#auf_deutsch

  • Neue Rechtschreibung : -ss oder ß ?
    https://www.sekretaria.de/bueroorganisation/rechtschreibung/neue-rechtschreibung-ss

    Les réformes linguistiques imposées n’ont jamais été une bonne idée. Exemple : pour simpliflier l’écriture allemande on a voulu ramplacer le « ß » et les délibérations des mandarins nous ont laissé plusieurs « règles » supplémentaires.sinogrammes

    Wann müssen Sie gemäß neuer Rechtschreibung -ss nutzen, wann -ß? Seit der Rechschreibreform steht nach einem kurzen Vokal kein ß mehr, sondern ein Doppel-s. Was als konsequente Vereinfachung gedacht war, entpuppt sich in der Praxis aber als neue Fehlerquelle. Denn bei Wörtern wie „gemäß“, „anschließend“ und „Straße“ müssen Sie weiterhin ein ß schreiben.
    ss statt ß gemäß neuer Rechtschreibung

    Fragen Sie sich bei einigen Wörtern auch manchmal, ob diese nun mit ss oder mit ß geschrieben werden müssen? Dann haben wir eine einfache Antwort für Sie: Testen Sie, ob vor dem s-Laut ein kurzer oder ein langer Vokal steht. Ist er kurz, wie bei „Kuss“, dann steht „ss“. Ist er lang, wie bei „saß“, steht ein „ß“.

    Diese Regel ist eigentlich gar keine Neuerung. Denn abgesehen vom Buchstaben „s“ galt auch bei der alten Rechtschreibung schon: Nach einem kurzen Vokal folgt eine Konsonantenverdoppelung, zum Beispiel bei „Komma“, „Kontrolle“ und „tippen“.

    Für Sie bedeutet das: Wenn Sie einen kurzen Vokal hören, müssen Sie das „ß“ der alten Rechtschreibung durch „ss“ ersetzen, zum Beispiel:

    sie ißt → sie isst
    er wußte → er wusste
    Nachlaß → Nachlass
    Jahresabschluß → Jahresabschluss

    Même en Chine, où on a l’habitude de s’y prendre d’une manière conséquente, on a dû arrêter le processus. La réforme visant d’abord à remplacer les idéogrammes (mieux : sinogrammes ) par l’alphabet latin comme au Vietnam ne nous a laissé que l’écriture phonétique Hànyǔ Pīnyīn d’un côté et de l’autre côté l’écriture simplifiée jiǎnhuàzì ( 简化字) des sinogrammes qui ressemble aux raccourcis utilisés depuis des siècles.

    Hanyu pinyin — Wikipédia
    https://fr.wikipedia.org/wiki/Hanyu_pinyin

    #auf_deutsch #orthogrape #langue_allemande

  • Digitalbibliothek – schalom-bibliothek
    https://schalom-bibliothek.org/digitalbibliothek

    Collections de textes du #pacifisme #auf_deutsch

    An dieser Stelle sind die für die Schalom-Bibliothek erarbeiteten Editionen kostenfrei in Digitalform aufrufbar (edition pace | Regal: Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien):

    Bd. 1
    Johann von Bloch: Die wahrscheinlichen politischen und wirtschaftlichen Folgen eines Krieges zwischen Großmächten.
    Neuedition der Übersetzung von 1901 mit Begleittexten von B. Friedberg, Manfred Sapper und Jürgen Scheffran. (= edition pace | Regal: Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien 1). Herausgegeben von Peter Bürger. 2024. (126 Seiten)

    Bd. 2
    Rudolf Goldscheid: Menschenökonomie, Weltkrieg und Weltfrieden.
    Ausgewählte Schriften 1912 – 1926.
    (= edition pace | Regal: Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien 2). Herausgegeben von Peter Bürger – in Kooperation mit dem Lebenshaus Schwäbische Alb e.V. 2024. (268 Seiten)

    Bd. 3
    Moritz Adler: Wenn du den Frieden willst, bereite Frieden vor.
    Texte wider den Krieg 1868 – 1899.
    (= edition pace – Regal: Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien 3). Herausgegeben von Peter Bürger. In Kooperation mit dem Lebenshaus Schwäbische Alb e.V. 2024. (272 Seiten)

    Bd. 4
    Eduard Loewenthal: Der Krieg ist abzuschaffen. Friedensbewegte Schriften für das Europa der Völker und einen Weltstaatenbund, 1870-1912.
    (= edition pace | Regal: Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien 4). Herausgegeben von P. Bürger unter Editionsmitarbeit von Katrin Warnatzsch. 2024. (252 Seiten).

    Bd. 5
    Eduard Bernstein: Der Friede ist das kostbarste Gut. Schriften zum Ersten Weltkrieg.
    Mit einem Essay von Helmut Donat. Herausgegeben von Peter Bürger. (= edition pace | Regal: Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien 5). 2024. (353 Seiten)

    Bd. 6
    Kurt Eisner: Texte wider die deutsche Kriegstüchtigkeit.
    Zusammengestellt von Peter Bürger – mit einem Essay von Volker Ullrich. (= edition pace ǀ Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien 6). 2025. (448 Seiten)

    Bd. 7
    Kurt Eisner als Revolutionär und Ankläger des deutschen Militarismus. Ein Lesebuch – eingeleitet durch die Darstellung des Weggefährten Felix Fechenbach. Herausgegeben von Peter Bürger. (= edition pace ǀ Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien 7). 2025. (464 Seiten)

    Bd. 8
    Kurt Eisner: Revolte für den Frieden. Nachlese, Erinnerung und Kontroversen.
    Zusammengestellt von Peter Bürger – Mit Beiträgen von Helmut Donat und Lothar Wieland. (= edition pace ǀ Regal: Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien 8).
    April 2025. (404 Seiten) – [Enthält dank freundlicher Genehmigung von Helmut Donat auch einen Text von Friedrich Wilhelm Foerster.]

    Bd. 9
    Erich Mühsam: Das große Morden. Texte gegen Militarismus und Krieg.
    Zusammengestellt von Peter Bürger. (= edition pace ǀ Regal: Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien 9). Mai 2025. (517 Seiten)

    Bd. 10
    Erich Mühsam: Jedoch der Mut ist mein Genosse. Texte über Kampf und Revolution.
    Zusammengestellt von Peter Bürger. (= edition pace ǀ Regal: Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien 10). Mai 2025. (312 Seiten)

    Bd. 11
    Karl Kraus: Zum ewigen Gedächtnis. Texte zu Krieg und Frieden.
    Herausgegeben von Bruno Kern. (= edition pace 36 ǀ Regal: Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien 11). 22.05.2025. (136 Seiten)

    ___

    AUSSER DER REIHE

    Ernst Toller: Nie wieder Friede. Eine bittere Komödie über Militarismus und Antipazifismus aus dem Jahr 1936.
    (= edition pace, Band 13 – bearbeitet und herausgegeben von Peter Bürger). 2024.

    Alfred Hermann Fried: Geschichte der Friedensbewegung.
    Eine Darstellung zum Pazifismus bis 1912. (edition pace). 2024.

  • Lisa Eckhart – Zölle für den Ehemann
    https://www.ardmediathek.de/video/nuhr-im-ersten/lisa-eckhart-zoelle-fuer-den-ehemann/rbb/Y3JpZDovL3JiYl85NjgwNDM2MC02ZGU2LTQ0OGEtYjU0ZC1kNmVmNWJmMmQ1MDdfcHVibGl

    #auf_deutsch à propos de #Trump, Merz et de la #guerre imminente

    Zum Frieden schießen? Friedrich Merz und die Taurus-Raketen
    https://overton-magazin.de/top-story/zum-frieden-schiessen-friedrich-merz-und-die-taurus-raketen

    18.4.2025 von Sabiene Jahn -
    ...
    Die taffe Frau aus der Steiermark, die längst als Todesfee der bürgerlichen Doppelmoral firmiert, seziert auch das Verhältnis von Geschlecht, Klasse und Kapital. „Die Oberschicht braucht kein Geschlecht. Sie ist ein Geschlecht.“ Der Schlusspunkt dieser brillanten Eskalation ist ein frühen Tierexperiment aus Eckharts Kindheit: „Ich habe Weinbergschnecken enteignet und ihre Häuser auf Nacktschnecken gesteckt. Ergebnis: Alle sind gestorben. Interessanterweise die Nacktschnecken zuerst. Da habe ich gelernt: Besitz belastet.“

    #cabaret #satire

  • Der Koch
    https://www.textarchiv.com/gottlieb-konrad-pfeffel/der-koch/index.html

    In eines Königs Küchenrathe
    War Veit bestallter Großvezier,
    Und nach dem Großalmosenier
    John Fallstafs treustes Bild im Staate;
    Doch gieng er in des Fürsten Gunst
    Ihm vor; denn in der seltnen Kunst,
    Die wälschen Hähne fett zu mästen,
    Glich kein Genie dem dicken Veit
    Im ganzen Reich der Wirklichkeit;
    Und bey dem Herrn und seinen Gästen
    Galt ein gebratner welscher Hahn
    Mehr als sein bester Unterthan.
    Er füllte stets, dies war die Regel
    Des Hofs, wie der Monarch der Kegel,
    Das Centrum auf der Tafel aus.
    Bey einem frohen Gallaschmaus,
    Da Veits Talente Wunder schufen,
    Ließ bey dem siebenten Pokal
    Der frohe Fürst ihn vor sich rufen.
    Erst drängt ein Bauch sich in den Saal,
    Und nach und nach die mindre Hälfte
    Des Thaumaturgs; ein Pudelkopf,
    So führt ihn weiland Carl der Zwölfte
    Im Holzstich, formt des Thurmes Knopf.
    Begehre von mir eine Gnade,
    Sprach der Monarch, getreuer Veit;
    Die ganze Welt erfahre heut,
    Wie ich der Pflicht der Dankbarkeit
    Mich gegen das Verdienst entlade.
    Begehre, was du willst. Der Koch
    Bückt sich und schweigt. So rede doch,
    Rief der Trajan. Kein Glück auf Erden,
    Herr König, zeigt mir größern Lohn,
    Als Esel oder Narr zu werden
    Bey eurer heiligen Person.
    Der König lacht; die Schranzen sperren
    Den Mund auf. Lacht, so viel ihr wollt,
    Schrie Veit; der Hofnarr sitzt im Gold,
    Die Esel werden große Herren.

    Gottlieb Konrad Pfeffel / Théophile Conrad Pfeffel
    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Th%C3%A9ophile_Conrad_Pfeffel

    Théophile Conrad[2] Pfeffel est un auteur alsacien de langue allemande né le 28 juin 1736 et mort le 1er mai 1809 à Colmar. C’est un auteur de la période des Lumières allemandes, aussi appelée l’Aufklärung.

    #poésie #auf_deutsch #Alsace #parodie

  • Der Koch mit dem Kranich - Hans Sachs (1494-1576)
    https://www.projekt-gutenberg.org/antholog/lasslach/chap042.html

    Hört, zu Florenz ein Ritter saß,
    Der ein bewährter Weidmann was
    Und mit dem Federspiel umstrich.
    Einst fing er einen Kranich sich
    Und seinem Koch den anbefahl,
    Daß er ihn briete zum Abendmahl.
    Dem Rittersmann und seinen Gästen
    Bereitete der Koch zum besten
    Den Kranich, tat Wurzelwerk daran
    Und briet den feisten Braten dann.
    Bald strömte aus der Küch heraus
    Der Bratenduft durch Gass und Haus.
    In dem des Koches Buhlschaft kam
    Und bat den Koch ohn alle Scham,
    Einen Kranichschenkel ihr zu schenken.
    Der sprach: »Da ließ der Herr mich henken;
    Geh hin, ich geb kein Stückchen dir.«
    Sie sprach: »Versagst du die Bitte mir,
    So ist es aus mit mir und dir.«
    Da gab er einen Schenkel ihr.

    Als man den Kranich trug zu Tisch
    Wollt ihn der Herr zerlegen frisch:
    Da hatt der Kranich nur ein Bein.
    Gleich fordert er den Koch herein
    Und sagt ihm ernst, daß er erkläre,
    Wo der eine Schenkel geblieben wäre?
    Der Koch vermochte nichts zu sagen
    Und tat die Augen niederschlagen
    Und sprach: Gestrenger Herre mein,
    Ein Kranich hat doch nur ein Bein.«
    Mit Zürnen sprach der Ritter da:
    »Meinst du, daß ich noch keinen sah?«
    Der Koch beschwor, es wäre wahr,
    Er wollt das Ding beweisen klar.
    So sprach der Koch aus großen Sorgen.
    Der Ritter sprach: »Das sollst du morgen!
    Wenn du das nicht beweisen tust
    Am nächsten Baum du hängen mußt.«
    Kein Schlaf des Nachts dem Koche ward:
    Ihm bangt, der Herr bestraft ihn hart. –

    Früh ritten sie zu einem See,
    Wo Kraniche man traf von je.
    Als sie dem Wasser kamen nah,
    Zwölf Kraniche wohl der Koch ersah;
    Ein jeder stand auf einem Bein.
    Die zeigt er gleich dem Herren sein
    Und sprach: »Jetzt seht die Wahrheit an!«
    Der Herr lief dicht an sie heran,
    Hob auf die Hand und schrie »hu, hu!«
    Und schreckte sie aus ihrer Ruh.
    Schnell zog ein jeder noch hervor
    Ein Bein und gleich die Flucht erkor.
    »Wer hat nun recht?« so sprach der Ritter.
    Da sprach der Koch und schluchzte bitter:
    »Herr, hättet gestern Ihr gemacht
    Auch solchen Lärm, hervorgebracht
    Hätt auch der Braten ein zweites Bein:
    Des dürft Ihr fest versichert sein.
    Ihr seht, es ist nicht meine Schuld.«
    Durch dieses Wort erlangt er Huld:
    Der Herr mußt seiner Einfalt lachen. –
    So wird oft Scherz aus ernsten Sachen,
    Wo man erst fürchtet, daß erwachs
    Unheil daraus, so spricht Hans Sachs.

    #poésie #auf_deutsch #Schelmengeschichte

  • Por que Basaglia, por que agora? - Le Monde Diplomatique
    https://diplomatique.org.br/por-que-basaglia-por-que-agora

    19.8.2024 Maira Oliveira - Em 2024, comemoramos o centenário de Franco Basaglia. Sua presença no Brasil deixou ecos permanentes, auxiliando nas denúncias de violações de direitos humanos e no surgimento do Movimento da Luta Antimanicomial

    A pergunta que nos direciona aqui no presente texto é inspirada na tese de doutorado “Por que Fanon, por que agora?” do professor Dr. Deivison Faustino, que discute os diferentes caminhos, usos e apropriações do pensamento de Frantz Fanon no Brasil. O pesquisador argumenta que o legado do autor está sendo reivindicado de maneira diversa por vertentes teóricas distintas e, por vezes, conflitantes.

    Posso dizer que a tese de Faustino é leitura obrigatória para os estudiosos, críticos e intelectuais do campo da saúde coletiva e da saúde mental. No meu caso, ela conduz para a encruzilhada, provocando inquietações e provocações que são atualizadas a cada encontro. Fanon, um psiquiatra revolucionário inquieto, rompeu com a institucionalidade manicomial e localizou a psiquiatria como um dos saberes, poderes e práticas de perpetuação do colonialismo. Apesar do seu precioso legado, Fanon nos deixou aos 36 anos, em 1961.

    Mas, qual a relação de Frantz Fanon com Franco Basaglia? É nessa encruzilhada que vou seguir a direção do nosso diálogo. Tarefa nada simples para quem precisa partir de rastros e “restos” escondidos nos escombros coloniais para desvelar um encontro entre dois psiquiatras revolucionários e que possuem um lugar importante para a Reforma Psiquiátrica e a Luta Antimanicomial brasileira.

    No dia 16 de agosto de 2024, tive a oportunidade de participar da banca de defesa de doutorado de Priscilla Santos de Souza, que apresentou o seguinte trabalho: “Traços, restos e laços de Frantz Fanon: contribuições clínicas emancipatórias e anticolonialistas à psicanálise”. Em sua pesquisa, é possível notar o seu brilhantismo e o ineditismo que se exige de uma tese de doutoramento. A pesquisadora, impulsionada por um rigor teórico-metodológico, inspirada nas experiências de mulheres negras e tecida na delicadeza ancestral, retira dos escombros coloniais argelinos os “restos” de casos clínicos atendidos por Frantz Fanon.

    Priscilla de Souza convoca para a gira literária a pensadora Lélia Gonzalez, nos fazendo rememorar o lugar que foi destinado aos negros: o lixo! E, “o lixo vai falar, e numa boa!” (Gonzalez, 1983). Os “restos” – que pouco ou nada importam – podem revelar memórias, afetos, afetações, disputas, teorias e inúmeras questões que os detentores das narrativas universalizantes desejam que fiquem esquecidos e não lembrados. Afinal, a quem interessa os “restos”, não é?! Posso dizer, que assim como a brilhante e mais recente doutora, persigo os “restos” fanonianos e os utilizo para apontar sobre a urgência de pensarmos uma saúde mental antirracista.

    https://diplomatique.org.br/wp-content/uploads/2024/08/02_Frantz-Fanon-lors-dune-conference-de-presse-du-Congres-des-ecriv
    Frantz Fanon, é leitura obrigatória hoje para aqueles que desejam conhecer o debate da saúde mental em uma perspectiva antirracista, anticolonial e antimanicomial. Entretanto, não é possível trazê-lo desacompanhado do italiano Franco Basaglia, principalmente para dialogarmos com o campo da saúde coletiva, da saúde mental e da Reforma Psiquiátrica brasileira, devido a sua forte influência como inspiração e referência. Esse encontro entre dois baluartes de um outro fazer e pensar na/para saúde mental segue sendo retirado dos escombros coloniais. Por aqui, estamos persistindo nos lastros e “restos” para viabilizar uma aproximação entre suas experiências.
    Frantz Fanon foi um psiquiatra que trouxe para debate a saúde mental em uma perspectiva antirracista, anticolonial e antimanicomial
    .
    Foto: Domínio Público

    Apesar de Basaglia ser bastante conhecido em terras pindorâmicas pela sua importância na construção da Reforma Psiquiátrica Italiana, por suas visitas ao Brasil e pela crítica ao comparar o Hospital Colônia de Barbacena ao Holocausto Nazista, é necessário retomarmos sua práxis e legado intelectual e político. Temos importantes intérpretes que assumiram a tarefa de tradução, sistematização e análise das experiências protagonizadas por Basaglia, assim como permanecem como memórias vivas desse legado e, aqui, podemos destacar: Fernanda Nicácio, Paulo Amarante, Ernesto Venturini, Maria Stella Brandão Goulart, Diva Moreira, Sônia Barros e Denise Dias Barros.

    Em 2024, comemoramos o centenário de Franco Basaglia, momento pertinente para ressaltar a importância da sua trajetória, da necessidade de retomar seus escritos e inspirar-nos em sua práxis. Primeiramente destacamos sobre a importância de Basaglia, não somente enquanto pessoa, mas como representação de um coletivo – diverso e plural – que era o Movimento Democrático Italiano. Apesar da sua liderança e destaque na cena política, ele não caminhava sozinho. Inclusive, vale dizer que Franca Ongaro Basaglia, sua companheira de vida e militância, escreveu e compartilhou muitos dos seus escritos e precisa ser mais bem conhecida e aqui destacamos os apontamentos já em desenvolvimento pela professora Melissa de Oliveira (Pereira, 2024).

    Em segundo, retomar o pensamento de Basaglia e seu legado intelectual é primordial para identificarmos as influências filosóficas, clínicas e políticas que atravessaram seu percurso e seguem fazendo eco no território brasileiro. A tese de Daniela Albrecht, “Movimentos contra os manicômios e lutas de classes no Brasil e na Itália: um estudo sobre consciência e estratégia”, apresenta a influência marxista e a trajetória de Basaglia no Partido Comunista Italiano. Além disso, não podemos deixar de destacar a importância de Sartre, Merleau-Ponty, Goffman, Foucault, Fanon e outros pensadores para Franco Basaglia.

    Um terceiro ponto, é ressaltar o legado de uma prática que não só transformou a legislação e colocou fim aos manicômios na Itália, mas que modificou vidas e comunidades. Não foi apenas encerrar uma instituição e, sim, realizar mudanças significativas nas formas de lidar com as diferenças e possibilitar novas maneiras de manter-se em relação. Basaglia entendia a dialética entre a micropolítica e a macropolítica. A crítica ao manicômio não se limitava a essa instituição, mas as diversas formas de controle, subjugação e violência que são fundamentais para a reprodução da sociedade capitalista.

    E, por fim, é necessário rememorar a importância das vindas de Franco Basaglia ao Brasil. Sua presença deixou ecos permanentes, auxiliando nas denúncias de violações de direitos humanos e no surgimento, posterior, do Movimento da Luta Antimanicomial. Entretanto, é preciso retomar um aprendizado importante deixado pelo psiquiatra revolucionário: “não sei qual é a técnica que servirá para a destruição dos manicômios brasileiros. Não será inglesa, francesa, italiana, muito menos americana. Será uma técnica brasileira. É disto que o Brasil precisa” (Basaglia, 1979, p. 48). Portanto, seguindo os apontamentos do próprio Basaglia, é preciso trazer a memória aquilo que sabemos produzir na Améfrica Ladina, ou seja, a pedagogia da loucura (Correia, 2019), a aquilombação (David, 2024), dentre outras inúmeras práticas e experiências que demonstram nossa rebeldia.

    https://diplomatique.org.br/wp-content/uploads/2024/08/1979_-_BasagliaFoto800.jpg
    Em 2024 é comemorado o centenário de Franco Basagliam .
    Créditos: Harald Bischoff

    É tempo de reencantamento da Reforma Psiquiátrica e da Luta Antimanicomial brasileira e, para isso, é necessário rememorar a rebeldia incansável, as primorosas invenções e as diversas conexões de Franco Basaglia. Longe de idealizações e armadilhas da desumanização que podem nos ocorrer, torna-se necessário afirmar a sua humanidade e princípio basilar: a defesa da vida. Assim como Basaglia, seguimos insistindo na luta por uma sociedade sem manicômios, já que “a liberdade é uma luta constante” (Davis, 2018).

    Rachel Gouveia Passos é Pós-Doutora em Direito na Pontifícia Universidade Católica do Rio de Janeiro, professora da Universidade Federal do Rio de Janeiro e autora e organizadora de algumas obras sobre saúde mental e as relações de gênero, raça e classe.

    #auf_deutsch

    Warum Basaglia, warum jetzt?

    19.8.2024 Maira Oliveira - Im Jahr 2024 begehen wir den hundertsten Geburtstag von Franco Basaglia. Seine Anwesenheit in Brasilien hinterließ einen bleibenden Nachhall und trug dazu bei, Menschenrechtsverletzungen und die Entstehung der Bewegung gegen die Psychiatriekliniken anzuprangern.

    Die Frage, die uns hier in diesem Text leitet, ist inspiriert von der Doktorarbeit „Warum Fanon, warum jetzt?“ von Professor Dr. Deivison Faustino, die die verschiedenen Wege, Verwendungen und Aneignungen des Denkens von Frantz Fanon in Brasilien diskutiert.
    https://repositorio.ufscar.br/handle/ufscar/7123
    Der Forscher argumentiert, dass das Erbe des Autors auf unterschiedliche Weise von verschiedenen und manchmal widersprüchlichen theoretischen Strömungen beansprucht wird.

    Ich kann sagen, dass Faustinos These eine Pflichtlektüre für Wissenschaftler, Kritiker und Intellektuelle im Bereich der kollektiven Gesundheit und der psychischen Gesundheit ist. In meinem Fall führt sie mich an den Scheideweg und wirft Fragen und Provokationen auf, die bei jeder Begegnung aktualisiert werden. Fanon, ein rastloser revolutionärer Psychiater, brach mit dem Institutionalismus der Psychiatrieklinik und identifizierte die Psychiatrie als eine der Wissenschaften, Mächte und Praktiken, die den Kolonialismus aufrechterhalten. Trotz seines wertvollen Vermächtnisses hat uns Fanon 1961 im Alter von 36 Jahren verlassen.

    Doch in welcher Beziehung stehen Frantz Fanon und Franco Basaglia zueinander? An diesem Scheideweg werde ich die Richtung unseres Dialogs festlegen. Keine einfache Aufgabe für jemanden, der von den Spuren und „Überresten“ ausgehen muss, die in den kolonialen Trümmern verborgen sind, um eine Begegnung zwischen zwei revolutionären Psychiatern zu enthüllen, die einen wichtigen Platz in der brasilianischen Psychiatriereform und im Kampf gegen die Psychiatriekliniken einnehmen.

    Am 16. August 2024 hatte ich die Gelegenheit, an der Doktorandenverteidigung von Priscilla Santos de Souza teilzunehmen, bei der sie das folgende Werk vorstellte: „Spuren, Überreste und Verbindungen von Frantz Fanon: emanzipatorische und antikolonialistische klinische Beiträge zur Psychoanalyse“. In ihrer Forschung kann man ihre Brillanz und die für eine Doktorarbeit erforderliche Neuartigkeit feststellen. Angetrieben von einer theoretisch-methodischen Strenge, inspiriert von den Erfahrungen schwarzer Frauen und verwoben mit dem Feingefühl der Vorfahren, holt die Forscherin die „Überreste“ der von Frantz Fanon behandelten klinischen Fälle aus dem algerischen Kolonialschutt hervor.

    Priscilla de Souza lädt die Denkerin Lélia Gonzalez zu ihrer literarischen Reise ein und erinnert uns an den Ort, der für die Schwarzen bestimmt war: die Müllhalde! Und: „Der Müll wird sprechen, und zwar auf eine gute Art“ (Gonzalez, 1983). Die „Überreste“ - die wenig oder gar nicht von Bedeutung sind - können Erinnerungen, Zuneigungen, Streitigkeiten, Theorien und zahllose Themen offenbaren, von denen die Inhaber der universalisierenden Narrative wollen, dass sie vergessen und nicht erinnert werden. Wen interessieren schon die „Reste“, nicht wahr? Ich kann sagen, dass ich, wie der brillante und jüngste Arzt, den Fanonschen „Resten“ nachgehe und sie nutze, um auf die Dringlichkeit hinzuweisen, über antirassistische psychische Gesundheit nachzudenken.

    Frantz Fanon ist heute Pflichtlektüre für alle, die die Debatte über psychische Gesundheit aus einer antirassistischen, antikolonialen und Antiklinischen Perspektive verstehen wollen. Es ist jedoch nicht möglich, ihn mit dem Italiener Franco Basaglia zusammenzubringen, vor allem nicht für den Dialog mit dem Bereich der kollektiven Gesundheit, der psychischen Gesundheit und der brasilianischen Psychiatriereform, da sein starker Einfluss als Inspiration und Referenz dient. Diese Begegnung zwischen zwei Bastionen eines anderen Denkens und Handelns im Bereich der psychischen Gesundheit wird immer noch aus den Trümmern der Kolonialzeit herausgeholt. Hier verharren wir auf dem Ballast und den „Resten“, um eine Annäherung zwischen ihren Erfahrungen zu ermöglichen.

    Frantz Fanon war ein Psychiater, der die psychische Gesundheit aus einer antirassistischen, antikolonialen und klinikfeindlichen Perspektive in die Debatte einbrachte.
    Foto: Public Domain

    Obwohl Basaglia in Indien aufgrund seiner Bedeutung für den Aufbau der italienischen Psychiatriereform, seiner Besuche in Brasilien und seiner Kritik, als er das Koloniekrankenhaus Barbacena mit dem Holocaust der Nazis verglich, gut bekannt ist, ist es notwendig, seine Praxis und sein intellektuelles und politisches Erbe neu zu betrachten. Es gibt wichtige Interpreten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Basaglias Erfahrungen zu übersetzen, zu systematisieren und zu analysieren, und die lebendige Erinnerungen an dieses Erbe bewahren: Fernanda Nicácio, Paulo Amarante, Ernesto Venturini, Maria Stella Brandão Goulart, Diva Moreira, Sônia Barros und Denise Dias Barros.

    Im Jahr 2024 werden wir den hundertsten Geburtstag von Franco Basaglia feiern. Dies ist ein geeigneter Zeitpunkt, um die Bedeutung seines Werdegangs und die Notwendigkeit zu betonen, seine Schriften wieder aufzugreifen und sich von seiner Praxis inspirieren zu lassen. Zunächst möchten wir die Bedeutung von Basaglia hervorheben, nicht nur als Person, sondern auch als Repräsentant eines vielfältigen und pluralistischen Kollektivs, das die italienische demokratische Bewegung war. Trotz seiner Führungsrolle und seiner herausragenden Stellung auf der politischen Bühne war er nicht allein. Es ist in der Tat erwähnenswert, dass Franca Ongaro Basaglia, seine Lebensgefährtin und militante Mitstreiterin, viele seiner Schriften verfasst und geteilt hat, die besser bekannt gemacht werden müssen, und hier heben wir die Anmerkungen hervor, die bereits von Professor Melissa de Oliveira entwickelt wurden (Pereira, 2024).
    https://madinportugal.org/franca-basaglia-feminismo-e-medicalizacao

    Zweitens ist es unerlässlich, Basaglias Denken und sein intellektuelles Vermächtnis wieder aufzugreifen, um die philosophischen, klinischen und politischen Einflüsse zu erkennen, die seinen Weg kreuzten und in Brasilien weiterhin nachwirken. Daniela Albrechts Dissertation „Bewegungen gegen psychiatrische Einrichtungen und Klassenkämpfe in Brasilien und Italien: eine Studie über Bewusstsein und Strategie“ stellt den marxistischen Einfluss und Basaglias Karriere in der Kommunistischen Partei Italiens dar.
    https://sucupira.capes.gov.br/sucupira/public/consultas/coleta/trabalhoConclusao/viewTrabalhoConclusao.jsf?popup=true&id_trabalho=8196378
    Außerdem muss die Bedeutung von Sartre, Merleau-Ponty, Goffman, Foucault, Fanon und anderen Denkern für Franco Basaglia hervorgehoben werden.

    Ein dritter Punkt ist die Hervorhebung des Vermächtnisses einer Praxis, die nicht nur die Gesetzgebung veränderte und den psychiatrischen Anstalten in Italien ein Ende bereitete, sondern auch Leben und Gemeinschaften veränderte. Es ging nicht nur darum, eine Einrichtung zu schließen, sondern auch darum, die Art und Weise, wie mit Unterschieden umgegangen wird, grundlegend zu verändern und neue Wege des Zusammenlebens zu ermöglichen. Basaglia verstand die Dialektik zwischen Mikropolitik und Makropolitik. Seine Kritik an der psychiatrischen Anstalt beschränkte sich nicht auf diese Institution, sondern auf die verschiedenen Formen von Kontrolle, Unterwerfung und Gewalt, die für die Reproduktion der kapitalistischen Gesellschaft grundlegend sind.

    Und schließlich müssen wir uns an die Bedeutung der Besuche von Franco Basaglia in Brasilien erinnern. Seine Anwesenheit hinterließ einen bleibenden Nachhall und trug dazu bei, Menschenrechtsverletzungen anzuprangern und die Anti-Klinik-Bewegung ins Leben zu rufen. Es ist jedoch notwendig, eine wichtige Lektion des revolutionären Psychiaters aufzugreifen: „Ich weiß nicht, mit welcher Technik die brasilianischen Psychiatriekliniken zerstört werden sollen. Es wird keine englische, französische, italienische oder gar amerikanische sein. Es wird eine brasilianische Technik sein. Das ist es, was Brasilien braucht“ (Basaglia, 1979, S. 48) https://buscaintegrada.ufrj.br/Record/aleph-UFR01-000052816 . In Anlehnung an Basaglias eigene Aufzeichnungen müssen wir uns also auf das besinnen, was wir im ladinischen Afrika zu produzieren wissen, mit anderen Worten, die Pädagogik des Wahnsinns (Correia, 2019) http://repositorio2.unb.br/jspui/handle/10482/32533 , die aquilombação (David, 2024) https://www.livrariadavila.com.br/895292-saude-mental-e-relacoes-raciais-desnor/p , neben unzähligen anderen Praktiken und Erfahrungen, die unsere Rebellion demonstrieren.

    Der hundertste Geburtstag von Franco Basagliam wird im Jahr 2024 gefeiert.
    Foto: Harald Bischoff

    Es ist an der Zeit, die brasilianische Psychiatriereform und den Anti-Klinik-Kampf neu zu beleben, und dazu müssen wir uns an Franco Basaglias unermüdliche Rebellion, seine exquisiten Erfindungen und vielfältigen Verbindungen erinnern. Weit entfernt von den Idealisierungen und den Fallen der Entmenschlichung, die uns überfallen können, ist es notwendig, seine Menschlichkeit und sein Grundprinzip zu bekräftigen: die Verteidigung des Lebens. Wie Basaglia beharren wir weiterhin auf dem Kampf für eine Gesellschaft ohne psychiatrische Anstalten, denn „Freiheit ist ein ständiger Kampf“ (Davis, 2018) https://www.boitempoeditorial.com.br/produto/a-liberdade-e-uma-luta-constante-152410?srsltid=AfmBOoovkpTMzg .

    Rachel Gouveia Passos hat an der Päpstlichen Katholischen Universität von Rio de Janeiro in Rechtswissenschaften promoviert, ist Professorin an der Bundesuniversität von Rio de Janeiro und Autorin und Organisatorin mehrerer Werke über psychische Gesundheit und Beziehungen zwischen Geschlecht, Ethnie und Klasse.

    #Brésil #anti-psychiatrie #iatrocratie

  • Niels Klims unterirdische Reise, Ludwig Holberg, 1741
    https://epdf.pub/niels-klims-unterirdische-reise.html


    C’est merveilleux et préférable aux Gulliver & Co.

    Mit einer ganz neuen Erdbeschreibung und einem ausführlichen Bericht über die bisher ganz und gar unbekannte Fünfte Monarchie

    Aus der Bibliothek des Herrn B. Abelin
    Anfangs lateinisch herausgegeben, jetzt aber ins Deutsche übersetzt

    Die Erstausgabe erschien 1741 unter dem Titel Nicolai Klimii Iter Subterraneum novam telluris theoriam ac historiam quintae monarchiae adhuc nobis incognitae exhibens e bibliotheca B. Abelini
    Überarbeitet von Günter Jürgensmeier

    Audiobuch
    https://archive.org/details/nicolai_klims_unterirdische_reise

    fac-similé en français
    https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k91058345/f5.item

    Title : Le voyage de Nicolas Klimius dans le monde souterrain... Ouvrage traduit du latin par M. de Mauvillon
    Author : Holberg, Ludvig (1684-1754). Auteur du texte
    Publisher : [s.n.] (Amsterdam)
    Publication date : 1787
    Artwork notice : http://catalogue.bnf.fr/ark:/12148/cb12064183f

    texte en anglais

    Niels Klim’s journey under the ground by Ludvig Holberg
    https://gutenberg.org/ebooks/27884

    Audio book
    https://archive.org/details/niels_klim_0904_librivox

    texte latin
    NICOLAI KLIMII ITER SUBTERRANEUM NOVAM TELLURIS THEORIAM AC HISTORIAM QUINTAE MONARCHIAE ADHUC NOBIS INCOGNITAE EXHIBENS E BIBLIOTHECA B. ABELINI
    https://la.wikisource.org/wiki/Nicolai_Klimii_iter_subterraneum

    #parodie #politique #livre_audio #auf_deutsch

  • Tunesien : Demokratie oder Wirtschaftsliberalismus
    https://www.rosalux.de/news/id/53210/tunesien-demokratie-oder-wirtschaftsliberalismus

    12.3.2025 von Amal Trabelsi - Das Land galt als «Leuchtturm der Demokratie», doch damit ist es längst vorbei.

    Lange galt Tunesien, das im «Arabischen Frühling» seinen langjährigen Diktator Ben Ali gestürzt hatte, als «Leuchtturm der Demokratie». Doch damit ist es inzwischen vorbei. Denn der 2019 gewählte Präsident, Kais Saied, hat die Institutionen der Demokratie schrittweise ausgehöhlt und seine Alleinregierung befestigt. Wie konnte es dazu kommen?
    Aufbruch in die Demokratie

    Als sich am 17. Dezember 2010 in Sidi Bouzid der junge Straßenhändler Mohamed Bouazizi aus Protest gegen die Schikane der Polizei in Brand setzte, löste dieser Schritt ein politisches Erdbeben aus. Innerhalb weniger Wochen wurde eines der bis dahin stabilsten Regime der Region gestürzt.

    Dabei richtete der Aufstand sich nicht nur gegen die Diktatur, sondern auch gegen die soziale Ungerechtigkeit im Land. Steigende Arbeitslosigkeit, die vor allem im Landesinneren grassierende Armut und eine weithin sichtbare Konzentration von Reichtum und Ressourcen in den Händen der Eliten – und insbesondere im Umfeld des Präsidenten – brachten das Fass zum Überlaufen. Als Ben Ali nach 23-jähriger Herrschaft am 14. Januar 2011 das Land verließ, war die Hoffnung groß, dass der Umsturz zu Demokratie und sozialer Gerechtigkeit führen werde.

    Und in der Tat konnte die Revolution anfangs durchaus Erfolge vorweisen. Die neue Verfassung galt als progressivste in der arabischen Welt, und die 2014 nach ihrer Verabschiedung stattfindende Parlamentswahl verlief frei und fair. Auch in der Meinungs- und Assoziationsfreiheit wurden mit der Pressefreiheit, der Anerkennung konkurrierender Parteien und der Gründung zahlreicher zivilgesellschaftlicher Organisationen große Fortschritte erzielt. Die breite Beteiligung der Bevölkerung am politischen Prozess zeigte eindrucksvoll auch das sogenannte nationale Quartett, das aus dem Gewerkschaftsdachverband, dem Industrie- und Handelsverband, der Tunesischen Liga für Menschenrechte und der Vereinigung der Rechtsanwälte bestand. Der gesellschaftliche Einfluss dieses Quartetts war von entscheidender Bedeutung für den Übergang zur parlamentarischen Demokratie.
    Die unvollendete Revolution

    Doch die Revolution blieb sozial unvollendet. Der Soziologe Mouldi Guessoumi, der mit seiner Studie «Die Gesellschaft der Revolution und der Postrevolution» die beste Untersuchung der zeitgenössischen tunesischen Gesellschaft vorgelegt hat, erkannte den Grundfehler des Transformationsprozesses in der fatalen Annahme, der Aufbau der Demokratie werde quasi automatisch die wirtschaftliche Entwicklung beflügeln. Das aber war mitnichten der Fall, im Gegenteil.

    In der Praxis bedeutete dies, dass sich trotz der gewonnenen bürgerlichen Freiheiten kaum etwas an den materiellen Lebensbedingungen der Menschen änderte – jedenfalls nicht zum Besseren. Hohe Inflationsraten, steigende Lebenshaltungskosten und die Krise wichtiger Wirtschaftszweige – darunter des Tourismus – verstärkten vielmehr die Arbeitslosigkeit, Armut und Perspektivlosigkeit. Bereits im Januar 2016 warnte das Tunesische Forum für soziale und wirtschaftliche Rechte vor einem «sozialen Tsunami».

    Während die politische und wirtschaftliche Macht sich weiterhin im Küstenstreifen um Tunis, Sfax und Sousse konzentrierte, blieben andere Regionen von Armut und staatlicher Vernachlässigung geprägt. Den zahlreichen sozialen Protesten, die hier stattfanden, schenkte man in der Hauptstadt nur wenig Beachtung.

    Besonders hart getroffen von der wirtschaftlichen Misere wurde die Jugend des Landes. Denn die explodierende Arbeitslosigkeit betraf viele junge und oftmals gut ausgebildete Tunesier*innen. Sie waren die Ersten, unter denen sich Desillusionierung breitmachte.

    Hinzu kam, dass auch die Bekämpfung der Korruption – eine der Hauptforderungen der Revolution – scheiterte. Halbherzige Versuche, Personen aus dem Umfeld Ben Alis zur Rechenschaft zu ziehen, führten letztlich nur dazu, dass sich die Netzwerke der Korruption umorganisierten. Den Reichtum des Landes teilten die Eliten weiterhin unter sich auf.

    Im Ergebnis führten die ungelösten Probleme zum massiven Vertrauensverlust des politischen Systems und seiner Akteure.

    Nach 2011 hatte sich zunächst die gemäßigt islamistische Partei Ennahdha des Zuspruchs vieler Tunesier*innen erfreut, was nicht zuletzt auf ihre islamisch-konservative Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit zurückging. Da die Partei sich aber zugleich dem Wirtschaftsliberalismus verschrieb, blieb von sozialer Politik nicht viel übrig.

    Die säkulare Partei Nidaa Tounes, die 2014 stärkste Fraktion im Parlament wurde, berief sich auf die «goldene Zeit» Tunesiens in den Jahren nach Erlangung der Unabhängigkeit, als der Staat in Bildung, Gesundheit und Infrastruktur investierte und sozialer Aufstieg noch möglich war. Aber in der Regierungspraxis tat auch diese Partei kaum etwas gegen die soziale Verelendung vieler Bürger*innen.

    Tragischerweise gelang es der tunisischen Linken nicht, mit konkreten, greifbaren Konzepten die Rivalität der beiden großen Parteien auszunutzen. Sie errang zwar mit der Volksfront, einem Bündnis linker Parteien und Organisationen, bei der Parlamentswahl 2014 immerhin 15 Sitze, war jedoch zu sehr mit ihrer ideologischen Gegnerschaft zum politischen Islam und ihren internen Konflikten beschäftigt, als dass sie eine politische Alternative hätte sein können.

    Die Selbstdemontage der Parteien unterschiedlicher Couleur führte dazu, dass Kritik an der Politik sich zunehmend außerhalb der Institutionen des Systems artikulierte. Der Frust der Bevölkerung traf aber auch Gewerkschaften, Medien und zivilgesellschaftliche Organisationen.
    Der Aufstieg von Kais Saied

    Als nach dem Tod von Präsident Béji Caid Essebsi im Sommer 2019 Neuwahlen ausgerufen wurden, war das institutionelle Gefüge daher bereits erschüttert. Der ultrakonservative Kais Saied war ein politischer Außenseiter, der keiner Partei angehörte und vor seiner Kandidatur lediglich als Dozent für Verfassungsrecht in Erscheinung getreten war. Kritik an der Verfassung und den staatlichen Institutionen sowie seine Befürwortung der Todesstrafe und Polemik gegen die Zivilgesellschaft trafen in der desillusionierten Wählerschaft auf offene Ohren.

    Als Präsidentschaftskandidat erklärte Saied offen, die bestehenden Institutionen nicht reformieren, sondern durch neue Strukturen ersetzen zu wollen. Dieser radikale Vorschlag weckte bei vielen Menschen die Hoffnung, die in ihren Augen «gekaperte Revolution» doch noch zurückerobern zu können.

    Saied versprach allen das, was sie hören wollten – von eher linken Forderungen wie jene nach sozialer Gerechtigkeit und Umverteilung bis hin zu religiös-konservativen Vorschlägen zu Geschlechter(un)gleichheit oder nationaler Identität. Dieser Ansatz ermöglichte ihm die Mobilisierung ganz unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen.

    In erster Linie aber mobilisierte Saied ganz gezielt jene, die sich als Verlierer der Revolution sahen: die Jugend und die Protestbewegungen. Frühzeitig sicherte er sich die Unterstützung der «Bewegung der Jugend Tunesiens», die – wie Saied – offen erklärte, das politische System ersetzen zu wollen. Für sie war Saied die letzte Hoffnung der Revolution. Dass in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl 90 Prozent der 18- bis 25-jährigen Wähler*innen für Saied stimmten, bewies den Erfolg der Mobilisierung.

    Die zweite Strömung bildeten die Protestbewegungen, die sich in den Jahren nach der Revolution gegründet hatten. Ihnen ging es vor allem um die gerechtere Verteilung der finanziellen Ressourcen zwischen den Regionen. Ein Großteil dieser Bewegungen votierte ebenfalls für Saied.

    Die dritte Gruppe, die Saieds Kandidatur unterstützte, war das «Bündnis der Würde». Diese Partei war aus den – aufgrund ihrer Radikalisierung gerichtlich aufgelösten – «Ligen zum Schutz der Revolution» hervorgegangen und stimmte mit Saied darin überein, einen auf der Scharia basierenden Staat schaffen zu wollen.

    Die breite Unterstützung zeigt, dass das Feld für den Aufstieg Saieds bereits bestellt war. Er gewann denn auch die Stichwahl im Oktober 2019.
    Der Staatsstreich

    Die Parlamentswahl 2019 hingegen brachte eine äußerst fragmentierte Legislative hervor, deren Handlungsfähigkeit durch andauernde Konflikte und Blockaden immer weiter untergraben wurde. Das spielte Saied in die Karten.

    Nach landesweiten Proteste gegen die Regierung wagte der Präsident unter Berufung auf den Notstandsartikel 80 der tunesischen Verfassung dann am 25. Juli 2021 den Staatsstreich. Dieser Schritt traf zunächst auf breite Zustimmung in der Gesellschaft, während die Parteien, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft regelrecht überrumpelt wurden und sich über das weitere Vorgehen heillos zerstritten.

    Nun begann Saied seinen Durchmarsch durch die Institutionen. Zwei Monate nach dem Putsch setzte er die Verfassung de facto außer Kraft, löste das Parlament auf und ließ Politiker*innen aus allen politischen Lagern verhaften oder anderweitig juristisch verfolgen. Auch Medien und Justiz unterstellte Saied seiner Kontrolle. Anschließend ließ der Präsident seine weitreichenden Kompetenzen in einer neuen Verfassung festschreiben, die im Juli 2022 in einem Referendum angenommen wurde.

    Angesichts der sozialen und politischen Misere, in der sich Tunesien befindet, überrascht es nicht, dass breiter Widerstand gegen Saieds Errichtung einer Diktatur ausblieb. Die Verbindung von parlamentarischer Demokratie und Wirtschaftsliberalismus hatte sich in dem von weit verbreiteter Armut geprägten Land als überaus fragil erwiesen. Zudem hat das vom Saied-Regime geschaffene Klima der Angst kritische Stimmen weitgehend zum Schweigen gebracht. Vor dem Zorn des Präsidenten sind selbst enge Verbündete nicht sicher, wie die häufigen Umbesetzungen politischer Posten belegen.

    Erschwerend hinzu kommt, dass das europäische Ausland sich rasch mit Saieds Diktatur arrangierte, weil man die Chance witterte, den tunesischen Präsidenten zur Abwehr der Migration nach Europa nutzen zu können. Geld gegen Migrationsabwehr, lautete der Deal.

    Für seine Anhängerschaft markierte der Staatsstreich die lang erwartete Kurskorrektur einer Revolution, die vom richtigen Pfad abgekommen sei, für seine Kritiker*innen hingegen bedeutet Saied das Ende von Revolution und Demokratie. Doch die eigentliche Herausforderung für Kais Saied beginnt jetzt erst. Denn fest steht, dass der Präsident künftig daran gemessen wird, ob er langfristige Probleme zu lösen und vor allem die tunesische Wirtschaft wieder voranzubringen vermag. Daran aber bestehen erhebliche Zweifel.

    Dieser Text erschien zuerst in «nd.aktuell» im Rahmen einer Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

    #Tunisie #démocratie #printemps_arabe #auf_deutsch

  • Der Zoll: „🐶👏 Gestern wurde Zollhund Dorax mit der Medaille der Generaldirektion ausgezeichnet“ - berlin.social
    https://berlin.social/@Zoll@social.bund.de/113904962227096837

    Pauvre bête !

    Görtz Widmann - Eduard der Haschischhund
    https://www.youtube.com/watch?v=Ey5eyOnPmcI

    Eduard war ein Haschischhund
    Eine Schnauze war sein Mund
    Und Eduard hatte obendran
    Ein riesengroßes Riechorgan
    Hatte Eduard was gerochen
    Kriegte er dafür nen Knochen
    Selbst den kleinsten Krümel Shit
    Kriegte Eduard daher mit

    Eduard hielt es für ein Spiel
    Und der Knochen war das Ziel
    Das hat Eduard angeturnt
    Und so hat er schnell gelernt:
    Grad bei Typen, die was müffeln
    Muss man ganz besonders schnüffeln
    Bald schon sah er’s ihnen an
    Ohne jedes Riechorgan

    Eduard...

    Eduard war ein braver Hund
    Fragte niemals nach dem Grund
    Denn er war in all den Jahren
    Immer gut damit gefahren
    Hatte Eduard was gerochen
    Kriegte er dafür nen Knochen
    Manchmal hat er zwei gekriegt
    Das hat Eduard genügt
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    Eduard...

    Doch dann, in einer Sommernacht
    Ist was in Eduard aufgewacht
    Hatte heute nichts gerochen
    Hatte heute keinen Knochen
    Dacht sich Eduard, das Tier
    Großer Gott, was mach ich hier?
    Ich tu immer meine Pflicht
    Doch gedankt wird’s einem nicht

    Eduard...

    Wollte nicht mehr nur pariern
    Wollt was anderes probiern
    Hatte jenseits von dem Knochen
    Noch was besseres gerochen
    Drum hat beim nächsten größren Fund
    Eduard der Haschischhund
    Nicht nur die Nase reingesteckt
    Sondern heimlich dran geleckt

    Eduard...

    Was danach kam, war so schön
    Da hat Eduard eingesehn
    Dass es niemand etwas nützt
    Wenn ein Zöllner das stibitzt
    Machte Schluss mit Drogenkrieg
    Und ging mit dem nächsten Freak
    Der ihn dann Abraxas taufte
    Und ihm ein lila Halsband kaufte
    Er kam auf einen Bauernhof
    Und lebte da als Philosoph
    Wohlgelitten, fast ein Star
    Denn seine große Gabe war
    Dass er, ob Wiese, Straße, Strand
    Überall nen Krümel fand
    Und so war immer was zum Naschen
    In Haschischeduards Backentaschen

    Eduard...

    #douanes #narcotrafic #chiens #drogues #musique #chanson #auf_deutsch

  • Berliner Gastronomie: Warum die Bedienung immer häufiger Englisch spricht
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berliner-gastronomie-warum-die-bedienung-immer-haeufiger-englisch-s


    Von wegen. Das war ma. Sowas kommt von sowasl .

    22.11.2024 von Cedric Rehman - Manchen erscheint es weltläufig, für andere ist es Kulturverfall, für viele ein Ärgernis. Der Rückzug des Deutschen in Cafés hat viele Ursachen.

    Die Siebträgermaschine zischt und surrt im Café Engels im Neuköllner Schillerkiez. Der Duft nach frischen Bohnen steigt in die Nase. Eine Schlange von Kaffeedurstigen wartet geduldig vor dem Tresen. Eine Bedienung, Anfang 20, in androgyner Kluft fragt die Kundschaft nach dem Befinden. „Hi, how are you?“. Dann erkundigt sie sich nach den Vorlieben. Soll in den „Flat White“ lieber „Oatmilk“ oder „Cow“?

    Wer jetzt schon sprachlich überfordert ist, kann beruhigt sein. Hinter dem Tresen des Cafés finde sich immer jemand, der auf Deutsch zumindest die Begriffe „Hafer“- oder „Kuhmilch“ verstehe, versichert eine Mitarbeiterin des Cafés unweit des Tempelhofer Felds auf Nachfrage am Telefon.

    Neuberliner kommen aus der ganzen Welt

    Die deutsche Geschichte und Kultur ist in der Hauptstadt in Stein gemeißelt. Aber für viele aus aller Welt ist Berlin eher Bühne für einen von Subkulturen geprägten Lebensstil als ein historisch gewachsener Ort. Die beiden Welten verlaufen meist friedlich auf parallelen Gleisen. Ausgerechnet bei der Frage, auf welcher Sprache in Berliner Cafés Kaffee und Kuchen bestellt wird, gibt es Zusammenstöße. Manche sprechen von einem Kulturkampf.

    Der CDU-Politiker Jens Spahn machte 2017 in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung den Aufschlag. Er fühle sich genervt von Berliner Kellnern, die nur Englisch sprechen, erklärte er. Wer in Deutschland arbeite, solle Deutsch sprechen, forderte Spahn. Kritiker unterstellten Spahn in der folgenden Mediendebatte Kleinkariertheit und Provinzdenken. In einer Weltstadt wie Berlin würden nun einmal andere Regeln gelten als im Westmünsterland, aus dem Jens Spahn stammt.

    Die Komikerin Gayle Tufts fordert zum Deutschlernen auf

    Aber auch einer konservativen Haltung unverdächtige Prominente äußeren ihren Unmut über zu viel Englisch in der Gastronomie Berlins. Die 1960 im US-Bundesstaat Massachusetts geborene und seit 1991 in Berlin lebende Komikerin Gayle Tufts echauffierte sich im vergangenen Jahr in einem Beitrag für den Deutschlandfunk Kultur über das Verhalten von in Berliner Cafés arbeiteten US-Amerikanern. „Learn f-ing Deutsch!“, lautete ihr unverblümter Aufruf an alle Englischsprachigen in Berlin. Dabei mischt Tufts in ihren Auftritten als Stand-up-Comedian selbst gern englische und deutsche Begriffe, um sich über Anglizismen und Scheinanglizismen in der deutschen Sprache lustig zu machen.

    Tufts erinnerte in ihrer Kolumne an die Nachwendezeit in Berlin. Damals sei es für alle Ausländer zwingend nötig gewesen, Deutsch zu lernen, auch für US-Amerikaner, erklärte Tufts. Wird es Migranten aus englischsprachigen Ländern heute in Berlin zu einfach gemacht? Geben die ihrer Identität nie ganz sicheren Deutschen ausgerechnet in ihrer Hauptstadt und Kulturmetropole zu leichtfertig ihre Sprache auf, wie eine Kolumnistin der Welt jüngst kritisierte?

    Expats werden privilegiert

    Manche wittern eine Parallelgesellschaft der Privilegierten. Die Mehrheitsgesellschaft würde sogenannten „Expats“, Fachkräften mit hohen Qualifikationen aus dem Ausland, Blasen sprachlicher Dominanz zugestehen, während sie von Geflüchteten maximale Anpassung auch in der Sprache erwarte. „Expats“ kommen meist aus reichen Ländern in der EU oder in Nordamerika, während viele Geflüchtete aus armen Ländern des globalen Südens stammen. Berlin sortiere bei der Akzeptanz von Andersartigkeit nach Herkunft, Lebensstil und vor allem Einkommen.

    Wo nicht auf Deutsch bestellt werden könne, würden Menschen ausgegrenzt, die aus verschiedenen Gründen kein Englisch sprechen, etwa Ältere oder Menschen mit einem niedrigen Bildungshintergrund, sagen Kritiker. Auch viele in der ehemaligen DDR aufgewachsene Ostberliner hatten vor der Wende wenig Berührungspunkte mit der englischen Sprache. Englisch war nur Wahlfach an den Polytechnischen Oberschulen der DDR.

    Die Gastronomie leidet unter Personalmangel

    Der Berliner Hotel- und Gastronomieverband Dehoga verfügt über keine Zahlen, wie verbreitet Englisch in der Berliner Gastronomie ist. Hauptgeschäftsführer Gerrit Buchhorn teilt mit, dass dem Verband das Phänomen bekannt sei. „Ich selbst war vor einiger Zeit auch schon in einem solchen Restaurant“, teilt er per E-Mail mit.

    Auf Nachfrage bei verschiedenen Berliner Cafés ergibt sich ein gemischtes Bild. Die Mitarbeiterin des Cafés Engels verweist auf wirtschaftliche Gründe für die vielen englischsprachigen Kräfte hinter der Kaffeebar. Der Arbeitsmarkt für Jobs in der Gastronomie sei angespannt und Bewerbungen von Deutschsprachigen eher selten. Hinzu käme die Klientel im Schillerkiez. „Viele unserer Gäste aus dem Kiez kommen aus dem Ausland und sprechen Englisch“, sagt die Mitarbeiterin. Um einen guten Service für alle Kunden zu garantieren, spreche zumindest eine Kraft pro Schicht zumindest etwas Deutsch, sagt sie.

    Bestellungen auf Deutsch sind möglich

    Oliver Wazola, Sprecher der Kaffeehauskette „Five Elephants“ mit Standorten in Kreuzberg, Mitte und im Prenzlauer Berg, nennt den Tourismus als weiteren Faktor für mehr Englisch in der Berliner Gastronomie. „Die steigende Bedeutung der englischen Sprache in der Berliner Gastronomie zeigt sich insbesondere seit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, die internationale Besucherströme anlockte“, sagt er.

    Auch Wazola legt Wert darauf, dass Gäste bei „Five Elephants“ auch auf Deutsch bestellen können. Zweisprachigkeit in den Filialen der Kette passe zum Charakter der Weltstadt Berlin, findet Wazola. „Unsere Philosophie ist es, eine offene und inklusive Atmosphäre zu schaffen, die die Vielfalt Berlins widerspiegelt“, erklärt er.
    Die Pandemie riss ein Loch in die Personaldecke

    Laut Gerrit Buchhorn vom Berliner Dehoga hat sich der Fachkräftemangel in der Berliner Gastronomie etwas entspannt und nähere sich der Zahl von 80.000 an. „Allerdings werden viele offene Stellen der Arbeitsagentur gar nicht gemeldet“, sagt er. Laut dem Landesamt für Statistik lag die Zahl der im Gastgewerbe in Berlin tätigen Personen im vergangenen Jahr um mehr als fünf Prozent unter dem Niveau von 2016. Die Corona-Pandemie riss zwischen 2020 und 2022 ein tiefes Loch in die Personaldecke.

    Die Zahl der Beschäftigten in der Branche sank in den Pandemiejahren, Hotels mit eingerechnet, in ganz Deutschland laut einer Studie im Auftrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung um rund 300. 000 von 2,1 Millionen auf 1,8 Millionen. Der Studie zufolge kehrte jeder vierte Mitarbeiter während der Lockdowns seinem Beruf den Rücken.
    Ungelernte Servicekräfte füllen die Lücke

    Dem arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IfW) zufolge ist die Entspannung beim Personalmangel neben der Zurückhaltung der Verbraucher in der Wirtschaftskrise vor allem auf die Zunahme der Beschäftigung ungelernter Servicekräfte zurückzuführen. Die Umsätze der Branche sind in Berlin m Sinkflug. Laut Landesamt für Statistik lagen sie im August über sechs Prozent unter dem Ergebnis vom Vorjahresmonat. Um so bemerkenswerter ist, dass Restaurants und Cafés trotz Flaute neue Mitarbeiter auch ohne Erfahrung suchen. Sie finden sie in Berlin unter anderem unter Studierenden aus dem Ausland, die etwas dazuverdienen wollen, aber noch nicht gut Deutsch sprechen.

    Professorin Artemis Alexiadou ist seit 2022 Direktorin des Berliner Leibniz-Zentrums für Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS). Die griechische Sprachwissenschaftlerin rät zu Gelassenheit. Es sei naheliegend, dass in zunehmend internationalen Teams in der Gastronomie mehr Englisch verwendet werde. Sie benutzt den lateinischen Begriff „Lingua franca“, auf Deutsch: Verkehrssprache. Sie ermöglicht Menschen verschiedener Sprachgemeinschaften die Kommunikation. Schwierig werde es, wenn Menschen, die ausschließlich Deutsch sprechen, sich ausgeschlossen fühlten, weil nur noch Englisch gesprochen werde. „Es gilt eine Balance zu finden, im Umgang mit den in Berlin gesprochenen Sprachen“, sagt Alexiadou.

    Menschen aus unterschiedlichen Ländern brauchen eine Verkehrssprache

    In einer Weltstadt sei es nicht ungewöhnlich, dass Menschen verschiedener Herkunft sich einer Lingua franca bedienten. Und die sei auf der ganzen Welt nun mal Englisch. „Auch bei uns am Institut kommen Wissenschaftler aus unterschiedlichen Ländern und besprechen sich auf Englisch“, sagt Alexiadou. Das sei überall auf der Welt Standard in der Forschung. Ähnlich sei es in der Modebranche.

    Gastronomie nicht kommen, ist sich die Professorin sicher. Genaue Erhebungen über die Verbreitung von Englisch in der Berliner Gastronomie kenne auch sie nicht. „Ich denke, die Menschen nehmen Englisch in den Cafés stärker wahr, als es tatsächlich verbreitet ist“, sagt sie.
    Englisch ist auch eine Prestigesprache

    Alexiadou gibt den Kritikern aber in einem Punkt recht. Englisch gilt als Prestigesprache der Gebildeten und würde eher geduldet als andere Fremdsprachen. Englisch kann also von manchen genutzt werden, um Zugehörigkeit zu einer Schicht der Erfolgreichen zu markieren. Das Bild von Expats, die in ihrer Blase auf Dauer einen Bogen um die deutsche Sprache machen könnten, hält die Sprachwissenschaftlerin aber für überzeichnet. Dafür sorgten schon allein die Berliner Ämter, die jeden Neuberliner erwarteten. „Allein mit Englisch kommt man auf Behörden auf Dauer nicht weit“, sagt Alexiadou.

    #Berlin #auf_deutsch #Gastronomie

  • Ratgeber für Anschriften und Anreden - Protokoll Inland der Bundesregierung
    https://www.protokoll-inland.de/SharedDocs/downloads/Webs/PI/DE/Allgemeines/Anschriften.html;jsessionid=B97EFD023D7F811D6DB192D99071BE5D.live88
    Les autorités ça existe :-(


    Frédéric-Guillaume IV (1795-1861) roi de Prusse le 7 juin 1840
    https://fr.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%A9d%C3%A9ric-Guillaume_IV

    Der „Ratgeber für Anschriften und Anreden“ ist aus der protokollarischen Praxis entstanden und wird vom Protokoll Inland der Bundesregierung im Bundesministerium des Innern seit 1975 herausgegeben.

    Fast täglich eingehende Anfragen aus den verschiedensten Bereichen zeigen, dass hinsichtlich der Gestaltung von Anschriften, Anreden und Schlussformeln Unsicherheiten bestehen. Der Ratgeber soll deshalb Orientierungshilfen für Formulierungen im Umgang mit Persönlichkeiten des öffentlichen und gesellschaftlichen Lebens geben.

    Oft werden persönliche Beziehungen der Beteiligten für die Gestaltung von Anrede und Schlussformel maßgeblich sein. Sie können in diesen Hinweisen nicht berücksichtigt werden. Die Hinweise sind nicht als Anleitung für die postalisch richtige Beschriftung zu verstehen.

    Bei der Frage, ob die Gestaltung der Anschriften und Anreden eher traditionellen oder progressiven Vorstellungen folgen sollte, hat sich das Bundesministerium des Innern für einen vermittelnden Standpunkt entschieden, indem keine Formulierungen vorgeschlagen werden, die sich nicht allgemein durchgesetzt haben; andererseits wird auf Ausdrucksweisen verzichtet, die bei den betreffenden Personenkreisen kaum mehr praktiziert werden. Fallweise werden mehrere Ausdrucksformen zur Wahl gestellt, damit der Benutzer eine der jeweiligen Gelegenheit angepasste Formulierung finden kann. Es entspricht dem Wesen dieser eher protokollarischen als materiell-rechtlichen Hinweise, dass ihre Quellen mehr im Konventionellen als in geschriebenen Rechtsvorschriften zu finden sind.

    Thèmes analogues
    https://www.protokoll-inland.de/Webs/PI/DE/anschriften-anreden/anschriften-und-anreden-node.html

    on y apprend entre autres des choses sur ...

    Familiennamen mit ehemaligen Adelsbezeichnungen
    https://www.protokoll-inland.de/Webs/PI/DE/anschriften-anreden/familiennamen-mit-adelsbezeichnungen/familiennamen-ehemalige-adelsbezeichnungen-node.html;jsessionid=B97
    ... parche que l’ancienne noblresse joue toujours un rôle pas négligeable dans l’économie et la politique allemande.

    Seit 1919 sind die ehemaligen Adelsbezeichnungen Bestandteil des Familiennamens.

    Alle adelsrechtlichen Privilegien wurden durch Art. 109 Abs. 3 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 (RGBl. S. 1383; sogenannte Weimarer Reichsverfassung) aufgehoben.

    Dies ist auch Ausfluss der Bestimmung des Art. 109 Abs. 1 und 2, wonach ""alle Deutschen vor dem Gesetze gleich (sind)"" und ""Männer und Frauen grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten (haben)"". Die bei Inkrafttreten der Weimarer Verfassung geführten Adelsbezeichnungen wurden Bestandteil des Familiennamens. Art. 109 der Weimarer Reichsverfassung gilt gemäß Art. 123 des Grundgesetzes als einfaches Bundesrecht weiter (vgl. z. B. das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. März 1966 - VII C 85.63 -, BVerwGE 23, 344, 345).

    Obwohl grundsätzlich der Familienname und damit auch ehemalige Adelsbezeichnungen als Bestandteile des Familiennamens unveränderlich sind, entspricht es herrschender Meinung, solche Adelsbezeichnungen geschlechtsspezifisch abzuwandeln (vgl. Entscheidung des Reichsgerichts vom 10. März 1926, RGZ 113, 107, 112 f.).

    Inhaber von Familiennamen, zu deren Bestandteil eine ehemalige Adelsbezeichnung gehört, werden in Anschrift und Anrede mit dem vollständigen Namen genannt.

    In der Anschrift ist daher folgende Reihenfolge bei der Namensnennung üblich: Anrede, Akademischer Grad, Vorname, Familienname (die ehemalige Adelsbezeichnung wird voran gestellt). Beispiel: ""Herrn Dr. Theo Graf von Hinckelstein"".

    Für die Anrede in einem Brief bedeutet dies zum Beispiel: ""Sehr geehrte Frau Gräfin von Hinckelstein"" (im gesellschaftlichen Bereich wird die schriftliche Anrede häufig jedoch noch wie folgt gefasst: ""Sehr geehrte Gräfin von Hinckelstein"").

    Anredeformen wie ""Königliche Hoheit"", ""Hoheit"", ""Durchlaucht"" und dergleichen haben keine rechtliche Grundlage. Das Recht auf solche Prädikate wurde beispielsweise in Preußen aufgehoben durch § 1 Abs. 2 Nr. 3 des ""Gesetzes über die Aufhebung der Standesvorrechte des Adels und die Auflösung der Hausvermögen vom 23. Juni 1920"", Pr.GS S. 367. Diese Anredeformen wurden auch nicht Namensbestandteil; sie dürfen weder als solche noch als Berufsbezeichnung in die Personenstandsbücher eingetragen werden.

    téléchargement du guide
    https://www.protokoll-inland.de/SharedDocs/downloads/Webs/PI/DE/Allgemeines/Anschriften.pdf?__blob=publicationFile&v=6

    Pour les nostalgiques de la dynastie Hohenzollern
    https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Portrait_paintings_of_Friedrich_Wilhelm_IV_of_Prussia

    #auf_deutsch #langue_allemande #administration

  • swissfilmmusic.ch
    https://swissfilmmusic.ch/wiki/Main_Page


    Image de Mission en enfer (CH 2003)
    https://swissfilmmusic.ch/wiki/Mission_en_enfer

    Swiss Film Music Encyclopedia, produced by the Forum Filmmusik Zurich.

    We would like to provide you with information about Swiss film music: film music composers coming from Switzerland or living there, as well as their work.

    This project is based on Swiss Film Music. Anthology 1923–2012 published by the FONDATION SUISA in 2015, a book with 3 CDs and a DVD.

    As a first step of this project, the lexical part of the book along with the available sound and film examples have been transferred to this wiki, and were published in January 2018.

    As a second step, this data will be updated and supplemented with other composers and works.

    Mathias Spohr and Bruno Spoerri are responsible for the entries. – Contact us! http://www.forumfilmmusik.ch

    #cinéma #musique #encyclopédie #auf_deutsch

  • Die NATO und ihre Geschichte – Die North Atlantic Treaty Organization

    https://www.geschichte-lernen.net/geschichte-der-nato


    Die verschiedenen Phasen der Nato Erweiterungen von 1945 bis 2017 | Autor: Patrickneil | Lizenz: CC BY-SA 3.0

    Inhaltsverzeichnis

    1. Geschichte der Nato Gründung

    2. Was ist die Nato? Die Nato Strukturen

    Zivile Organisation der Nato
    Militärische Organisation der Nato

    3. Die NATO während des Kalten Krieges
    4. Glasnost, Perestroika, Wiedervereinigung und die Auflösung des Warschauer Paktes
    5. Der Wendepunkt: Der Krieg in Ex-Jugoslawien
    6. Die NATO im Zeichen der Bekämpfung des Terrors
    7. Der „Kalte Frieden“: Die NATO-Osterweiterung und Russland

    Die Nato Mitgliedsstaaten als Liste

    8. Der Krieg in der Ukraine und der Georgien-Konflikt
    8. Ausblick

    #OTAN #histoire #auf_deutsch

  • Die faschistische Ideologie des israelischen Staats und der Genozid in Gaza
    https://www.wsws.org/de/articles/2023/12/20/pylj-d20.html

    Diesen Vortrag hielt David North, Leiter der internationalen Redaktion der World Socialist Web Site, am 14. Dezember 2023 an der Humboldt-Universität in Berlin.

    Wer an der Humboldt-Universität ankommt und die Eingangshalle des Gebäudes betritt, erblickt das berühmte Zitat von Marx: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“ Dieser grundlegende Aufruf von Marx sollte jeden Redner leiten, wenn er vor einer Versammlung spricht. Wie wird das, was er sagt, dazu beitragen, die Welt zu verändern?

    Zunächst möchte ich meinen Genossinnen und Genossen von der deutschen Sektion der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) dafür danken, dass sie mich eingeladen haben, heute Abend an der Humboldt-Universität zu sprechen. Soweit ich weiß, gab es gewisse Probleme bei der Festlegung des Vortragsthemas, und sie wurden darüber informiert, dass der Titel keinen Hinweis auf den derzeitigen Völkermord durch die israelische Regierung in Gaza enthalten darf. Nun, sie haben sich an diese Regel gehalten, und im Titel findet sich kein Hinweis auf dieses immens wichtige Ereignis. Diese offenkundige Einschränkung der Meinungsfreiheit ist Teil der Bestrebungen der deutschen Regierung, der Medien und der unterwürfigen akademischen Einrichtungen, Widerstand gegen die Verbrechen der Netanjahu-Regierung zu unterbinden und zu diskreditieren.

    Nachdem wir uns nun an die Auflagen zum Vortragstitel gehalten haben, werde ich dennoch über die Ereignisse in Gaza sprechen. Wie wäre es möglich, dies nicht zu tun?

    In den letzten zwei Monaten hat die Welt miterlebt, wie die israelische Regierung mit ungeheurer Brutalität Krieg gegen eine wehrlose Bevölkerung führt. Die Zahl der Todesopfer nähert sich der Marke von 20.000 oder hat sie vielleicht schon überschritten. Mehr als die Hälfte der Getöteten sind Frauen und Kinder. Die Gesamtzahl der Opfer beträgt ein Vielfaches dieser Zahl. In den ersten sechs Wochen dieses Krieges hat Israel 22.000 von den Vereinigten Staaten gelieferte Bomben auf Gaza abgeworfen. Das war nur in den ersten sechs Wochen, seitdem ist eine beträchtliche Zeitspanne vergangen. Um eine Vorstellung vom Ausmaß dieses Angriffs zu gewinnen, sollte man bedenken, dass der Gazastreifen insgesamt 365 Quadratkilometer groß ist, also weniger als die Hälfte der Fläche Berlins (891,3 Quadratkilometer).
    Aufsteigender Rauch nach einem israelischen Bombardement im Gazastreifen, 16. Dezember 2023 [AP Photo/Ariel Schalit]

    Die israelischen Streitkräfte verschonen keinen Teil des Gazastreifens und keinen Teil seiner Bevölkerung. Krankenhäuser, Schulen, Bibliotheken, Flüchtlingslager und andere öffentliche Gebäude werden bombardiert. Journalisten, Ärzte, Lehrer, Schriftsteller und Künstler werden gezielt ins Visier genommen. Der Mord an dem Dichter Refaat Al-Ar’eer ist nur das bekannteste Beispiel für die Tötungen, die auf Geheiß der israelischen Regierung verübt werden.

    Dieses Gemetzel muss gestoppt werden. Und alle, die für die Verbrechen gegen die Bevölkerung im Gazastreifen und gegen die gesamte palästinensische Bevölkerung, die unter der Besatzung lebt, verantwortlich sind, müssen gemäß den in den Nürnberger Prozessen von 1945–1946 aufgestellten Grundsätzen in vollem Umfang zur Rechenschaft gezogen werden. Und wenn es dabei nach mir ginge, würden sie die gleichen Strafen erhalten.

    Die Einschränkung für den Titel dieses Vortrags enthält ein Element der Ironie. Vor fast genau zehn Jahren, im Februar 2014, wurde ich von Sicherheitskräften daran gehindert, an einem Kolloquium teilzunehmen, auf dem der Geschichtsprofessor Jörg Baberowski hier an der Humboldt-Universität eine neue Biografie über Leo Trotzki vorstellen wollte, die Professor Robert Service von der Universität Oxford verfasst hatte. In der Einladung zu der öffentlichen Veranstaltung hieß es, dass Service die Fragen der Teilnehmer beantworten werde.
    Baberowski (olivfarbene Jacke, Hintergrund) und seine Sicherheitsleute versperren David North 2014 den Zutritt zu einem Kolloquium

    Services Trotzki-Biografie ist eine schamlose Geschichtsfälschung. Die Verleumdungen gegen Trotzki darin sind so eklatant, dass führende deutsche Historiker öffentlich dagegen protestierten, weshalb die deutsche Ausgabe erst mit einem Jahr Verzögerung erscheinen konnte.

    Einer meiner Einwände gegen Services Biografie, die ich in mehreren Rezensionen detailliert dargelegt habe, bezog sich auf die antisemitischen Stereotypen, deren sich der britische Historiker in seiner Denunziation von Trotzki ausdrücklich bediente. Dazu gehörten unter anderem Anspielungen auf die Form von Trotzkis Nase und die Änderung seines russischen Vornamens von „Lew“ in „Leiba“ – eine jiddische Variante, die ausschließlich von antisemitischen Feinden des jüdischstämmigen Trotzki verwendet wurde.

    Wie sich bald herausstellte, beruhte das Bündnis der Professoren Baberowski und Service auf einer gemeinsamen antikommunistischen Agenda. Genau an dem Tag, an dem ich von dem Kolloquium an der Humboldt-Universität ausgeschlossen wurde, brachte Der Spiegel in seiner neuesten Ausgabe einen langen Essay, in dem die Verbrechen der Nazis mit dem Argument gerechtfertigt wurden, dass Hitlers Politik eine legitime Antwort auf die „Barbarei“ der bolschewistischen Revolution gewesen sei.

    Neben anderen Interviewpartnern zitierte der Spiegel in diesem Beitrag auch Baberowski, der erklärte: „Hitler war kein Psychopath, er war nicht grausam. Er wollte nicht, dass an seinem Tisch über die Judenvernichtung geredet wird.“[1] Im Weiteren verteidigte Baberowski die nazifreundlichen Ansichten des inzwischen verstorbenen Professors Ernst Nolte, der damals Deutschlands führender Hitler-Apologet war.

    Während die Studierenden der Humboldt-Universität über die Aussagen im Spiegel entsetzt waren, stellten sich die Verwaltung der Humboldt-Universität und die Medien hinter Baberowski. Dies änderte sich auch nicht, nachdem ein deutsches Gericht entschieden hatte, dass Baberowski als Rechtsextremist bezeichnet werden darf. Baberowski genoss und genießt die uneingeschränkte Rückendeckung der Humboldt-Universität. Deshalb konnte er auch einen wissenschaftlichen Mitarbeiter an den Lehrstuhl für die Geschichte Osteuropas berufen, der vor seiner Berufung an die Humboldt-Universität an einer Neonazi-Demonstration gegen die Aufdeckung von Gräueltaten der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg teilgenommen hatte.

    Vor zehn Jahren wurde ich von der Teilnahme an einem Kolloquium an der Humboldt-Universität ausgeschlossen, weil ich beabsichtigte, die Fälschungen von Service und seine Verwendung antisemitischer Verunglimpfungen zu anzuprangern. Heute verbietet die Universität, die sich als unversöhnlicher Gegner des Antisemitismus aufspielt, im Namen der Bekämpfung des Antisemitismus die Erwähnung des Völkermords in Gaza.

    Ich erinnere an diesen Vorfall aus der nicht allzu fernen Vergangenheit, weil er beispielhaft ist für den Zynismus, die Heuchelei, die Demagogie und die hemmungslose Verlogenheit hinter der Kampagne, Opposition gegen Israels Angriff auf Gaza als „antisemitisch“ zu diskreditieren. Diese Verleumdung ist eine wichtige Waffe in den Bemühungen Israels und seiner imperialistischen Komplizen, all diejenigen einzuschüchtern und zu isolieren, die gegen den Völkermord an den Palästinensern protestieren.

    Plötzlich und von vielen überraschenden Seiten sind Kämpfer gegen Antisemitismus aufgetaucht. Letzte Woche wurden in den Vereinigten Staaten Universitätspräsidentinnen nach Washington D.C. vorgeladen, weil sie es versäumt hatten, angeblich antisemitische Proteste auf amerikanischen College-Campussen zu unterbinden. Angeführt wurde die inquisitorische Befragung von der Kongressabgeordneten Elise Stefanik, einer Republikanerin aus einem Bezirk im Bundesstaat New York. Sie wollte wissen, warum die Präsidentinnen der University of Pennsylvania, von Harvard, des Massachusetts Institute of Technology und anderer großer Universitäten Aufrufe zum „Völkermord“ dulden würden – worunter die Kongressabgeordnete jeden Studentenprotest versteht, der ein Ende des Apartheidregimes fordert, das den Palästinensern demokratische Rechte vorenthält.
    Die Abgeordnete Elise Stefanik, eine Anhängerin der faschistischen „Bevölkerungstausch-These“ und Unterstützerin des Aufstands vom 6. Januar 2021, ist auch eine führende Vertreterin der Behauptung, Antizionismus sei Antisemitismus [AP Photo/Mark Schiefelbein]

    Aber was sind die Referenzen von Frau Stefanik als Kämpferin gegen Antisemitismus? Sie ist eine bekannte Verfechterin der so genannten „Bevölkerungsaustausch-Theorie“, wonach die Juden die Vernichtung der weißen Christen planen, um die Weltherrschaft zu übernehmen. Mit anderen Worten, sie ist eine ausgewiesene Antisemitin, im klassischen Sinne des Wortes.

    Das Bündnis von Kräften der extremen Rechten mit dem israelischen Regime ist ein internationales politisches Phänomen. Wie ihr wisst, hat sich die Alternative für Deutschland (AfD), in der ein Politiker den Holocaust als „Vogelschiss“ in der Geschichte abtut, dem Kreuzzug gegen den Antisemitismus angeschlossen. Und würde er noch leben, würde sich zweifellos auch der Führer anschließen.

    Eine Delegation der ukrainischen Asow-Brigade, deren Kämpfer vielfach Nazi-Symbole als Tattoos tragen, besuchte im vergangenen Dezember Israel, um ihre Solidarität mit dem Netanjahu-Regime zu bekunden. All dies sind keine vereinzelten und abstrusen Zerrbilder ansonsten legitimer Bemühungen zur Bekämpfung des Antisemitismus. Vielmehr basiert die gesamte Kampagne auf einer Verfälschung der historischen Ursprünge und der politischen Funktion des Antisemitismus. Die aktuelle Kampagne steht für einen Prozess, den man als „semantische Umkehrung“ bezeichnen könnte. Hierbei wird ein Wort auf eine Weise und in einem Kontext verwendet, die das genaue Gegenteil seiner eigentlichen und seit langem akzeptierten Bedeutung sind.

    Durch die schiere Kraft der Wiederholung, verstärkt durch alle dem Staat und den Leitmedien zur Verfügung stehenden Mittel, wird die Bedeutung eines Begriffs grundlegend verändert. Das angestrebte Ergebnis dieser Verfälschung besteht darin, das politische Bewusstsein in der Bevölkerung zu senken und die Fähigkeit zur Erkenntnis der Realität zu mindern.

    Ein bezeichnendes Beispiel dafür, wie der Begriff „Antisemitismus“ zur Verfälschung der Geschichte, zur Verzerrung der politischen Realität und zur Desorientierung des öffentlichen Bewusstseins verwendet wird, findet sich in der jüngsten Ansprache des überaus redegewandten Robert Habeck, Vizekanzler der Ampel-Regierung in Berlin. In einer Schlüsselpassage erklärte dieser politische Tartuffe:

    Sorge macht mir aber auch der Antisemitismus in Teilen der politischen Linken und zwar leider auch bei jungen Aktivistinnen und Aktivisten. Anti-Kolonialismus darf nicht zu Antisemitismus führen.

    Kann jemand auch nur ansatzweise erklären, wie Anti-Kolonialismus einen antisemitischen Charakter annehmen soll? Habeck weiter:

    Insofern sollte dieser Teil der politischen Linken seine Argumente prüfen und der großen Widerstandserzählung misstrauen.[2]

    In dieser Passage offenbart sich der zentrale Zweck der semantischen Umkehrung des Wortes Antisemitismus. Ein Phänomen, das historisch mit der politischen Rechten assoziiert wurde, wird in ein zentrales Attribut der politischen Linken umgewandelt. Der reaktionäre Zweck dieses Verfälschungsverfahrens zeigte sich in der politischen Vernichtung von Jeremy Corbyn in Großbritannien. Ich bin kein Anhänger von Herrn Corbyn, dessen auffälligster politischer Charakterzug das Fehlen eines Rückgrats ist. Aber ungeachtet aller opportunistischen Sünden, die er begangen hat, ist der Vorwurf des Antisemitismus gegen Corbyn und seine Anhänger in der britischen Labour Party eine üble Verleumdung, die von seinen rechten Gegnern ausgeheckt wurde, um ihn politisch zu vernichten.

    Ein weiteres, noch schmutzigeres Beispiel für diese Verleumdung ist die bösartige Hexenjagd auf Roger Waters. Ein Künstler, der sein Leben und seine Kunst der Verteidigung der Menschenrechte gewidmet hat, wird in einer international orchestrierten Kampagne verfolgt, um ihn als Antisemiten abzustempeln. Hier in Deutschland, in Frankfurt und Berlin, wurden Versuche unternommen, seine Konzerte abzusagen. Und was ist die Motivation für seine Verfolgung? Roger Waters setzt sich für die demokratischen Grundrechte der Palästinenser ein und spricht sich gegen deren Unterdrückung aus.

    Die völlige Entkopplung des Begriffs „Antisemitismus“ von seiner eigentlichen historischen und politischen Bedeutung ist erreicht, wenn er gegen jüdische Menschen gerichtet wird, die zu Tausenden gegen die verbrecherische Politik des israelischen Regimes protestieren. Gegen sie wird ein besonders abscheulicher Ausdruck verwendet: „jüdischer Selbsthass“. Der Kern dieser Beleidigung besteht darin, dass Widerstand von Jüdinnen und Juden gegen die israelische Politik und gegen das gesamte zionistische Projekt nur als Ausdruck eines psychologischen Problems erklärt werden könne, einer pathologischen Ablehnung der eigenen Identität.

    Diese Diagnose geht von der Voraussetzung aus, dass das Judentum als besondere religiöse Identität vollständig im israelischen Staat und der nationalistischen Ideologie des Zionismus aufgegangen ist. Die religiöse Zugehörigkeit eines Individuums – die im Leben des einen oder anderen jüdischen Menschen eine geringe oder gar keine besondere Rolle spielen mag – wird mit einer enormen metaphysischen Bedeutung aufgeladen.

    Dieses ideologische Gebräu beruht nicht auf der Geschichte, sondern auf der biblischen Mythologie. Tatsächlich beruht die Legitimität des zionistischen Projekts auf der Behauptung, dass die Gründung Israels vor gerade einmal 75 Jahren die so genannte „Rückkehr“ des jüdischen Volkes nach 2.000 Jahren Exil in die ihm „von Gott versprochene“ Heimat seiner Vorfahren markiert.

    Dieser mythologische Unsinn entbehrt jeder Grundlage in der historischen Realität. Mehr als 350 Jahre sind vergangen, seit Spinoza in seiner theologisch-politischen Abhandlung die Behauptung widerlegt hat, der Pentateuch sei Moses von Gott diktiert worden. Die Bibel war das Werk vieler Autoren. Wie der Historiker Steven Nadler, eine Autorität in Sachen Spinoza, erklärt:

    Spinoza bestreitet, dass Moses die gesamte oder auch nur den größten Teil der Thora geschrieben hat. Die Verweise im Pentateuch auf Moses in der dritten Person, die Schilderung seines Todes und die Tatsache, dass einige Orte mit Namen benannt werden, die sie zur Zeit Moses nicht trugen, machen ‚ohne jeden Zweifel deutlich‘, dass die Schriften, die gemeinhin als ‚die fünf Bücher Mose‘ bezeichnet werden, in Wirklichkeit von jemandem geschrieben wurden, der viele Generationen nach Mose lebte.[3]

    Ausgehend von seiner Missachtung der Autorität der Bibel erzürnte Spinoza die oberste Geistlichkeit der Rabbiner von Amsterdam weiter und provozierte seine Exkommunikation, indem er die für das Judentum als Religion und den Zionismus als politische Ideologie zentrale Behauptung leugnete, die Juden seien das „auserwählte Volk“. Nadler schreibt:

    Wenn die Ursprünge und die Autorität der Heiligen Schrift heute in Zweifel gezogen werden, dann gilt das auch für ihre vollmundigen Behauptungen über die ‚Berufung‘ der Hebräer. Es ist ‚kindisch‘, so Spinoza, wenn jemand sein Glück auf die Einzigartigkeit seiner Gaben gründet; im Falle der Juden wäre es die Einzigartigkeit ihrer Auserwähltheit unter allen Menschen. In der Tat übertrafen die alten Hebräer andere Völker weder in ihrer Weisheit noch in ihrer Nähe zu Gott. Sie waren den anderen Völkern weder geistig noch moralisch überlegen.

    Spinozas Abtrünnigkeit war durch den rasanten Fortschritt der Wissenschaft im 17. Jahrhundert geprägt und im philosophischen Materialismus verwurzelt. Er ebnete den Weg für die fortschrittlichsten und radikalsten politischen Tendenzen. Damit zog er den Zorn der rabbinischen Hüter der Orthodoxie auf sich. Die Exkommunikation Spinozas wurde in einer Sprache verkündet, die in ihrer Schärfe ohne Beispiel war. Die Exkommunikation lautete auszugsweise:

    Verflucht sei er bei Tag und verflucht sei er bei Nacht; verflucht sei er, wenn er sich niederlegt, und verflucht sei er, wenn er sich erhebt. Verflucht sei er, wenn er hinausgeht, und verflucht sei er, wenn er hereinkommt. Der Herr wird ihn nicht verschonen, sondern dann wird der Zorn des Herrn und sein Eifer über diesen Menschen rauchen, und alle Flüche, die in diesem Buch geschrieben sind, werden auf ihm liegen, und der Herr wird seinen Namen auslöschen unter dem Himmel.[4]

    „Exkommunizierter Spinoza“, Gemälde von Samuel Hirszenberg, 1907 [Photo: Samuel Hirszenberg]

    Obwohl Spinoza auf diese Weise gebrandmarkt wurde, konnte sein Name nicht ausgelöscht werden. Der Einfluss seiner ketzerischen Ideen hat Jahrhunderte überdauert und wesentlich zur Entwicklung des aufklärerischen Denkens – einschließlich der als Haskala bekannten jüdischen Aufklärung – und ihrer revolutionären politischen Folgen im 18., 19. und sogar 20. Jahrhundert beigetragen.

    Die politische Theologie des heutigen Zionismus ist die extreme konterrevolutionäre Antithese und Zurückweisung der fortschrittlichen, demokratischen und sozialistischen Tradition, die sich aus dem an Spinoza und später am Marxismus angelehnten Denken von Generationen jüdischer Arbeiter und Intellektueller herleitet. Durch die Neuinterpretation des religiösen Mythos im Geiste eines extremen Nationalchauvinismus verleiht die zeitgenössische zionistische Theologie der Vorstellung des „auserwählten Volks“ einen durch und durch rassistischen und faschistischen Charakter.

    Die Tatsache, dass sich die israelische Regierung aus Parteien der extremen Rechten zusammensetzt, wird zwar weithin anerkannt, wird jedoch als nebensächliches Detail behandelt, das keinen besonderen Bezug zu den Ereignissen des 7. Oktober und der Reaktion des israelischen Staates hat. Der Einfluss einer apokalyptischen „Theologie der Rache“, die ausdrücklich die Vernichtung aller Feinde Israels fordert, auf die Politik der Netanjahu-Regierung wird in der politischen Berichterstattung über den Krieg praktisch nicht erwähnt.

    Eine zentrale Figur in der Entwicklung der „Theologie der Rache“ war Meir Kahane, der 1932 in Brooklyn geboren wurde und mittlerweile verstorben ist. Sein Vater, Charles Kahane, war ein Freund und Mitarbeiter von Zeev Jabotinsky, dem Führer eines erklärtermaßen faschistischen Flügels der zionistischen Bewegung. Meir Kahane wurde zunächst als Gründer der neofaschistischen Jewish Defense League (JDL) in den Vereinigten Staaten berüchtigt. Die JDL hatte es auf schwarze Organisationen in New York abgesehen, die Kahane als Bedrohung für die Juden verteufelte.

    1971 siedelte Kahane nach Israel über und gründete die vehement anti-arabische Kach-Partei. Seine Anhänger in den Vereinigten Staaten blieben aktiv. Die Workers League, die Vorgängerin der Socialist Equality Party in den Vereinigten Staaten, wurde zur Zielscheibe der JDL, die 1978 in Los Angeles durch einen Bombenanschlag versuchte, eine vom Internationalen Komitee organisierte Vorführung des Dokumentarfilms „The Palestinian“ zu stören.
    Meir Kahane im Jahr 1984 [Photo: Gotfryd, Bernard]

    Kahanes Rolle und Einfluss in Israel wird in einem Essay mit dem Titel „Meir Kahane and Contemporary Jewish Theology of Revenge“ analysiert, der 2015 veröffentlicht wurde. Die Autoren sind zwei israelische Wissenschaftler, Adam und Gedaliah Afterman. Sie erklären, dass die Theologie Kahanes

    um die Behauptung kreiste, dass der Staat Israel von Gott gegründet wurde, als Racheakt gegen die Ungläubigen für deren Verfolgung der Juden, insbesondere für die systematische Ermordung der Juden während des Holocausts.

    Kahanes Kach-Partei forderte die Annexion aller im Krieg von 1967 von Israel eroberten Gebiete und die gewaltsame Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung. Kahane wurde 1984 in die Knesset, das israelische Parlament, gewählt. Die Kach-Partei wurde bei den Wahlen von 1988 verboten, doch ihr Einfluss dauerte an, obwohl Kahane im Jahr 1990 während einer Reise nach New York ermordet wurde.

    Das Essay der Aftermans fasst die drei Grundpfeiler von Kahanes Rachetheorie zusammen.

    Erstens:

    Das Volk Israel ist ein kollektives mythisches Wesen, das ontologisch in der Göttlichkeit verwurzelt ist und sich seit frühesten Tagen zusammen mit Gott einem mythischen Feind gegenübersah. Dieser mythische Feind, „Amalek“, wird im Laufe der jüdischen Geschichte durch verschiedene tatsächliche Feinde verkörpert, und die verschiedenen Verfolgungen und Qualen, die die Juden im Laufe der Geschichte erlitten haben, sind Ausdruck ein und desselben mythischen Kampfes. Darüber hinaus gibt es einen ontologischen Unterschied zwischen der mythischen Nation Israel und den Ungläubigen, insbesondere den Feinden Israels. Der ontologische Unterschied zwischen der jüdischen und der nichtjüdischen Seele setzt den jüdischen Grundsatz außer Kraft, dass die gesamte Menschheit nach dem Bild Gottes geschaffen wurde. Der Glaube, dass Nichtjuden minderwertig seien und die dämonischen Mächte der Geschichte verkörpern, rechtfertigt tödliche Gewalt und Racheakte.

    Zweitens:

    ...Daher, so die Argumentation, trägt das Volk Israel eine religiöse Pflicht, alle möglichen Mittel einzusetzen, um sich an seinen gemeinsamen Feinden zu rächen und seinen gemeinsamen Stolz und Status zu rehabilitieren. Ob sie sich dessen bewusst sind oder nicht, die Palästinenser und andere Kräfte, die Israel bekämpfen, sind Teil eines mythischen, religiösen Kampfes, der die Zerstörung des Volkes Israel und seines Gottes zum Ziel hat. Diese Faktoren erlauben den Einsatz aller Mittel, um die Feinde zu besiegen.

    Drittens:

    Die Gründung des Staates Israel im Jahr 1948, kurz nach dem Holocaust, muss einem einzigen Zweck dienen: die erlösende Rache an den Ungläubigen zu ermöglichen. Die Gründung des modernen jüdischen Staates im historischen Land Israel ist eher ein Instrument, den Erlösungsprozess in Gang zu setzen, als ein Ergebnis oder ein Zeichen eines solchen Prozesses.

    Die drei Säulen zusammenfassend, erklären die Aftermans:

    ...Kahane argumentiert, dass die Ausübung von Rache an dem metaphysischen Feind ‚Amalek‘ (feindliche Ungläubige) von grundlegender Bedeutung ist, um Gott und sein Volk zu erretten, die beide infolge des Holocausts beinahe umgekommen wären. Die Gründung des jüdischen Staates mit seiner institutionalisierten Macht und militärischen Stärke sollte nach Kahanes Ansicht in den Dienst der Erlösung versprechenden Rache gestellt werden. Kahane geht so weit, dass er Racheakte auch an unschuldigen Menschen mit dem Argument rechtfertigt, sie gehörten zum mythischen Feind, der als Voraussetzung für die Erlösung Israels und seines Gottes ausgerottet werden müsse. Seiner Ansicht nach ist der Verlust von unschuldigem Leben, wenn nötig, ein gerechtfertigtes Opfer.[5]

    Kahane interpretierte die Doktrin des „auserwählten Volkes“ so, dass jegliche Verbindung mit traditionellen westlichen Werten völlig abgelehnt wird. In seinem Buch Or Ha’Raayon schrieb er:

    Dies ist ein jüdischer Staat. Er verneigt sich vor dem Judentum und widerspricht ihm nicht. Er handelt nach jüdischen Werten und jüdischen Geboten, auch wenn diese dem Völkerrecht und der Diplomatie widersprechen, auch wenn sie im Gegensatz zum normalen westlichen und demokratischen Lebensstil stehen; dies ist so, auch wenn es seine Interessen gefährdet und ihn von den zivilisierten Nichtjuden zu isolieren droht … Die Aufgabe des Judentums ist es, getrennt, einzigartig, anders und auserwählt zu sein. Dies ist die Rolle des jüdischen Volkes und seines Instruments, des Staates … Wir haben keinen Anteil an den normierten Werten der Nationen. Assimilation beginnt nicht mit Mischehen, sondern mit dem Kopieren und Übernehmen fremder Werte, fremder und nicht-jüdischer Begriffe und Ideen.

    Kahanes Theorie der Rache wurde im Hebräischen mit dem Konzept dessen identifiziert, was er Kiddusch Haschem nannte. Er schrieb:

    Eine jüdische Faust im Gesicht einer verblüfften ungläubigen Welt, die sie seit zwei Jahrtausenden nicht mehr gesehen hat, das ist Kiddusch Haschem. Jüdische Herrschaft über die christlichen heiligen Stätten, während die Kirche, die unser Blut gesaugt hat, ihre Wut und Frustration erbricht – das ist Kiddusch Haschem.

    Tatsächlich kann man Kahanes Kiddusch Haschem – trotz seiner halbherzigen Beschwörung einer angeblich einzigartigen jüdischen Philosophie – als eine hebräischsprachige Variante der Philosophie von Adolf Hitlers Mein Kampf bezeichnen, wobei der Hauptunterschied darin besteht, dass Kahanes hasserfüllte und rassistische Hetzschrift auf Hebräisch von rechts nach links und nicht von links nach rechts geschrieben wurde.

    Kahanes Einfluss blieb auch nach seiner Ermordung in dem zunehmend reaktionären politischen Umfeld Israels bestehen. Am 25. Februar 1994 ermordete einer von Kahanes Studenten, Baruch Goldstein, bei einem Anschlag auf eine Moschee in Hebron 29 Palästinenser und verwundete 150 weitere. Dieses Verbrechen wurde von Kahanes Anhängern gepriesen – darunter der äußerst einflussreiche Rabbiner Yitzchak Ginsburgh, der verkündete, dass der von Goldstein verübte Massenmord ein Akt des Kiddusch Haschem sei.

    Was hat das nun mit heute zu tun? Itamar Ben-Gvir, der Führer der fremdenfeindlichen Partei Otzma Jehudit, ist jetzt Minister für nationale Sicherheit in Netanjahus Koalitionsregierung. Er war Mitglied der Kach-Partei, bevor diese verboten wurde. Er ist nach wie vor ein entschiedener Verfechter der faschistischen Theologie und Politik von Meir Kahane. Im April dieses Jahres hielt Ben-Gvir – flankiert von einem Sicherheitsdienst aus dem Büro des Ministerpräsidenten – eine Rede, in der er sowohl Kahane als auch Baruch Goldstein lobte.
    Präsident Joe Biden (links) und der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu auf dem internationalen Flughafen Ben Gurion, Tel Aviv, 18. Oktober 2023 (AP Photo/Evan Vucci)

    Seit Beginn des Krieges kommt es immer häufiger vor, dass israelische Führer sich auf Kahanes Doktrin der Rache berufen. Letzten Monat erklärte Netanjahu in einer öffentlichen Rede: „Ihr müsst euch daran erinnern, was Amalek euch angetan hat, sagt unsere Heilige Bibel. Und wir erinnern uns.“ Die Tragweite von Netanjahus Verweis auf Amalek wurde in einer Erklärung des israelischen Verteidigungsministers Yoav Gallant deutlich gemacht: „Wir kämpfen gegen menschliche Tiere, und wir handeln entsprechend. Wir werden alles eliminieren – sie werden es bereuen.“ Seit Beginn des Krieges haben führende israelische Politiker zahlreiche Erklärungen gleichen Inhalts abgegeben, die in den genozidalen Taten der israelischen Regierung und des Militärs ihren Ausdruck gefunden haben.

    Inmitten der Verbrechen, die das israelische Regime begeht, gibt es keine größere und heimtückischere Lüge als die Behauptung, dass Widerstand gegen den Zionismus antisemitisch sei und sein müsse. Diese Lüge wird durch die lange Geschichte der Opposition gegen den Zionismus vor 1948 widerlegt. Zigtausende jüdische Arbeiter und Intellektuelle leisteten diesen Kampf über mehrere Generationen hinweg und wiesen den auf einem Mythos beruhenden Ruf nach einer Rückkehr nach Palästina zurück.

    Die Opposition gegen den Zionismus wurde mit größter politischer Klarheit von der sozialistischen Bewegung zum Ausdruck gebracht, die den politisch reaktionären Charakter der Perspektive, einen jüdischen Staat in Palästina zu errichten, erkannte und verurteilte. Man verstand, dass dieses Projekt ein kolonialistisches Unterfangen war, das nur im Bündnis mit dem Imperialismus und auf Kosten der palästinensisch-arabischen Bevölkerung verwirklicht werden konnte, die seit 2.000 Jahren in diesem Gebiet lebt.

    Darüber hinaus strebte die große Mehrheit der Jüdinnen und Juden in ihrem Kampf gegen die traditionelle religiöse Verfolgung und den seit dem späten 19. Jahrhundert aufkommenden politischen Antisemitismus nach politischer und sozialer Gleichberechtigung innerhalb der Länder, in denen sie lebten. Das war vor allem in Deutschland eine wahrhaftige Tatsache. Sie wollten Teil der Massenbewegung gegen Unterdrückung sein. Bei den politisch bewusstesten Teilen der jüdischen Jugend, der Arbeiter und Intellektuellen führte dieses Streben dazu, dass sie aktiv an der sozialistischen Bewegung teilnahmen.

    Die heutige Behauptung, wonach der Zionismus der notwendige und wahre Ausdruck der jüdischen Identität sei, entbehrt jeder historischen Grundlage. Das Fortbestehen demokratischer Überzeugungen und ein Mitgefühl für die Unterdrückten, das in der Erfahrung antisemitischer Vorurteile und Verfolgung wurzelt, kommt auch in der großen Zahl jüdischer Jugendlicher zum Ausdruck, die sich an den Demonstrationen gegen den israelischen Angriff auf die Bewohner des Gazastreifens beteiligen.

    Aller Propaganda zum Trotz wecken die Bilder der Massentötung wehrloser Palästinenser zwangsläufig historische und familiäre Erinnerungen an das Schicksal der Juden unter den Händen der Nazis. Der Krieg gegen die Bevölkerung des Gazastreifens ruft damit nicht nur ein Gefühl der Solidarität mit den Opfern der israelischen Gräueltaten hervor, sondern auch tiefen Zorn, dass die Tragödie des Holocausts für die Rechtfertigung dieses Krieges missbraucht wird.

    Natürlich werden die Zionisten und ihre Apologeten behaupten, dass alles, was ich gesagt habe, nur ein Beweis für meinen eigenen tief verwurzelten Antisemitismus ist, den sie – wie ich bereits erklärt habe – als ein in der sozialistischen Bewegung weit verbreitetes Vorurteil bezeichnen. Je weiter links jemand steht, je nachdrücklicher er oder sie sich gegen Kapitalismus und Imperialismus ausspricht, desto unversöhnlicher ist die Ablehnung des jüdischen Staates und damit der Antisemitismus dieser Person.

    Diese Behauptung ist ebenso absurd wie politisch reaktionär. Da ich seit mehr als einem halben Jahrhundert in der sozialistischen Bewegung aktiv bin, bin ich persönlich wahrhaftig nicht verpflichtet, auf die Behauptung zu antworten, dass ich oder meine Genossen in der trotzkistischen Bewegung Antisemiten seien. Wie man so schön sagt, spricht meine Laufbahn für sich selbst.

    Doch leider trifft das nicht immer zu. Der Vorwurf des Antisemitismus erfordert, dass der politische Werdegang der angegriffenen Person ignoriert und verzerrt werden muss.

    Daher werde ich zum ersten Mal auf diesen Vorwurf reagieren, indem ich meiner bekannten öffentlichen politischen Bilanz Informationen über meinen persönlichen Hintergrund hinzufüge. Da ich nun ein eher fortgeschrittenes Alter erreicht habe und in etwas mehr als einem Jahr meinen 75. Geburtstag feiern werde, halte ich die Zeit für gekommen, dies zu tun. Und zwar nicht, weil es irgendeine Wirkung auf die Verleumder haben würde, sondern weil es in meiner persönlichen Erfahrung Elemente gibt, die bei einer jüngeren Generation Widerhall finden und sie ermutigen könnten, ihren Kampf zur Verteidigung der Palästinenser und gegen alle Formen der Unterdrückung zu verstärken.

    Der prägende Faktor in der Entwicklung eines jeden Menschen ist das soziale und politische Umfeld seiner Zeit, das auf der grundlegendsten Ebene durch die sozioökonomischen Strukturen der Gesellschaft, in die er hineingeboren wurde, bestimmt wird. Die Persönlichkeit eines Menschen wird durch das geformt, was Marx als „Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse“ bezeichnet hat. Aber diese gesellschaftlichen Verhältnisse werden durch persönliche Erfahrungen gebrochen, sowohl durch eigene als auch durch solche, die durch Familie, Freunde, Lehrer, Bekannte usw. vermittelt werden.

    Ich bin ein Amerikaner der ersten Generation, geboren 1950. Der Ort meiner Geburt – ja, meine Existenz – wurde durch die Ereignisse bestimmt, die zum Zweiten Weltkrieg geführt hatten, der nur viereinhalb Jahre zuvor zu Ende gegangen war. Meine Eltern waren beide aus Europa geflohen, um der Verfolgung der Juden durch die Nazis zu entgehen. Meine Mutter Beatrice wurde am 18. Dezember 1913 in Wilmersdorf geboren – genau am selben Tag, an dem Herbert Frahm, auch Willy Brandt genannt, geboren wurde. Das Wohnhaus, in dem sie zur Welt kam, steht noch heute in der Konstanzer Straße. Ihr Vater – mein Großvater – nahm eine bedeutende Stellung im kulturellen Leben Berlins ein. Sein Name war Ignatz Waghalter. 1881 in Warschau in eine sehr arme Musikerfamilie hineingeboren, machte sich Waghalter im Alter von 17 Jahren auf den Weg nach Berlin, um eine ordentliche musikalische Ausbildung zu erhalten.
    Die Familie Waghalter 1889 in Warschau

    Mein Großvater war das 15. von 20 Kindern. Von diesen 20 Kindern starben 13 im Kindesalter, vier davon an einem Tag während der Typhusepidemie von 1888. Von den 20 Kindern überlebten sieben – vier Jungen und drei Mädchen. Mein Großvater war von frühester Kindheit an musikalisch sehr begabt. Im Alter von sechs Jahren trat er bereits im Warschauer Zirkus auf. Im Alter von acht Jahren schrieb und komponierte er eine Revolutionshymne, die so beliebt war, dass die Polizei nach dem Namen und der Identität des rebellischen Musikers forschte. Die Polizei war ziemlich schockiert, als sie feststellte, dass es sich um einen Achtjährigen handelte. Die Familie Waghalter hatte tiefe Wurzeln im revolutionären demokratischen Kampf des polnischen Volkes. Kürzlich entdeckte ich in einer Bibliothek einen revolutionären Marsch, den der Großvater meines Großvaters im Jahr 1848 komponiert hatte.

    Mein Großvater wollte eine echte Ausbildung erhalten. Er wollte nicht nur ein Wandermusiker sein, er wollte in die musikalische Welthauptstadt Berlin ziehen und lernen, wie man ein richtiger Komponist wird. Im Jahr 1897 wurde er mittellos über die Grenze geschmuggelt. Er lebte unter großen Entbehrungen, als der große Geiger und Freund von Johannes Brahms, Joseph Joachim, auf ihn aufmerksam wurde. Auf Joachims Empfehlung wurde mein Großvater in die Akademie der Künste aufgenommen. Im Jahr 1902 wurde seine Sonate für Violine und Klavier mit dem begehrten Mendelssohn-Preis ausgezeichnet. Zwei Jahre später wurde Ignatz‘ jüngerer Bruder Wladyslaw, der ihm nach Berlin gefolgt war, mit demselben Preis für seine Leistungen als Geiger ausgezeichnet.

    Nach dem Studienabschluss erhielt Ignatz eine Stelle als Kapellmeister an der Komischen Oper. Einige Jahre später folgte eine Berufung an das Essener Opernhaus. Der entscheidende Wendepunkt in seiner musikalischen Laufbahn kam jedoch 1912, als er zum Ersten Kapellmeister am neu erbauten Deutschen Opernhaus in der Bismarckstraße in Charlottenburg berufen wurde, heute als Deutsche Oper bekannt. Das ursprüngliche Gebäude wurde natürlich im Zweiten Weltkrieg zerstört und später wieder aufgebaut, befindet sich aber heute noch in derselben Straße. Wladyslaw Waghalter wurde zum Konzertmeister des neuen Opernhauses ernannt, das am 7. November 1912 mit einer Aufführung von Beethovens „Fidelio“ eröffnet wurde. Trotz des lautstarken Widerstands von Antisemiten und zahlreicher Morddrohungen dirigierte Ignatz Waghalter die Uraufführung.

    In den folgenden zehn Jahren behielt mein Großvater seine Position als Erster Kapellmeister am Deutschen Opernhaus. Drei seiner Opern, „Mandragola“, „Jugend“ und „Sataniel“, wurden am Opernhaus uraufgeführt. Waghalter war bekannt dafür, dass er sich für die Opern von Giacomo Puccini einsetzte, dessen Musik ein auf Richard Wagner fixierter Musikbetrieb zuvor abgelehnt hatte. Waghalter dirigierte im März 1913 die deutsche Uraufführung von Puccinis „La Fanciulla del West“ [Das Mädchen aus dem goldenen Westen], bei der Puccini selbst anwesend war. Es war ein Triumph, der Puccinis Ruf als großer Komponist in Deutschland begründete.
    Ignatz Waghalter mit Giacomo Puccini, Berlin, März 1913

    Während seiner langjährigen Tätigkeit am Deutschen Opernhaus hatte Waghalter mit antipolnischen und antisemitischen Vorurteilen zu kämpfen. Obwohl er selbst keine religiösen Rituale pflegte und keine Synagoge besuchte, weigerte sich Waghalter – im Gegensatz zu vielen anderen jüdischstämmigen Dirigenten – zum Christentum zu konvertieren. Der Gedanke, seine Religion zu wechseln, um seine Karriere zu fördern und sich damit den antisemitischen Vorurteilen anzupassen, war ihm zuwider.

    1914, bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs, erhielt Waghalter ein Dirigierverbot, weil er im Russischen Reich geboren war, mit dem sich das kaiserliche Deutschland im Krieg befand. Proteste des opernbegeisterten Publikums in Charlottenburg führten jedoch zu seiner Wiedereinstellung.

    Waghalter blieb am Deutschen Opernhaus, bis dieses 1923 inmitten der katastrophalen Inflationskrise in Konkurs ging. Er verbrachte ein Jahr in den Vereinigten Staaten als Leiter des New York State Symphony Orchestra. Anschließend kehrte er nach Deutschland zurück, wo er zum Generalmusikmeister der Filmgesellschaft UFA ernannt wurde. Eine Rückkehr an die Städtische Oper, wie das reorganisierte und wiedereröffnete Deutsche Opernhaus damals hieß, war für ihn jedoch nicht möglich.

    Die Machtergreifung Hitlers beendete seine Karriere und die seines Bruders als Musiker in Deutschland. Meine Mutter, damals noch keine 20 Jahre alt, hatte eine Vorahnung, dass das Dritte Reich Juden nicht nur die Karriere, sondern auch das Leben kosten könnte. Beatrice drängte ihre Eltern, Deutschland zu verlassen, ehe eine Flucht nicht mehr möglich sein würde. Sie folgten ihrem Rat und verließen Deutschland, reisten zunächst in die Tschechoslowakei und dann nach Österreich.

    Meine Mutter, eine hochbegabte Musikerin, blieb in Deutschland. Sie trat dem Jüdischen Kulturbund bei, wo sie als Sängerin in jüdischen Privathäusern in ganz Deutschland auftrat. Im Jahr 1937 erhielt sie ein Visum für die Einreise in die Vereinigten Staaten. Es gelang ihr, Einreisevisa auch für ihre Eltern zu besorgen. Meine Großeltern trafen im Mai 1937 in New York ein. Schon wenige Tage nach ihrer Ankunft initiierte Ignatz ein Projekt von historischer Bedeutung: die Gründung des ersten klassischen Musikorchesters, das aus afroamerikanischen Musikern bestand.

    Dieses radikale Projekt stieß in dem rassistischen Umfeld der damaligen Zeit auf erbitterten Widerstand. Waghalter lud häufig schwarze Musiker zu Proben in seine Wohnung ein. Dies führte dazu, dass eine Petition in Umlauf gebracht wurde, die von fast allen weißen Bewohnern des Appartementhauses unterzeichnet wurde, und in der sie forderten, Waghalter aus der Wohnung zu werfen , falls er dieses Gebahren fortsetzte.
    Ignatz Waghalter bei einer Probe mit dem Nego Symphony Orchestra. Rechts ein Artikel darüber: „Musik kennt weder Glaubensbekenntnis noch Nationalität“

    Mein Großvater wurde von der afroamerikanischen Zeitung von Baltimore interviewt. Er drückte die Überzeugung aus, die ihn zur Gründung des Symphonieorchesters inspiriert hatte: „Musik, die stärkste Festung der universellen Demokratie, kennt weder Hautfarbe noch Glaube oder Nationalität.“

    Trotz Waghalters immenser Bemühungen machte das reaktionäre Umfeld es unmöglich, das Orchester aufrechtzuerhalten. In den letzten zehn Jahren seines Lebens wurde Waghalter zusehends isoliert. Er verlor den Kontakt zu seiner Familie. Erst nach dem Krieg erfuhr er, dass sein Bruder Wladyslaw (der Deutschland nicht hatte verlassen können) 1940 nach einem Besuch im Gestapo-Hauptquartier plötzlich verstorben war. Seine Frau und eine Tochter kamen 1943 in Auschwitz ums Leben. In der Brandenburgerstraße 49, der Adresse, an der mein Großonkel Wladyslaw gewohnt hatte, sind Stolpersteine eingelassen, die an das Leben und den Tod Wladyslaws und seiner Familie erinnern.
    Stolpersteine für Wladyslaw Waghalter und seine Familie an der Brandenburgerstraße 49, Berlin

    Glücklicherweise gelang einer Tochter Wladyslaws, Yolanda, die Flucht. Sie schaffte es nach Südamerika, lebte in Peru, wo sie erste Geigerin im Symphonieorchester von Lima wurde. Ihr Sohn Carlos, mein Cousin zweiten Grades, lebt heute in New Orleans, und wir sind, praktisch seit wir erwachsen sind, eng befreundet. Ignatz‘ Bruder Joseph starb im Warschauer Ghetto. Zwei der drei Schwestern kamen ebenfalls in Polen ums Leben. Nur sein ältester Bruder, der große polnische Cellist Henryk Waghalter, überlebte den Krieg. Mein Großvater starb unerwartet im April 1949 in New York, im Alter von 68 Jahren.
    Portrait von Toni und Ignatz Waghalter, April 1949. Links: Nachruf der New York Times für Waghalter, 8. April 1949

    Während seines kurzen Exils in der Tschechoslowakei in den Jahren 1935–1936 schrieb mein Großvater seine Memoiren, die mit einem Bekenntnis seine Ideale als Künstler schließen. Er wusste, dass die Nazis eine tödliche Bedrohung für die Juden darstellten, aber er gab seiner Überzeugung Ausdruck, dass die Verbrecher des Dritten Reiches nicht über das ethische und moralische Engagement des jüdischen Volks für Gerechtigkeit siegen würden. Waghalter gab zu, dass er noch nicht wusste, wo er Zuflucht finden würde. Und so beendete er seine Memoiren mit den Worten:

    Wo immer es auch sein mag, ich möchte der Kunst und der Menschheit dienen, gemäß den Worten von Moses: „Du bist aus der Sklaverei befreit worden, um deinen Brüdern zu dienen.“

    Die Auffassung meines Großvaters von der jüdischen Ethik unterschied sich eindeutig von derjenigen, die in der Netanjahu-Regierung und dem heutigen zionistischen Staat vorherrscht. Er wäre entsetzt und erschüttert, wenn er wüsste, was im Namen des jüdischen Volks getan wird. Es gibt keine größere Verleumdung, kein größeres Geschenk an die wahren Antisemiten, als das jüdische Volk mit den Verbrechen in Verbindung zu bringen, die gegenwärtig jeden Tag gegen das unterdrückte palästinensische Volk begangen werden.

    Die Geschichte von meines Großvaters Leben und seiner Beziehung zu der Katastrophe, die das europäische Judentum überrollt hatte, war ein ständiges Gesprächsthema in meinem Elternhaus. Meine Großmutter, Ignatz‘ Witwe, die wir Omi nannten, lebte bei uns. Ich verbrachte unzählige Stunden in ihrem Zimmer, wo sie mir vom Leben in Berlin erzählte, von den Freundschaften mit so vielen großen Künstlern, davon, dass Giacomo Puccini sie in den Hintern gekniffen hatte, von all den Freunden, die sie kannte, von den Schriftstellern und sogar von Wissenschaftlern wie Albert Einstein, der häufig in der Wohnung in der Konstanzerstraße zu Gast war. Gern spielte er dort mit seiner Geige in einem Streichquartett mit. Die Mitbewohner hatten nichts dagegen.

    Die Geschichten meiner Großmutter wurden durch die Erzählungen meiner Mutter ergänzt, die ein besonders enges Verhältnis zu ihrem Vater gehabt hatte. Die meisten Geschichten wurden auf Deutsch erzählt, das bei uns zu Hause gleichberechtigt neben dem Englischen stand.

    Zumindest in der Straße, in der ich wohnte, war das nicht ungewöhnlich. Viele unserer Nachbarn waren Flüchtlinge: Dr. Jakobius, Frau London, Frau Spitzer, Frau Rehfisch, Walter und Uschi Bergen, Dr. Hartmann und Dr. Gutfeld. Es gab noch andere, an deren Namen ich mich nicht erinnere, aber es war, als ob ein beträchtlicher Teil Charlottenburgs in einem Vorort von New York City neu entstanden wäre. Und dann waren da noch die vielen Freunde, die in anderen Teilen der Stadt lebten, aber häufig zu Besuch kamen: Greta Westman, Dela Schleger, Kurt Stern ...

    Viele der Gespräche, in denen das Leben in Berlin geschildert wurde, endeten mit dem Satz: „Und dann kam Hitler.“ Das war das Ereignis, das alles veränderte. In meinem jungen Kopf führte das zu vielen Fragen. „Wie kam Hitler?“ „Warum kam Hitler?“ „Hat ihn jemand vor 1933 kommen sehen?“ „Wann haben meine Großeltern und meine Mutter zum ersten Mal von Hitler gehört und erkannt, dass er kommen könnte?“ Und schließlich die wichtigste Frage von allen: „Warum haben die Menschen Hitlers Kommen nicht verhindert?“

    Das war eine Frage, auf die niemand, den ich kannte, eine vollständige und überzeugende Antwort hatte. Immerhin waren die Antworten, die ich zu Hause erhielt, in einigen Punkten hilfreich. Erstens wurden die Nazis eindeutig als rechtsgerichtete Bewegung gekennzeichnet. Die Trennlinie zwischen Gut und Böse verlief in meiner Familie also nicht zwischen Deutschen und Juden, sondern zwischen links und rechts. Diese Trennung, so betonte meine Mutter, gab es nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt und natürlich auch in den Vereinigten Staaten. Gelegentlich schaute sie sich bestimmte amerikanische Politiker an und sagte: „Ich traue dieser Bande nicht.“

    In diesem Punkt war meine Mutter besonders nachdrücklich. Sie hasste den Faschismus. Wenn sie eine bestimmte, besonders anstößige soziale und politische Haltung feststellte oder ihr begegnete, neigte sie dazu, die betreffende Person als „einen echten Faschisten“ zu bezeichnen.

    Sie war sich der Existenz von Antisemitismus in Deutschland vor Hitler durchaus bewusst. Solchen Tendenzen begegnete sie schon vor Hitlers Aufstieg unter den Lehrern ihrer Schule. Aber über diese Tendenzen sagte sie oft, dass sie nie geglaubt hätte, dass sie sich zwangsläufig bis zum Massenmord entwickeln würden. Sie glaubte nicht an eine solche Unvermeidbarkeit. Außerdem hat sie nie eine Spur von Hass oder Bitterkeit gegenüber den Deutschen gezeigt. Sie war stolz darauf, dass ihre Kenntnisse der deutschen Sprache auch 60 Jahre nach ihrer Flucht aus Deutschland nicht verblasst waren.

    Es sollte noch viele Jahre dauern, bis ich eine politisch überzeugende Antwort finden konnte, die erklärte, wie der Faschismus in Deutschland an die Macht gekommen war. Wie viele meiner Generation habe ich die Bürgerrechtsbewegung, die Ghettoaufstände und den Vietnamkrieg miterlebt. Die explosiven Ereignisse der 1960er Jahre regten mich zum Geschichtsstudium an und förderten mein Bedürfnis, aktuelle Ereignisse in einen größeren zeitlichen Rahmen einzuordnen. Darüber hinaus trieben mich die Wut über den nicht enden wollenden Vietnamkrieg und die stetig wachsende Desillusionierung über die Demokratische Partei und den amerikanischen Liberalismus weiter in Richtung Sozialismus. Dieser Prozess führte schließlich dazu, dass ich im Herbst 1969 erstmals die Schriften von Leo Trotzki entdeckte.

    Ich vertiefte mich in das Studium seiner verfügbaren Schriften: seine monumentale „Geschichte der Russischen Revolution“, seine Autobiographie „Mein Leben“, „Der neue Kurs“, „Die Lehren des Oktober“ und „Die verratene Revolution“. Alle diese Werke bildeten die Grundlage für meine Entscheidung, mich der trotzkistischen Bewegung anzuschließen. Aber der Band, der mich am meisten beeindruckte, war eine Sammlung von Trotzkis Schriften, die dem Kampf gegen die Machtergreifung der Nazis zwischen 1930 und 1933 gewidmet waren.

    Während dieser entscheidenden Jahre lebte Trotzki im Exil auf der Insel Prinkipo, vor der Küste Istanbuls. Das stalinistische Regime hatte ihn dorthin verbannt. Von dort, aus einer Entfernung von über 2.000 Kilometern, verfolgte er die Ereignisse in Deutschland. Seine Artikel, seine Warnungen vor der Gefahr, die von Hitler und der Nazipartei ausging, sind in der politischen Literatur ohne Beispiel.
    Leo Trotzki an seinem Schreibtisch in Prinkipo

    Trotzki erläuterte nicht nur das Wesen des Faschismus – seine Klassenbasis und seine wesentliche Funktion als Instrument des politischen Terrors gegen die sozialistische und die Arbeiterbewegung –, sondern er erklärte auch, wie die Nazis besiegt werden könnten. Er entlarvte die Politik der stalinistischen Kommunistischen Partei, der so genannten Dritten Periode, die behauptete, dass Sozialdemokratie und Faschismus identisch seien. Dieser bankrotten ultralinken Politik setzte er den Aufruf zu einer Einheitsfront aller Parteien der Arbeiterklasse entgegen, um die faschistische Gefahr zu besiegen. Seine Warnungen wurden ignoriert. Der Stalinismus und der Verrat der Sozialdemokratie machten den Sieg der Nazis möglich.

    Aber Hitlers Aufstieg zur Macht, die darauf folgende Katastrophe des Zweiten Weltkriegs und der Holocaust waren nicht unvermeidlich. Sie waren das Ergebnis des politischen Verrats der reformistischen und stalinistischen Führungen der Arbeiterklasse. Das zu verstehen, zu begreifen, was Faschismus war – und, wenn ich daran zurückdenke, die Erkenntnis, dass ich nur wenige Jahrzehnte nach all dem aufgewachsen bin – hatte eine tiefgreifende Wirkung auf mich. Die Überzeugung, dass es nie wieder Faschismus geben darf, und die Einsicht, dass es möglich ist, diesen politischen Horror zu besiegen, verpflichteten mich, in der sozialistischen Bewegung aktiv zu werden, insbesondere in jener politischen Organisation, die die größte Bedrohung der Menschheit richtig analysiert und eine Antwort darauf gegeben hatte.

    Trotzki sah den Grund für den Aufstieg des Faschismus nicht in der deutschen Psyche, sondern in der historischen Krise des Kapitalismus und des Nationalstaatensystems. Hitler und das faschistische Regime stellten letztlich den verzweifelten Versuch des deutschen Kapitalismus dar, durch Krieg und Massenmord eine Lösung für die Schranken zu finden, die ihm durch das bestehende nationalstaatliche System auferlegt worden waren. Er war gezwungen, „Europa neu zu ordnen“. Aber dies war kein ausschließlich deutsches Problem. Die Krise hat den amerikanischen Imperialismus vor eine noch größere Herausforderung gestellt, die ihn bis heute beschäftigt: die Aufgabe, die Welt neu zu ordnen.

    In späteren Schriften, die er nach Hitlers Machtübernahme verfasste, warnte Trotzki davor, dass dem europäischen Judentum durch den Sieg des Faschismus und den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs die Vernichtung drohte. Diese Gefahr, so schrieb er, könne der Zionismus nicht abwenden, weil er eine nationale Lösung für ein Problem anstrebe, das in den globalen Widersprüchen des kapitalistischen Systems wurzelt.

    Nach dem Sieg der Nazis betonte Trotzki, dass das Schicksal der Juden mehr denn je mit dem Schicksal des Sozialismus verbunden sei. In einem Brief vom 28. Januar 1934 schrieb er:

    Die jüdische Frage ist nun, als Ergebnis des ganzen historischen Schicksals des Judentums, eine internationale Frage geworden. Sie kann nicht durch den „Sozialismus in einem Land“ gelöst werden. Unter den gegenwärtigen Bedingungen der übelsten und niederträchtigsten antisemitischen Verfolgungen und Pogrome können und müssen die jüdischen Arbeiter revolutionären Stolz aus dem Bewusstsein schöpfen, dass die Tragik des jüdischen Volkes nur durch einen vollständigen und endgültigen Sieg des Proletariats überwunden werden kann.[6]

    Diese Perspektive hat sich in der Geschichte bestätigt. Diejenigen, die behaupten, die Gründung Israels sei ein politischer Triumph gewesen, haben eine merkwürdige Vorstellung davon, was ein politischer Triumph ist. Die Schaffung eines Staates, der auf dem unverhohlenen Diebstahl von fremdem Land beruht, der auf rein rassistischer Grundlage die demokratischen Grundrechte, die allen Bürgern zustehen sollten, verweigert, der Hass und Rache als Grundlage der Staatspolitik etabliert, der seine eigenen Bürger systematisch darauf abrichtet, die Menschen zu töten und zu quälen, denen er das Land gestohlen hat, und der sich zum meistgehassten Staat der Welt gemacht hat – das kann kaum als „politischer Triumph“ bezeichnet werden. Es ist eine politische Degradierung.

    Der anhaltende Krieg hat trotz all seiner Schrecken einen wichtigen politischen Beitrag geleistet. Er hat die Jugend wachgerüttelt. Er hat der Welt die Augen geöffnet. Er hat das zionistische Regime und seine imperialistischen Komplizen als die Verbrecher entlarvt, die sie sind. Er hat eine Flutwelle der Empörung in Bewegung gesetzt, die sich weltweit ausbreitet. Sie wird auch die Verantwortlichen für diesen Völkermord überschwemmen.

    Aber die große Herausforderung, vor der unsere Bewegung steht, besteht darin, die Empörung mit einem revolutionären sozialistischen Programm zu verbinden, das die globale Arbeiterklasse in einem gemeinsamen Kampf gegen die imperialistische Barbarei vereinen kann. Unsere Bewegung – und nur unsere Bewegung – ist in der Lage, diese Herausforderung zu meistern. Sie verkörpert eine große politische Geschichte und eine große politische Erfahrung, die nun ein ganzes Jahrhundert umspannt. Es gibt keine andere Partei, die in einer Krise, wie wir sie jetzt erleben, ein Verständnis für ihre Dynamik und eine Perspektive vorlegen kann, um in die Situation einzugreifen und sie im Interesse der Arbeiterklasse zu ändern.

    Auch wenn dieser Vortrag kein formeller Bericht über den 100. Jahrestag des Trotzkismus war, hoffe ich doch, dass er zum Verständnis dessen beigetragen hat, was die trotzkistische Bewegung ist und in welchem Verhältnis sie zu den aktuellen Kämpfen steht, mit denen wir konfrontiert sind.

    #Pologme #USA #Israël #Palestine #Allemagne #Berlin #Charlottenburg #Konstanzer_Straße #Bismarckstraße #opéra #musique #nazis #antisemitisme #sionisme #fascisme #auf_deutsch

  • Auf zum Letzten Gefecht
    https://kulturhaus-loschwitz.de/edition-buchhaus/edition-buchhaus-loschwitz

    Thomas Naumann, Essays zu Bertolt Brecht und Friedrich Wolf, Klappenbroschur, 264 Seiten , ISBN 978-3-9822049-8-7, 17 €

    Anhand von zwei Exil-Schriftstellern, Bertolt Brecht und Friedrich Wolf, setzt sich Thomas Naumann mit der immer währenden Utopie, dem Stre- ben nach dem Neuen Menschen auseinander. Das Heilsversprechen, grün- dend auf der christlichen Idee, zeigt er entlang des Werkes Brechts, der sich sehr großzügig aus dem Reichtum der Bibel bediente, auf. Beim Kommunisten und Dramatiker Friedrich Wolf sieht er dessen messianischen Eifer, der antreibt und gläubig irreführt. Der Ruf nach einer besseren, einer guten Neuen Welt war immer der Boden für Knechtschaft, Unterdrückung und Totalitarismus – das blutige 20. Jahrhundert steht hier nur beispielgebend.

    Rezension bei Amazon
    https://www.amazon.de/gp/customer-reviews/R63DAI5X8L10F/ref=cm_cr_srp_d_rvw_ttl?ie=UTF8&ASIN=3982204984

    Michael Dienstbier

    „Nicht mehr die Religion ist das Opium des Volkes - es ist das Gift des Moralins.“ (238)

    Rezension aus Deutschland vom 4. April 2021
    Jede Zeit hat ihren utopischen Ungeist. Jede Utopie wiederum hat denselben Feind: die Wirklichkeit. Oder genauer: die noch nicht vom Geist der Utopie durchdrungenen Menschen der alten Zeit, die der goldenen Zukunft im Wege stehen. Diese Menschen müssen im Namen des Fortschritts, des Guten, der Wahrheit etc. pp. beseitigt werden - zugunsten des Neuen Menschen für die Neue Zeit. Dem utopischen Wahn verfallen auch immer die Klügsten ihrer jeweiligen Generation. Zweien davon hat der Naturwissenschaftler Thomas Nauman sein Buch „Auf zum letzten Gefecht“ gewidmet, welches neu in der Exil-Reihe der Edition Buchhaus Loschwitz erschienen ist: Berthold Brecht und Friedrich Wolf, Naumanns Vater.

    Die Darstellung ist klar strukturiert: 140 Seiten Brecht, 100 Seiten Wolf. Ausgehend von Brechts bekannter Aussage, kein Buch habe ihn mehr inspiriert als die Bibel, durchforstet Naumann das Werk des Dramatikers nach christlich-religiösen Einflüssen. Diese Mischung aus utopisch-kommunistischem Impetus und christlicher Heilslehre, so der Autor, durchziehe das gesamte Werk Brechts: „Die Oh-Mensch-Dramatik seiner Zeit ist ihm fremd. Er will provozieren. Dazu schlägt er unerhört neue Töne an: zynische, anarchische, expressionistische, nihilistische. Aber inmitten alles Schrillen und Neuen kehrt ein Ton immer wieder – der Ton der Bibel.“ (29) In germanistischer Fleißarbeit reiht Naumann nach Stücken sortiert Zitat an Zitat, um seine These zu untermauern. Dieser Menge hätte es nicht gebraucht; eine exemplarische Auswahl wäre ausreichend gewesen, um das Offensichtliche zu zeigen, zumal sich einige Zitate wiederholen. Zielführender wäre eine genauere Untersuchung von Brechts Reaktionen auf den stalinistischen Terror oder seiner anhaltenden Popularität bis zum heutigen Tage gewesen, was nur in Ansätzen geschieht.

    Friedrich Wolf war Dramatiker, Mitgründer der DEFA, Herausgeber der Zeitschrift „Kunst und Volk“ und bis 1951 erster Botschafter für die DDR in Polen. Naumann spürt in der Biographie seines Vaters den Ursprüngen dessen utopischen Glaubens nach. Seit 1928 KPD-Mitglied, 1933 in die Sowjetunion emigriert und 1937 vor den stalinistischen Säuberungen nach Spanien geflohen, um im dortigen Bürgerkrieg gegen Franco zu kämpfen, sei er bis zu seinem Tod 1953 zutiefst überzeugt von der vom Kommunismus prophezeiten goldenen Zukunft gewesen. Auch hier betont Naumann das irrationale Element, welches das religiöse mit dem säkularen Heilsversprechen verbinde: „Glaube und Kommunismus haben einen gemeinsamen Kern: Der revolutionäre Kern des Glaubens ist der gläubige Kern der Revolution.“ (230)

    Und heute? Das Zeitalter der säkularen Heilsversprechen sei vorbei, so Naumann. Es wimmele allerdings von kollektiven und individuellen Surrogaten, die nicht minderer destruktiv wirkten: „Dazu gehören einerseits von politischer Korrektheit und Aktivistentum geprägte Bewegungen und andererseits die Selbstoptimierung. Letztere hat das Kollektiv durch das Individuum ersetzt und die Gesellschaft atomisiert. Der neue Mensch will immer besser und fitter, immer gesünder und glücklicher werden. Sein Antrieb ist nicht mehr die Verbesserung der Welt, sondern Körperkult und Sport, Schönheit und Sex.“ (236) Hier ließe sich diskutieren, ob es sich bei global vorangetrieben utopischen Projekten wie den Kämpfen gegen Virus und Klimawandel nicht doch um die alten quasi-religiösen Heilsversprechen in neuen Schläuchen handelt.

    Der zweite Teil liest sich flüssiger als der erste: weniger Zitate, weniger Redundanzen. Den auf der Hand liegenden Gegenwartsbezug utopischen Denkens und dessen Gefahren behandelt Naumann nur ganz knapp am Ende des Buches. Hier hätte man sich etwas mehr Ausführlichkeit gewünscht. Alles in allem dennoch eine ergiebige Lektüre zum großen Thema unserer Zeit.

    #auf_deutsch

  • Goethe, Faust, 1790, Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein !
    https://www.projekt-gutenberg.org/goethe/faust1/chap005.html


    Carl Spitzweg, Der Sonntagsspaziergang

    En 1790 une énorme distance sépare Weimar et Constantinople. C’est la perspective des citadins dans le Faust de Goethe. Dans la scène de balade du dimanche un bourgeois se montre très content de ce fait. En province on voudrait encore aujourd’hui revenir à cette époque dorée quand rien ne dérangeait son calme. Ce sentiment est au coeur de toute politique réactionnaire. La peinture de Carl Spitzweg reprend le même sujet 50 ans plus tard.

    Bürger:

    Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
    Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
    Wenn hinten, weit, in der Türkei,
    Die Völker aufeinander schlagen.
    Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
    Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
    Dann kehrt man abends froh nach Haus,
    Und segnet Fried und Friedenszeiten.

    Dans le même acte un exemple d’image pastorale qui exprime la nostalgie verte d’une époque perdue. Goethe ne cesse de fournir les éléments incontournables pour comprendre le caractère allemand profondément anxieux et conservateur.

    ... encore six mois ...

    Faust:

    Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
    Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
    Im Tale grünet Hoffnungsglück;
    Der alte Winter, in seiner Schwäche,
    Zog sich in rauhe Berge zurück.
    Von dorther sendet er, fliehend, nur
    Ohnmächtige Schauer kornigen Eises
    In Streifen über die grünende Flur;

    Aber die Sonne duldet kein Weißes,
    Überall regt sich Bildung und Streben,
    Alles will sie mit Farben beleben;
    Doch an Blumen fehlt’s im Revier
    Sie nimmt geputzte Menschen dafür.

    Kehre dich um, von diesen Höhen
    Nach der Stadt zurückzusehen.
    Aus dem hohlen finstern Tor
    Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
    Jeder sonnt sich heute so gern.

    Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
    Denn sie sind selber auferstanden,
    Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
    Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
    Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
    Aus der Straßen quetschender Enge,
    Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
    Sind sie alle ans Licht gebracht.

    Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
    Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
    Wie der Fluß, in Breit und Länge
    So manchen lustigen Nachen bewegt,
    Und bis zum Sinken überladen
    Entfernt sich dieser letzte Kahn.
    Selbst von des Berges fernen Pfaden
    Blinken uns farbige Kleider an.

    Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
    Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
    Zufrieden jauchzet groß und klein:
    Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!

    #auf_deutsch #poésie #théâtre #printemps #petite_bourgeoisie

    • il est à noter que Goethe ne fait pas mention du faust dans Campagne de France ; on y trouve la trace du maire de Varenne qui proceda à l’arrestation de Louis xvi - dans la prison de Verdun - Huffer présente il les documents relatifs à cet extraordinaire personnage dans Quellen zur Geschichte etc ?

  • Wolf Biermann zu Gast bei Wolfgang Neuss (1965)
    https://www.youtube.com/playlist?list=PL76F6F6BF188016A1

    Après cette soirée Wolf Bierman. a perdu l’autorisation de se présenter à l’Ouest et Wolfgang Neuss eté obligé à fermer sa salle après avoir collecté des dons pour le vietcong pendant ses conférences.

    Die reaktionäre Tante Tagesspiegel macht beim lesen weiße Finger, so rieselt der Kalk.

    A propos de la communication au sein de l’hierarchie militaire

    Innere Führungs-Kettenreaktion!

    Der Oberst sagt zum Adjudanten:
    – Morgen früh, neun Uhr ist eine Sonnenfinsternis. Etwas, was nicht alle Tage passiert! Die Männer sollen im Drillich auf dem Kasernenhof stehen und sich das seltene Schauspiel ansehen! Ich werde es ihnen erklären. Falls es regnet werden wir nichts sehen, dann sollen sie in die Sporthalle gehen!

    Adjudant zum Hauptmann:
    – Befehl vom Oberst: Morgen früh um neun ist eine Sonnenfinsternis. Wenn es regnet, kann man sie vom Kasernenhof aus nicht sehen, dann findet sie im Drillich in der Sporthalle statt. Etwas, was nicht alle Tage passiert. Der Oberst wird’s erklären, weil das Schauspiel selten ist!

    Hauptmann zum Leutnant:
    – Schauspiel vom Oberst: Morgen früh neun Uhr im Drillich, Einweihung der Sonnenfinsternis in der Sporthalle! Der Oberst wird’s erklären, warum es regnet! Sehr selten so was!

    Leutnant zum Feldwebel:
    – Seltener Schauspielbefehl! Morgen um neun wird der Oberst im Drillich die Sonne verfinstern, wie es alle Tage passiert in der Sporthalle, wenn ein schöner Tag ist. Wenn’s regnet: Kasernenhof!

    Feldwebel zum Unteroffizier:
    – Morgen! Um neun! Verfinsterung des Obersten im Drillich wegen der Sonne! Wenn es in der Sporthalle regnet, was nicht alle Tage passiert, antreten auf’m Kasernenhof. Sollten Schauspieler dabei sein, soll’n sich selten machen!

    Gespräch unter den Soldaten:
    – Haste schon gehört, wenn’s morgen regnet?
    – Ja, ick weeß – der Oberst will unser’n Drillich vafinstan!
    – Dit dollste Ding: Wenn die Sonne keinen Hof hat, will er ihr einen machen
    – Schauspieler soll’n Selter bekommen, typisch
    – Dann will er erklären, warum er aus rein sportlichen Gründen die Kaserne nicht mehr sehen kann
    – Schade, dass das nich alle Tage passiert!

    Wundern Sie sich jetzt noch, warum auf den Truppenübungsplätzen die Manöverbeobachter nie voll getroffen werden?

    #humour #parodie #satire #politique #armée #auf_deutsch

  • Berliner Plansche-Prozess : Zu Unrecht verwiesen
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1176686.antidiskriminierung-berliner-plansche-prozess-zu-unrecht-verwiese
    Pendant le procès que mène une ne jeune femme devant la plus haute instance de justice pour obtenir une compensation à cause de l’intervention illégale des forces de l’ordre contre elle l’avocat qui représente le Land de Berlin tente de présenter la plaignante comme responsable du préjudice subi.

    https://youtube.com/watch?v=hmMFx4OfYOc

    L’équipe du Browser Ballet parodie les préjugés et partis pris rendus visibles par cette affaire

    1.10.2023 von Thuy-An Nguyen

    Weil Gabrielle Lebreton sich mit nacktem Oberkörper auf einem Spielplatz aufhielt, wurde sie des Ortes verwiesen. Darauf folgten eine Welle der Solidarität, eine Klage gegen das Land Berlin und zähe Gerichtsprozesse. Mittlerweile zehren die Verhandlungen an der Frau, die am Freitag im Berufungsverfahren am Kammergericht sitzt.

    Sicherheitsdienst und Polizei hatten Lebreton im Juli 2021 auf dem Wasserspielplatz Plansche im Plänterwald wegen »ungehörigen« Verhaltens gerügt, weil sie zum Sonnen ihr Oberteil ausgezogen hatte. Sie musste den Platz mit ihrem Kind verlassen. Gleichzeitig hielten sich auf dem Platz viele Männer mit nacktem Oberkörper auf. Ihr Fall weckte viel Aufmerksamkeit, unter anderem in den sozialen Medien. In Berlin demonstrierten Frauen mit nackten Oberkörpern oder Männer mit BHs, während sie mit dem Fahrrad durch die Stadt fuhren. Die Betroffene Lebreton verklagte das Land wegen Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts. Doch ihre Klage scheiterte in erster Instanz vor dem Landgericht. Begründung: Die Klägerin habe das »geschlechtliche Schamgefühl« in Teilen der Gesellschaft verletzt. Lebreton ging mit ihrer Anwältin Leonie Thum in Berufung.

    Die Klage beruft sich auf das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG), welches erst im Juni 2020 vom Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet wurde. Es gilt als Meilenstein, denn es ist das erste und bisher einzige Gesetz seiner Art auf Landesebene in Deutschland. Kern des LADG ist, Diskriminierung durch öffentliche Stellen und Behörden des Landes wie Schulen, Bürgerämter, Polizei oder Gerichte zu verbieten. Betroffenen gibt es die Möglichkeit zu klagen, und es schließt eine Rechtslücke des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, denn das gilt nur für Diskriminierung im privaten Bereich wie bei der Arbeit oder auf dem Wohnungsmarkt.

    Bereits in der ersten Instanz habe das Landgericht die verfassungsrechtlichen Maßstäbe im LADG übergangen, meint Anwältin Thum. Nach Artikel 3 des Grundgesetzes darf kein Mensch wegen seines Geschlechts bevorzugt oder benachteiligt werden. Thum legt dar, dass das Land Berlin mit aufwendigen Mitteln eine Ombudsstelle eingerichtet habe, welche die Umsetzung des LADG überprüfe. Nach dem Verweis Lebretons von der Plansche schaltete sich die Ombudsstelle ein und bewirkte, dass der Bezirk Treptow-Köpenick und sämtliche Berliner Bäder ihre Nutzungsordnungen anpassten. Seitdem ist es allen Geschlechtern offiziell erlaubt, ihren Oberkörper unbekleidet zu lassen – auch in der Plansche. Es ist eine Entwicklung, die den weiteren Verlauf des Plansche-Prozesses wesentlich bestimmt.

    Nun steht die Forderung der Klägerin auf Entschädigung offen: Die vom Gericht vorgeschlagene Summe von 500 Euro Schadensersatz sei nicht genügend, sagt Thum. »Diese Summe hat über einen längeren Zeitraum keinen Effekt, da sie keinen Sanktions- oder Präventionscharakter hat«, sagt die Anwältin. Um zu verhindern, dass es künftig zu vergleichbarer Diskriminierung komme, fordert Thum 10 000 Euro Entschädigung. Sie verweist dabei insbesondere auf die Folgeschäden Lebretons: »Im ganzen Verfahren wurde ihr Fall nicht als Diskriminierung anerkannt. Das Verhalten und die Behandlung der Mandantin im Nachgang ist besonders wichtig, da es ihre Belastung verschlimmert hat.«

    Unterdessen argumentiert Rechtsanwalt Eike-Heinrich Duhme, der das Land vertritt, Sicherheitsdienst und Polizei seien im Fall Plansche nicht als behördliche Vertreter anzuprangern: Der Sicherheitsdienst habe nicht öffentlich-rechtlich gehandelt und die Polizei sei lediglich zur Amtshilfe verpflichtet gewesen. Sie habe kein »tiefgreifendes Prüfungsrecht gehabt« und den Sicherheitsdienst lediglich beim Ausführen seines Auftrags unterstützt. Zudem habe der Bezirk das Verhalten der Klägerin gar nicht als ordnungswidrig nach Paragraf 118 beanstandet und »viel dafür getan, ihr entgegenzukommen«. Dass die Klägerin im Nachgang schwer belastet gewesen sei, wäre jedoch vermeidbar gewesen, indem sie der »höflichen Bitte des Sicherheitsdienstes Folge geleistet hätte«, ihr Oberteil wieder anzuziehen.

    Diese Darstellung, wendet Anwältin Thum umgehend ein, sei eine klassische, retraumatisierende Täter-Opfer-Umkehr. »Die Auswirkungen der Diskriminierung sind nicht ihre Schuld«, sagt Thume. Zu argumentieren, ihre Mandantin hätte sich den Prozess ersparen können, wenn sie den Anweisungen gefolgt wäre, verstärke nur die Diskriminierung. Am Ende der fast dreistündigen Verhandlung am Freitag legt die Vorsitzende Richterin Cornelia Holldorf der Klägerin nahe, über eine einvernehmliche Lösung ohne Urteil nachzudenken. Schließlich würde ein solches Ereignis aufgrund der vorgenommenen Änderungen heute nicht mehr so passieren, betont Holldorf. Nachdem die Nutzungsordnung geändert wurde, »bleibt nicht viel zu kompensieren«, stellt sie fest.

    Doch Klägerin Lebreton schließt den vorgeschlagenen Vergleich aus. »Ich habe nach zwei Jahren kein Vertrauen mehr, dass die diskriminierende Behandlung anerkannt wird«, sagt die 39-Jährige. »Ich möchte, dass das Gericht eine Entscheidung trifft.« Da Lebreton einen Vergleich ablehnt, schlägt Richterin Holldorf ein sogenanntes Anerkenntnis vor. Dieses stellt im Zivilrecht eine Erklärung dar, mit der der Beklagte im Gerichtsprozess die an ihn gestellten Ansprüche ganz oder in Teilen anerkennt. Damit würden sich die Forderungen der Klägerin erübrigen. Anwalt Duhme zeigt sich am Ende offen, darüber nachzudenken. Die Verhandlung soll an einem Folgetermin fortgesetzt werden.

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