstruktion der Schlossfassade, einschließlich der Kuppel, der Kuppelfiguren, auf Beschluss des Stiftungsrates, und dieser Beschluss wiederum basierte auf den Entscheidungen des Deutschen Bundestages und der dort zuständigen Ausschüsse. Private Spender:innen haben es ermöglicht, dass die in diesen Entscheidungen definierten „baulichen Optionen“ tatsächlich umgesetzt werden konnten – diese private Finanzierung war Wille der Politik. Aber keine und keiner dieser mehr als 40.000 privaten Spender:innen – und auch der Förderverein Berliner Schloss nicht – hat Einfluss auf die Gestaltung und Architektur genommen. Das lag allein in der Verantwortung der zuständigen politischen Gremien, des Stiftungsrates und des Architekten.

    Beim Realisierungswettbewerb des Bundes im Jahr 2008 hat der Entwurf von Franco Stella, hier Mitunterzeichner, den Zuschlag erhalten – ein Entwurf, der damals gerade für seine 1:1-Rekonstruktionen wichtiger Bau- und Stilelemente gewürdigt wurde. Fast alle rekonstruierten Elemente des jetzigen Berliner Schlosses waren schon in diesem Entwurf enthalten, darunter auch die Kuppel, die sich bereits die von Philipp Oswalt erwähnte Expertenkommission explizit vorstellen konnte. Weitere Elemente wie etwa die Figuren rund um die Kuppel und die Balustradenfiguren wurden vom unterzeichnenden Architekten vorgeschlagen, weil sie aus architektonischer Sicht geboten und auch mit Blick auf die gewünschte möglichst originalgetreue Rekonstruktion sinnvoll waren.


    Franco Stella, Gewinner des Bundeswettbewerbs und Architekt des teilrekonstruierten Schlosses Foto Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Die konkrete Planung der Kuppel als Vollrekonstruktion mit historischer Hülle begann im August 2010, sobald die historischen Unterlagen ausreichend ausgewertet waren, um die Detail-Planung anzugehen. Dass beim Berliner Schloss im Laufe eines Wettbewerbsverfahrens architektonische Details präzisiert und die Umsetzung genauer bestimmt wurde, ist absolut üblich. Alle, die mit Bauprojekten dieser Größenordnung Erfahrung haben, wissen das.
    Von Spendern mit rechtsextremen Positionen distanzieren wir uns aufs Schärfste

    Der Bund hat diese Planung im Sommer 2011 freigegeben, mit der Auflage, die Umsetzung der sogenannten baulichen Optionen wie der historischen Kuppel über private Spenden zu finanzieren. Dafür hat der Förderverein Berliner Schloss Spenden gesammelt. Insgesamt haben Zehntausende Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft gespendet. Darunter, wie wir heute wissen, auch Personen, die rechtsextreme Positionen vertreten. Von diesen Personen und ihren Positionen distanzieren wir uns aufs Schärfste. Die antidemokratischen Positionen widersprechen unseren Überzeugungen und dem, was wir inhaltlich im Humboldt-Forum tun – und sie widersprechen den Werten der großen Mehrheit derer, die für die Rekonstruktion des Schlosses gespendet haben.


    Hartmut Dorgerloh, Generalintendant und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Humboldt-Forum Foto Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Aber all das hat mit den Entscheidungen, was genau gebaut werden sollte, nichts zu tun. Behauptungen, bei diesen architektonischen Entscheidungen sei eine „rechtsnationale Agenda“ verfolgt worden, sind falsch und zutiefst unangemessen. Unangemessen gegenüber dem Deutschen Bundestag und seinen Entscheidungen, gegenüber dem Stiftungsrat der Stiftung Humboldt-Forum, in dem alle Parteien des Bundestages wie auch die Berliner Landesregierung vertreten sind, gegenüber der Leitung und dem Team des Humboldt-Forums wie auch gegenüber dem Architekten, dessen Entwurf durch eine vom Bund eingesetzte Jury, besetzt mit renommierten Expert:innen, ausgezeichnet wurde.

    Die Entscheidungen der demokratisch gewählten Parteien und der zuständigen Gremien mögen einem nicht gefallen – hierzu kann jede und jeder eine eigene Meinung haben. Aber ihre Akzeptanz ist grundlegend für ein respektvolles demokratisches Miteinander.

    Prof. Dr. Hartmut Dorgerloh, Generalintendant und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Humboldt-Forum

    Prof. Arch. Franco Stella, Gewinner des Bundeswettbewerbs und Architekt des teilrekonstruierten Berliner Schlosses

    Architekt erhebt schwere Vorwürfe wegen rechter Spender des Stadtschlosses: „Die Humboldt-Stiftung lügt“
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/architekt-philipp-oswalt-berlin-stadtschloss-rechte-spender-humbold

    Berliner Schloss: Propheten-Statuen kehren auf Kuppel zurück
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berliner-schloss-propheten-statuen-kehren-auf-kuppel-zurueck-li.219

    #Berlin #Mitte #Schloßplatz #Schloßfreiheit #Liebknechtbrücke #Architektur #Revanchismus #Preußen #Hohenzollern

  • Der geheime SEZ-Architekt Günter Reiß: „Mir blutet das Herz, wenn ich mein Werk heute sehe“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/der-geheime-sez-architekt-guenter-reiss-li.2175883


    Für unseren Fotografen hat Günter Reiß noch einmal vor dem Gebäude posiert, das er einst entworfen hat. Leicht fiel ihm das in Anbetracht des Zustands des SEZ nicht. Foto Emmanuele Contini

    14.1.2024 von Anne Vorbringer - Dass Günter Reiß die einstige DDR-Badeberühmtheit SEZ geplant und geprägt hat, durfte lange niemand wissen. Jetzt erzählt er seine Geschichte.

    „Der Großstadtbürger verfügt heute über ausreichend Freizeit, die er zunehmend zur Erholung und Entspannung bei sportlicher Betätigung nutzt. Dem Ziel, Einrichtungen für Publikumssport und Freizeitbetätigung im Stadtzentrum von Berlin (DDR) zu schaffen, diente ein im Sommer 1977 erarbeitetes Rahmenprogramm zur Errichtung einer großzügigen Freizeitanlage.“ Dieser Text steht in einem Magazin des Bauunternehmens Hochtief aus dem Jahr 1982. Es geht darin um das SEZ an der Kreuzung Leninallee/Dimitroffstraße (heute Landsberger Allee/Ecke Danziger Straße) in Friedrichshain, das ein Jahr zuvor mit großem Pomp eröffnet worden war.

    Weiter heißt es im Heft: „Kommerzielle Überlegungen standen im Hintergrund, die erholende, entspannende, sportlich-spielerische Wirksamkeit war entscheidend. Das Sport- und Erholungszentrum wurde am 20. März 1981 nach dreijähriger Planungs- und Bauzeit fertiggestellt. Berlin wurde um ein Stück künstlerisch gestalteter Wasser- und Erholungslandschaft reicher.“

    All das ist lange her – und um das SEZ ist es inzwischen schon seit vielen Jahren schlecht bestellt. Jetzt hat der Senat als Wiedereigentümer entschieden, dass der gesamte Komplex abgerissen werden soll. Auf unseren Social-Media-Kanälen und in zahlreichen Leserbriefen, die die Berliner Zeitung in den letzten Tagen erreichten, zeigt sich jede Menge Unverständnis, Traurigkeit, Wut über die Abrisspläne.

    Es hat sich aber auch ein Mann bei uns gemeldet, der in ganz besonderer Weise mit dem SEZ verbunden ist. Günter Reiß, heute 83 Jahre alt, hat das SEZ damals als Architekt bei Hochtief maßgeblich geplant und entworfen. Sein Name ist auch im oben genannten Heft als einer der Entwurfsverfasser genannt. Offiziell aber durfte Reiß lange nicht auftauchen, besonders auf der DDR-Seite nicht. Bis heute ist häufig von schwedischen Architekten die Rede, die das SEZ geplant hätten. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, wie uns Günter Reiß beim Besuch in der Redaktion erzählt.

    Er hat die Pläne von damals mitgebracht, die Originalentwürfe für das SEZ, die seinen Namen tragen. Er breitet sie vor sich auf dem Tisch aus, dann erzählt er seine Geschichte.


    Die Entwürfe sind alle noch da: Günter Reiß zeigt Skizzen und Originalpläne vom SEZ.

    Herr Reiß, wann haben Sie zum ersten Mal von den Plänen für ein neues Sport- und Erholungszentrum in Ost-Berlin gehört?

    Das war 1977, damals arbeitete ich als Architekt bei Hochtief in West-Berlin. Dort erreichte uns ein Schreiben von der Aufbauleitung Sondervorhaben Berlin, die in der DDR prominente Bauprojekte wie den Palast der Republik organisiert hat. Der dortige Chef, Erhardt Gißke, wollte Hilfe von Hochtief bei der Planung eines multifunktionalen Zentrums für Sport und Erholung, eben das spätere SEZ. Also malten wir Pläne, warfen Kreise und Linien aufs Papier, entwarfen die einzelnen Bereiche, schickten Skizzen hin und her, von Ost nach West und zurück. Immer alles schön doppelt, damit in den DDR-Dokumenten nur die Aufbauleitung Sondervorhaben stand, und im Westen eben der West-Konzern Hochtief.

    Als Anfang 1978 die offizielle Ausschreibung vom zuständigen Außenhandelsunternehmen Limex kam, haben unsere Chefs bei Hochtief gesagt, jetzt müssen wir auf den Putz hauen. Also zeichnete ich los, Tag und Nacht, im Büro und zu Hause. In unserer Küche habe ich sogar Gardinenmuster gefärbt. Schließlich bekamen wir den Auftrag, aber mein Name durfte bei den DDR-Offiziellen nicht auftauchen.

    Warum denn nicht, schließlich waren das doch Ihre Entwürfe?

    Ich bin 1972 aus dem Ostteil der Stadt nach West-Berlin geflüchtet. Wenn herausgekommen wäre, dass ein DDR-Flüchtling beteiligt ist, hätte unser Entwurf in dem Wettbewerb keine Chance gehabt. Also wurde der Name nicht genannt. Ich war auch nie auf der Baustelle, war bei der Eröffnung nicht dabei. Ich habe das SEZ, mein Herzensprojekt, erst viel später gesehen.

    Wie konnten Sie, ohne vor Ort zu sein, so ein Prestigeprojekt planen?

    Ich kannte die Ecke sehr gut. In meiner Ost-Berliner Zeit habe ich in der Heinrich-Roller-Straße gewohnt, also nur einen Steinwurf von der Leninallee entfernt. Ein weiterer Vorteil: Als in der DDR ausgebildeter Architekt und Ingenieur kannte ich die Technischen Normen, Gütevorschriften und Lieferbedingungen (TGL), also sozusagen die DIN-Normen des Ostens.

    Warum haben Sie sich damals entschieden, die DDR zu verlassen?

    Ich hatte Freunde in West-Berlin, die uns geholfen haben. Sie haben mit einem österreichischen Spediteur die Fluchtroute über die Tschechoslowakei und Österreich nach West-Berlin organisiert. Ein Jahr später gelang es dann auch, meine Frau nachzuholen. Was soll ich sagen, uns ging es eigentlich gut in der DDR, wir wurden nicht verfolgt oder so was. Ich wollte nicht zur Armee, hatte Bedenken, doch noch eingezogen zu werden. Aber sicher waren wir auch ein wenig arrogant. Wir dachten, auf der anderen Seite der Mauer wartet bestimmt Größeres, Besseres auf uns.

    Und mit dem SEZ haben Sie dann vor der Wiedervereinigung sozusagen schon ein deutsch-deutsches Projekt geplant.

    Ja, nur dass das damals niemand wissen sollte. Doch die eigentliche architektonische Leistung, vom Entwurf über die Ausführungsplanung bis hin zur Statik, die lag bei uns, bei Hochtief. Eine schwedische Baufirma bekam dann den Auftrag für die Ausführung der Stahlbetonarbeiten – nach unseren Entwürfen.

    Jedenfalls habe ich mich damals richtig reingekniet. Als Planer hatte ich das Areal genau vor mir, und auch die Ideen flossen nur so aus mir heraus. Besonders wichtig war mir das Kaskadenbecken. Meine Frau und ich sind viel gereist und waren immer begeistert von Wasserfällen in der Natur. Im SEZ bot sich dieser Geländesprung an: Die Wasserkaskade folgte dem Höhengefälle zwischen dem Wellenbad und der anderen, weiter unten gelegenen Badehalle über verschiedene Becken.

    Wenn man ehrlich ist, war das ein sehr avantgardistischer Entwurf, den die DDR allein nicht hätte umsetzen können. Schon beim Palast der Republik kam ja zum Beispiel der Stahl der Grundkonstruktion aus Schweden. Und so ist im SEZ eben neben Materialien aus Meißen oder vom VEB Stuck und Naturstein, neben organisatorisch-planerischer Expertise aus dem Osten, auch viel Know-how aus dem Westen eingeflossen. Die großen Glasfronten zum Beispiel: Die Scheiben dafür kamen aus Westdeutschland.


    Große Fensterfronten, prismatische Glasdächer, leichte Materialien und ein Außenbecken, in dem man auch im Winter schwimmen konnte: Das SEZ war State of the Art. Fito Peter Meissner

    Was ist aus Ihrer Sicht neben dieser wenig bekannten Zusammenarbeit das Besondere an der SEZ-Architektur?

    Es ist ein offener, moderner Bau mit einer damals sehr fortschrittlichen Wärmerückgewinnungstechnik. Überhaupt haben wir alles auf dem neuesten Stand der Technik geplant, die Eingangsautomatik, die Duschen, die Trennwände, das Beleuchtungskonzept. Die DDR hat sich nicht lumpen lassen, wenn es um ihre Vorzeigeprojekte ging.

    Als das SEZ eröffnet wurde, verglich man es in den Zeitungen mit einem Ufo, das auf einmal gelandet war. Die Entstehung war für DDR-Verhältnisse ungewöhnlich, weil es vorher nicht die üblichen jahrelangen Planungen gegeben hatte. Das lag daran, dass es praktisch eingekauft wurde. Und so war es dann auch nach zwei Jahren Bauzeit schon fertig.

    Nach der Eröffnung wollten alle DDR-Bürger rein, die langen Schlangen vor dem SEZ waren legendär.

    Es war ein Bad für die Bevölkerung. Und es war einfach schön, weil es so viel zu bieten hatte. Nicht nur Badespaß, sondern Eislaufen, Rollschuhlaufen, Gymnastik, Ballsport, Bowling, Restaurants, Kneipen, Theater … Hier wurde gefeiert und geträumt. Das SEZ war so eine Art Karibik-Ersatz.


    Weit mehr als eine Schwimmhalle: Hier sitzen Freundinnen 1988 mit ihren Rollschuhen auf einer Bank und warten auf die nächste Runde.

    Weit mehr als eine Schwimmhalle: Hier sitzen Freundinnen 1988 mit ihren Rollschuhen auf einer Bank und warten auf die nächste Runde.Pemax/Imago

    Dass Sie trotz Ihrer Planung nicht beim Bau und der Eröffnung dabeisein konnten, dass Ihr Name nicht auftauchte, wie war das für Sie?

    Da ich all mein Herzblut für das SEZ aufbrachte, war das sicher nicht immer einfach. Aber ich habe mir von meinen Kollegen immer berichten lassen, wie es auf der Baustelle aussah, habe Fotos vom Rohbau gesehen, wie der VEB Ausbau Berlin nach unseren Skizzen den Innenausbau richtig toll umgesetzt hat.

    Besonders stolz war ich darauf, dass wir für den Brandschutz ohne Asbest auskamen. Als man später nach der Wende nach einem Grund für den SEZ-Abriss suchte, kam Asbest zumindest nicht in Frage, so wie beim Palast der Republik. Wir haben das SEZ mit einem anderen System geschützt, da habe ich mich schon drüber gefreut.

    Ansonsten taucht ja mein Name inzwischen in Architekturführern über die sogenannte Ostmoderne auf – und auch im Wikipedia-Artikel über das SEZ werde ich genannt.

    Wann haben Sie Ihr Werk zum ersten Mal live und in Farbe gesehen?

    Das war 1988, als mein Vater starb. Damals durfte ich zu seiner Beerdigung nach Dresden fahren, und auf der Rückfahrt hielten meine Familie und ich am SEZ. Es war 18 Uhr und wir aßen etwas unten in der Bowlingbahn. Ich fand’s toll, endlich dort zu sein. Es war so, wie ich es geplant hatte.

    Kurz danach fiel die Mauer, nach und nach wurden der Betrieb der Sportstätten und der Veranstaltungsbetrieb eingestellt und fast die gesamte SEZ-Belegschaft entlassen. Auch der Badebetrieb lief nach der Wende nicht mehr so gut. Haben Sie eine Erklärung dafür?

    Die Menschen wollten raus aus Berlin, sie wollten reisen oder in eines der neu erbauten Freizeit- und Thermalbäder nach Brandenburg fahren. Wirtschaftlich war das SEZ nicht mehr zu betreiben. Das war es ja in der DDR schon nicht: Die Eintritts- und Restaurantpreise waren hochsubventioniert und es gab ehrlicherweise viel zu viele Mitarbeiter.


    Den Spaß im Wellenbad ließ sich die DDR was kosten: Die Eintrittspreise waren hochsubventioniert.

    Nun verfällt das Gebäude schon seit Jahren.

    Der Senat wollte es damals einfach nur loswerden. Ich habe die Geschichte natürlich verfolgt. Nachdem das SEZ 2003 für einen Euro an den Leipziger Investor verkauft wurde, bin ich sogar an Herrn Löhnitz herangetreten, habe ihm meine Hilfe angeboten. Aber er wollte davon nichts wissen. Ich glaube, er hatte immer nur das Grundstück und nie das SEZ im Sinn.

    Mitte der Neunzigerjahre habe ich sogar mal Entwürfe gemacht für den Bezirk und den Senat. Es gab Investoren, die ein Kino im SEZ installieren wollten oder ein Sportkaufhaus. Daraus ist leider nie etwas geworden. Es ist schon sehr komisch, dass das Areal damals an Herrn Löhnitz ging.

    Und nun kommt die Nachricht, dass der Senat den Abriss des SEZ plant. Was geht da in Ihnen vor?

    Zunächst einmal ist es keine Überraschung, wenn man den Bebauungsplan kennt, der ja schon seit ein paar Jahren existiert. Es ist eine traurige Geschichte, die sich aber wohl nicht mehr verhindern lässt. Ich jedenfalls habe keine Macht, ich habe alles getan, was ich konnte.


    €Verfall hinterm Bauzaun: Seit Jahren schon bietet das einstige Vorzeigebad einen traurigen Anblick._

    Was meinen Sie: Ist das SEZ wirklich nicht mehr zu retten?

    Es ist immer alles möglich, wenn genug Menschen da sind, die etwas wollen. Die ganzen Anlagen auf Vordermann zu bringen, würde sehr viel Geld kosten. Und es fehlt der politische Wille. Das SEZ wird abgerissen, weil man jetzt halt viele Wohnungen braucht. Die könnte man natürlich auch am Rande des Tempelhofer Feldes bauen, und zwar sehr viel mehr als auf dem SEZ-Areal.

    Viele unserer Leser schreiben, die Abrissentscheidung sei typisch für den Umgang mit Gebäuden, die für Ostdeutsche von Bedeutung waren.

    Ich verstehe diesen Eindruck. Am SEZ hängen viele Erinnerungen, aber den Planern und Politikern fehlt in dieser Hinsicht oft jegliches Feingefühl. Ich jedenfalls war zur Ostpro-Messe vor vier Jahren das letzte Mal im SEZ und musste da sofort wieder raus. Alles war zerfleddert, überall lag Schrott herum, die neuen Farbanstriche waren furchtbar, es fehlten Decken und Böden. Mir blutete das Herz, als ich sah, was aus meinem SEZ geworden ist.

    Zur Person

    Günter Reiß, geboren 1940 in Dresden, studierte an der dortigen Technischen Universität Architektur und arbeitete dann noch zwei Jahre als Assistent an der Uni. In dieser Zeit war er an Planungen in der Leipziger Ostvorstadt und diversen Wohnungsbauprojekten beteiligt. 1969 wechselte er nach Ost-Berlin zu Hermann Henselmann an die Bauakademie.

    Drei Jahre später flüchtete er aus der DDR und lebte fortan in West-Berlin, wo er zunächst beim Hochtief-Konzern angestellt war. Seit 1981 ist er als selbstständiger Architekt tätig und arbeitet mit seiner Frau, die ebenfalls Architektin ist, noch immer an Bauprojekten in und um Berlin. Günter Reiß plante noch weitere Schwimmhallen und Kinos in der Stadt, so leitete er unter anderem einen Umbau des Filmpalastes Berlin, der heutigen Astor Film Lounge am Kurfürstendamm.

    #DDR #Berlin #Friedrichshain #Dimitroffstraße #Leninallee #Landsberger_Allee 77 #Danziger_Straße #Sport #Schwimmen #Freizeit #Sozialismus #SEZ #Architektur

  • Quartier »Bricks Berlin Schöneberg« von GRAFT - Backsteinhöhle
    https://www.db-bauzeitung.de/bauen-im-bestand/bricks-berlin-schoeneberg-graft

    Bestand saniert, leerstehende Dächer ausgebaut, neue Gebäude ergänzt: Beim Nachverdichten eines Postareals zum gemischt genutzten Quartier setzt das Büro GRAFT auf Ziegel als gestalterische Klammer – aber natürlich mit parametrischer Verfremdung.

    Was heute unter dem Namen »Bricks Berlin Schöneberg« vermarktet wird, blickt auf eine über hundertjährige Geschichte zurück. Das Postamt in Berlin-Schöneberg wurde von Otto Spalding 1902 im Stil der Neo-Renaissance errichtet. Spalding, ehemals Partner des Berliner U-Bahn-Architekten Alfred Grenander, war »Post-Baurat«. Von ihm stammen viele Fernmeldeämter in Berlin, daneben ist er auch der Schöpfer des Kurhauses in Binz auf Rügen.

    1933 erhielt das Schöneberger Postamt in einem der Innenhöfe einen Anbau für das »Fernsprechamt Süd«. Die Telefontechnik hatte sich bereits von der gesteckten Verbindung durch das »Fräulein vom Amt« zur Selbstwähl-Telefonie weiterentwickelt und auch die Architektur des Amtes tat einen großen Sprung nach vorn. Ein langer ziegelbekleideter Riegel mit rundem Kopfende und horizontalen Bandfassaden, in Mendelsohn’scher Manier entworfen von Fritz Nissle, drückte die Begeisterung für die neuen Stromlinienformen aus – die Deutsche Reichspost wurde damals gerade motorisiert. Im Jahr 1935 richtete man in dem Ensemble dann eine der ersten Fernsehstuben Deutschlands ein.

    Das Areal durchquert inzwischen einen ganzen Block von der Haupt- bis zur Belziger Straße. Der Postbetrieb wurde in den 80er Jahren aufgegeben, die Gebäude anschließend von der Telekom genutzt. Seit 1996 stehen sie unter Denkmalschutz. Jetzt hat das Büro GRAFT das Ensemble modernisiert und um zwei Neubauten erweitert. Es ist nun ein Gewerbezentrum mit Büros, Restaurants, Geschäften und Wohnungen. Zugleich wurden die alten Dächer für gewerbliche Nutzungen ausgebaut und mit Fenstern perforiert, bei denkmalgeschützten Gebäuden immer ein heikler Punkt. Daher wurden nur die Dachflächen zum Hof umgestaltet, bei der Straßenansicht ließ die Denkmalpflege nicht mit sich reden. Bauherr des Um- und Neubaus ist das Immobilienunternehmen Trockland.

    »Um sich in das Ensemble einzufügen, erhielten die Neubauten Ziegelfassaden« geben die Architekten an und liefern damit eine Erklärung für den Namen »Bricks Berlin Schöneberg«. Den Zugang zum Areal von der Hauptstraße in den Hof haben sie aufwendig inszeniert. Die Ziegel folgen einer parametrisch entworfenen geschwungenen Geometrie und bilden einen höhlenartigen Eingang aus. Wie schon zuvor bei ihrem Entwurf für das Paragon-Wohnareal in Berlin-Prenzlauer Berg versuchen die Planer von GRAFT aus einer unregelmäßigen Stapelung von Fensterkästen, die aus der Fassade hervortreten, architektonische Funken zu schlagen. Im Innenraum lassen sich diese Elemente als Sitzerker nutzen. Außen heben sich die hellen, beigefarbenen Fenstereinfassungen deutlich von der dunkleren Backsteinfläche ab – ein Gestaltungsprinzip, das in verfremdeter Form vom alten Postamt nebenan übernommen wurde. Die Hoffassaden sind – ebenfalls analog zum Postamt – deutlich sparsamer gestaltet.

    Am anderen Ende des Areals, in einer Baulücke an der Belziger Straße, markierte ein kleines Torhaus den Zugang zum Gelände. Es wurde erhalten, zum Café umfunktioniert und, um die Baulücke nutzen zu können, brückenartig mit einem Wohngebäude überspannt. Dieses knüpft mit geschwungenen Balkonbrüstungen Bezüge zu den abgerundeten Ecken des alten Torhauses. Der herrliche ehemalige Vermittlungssaal des Telegrafenamtes im Innern des Blocks dient jetzt als ein jüdisches Kaballah-Zentrum.

    ~Ulf Meyer, Christian Schönwetter

    #Berlin #Schöneberg #Geschichte #Architektur #Fernmeldeamt #Hauptstraße #Belziger_Straße #Post #Fernsehen #Fernsehstube #Fernseh-Großbildstelle

  • Das Einküchenhaus - Roomservice am Lietzensee
    https://www.berliner-zeitung.de/b-history/wohnen/das-einkuechenhaus-roomservice-am-lietzensee-li.224463


    Das Einküchenhaus verfügte über eine Großküche, die alle küchenlosen Wohnungen mit Mahlzeiten versorgte. Über Haustelefone konnten die Bewohner Essen bestellen.

    Der bürgerliche Feminismus hat ein paar interessante Ideen hervorgebracht, die unter kapitalistischen Rahmenbedingungen zum Scheitern verurteilt waren. Das Einküchenhaus wäre in einer sozialistischen Gesellschaft ein Erfolg geworden. Die Politik der DDR war nicht fortschrittlich genug, um die Verhältnisse der Menschen untereinander durch die radikale Änderung der Arbeitsteilung voranzutreiben. Diese Umfähigkeit ist Teil der Geschichte ihres Untergangs.

    Der Kapitalismus entledigte sich des Experiments auf seine Art: Es fanden sich nicht ausreichend Investoren und Mittel für das innovative Konzept, von dem nur die Bausubstanz erhalten blieb.

    7.5.2023 von Ida Luise Krenzlin - Die Frauenrechtlerin Lily Braun hatte eine emanzipierte Idee: die Kollektivierung der Hausarbeit in Zentralküchen. Warum das Berliner Experiment scheiterte.

    Wie bitte, keine Küchen in den Wohnungen? Ein Skandal! Stattdessen die „Einrichtung von Centralküchen, von Centralwaschanstalten, und die Einführung von Centralheizung“, dazu noch Speisesäle, Kindergärten und Turnräume? Wahrlich ein Skandal! Der Gegenwind, der dieser neuen Form des Wohnens entgegenschlägt, nimmt Orkanstärke an. Vom „Zukunftskarnickelstall“ und „Kasernenabfütterung“ ist die Rede, die konservativen Parteien sehen die Kleinfamilie in Gefahr. Denn ohne Küche kein Nachwuchs.

    Lily Braun fordert die Vereinbarkeit von Muttersein und Berufstätigkeit

    Was war geschehen? Die Frauenrechtlerin und Sozialdemokratin Lily Braun, die sich für die Vereinbarkeit von Muttersein und Berufstätigkeit engagiert, hat in einer Streitschrift 1901 gefordert, die Frau durch den Bau von „Einküchenhäusern“ aus „der Sklaverei der Hausarbeit“ zu befreien.

    „Raus aus dem Korsett!“ ist das Motto der Zeit. Das gilt nicht nur für die Garderobe, sondern auch für die Wohnverhältnisse. Denn immer mehr Frauen, sowohl aus bürgerlichen wie auch aus proletarischen Kreisen, sind berufstätig, vor allem in den Großstädten. Dass die kräftezehrende und zeitaufwendige Hausarbeit Frauen nicht mehr von der Teil - habe am gesellschaftlichen Leben abhalten soll, darin sind sich Vordenker*innen wie Lily Braun, Clara Zetkin und August Bebel oder der Architekt Bruno Taut einig. Gegenwind bläst aber auch in ihren Reihen: So hält Clara Zetkin die privatwirtschaftlich organisierten Berliner Einküchenhäuser für elitär. Für Arbeiterinnen, die in Mietskasernen in erbärmlichen Verhältnissen leben, seien die Kosten schlichtweg zu hoch. Sie soll recht behalten.

    Das erste Einküchenhaus am Lietzensee

    Die ersten deutschen Einküchenhäuser entstehen in Berliner Vororten. Am 1. Oktober 1908 ziehen Frauen – mit und ohne Familie – in das Einküchenhaus am Lietzensee. Das fünfgeschossige Wohnhaus in der Kuno-Fischer-Straße 13 in Charlottenburg, entworfen vom Architekten Curt Jähler, verfügt im Untergeschoss über eine Zentralküche. Mittels Haustelefon können die Bewohner die Speisen bestellen, Aufzüge bringen die Mahlzeiten hoch in die Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen. In Windeseile sind alle Wohnungen belegt.


    Lily Braun setzt sich um 1900 für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Die Frauenrechtlerin plädiert für die Kollektivierung der Hausarbeit in Zentralküchen. CC-BY 3.0

    Wenige Monate später, am 1. April 1909, gibt es zwei weitere Wohnanlagen mit gemeinschaftlich organisierten Haushaltseinrichtungen, eine in der Wilhelmshöher Straße 17–20 in Friedenau, die andere Unter den Eichen 53 in Lichterfelde-West. Die Reform-Architekten Albert Gessner und Hermann Muthesius haben die Gebäude entworfen. Außer Zentralküche, Speiseaufzügen, Dachterrasse, Sporträumen, Fahrradkeller und Grünflächen verfügt die von Gessner gebaute Anlage in Friedenau sogar über einen Kindergarten, den Reformpädagogen leiten. Es ziehen jedoch keine Arbeiterinnen ein, sondern gut situierte Familien und ledige Frauen.

    Eine emanzipierte Idee scheitert in Berlin

    Alle drei Berliner Einküchenhäuser werden privatwirtschaftlich gebaut und bewirtschaftet. Die dazu 1907 gegründete „Einküchenhaus-Gesellschaft der Berliner Vororte“ geht allerdings wenige Monate nach Eröffnung der Muthesius-Anlage pleite. Die Häuser sind teuer, die Kapitaleinlagen zu gering.


    Ein Dienstmädchen serviert seiner Herrschaft eine Mahlzeit aus dem Speisenfahrstuhl. ullstein-bild

    Der Widerstand aus dem konservativen Lager ist groß, die Frauenrechtlerinnen sind sich uneins. Als sogar die Sozialdemokraten das bürgerliche Familienmodell wiederentdecken, ist es um das Berliner Einküchenhaus geschehen. Die Umbrüche des Ersten Weltkriegs machen dem Reformprojekt endgültig den Garaus. Am Lietzensee schließt die Zentralküche 1913, in Lichterfelde 1915, in Friedenau 1917/18. Alle Wohnungen bekommen eine Küche eingebaut. Fortan steht dort jede Frau wieder an einem Herd.

    In Berlin scheitert das Einküchenhaus, in anderen Städten hingegen gibt es nach dem Ersten Weltkrieg ähnliche Projekte des kollektiven Wohnens. Dazu gehören der Heimhof in Wien, das Narkomfin-Kommunehaus in Mos - kau und die Isokon Flats (Lawn Road Flats, Isokon Building) in London. In Letzterem wohnen zeitweise Agatha Christie, Marcel Breuer und Walter Gropius.

    #Muthesiusstraße
    https://m.kauperts.de/Strassen/Muthesiusstrasse-12163-Berlin

    #Berlin #Witzleben #Lietzensee #Kuno-Fischer-Straße #Friedenau #Wilhelmshöher_Straße #Lichterfelde #Unter_den_Eichen #Feminismus #Wohnen #Architektur #Immobilien #Gedchichte

  • Das ehemalige Pressecafé am Alexanderplatz öffnet wieder
    https://www.berliner-zeitung.de/news/das-ehemalige-pressecafe-am-alexanderplatz-oeffnet-2024-wieder-li.3

    Das Pressecafe am Alexanderplatz war in Ostberlin bekannt als Treffpunkt von afrikanischen Studenten und Diplomaten. Es wurden Geschäfte im kleinen Ost-West-Handel gemacht. Dank Reisefreiheit für Ausländer und unkontrollierten Diplomatenkoffern war vieles möglich. Die Kollegen vom VEB Horch und Guck immer mit dabei. Auch die Damen der Hauptstadt mit Hang zu exotischen Bekanntschaften zog es ins Pressecafe. Es war ein Ort der öffentlichen Privatsphäre.

    10.7.2023 von Xenia Balzereit - Das Pressecafé im Haus des Berliner Verlags öffnet im Frühjahr 2024 wieder. Der Berliner Gastronom Alexander Freund will den Pavillon mit zwei gastronomischen Angeboten betreiben. In die untere Etage soll den Plänen zufolge wieder ein Pressecafé einziehen – eines, das sich in seiner Ästhetik an das alte DDR-Pressecafé und das inzwischen wieder freigelegte Fries von Willi Neubert anlehnt. In der oberen Etage greift künftig der BEAST Berlin Steakclub die Steakhaus-Vergangenheit des Gebäudes auf.

    Im Steakclub bietet Freund dann klassische Gerichte der US-Steakhouse-Kultur: Steak Cuts, Spare Ribs und Burger. Es soll aber auch vegane Gerichte und viel Obst und Gemüse geben. Für das Café im Erdgeschoss plant Alexander Freund eine Lunch- und Frühstückskarte sowie Snacks zum Mitnehmen. Im Café sollen drinnen 100 und draußen 200 Menschen Platz finden. Im Steakclub essen die Gäste an langen Tafeln, dort soll es etwa 310 Sitzplätze geben.

    Das Pressecafé als Tor zur Welt

    Alexander Freund betreibt bereits eine Reihe von Restaurants in Berlin, etwa das Fischer & Lustig im Nikolaiviertel oder das Jäger & Lustig an der Grünberger Straße in Friedrichshain. Dort traf sich gerne die DDR-Politprominenz, um Wild zu essen.

    Mit dem Pressecafé hat Freund wieder einen geschichtsträchtigen Ort zu seinem Projekt gemacht. Der Pavillon, der mit seiner Stahlkonstruktion auf den Gehweg ragt, war zu DDR-Zeiten für Journalisten ein mondäner Treffpunkt, ein Tor zur Welt, ein ästhetisch ansprechendes Forum. Dort lagen Zeitungen aus diversen Ländern aus, die in der DDR sonst kaum zu haben waren. Beim Lesen saß man auf Stühlen, die denen des westlichen Designers Ernst Moeckl nachempfunden waren und bei den Konferenzen in der oberen Etage blickte man auf den Alexanderplatz, das Zentrum Ost-Berlins.

    Das Steakhouse Escados zog nach der Wende in das Gebäude ein. Dessen Schriftzug überdeckte jahrzehntelang das Neubert-Fries. Seit 2021 ist das Kunstwerk wieder sichtbar.

    #Berlin #Mitte #Alexanderplatz #Karl-Liebknecht-Straße #Memhardstraße #DDR #Geschichte #Gastronomie #Architektur #Kunst

  • Mitten in Kreuzberg: Neue Sozialwohnungen und klimaneutrale Büros
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/mitten-in-kreuzberg-neue-sozialwohnungen-und-klimaneutrale-bueros-l


    Blick auf das neue Quartier auf dem Areal des früheren Postscheckamtes am Halleschen Ufer in Kreuzberg.

    Es geht voran mit dem Geldmachen. Das alte Postscheckamt, eine öffentliche Einrichtung der staatlichen Bundespost und Ort zum Leben und Arbeiten für viele Westberlinerinnen und Berliner, wird endgültig zum Eigentumswohnungsghetto mit ein paar netten fast bezahlbaren Alibiwohnungen nebenan. Verdichtung ist angesagt, der Rubel rollt weil öffentliche Gärten und Freiflächen zugebaut werden. „Niemandsland“ heißt so ein nicht profitables Gelände auf Immobilisch. Ich bin auch so ein Niemandsland, unprofitabel und verwildert. Ein Mensch eben, keine parfümierte Immoschnepfe, die mit hohlem Gedöns ihre Gier schönredet. Die zerrt den verwesenden Leichnam van der Rohes aus dem Grab, um dem ollen Büroturm, wahrlich kein Meilenstein der Architekturgeschichte, ordentlich Mies-Nimbus zu verpassen. So geht das. Noch nicht gebaut wird schon verkauft.

    Grelle Fummels aus den Fifties, Sixties
    Alles hohl und hundsgemein
    Auf Skoda oder Fiorucci
    Flieg ich nicht mehr ein
    Da bleib ich kühl
    Kein Gefühl

    Ideal, Blaue Augen, 1980

    28.12.2022 von Ulrich Paul - Auf dem Areal des ehemaligen Postscheckamtes in Kreuzberg entsteht ein Stadtquartier mit hohem sozialen und ökologischen Anspruch.

    Auf dem Areal des ehemaligen Postscheckamtes in Kreuzberg gehen die Arbeiten für das geplante neue Stadtquartier mit Büros, Wohnungen und Geschäften voran. Nachdem im März 2021 mit dem symbolischen ersten Spatenstich die Bauarbeiten starteten, befinden sich mittlerweile fast alle Teilprojekte am Halleschen Ufer in Bau.

    Der Kölner Investor Art Invest modernisiert den alten 90 Meter hohen Büroturm und baut zwei neue Häuser mit Büros und Geschäften. Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Degewo errichtet 337 Mietwohnungen. Und das ebenfalls aus Köln stammende Immobilienunternehmen Pandion plant 86 Eigentumswohnungen.

    „Das Grundstück war vorher eine Art Niemandsland im Herzen Berlins“, sagt Lena Brühne, Berliner Niederlassungsleiterin von Art Invest. „Durch die Entwicklung des Quartiers betreiben wir also eine Stadtreparatur.“ Die Art Invest hat ihrem Projekt den Namen „Die Macherei Berlin-Kreuzberg“ gegeben. Weil die Gebäude am Halleschen Ufer 40 bis 60 liegen, tragen die drei Gebäudeteile als Namenskürzel ein M für Macherei, gefolgt von der jeweiligen Hausnummer. So heißen die Gebäude M40, M50 und M60. Der alte Postbank-Tower trägt das Kürzel M50, die beiden neuen Büro- und Geschäftsbauten firmieren unter M40 und M60.

    Das achtgeschossige Haus M40 entsteht nach Plänen des Büros Robert Neun Architekten als sogenanntes Holz-Hybrid-Haus, also in einer Mischung aus Holz und Beton. Neben bepflanzten Dächern ist ein offener Innenhof vorgesehen, der als das „grüne Herz“ des Gebäudes angekündigt wird. „Unser Holz-Hybrid-Haus M40 wird ab Frühjahr 2023 rasant wachsen“, sagt Lena Brühne. „Zu diesem Zeitpunkt werden die Holzverbundelemente angeliefert, die wie Legosteine aufgebaut werden.“ Bis zum Jahr 2024 soll das Gebäude fertig sein, die anderen beiden der Art Invest ebenfalls.

    Der 24-geschossige Büroturm, der jetzt das Kürzel M50 trägt, wird nach Plänen des Architekten Eike Becker umgestaltet. Er richtet sich dabei nach dem Vorgänger-Bau. „Die Architektur vom M50 greift den Stil des Oberpostdirektors Prosper Lemoine auf, nach dessen Plänen das Objekt entwickelt wurde“, sagt Lena Brühne. „Er orientierte sich dabei an der typischen Architektursprache von Mies van der Rohe, der unter anderem die Neue Nationalgalerie entworfen hat.“

    Büroturm wird im nächsten Jahr als Stahlbetonskelett dastehen

    Nach dem Auszug der Mieter aus dem Turm Ende 2021 hat die Art Invest zunächst mit der Entkernung und Schadstoffsanierung begonnen. Diese Arbeiten dauern bis heute an. „Im nächsten Jahr wird der Turm kurzzeitig im Rohbau als Stahlbetonskelett dastehen, was sicher ein imposantes Bild abgeben wird“, so Brühne. „Zudem werden wir die oberen drei Etagen, die bislang als Techniketagen genutzt werden, abbrechen und neu aufbauen, um sie in Teilen als nutzbare Mietflächen zu entwickeln.“ Die Fassade des Büroturms wird erneuert, außerdem entsteht am Fuß des Towers ein eingeschossiger Flachbau. Dort soll neben einem Restaurant ein Fitnessstudio einziehen – mit Außenlaufbahn auf dem Dach. Oben im Turm ist eine Skybar geplant. Mit bester Sicht über die Stadt.

    „Bei der Fassade des Turms arbeiten wir mit speziellen Elementen, die vorproduziert und anschließend eingesetzt werden“, sagt Lena Brühne. Für die Montage werde ein rund 120 Meter hoher Kran eingesetzt, der an dem Hochhaus verankert wird. An der Südfassade des Büroturms sollen auf einer Fläche von 760 Quadratmetern Fotovoltaik-Elemente montiert werden, um aus Sonnenlicht Strom zu gewinnen.

    Das M60 entsteht nach Plänen des Architekturbüros Sauerbruch Hutton als achtgeschossiges Bürohaus. Im rückwärtigen Teil sind die Eigentumswohnungen der Pandion geplant. Das Besondere: Das Bürohaus soll ein „Zero-CO₂-Haus“ werden, also ein klimaneutrales Haus. Erreicht wird dies freilich durch einen gewissen Kunstgriff: Die Fotovoltaik-Elemente, die Sonnenlicht in elektrischen Strom umwandeln, sollen nämlich nicht nur auf dem eigenen Dach stehen, sondern zugleich auf den Dächern der benachbarten Degewo-Häuser.
    Autofreies Quartier heißt, dass oberirdisch keine Autos fahren

    Beim Verkehr wird Nachhaltigkeit ebenfalls großgeschrieben. „Die Macherei Berlin-Kreuzberg wird ein autofreies Quartier“, sagt Lena Brühne. Der Begriff „autofrei“ wird von der Art Invest allerdings sehr großzügig ausgelegt. Autofrei bedeute, „dass die Außenanlagen für den normalen Autoverkehr gesperrt sind“, sagt Brühne. Autos sind als Verkehrsmittel weiter eingeplant, zumindest in begrenzter Zahl. „In zwei Tiefgaragen, die von der Hauptstraße erreicht werden, entstehen 120 Stellplätze für Autos“, sagt Brühne. Sie versichert: „Wir setzen auf urbane Mobilität, weswegen wir unseren künftigen Mietern zusätzlich 800 unterirdische Fahrradstellplätze sowie Duschen und Umkleiden anbieten.“

    Das Projekt zeigt: Nachhaltigkeit spielt bei Immobilienprojekten eine immer größere Rolle. Unter anderem, weil sich viele Unternehmen das Ziel gesteckt haben, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt CO₂-neutral zu werden. In alten Büros mit hohem Energieverbrauch lässt sich das Ziel nur schwer oder gar nicht erreichen. In neuen Quartieren wie in der Macherei schon eher. „Das Quartier richtet sich an Mieter, die neben einem hohen Anspruch an Lage, Qualität und Flexibilität der Flächen einen besonderen Wert auf ökologische Nachhaltigkeit legen“, sagt Lena Brühne. „Hier sehen wir einen wachsenden Bedarf.“ Einerseits müssten viele Unternehmen immer höhere Anforderungen im Bereich CO₂-Emissionen erfüllen, was sich natürlich auch in ihren Flächen widerspiegeln müsse. Andererseits sei Klimagerechtigkeit ein „ganz wesentlicher Aspekt für junge Berufseinsteiger“, so Brühne. „Sie legen viel Wert auf ihren eigenen Carbon Footprint, auch an ihrem Arbeitsplatz.“

    Die Wohnungen der Degewo entstehen im rückwärtigen Teil des Areals auf insgesamt drei Baufeldern mit jeweils zwei Häusern. „Die Rohbauarbeiten für die Baufelder eins und drei haben begonnen“, sagt eine Degewo-Sprecherin auf Anfrage. „Im Frühjahr 2023 wird Richtfest gefeiert und der Innenausbau kann beginnen.“ Die Arbeiten auf Baufeld zwei sollen im Februar 2023 starten. Geplant sei, dass die neuen Wohnhäuser ab Mitte 2024 übergeben werden. Dann beginne auch die Vermietung.
    Degewo baut 75 Prozent Sozialwohnungen

    75 Prozent der Wohnungen, die die Degewo errichtet, sollen als Sozialwohnungen entstehen und für eine Kaltmiete ab 6,50 Euro je Quadratmeter vermietet werden. Der Entwurf für die Wohnhäuser stammt vom Büro Dahm Architekten + Ingenieure. Nach ihren Plänen entstehen Wohnungen mit einer Größe von 35 bis 105 Quadratmetern.

    Die Pandion baut keine Mietwohnungen, sondern Eigentumswohnungen. „Wir planen insgesamt 86 Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen für Paare und Familien“, erklärt eine Unternehmenssprecherin. Die Wohnungen sollen zwischen 46 und 95 Quadratmeter groß sein. Die Baugrube für das Projekt sei fertig. Im Januar 2023 solle der Rohbau beginnen. Zum genauen Start der Vermarktung der Wohnungen und zum Fertigstellungtermin könne man aktuell aber noch keine Auskunft geben, so die Sprecherin.

    Postbank-Hochhaus (Berlin)
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Postbank-Hochhaus_(Berlin)

    Blaue Augen
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Blaue_Augen?searchToken=2wqimfpy2l6ptlnzu8q7191bk

    https://www.youtube.com/watch?v=uaEiVAODN-A

    #Berlin #Kreuzberg #Hallesches_Ufer #Großbeerenstraße #Stadtentwicklung #Architektur #Privatisierung #Gentrifizierung #Wohnen #Immobilien

  • Corbusierhaus in Westend: Dieses Berliner Paar lebt wie in den 50ern
    https://www.berliner-zeitung.de/stil-individualitaet/corbusierhaus-in-westend-dieses-berliner-paar-lebt-wie-in-den-50ern


    Fotos Ekaterina Zershchikova
    Ein Glücksgriff: Das Bett von Alfred Roth wurde auf dem Schwarzen Brett im Haus angeboten.

    Nur ein Apartment in Corbusiers „Wohnmaschine“ entspricht wirklich den Plänen des Architekten: Es wurde entsprechend umgebaut. Besuch einer legendären Wohnung.

    15.5.2022 von Manuel Almeida Vergara - Ein kleines Wägelchen für die Plattensammlung, ein neuer, größerer Kühlschrank, geerbtes Besteck, geerbtes Geschirr – viel mehr war es nicht, was Henrik und Natalia Svedlund vor rund vier Jahren mitbringen konnten. Schließlich sind die beiden damals in ein möbliertes Apartment eingezogen. Mit der obligatorischen Ikea-Küchenzeile und der moccafarbenen Sofalandschaft von Poco Domäne hatte das allerdings rein gar nichts zu tun.

    Henrik und Natalia Svedlund wohnen im Corbusierhaus in Westend. Allerdings nicht in irgendeiner der 530 Wohnungen, die sich im kastigen Komplex aufeinandertürmen – das Apartment Nummer 258 ist das einzige im ganzen Haus, das tatsächlich den Plänen des legendären Architekten entspricht. „Wir haben eigentlich eine Wohnung in Friedrichshain oder Prenzlauer Berg gesucht“, sagt Henrik Svedlund nun – „aber als wir diese Wohnung gesehen haben, waren wir sofort verliebt und haben die Lage außerhalb der Stadt in Kauf genommen.“


    Eine Kolumbianerin und ein Schwede in Berlin: Natalia und Henrik Svedlund an ihrem Esstisch.

    Von den Wandfarben bis zum Treppendesign von Jean Prouvé, von der originalen Küchenzeile aus den 50ern bis zu der Einbauküche Charlotte Perriands, die Deckenhöhe, der Schnitt – beinahe alles in der Maisonette-Wohnung des Paares entspricht den Vorstellungen und Grundsätzen, dem Gusto Le Corbusiers, einem der prägendsten Architekten der Moderne. Und das, Jahrzehnte nachdem es um seinen Berliner Wohnkomplex zu einem handfesten Eklat gekommen war.


    Von außen unscheinbar: die Wohnungstür zum 50er-Jahre-Traum.

    Zwischen 1956 und 1958 wurde das Corbusierhaus, das ob seiner setzkastenartigen Gleichförmigkeit und der kompromisslosen Praktikabilität auch „Wohnmaschine“ genannt wird, in Sichtweite des Teufelsbergs gebaut. Eigentlich hätte der Komplex als Teil der 1957 in Berlin ausgerichteten Internationalen Bauausstellung im Hansaviertel stehen sollen – doch seine Dimensionen waren zu ausufernd, das Haus schlichtweg zu groß, also wurde es kurzerhand ans westliche Ende der Stadt verlegt.


    Brachiale Gleichförmigkeit, kompromisslose Praktikabilität: Das Haus wird auch „Wohnmaschine“ genannt.

    Entgegen dem Willen Le Corbusiers nahmen die Berliner Bauherren außerdem zahlreiche Änderungen an seinem Meisterplan vor, bauten statt Dreizimmer-Apartments solche mit einem oder zwei Zimmern, ließen Metall- statt Holzfenster einsetzen, die Räume wurden 2,50 Meter hoch, obgleich der Architekt mit 2,26 Meter geplant hatte. „Im Grunde entsprach nur noch die Fassade den Vorstellungen Corbusiers“, erzählt Natalia Svedlund. „Daraufhin hat er sich aus dem Projekt zurückgezogen und die Baustelle nur ein einziges Mal besucht.“

    Corbusiers Unité d’Habitation in Marseille gilt als Vorbild
    Natalia Svedlund weiß ziemlich genau, wie das Corbusier-Original hätte aussehen sollen. „Sie ist der Architekturfan von uns beiden“, sagt Henrik Svedlund und nickt in Richtung seiner Frau. Vor Jahren schon hatte sie Corbusiers Unité d’Habitation in Marseille besucht, das als Vorbild für die Berliner Version gilt – und in Gänze so erbaut wurde, wie es der 1965 verstorbene Architekt erdacht hatte. Dass in Berlin nun immerhin eine Wohnung so aussieht, wie er es sich gewünscht hatte, ist einem weiteren Architekten zu verdanken.


    Show-Shower: Ans Schlafzimmer grenzt die offen gestaltete Dusche an.

    „Die Wohnung hat vor uns Philipp Mohr gehört, der sie für sich selbst entkernt und umgebaut hat“, so Natalia Svedlund. Im Grunde hat der Architekt, der mittlerweile in Barcelona lebt und arbeitet, das Apartment sozusagen zurückgebaut – zurück in einen Zustand allerdings, den es in der Realität so nie gegeben hat, zurück auf den Stand der architektonischen Zeichnungen Le Corbusiers. Mit der Architektur der Moderne hatte sich Mohr schon seit den 1980ern auseinandergesetzt, wie Natalia Svedlund kannte auch er das Unité d’Habitation in Marseille.


    Hebt sich in Farbe und Form spannend von der Wand ab: Le Corbusiers „Lampe de Marseille“.

    Mohr, der selbst einige Jahre im Apartment 258 gewohnt hatte, muss glücklich gewesen sein, als Henrik und Natalia Svedlund als neue Käufer der Wohnung gefunden waren. Schließlich ist das Paar bereit, die 50er-Jahre-Maisonette als Gesamtkunstwerk anzunehmen – und sie gelegentlich auch anderen Architektur-Fans zu präsentieren. „Wir bieten manchmal Führungen durch die Wohnung an, relativ oft haben wir kleine Touristengruppen aus Japan da“, sagt Natalia Svedlund, die genau wie ihr Mann beruflich nichts mit Architektur zu schaffen hat.

    Unter dem Pseudonym Chimneyheart macht der Hausherr Musik
    Die gebürtige Kolumbianerin ist Diplomingenieurin im Brauwesen, arbeitet aktuell an ihrer Dissertation im Bereich der Gärungstechnologie; Henrik Svedlund kam aus Schweden nach Berlin, ist Musiker und Künstler, Indiepop- und Rock-Tracks sowie Illustrationen präsentiert er unter dem Pseudonym Chimneyheart. Auch in der Wohnung des Paares hängen einige seiner farbintensiven Zeichnungen im naiven, oft humoristischen Stil. Sie passen überraschend gut zum sachlichen Stil der Mid-Century-Möbel überall umher.


    Ganz der legendäre Architekt: Gerade Linien, sachliche Farben überall.

    Ins Auge sticht gleich die Küche mit ihren farbig lackierten Schiebetüren. „Von der waren wir gleich begeistert, als wir das erste Mal in die Wohnung gekommen sind“, sagt Henrik Svedlund. Allein sind sie damit nicht: Ein Teil der Küche steht im Moma in New York; das Museum hat sich Le Corbusiers Originaldesign von verschiedenen Stellen komplett zusammengekauft. Das fehlende Element der Küche im Apartment 258 wiederum hatte Philipp Mohr mit einem Stück einer Küche aus dem Unité d’Habitation in Marseille ausgeglichen – ein weiteres fehlendes Teil hat dann Natalia Svedlund im Internet gefunden und gekauft, nachdem sie mit ihrem Mann eingezogen war.


    Museumsreif: Ein Teil der Küche des Paares steht im New Yorker Museum of Modern Art.

    Es ist nicht der einzige Glücksgriff, den die beiden in den vergangenen Jahren machen konnten. „Unser Bett aus Stahlrohren, ein Original von Alfred Roth, haben wir sogar hier im Haus gefunden“, so Henrik Svedlund. „Jemand hatte es auf dem Schwarzen Brett unten in der Lobby angeboten.“ Ansonsten, so erzählt das Paar, halte sich der Kontakt zu den Nachbarinnen und Nachbarn im Corbusierhaus in Grenzen.


    Nach einem Design von Jean Prouvé: die Treppe der Maisonette-Wohnung.

    „Hier fehlt einfach ein Platz, an dem man sich treffen könnte, ein Café vielleicht“, sagt Henrik Svedlund. „Das wäre ja auch für die Touristen schön, die kommen, um sich den Komplex anzuschauen.“ Er hofft, dass so etwas irgendwann in den Erdgeschossräumen des Gebäudes entsteht; die ersten Wohnungen des Komplexes kommen schließlich erst im zweiten Stock. Vielleicht stoße die Idee ja bald beim Beirat der Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer des Hauses auf Gegenliebe; in Marseille gebe es so einen Begegnungsraum bereits: „Gemeinschaftsräume waren eben fester Bestandteil der Konzepte von Le Corbusier.“

    Insofern kann das Paar nur schwer nachvollziehen, dass der Architekt oft in der Kritik steht – weil er gleichförmige Wohnkomplexe entwarf, gestalterische Grundsätze vor individuelle Wohnbedürfnisse stellte, eben „Wohnmaschinen“ bauen ließ. Keine Erdgeschosswohnungen, sämtliche Apartments haben dieselbe Größe, denselben Schnitt: „Im Grunde ist das doch ein demokratischer Ansatz“, findet Natalia Svedlund, „die gleichen Voraussetzungen für alle.“

    Auf Instagram hat die Wohnung den eigenen Account @apartment258 – Henrik Svedlund ist unter @chmnhrt zu finden, seine Musik gibt es auch auf Spotify und https://soundcloud.com/chimneyheart

    .

    Wikipedia: Corbusierhaus
    https://de.wikipedia.org/wiki/Corbusierhaus

    OSM: Corbusierhaus
    https://www.openstreetmap.org/way/8080757

    Kauperts: Flatowallee
    https://berlin.kauperts.de/Strassen/Flatowallee-14055-Berlin

    Club Bel Ami Reichssportfeldstraße 14
    https://de.wikipedia.org/wiki/Bel_Ami_(Berlin)

    #Berlin #Charlottenburg #Westend #Flatowallee #Reichssportfeldstraße #Wohnen #Architektur

  • Wie Berlins gigantische Autobahnüberbauung „Schlange“ entstand – und verfiel
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/wie-berlins-gigantische-autobahnueberbauung-schlange-entstand-und-v

    23.11.2021 von Frank Gaeth - In der Schlangenbader Straße erhebt sich ein 600 Meter langer Wohnkomplex über der Stadtautobahn. Unser Autor kennt den Alltag im einstigen Vorzeigeprojekt.

    Es war das Jahr 1971. Samstagabends sang Rex Gildo in Dieter Thomas Hecks ZDF-„Hitparade“, die Männer trugen Schlaghose mit Backenbart und Hornbrille, Frauen den Minirock. Willi Brandt regierte das Land, Christiane F. ging noch zur Schule und wie selbstverständlich musste für die autogerechte Stadt Berlin mitten durch Kleingärten und über den beschaulichen Breitenbachplatz im bürgerlichen Stadtteil Berlin Wilmersdorf eine Betonpiste für den Autoverkehr gezogen werden. Es war die Zeit der Trabantenstädte wie die des Märkischen Viertels oder der Gropius Stadt. Le Corbusiers Verständnis der Moderne mündete eloquent im Architekturstil des Brutalismus. Die Zukunft kannte keine Geschichte. Die neue Baukultur der umlandlosen Stadt Berlin kannte keine Grenzen: schon gar nicht finanziell.

    Unumstritten war die „Schlange“, wie die Autobahnüberbauung in der Berliner Schlangenbader Straße wegen ihrer Form bald genannt wurde, nie. War im Abgeordnetenhaus die SPD als Regierungspartei von Anfang an dafür und die CDU dagegen, war auf Bezirksebene die regierende CDU dafür und die SPD dagegen.
    270.000 Tonnen Beton

    Dabei glänzte der Entwurf der Architekten Georg Heinrichs, Gerhard und Klaus Krebs, alle drei Exponenten der West-Berliner Nachkriegsmoderne, mit technischen Superlativen: Auf einer Gesamtlänge von 600 Metern und einer maximalen Höhe von 46 Metern sollte eine Autobahnüberbauung entstehen, wie sie die Welt noch nie gesehen hatte. Zusammen mit der Randbebauung ergaben sich auf dem Areal 1758 Wohneinheiten mit 80.684 Quadratmetern Wohnfläche, welche in Stahlbeton-Schottenbauweise ausgeführt wurden.

    Das Gebäude zählt bis heute damit zu den größten zusammenhängenden durchgängig begehbaren Wohnkomplexen Europas. In einer fast zehnjährigen Planungs- und Bauphase wurden 270.000 Tonnen Beton und 14.000 Tonnen Stahl verbaut zu einem Gesamtpreis von insgesamt 418 Millionen D-Mark. Dass dies zu einer Kostenmiete von 27 DM pro Quadratmeter führte, die für das Wohnungsbauförderungsprogramm auf 5,80 DM pro Quadratmeter heruntersubventioniert werden musste, war egal, weil für den sozialen Wohnungsbau eben normal.

    Ebenso normal waren die kurzen Entscheidungswege: Über den Verlauf des nord-süd-orientierten Stadtautobahnabschnitts zwischen Schloßstraße und Fehrbelliner Platz fiel die Entscheidung in der Bauhauptverwaltung. Die Bezirksverwaltung von Wilmersdorf wurde von der Notwendigkeit „überzeugt“. Das reichte. Dass die Architektengemeinschaft Müller/Heinrichs auch nach der Berufung von Hans C. Müller zum Senatsbaudirektor bestehen blieb, garantierte einen ungewöhnlich direkten Draht zwischen Planungsbüro und oberster Stadtplanung. Im Berlin der Nachkriegszeit lebten schließlich zahlreiche Architekturbüros von den durch immense Steuerabschreibungen bewirkten Bundessubventionen für die Halbstadt.
    Millionen für Kleingärtner

    Ein geschicktes Steuerumgehungsmodell durch steuerfreien Ankauf von Genossenschaftsanteilen machte einige Kleingärtner der Kleingartenbaugenossenschaft „Rheingau“, die bis zuletzt ihren Parzellen treu geblieben waren, kurzfristig zu Großverdienern und sicherte den reibungslosen Verkauf der Baugrundstücke. „Aber warum sollen nicht Kleingärtner auch mal ein Millionending drehen“, so Ernst Seidel, leitender Mitarbeiter Arbeitskreis 6 der Mosch Gruppe, die den Bau zuerst übernahm.

    Eigenkapital in Höhe von 50 Millionen DM akquirierte die Fondsgesellschaft „Wohnpark Wilmersdorf Heinz Mosch KG“ durch geschickte Werbung. Im Emissionsprospekt der ersten Tranche fand sich außer einer winzigen Modellaufnahme kein Hinweis darauf, dass es sich bei der steuerbegünstigten Kapitalanlage in Wirklichkeit um den ersten Bauabschnitt handelte. Die Überraschung in der ersten Gesellschafterversammlung im Jahre 1973, zu der viele der 832 Kommanditisten anreisten, soll entsprechend groß und wortstark gewesen sein.

    Die technischen und finanziellen Probleme ließen nicht lange auf sich warten: Es kam zu Bodenabsenkungen des Erdreichs im Bereich der Überbauung, was durch umfangreiche Maßnahmen kompensiert werden musste. Bereits Mitte 1973 stiegen die Zinsen für Bauzwischenkredite auf bis zu 15 Prozent p.a. mit spektakulären Pleiten in der Berliner Abschreibungsbranche. Die Mosch-Gruppe war eine davon. Schon im Februar 1974 waren die westdeutschen Bauträgergesellschaften gezwungen, ihre Geschäfte einzustellen. Riebschläger sorgte dafür, dass das Objekt 1974 von der gemeinnützigen Degewo, deren Aufsichtsratsvorsitzender er selbst war, übernommen wurde. Ein „grundsolides“ Vorgehen“.

    Als nach fast zehnjähriger Planungs- und Bauzeit die Wohnungen für erste Mieter bezugsfertig waren, hatte längst eine Zeitenwende eingesetzt. Die 1970er-Jahre waren Geschichte. Der gewaltige Baukörper noch ganz in Form und Ästhetik des vergangenen Jahrzehnts wirkte antagonistisch. An monotonen Fluchtpunktperspektiven herrschte längst kein Mangel mehr. Diese standen längst als Sinnbild des Massenwohnungsbaus. Georg Heinrichs Bauten wie das Jugendgästehaus, das Evangelische Konsistorium, die Wohnbebauung Opernviertel in der Bismarckstraße, die IBA-Wohnbebauung, das Kreuzberghaus zum Alten Fritz, aber insbesondere die Wohnsilos des Märkischen Viertels wirkten schon wie aus der Zeit gefallen. An manchen dieser Fassaden fanden sich Berlins erste Graffitis: „Schade, dass Beton nicht brennt“ oder „bonjour tristesse“. Das Evangelische Konsistorium im Hansaviertel, erst 1971 fertig gestellt, wurde bereits 2011 wieder abgerissen.

    Vom Prestigeobjekt zum Brennpunkt

    Auch bestätigten sich nicht die Erwartungen der Architekten, wie die zukünftigen Mieter die Anlagen nutzen würden. Gemeinschaftsräume mit Teeküchen, diverse Hobbyräume, Jugendcafé, zwölf Kinderspielräume mit Tischtennisplatten und Spielgeräten und vieles mehr waren ursprünglich vorhanden. Statt dessen nutzten die ersten Mieter, als soziale Problemfälle vom Bezirksamt eingewiesen, die Angebote auf ihre Weise und für ihre eigenen Bedürfnisse. Schnell war die „Schlange“ in der Wahrnehmung der Berliner Öffentlichkeit vom Prestigeobjekt zum sozialen Brennpunkt herabgesunken.

    Schon zu Bauzeiten, kurz nach der Anfangsphase, hätte das Projekt zu keinem Zeitpunkt mehr eine positive Presse gehabt. Und wäre das Projekt auch nur fünf Jahre später gestartet, es wäre nie gebaut worden, so Ernst Seidel. Dass dennoch die „Schlange“ nie echten Leerstand zu verzeichnen hatte, wurde gerne als Beleg für die hohe Qualität der Architektur den Kritikern entgegengehalten. Den Bau selbst verteidigten die Architekten gegen die zahlreichen Anfeindungen mit ganz praktischen Argumenten: Sie hätten schließlich die fertige Sandaufschüttung für den Autobahnzubringer bereits vorgefunden. Die Überbauung sei daher nur folgerichtige Konsequenz. Und ökologisch sowieso.

    Längst ist die „Schlange“ in die Jahre gekommen, der Glanz verflogen, das Objekt in weiten Teilen stark sanierungsbedürftig, die teils recht unkonventionellen Grundrisse nicht mehr akzeptiert. Vom „dynamisch-skulpturalen Funktionalismus Erich Mendelsohns“ wie ihn Georg Heinrichs ins Werk gesetzt haben wollte, schwärmen heute bestenfalls noch die Nachrufe der Universität der Künste.

    Asbest in den Wohnräumen, das gesamte Rohrleitungssystem brüchig, die Fensterfronten der Terrassen im Sommer bis fast 60 Grad heiß bei fehlender Querlüftung, die verwendeten Materialien oft minderwertig, der mit Kieselsteinen versetzte Beton brüchig, Wassereinbrüche durch Decken und Wände, die Fahrstühle fallen schon mal komplett aus, die gesamte Frischwasserzufuhr unterbrach für ganze Tage, die Warmwasserversorgung sogar wochenlang, durch die erodierten Wasserleitungen verbreiten sich Ratten und hängen tot von der Decke. Müllräume, die als Ersatz für die stillgelegte Müllabsauganlage eingerichtet sind, werden nicht genügend gereinigt, durch die geborstenen Abwasserleitungen laufen schon mal nachts die Fäkalien in die Wohnungen.

    Mieter im täglichen Kleinkrieg

    Seit geraumer Zeit schon hat sich die Degewo nämlich nur noch auf das notdürftige Ausbessern beschränkt. Wenn überhaupt. So werden zum Beispiel geplatzte Rohre mit Fettlappen umwickelt anstatt sie auszutauschen, Reparatur schwerer Mängel so lange wie möglich verschoben, bis Gesundheitsämter vor Ort erscheinen, Baustellen werden nicht geschlossen, bis auch die Bauämter folgen. An Schönheitsreparaturen ist gar nicht erst zu denken.

    Seit dem überraschend vorzeitigen Ausscheiden von Kristina Jahn und ihrer Nachfolge durch Sandra Wehrmann als Vorstandsmitglied 2018 scheint man nicht einmal mehr zu wissen, wo welche Leitung hinführt oder herrührt. Und was sich darin befindet schon gar nicht. So wird mancher Defekt zu einem munteren Suchspiel. Geldmangel und fehlende fachliche Qualifikation trifft auf zunehmend sozialschwache Mieterschaft.

    Andere Mieter hingegen meiden den täglichen Kleinkrieg und ziehen schließlich weg. Die so gewonnene Selektierung der verbleibenden Mieterschaft entzaubert das Argument der hohen Retention. Neben dem baulichen droht somit auch der soziale Fall. Dank radikaler Sparpolitik an der falschen Stelle droht ein weiteres Pallasseum.

    Wie also ist das Projekt „Schlangenbader Straße“ heute zu werten? Auf jeden Fall als seit je her ungeliebtes Projekt. Aber sollte man so weit gehen, dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin, Richard von Weizäcker, beizupflichten, der gesagt haben soll: „Wenn der Teufel dieser Stadt etwas Böses antun will, lässt er noch einmal so etwas wie die ‚Schlange‘ bauen.“

    Man täte dem Bau und seinen Architekten Unrecht. Es waren die 1970er, die Zeit einer Tabula-rasa-Moderne, die noch mit den Ideen der 1920er bewaffnet und aus Abschreibungsmodellen des wilden West-Berlins finanziell üppig ausgestattet mit atemberaubender Geschwindigkeit und ohne jede Rücksichtnahme auf Gewachsenes die Gesellschaft neu gestalten wollte. Ein Um- oder Weiterdenken war für einen Georg Heinrichs nie infrage gekommen: „Mein Partner Hans Müller fragte irgendwann: ‚Willste nicht mal was anderes machen?‘ Er meinte damit Postmoderne – aber das wäre nur über meine Leiche gegangen.“

    Und so kam es auch: Heinrichs, der selbst in der Villa Bruno Pauls in Zehlendorf residierte, soll ab Mitte der 1980er-Jahre kaum noch Aufträge erhalten haben, der letzte wohl die Blockrandbebauung für die IBA im Jahr 1987 im Alter von 61 Jahren – 35 Jahre vor seinem Tod.

    Kaum ein Bau verkörpert den Geist der 1970er-Jahre so sehr wie dieser: als Denkmal und Mahnmal. Weder antikapitalistische Kritik am modernistischen Stadtumbau noch die postmoderne Verdammung der „Moderne“ als antistädtischer Bruch mit der Geschichte würden die Erinnerung an die Leistungen der Architekten belasten, so die Zeitschrift Bauwelt in einem Nachruf auf Heinrichs.

    Zumindest für den beklagenswerten Erhaltungszustand sind die Heinrichs und Krebs wohl nicht direkt verantwortlich. Und so viel steht auch fest: Die „Schlange“ wird uns in den Worten Riebschlägers als Unikat erhalten bleiben. Dem Denkmalschutz sei Dank.

    Der Autor ist Mieter in der Schlangenbader Straße und Mitglied im Mieterbeirat der Degewo. Der promovierte Statistiker hat als Dozent an der Freien Universität Berlin unterrichtet.

    https://m.kauperts.de/Strassen/Schlangenbader-Strasse-14197-Berlin

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Autobahn%C3%BCberbauung_Schlangenbader_Stra%C3%9Fe

    #Berlin #Wilmersdorf #Architektur #Stadtentwicklung #Wohnen #Immobilien #Stadtentwicklung

  • Baudenkmal an der Berliner Stadtautobahn: Die Avus-Tribüne öffnet nach 23 Jahren wieder – mit Fernsehstudios und Büros - Berlin - Tagesspiegel
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/baudenkmal-an-der-berliner-stadtautobahn-die-avus-tribuene-oeffnet-nach-23-jahren-wieder-mit-fernsehstudios-und-bueros/27567046.html?bezuggrd=LEU

    https://www.openstreetmap.org/way/7645926
    https://www.openstreetmap.org/way/24756982#map=17/52.50047/13.27549

    31.08.2021, von Cay Dobberke - Rechtzeitig zum 100. Jubiläum der berühmten Rennstrecke will Investor Hamid Djadda die Sanierung der Tribüne abschließen. So hatte er es sich im Frühjahr 2018 vorgenommen.

    Schon die Farbe der modernisierten Avus-Tribüne überrascht, wenn man diese vom Charlottenburger Messedamm aus betrachtet: Rund um die Eingänge ist die Fassade nun silbern statt graubraun. Das sei nicht nur konform mit dem geltenden Denkmalschutz, sondern entspreche dem Originalzustand aus dem Eröffnungsjahr 1937, sagt der Eigentümer Hamid Djadda. Warum die Tribüne später dunkler gestaltet wurde, ist ihm ein Rätsel. Mit dem jetzigen Anstrich wirke sie viel schöner, freut er sich.

    Am 24. September steht das 100. Jubiläum der Avus („Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße“, heute: Autobahn A 115) bevor. Bis dahin solle die Sanierung und Umgestaltung der Tribüne nach Plänen des Hamburger Architekten Christoph Janiesch abgeschlossen sein, hatte sich Djadda vorgenommen, als er damit im Frühjahr 2018 angefangen hatte. Die vom ihm beauftragten Baufirmen werden wohl rechtzeitig fertig. Allerdings folgt dann noch die Inneneinrichtung durch den Fernsehsender Hauptstadt TV, der ab Mitte Oktober die ganze Tribüne nutzen will.

    Einst saßen dort bis zu 4000 Zuschauer der Avus-Rennen, die letztmalig 1998 ausgetragen wurden. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben verkaufte das Bauwerk an private Eigentümer. Doch am Leerstand änderte sich nichts.

    Schließlich erwarb Hamid Djadda im Jahr 2015 die Tribüne. Der im Iran geborene und in Hamburg aufgewachsene Unternehmer betrieb früher eine Kristallglasfirma in Thailand, wo er bis zum Umzug nach Berlin zwei Jahrzehnte lang wohnte. Hier übernahm er die seit 1904 bestehende „Berliner Blechschild Manufaktur“ in Tempelhof und gründete 2017 die Neuköllner Marzipankonfekt-Marke „OHDE Berlin“.

    Diese sei inzwischen „sehr erfolgreich“, sagt Djadda. Eigene Shops entstanden im KaDeWe sowie in den Charlottenburger Einkaufszentren „Bikini Berlin“ und „Wilma“. Außerdem kaufen viele Touristen das Konfekt an einem Souvenirstand im Flughafen BER. Aus Teilen des Unternehmensgewinns finanziert Djadda eine Stiftung, die Neuköllner Schüler fördert.

    Nur ein Vorhaben ist ihm nicht gelungen. Der im Frühjahr 2019 gegründete Verein „Erste Sahne“ sollte Berliner Häuser kaufen, deren Gewerbe- oder Wohnungsmieter von einer Verdrängung bedroht sind, und als gemeinnützige Stiftung für günstige Mietpreise sorgen. „Aber das Interesse blieb gering“, bedauert Djadda.

    In die Avus-Tribünen hat der 62-Jährige etwa sechs Millionen Euro investiert. Das marode Dach wurde durch einen denkmalgerechten Neubau ersetzt. Im mittleren Bereich um die einstige Sprecherkanzel entstand ein Veranstaltungsraum. Neu hinzu kamen einige Büroräume. Zum Messedamm hin entstehen lange LED-Lichtbänder für Werbung.

    Auch die steinernen Ränge der Tribüne ließ Djadda instandsetzen. Er wollte dort zum Beispiel alte Rennwagen präsentieren, aber Djadda darf den offenen Teil der Tribüne gar nicht nutzen. Das Bundesfernstraßenverkehrsamt verbot dies wegen der Sorge, dass Fahrer auf der Avus abgelenkt werden könnten.
    Der Sender Hauptstadt TV mietet die Tribüne für mindestens zehn Jahre, zieht mit Studios ein und will einen Teil der Büros beispielsweise für Coworking untervermieten. Der Saal um die Sprecherkanzel ist für diverse Events gedacht. Er verfügt über spezielle Fenster mit Flüssigkristall-Technik, die von der Avus aus schwarz wirken, aber von innen her milchig und auf Knopfdruck transparent.

    #Berlin #Automobil #Architektur #Verkehr #Medien #Geschichte #Kultur #Fernsehen

  • Das faszinierende ist für mich die Wahrnehmung, z. B. der Großbaute...
    https://diasp.eu/p/12565126

    Das faszinierende ist für mich die Wahrnehmung, z. B. der Großbauten am Mehringplatz. „Gerade bei letzterem zeigt sich die bemerkenswerte historische Wandlungsfähigkeit von Architektur. Galten sie doch in den 70er und 80er Jahren als Inbegriffe seelenloser Wohnmaschinen und urbanistischer Verwüstung.“ (piqd) Für mich sind sie heute ein Beispiel gelungener, lichter #Architektur der Begegnung, ich würde dort jederzeit einziehen. https://www.sueddeutsche.de/kultur/werner-duettmann-architekt-bruecke-museum-1.5224933

  • Bau am Steglitzer Kreisel: (Zu) Langes Warten auf die gute Lösung? - BERLINER ABENDBLATT
    https://abendblatt-berlin.de/2021/02/01/bau-am-steglitzer-kreisel-zu-langes-warten-auf-die-gute-loesung

    1.2.2021, von Anna von Stefenelli - Der 120-Meter-Turm am Rathaus Steglitz ist schon von Weitem zu sehen. Auch seine Baustelle, die bei Anwohnern und Passanten für Fragezeichen sorgt. Gefühlt geht der Bau am Steglitzer Kreisel schleppend bis kaum voran. Doch die Investoren geben sich auf Nachfrage optimistisch. 

     Der Steglitzer Kreisel hat es zu einer lang bekannten Baustelle geschafft. Immer wieder fragen sich Anwohner und Passanten, ob sich auf der Baustelle noch etwas tut. Es sei kein Baufortschritt zu beobachten.

    Die neuen Bewohner sollten Anfang 2022 in den Steglitzer Kreisel einziehen. So sah es der ursprüngliche Zeitplan des Bauherren vor. Dieser Termin ist nicht mehr zu halten. Der Investor, die Consus Real Estate AG, informierte jetzt die Käufer, dass sich die Fertigstellung der 330 Eigentumswohnungen an der Schloßstraße um zwei Jahre verzögert. Doch ist der Termin zu halten? Matteo Twerenbold, der Kommunikationsdirektor der Consus Real Estate AG, gibt sich auf Nachfrage optimistisch zum Baufortschritt am Steglitzer Keisel: „Den Befürchtungen, der Steglitzer Kreisel würde im Stadium einer ‚halbfertigen Bauruine‘ verharren, fehlt jede Grundlage“, Der Bau gehe weiter – und zwar bereits ab März.

    Doch warum gibt es offensichtlich Schwierigkeiten beim Baufortschritt? Dazu gibt er einige Erklärungen. Es sei etwa eine statische Ertüchtigung der gesamten Trägerstruktur erforderlich gewesen. Dabei wurden Stahlstützen verstärkt, Schadstoffe beseitigt und Korrosionsschutz aufgetragen. Außerdem hätten sich bestimmte Umstände ergeben, sodass die Bauherren Pläne angepasst und einzelne Kaufverträge nachverhandeln mussten. Auch der harte Lockdown wirke bremsend. Sei es durch fehlende Arbeitskräfte, als auch durch verzögerte Anlieferung von Baumaterialen. Und: Es sei Winter. Die witterungsbedingte Pause werde „branchenüblich von Dezember bis März gemacht“.

    Doch mit den wärmer werdenden Temperaturen, soll es bereits im Frühjahr wieder weitergehen. „Wir gehen aufgrund der konkreten Witterungsverhältnisse sicher davon aus, im März mit den Arbeiten fortschreiten zu können“, erklärt Unternehmenssprecher Twerenbold. Auch die Arbeiten am Sockel würden ab März weitergeführt.

    Steglitzer Kreisel: Vorzeige-Projekt für die Stadt
    2021 findet die Einhängung der Fassadenteile am Turm statt. Das hatten die Investoren letztes Jahr bereits angekündigt. Und dann geht es an den Sockel. 

    Für den Steglitzer Kreisel ist eine sechsgeschossige Fassade aus Glas und Naturstein gegenüber vom Hermann-Ehlers-Platz geplant. Sie orientiere sich an den „großen Berliner Warenhäusern der 1920-er Jahre“, erklärte Architekt Gregor Fuchshuber im vergangenen Jahr bei der Vorstellung des Projektes. 

    Im Erdgeschoss ist eine an der Schloßstraße beginnende „großzügige“ Arkade mit Geschäften geplant, die sich an der Albrechtstraße entlang und bis in die Kuhligkshofstraße hineinziehen soll. So entsteht für Fußgänger und Fahrgäste der BVG an der Bushaltestelle vor dem Drogeriemarkt mehr Platz.

    Das gilt auch für das Kreisel-Parkhaus, offiziell sind es die Bauteile C+E: Wo bisher Autos stehen oder stehen sollten (die oberen Etagen seien schon lange nicht mehr nutzbar und gesperrt, hieß es), werden zukünftig auf sechs Etagen Schreib- und Ladentische stehen. 

    Büros sowie Arztpraxen sollen auch im Gebäudeteil B an der Kuhligkshofstraße einziehen, das Hotel an der Albrechtstraße wird zu Gunsten weiterer Gewerbe- und Büroflächen verkleinert (Bauteil A). Gewohnt wird zukünftig nur im Turm und in den Sockelgeschossen darunter – also zur Schloßstraße hin (Bauteil D). In den Sockelgebäuden sind grüne Innenhöfe geplant. Zukünftig soll man durch zwei zusätzliche Wege quer durch das Gebäude vom S-Bahnhof über den Busbahnhof zum Hermann-Ehlers-Platz gelangen können.

    #Berlin #Steglitz #Hermann-Ehlers-Platz #Stadtentwicklung #Architektur #Gentrifizierung #Kreisel

  • Corona bremst Umbau des Steglitzer Kreisels - BERLINER ABENDBLATT
    https://abendblatt-berlin.de/2020/09/30/corona-bremst-umbau-des-steglitzer-kreisels

    29.9.2020, von Ulrich Paul - Ein Käufer wollte wissen, wie es weitergeht, bekam aber keine Antwort. Nun macht er sich Sorgen um sein Geld.

    „Traumwohnung gesucht? Ziel erreicht! Sichern Sie sich Ihr neues Zuhause im höchsten Wohntower Berlins“ – so lautet einer der Werbesprüche, mit denen Käufer für die rund 330 Eigentumswohnungen im Steglitzer Kreisel gesucht werden. André Gaufer, Geschäftsführer des Fondsvermittlers PROfinance GmbH, zögerte nicht lange. Als einer der ersten erwarb der 55-Jährige vor zwei Jahren auf den Namen seiner Firma eine knapp 69 Quadratmeter große Wohnung im Kreisel. Im 19. Stock, mit großer Loggia, in Südwestlage. „Meine Tochter Lina kann dort einmal einziehen, wenn sie studiert“, sagt Gaufer. Das war zumindest geplant, doch mittlerweile beschleichen den 55-Jährigen ernste Zweifel, ob die Traumwohnung im Kreisel jemals fertig wird.

    Die Artists Living, ein Unternehmen der CG Gruppe, die das Projekt gestartet hat, teilte Gaufer im März kurz nach dem Lockdown in der Corona-Krise mit, dass sie an der Erfüllung ihrer vertraglichen Bauverpflichtung „gehindert“ sei. Die „massiven Einschränkungen“ wegen der Corona-Pandemie hätten zur Folge, dass die Mitarbeiter des Generalunternehmens und ihre eigenen Mitarbeiter auf den Baustellen, in der Bau- und Projektleitung und in der Projektentwicklung ihrer Arbeitstätigkeit „nicht oder nur sehr eingeschränkt nachgehen können“. Hinzu kämen Beeinträchtigungen und Ausfälle bei Lieferanten und Dienstleistern, „die einen termingerechten Weiterbetrieb“ der „Baustellen und Projektentwicklungen unmöglich machen“. Es sei deswegen mit Baubehinderungen, Bauunterbrechungen und Verzögerungen für einen Zeitraum von zirka zwei bis sechs Monaten zu rechnen.

    André Gaufer sah es anfangs noch gelassen. „Mit der Corona-Pandemie sind die Bauarbeiten ja fast überall eingestellt worden“, sagt er. Aber dann seien die Arbeiten bei den meisten anderen Baustellen wieder losgegangen. „Im Juli habe ich gedacht, Mensch, die bauen ja schon überall wieder, warum denn nicht bei uns?“, sagt Gaufer. Irgendwann sei er misstrauisch geworden, immer wieder zur Baustelle gegangen, habe aber keine Tätigkeiten feststellen können. Auch das Verkaufsbüro, in dem Kaufinteressenten beraten werden, sei verschlossen gewesen. Gaufer bat die Artists Living mit drei Schreiben im August und September um Auskunft, wie es weitergeht. Eine Antwort habe er bis heute nicht erhalten, sagt er. „Unprofessionell“ sei das.

    Wissen nicht, wie es weitergeht: André Gaufer mit seiner Tochter Lina vor der Baustelle des Steglitzer Kreisels. Foto: Ulrich Paul/Berliner Zeitung

    Bank verlangt Bereitstellungszinsen für Kredit

    Für den 55-Jährigen werden die Verzögerungen zum Problem. Seine finanzierende Bank, bei der seine Firma einen Kredit für die Wohnung aufgenommen hat, stelle mittlerweile Fragen nach dem Bautenstand, berichtet er. Nach der Prognose für die Fälligkeit der Raten hätten die ersten 30 Prozent des Kaufpreises zirka in der ersten Jahreshälfte 2019 abgerufen werden sollen – nach Anlage der Grundbuchblätter für die Eigentumswohnungen durch das Grundbuchamt. Nach der Fertigstellung des Rohbaus einschließlich der Zimmererarbeiten hätten laut der Prognose etwa im November 2019 weitere 28 Prozent des Kaufpreises fällig werden sollen. Bislang sei jedoch keine einzige Rate angefordert worden, so Gaufer.

    Dafür müsse seine Firma für den Kredit mittlerweile Bereitstellungszinsen zahlen, weil er das Darlehen nicht abrufe. Die letzte Rate für die Eigentumswohnung wäre laut der Prognose für das vierte Quartal 2021 vorgesehen gewesen – „nach vollständiger Fertigstellung und Erteilung der Schlussrechnung“, wie es heißt. „Wenn das Projekt platzt, habe ich ein Problem“, sagt Gaufer. „Denn ich habe einen Kreditvertrag, der über zehn Jahre läuft. Wenn dieser nun rückabgewickelt wird, steht in erster Linie meine Firma für die Kosten der Rückabwicklung gegenüber der Bank gerade.“

    Investor: Arbeiten am Gebäude laufen weiter

    Die CG Gruppe, die den Umbau des Kreisel unter dem Projektnamen Überlin Tower gestartet hat, ist mittlerweile in der Firma Consus aufgegangen. Auf die Frage, wie es um die Bauarbeiten am Steglitzer Kreisel bestellt ist, erklärt Consus: „Die Bauarbeiten am Kreisel mussten aufgrund der Covid-19-Pandemie und der dadurch bedingten behördlichen Einschränkungen erheblich reduziert werden.“ Die eigenen Mitarbeiter und die Beschäftigten des Generalunternehmers hätten aufgrund der behördlichen Einschränkungen „nicht oder nur sehr limitiert ihren jeweiligen Tätigkeiten nachgehen“ können. Aber natürlich seien die Bauarbeiten „nicht zum Erliegen gekommen“.

    Zwischenzeitlich habe eine „statische Ertüchtigung des gesamten Turmgebäudes stattgefunden“. Hierbei handele es sich um „umfassende, aber äußerlich nicht sichtbare Arbeiten“. Auch die Planungen für die Neugestaltung des Turmsockels seien „deutlich vorangeschritten“. Die Grundbuchblätter seien „erfreulicherweise kürzlich angelegt“ worden. Die Baufertigstellung sei „nach wie vor für 2022 vorgesehen“. In früheren Veröffentlichungen hatte die CG Gruppe allerdings als Fertigstellungstermin noch 2021 genannt. Die Vermarktung der Wohnungen zieht sich unterdessen hin. Mehr als die Hälfte sind laut Consus noch zu haben. Unter Berücksichtigung der Reservierungen seien bisher „etwa 160 Wohnungen verkauft“.

    Informationen für Käufer gefordert

    Auf die Frage, warum das Unternehmen nicht auf Fragen von Erwerberseite reagiert, erklärt Consus: „Wir sind im ganz normalen Betreuungsverlauf mit unseren Geschäftspartnern. Sofern wir uns über einen kurzen Zeitraum zu bestimmten Sachverhalten nicht äußern, ist dieses allein darauf zurückzuführen, dass es noch keinen neuen Sachstand gibt.“ Wie bei vielen vergleichbaren Projekten aus der Vergangenheit werde „auch dieses Projekt sorgfältig und zur Zufriedenheit der Kunden gestaltet“.

    André Gaufer reicht das nicht. „Sie hätten auf meine drei Schreiben antworten müssen – und sei es, dass sie sagen, gebt uns bitte noch ein bisschen Zeit.“ Mittlerweile seien auch die sechs Monate vorbei, die im Schreiben vom März als mögliche Verzögerung genannt worden waren. Das im März zugleich abgegebene Versprechen, „die bereits entstandenen und vermutlich noch entstehenden Verzögerungen“ zu dokumentieren und den Erwerbern mit gesondertem Schreiben mitzuteilen, sei bisher ebenfalls nicht erfüllt worden, sagt Gaufer. „Wenn es Consus mit dem Versprechen ernst meint, das Bauprojekt zur Zufriedenheit der Kunden abschließen zu wollen, muss es jetzt endlich damit anfangen – und uns informieren, wie es weitergeht“, sagt er.

    #Berlin #Steglitz #Hermann-Ehlers-Platz #Stadtentwicklung #Architektur #Gentrifizierung #Kreisel

  • Bildergalerie: Steglitzer Kreisel - Hochhaus reloaded | rbb24
    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2019/12/berlin-steglitz-kreisel-hochhaus-umbau-ueberlin-groener-bildergalerie.html

    Seit Sommer 2019 ist der Kreisel ein Hochhausgerippe, komplett entkernt. Gut zu erkennen: Die aus den 1960er-Jahren stammende Stahlkonstruktion. Ursprünglich sollte der Steglitzer Kreisel in Stahlbeton ausgeführt werden, doch weil es im damaligen West-Berlin an Beton mangelte, entschied sich die Architektin Sigrid Kressmann-Zschach für ein Gerüst aus Stahlträgern, kombiniert mit Betonfertigteilen als Geschossdecken

    Der damalige Finanzsenator Heinz Striek (SPD) musste im Zuge der Kreisel-Affäre 1975 zurücktreten. Ein vom Abgeordnetenhaus einberufener Untersuchungsausschuss stellte seine Arbeit wieder ein - ohne Ergebnis. Das Foto hier zeigt den Kreisel in den frühen 1980er-Jahren aus nördlicher Richtung, ungefähr von Höhe des U-Bahnhofs Schloßstraße, dort, wo später der „Bierpinsel“ errichtet wurde.

    Das vierte Stockwerk gibt es zweimal. Dieses hier ist das sogenannten Abfanggeschoss und trägt im Grunde den gesamten Turm. Da das neue „ÜBerlin“ anders als der alte Kreisel keine reine Glasfassade, sondern Balkone und Loggien haben wird, musste das Tragwerk in diesem Geschoss deutlich verstärkt werden. ... Auf das Abfanggeschoss wirken gewaltige Kräfte. Alle Verstärkungen mussten daher sehr genau berechnet und eingepasst werden. Dabei erfolgten laut CG-Gruppe mehrfache technische Abnahmen und Prüfungen.

    Christoph Gröner, Vorstandsvorsitzender der CG-Gruppe und Bauherr des „ÜBerlin“, investiert nach eigenen Angaben rund 190 Millionen Euro in den Umbau des Steglitzer Kreisels. Dabei ist ihm klar, dass die Menschen, die in seinem Hochhaus eine Wohnung kaufen werden, „jenseits des normalen Bürgers unterwegs sind“.

    #Berlin #Steglitz #Schloßstraße #Architektur #Stadtentwicklung #Gentrifizierung #Immobilien #Wohnen #Fotografie

  • Alles neu im Kreis um den Steglitzer Kreisel – B.Z. Berlin
    https://www.bz-berlin.de/berlin/steglitz-zehlendorf/alles-neu-im-kreis-um-den-steglitzer-kreisel

    7.12.2019 von Katja Colmenares - Investor Gröner plant Komplettumbau

    Die Bauarbeiten im Steglitzer Kreisel gehen voran. Täglich schuften rund 50 Handwerker an dem Gerippe. 2021 sollen die ersten Eigentümer ihre Luxuswohnungen beziehen können. Jetzt kommt Investor Christoph Gröner (51), Vorstand und Gründer der CG Gruppe, mit neuen Ideen für das gesamte Areal.

    „Viele Geschäftsleute schilderten, dass Obdachlosigkeit im Quartier eine Rolle spielt. Ich würde sofort eine Anlaufstelle für Wohnungslose einrichten. Mit Duschen und der nötigsten Versorgung. Ähnlich einer Bahnhofsmission“, so Gröner.

    Und das sind seine weiteren, neuen Planungen:

    ► Noch 2020 soll das Hotel Steglitz International (SI) schließen. Gröner: „Ob der Betreiber vom SI dann wieder zurückkehrt, ist offen. Aber ein neues Hotel ist nach wie vor eingeplant.“

    ► Die oberirdische Parkgarage wird zu Bürofläche umgebaut. Gröner: „Aktuell sind die mehr als 1000 Stellplätze zu 25 Prozent ausgelastet. Wir reduzieren auf 480. Für die Anwohner gibt es 238 Parkplätze mit direktem Zugang in ihre Wohnetage.“

    ► CG-Architekten sitzen mit Bezirksvertretern zusammen, um die künftige Gestaltung des Hermann-Ehlers-Platz voranzubringen. Auch die Seite an der Kuhligkshofstraße zur Autobahn und der BVG-Bushof sollen neu gedacht werden. Gröner: „Wir bauen ja nicht nur einen Turm, sondern wandeln ein gesamtes Quartier.“

    Gröner rechnet mit einer Investitionssumme von rund einer halben Milliarde Euro für Turm, Sockel und Umgebung.

    #Berlin #Steglitz #Schloßstraße #Hermann-Ehlers-Platz #Architektur #Stadtentwicklung #Gentrifizierung

  • Lobe Block Terrassenhaus
    https://www.lobe.berlin/About

    Lobe Block / Terrassenhaus Berlin wurde vom Büro Brandlhuber + Emde, Burlon / Muck Petzet Architekten entworfen. Die unverbaute Fläche eines ehemaligen Geländes der Deutschen Bahn erlaubte es, eine ganz eigene Form zu etablieren: die eines monumentalen Terrassenhauses, das zur Böttgerstraße hin voll verglast und mit überhängender Front abgeschlossen wirkt. Auf der Rückseite öffnet es sich, ebenfalls mit großen Glasfronten, kaskadenartig gen Süden. Das Gebäude sollte als oberste Prämisse möglichst viel nutzbaren Freiraum und Fläche zur Begrünung bieten, und die Terrassen als erweiterte Gartenanlage etablieren. Sie verschränken sich mit dem Garten, der von Anwohner*innen und zum Teil von Nachbar*innen genutzt werden kann.

    Das Baldon, Kantine und Bar, hat vom Frühstück bis zum Late Lunch geöffnet und lädt zweimal in der Woche zu Dinner-Abenden und jeden Samstag zum Brunch ein. Der Fokus liegt auf regionalen Zutaten und Gewürzen aus dem Nahen Osten.

    https://baldon.berlin/about
    PHONE
    +4917670164533

    Lobe Block / Terrassenhaus
    Lobe Block GmbH & Co. KG
    Böttgerstraße 16
    13357 Berlin
    +49 30 55527644
    info@lobe.berlin

    #Berlin #Wedding #Böttgerstraße #Gaststätte #restaurant #Architektur #Brutalismus

  • Berlin in historischen Aufnahmen Warum der Schinkel-Dom abgerissen wurde
    https://www.berliner-zeitung.de/berlin/berlin-in-historischen-aufnahmen-warum-der-schinkel-dom-abgerissen-


    Hau wech den Scheiß, sagte Kaiser Wilhelm.

    Rattatazong ...

    Maritta Adam-Tkalec 21.3.2019 Hier versinkt ein Berliner Bauwerk im Staub der Sprengung: Karl Friedrich Schinkels 1822 eingeweihter Dom am Lustgarten. Der Architekt und Baumeister hatte ihn im Stil des Klassizismus errichtet.

    Doch der schlichte Bau kam den Hohenzollern bald zu klein und zu bescheiden vor. Es gelüstete sie nach mehr Opulenz – zumal nach der Gründung des Deutschen Reiches im Jahr 1871 das Repräsentationsbedürfnis des nunmehr zu Kaiserwürde gekommenen Herrscherhauses ins Gigantische wuchs.

    Nach Jahrzehntelangen Debatten wurde schließlich der heute den Platz dominierende Berliner Dom im bis heute viel kritisierten Stil des Historismus errichtet. 1894 begannen die Bauarbeiten. Es war der dritte Dom an dieser Stelle. Im Februar 1905 wurde er eingeweiht.

    Doch zuvor musste Schinkels Dom weichen: 1893 fielen Turm und Wände. Das Berliner Bürgertum war empört, es hatte den zierlichen Schinkelbau gemocht. Genau genommen hatte Schinkel das Gebäude nicht errichtet, sondern umgestaltet – das Innere in den Jahren 1816/1817, das äußere Erscheinungsbild in den Jahren 1820/1821.

    Das ursprüngliche Gebäude hatte Friedrich II. zwischen 1747 und 1750 als barocken Neubau am Lustgarten errichten lassen. Architekten dieses am 6. September 1750 geweihten Gebäudes waren der Niederländer Johann Boumann, der eine nüchterne Variante des Barocks vertrat, sowie Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff.
    Berliner Dom: Wandernde Grablege

    Auch diese Domkirche hatte eine Vorläuferin – an anderem Standort, nämlich südlich des Schlosses, etwa dort, wo heute das Staatsratsgebäude steht. Joachim II., im Jahr 1535 Kurfürst geworden, ließ die mittelalterliche, in Backsteingotik errichtete Kirche des im Zuge der Reformation aufgelösten Dominikanerklosters umbauen, reich ausstatten und als fürstliche Grablege einrichten. Diese hatte sich zuvor im Kloster Lehnin befunden.

    Diese Funktion übernahm dann der Neubau am Lustgarten, die kurfürstlichen Särge wurden dorthin überführt, der Dom am Schloss abgerissen.

    Der 1905 eingeweihte dritte Dom übertrumpfte mit seiner gewaltigen Kuppel (ursprünglich 114 Meter hoch, heute 98 Meter) die 1866 eingeweihte Synagoge in der Oranienburger Straße (50,21 Meter) deutlich und auch seit 1852 die das Schloss krönende Kuppel mit ihren 60 Metern.

    Anders als Schinkels Dom besteht die Aussicht, seine Bauakademie wieder auferstehen zu sehen. Andere Gebäude des Baumeisters empfinden die Berliner als unverzichtbare Grundsubstanz der Stadt: Altes Museum, Neue Wache, Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Als rücksichtslos geplante Neubauten die Friedrichswerdersche Kirche bedrohten, war das Entsetzen groß.

    #Berlin #Mitte #Lustgarten #Karl-Liebknecht-Straße #Geschichte #Architektur #Kaiserreich

  • Ehemaliges Haus des Berliner Verlages am Alexanderplatz in Berlin-Mitte bekommt neue Fassade | Berliner Zeitung
    https://www.berliner-zeitung.de/berlin/nach-historischem-vorbild-ehemaliges-haus-des-berliner-verlages-bek

    Die Fassade des ehemaligen Hauses des Berliner Verlages am Alexanderplatz in Berlin-Mitte soll nach historischem Vorbild neu gestaltet werden. Das sehen Pläne des Architekturbüros von Gerkan, Marg und Partner (GMP) vor, die am Montag im Baukollegium des Senats präsentiert wurden.

    An der Fassade des 17-stöckigen Hochhauses sollen danach weiße Aluminiumpaneele montiert werden, wie es sie bereits bei der Fertigstellung des Hauses im Jahr 1973 gegeben hatte, berichtete GMP-Architekt Markus Pfisterer. Die Paneele waren beim Umbau des Hauses in den 90er-Jahren durch eine einfachere Konstruktion ersetzt worden.

    Die Rotunde mit der Aufschrift Berliner Verlag, die sich auf dem Dach über dem Treppenhaus befindet, soll erhalten bleiben. Geplant ist überdies, ein altes Fries aus DDR-Zeiten, das die Fassade des früheren Pressecafés zierte, wieder freizulegen. Es war beim Umbau des Cafés hinter der Leuchtreklame eines Restaurants verschwunden.
    Künftige Nutzer des Hauses am Alexanderplatz stehen fest

    Das unter Denkmalschutz stehende Haus wurde 2016 an den Investor Tishman Speyer verkauft. Dieser saniert das Bürohaus nun. Im nächsten Jahr soll es fertig sein. Nach dem Auszug der Redaktionen von Berliner Zeitung und Berliner Kurier im vergangenen Jahr stehen die künftigen Nutzer des Hauses bereits fest. Der Online-Möbelhändler Wayfair wird acht Geschosse belegen, auf sieben Stockwerken mietet sich der südafrikanische Medienkonzern Naspers ein.

    Das Baukollegium begrüßte die Pläne zur Fassadengestaltung. Den Vorschlag, die bisherigen vier großen Werbetafeln am Treppenhaus durch LED-Streifen für wechselnde Reklame zu ersetzen, sehen die Experten jedoch kritisch. „Fremdwerbung geht gar nicht“, stellte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher klar. Im Klartext: Es soll nur Werbung für Unternehmen geben, die in dem Gebäude sitzen. Neben der Sanierung des Bürohauses will Tishman Speyer im rückwärtigen Bereich einen Flachbau abreißen. An dessen Stelle soll ein Büro-Neubau entstehen.
    Drei weitere Bauvorhaben in Berlin

    Das Baukollegium beriet noch über drei weitere Vorhaben. Die Block Gruppe will an der Tiergartenstraße 10 im Diplomatenviertel nach einem Entwurf des Architekturbüros Hilmer & Sattler ein Vier-Sterne-Plus-Hotel mit 127 Zimmern errichten. Hier warben die Berater der Senatsbaudirektorin für mehr Eigenständigkeit des Projekts, weil es in der Umgebung viele Solitäre gibt.

    Der East-Side-Tower an der Warschauer Brücke, der etwa 140 Meter in den Himmel wachsen soll, wurde bereits zum zweiten Mal diskutiert. Zwar kam der Investor dem Wunsch nach, den Turm etwas rauer zu gestalten, indem die Betonstruktur sichtbar gemacht wird. Die Experten wünschen sich neben kommerziellen öffentlichen Angeboten aber auch Nutzungen in Richtung Gemeinwohlorientierung, so Lüscher.

    Pläne für die Bebauung des Zapfareals in Kreuzberg waren nach Ansicht des Gremiums noch nicht entscheidungsreif.

    #Berlin #Mitte #Karl-Liebkrnecht-Straße #Architektur #Presse #DDR