• Mindestentgelt für Mietwagen: Wendepunkt und Revolution
    https://taxi-times.com/mindestentgelt-fuer-mietwagen-wendepunkt-und-revolution

    Hayrettin Şimşek - Während die Festpreisregelung für Taxis in immer mehr Städten Realität ist, ist man bei der Einführung von Mindestentgelten für Mietwagen immer noch in der Diskutierphase. Es wird Zeit, dass man den Worten hier auch Taten folgen lässt.

    In deutschen Städten wie Berlin, München oder Chemnitz gibt es bereits neue Festpreisangebote für Taxis, die den Fahrgästen mehr Preisstabilität und Planbarkeit bieten sollen. Nun wird auch noch Frankfurt am Main dazu stoßen. Diese Maßnahme ist Teil eines Trends, der sich zunehmend im urbanen Mobilitätssektor durchsetzt: faire und transparente Preisstrukturen für alle Verkehrsteilnehmer.

    Um den Fahrgästen im Taxibereich mehr Sicherheit und Transparenz zu bieten, gibt es die Möglichkeit von Taxifestpreisen. Diese Festpreisregelungen sorgen dafür, dass Fahrgäste bereits vor Fahrtbeginn wissen, was sie bezahlen werden. Dabei geht es gar nicht einmal darum, den Fahrgast vor Verkehrsverzögerungen oder Umwege zu schützen. Ersteres fällt bei einer durchschnittlichen Stadtfahrt mit maximal 2-3 Euro ins Gewicht und letzteres ist eher ein medial aufgekochtes Thema, denn der Anteil der schwarzen Schafe im Taxigewerbe, die absichtlich Umwege fahren, bewegt sich im Promillebereich.

    Der entscheidende Pluspunkt einer vorher bestellten Festpreisfahrt mit einem Taxi ist der, dass man dem Kunden endlich das anbieten kann, was er aus allen anderen Geschäftsbereichen auch kennt: Der Kunde bestellt eine Leistung und will schon vorher verlässlich wissen, was es kostet. Wenn Kunden ein Taxi bestellen, fragen Sie nicht „machen Sie mir mal ein Angebot“, sondern sie fragen „was kostet mich die Fahrt?“ Bei den Taxi-Festpreisen geht es also nicht darum, billiger als andere zu sein.

    Auf diesen (ruinösen) Preiswettbewerb kann und sollte sich die Taxibranche bei ihren Festpreisen erst gar nicht einlassen – zumindest solange es noch keine Mindestentgelte für Mietwagen gibt. Denn solange eine völlig freie Preisgestaltung im Mietwagensegment möglich ist, werden Mietwagenanbieter wie Uber & Co. ihre Preise auch weiterhin so flexibel anpassen, dass sie immer günstiger als Taxi sind. Ein Mindestentgelt für Mietwagen könnte verhindern, dass diese Anbieter durch extrem niedrige Preise die traditionellen Taxis verdrängen und damit den Markt verzerren. Ziel ist es, die Wettbewerbsbedingungen anzugleichen und eine faire Marktsituation zu schaffen.

    Wie kann nun aber der Wettbewerb zwischen Taxis und Mietwagen nachhaltig verändert werden und welche Vor- und Nachteile ergeben sich dadurch für die Beteiligten? Die Einführung eines Mindestentgelts für Mietwagen würde den Markt erheblich verändern. Für Fahrgäste könnten die bislang günstigeren Fahrten mit Mietwagen teurer werden, was insbesondere Personen mit kleinem Budget, wie Studierende oder Pendler, betreffen würde. Gleichzeitig würde die Preisgestaltung für alle Beteiligten transparenter, da auch Mietwagenunternehmen sich an eine klare Preisuntergrenze halten müssten.

    Für die Taxiunternehmen bedeutet dies eine Stärkung ihrer Marktposition. Die Einführung der Festpreise hat bereits gezeigt, dass viele Fahrgäste bereit sind, für die verlässlichen Preise und den Service eines Taxis zu bezahlen. Ein Mindestentgelt für Mietwagen würde diesen Trend weiter fördern und gleichzeitig den Preisdruck von den Taxiunternehmen nehmen.

    Für die Mietwagenanbieter würde ein Mindestentgelt hingegen neue Herausforderungen mit sich bringen. Sie müssten ihre bisherigen Preisstrategien überdenken und ihre Angebote gegebenenfalls anpassen. Dies könnte insbesondere für Plattformen wie Uber, die oft auf flexible und dynamische Preisstrukturen setzen, zu einem Verlust von Marktanteilen führen.

    Während Taxiunternehmen die Einführung eines Mindestentgelts für Mietwagen begrüßen, stoßen diese Pläne bei Mietwagenanbietern auf Widerstand. Taxiunternehmen argumentieren, dass nur durch solche Maßnahmen ein fairer Wettbewerb möglich sei, während Mietwagenanbieter befürchten, dass sie durch die neuen Regelungen an Flexibilität verlieren und ihre Attraktivität für die Fahrgäste sinkt.

    Ein weiteres Problem ist die praktische Umsetzung eines solchen Mindestentgelts. Es bedarf klarer Regelungen und einer strikten Kontrolle, um sicherzustellen, dass alle Anbieter die neuen Preisvorgaben einhalten. Die Überwachung der Einhaltung könnte eine zusätzliche bürokratische Hürde darstellen und die Marktteilnehmer vor neue administrative Herausforderungen stellen.

    Sollte ein Mindestentgelt für Mietwagen eingeführt werden, könnte dies den städtischen Verkehr nachhaltig verändern. Eine faire Preisstruktur für alle Mobilitätsanbieter wäre ein wichtiger Schritt hin zu einem gerechteren Markt. Dennoch müssten die Regulierungsmaßnahmen durch zusätzliche Innovationen wie den Ausbau digitaler Plattformen und die Förderung umweltfreundlicher Transportmittel ergänzt werden.

    Aus Kundensicht könnte ein Mindestentgelt den Mietwagenmarkt auf den ersten Blick unattraktiver machen, aber es würde auch die Qualität und die Serviceangebote der Unternehmen in den Vordergrund rücken. Für die Zukunft der urbanen Mobilität ist es entscheidend, dass die Anbieter auf die veränderten Marktbedingungen reagieren und sich stärker an den Bedürfnissen der Fahrgäste orientieren.

    Fazit: Die Einführung eines Mindestentgelts für Mietwagen könnte ein Wendepunkt für den Markt der urbanen Mobilität sein. Während die Fahrgäste von faireren und transparenteren Preisen profitieren würden, müssten sich Mietwagenanbieter an neue Rahmenbedingungen anpassen. Städte wie Frankfurt, Berlin, Chemnitz und München zeigen mit ihren Festpreisangeboten im Taxi, wie der Markt neu gestaltet werden kann. Die Einführung eines Mindestentgelts für Mietwagen wäre ein weiterer Schritt in Richtung eines ausgewogenen und zukunftsfähigen Mobilitätssystems, das allen Beteiligten faire Chancen bietet.

    #Berlin #Taxitarif

  • Übergriffig gegen Lieferando-Rider: Schwach, schwächer, am schwächsten
    https://taz.de/Uebergriffig-gegen-Lieferando-Rider/!6039535

    11.10.2024 von Lilly Schröder - Lieferando-Fah­re­r*in­nen werden ausgebeutet. Doch die Übergriffe gegen sie kommen von Kun­d*in­nen und Restaurantangestellten.
    Lieferando Fahrer fährt durch den Regen

    Lieferando Fahrer Foto: Jochen Tack/imago

    Männer empfangen sie nackt an der Tür oder lassen ihr Handtuch im letzten Moment fallen. Sie werden unangemessen nach Dates gefragt und verbal sexuell belästigt – sei es auf der Straße, im Restaurant oder in Privatwohnungen. Davon berichten Berliner Lie­fe­rando-Kurier*innen.

    Die sexuelle Belästigung bei Ridern ist kein hauptstadtspezifisches Pro­blem. Von Bremen über Karlsruhe bis nach Köln berichten Ku­rie­r*in­nen der taz von Vorfällen. „Ich habe noch nie eine Frau bei Lieferando getroffen, die nicht belästigt wurde“, erzählt Anne Gardiner (Name von der Redaktion geändert), eine Kurierin aus Bremen, die sich bei der Interessenvertretung Lieferando Workers Collective engagiert. Die Verantwortung sieht sie bei Lieferando: „Wenn die Firma die Rechte der Mit­ar­bei­te­r*in­nen nicht schützt, dann tun andere es auch nicht.“

    Der orangefarbene Lieferdienst steht seit Langem wegen niedriger Löhne, Verletzung von Ar­bei­te­r*in­nen­rech­ten, Gewerkschaftsfeindlichkeit und einer „Hire & Fire“-Unternehmensführung in der Kritik. Die meist migrantischen Ku­rie­r*in­nen sind dem schutzlos ausgeliefert. „Die meisten von uns sprechen kein Deutsch und wissen nicht was ihre Rechte sind“, berichtet Anne. „Außerdem wollen sie kein Stress riskieren, aus Sorge ihr Visum zu verlieren.“ Lieferando profitiere von dieser Tatsache.

    Die Ausbeutung der wehrlosen Kuriere ist integraler Bestandteil des Geschäftsmodells. Der systematisch Machtmissbrauch durchzieht das gesamte Unternehmen, das wie eine undurchsichtige Black Box agiert. In den meisten Städten, den sogenannten Remote-Städten“ gibt es keine An­sprech­part­ne­r*in­nen, sondern nur eine Mail-Adresse, an die sich die Ku­rie­r*in­nen wenden können. In den sogenannten Hub-Städten wie Berlin und Hamburg hingegen gibt es wenigstens in der Theo­rie Ansprechpartner*innen.
    Perfides Katz- und Maus-Spiel

    In der Praxis entpuppt sich diese „Unterstützung“ jedoch als ein perfides Katz-und-Maus-Spiel, um Ku­rie­r*in­nen ihre Rechte vorzuenthalten. So ist etwa das Büro des Betriebsrats am Berliner Ostkreuz nicht einmal ausgeschildert, bis vor Kurzem gab es keinen Briefkasten. Daher ist der Betriebsrat für die Rider kaum zu finden.

    Dabei ist es angesichts der auf Entrechtung basierenden Unternehmensstruktur essenziell, dass es mittlerweile vereinzelt Betriebsräte sowie eine Interessenvertretung gibt. Ihre Forderungen – Verifikationsmechanismen, um Kun­d*in­nen bei Fehlverhalten zu blockieren, die Möglichkeit, Fahrten bei Sicherheitsbedenken abzubrechen, sowie die Etablierung einer sensibleren Firmenkultur – sind richtig und wichtig.

    Allerdings gehen die Übergriffe gegen Rider nicht von der Firma aus, sondern von Re­stau­rant­mit­ar­bei­te­r*in­nen, Kun­d*in­nen und Ver­kehrs­teil­neh­me­r*in­nen, die offenbar eine Genugtuung in der Erniedrigung wehrloser Menschen finden. Diese Übergriffe offenbaren die Abgründe einer Gesellschaft, die solche Praktiken nicht nur ungestraft duldet, sondern möglich macht.

    Es steht außer Frage, dass Lieferando ein unmoralisches Unternehmen ist, das die Graubereiche im Arbeitsrecht ausreizt wie Cum-Ex-Banker das Steuerrecht. Aber ihr Machtmissbrauchssystem kann die Firma nur aufrechterhalten, weil es von außen gestützt wird.

    Es braucht daher nicht nur schärfere Regelungen innerhalb des Unternehmens, um Ku­rie­r*in­nen besser zu schützen. Es bedarf einer Entpatriarchalisierung, eines gesellschaftlicher Wandels, sodass migrantische Menschen, die sich in prekären Beschäftigungsverhältnissen befinden, nicht zur Zielscheibe der Erniedrigung werden. Ein Mindestmaß an Menschlichkeit ist gefragt.

    #Berlin #Arbeit #Lieferfahrer

  • Hindenburgdamm in Lichterfelde: Warum Kai Wegner eine Umbenennung ablehnt
    https://www.berliner-zeitung.de/news/hindenburgdamm-warum-kai-wegner-eine-umbenennung-ablehnt-li.2261918

    Das Wegner will den ollen Massenmörder Hindemburg nicht wegmachen? Stimmt nicht. Ist ihm eigentlich Schnuppe. Aber seine Steglitz-Zehlendorfer Parteigenossen sind so rechts, dass du dich fragst, warum da überhaupt wer die AfD wählt. Die wollen ihren ollen Himburch auf jeden Fall weiter haben, weil die sich eigentlich eimen neuen Tag von Potsdam wünschen, das reaktionäre Pack. Also pariert der Regiermeister. Fâllt ihm ganz leicht, ist er doch kaum weniger rechts.

    11.10.2024 - Der Regierende Bürgermeister von Berlin möchte den Hindenburgdamm in Steglitz-Zehlendorf nicht umbenennen. Das sind die Gründe.

    Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (CDU), hat sich gegen die Umbenennung des Hindenburgdamms in Steglitz-Zehlendorf ausgesprochen. Wegner fordert stattdessen einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Geschichte, wie die Senatskanzlei mitteilte. Dafür schlägt er Informationsstelen vor, die der Aufklärung dienen sollen. „Ich würde es besser finden, wenn wir offensiv damit umgehen und deutlich machen, dass das unsere Geschichte ist. Dass wir das besprechen müssen und dass wir das nie wieder haben wollen“, sagte er.

    Am 28. Oktober lädt Wegner zu „Kai Wegner vor Ort“ ein, einer Veranstaltung im Statthaus Böcklerpark in Friedrichshain-Kreuzberg. Diese findet von 17.30 bis 19 Uhr statt und soll eine Gelegenheit zur Diskussion von aktuellen Themen bieten.

    Quelle: Senatskanzlei Berlin auf Facebook

    Bei der Erstellung des Artikels wurden KI-Technologien eingesetzt.

    #Berlin #Stegliz-Zehlendorf #Lichterfelde #Hindenburgdamm #Straßenumbenennung #Politik #CDU

  • Selenskyj legt Berlin lahm : Muss das wirklich sein ?
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/debatte/selenskyj-legt-berlin-lahm-muss-das-wirklich-sein-li.2261925


    Les nouveaux gardes du corps de Zelensky. Je ne rigole pas. C’est une photo d’aujourd’hui prise pas loin de la chancellerie où l’autre dont personne se rappelle le nom va le reçevoir dans la journée . Mais enfin, fallait le faire. L’année prochaine on aura droit au ski nautique. Il est encore jeune, le président. Vous allez voir !

    #Berlin #Ukraine #solidarité.

  • „Whisky & Cigars“ in Berlin-Mitte : „Nun ist es so weit, auch uns geht die Puste aus“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/whisky-cigars-in-berlin-mitte-nun-ist-es-so-weit-auch-uns-geht-die-


    Eva Sichelschmidt ist Schriftstellerin und seit 1997 Inhaberin von „Whisky & Cigars“. Laurenz Bostedt

    30 ans à Berlin en dix minutes de lecture. Comme le temps passe vite. Voici un texte d’une qualité rare. Pas de chance, l’histoire n’est pas "à suivre".

    Seul point négatif : le magasin se plie au boycott des cigares cubains. Il n’en propose pas dans son magasin en ligne. Pas étonnant, tu le fais tu es évincé de tous les systèmes de payement en ligne sous contrôle états-unien.
    https://maitrecigarier.com/blogs/journal/pourquoi-les-cigares-cubains-sont-ils-illegaux-aux-usa
    Enfin, leur webdesigner incruste ajax.googleapis.com. Ce n’est pas très sympa non plus.
    https://www.whiskyandpassion.com

    11.10.2024 von Eva Sichelschmidt - Ohne die Begegnung mit dem Dramatiker Heiner Müller hätte unsere Autorin wohl nie 1997 ein Geschäft für Whisky und Zigarren eröffnet. Kunden und Konsum haben sich gravierend verändert.

    In einem analog funktionierenden Land, in einer Stadt, die es schon lange nicht mehr gibt, galt der Handel mit Whisky in Kombination mit Zigarren noch als Clou. Die Idee entstand im Hochsommer 1997 auf einem Kinderspielplatz im Prenzlauer Berg. Ich war zu der Zeit arbeitslos, orientierungslos und hatte mir zur Gestaltung meiner beruflichen Zukunft einen Personal Computer zugelegt.

    Seitdem der gewaltige Turm mit dem schreibtischübergreifenden Bildschirm mein Wohnzimmer dominierte, hielt ich mich tagsüber lieber in der Küche und nachts am liebsten im E-Werk auf. Die Babysitterin meiner Tochter hatte ich an diesem Tag im Morgengrauen abgelöst. Ausgeschlafen und bester Stimmung verlangte die Zweijährige zum Frühstück nach „Brezelbrötchen“, den Laugenbrezeln, die wir immer in einer Bäckerei am Kollwitzplatz kauften.

    Der Buggy wurde mit Sandspielzeug beladen und los gings, auf High Heels, im Paillettenkleid. Gegenüber der Stehbäckerei gab es einen frisch überarbeiteten Kinderspielplatz. Die rostigen Schaukeln und aufregend gefährlichen DDR-Klettergerüste waren soeben den BRD-Architektenfantasien von behüteter Kindheit gewichen. Die Kleinen schubsten sich nun vom Mast eines turmhohen Piratenschiffs, oder langweilten sich auf einer stillstehenden Holzeisenbahn herum.

    Für erholungsbedürftige Mütter wie mich gab es Bänke im Baumstammdesign, breit genug, um ein Schläfchen darauf zu halten. Als ich wach wurde, stand die Sonne bereits senkrecht über uns und meine Tochter hatte im Sandkasten Bekanntschaft mit einem hübschen kleinen Mädchen und ihrer auffallend attraktiven Mutter gemacht. Die zwei formten am laufenden Band Sandkuchen, die mein Töchterchen mit weit ausholenden Schritten, ein Feldwebel in Miniaturformat, platt trat.

    Es war Liebe auf den ersten Blick. Auf den ersten sepiabraunen Blick durch meine Puck-die-Stubenfliege-große Sonnenbrille. Die Mutter, Perlenohrringe, aristokratisch verlotterte Barbourjacke, lud uns in einen vegetarischen Imbiss zum Mittagessen ein. Dort setzten unsere Töchter das Spiel aus dem Sandkasten fort und matschten vierhändig in einem Brokkoli-Auflauf herum. Unsere neuen Freundinnen waren herzerwärmend anarchiebegabt. Zum Abschied zückte die Mutter ihren Montblanc-Füller und kalligrafierte den Ort und Zeitpunkt des bevorstehenden Kindergeburtstags ihrer Tochter auf die Rückseite des Stanniolpapiers einer Zigarettenpackung. Eine Woche später stand ich vor einem Loft in Kreuzberg.

    Heiner Müller kippte einen großen Schluck Whisky in den Instantkaffee

    Bei Müller oder Meier klingeln, war mir aufgetragen worden, die breite Metalltür des Lofts stand jedoch weit offen. Am Ende des hallenartigen Raumes wiegte sich ein sehr weißes, kleines Mädchen, weißes Hemd, weiße Haut, weißes Haar auf einem Sofa mit ehemals weißem Überwurf zu der Titelmusik von „König der Löwen“ in den Hüften.

    Nach einer Weile öffnete sich die Tür zu einem angrenzenden Raum und ein kleiner Mann mit zurückgekämmtem Haar, breiter Stirn und schwarzer Brille erschien, leise vor sich hin hüstelnd. Eine dicke Zigarre zwischen den Fingern, winkte er uns freundlich zu. Irgendwoher kannte ich ihn, und auch er schien mich zu kennen, denn in den Instantkaffee, den er mir anbot, kippte er, ohne lange nachzufragen, einen großen Schluck J&B-Whisky. Von einer Geburtstagsfeier wusste er nichts, das sollte aber nichts heißen.

    Es dämmerte schon, als unsere neuen Freundinnen aufkreuzten. Anstelle einer Geburtstagstorte gab es trockene Algenblätter und statt noch mehr Kindern lauter whiskytrinkende und zigarrerauchende Nachtgestalten aus der Theaterszene oder auch nur aus der nächsten Kneipe.


    Der Dramatiker Heiner Müller im Jahr 1991, natürlich mit Zigarre Rolf Zöllner/imago

    Ohne die unverhoffte Begegnung mit dem Dramatiker Heiner Müller hätte ich wohl nie mit meiner Sandkastenbekanntschaft gemeinsam ein Geschäft für Whisky und Zigarren eröffnet, damals das erste seiner Art in Berlin.

    Denn kurz darauf mieteten wir für 600 Mark im Monat die abgerockten Räume des ehemaligen Heimatmuseums Mitte. Von Heiner Müller wussten wir lediglich, dass Tullamore Dew wie Katzenpisse schmeckte. Alles weitere Wissen um unser zukünftiges Warensortiment rauchten und tranken wir uns an. Schließlich bestellten wir ein paar Kisten schottischen Single Malt, den wir am liebsten mochten, die Sorte mit einem Geschmack nach Mullbinden, Asbest und Zahnarztbesuch, setzten uns in unserem Schaufenster vor ein Schachbrett und rauchten werbewirksam jeder eine Zigarre. Verirrte sich ein Kunde in unser Geschäft, spielten wir Kaufmannsladen – was darf’s denn Schönes sein? Als Kasse diente uns eine leere Zigarrenkiste.

    Im wilden Osten herrschte damals Goldgräberstimmung. Bald schon sorgte die New Economy für Umsätze, denn deren Gründer, so munkelte man, würden sich die Cohiba mit Geldscheinen anzünden. Als die Blase platzte, ahnten wir noch nicht, dass niemand, der in Berlin-Mitte Handel betrieb, vom Kunsthandel einmal abgesehen, auf eine Goldader stoßen würde.

    Berlin-Mitte, das hatte einmal den Ruf eines Clubs, für den man sich den Einlass mühsam erarbeiten musste, wenn man mitmischen, angesagte Künstler sehen und selbst gesehen werden wollte. Dabei bewegte man sich oft in recht schnell wechselnden Kulissen. Aus dem Obst-und-Gemüse-HO war über Nacht eine Kneipe geworden. Wo bis eben noch eine Metzgerei in halbleeren Schaufenstern ihre Schweinehaxen feilbot, führte ein Künstler jetzt seine Performance auf. Die Werkstatt, in der jahrzehntelang alte Regenschirme neu bezogen wurden, war plötzlich ein angesagter SM-Club, in dem sich Menschen aus Ost und West unter Lichtblitzen nackt auszogen.

    Geld war nicht das Wichtigste, die Hauptsache war der Spaß. Es ging um ungewöhnliche Begegnungen, es ging darum, Leute kennenzulernen, Kontakte zu machen. Und eines Tages etablierte sich sogar einen Stammtisch der Handeltreibenden, in einem Restaurant, das seiner alten Bestimmung gemäß immer noch Modellhut hieß. Der Laden war zu DDR-Zeiten ein seriöses Hutgeschäft gewesen.


    Blick in das „Whisky & Cigars“ Eva Sichelschmidt

    Geschäft in „Berlins Montmartre“ muss man sich das leisten können

    Da ahnten wir noch nicht, dass Jahre später auch die meisten unserer Ladenschilder nur noch als romantische Reminiszenzen taugen würden. Der Investor, der Anfang der Zweitausenderjahre das Haus kaufte, in dem sich mein Laden befand, wollte die Miete um ein Zehnfaches erhöhen.

    „Wer in Berlins Montmartre ein Geschäft betreiben will, muss sich das leisten können“, meinte er leutselig. Als ihm mein Hund, eine Kreuzberger Promenadenmischung, seine polierten Reitstiefel beschnupperte, raunte der Mann wie Graf Dracula mit einem rollenden R: „Err rriecht, dass ich grrade von der Jagd komme.“

    Und schon kurz darauf war Berlin-Mitte aller Lebenssaft ausgesaugt.

    Der berühmte Abenteuerspielplatz für Spinner und Idealisten war da bereits voller Baukräne, die beim Errichten der Neubauten halfen, von denen einige heute längst wieder abgerissen sind. Aber im Hintergrund der stadträumlichen Umgestaltung, die damals immer noch einen Schwerpunkt auf den stationären Einzelhandel legte, vollzog sich bereits die große digitale Revolution, unsichtbar und lautlos für alle Beteiligten, und doch spürbar, dann auch für uns.

    Die Stammkunden verabschiedeten sich aus Berlin. In ihre Wohnungen zogen nun Städtereisende ein, die meisten nur tageweise, Passagiere der Billigflieger mit ihren Rollköfferchen, auf der Suche nach dem von der Reise-App diktierten Airbnb, einer der Unterkünfte, die es nun in den Hauptstädten Europas anzusteuern galt. Menschen, die mit dem Handy vor der Nase umhergingen und staunend die Gehwege und Fahrstraßen von Mitte bevölkerten. Wenn sich die Ladentür öffnete, war es nun häufig nur der Paketzusteller, der ein Amazon-Paket für die Nachbarn abgab.

    Da wir nicht aufgeben wollten, spielten wir das neue Spiel mit und rüsteten auf. Zunächst ging es darum, das Warensortiment zu erweitern, dann richteten wir uns auf, erfanden allerlei Events und Tastingabende zu den unterschiedlichsten Themen und legten uns schließlich auch einen Webshop zu. Die reinste Sisyphus-Nummer, egal was wir taten, wie wir uns auch bemühten, es diente am Ende doch immer nur dazu, uns an dem begehrten Standort zu halten, einfach wirtschaftlich zu überleben, während die Arbeit zunahm und ebenso die Kosten.

    Meine Sandkastenbekanntschaft war im Übrigen bereits zwei Jahre nach der Geschäftsgründung ausgestiegen. Sie hatte eine neue Freundin gefunden, eine ehemalige Popsängerin, die den Handel mit Alkohol und Nikotin als verwerflich geißelte. Damals habe ich noch gelacht, Bubbletea-Shops für Kinderkram gehalten und Shisha-Bars für reine Orient-Folklore.

    Ich erinnere mich noch, wie ich einmal für ein paar Monate in New England wohnte und den Müttern auf dem Elternabend meiner Kinder erzählte, was ich da in Berlin treibe – Handel mit Whisky und Zigarren. Allgemeines Entsetzen! Genauso gut hätte ich beichten können, für Geld nackt auf dem Tisch zu tanzen. Amerika, wir wissen es, war seiner Zeit schon immer voraus. Rausch und Klarheit, die Formel ist heute neu besetzt, die Auslagen der Kulturkaufhäuser sind übervoll von Entsagungsbüchern.


    „Schau mal, Whisky und Zigarren, das wäre was doch für Onkel Dieter“, sagen Passanten. Aber immer seltener kommt man dann zur Tür herein, um etwas für Onkel Dieter zu kaufen. Eva Sichelschmidt

    Doch die Tradition des Handwerks in Kombination mit Genuss erlebt schon lange wieder eine Renaissance. Überall wird Craft Beer gebraut, die junge weinbegleitete Spitzengastronomie war nie so innovativ wie heute, und die Jugend brennt Gin-Sorten und kreiert Berliner Whisky. Passanten, die an meinem Geschäft vorübergehen, höre ich häufig sagen: „Schau mal, Whisky und Zigarren, das wäre doch was für Onkel Dieter.“ Der Name des Onkels, des Verwandten, Freundes mag variieren, gleich bleibt sich jedoch, dass man, um dem Onkel ein Geschenk zu machen, immer seltener zur Tür hereintritt.

    So viel ist sicher, im Einzelhandel herrscht die postcoronale Tristesse. Die Pandemie scheint unser stets ungeduldiges Konsumverhalten endgültig auf klick and buy reduziert zu haben. Mit Fremden zu reden, Wünsche zu schildern, Entscheidungen im Gespräch mit der Verkäuferin, dem Verkäufer zu treffen, das Einkaufen in einem Geschäft, das Beratung und Service anbietet, erfordert auch natürlich vom Kunden einen Willen zur Präsenz. Aber wer will sie noch, die Präsenz?

    Babylon Berlin ist eine historische Lüge, und Emily aus Bottrop findet kein Paris

    Blaise Pascal hatte nicht gerechnet mit der Erfindung des World Wide Web. Selbst von dem Menschen, der ruhig in seinem Zimmer verharrt, kann inzwischen jede Menge Unglück ausgehen. Nie hat sich die Menschheit einsamer gefühlt als heute. Reisende aller Länder fallen in den Klagechor über die Gleichförmigkeit der Innenstädte der Metropolen ein, gleichzeitig werden hochoriginelle Kulissen für Instagram-Accounts gesucht.

    Babylon Berlin ist eine historische Lüge, und auch Emily aus Bottrop findet kein Paris vor, das dem der jüngsten Netflix-Serie entspricht. Längst wird auch in unserem Ladengeschäft mehr fotografiert als gekauft. Macht nichts, würde ich gern großzügig sagen, dann sind wir eben ein Museum geworden – doch nun ist es so weit, auch uns geht die Puste aus. Dabei haben wir noch Glück mit der Miete, die immer noch moderat ist, während die großen Ketten um uns herum aufgrund völlig überzogener Mietforderungen ihre Zelte abbrechen und kommen und gehen.

    Auch die besten Restaurants im Osten der Stadt damals in dieser Gegend, der Schwarze Rabe oder besagter Modellhut, hielten sich nur über kurze Zeit. Mit dem Untergang des Münzclubs hob das Clubsterben an. West-Berliner Veteranen trauern schon lange um traditionelle Orte, die das Leben einstmals lebenswert machten – um die Buchhandlung Kiepert, die Metzgerei Opitz, den Einkauf von Käse bei „Fuchs und Rabe“ und zuletzt über die Schließung des Restaurants Florian und die des Einstein-Stammhauses. Keine dieser messingpolierten Institutionen wird je wiederkommen.


    Fußgänger vor dem Café Schwarzer Rabe im Jahr 2007 Manja Elsässer/imago

    _Turn and face the strange, ch-ch-changes, , summe ich mit David Bowie vor mich hin.

    Unlängst erzählte mir ein Professor, von zwanzig 20-jährigen Studierenden der Germanistik hätte die Hälfte den Namen Heiner Müller noch nie gehört.

    Ich schaue mich um in meinem Geschäft und denke an die Schriftstellerlegende Alan Sillitoe, den einsamen Langstreckenläufer. Bei einer Lesung in unserem Laden holte er ein Morsegerät aus seiner Aktentasche hervor und was er morste, war die reinste Literatur. Ich denke an Abende mit Katja Lange-Müller, Max Goldt, Martin Mosebach, Monika Rink und vielen anderen, an die Partys, Tastings und die geselligen Runden. Vielleicht sind wir hoffnungslos romantisch, aber von gestern sind wir nicht.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die KI unser soziales Miteinander vollends entbehrlich macht, und dass der Mensch der Zukunft all seine Bedürfnisse nur virtuell befriedigen wird. Befriedigen, allein das Wort macht mir schon Angst, ich hasse es. Sich befriedigen lassen …

    Wenn es aber doch so kommt, dann will ich mir ein Beispiel an dem Sex-Kaufhaus in Charlottenburg nehmen, deren Betreiber den Passanten auf der Straße ein Lächeln ins Gesicht zauberte, indem er bei der Geschäftsaufgabe ein Banner quer über die Ladenfront spannte: „War ’ne geile Zeit mit euch.“

    Eva Sichelschmidt ist Schriftstellerin, zuletzt erschien von ihr der Roman „Transimaus“ im Rowohlt-Verlag. Seit 1997 ist sie Inhaberin des Berliner Einzelhandelsgeschäfts „Whisky & Cigars“.

    #Berlin #Ptenzlauer_Berg #Kollwitzplatz #Mitte

  • Nach Beben im Bund: Auch in Berlin dreht sich nach Kühnerts Rücktritt das Personalkarussell
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/berliner-spd-nach-kuehnerts-ruecktritt-dreht-sich-das-personalkarus

    Berlin: Politik = Kungelei. Was wird aus Michael Müller ?

    8.10.2024 vin Elmar Schütze - Kevin Kühnerts plötzlicher Rücktritt trifft die Berliner SPD empfindlich. Wer soll seinen Bundestagswahlkreis verteidigen? Die Zeit drängt. Doch eine Lösung zeichnet sich ab.

    Das ging schnell, sehr schnell. Nur wenige Stunden nach dem Rücktritt von Kevin Kühnert als SPD-Generalsekretär präsentierte die Partei mit Matthias Miersch einen Nachfolger. Dabei sind nach Kühnerts plötzlichem Weggang noch viele Fragen offen.

    Denn vor allem die Berliner SPD muss jetzt binnen ganz kurzer Zeit weitere Personalien klären. So muss sehr schnell entschieden werden, wer bei der Bundestagswahl in einem Jahr in Kühnerts Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg antreten soll. Kühnert war bei der Wahl 2021 einer von nur drei Berliner Sozialdemokraten, die ein Direktmandat holten.

    Jetzt drängt die Zeit. Spätestens im November wollen alle Kreisverbände aller Parteien ihre Kandidaten parat haben. Im Februar nächsten Jahres soll dann über die Landeslisten abgestimmt werden.
    SPD-Personalie: Müller lobt Kühnerts Nachfolger

    Als erster Berliner meldete sich Dienstagfrüh gleich Michael Müller zur Causa Kühnert/Miersch zu Wort – allerdings nicht ungefragt, sondern angefragt vom Inforadio des RBB. Er halte Kühnerts Nachfolger für den Richtigen, um die Partei in den Bundestagswahlkampf zu führen, sagte Berlins früherer Regierender Bürgermeister, der seit 2021 im Bundestag sitzt. Und, so Müller weiter: „Wir brauchen jemanden, der ohne lange Einarbeitungszeit sofort einen Start hinlegen kann. Und das ist mit Matthias Miersch garantiert, weil er unheimlich erfahren ist.“

    Für die Berliner SPD ist dagegen fast noch wichtiger, was Müller nicht sagte – wozu er in dem Interview aber auch nicht gefragt wurde: Bleibt er selbst Direktkandidat in Charlottenburg-Wilmersdorf? Dorthin war der in Tempelhof geborene, aufgewachsene und politisch sozialisierte Müller vor der 21er-Wahl von seiner eigenen Partei gezwängt worden. Grund: Es wurde ein Wahlkreis für Kevin Kühnert gesucht, den es nach seiner Zeit als Bundesvorsitzender der Jusos mit Macht ins Hohe Haus drängte. Kühnert stammt ebenso wie Müller aus Tempelhof-Schöneberg, dort saß er bis 2021 als Hinterbänkler in der Bezirksverordnetenversammlung.

    Der von den eigenen Leuten – es war das damalige Spitzenduo Franziska Giffey und Raed Saleh – quasi aus der damaligen Landesregierung geworfene Michael Müller wich in den Nachbarbezirk in der City West aus. Dort setzte er sich erst in einem parteiinternen Wettbewerb gegen seine damalige Staatssekretärin Sawsan Chebli durch. Seitdem spielt Chebli in der Partei keine Rolle mehr, und Müller holte am Ende das Direktmandat für Charlottenburg-Wilmersdorf. Zu den Unterlegenen gehörte die jetzige Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Die Grünen).

    Und jetzt, da Kühnert weg ist, kehrt da der einst aus dem Haus gejagte Müller in seine Heimat zurück? Es müsste sehr schnell gehen, bereits am Freitag ist Wahlkreiskonferenz in Charlottenburg-Wilmersdorf. Wechselt also Müller noch? Nein, sagt Kian Niroomand, Kreisvorsitzender der SPD Charlottenburg-Wilmersdorf, im Gespräch mit der Berliner Zeitung. „Michael Müller wird am Freitag definitiv bei uns kandidieren“, so Niroomand.

    Doch was passiert in Tempelhof-Schöneberg? Wer folgt auf Kevin Kühnert? Die Kreisvorsitzende Wiebke Neumann bat im Gespräch mit der Berliner Zeitung um Geduld. Die hiesige Wahlkreiskonferenz war bisher für den 16. November angesetzt und galt als eher entspannte Veranstaltung. Eine erneute Nominierung Kühnerts galt als sicher, eine Gegenkandidatur als ausgeschlossen. Bis zu Kühnerts Rücktritt. Jetzt, sagt Wiebke Neumann, brauche man etwas mehr Zeit, der 16. November sei wohl nicht zu halten. Ein genaues Datum stehe noch nicht fest.

    Kühnerts Nachfolgerin? Vieles spricht für Sinem Taşan-Funke

    Dennoch: Seit Montag schwirren Namen rund um die Rathäuser von Tempelhof und Schöneberg. Da ist Orkan Özdemir. Der 42-Jährige aus Friedenau holte bei der Abgeordnetenhauswahl 2021 das beste Ergebnis aller Berliner Sozialdemokraten. Doch Özdemir, der nicht eben als Anhänger von Kevin Kühnert gilt, hat sich gerade erst einen Namen im Abgeordnetenhaus gemacht. Zudem gilt er als integrationspolitischer Sprecher seiner Fraktion als Adlatus des mächtigen Parteigranden Raed Saleh. Dieser wird seinen Zögling nur ungern in den Bundestag ziehen lassen.

    Deutlich wahrscheinlicher klingt da die Variante mit Sinem Taşan-Funke. Die 32-Jährige ist ebenfalls eine gebürtige Tempelhoferin. Bei den Jusos, deren Berliner Vorsitzende sie zwischenzeitlich war, arbeitete sie eng mit Kevin Kühnert zusammen. Beide waren Gegner von GroKos – er auf Bundesebene, sie auf Landesebene.

    2021 stand Michael Müller noch auf Listenplatz 1

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    Auf Nachfrage der Berliner Zeitung wollte sich Taşan-Funke nicht zu Gerüchten um ihre Kandidatur äußern. Aber kategorisch ausschließen wollte sie solch eine Möglichkeit auch nicht.

    Doch selbst wenn die Kandidatenfrage in Tempelhof-Schöneberg geklärt sein sollte, bleibt eine weitere unverhoffte Baustelle für die Hauptstadt-SPD: Wer soll die Landesliste im nächsten Jahr anführen? Diese wird fürs kommende Jahr noch wichtiger als zuletzt.

    2021 stand Michael Müller auf Listenplatz 1. Doch dies beruhte auf einem Deal, den Raed Saleh mit ihm geschlossen hatte. Da beide seit Jahren fundamental über Kreuz liegen, wird es für 2025 wohl keine neue Vorfestlegung zugunsten Müllers geben.

    Dabei sind für alle SPDler Top-Plätze auf der Landesliste im kommenden Jahr wichtiger denn je. Wie es aussieht, dürfte die Partei ein eher schwächeres Ergebnis holen als 2021. Jeder Platz weiter oben auf der Liste könnte da beim Rennen um den Bundestag helfen.

    #Berlin #Politik #SPD

  • Welle von Klinik-Insolvenzen erreicht Berlin: Krankenhaus Waldfriede betroffen
    https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/welle-von-klinik-insolvenz-erreicht-berlin-krankenhaus-waldfriede-b

    9.10.2024 von Christian Schwager - Das Zehlendorfer Krankenhaus begibt sich in ein Schutzschildverfahren. Betroffen sind 700 Beschäftigte. Der Vorstand sieht sich gut gerüstet für die Sanierung.

    Jetzt hat die bundesweite Welle von drohenden Krankenhaus-Insolvenzen auch Berlin erreicht. Das von einem Verein geführte Krankenhaus Waldfriede in Steglitz-Zehlendorf begibt sich in ein Schutzschildverfahren. Betroffen sind 700 Beschäftigte. Der Vorstand sagt, man sei darauf vorbereitet, das Haus zu sanieren. Das Amtsgericht Charlottenburg hat einem Restrukturierungsantrag zugestimmt.

    Der Klinikträger hat zwei Fachanwälte für Insolvenz- und Sanierungsrecht zu Generalhandlungsbevollmächtigten bestellt, die Partner einer bundesweit tätigen Sozietät sind. Als vorläufigen Sachwalter setzte das Gericht Lucas Flöther ein. Ziel des Verfahrens ist es, das Krankenhaus in die schwarzen Zahlen zurückzubringen.

    Nach Angaben der Berliner Krankenhausgesellschaft schreiben in der Hauptstadt etwa 70 Prozent der Krankenhäuser rote Zahlen. Bundesweit wird ein unkontrolliertes Aus für etliche Kliniken befürchtet, bevor die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestrebte Krankenhausreform überhaupt greifen kann, wie auch immer sie am Ende aussehen mag. Schon jetzt kommt es immer wieder zu Insolvenzen.

    Die finanzielle Schieflage ist auch dadurch entstanden, dass das Land Berlin in der Vergangenheit entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung nicht ausreichend in die Krankenhäuser investiert hat. Zuletzt stark gestiegene Energie- und Sachkosten sowie die allgemeine Inflation haben die Häuser zusätzlich belastet.

    Die Gewerkschaft Verdi spricht von einer Krankenhauspolitik per Insolvenzverfahren, unter die Beschäftigten und damit am Ende auch die Patienten zu leiden hätten. „Die Schere zwischen Betriebskosten sowie notwendigen Investitionen einerseits und der Finanzierung durch Bund und Länder andererseits geht immer weiter auf“, sagt Gisela Neunhöffer, stellvertretende Landesfachbereichsleitung für das Gesundheitswesen. „So werden durch eine kalte Strukturreform Gesundheitsleistungen perspektivisch eingeschränkt, ohne dass eine fachlich fundierte und politisch beschlossene Bedarfsplanung überhaupt erst vorgenommen wird.“

    #Berlin #Zehlendorf #Argentinische_Allee #Krankenhaus #Insolvenz

  • Wer braucht schon die Bergmannstraße? So lebt sich’s im weniger coolen Kreuzberg
    https://www.berliner-zeitung.de/stil-individualitaet/muss-es-immer-kiezig-sein-so-wohnt-es-sich-in-kreuzbergs-weniger-be

    Weiter gehts mit der Gentrifiziererei. Jetzt wird das Areal des alten Blumengroßmarkt aufgewertet. IBA 1987 war noch menschlich und priduzierte viele Sozialwohnungen. Wer nicht durch brutale Mietsteigerungen aus denen verdrângt wurde, trägt heute noch zur berühmten Berliner Mischung bei, die das Leben hier so angenehm machte und mancherorts noch macht. Wo, das wird hier nicht verraten. Wäre ja schön blöd, den Gentrifizierern noch Tipps zu geben.

    Im Kreuzberger Lindenstraßen-Neubau ist jedenfalls nix mit sechsneunzig kalt.

    Und so freut sich das schwule Dinks-Pärchen im Artikel, dass es eine schöne Zentrallage verhältnismäßig preiswert heimsuchen darf. Das hochgelobte Kargheitsdesign ändert nicht an der Klassenlage. Vorgestellt wird hier die Bude von zwei typischen Parasiten aus der kapitalistischen Funktionselite.

    19.11.2022 von Manuel Almeida Vergara - Max Renner und Jonas Vach haben sich für eine tolle Traumwohnung – und damit gegen einen coolen Kiez entschieden. Ein Besuch im lebloseren Teil Kreuzbergs.

    Max Renner und Jonas Vach haben es geschafft. Sie haben eine schöne Wohnung gefunden. Mitten in Kreuzberg, über eine einschlägige Immobilien-Plattform, einfach so. Und trotzdem wird nicht sofort vor Neid erblassen, wer hört, wo die beiden heute leben.

    Denn Renner und Vach wohnen eben nicht beim Kotti, Schlesi oder Görli; nicht auf Bergmann, Gneisenau oder Mehringdamm. Ihre Wohnung liegt im Kreuzberger Niemandsland – im etwas seltsamen Viertel zwischen Mehringplatz, Jüdischem Museum und Checkpoint Charlie nämlich.

    „Lage ist alles“, wie eine klassische Makler-Weisheit behauptet? Maybe not: Renner und Vach haben sich zwar nicht gegen einen schönen Kiez, aber eben für eine schöne Wohnung entschieden. Und die liegt nun mal, wo sie eben liegt. „Das ist hier für Kreuzberger Verhältnisse schon ein bisschen eine None-Lage“, sagt Max Renner, während er mit seinem Freund am großen, gläsernen Esstisch sitzt. „Ich habe vorher am Zionskirchplatz gewohnt, Jonas in der Lenaustraße in Neukölln, wir haben diese Kiezkultur sehr genossen.“

    Cafés, Bars, Spätis, alles direkt vor der Tür, immer Action, immer was los – dass es so in ihrer neuen Nachbarschaft nicht werden würde, war ihnen schon vor dem Umzug klar. Aber die Wohnung? Sie hat die beiden gleich überzeugt. Im oberen Bereich der rund 130 Quadratmeter großen Maisonette reihen sich ein kleines Fernsehzimmer, das Gästebad, ein großer offener Wohn-Ess-Bereich und Vachs Arbeitszimmer, das zugleich als Gästezimmer dient, zu einem luftigen Schlauch aneinander, zu beiden Seiten hin mit einer großen Fensterfront versehen. Im unteren Bereich der Wohnung – über ein schmales privates Treppenhaus zu erreichen – liegen Bade- und Schlafzimmer.

    Um den Corbusier-Tisch sammeln sich Aulenti-Stühle; in Vitra-Wandfächern liegt alles Wichtige beieinander .

    Der gegossene Boden und die raue Betondecke sind grau, alle Wände weiß gehalten. Das passt gut zum Stil des Paares, der sich reduziert, klar und sachlich zeigt, von witz- und geistreichen Akzenten durchbrochen. An den langgezogenen Wänden im Wohnbereich zum Beispiel hängt typografische Kunst von Esra Gülmen und Pepo Moreno; auf Satztischen von Gianfranco Frattini steht Ettore Sottsass‘ „Shiva“-Vase in Form eines rosafarbenen Phallus, ein wenig weiter vorn im Raum die mit Buchstaben verzierte, ulkig geformte Glasvase, die der Künstler Stefan Marx für Ikea entworfen hat.

    Neben der Kunst sind Schnittblumen die einzigen dekorativen Elemente, die wir wirklich immer in unseren Räumen haben .
    Jonas Vach

    „Neben der Kunst sind Schnittblumen die einzigen dekorativen Elemente, die wir wirklich immer in unseren Räumen haben. Also besitzen wir auch einige Vasen – eben weil sie einen Zweck erfüllen“, sagt Jonas Vach, der beruflich Lobby- und Politikkontaktarbeit für ein großes deutsches Unternehmen betreibt. „Ansonsten haben wir keine Dinge herumstehen, die einfach nur da sind, um da zu sein.“

    Da passt es gut, dass die beiden, nach ihren Lieblingsstücken befragt, recht praxisorientiert antworten. „Die Essstühle“, sagt Vach, ohne lang zu überlegen. Die „Orsay“ genannten Entwürfe der italienischen Architektin und Designerin Gae Aulenti haben die beiden auf Ebay-Kleinanzeigen gefunden, in einer Autolackiererei in Wusterhausen ließen sie die braun-orangefarbenen Stühle in schwarz und pastellgelb umlackieren. „Wir wollten hier in der Wohnung etwas wirklich Eigenes verwirklichen, mit Möbeln arbeiten, die man nicht so oft sieht“, sagt Vach. „Insofern waren wir gleich begeistert von den Aulenti-Stühlen, die nicht so bekannt sind.“

    Max Renner, einer der Chefs der Berliner PR- und Marketing-Agentur Bold, gefällt der große Esstisch von Le Corbusier für Cassina besonders gut. Auch diesen Design-Klassiker entdeckte das Paar auf der Kleinanzeigen-Plattform. „Den Tisch haben meine Großeltern auch, und ich habe ihn schon immer geliebt“, sagt er. Das Exemplar, das nun in seiner Kreuzberger Wohnung steht, ist noch mit der originalen Glasplatte ausgestattet. „Die hat zwar einen Sprung, aber der gehört irgendwie dazu, das finden wir eigentlich ganz spannend.“

    Bei den beiden Design-Enthusiasten außerdem beliebt: der lederne Launch-Chair, der ebenso von Gae Aulenti entworfen wurde; das erste gemeinsame Stück, das sich das Paar zusammen angeschafft hat. Nur wenig Anklang findet indes die Küchenzeile, mit hellem Holz verkleidet, die eben schon vor ihrem Einzug in der Wohnung stand. „Die ist uns eigentlich ein bisschen zu warm und heimelig“, sagt Vach. Wer an Herd oder Spüle steht, hat allerdings einen äußerst interessanten Blick: in einen schmalen, begrünten Lichtschacht – und in die nächste Wohnung.

    Wir haben in den eineinhalb Jahren, in denen wir jetzt hier leben, gemerkt, dass es auch hier in der Gegend einiges gibt .
    Max Renner

    Denn jede Einheit in dem großen Haus gegenüber des Jüdischen Museums ist mit zahlreichen Fenstern versehen. Nach außen, natürlich, aber eben auch nach innen, hin zu den innenhofartigen Schächten. Die Nähe, die dadurch zu den Nachbarinnen und Nachbarn entsteht – manchmal nickt man sich über den Schacht hinweg freundlich zu, wie Renner und Vach erzählen –, passt durchaus zum Konzept des Gebäudekomplexes.

    Das mit Architekturpreisen geadelte „Integrative Bauprojekt am ehemaligen Blumengroßmarkt“ des Berliner Büros Heide und von Beckerath basiert auf dem Gedanken, dass sich auch in einer durch Anonymität geprägten Großstadt eine gute, heimelige Hausgemeinschaft bilden lässt.

    Einige der Wohnungen im Haus sind auf Menschen ausgerichtet, die mit Behinderungen leben; viele von ihnen organisieren sich in speziellen Hausgruppen. Es gibt Gemeinschaftsräume und einen Dachgarten, der von den Bewohnerinnen und Bewohnern bepflanzt wird; auch die als „Rues intérieures“, als „innenliegende Straßen“ konzipierten Hausflure laden mit ihren begrünten Lichtschächten und Sitzflächen zum Verweilen und zum Austausch ein. Insofern kommt dann selbst in diesem Viertel doch ein bisschen Kiezfeeling auf – in Renners und Vachs Wohnhaus nämlich.

    „Außerdem haben wir in den eineinhalb Jahren, in denen wir jetzt hier leben, gemerkt, dass es auch hier in der Gegend einiges gibt“, sagt Renner; mit dem minimalistisch gehaltenen Akkurat-Café um die eine und der Berlinischen Galerie um die andere Ecke, mit weiteren Kulturstätten und netten Restaurants in der Nähe habe auch der unbeliebtere Teil von Kreuzberg ein paar Höhepunkte zu bieten. „Und weil wir ziemlich mittig in der Stadt liegen, sind wir mit dem Rad genauso schnell in Neukölln wie in der Torstraße, können zum Kanal oder zur Kantstraße radeln.“

    Das nämlich ist der bestechende Vorteil einer Wohngegend, die sich nicht allzu kiezig gibt: Man muss, man will sie immer mal verlassen. Und während die anderen unentwegt ihren Bergmannkiez rauf- und runterspazieren oder das Dreieck zwischen Adalbert-, Mariannen- und Oranienstraße bloß alle Jubeljahre mal verlassen, lernen Max Renner und Jonas Vach die Stadt in ihrer ganzen Größe kennen. Beneidenswert.

    #Berlin #Gentrifizierung #Kreuznerg #Lindenstraße

  • Abschied von Kreuzbergs idyllischem Bergmannkiez: „Die Straße ist nur noch Spekulationsmasse“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/abschied-von-kreuzberg-idyllischem-bergmannkiez-die-strasse-ist-nur


    Gekündigt: Stefan Neitzel vor dem Pralinenladen, in dem einst sein Fahrradladen warJordis Antonia Schlösser/Ostkreuz

    Die Gentrifizierung frisst ihre Kinder. Der „Bergmannkiez“, wie der Neuberlimer Newspeak so sagt, war schon immer für Normalsterbliche unzugänglich, zumindest seit der Weiße Kreis die Mietpreisbimdumg abgelöst hat. Den Begriff kennse nicht? Wikipedia auch nicht? Sehnse, so lamge ist das her.

    Wer sich die schicken Dachgeschoßwohnumgen leisten konnte, war hier gefühlt „seit immer“ willkommen, Geldsack auf Beinen. Für alle anderen gabs nur Seitenflügel, Hinterhaus, niderige Decken, muffige Bausubstanz, Ofenheizung, und auch das nur mit viel Glück und Beziehungen.

    Jetzt fällts auch euch das auf. Gewinnerseite war mal. „That’s capitalism“, fandet ihr doch gut. Jetzt kommen die mit richtig Kapital. „Get used to it.“ Ihr habt garantiert jahrelang genau die falsche Partei gewählt. Passt zu euch. Schaut mal auf die aktuellen Ergebnisse.Capisce, die fetten Jahre sind vorbei, jetzt auch für euch.

    Wenn jetzt also Yuppies und Dinks über den „Kiez“ rummosern, dann klagen die immer noch auf alpinem Niveau. Dumm jelaufen, war aber absehbar. Notting Hill, schon mal gehört?

    Enttäuscht von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft? Normal, in Spandau benehmen die sich auch nicht besser, aber in den Hochhaussiedlungen trifft das Massen von normalen Leuten. Mit denen wird noch übler umgesprungen.

    9.10.2024 von Hans Korfmann - Wo einst Platz für alternative Geschäftsideen war, ist heute vor allem Platz für finanzstarke Unternehmen. Wie ist das passiert? Eine Spurensuche in Kreuzberg.

    Die Bergmannstraße ist keine groß angelegte Prachtallee, sondern ein Sträßchen, das nur zufällig bekannt wurde. Es gab sie schon, als die Stadtplaner Lenné und Hobrecht Anfang des 19. Jahrhunderts ihre papiernen Pläne über das Ackerland im Süden der Stadt stülpten und es mit Rechtecken aus kleinen Straßen und langen Geraden breiter Alleen versahen. Wenig später flankierten Geschäfte, Werkstätten, Gartenlokale und ein Kino die Pflasterstraße. Aber schon ein Jahrhundert später verfiel Berlins Gründerzeitarchitektur zu Ruinen. Die Stadt wurde zum Mahnmal, das auch 30 Jahre nach Kriegsende noch voller Brachen und durch eine Mauer geteilt war.

    Dennoch tauchten in den Siebzigern erste Touristen in der Bergmannstraße auf. Sie kamen der Trödler wegen, die sich, angezogen durch günstige Mieten im Schatten des antiimperialistischen Schutzwalls, angesiedelt hatten, gemeinsam mit einem bunten Volk aus Wehrdienstverweigern, Hippies und Künstlern aller Art. Die richteten in den noch leer stehenden Erdgeschossen Geschäfte, Werkstätten und Kneipen ein. Die Bergmannstraße wurde zur Schaubühne alternativer Lebensentwürfe.

    1989 zerbröselte auch der Schutzwall, Immobilienhändler kamen, sahen und siegten. Bis heute wirbt die Branche mit dem „idyllischen Bergmannkiez“, obwohl von der Idylle nicht viel übrig ist. Wo einst Platz für alternative Geschäftsideen war, ist heute nur noch Platz für finanzstarke Unternehmen. „Ein derart hochgezüchteter Immobilienmarkt lässt keinen Raum mehr für Werkstätten“, sagt Sascha Fricke, einer der letzten, der vorne ein Schaufenster und hinten noch eine Werkstatt in der Straße besitzt.

    Die abenteuerlichen Gründerjahre Kreuzbergs, als zwischen den Trödlern der erste Indienladen eröffnete, sind vorbei. Den Laden aber gibt es heute noch, ebenso wie Bagage, das Rucksackgeschäft, das Dietmar Kirchhoff, Islamistikstudent, Taxifahrer und Flohmarkthändler, in den Achtzigern eröffnete. „Da ahnte noch niemand, dass eines Tages sogar Manager und Politiker mit Buckeln auf dem Rücken herumlaufen würden.“ Oder Ararat, der Kunstverlag, der einzog, als die Fenster noch mit Sperrholz verbarrikadiert waren. „Nicht mal eine Toilette gab es“, erinnert sich Margot Jankowski, die 1984 den ersten Postkartenständer auf die Bergmannstraße stellte. „Heute hat jeder Klamottenladen einen Kartenständer vor der Tür.“ Und Sascha Fricke vom Rahmengeschäft Weilensee sagt: „Früher eröffneten Leute einen Laden, weil sie eine Idee hatten. Heute, weil sie Geld haben.“

    Eine Idee hatte 2014 auch der Senat. Er beschloss, ausgerechnet eine der beliebtesten Straßen der Stadt in eine „Begegnungszone“ umzuwandeln. Neben einer Fahrradtrasse sollten Sitzbänke und Blumenkästen den Autoverkehr blockieren. Die Anwohner protestierten. Jochen Ziegenhals vom Café Atlantic brachte es auf den Punkt: „Wir Gewerbetreibende haben die Straße doch erst zu dem gemacht, was sie heute ist. Und jetzt wollt ihr Politiker euch die auf eure Fahnen heften. Lasst die Straße, wie sie ist! Und wenn ihr den Verkehr beruhigen wollt, dann stellt zwei Polizisten auf. Wenn Ali dann mit seinem Ferrari ein paarmal 150 Euro bezahlt hat, wird er sich eine andere Strecke suchen!“

    Die Proteste halfen nichts. Heute rast nicht mehr Ali mit dem Ferrari, heute rasen Radfahrer über die Gerade. So viele Unfälle wie jetzt gab es noch nie. Friedvolle Begegnungen dagegen sind jetzt seltener in der Begegnungszone. Zuletzt lockte die Browse Gallery mit einer Ausstellung berühmter Plattencover in einem leer stehenden Erdgeschoss 2020 noch einmal 20.000 Besucher in die Straße. Auch für das dreitägige Bergmannstraßenfest, das Olaf Dähmlow vom Yorckschlösschen seit den Neunzigern veranstaltete, ist nun kein Platz mehr. Ebenso wenig für das Spaghettiessen, das Jung und Alt alljährlich an einer langen Tafel versammelte. So verliert die Straße ihren Ruf. „Die Bergmannstraße“, sagt Sascha Fricke, „ist nur noch Spekulationsmasse. Da haben auch gut funktionierende Geschäftsmodelle keine Chance mehr.“


    Ein wenig Idylle gibt es schon noch in der Bergmannstraße.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Einer der größten Immobilienbesitzer vor Ort ist die Gewobag, eines der landeseigenen Wohnungsunternehmen. Sie hat gleich mehrere Häuser nebeneinander gekauft und entscheidet, wer bleibt und wer geht. Zweck der 1919 gegründeten Gemeinnützigen Wohnungsbau-AG Groß-Berlin war „die Beschaffung gesunder Wohnungen zu angemessenen Preisen für minderbemittelte Familien und Einzelpersonen“. Auch noch im Jahr 2024 beteuert die Immobilienfirma: „Wir nehmen unseren sozialen Auftrag ernst.“ Und etwas weiter unten im Jahresbericht: „Lebenswerte Wohnungen und Wohngebiete, sozialverträgliche Quartiersentwicklung – dafür steht die Gewobag mit ihrer DNA.“

    Tatsächlich hatte das Senatsunternehmen nach der Wende nicht nur die Immobilien, sondern auch die Bevölkerung im Auge. Mitarbeiter der Gewobag wohnten in der Nachbarschaft, Kulturschaffende wurden bevorzugt, ein Buchantiquariat konnte sich niederlassen, heute eines der Highlights der Straße. Der Siegeszug der Gastronomie aber war nicht aufzuhalten, die halbe Bergmannstraße besteht aus Restaurants. „Ich esse auch gern indisch“, sagt Sascha Fricke. „Aber das ist kein Zufall, dass hier nur noch Asia-Restaurants und Caféhausketten eröffnen. Nur da ist die Gewinnmarge noch groß genug, um mit den Mieten mitzuhalten. Da müsste die Politik die Kleinunternehmer in Schutz nehmen.“

    Der Berliner Senat sitzt bereits im Aufsichtsrat der Gewobag. Und er tut, so sehen es etliche Anwohner zumindest, zu wenig gegen die Verwahrlosung der Straße. Als die Gewobag 2014 ihr gläsernes Headquarter am Spreebogen bezog, verschwanden die Ansprechpartner aus dem Viertel, der freundliche Umgangston wich moderner Investorensprache. Immer häufiger stand unter den Briefen der Firma: „Dieses Schreiben enthält vertrauliche und rechtlich geschützte Informationen. Das unerlaubte Kopieren sowie die unbefugte Weitergabe dieser E-Mail sind nicht gestattet.“

    Einer, der den neuen Ton des Immobilienhändlers zuerst zu hören bekam, war Stefan Neitzel. Der Politologe war passionierter Radfahrer, fuhr mit dem Rad bis nach Spanien, träumte von Fahrradstationen auf Bahnhöfen, veranstaltete die ersten Berliner Sightseeingtouren per Rad und eröffnete in der Bergmannstraße einen Fahrradladen. Nach 20 Jahren kündigte die Gewobag der Fahrradstation wegen eines Zahlungsdefizits von 160 Euro. „Die 20 Jahre waren rum. Das ist System bei denen. Es gibt kaum Gewerbemieter bei der Gewobag, die länger als 20 Jahre bleiben“, behauptet Neitzel. Die zwei oder drei Läden, die länger in der Straße seien, würden fast schon so viel zahlen wie die Restaurantbesitzer auf der Sonnenseite.


    Keine groß angelegte Prachtallee, sondern ein Sträßchen, das nur zufällig bekannt wurde – die Bergmannstraße Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Neitzel schrieb, telefonierte, suchte vergeblich das persönliche Gespräch, zog vor Gericht – und verlor. Heute steht da, wo einst ein Mechaniker mit schwarzen Fingern Räder reparierte, eine Schokoladenverkäuferin mit lackierten Fingernägeln. Viel Kundschaft hat der feine Laden nicht. Früher standen die Leute hier Schlange. „Da darf man schon einmal die Frage stellen: Wie soll das weitergehen mit der Bergmannstraße?“, sagt Neitzel und grinst.

    Stefan Neitzel war nicht der Letzte, der aufgab. Auch Gunhild Propawka, die aus einem Italienurlaub mit einem Kofferraum voller Schuhe zurückkam und mit ihrem Schuhgeschäft zu einem der Lieblinge in der Straße wurde, ist gegangen. „Ich hatte gerade einen neuen Vertrag unterschrieben, da kam Corona.“ Da Immobilienbesitzer aufgefordert waren, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden und Gewerbemietern entgegenzukommen, bat sie um neue Konditionen, doch eine Antwort blieb aus. Also schrieb sie: „Auch nach mehreren Versuchen ist keiner Ihrer Mitarbeitenden bereit, mit mir ein Gespräch über eine gütliche, für alle Seiten sinnvolle Lösung zu führen. Es sollte doch möglich sein, auch unter Berücksichtigung Ihrer wirtschaftlichen Interessen, eine Einigung zu finden.“ Die Gewobag schrieb, man läge mit einem Angebot von 30 Euro noch unter der Marktmiete und unterbreitete der Ladenbesitzerin die Möglichkeit, sie für „sechs Netto-Kalt-Mieten vorzeitig aus dem Vertrag zu entlassen“.

    Der jüngste Leidtragende ist Sascha Fricke vom Bilderrahmengeschäft Weilensee, einem der letzten Relikte des einstigen Künstlerviertels. Er ist so etwas wie der Nachfolger von Schlumms Leistenladen, in dem sich die Künstlerboheme um Kurt Mühlenhaupt in den Sechzigern die Bilder rahmen ließ und in Ermangelung des Kleingeldes noch mit Originalen bezahlte.

    Achtzig Prozent des Umsatzes erwirtschaftete Weilensee mit maßgeschneiderten Bilderrahmen. Das Geschäft lief gut, nur die Gewobag machte ihm Sorgen. Eine Mietminderung in Coronazeiten wurde abgelehnt, und als ein Jahr später Wasser durch die Decke tropfte und er Kontakt zur Verwaltung aufzunehmen versuchte, erhielt er keine Antwort. Er fuhr ins Hauptquartier am Spreebogen, wurde aber schon im Foyer abgewiesen: Man dürfe keinen Ansprechpartner vermitteln.

    Als Tage später ein Klempner in der Bergmannstraße erschien, „stand die Scheiße im Schacht schon einen halben Meter hoch, es wimmelte von Maden“. Vier Monate lang war ein Teil der Räume nicht mehr nutzbar, doch eine Reduzierung der Miete gewährte die Gewobag nicht.

    Ohne viel Hoffnung auf eine Antwort schrieb Fricke letztmals im Juli 2024 wegen des nun auslaufenden Mietvertrages, dass er sich eine weitere Mieterhöhung nicht leisten könne. Wieder blieb eine Antwort aus. Auf ihrer Website schreibt die Gewobag in ihrem Jahresbericht: „Das Feedback zu unserer Erreichbarkeit nehmen wir uns zu Herzen und haben Anfang 2024 die Telefonzeiten unseres Service-Centers angepasst.“

    Einen Umsatz von 600 Millionen Euro konnte die Gewobag im vergangenen Jahr verbuchen. Die Firma nennt 74.000 Wohnungen ihr Eigen und möchte bis 2026 noch einmal 12.000 neue Wohnungen bauen oder kaufen. Bleibt da für Kundengespräche, Reparaturen oder sozialverträgliche Mieten kein Geld mehr und keine Zeit?


    Anziehungspunkt: die Trödelmarkthändler am Marheinekeplatz Ina Schoenenburg/Ostkreuz

    Ende Juli klebte Sascha Fricke ein DIN-A4-Blatt in die Tür des Rahmengeschäftes: „Wir schließen. Leider läuft unser Mietvertrag in naher Zukunft aus. Einen teureren Anschlussvertrag können wir uns nicht mehr leisten. Die Staffelmiete ist uns schon jetzt zu viel. Wir machen Platz für bessere Renditen.“

    So klein der Zettel in der Tür war: Die Linkspartei wurde aufmerksam und fragte bei der Gewobag nach. Mitte August kramte die Immobilienfirma im Textbausteinkasten und schrieb, sie bemühe sich „im Rahmen der Vertragspflege um eine langfristige Etablierung und Bindung der Gewerbetreibenden“. Der Erhalt der Infrastruktur sei ein „wichtiger Bestandteil der Quartiersentwicklung“.

    Als Mitte September auch die Berliner Zeitung anfragte, räumte die Gewobag ein, dass Sascha Fricke tatsächlich „keine Rückmeldung zu dem benannten Wasserschaden erhalten hat. Das bedauern wir sehr. Über den entsprechenden Zeitraum des Mangels haben wir Herrn Fricke rückwirkend eine entsprechende Mietminderung gewährt.“

    Die Gewobag schrieb dies am Vormittag des 13. September. Sascha Fricke wusste zu diesem Zeitpunkt noch nichts von einer Mietminderung. Auch nichts davon, dass man mit dem „Gewerbemieter im Austausch“ sei. Die Gewobag, hieß es in besagtem Schreiben weiter, lege Wert auf„ein ausgewogenes und bedarfsorientiertes Gewerbeflächen-Angebot. Wir wägen bei den zu vermietenden Gewerbeflächen grundsätzlich sorgfältig ab. Das gilt auch für den Bergmannkiez und für das Geschäft von Herrn Fricke, das wir gern vor Ort gehalten hätten.“

    All das erfuhr Herr Fricke erst am Nachmittag des 13. September. Am 14. hielt er die fristlose Kündigung in der Hand.

    #Berlin #Kreuzberg #SW61 #Bergmannstraße #Immobilien #Gentrifizierung #GEWOBAG

  • Les anarchistes, le sionisme et la naissance de l’Etat d’Israël
    https://www.partage-noir.fr/les-anarchistes-le-sionisme-et-la-naissance-de-l-etat-d-israel

    Les anarchistes n’adhérent qu’exceptionnellement à une conception étatiste. Dès la naissance du sionisme politique, cette question nationale se pose aux libertaires et provoque d’âpres débats. Ces polémiques rebondissent au gré des événements. Lors de la naissance de l’Etat d’Israël, les anarchistes adoptent une position officielle. Ils refusent la guerre au Proche-Orient et apparemment la création d’un nouvel Etat. Cependant l’expérience des kibboutzim, qui renvoie par analogie aux images des collectivités agricoles de l’Espagne révolutionnaire, suscite une très vive sympathie. #Gavroche_n°101_-_Septembre-Octobre_1998

    / Archives Autonomies , #Gavroche_-_Revue_d'histoire_populaire, #Bernard_Lazare, #Augustin_Souchy, #Gaston_Leval, Louis (...)

    #Archives_Autonomies_ #Louis_Mercier-Vega
    https://archivesautonomies.org/IMG/pdf/anarchismes/avant-1914/ESRI/ESRI-1900-antisemitisme_sionisme.pdf
    https://www.partage-noir.fr/IMG/pdf/gavroche-n101.pdf

  • Spotify-Playlist über Berlin neu: Online-User sammelt über 100 Songs
    https://www.berliner-zeitung.de/news/online-nutzer-sammelt-songs-ueber-berliner-strassen-li.2260136

    6.10.2024 von Katharina Thümler - Ein Online-Nutzer fasst mehr als 100 Songs über die Berliner Straßen und Bezirke in einer Spotify-Playlist zusammen. Die Texte und Lieder sind so vielfältig wie Berlin selbst.
    Berlin dient seit jeher als Muse für Musiker. Schon Bing Crosby und The Andrew Sister besangen die Stadt noch zur Zeit des Zweiten Weltkriegs in dem Song „Hot Time in the Town of Berlin“. Viele weitere Songs folgten, etwa von Ikonen wie Nina Hagen, Udo Lindenberg oder den Lokalmatadoren wie Peter Fox und Sido. Auch internationale Bands und Sänger wie die Ramones („Born to die in Berlin“) und Mick Jagger („Streets of Berlin“), ließen es sich nicht nehmen, die deutsche Hauptstadt in ihre Texte einzubauen. Die Liederliste über Berlin, die „so schön schrecklich sein“ kann, ist lang.

    Ein Online-Nutzer hat gezielt nach Songs über Berliner Straßennamen und Bezirken im Titel gesucht. Er bekam auf der Plattform Reddit bislang über 400 Antworten und Vorschläge. Er fasste sie in einer vorläufigen Spotify-Playlist mit über 100 Songs zusammen und stellte sie nach eigenen Angaben wegen der hohen Nachfrage online zur Verfügung. Sie wurde bislang 298-mal gespeichert.

    Von U2 bis K.I.Z: Hunderte Songs über Berliner Straßen und Gegenden

    Die Genres der Songs reichen dabei von Housemusik (Julian Hansen singt über Moritzplatz) über Alternativ-Rock (Sugar singt über die Pankstraße), German Hip-Hop (Romano mit seinem Song über Köpenick und K.I.Z mit dem Song über den Görlitzer Park) . Der deutschen Liedermacher Reinhard Mey taucht mit seinem Song in der Friedrichstraße. Auch die Einstürzende Neubauten, die den Wedding thematisieren, sind in der Playlist zu finden.

    Selbst die Regionen und Orte in den Songs sind überraschend vielfältig: Von Schönefeld (Bathe) zum Maybachufer in Berlin-Neukölln (Tra, Luvre47), zur Krummen Lanke in Berlin-Zehlendorf (Ducktails) bis zum Zoo in Berlin-Charlottenburg (U2) und nach Marzahn (The Benja Men) und Karlshorst in Berlin-Lichtenberg (Sind).

    „Eingezäunt und bewacht“: Das findet man in der Spotify-Playlist

    Die Lyrics der Songs zielen dabei in vielen Fällen auf den Wiedererkennungswert der Straßen und Bezirke ab. Mit Reimen wie „Kein Savoy so wie in Wien, Nur den Römerweg in Ostberlin, Das alles, so lange fort wie unsre Kindheit, In Berlin Karlshorst“, besingen Musiker von Sind ihren Kiez. Der bekannte Klassiker zur Besetzung des Mariannenplatzes von Ton Steine Scherben taucht beispielsweise in der Playlist auf. Doch es finden sich auch brandaktuelle Lieder. So rappt Zugezogen Maskulin: „Oranienplatz, eingezäunt und bewacht. Alles von meinem Steuergeld, danke Frank, gutmacht!“

    Bei der Auswahl an Songs findet vermutlich jeder Berliner einen Song, der für ihn die Stadt, seinen Kiez oder seinen Lieblingsplatz beschreibt.

    #Berlin #Musik

  • Westend: Neubau von 61 landeseigenen Wohnungen entsteht bis April 2025 | entwicklungsstadt berlin
    https://entwicklungsstadt.de/westend-neubau-von-61-landeseigenen-wohnungen-entsteht-bis-april-2

    An der Reichsstraße im Berliner Ortsteil Westend entstehen insgesamt 256 neue Wohnungen, 61 davon werden von der landeseigenen DEGEWO realisiert. / © Visualisierung: LAGRANDE Group GmbH

    Im Ortsteil Westend des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf entsteht derzeit ein neues Wohnquartier mit insgesamt 256 Wohnungen. 61 der neuen Wohnungen werden von der landeseigenen DEGEWO realisiert und sollen bis April 2025 fertiggestellt werden.

    © Visualisierung Titelbild: Baumschlager Eberle Architekten GmbH
    Text: Björn Leffler

    In einem Ensemble aus sechs- bis siebengeschossigen Wohngebäuden, das sich um einen zentralen, ruhigen Innenhof erstreckt, entstehen im Charlottenburg-Wilmersdorfer Ortsteil Westend auf elf Grundstücksparzellen mehr als 256 neue Wohnungen. Das landeseigene Wohnungsunternehmen DEGEWO beteiligt sich an diesem Projekt mit einem Bauanteil von 1.800 Quadratmetern, auf dem in zwei Aufgängen 61 Wohnungen, eine Kindertagesstätte sowie ein Spielplatz errichtet werden.

    Für diesen Neubau konnte am 19. September das Richtfest gefeiert werden, wobei die Bauarbeiten voraussichtlich bis April kommenden Jahres andauern werden. Die geplanten Wohnungen umfassen Größen von 35 bis 101 Quadratmetern und verfügen jeweils über einen Balkon oder einen Mietergarten.

    Westend: DEGEWO realisiert 61 Mietwohnungen bis April 2025

    Von den insgesamt 61 landeseigenen Wohnungen werden 58 durch Fördermittel subventioniert und zu einem monatlichen Quadratmeterpreis von durchschnittlich 6,90 Euro (kalt) angeboten. 32 der Wohneinheiten sind barrierefrei oder barrierearm gestaltet. Der Neubau erfüllt den KfW-Energiestandard EH 40 und wird an das Fernwärmenetz angeschlossen.

    Die Entwicklung der Grundstücke an der Reichsstraße 53-54 basiert auf einem 2021 geschlossenen städtebaulichen Vertrag zwischen der LAGRANDE Group GmbH als Projektentwickler und und der DEGEWO. Das entstehende Gebäudeensemble soll nach Auskunft der Bauherren die kleinteilige, straßenbegleitende Bebauung bis hin zum Spandauer Damm fortsetzen und sich harmonisch in die urbane Struktur des Westends einfügen.

    Das neue Wohnquartier im Berliner Westen ist hervorragend an den ÖPNV angeschlossen

    Die Lage in der Nähe des Olympiastadions und der Spree eröffnet den künftigen Bewohnerinnen und Bewohnern zahlreiche Freizeitmöglichkeiten. Auch die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist durch die Nähe zu den U-Bahn-Stationen Ruhleben und Olympiastadion gegeben.

    “Wohnungen in dieser Preisklasse sind in Charlottenburg-Wilmersdorf ein besonderes Angebot, insbesondere im Neubausegment“, erklärt Sandra Wehrmann, Vorstand der DEGEWO. “Wir freuen uns, dass wir in diesem Projekt viele geförderte und barrierearme Wohnungen umsetzen können, um im Quartier auf vielfältige Wohnbedürfnisse einzugehen.”
    Lagrande Group realisiert Wohnprojekt “Maison Westend”

    Der Rest des Bauvorhabens wird vom Immobilienentwickler LAGRANDE Group GmbH umgesetzt und umfasst die restlichen 195 Wohneinheiten. Die LAGRANDE Group vermarktet das Bauprojekt unter dem wohlklingenden Namen “Maison Westend”. Insgesamt sollen einmal elf Wohnhäuser zum Wohnquartier gehören, derzeit sind die ersten drei Wohnhäuser im Bau.

    Der Abriss der bestehenden Gebäude hatte im zweiten Quartal 2023 begonnen, seit dem Frühjahr 2024 läuft der Hochbau auf dem Baugrundstück. Die Wohnfläche, welche die DEGEWO realisiert, wird rund 4.000 Quadratmeter umfassen, insgesamt sollen beim gesamten Projekt rund 11.000 Quadratmeter neuer Wohnraum entstehen.
    Am Spandauer Damm entstehen weitere 85 Mietwohnungen

    Ein weiteres Wohnungsbauprojekt wird nur wenige Meter weiter realisiert. Erst im Juni 2024 hatte das Wohnungsunternehmen Heimstaden, ein europaweit tätiges Immobilien- und Wohnungsunternehmen, Baurecht für ein Wohnungsbauvorhaben am Spandauer Damm in Berlin-Westend im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf erhalten.

    Schon im Juli wurde dann der erste Spatenstich für den Bau von insgesamt 85 neuen Mietwohnungen gefeiert. Heimstaden besitzt auf dem Grundstück bereits ein Gebäudeensemble mit 273 Wohneinheiten an der Adresse Spandauer Damm, Meiningenallee und Gotha-Allee, die sogenannte „Wohnanlage am Ruhwaldpark“. Die bestehende Wohnbebauung aus den 1950er Jahren wird nun durch zwei Baukörper mit jeweils sechs und elf Geschossen ergänzt, in denen insgesamt 85 neue Mietwohnungen entstehen sollen.

    #Berlin #Westend #Immobilien #Wohnen

  • Pro-Palästina-Demo : Tumulte in Berlin-Kreuzberg, Stein- und Flaschenwürfe auf Polizei
    https://www.berliner-zeitung.de/news/berlin-kreuzberg-tumulte-bei-pro-palaestina-demo-stein-und-flaschen

    Depuis le début des grands massacres en Palestine il y un an Berlin a vu prèsque tous les jours des manifestations pour la fin des hostilités et la libération du pay de l’occupation sionistes. Le mouvement ne s’épuise pas et attire systématiquement un nombre de participants plus élevé que prévu. Le weekend passé la police a dissout un cortège de 3500 maifestants dont le nombre avait été annoncé avec 1000.

    Quand par contre les organisations du lobby israelien appellent à manifester en solidarité avec l’état juif ils n’arrivent á mobiliser qu’à peine une centaine de personnes.

    Cette comparaison montre que la politique du gouvernement allemand ne correspond en rien à la sensibilité du peuple. Le besoin d’exprimer son empathie pour les victimes du conflit est repartie parmi les habitants de Berlin en fonction de la brutalité des actes commises par les belligérents. Israel a perdu pendant un an peut-être 1500 occupants civils et soldats contre 40.000 â plus de 100.000 victimes que ses forces armées ont assassiné.

    Quand on regarde ces chiffres il ne faut jamais oublier que Berlin n’est pas l’Allemagne. Le reste du pays est bien plus arrieré et soumis à la bonne parole des puissants.

    P.S. Je pèse mes mots. Les armées du monde assassinent. Les soldats sont des meutriers. Tous, sans exception. C’est leur métier et devoir. Les faire agir contre des civils est un crime de guerre. Aujourd’hui les guerres sont des guerres totales. L’honneur d’avoir en 1943 rendu populaire ce concept revient à notre ministre de la propagande. Depuis on a tendance à le faire oublier mais en réalité les bombardement des villes européennes et les camps d’exterminations historiques n’ont été que la manifestation d’un nouveau stade de développement du capitalisme .

    https://fr.m.wikipedia.org/wiki/Discours_du_Sportpalast

    6.10.2024 - Zum Jahrestag des Hamas-Massakers in Israel gibt es in Berlin viele Demonstrationen. Emotionen kochen hoch. Ein Protestzug in Berlin-Kreuzberg findet ein jähes Ende.

    Bei einer propalästinensischen Demonstration in Berlin-Kreuzberg ist es zu Tumulten mit Stein- und Flaschenwürfen auf Polizisten gekommen. Demonstranten versuchten, eine Polizeikette zu durchbrechen, Böller wurden gezündet. Mehrere Menschen wurden festgenommen, wie eine Polizeisprecherin sagte. „Aufgrund der Unfriedlichkeiten wurde die Versammlung abgebrochen“, erklärte sie.

    Die Demonstranten wurden von der Polizei über Lautsprecher informiert: „Die öffentliche Sicherheit ist gefährdet.“ Als Grund dafür wurden Straftaten aus der Versammlung heraus genannt.

    Rund 3500 Menschen hatten sich nach Polizeiangaben an dem Protestzug mit dem Titel „Demo gegen Genozid in Gaza“ beteiligt. Angekündigt waren 1000 Teilnehmer. Sie liefen vom Kottbusser Tor bis zur Lenaustraße an der Grenze zu Neukölln. Ursprünglich war die Route bis zur arabisch geprägten Sonnenallee in Neukölln geplant.

    Zu einer Pro-Palästina-Kundgebung am Samstag waren laut Polizei weit mehr als 1000 Demonstranten gekommen, angekündigt waren 300. Trotz vereinzelter Zusammenstöße und kurzzeitiger Festnahmen sprach die Polizei von einem „weitestgehend störungsarmen“ Verlauf.

    #Allemagane #Berlin #Palestine

  • Brutal Berlin : „Das ist nicht mehr meine Stadt“ – eine Abrechnung
    https://www.berliner-zeitung.de/panorama/brutal-berlin-das-ist-nicht-mehr-meine-stadt-eine-abrechnung-li.225

    Voilà ce que ça donne quand tu regardes "ta ville" d’une perspective de gauche/droite caviar. Tu remarques que tes copines et copains en viellissant se sentent de moins en moins en sécurité. Puisqu’ils en on les moyens ils déménagent à la campagne ou partent à Paris/New York/Tel Aviv, enfin jusqu’à ce que les imbéciles des pays respectifs transforment ces villes en véritables zone de guerre.

    La guerre berlinoise contre les exclus provoque des réactions peu agréables, mais pour le moment nous sommes encore en mesure de lutter contre les origines de l’exclusion sociale. Qu’est-ce que tu veux, New York n’est pas pour tout le monde.

    5.10.2024 von Marcus Weingärtner - Eine Dystopie ist nichts, was in der Zukunft liegt. In Berlin ist sie doch längst zum Alltag geworden. Eine Abrechnung mit dieser Stadt und ihrem Niedergang.

    „Das ist nicht mehr meine Stadt“, sagt die Frau, die neben mir am Gleis steht, als die U8 einfährt. Ich kenne sie nicht, aber gemeinsam mussten wir zusehen, wie sich ein Mann nur ein paar Meter weiter erleichterte. Er pinkelte an die geflieste Wand des Bahnhofs, sein Urin spritzte auf den Boden und bildete eine Pfütze zu seinen Füßen. Wir blickten beide weg. Das ist nicht mehr meine Stadt. Ich verstehe, was die Frau meint.

    Ich habe lange über diesen Satz nachgedacht. Sechs Worte, die genau beschreiben, was auch ich in diesem Moment empfand und was mich schon länger immer wieder beschäftigt. Das ist nicht mehr die Stadt, in die ich mal voller Freude gezogen bin, aus Gründen, die mir abhandengekommen sind.
    Neulich sagte jemand zu mir, diese Stadt würde „verslummen“

    Wer hat sich verändert? Ich oder Berlin? Oft habe ich das Gefühl, dass wir uns auseinanderleben. Ich werde unsicherer, dünnhäutiger, die Stadt wird härter, abweisender. Oder war Berlin vor zehn Jahren noch nicht so runtergekommen? So harsch, dass ich im öffentlichen Raum dauerhaft das leise Summen der Paranoia im Hinterkopf spüre? Woher kommt dieses Gefühl?

    In der Bahn lese ich Polizeimeldungen auf meinem Handy:

    „Einsatzkräfte des Spezialeinsatzkommandos nahmen gestern Abend drei Männer in Prenzlauer Berg fest. Gegen 21.10 Uhr alarmierten mehrere Zeugen die Polizei zu einem Mehrfamilienhaus an der Lilli-Henoch-Straße, da sie dort zuvor in einer Wohnung mehrere Schüsse gehört hatten.“

    „In Gruppen gingen vergangene Nacht mehrere Männer in Britz aufeinander los.“

    „Ein bislang unbekannter Jugendlicher soll gestern Abend in Lichtenberg zwei Männer mit einem Baseballschläger geschlagen haben.“

    „Ein Mann hat gestern Nachmittag in Alt-Hohenschönhausen mehrere Menschen angegriffen. Dem bisherigen Ermittlungsstand zufolge soll der 23-Jährige gegen 14.45 Uhr auf der Hauptstraße zunächst eine 18-Jährige verbal bedroht haben. Anschließend soll er unvermittelt auf die junge Frau zugegangen, sie mit beiden Händen am Hals gewürgt und sie gegen einen Bauzaun gedrückt haben.“

    Solche Meldungen lese ich mittlerweile dutzendfach, jede Woche. Eine Freundin sagt, das wäre schon immer so gewesen. Berlin wäre eine Metropole mit den Problemen, wie sie alle Großstädte plagen. Nur eben mit einer Verzögerung würden in Berlin Dinge ankommen wie Massentourismus, Wohnungsnot und eben auch zunehmende Gewalt und Verwahrlosung. Neulich sagte jemand zu mir, diese Stadt würde „verslummen“.

    Eine Übertreibung, klar. Wer mal einen Slum gesehen hat, weiß, dass das etwas anderes ist als die Gruppe Obdachloser, die am Halleschen Tor in der Uferböschung zeltet. Aber trotzdem denke ich über diesen Satz nach, als ich die Zelte der Obdachlosen auf einer Rasenfläche sehe, auf der ein Feuer brennt, um das circa 15 Männer in abgerissener Kleidung stehen und trinken. Es ist nebelig, nasskalt, eine dystopische Szenerie, die ich mittlerweile an vielen Plätzen in Berlin gesehen habe. Zelte in Parks, Obdachlose unter Brücken, mitten in der Stadt. Trinkgelage, Hoffnungslosigkeit, Aggression.

    Ich fühle mich in Berlin nicht mehr sicher.

    Die Freundin einer Bekannten wurde im Gleisdreieck-Park ausgeraubt. Nicht da, wo die Grünanlage dicht bewachsen und dunkel ist, sondern auf dem Hauptweg, der parallel zu den prächtigen weißen Neubauten verläuft, die in einer Art protzigem Fake-Gründerzeit-Stil den Park säumen. Sie wurde am helllichten Tag von einer Gruppe Jugendlicher vom Rad gezogen und geohrfeigt. Man nahm ihr ihr Geld ab und ließ sie gehen. Anzeige erstatten wollte sie nicht, das wäre doch einzig für die Statistik, und so viel Geld sei es nicht gewesen. Vor der sicherlich traumatischen Erfahrung spricht sie nicht.

    Ich könnte einfach weitere Beispiele aus dem Berliner Alltagsleben nennen. Von Cracksüchtigen und Diebstählen, Dealern im Bahnhof und einem zunehmenden Gefühl der Entfremdung mit dieser Stadt.

    Eine Kollegin erzählte, wie sie in der Hasenheide beim Joggen von arabischstämmigen Jugendlichen beschimpft und bedroht wurde.

    Ein Freund von mir wurde in der S-Bahn in Neukölln von einem Mann mit Palästinensertuch angespuckt, weil er einen Aufnäher in Regenbogenfarben auf dem Rucksack trug. „Ich bring dich um, du Schwein“, soll der Mann gesagt haben. Mein Freund sagte, er sei froh gewesen, dass der Mann ihn nicht auch noch geschlagen habe. Wie bitte? Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, und dafür müsste ich noch nicht mal weitere Polizeimeldungen bemühen, ich könnte einfach weitere Beispiele aus dem Berliner Alltagsleben nennen. Von Cracksüchtigen und Diebstählen, Dealern im Bahnhof und einem zunehmenden Gefühl der Entfremdung mit dieser Stadt, die ich nach rund 25 Jahren als in vielen Teilen dysfunktional und runtergekommen empfinde. Von immer mehr Menschen, die ich nicht mehr als Bereicherung für diese Stadt, sondern als Bedrohung empfinde.

    Legende, die sich vom Speck der Vergangenheit nährt

    Ist eine Dystopie eigentlich nur das Gegenteil einer friedfertigen Zukunft, etwas, das erst kommt? Wenn ich nach einem Tag in Berlin meine Wohnungstür schließe und durchatme, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Mittlerweile empfinde ich Berlin als eine Stadt, die irgendwie zerbröselt. In verschiedene Gesellschaften, in Teile und Communitys, die einander meiden. Die ohne Sympathie und Verständnis aufeinander herabsehen, auf die Abgehängten, die Menschen aus anderen Ländern, vor allem auf die, die nicht der westlichen Welt zuzurechnen sind. Als ich nach Berlin kam, war das anders. Aber da war auch die Welt eine andere.

    Man kann das alles als zynisch betrachten, als Wehleidigkeit auf sehr hohem Niveau. Aber nach 25 Jahren in dieser Stadt kann ich die immer gleiche, reflexartige Leier nicht mehr hören, nach der Berlin so liberal sei, so frei, eine Heimat für jeden, der nur will.

    Denn: Es ist nicht wahr und nährt sich noch immer vom Speck vergangener Zeiten, goldenen 20ern und hedonistischen 90ern und dem längst zu Asche zerfallenen Arm-aber-Sexy-Image der 2000er. Auch das ist Berlin – ängstlich am Überkommenen hängend und daraus ein heimeliges Image zimmernd, das aber tagtäglich auf den Straßen dieser Stadt zusammenklappt. Eine Art Volkstheater für Touristen und ein bisschen Balsam aufs Gemüt aller, die hier leben. Berlin, das ist auch ein wurstiges Schulterzucken ob all der Probleme, die mittlerweile so virulent sind, dass man sich wundert, dass trotzdem irgendwie alles seinen Gang geht zwischen Verrohung und Verwahrlosung im öffentlichen Raum. Trotz all der bräsigen Bürokratie, der Wohnungsnot und dem altbackenen Beharren auf dem Analogen. Hier ist man mittlerweile doch schon zufrieden, wenn die Bahn pünktlich kommt und die Fahrkarten-App funktioniert.

    Mittlerweile ziehen Bekannte und Freunde wieder weg, zu genervt von der Stadt. Überall sei es sauberer und angenehmer als in Berlin, so die einhellige Übertreibung. Anderswo hätte man das Gefühl, eine Zukunft zu haben, in der deutschen Hauptstadt regiere der Stillstand. Und das wäre noch nicht mal das Schlimmste. Sie habe Berlin sehr genossen, aber hier würde sie nun nichts mehr halten, erzählte mir eine Freundin, die für längere Zeit ins Ausland ging. Ihr Berlin-Feeling sei schal geworden, der Lack ab und sie könne jetzt genau sehen, was hier alles verpennt worden sei in den vergangenen Jahren, sagte sie bei einem Frühstück in einem Café in Prenzlauer Berg. Ich verstehe sie gut.

    #Berlin #sécurité #exclusion_sociale

  • #Bernadette_Bensaude-Vincent : « Beaucoup de chercheurs ont envie de tout plaquer ou d’aller vers des actions militantes »

    Devant l’urgence climatique, le milieu de la recherche préfère s’inscrire dans l’#action plutôt que de se cantonner à la publication de ses découvertes dans des revues spécialisées. Le point sur ces évolutions avec Bernadette Bensaude-Vincent, philosophe des sciences, professeure émérite à l’université Paris-I Panthéon-Sorbonne, membre des comités d’éthique du Centre national de la recherche scientifique (CNRS), de l’Institut national de recherche pour l’agriculture, l’alimentation et l’environnement (Inrae) et de l’Agence nationale pour la gestion des déchets radioactifs (Andra).

    Pourquoi la posture du scientifique a-t-elle autant évolué ?

    Il y a eu une remise en question du fonctionnement de la recherche scientifique en réaction à son alignement sur le modèle néolibéral, à partir de l’an 2000. Cette année-là, l’adoption de l’agenda de Lisbonne, visant à faire de l’Europe une société fondée sur la connaissance, a entériné la conception d’une science tournée vers des fins de compétition économique et de souveraineté politique. Le changement que nous observons est donc particulièrement prononcé en Europe, notamment en Allemagne et en France, ainsi qu’au Royaume-Uni, mais la réflexion n’en est pas moins générale, dans un monde où les postures scientifiques s’uniformisent dans une compétition globale.

    Le chercheur est-il en train de devenir activiste ?

    Beaucoup de chercheurs ont envie de tout plaquer, ou d’aller vers des actions militantes. Selon moi, le mouvement en cours n’appartient pas au registre de l’activisme, mais à celui de l’action. Dans les universités, nombreux sont celles et ceux qui souhaitent faire évoluer le système de l’intérieur. A l’Inrae, une pétition a circulé pour que la direction ne soit plus confiée à un ingénieur X-Ponts mais à un collectif interne, sur le modèle de l’autogestion. Parmi les jeunes diplômés, beaucoup refusent que leurs futurs travaux de recherche servent une agriculture soumise aux intérêts industriels, et non une agriculture qui se développerait conformément aux questions écologiques. On touche aux valeurs qui sous-tendent la recherche scientifique, et il y a là un désaccord profond avec ce qui a pu être dit et décidé ces vingt dernières années.

    La science a-t-elle des valeurs ?

    La communauté scientifique prend conscience que la science n’est pas neutre, qu’elle est inféodée à des systèmes qui orientent les programmes de recherche. On peut ainsi se demander pourquoi, dans les pays riches, tant d’argent est investi dans l’intelligence artificielle, au motif que celle-ci serait en mesure de résoudre tous nos problèmes, plutôt que dans la lutte contre la pauvreté ou l’élaboration de réponses au changement climatique. L’intelligence artificielle consomme de l’énergie et développe un type de recherche qui n’est pas du tout en prise avec le monde réel. Ce sont bien là des valeurs qui sont en jeu.

    D’où l’idée de neutralité de la science venait-elle ?

    Elle est relativement récente, car, au XIXe siècle, la science était considérée comme fondamentalement bonne, bienfaitrice et pacificatrice. Pendant la première guerre mondiale, l’usage des gaz de combat a provoqué un énorme choc et donné naissance, dans les années 1930, à un mouvement technocritique dénonçant l’alliance de la recherche avec certaines valeurs, comme la compétition économique et le consumérisme. Cette problématique a ressurgi avec Hiroshima.

    La bombe atomique a été le deuxième coup de semonce qui a conduit à mettre en place le concept de recherche duale, consistant à dire que la science est neutre, qu’elle peut servir autant au mal qu’au bien, selon la façon dont on s’en sert. Mais la conviction que la science œuvre au bien commun, qu’elle se situe au-delà des intérêts particuliers, perdure dans le public, si l’on en croit les sondages.

    Comment tout cela a-t-il affecté le travail des chercheurs ?

    On demande aux experts d’être neutres, alors qu’on sait très bien qu’ils ne peuvent pas l’être. C’est tout le paradoxe ! Le Groupe d’experts intergouvernemental sur l’évolution du climat (GIEC) en sait quelque chose. Accusé d’être au service de certaines valeurs, il s’est livré à une autocritique et fait maintenant des efforts pour élargir ses sources, en tenant compte des sciences humaines, des savoirs vernaculaires et des savoirs d’expérience, comme ceux des travailleurs sociaux. Résultat, dans son dernier rapport, le GIEC a significativement changé son diagnostic et ses recommandations sur le climat.

    Par ailleurs, tout le monde est d’accord pour dire que la recherche doit réduire son empreinte carbone, et s’orienter vers des pratiques moins compétitives et plus participatives, plus coopératives. Cela vaut en particulier pour les organismes de recherche qui restaient englués dans le postcolonialisme. Mieux aider les pays émergents nécessite de ne plus imposer nos critères occidentaux de développement. Ce raisonnement n’est pas très nouveau, mais il est vraiment en train de s’appliquer concrètement.

    On parle aussi beaucoup de science inclusive…

    La science devient de plus en plus participative, en effet, avec une meilleure prise en compte des retours d’expérience, qui permettent d’éviter certains pièges. Des programmes de recherche interdisciplinaires et participatifs sont en cours, sur la question de l’adaptation au changement climatique, notamment. C’est le cas d’ExposUM, qui développe une approche multidisciplinaire des problèmes de toxicité et de pollution, doublée d’une volonté d’inclusion avec des associations, des malades, des agriculteurs… Ce n’est pas facile à mettre en place, mais c’est financé par les agences de recherche, les collectivités régionales et l’Europe.

    A quoi l’expertise ressemblera-t-elle, demain ?

    Pour pouvoir émettre un avis d’expert, il faut déjà reconnaître les limites des connaissances acquises et pointer les domaines non explorés, savoir déterminer les recherches qu’il faudrait mener pour avoir un avis plus englobant et plus objectif. Cette attitude réflexive et critique peut éloigner du sacro-saint consensus et générer du conflit. Pourquoi pas ? C’est par la confrontation d’avis divergents que la science peut avancer.

    https://www.lemonde.fr/sciences/article/2024/10/03/bernadette-bensaude-vincent-beaucoup-de-chercheurs-ont-envie-de-tout-plaquer
    #recherche #militantisme #posture_scientifique #recherche_scientifique #agenda_de_Lisbonne #activisme #action #ESR #université #neutralité #valeurs #compétition_économique #consumérisme #histoire #bombe_atomique #recherche_duale #paradoxe #GIEC #climat #compétition #coopération #développement #recherche_participative #expertise #connaissances

  • Das Ende der Mietpreisbindung – eine Bilanz 20 Jahre danach
    https://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0308/das-ende-der-mietpreisbindung-eine-bilanz-20-jahre-danach-0308

    Vor 20 Jahren, im Januar 1988, begann im Westteil des geteilten Berlin die Ära des „Weißen Kreises“. Der vorherige schwarze Kreis West-Berlin, die letzte Bastion einer – nach offizieller Lesart – nachkriegsbedingten Zwangswirtschaft im Wohnungssektor, war geschliffen. Das MieterMagazin kommentierte mit trauerndem Unterton: „Fast auf den Tag genau 70 Jahre alt, ein Menschenleben also, wurde die Mietpreisbindung in Berlin zu Grabe getragen.“ Zwei Seiten, zwei Sprachregelungen. Für die einen ein überkommenes Stück marktfeindlicher Wohnungszwangswirtschaft, für die anderen ein wichtiges Stück Sozialstaat. Der Fall selbst, seine Vorgeschichte und seine Nachwirkungen sind ein spannendes Kapitel Berliner Wirtschaftsgeschichte, für den Berliner Mieterverein ist es ein memorables Fragment der Vereinshistorie und für das MieterMagazin eine wichtige Episode hauseigener Zeit- und Zeitungsgeschichte. Zeit für eine Bilanz.

    Wir schreiben den Sommer 1987. Das „Gesetz über die dauerhafte soziale Verbesserung der Wohnungssituation in Berlin“ wird am 25. Juni 1987 in einer abschließenden Lesung des Deutschen Bundestages beschlossen. In dieser aufgehübschten Verpackung verbirgt sich die Aufhebung der Mietpreisbindung im West-Berliner Altbau. An ihre Stelle wird ab Januar 1988 eine spezielle Variante des Übergangs in das Vergleichsmietensystem in Kraft treten, die der schwarzen Stadt- und Bundesregierung in einer beispiellosen Kampagne abgerungen wurde. Beim Schlussakt dieses langen Abschieds dankt der damalige Regierende Bürgermeister Diepgen (CDU) dem Berliner Mieterverein öffentlich für die „gewährte Unterstützung“ bei seinen Vorstößen in Bonn, um den Kompromiss zu ermöglichen. Politik hat bekanntlich ihre eigene Logik. Die kurz vorher als „Panikmacher und Volksverdummer“ – so der damalige Bausenator Klaus Franke – beschimpfte Mieterorganisation wird damit unverhofft zum Helfer geadelt. Dem vorangegangen war die Sammlung einer halben Million Unterschriften, zusammengetragen bei einer Aktion, die man getrost als die letzte wohnungspolitische Großkampagne in Berlin bezeichnen kann. Der regierenden CDU nutzt der mit dieser Mobilisierung erzwungene Schwenk wenig, denn die SPD mit ihrem „Kampagnero“ und späteren Bausenator Wolfgang Nagel und die Alternative Liste schwimmen auf der Protestwelle gegen den Weißen Kreis kurz vor Mauerfall ihrem rot-grünen Wahlsieg 1989 entgegen.

    Zum Zeitpunkt der rot-grünen Koalition war das Kapitel Mietpreisbindung in West-Berlin bereits endgültig abgeschlossen. Aber wie kaum ein anderes Thema der Berliner Wohnungspolitik hat es Politik-, Zeitungs- und Vereinsgeschichte geschrieben. Verständlich wird die durchschlagende Mobilisierung rückschauend nur für den, der weiß, dass Altbauwohnungen, die vor 1949 gebaut wurden, sich über Jahrzehnte zum eigentlichen sozialen Wohnungsbau West-Berlins entwickelt hatten. Während die freifinanzierten Neubaumieten 1980 als längst preisfreie Flecken bei 7,07 DM lagen und damit bundesweites Spitzenniveau aufwiesen, lagen die Sozialmieten des öffentlich geförderten Wohnungsbaus in Berlin bei 5,13 DM. Die damalige Durchschnittsmiete von 3,81 DM war ausschließlich dem in seiner Miethöhe staatlich gekappten Altbau geschuldet, der rund die Hälfte des Wohnungsangebots bestimmte. Damit waren die Altbaumieten die sozialpolitisch relevante Größe in der Inselstadt, die mit niedrigem Einkommensniveau, hohen Studentenanteilen und schlechten Wirtschaftsdaten am Dauertropf bundesdeutscher Subventionszufuhr hing.
    Frontstadtpolitik im Kalten Krieg

    Der ausgeglichene Wohnungsmarkt als Voraussetzung des Weißen Kreises ließ in der Frontstadt Berlin auch Ende der 80er Jahre noch lange auf sich warten. Nachdem Hamburg und München als letzte bundesdeutsche Städte 1974 und 1975 zu Weißen Kreisen wurden, entspann sich an der Spree ein verbissener Kampf um die Preisbindung im Altbau. Schließlich war das Wohnungsangebot in Berlin erst durch Kriegszerstörung, dann durch Flächensanierung, autogerechte Planung und geringe Neubauraten ausgedünnt und weit entfernt von einem Marktausgleich zwischen Nachfrage und Angebot.

    Der Zweite Weltkrieg hatte die Hauptstadt zu jenem „Schutthaufen bei Potsdam“ (Bertolt Brecht) gemacht, in dem ein Drittel aller Wohnungen unbewohnbar war. Der Wiederaufbau begann, die Trümmerfrauen machten den Anfang, und die wohnungspolitische Devise war von nun an: Bauen, bauen, bauen. Bis zum Ausgleich des gravierenden Mangels musste man jedoch auf jene Schutzgesetze zurückgreifen, die bereits in der Zeit des Ersten Weltkrieges geboren und in der Weimarer Republik befestigt wurden. Sie sollten die Mieter vor der Ausnutzung von Mangellagen schützen. Zusätzlich zum Kündigungsschutz und staatlich verordneten Mietpreisregelungen schuf man im Juni 1945 ein einheitliches Unterbringungsverfahren für die noch intakten knappen Unterkünfte. In zehn Monaten waren 421000 vorläufige Einweisungen das Ergebnis. Flankierend wurde der Wohnungsbau über Bau-Notabgaben und zinsvergünstigte staatliche Kredite angekurbelt. Es waren vor allem die – auch bei den Mietern ungeliebten – Zwangseinweisungen, die in den folgenden Nachkriegsjahrzehnten propagandistisch mit anderen Schutzrechten der Mieter in einen Topf geworfen wurden und als unseliges Erbe einer kriegsbedingten Wohnungszwangswirtschaft auf der Abschussliste der Marktwirtschaftsbefürworter landeten. Der somit unzulässig mit Zwangswirtschaft vermischte Mieterschutz wurde von nun an zum Spielball eines bis heute dauernden ordnungspolitischen Grundsatzstreits über die Fragen: Wohnungsmarktwirtschaft: ja oder nein – wieviel Staat, wieviel Schutzbestimmungen sind mit Marktregeln verträglich? Fest steht, dass ausgerechnet das Zusammenspiel von staatlicher Kreditvergabe, Mietpreisbindung und Subventionierung einen erheblichen Beitrag zu dem geleistet hat, was später als der kurze Traum der immerwährenden Prosperität im Wirtschaftswunderdeutschland in die Geschichte einging.

    Dennoch kam es wie beim Lücke-Plan und dem System der Kündigung zur Änderung des Mietzinses 1960 zu Entgleisungen in frühliberale Verhältnisse, die in der Folgezeit vor allem durch die sozialliberale Koalition korrigiert und durch einen dauerhaften Kündigungsschutz ersetzt wurden. Anders als beim Kündigungsschutz war allerdings beim Mietpreisrecht der Burgfrieden zwischen Mietern und Vermietern nicht von Dauer. Die Erwartung, dass bis Ende der 60er Jahre die Mangellagen in den westdeutschen Großstädten beseitigt seien, führte zur Verbreitung des Vergleichsmietensystems, das bis 1975 in allen deutschen Städten eingeführt war – mit Ausnahme der Mauerstadt Berlin-West.
    Von Schwarz zu Rosa

    Hier herrschten durch Kalten Krieg, „Schaufenster-des-Westens-Politik“ und Insellage andere Regeln und Verhältnisse. Bereits Ende der 70er Jahre, erst recht aber in den 80ern war daher die Mieten- und Baupolitik immer Chefsache. Für die Abschaffung der Mietpreisbindung wurden zwischen Inselstadt und Bund immer wieder Schonfristen ausgehandelt. Die Einräumung neuer Fristen wurde jeweils von verordneten Mieterhöhungen begleitet, die den Abstand zwischen den Berliner und den bundesdeutschen Mieten zunehmend verringerten. Mietpreisbindung bedeutete schon deshalb keineswegs Mietenstopp. Mitte der 80er Jahre rückte dann das Ende der Schutzvorschriften in greifbare Nähe. Allerdings wich der ursprünglich angekündigte „kompromisslose Einstieg in den Mietenfreihandel“ (MieterMagazin) im Frühjahr 1987 veränderten Vorstellungen. Auch den Schwarzen war der Weiße Kreis zunehmend suspekt geworden. Der Jungunionist und aus dem sanierungsgeplagten Kreuzberg stammende Abgeordnete Otto Pöppelmeier sah – angetrieben durch Bürgerbegehren und Massenmobilisierung – plötzlich Schwachstellen bei der Aufhebung der Mietpreisbindung. Es war eine Sicht, die in seine Partei hineinwirkte. Als besonders problematisch wurde die völlige Freigabe der Neuabschlussmieten gesehen. Über veränderte Regelungen wurde nun auch in der Union laut nachgedacht. Der damalige Bausenator Georg Wittwer taufte den schließlich Kontur gewinnenden Kompromiss zwischen schwarz und weiß in verwirrender Farbsicht „Rosa Kreis“. Als wäre es ein allgemeines Ansinnen, grauen Mieteralltag durch Farbe aufzumöbeln, erschien das MieterMagazin ab März 1987 mit farbigen Titeln – im April und im Mai jeweils zum Thema Weißer Kreis. Lea Rosh, Otto Sander und andere Prominente warben für die Beibehaltung der Mietpreisbindung. Es sollte nicht die letzte Nummer zu diesem Thema sein. Zahlreiche Großaktionen wie „Berlin wird helle“ – eine nächtliche Dia-Show gegen den Weißen Kreis, verhalfen dem Thema zu immer neuen Schlagzeilen, die es bis in die Tagesschau schafften.

    Dennoch war das Ende der Preisbindung besiegelt. Bereits in der Juli-August-Ausgabe 1987 betitelte das MieterMagazin den nunmehr beschlossenen Übergang in den Weißen Kreis als inhaltsloses „Ei des Kolumbus“ und stellte nach dem Ergebnis der letzten Lesung im Bundestag die Diagnose Exitus. Aus dem für tot Erklärten war allerdings wie Phönix aus der Asche eine juristische Synthese geworden, die fatal viele Züge des Totgesagten ins zweite Leben hinüber rettete. Das Kernstück des 1987 erkämpften Kompromisses war ein verbindlicher Mietspiegel, der auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Erhebung noch preisgebundenen Altbaumieten erstellt wurde. Zweiter Eckpfeiler des Kompromisses war, dass bei Mietvertragsneuabschlüssen eine Kappungsgrenze von maximal zehn Prozent über der bis dahin preisrechtlich zulässigen Miete eingeführt wurde. Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen durften in drei Jahren 15 Prozent nicht überschreiten. In einer aufwendigen Aktion schaffte es der Berliner Mieterverein (BMV) in der Folgezeit sogar, einen kompletten Entwurf des Berliner Altbaumietspiegels auf der Basis von selbst erhobenen Mietdaten in die Verhandlungsrunde zu werfen. Der dann ausgehandelte Kompromiss war allerdings für die einzelnen Regelungen zeitlich begrenzt. Als erstes sollte die Kappungsgrenze für Neuvermietungsmieten fallen. Insgesamt aber sei das Ergebnis „ein Instrument zur Schadensbegrenzung“, kommentierte damals der Hauptgeschäftsführer des BMV, Hartmann Vetter.
    Der Blick zurück – mit Abstand

    Heute, aus der Rückschau, steht die Frage, ob die Freigabe der Mieten Folgewirkungen gehabt hat, von denen die Wohnungspolitiker in Bund und Berlin nichts geahnt und vor denen sie auch nicht gewarnt hatten. Zunächst bleibt festzuhalten, dass eine 70 Quadratmeter große Altbauwohnung, vor 1918 gebaut und in einfacher Lage mit Vollausstattung (Bad, WC, Sammelheizung) zum Zeitpunkt des ersten Mietspiegels noch 2,73 Euro kostete. Zehn Jahre später, im Jahre 1998, kostete diese West-Berliner Altbauwohnung im Mittel und nettokalt 4,17 Euro und im Jahr 2005 im Mittel 4,39 Euro – eine Steigerung, die in zehn Jahren fast 100 Prozent ausmacht. Fest steht aber auch, dass der Abstand zwischen den Mieten in München – Deutschlands nach wie vor teuerster Stadt – und Berlin sich trotz Hauptstadtstatus kaum verändert hat. Während die Münchner Mieten laut dem Hamburger Forschungsinstitut F+B mit 9,41 Euro um 62 Prozent über dem Bundesdurchschnitt von 5,81 Euro liegen, wohnt man im Berliner Westen mit 5,58 Euro fünf Prozent unter dem bundesdeutschen Niveau der Mieten in Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern – für die Wohnungsforschung die kaum überraschende Auswirkung einer deutlich geringeren Kaufkraft, schlechterer Wirtschaftsdaten und einem quantitativen Überhang im Wohnungsangebot, der sich heute in einem dauerhaften Leerstand von knapp 100.000 Wohnungen niederschlägt. Dass man in Berlin billiger wohnt als in der südlichen Metropole, ist zudem ein Attraktivitätsfaktor, der Junge, Kreative, wenn auch (noch) nicht Einkommensstarke aus Deutschland, Europa und der ganzen Welt nach Berlin lockt. Mittelfristig kann dieser Trend sich durchaus in einer Kauf- und Mietpreisspirale nach oben niederschlagen. „Arm aber sexy“ muss kein Dauerstatus bleiben. Umso weniger, als international agierende Analysten die Mietenlücke zwischen Deutschland, Berlin im Besonderen und dem Rest der Welt längst entdeckt haben und deshalb Investoren für ihre Fonds in der ganzen Welt sammeln, um sie in den vermeintlich zukunftssicheren Berliner Wohnungsmarkt zu lenken.

    Umgekehrt lässt sich die Frage, ob die Freigabe der Mieten den Wohnungsbau nachhaltig angekurbelt hat, klar verneinen. Der Auf- oder Abbau des Mieterschutzes war und wird nie eine Instrument zur Drosselung oder Ankurbelung von Investitionen im Wohnungsbau sein. Der beispiellose Bauboom, der den Osten Berlins bis 1997 erfasste, geht auf das Konto der Sonderabschreibungen und Fördermaßnahmen im Rahmen des Wiederaufbaus Ost und hat West-Berlin wenig tangiert. Auch der 1998 beginnende Einbruch bei den Baugenehmigungszahlen in Ost wie West steht in keinem Zusammenhang mit den Veränderungen im ost- und westdeutschen Mietrecht, sondern ist den wachsenden Leerständen und dessen Rahmenbedingungen geschuldet: abwanderungsbedingten Bevölkerungsverlusten und den Vorboten des demographischen Wandels.

    Auf der Habenseite des Kampfes um die Mietpreisbindung in West-Berlin steht jedoch vor allem eine beispiellose Mitgliederentwicklung beim Berliner Mieterverein. Von 2929 Mitgliedern im Jahr 1970 über 20.669 Mitglieder 1980 vertritt der BMV heute über 110.000 Haushalte, wenn es um Mietrechtsberatung und Mieterschutz geht. Nicht zuletzt der ebenso professionelle wie engagierte Einsatz der Vereinsführung gegen eine kopflose Preisgabe des preisrechtlichen Mieterschutzes hat dem Verein hohes Ansehen und eine rasante Entwicklung beschert. Seit 1990 wurde die Mitgliederentwicklung zusätzlich durch die Folgen des Mauerfalls und des Aufbaus der Mieterbewegung im Osten Berlins bestimmt.
    Ein Zankapfel bleibt

    Auch die Ost-Berliner haben heute in Folge der rechtlichen Angleichung „ihren Mietspiegel“. Mit Ausnahme einer Baualtersgruppe ist der Berliner Mietspiegel 2007 ein Gesamtberliner Zahlenwerk. Dem Berliner Wohnungsmarkt hat der Weiße Kreis einen ständig fortgeschriebenen Bericht zur Marktlage beschert und der Berliner Wohnungspolitik ein Instrument, das wegen seiner Handlungs- und Interpretationsspielräume im baupolitischen Hintergrund einen ständigen Zankapfel darstellt. Das „Ringen um die Ortsübliche“ (MieterMagazin-Titel September 1987) und damit um die Folgen des Weißen Kreises wird ein Thema der Wohnungs- und Stadtpolitik bleiben.

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    Mietrechtsabbau als Wohnungsbauförderung?

    Der Kampf um den Mieterschutz, das gilt vor allem für das Mietpreisrecht, war über Jahrzehnte bis heute von einem ordnungspolitischen Grundsatzstreit geprägt. Initiativen des Gesetzgebers wie das „Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen“, das „Wohnungsbauerleichterungsgesetz“ oder auch das „Gesetz über die dauerhafte soziale Verbesserung der Wohnungssituation in Berlin“ verraten den Kern des Streits. „Zuviel Mieterschutz hemmt Investitionen in den Wohnungsbau“, lautet das Argument marktliberaler Politiker und Theoretiker. Im Umkehrschluss bedeutet es, dass ein Abbau des Mieterschutzes Wohnungsbauinvestitionen fördert. In einer wenig bekannten Forschungsarbeit hat sich Hans Joachim Lutz von der Berliner Humboldt-Universität mit den Annahmen dieser Debatte befasst und kommt zu dem Schluss: „Ein Einfluss des Mieterschutzes auf den Wohnungsbau kann empirisch nicht nachgewiesen werden. In jeder Periode gibt es andere Variablen, die für Veränderungen im freifinanzierten Mietwohnungsbau allein ausschlaggebend sein könnten.“ Lutz überprüft die marktliberale These, indem er die Mietrechtsänderungen der Nachkriegszeit im zeitlichen Zusammenhang mit dem Verlauf von Wohnungsbauinvestitionen betrachtet. So merkt er beispielsweise an, den Bauboom zwischen 1970 und 1974 „als Auswirkung des Abbaugesetzes darzustellen, geht fehl: Unerklärlich bleibt dann das niedrige Niveau des Wohnungsbaus in den Jahren 1968 bis 1970.“ Ähnliches gilt für den darauf folgenden Rückgang des Wohnungsbaus ab 1974. Das Wohnraumkündigungsschutzgesetz wurde bereits 1971 bis 1974 eingeführt. Deshalb ließe sich der behauptete Einfluss des Mieterschutzes als Ursache des Rückgangs empirisch nicht belegen.

    Je nach betrachtetem Zeitabschnitt fallen – so Lutz – ganz andere Faktoren ins Gewicht: das jeweilige Zinsniveau oder der Mitte der 70er Jahre einsetzende Konjunktureinbruch sowie die bundesweit 200.000 Wohnungen, die länger als drei Monate leer standen und den Investoren wenig Vertrauen in die Vermietbarkeit neu gebauter Objekte einflößten. Auch die Auf- und Abbewegungen der Folgejahre stehen in keinem erkennbaren Zusammenhang mit Änderungen im Mietrecht. Dies gilt wohl auch für die Wohnungsbautätigkeit in West-Berlin. Schon vor der Freigabe der Altbaumieten waren die für Neubauinvestoren relevanten Mieten von Neubauwohnungen freigegeben. Dokumentiert wurde dies im Neubaumietspiegel 1990. Auch bei der Entwicklung von bestandsbezogenen Investitionen ist kein Zusammenhang zwischen Mietenliberalisierung und Investitionen erkennbar. Der Mieterschutz als Bremse oder sein Abbau als Instrument der Wohnungsbauförderung gehören wohl ins Märchenbuch neoliberaler Marktökonomie.

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    Der Weiße Kreis im Einigungsvertrag

    Nach dem Mauerfall war auch die Angleichung des Mietrechts in den beiden deutschen Staaten ein Ziel der Politik. Die Lebensverhältnisse in Ost und West waren jedoch so weit voneinander entfernt, dass abweichende Regelungen notwendig wurden, die dem Gesetzgeber in einer breiten Mobilisierung abgetrotzt werden mussten. Der Zusammenschluss der Mieterorganisationen in Ost- und West-Berlin wurde 1991 besiegelt. Im Juni übergab der Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins 50.000 Protestunterschriften gegen die Mietenpläne für den Osten an den Chef der Berliner Staatskanzlei. Eine geplante Instandsetzungsumlage konnte gekippt werden. Wenn auch zeitlich befristet, wurde der Kündigungsschutz – etwa bei der Kündigung wegen Eigenbedarfs und wirtschaftlicher Verwertung – bis 1995 ausgesetzt. Die Perspektive Weißer Kreis blieb aber erhalten und wurde durch die Möglichkeit der Modernisierungsumlage nach § 3 Miethöhegesetz und zahlreiche Verordnungen zur Erhöhung der Grundmieten bei Altmietverträgen und Umlagen für Betriebskosten vorbereitet. Der immense Nachholbedarf bei der Modernisierung führte in Berlin allerdings dazu, dass große Teile des Altbaubestandes im ersten Mietspiegel für Ost-Berlin 1998 über West-Berliner Niveau lagen. Ab Juni 1995 wurden Überleitungsvorschriften für Altmietverträge eingeführt, die dazu führen sollten, dass der Sprung ins eiskalte Wasser des Vergleichsmietensystems nicht ganz so drastisch ausfiel wie ursprünglich geplant. Der erste Mietspiegel für Ost-Berlin lehnte sich am Vorbild des damaligen Übergangs in den Weißen Kreis West an und bildete die durch Preisvorschriften des Gesetzgebers und Modernisierungsumlagen entstandenen Mieten ab. Der Berliner Mietspiegel für 2007 ist mit Ausnahme der Baualtersgruppe 1973 bis 1990 ein Abbild des Gesamt-Berliner Wohnungsmarktes.

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    MieterMagazin 3/08
    Stand: 28.03.2008

    #Mietpreisbindung, #Weißer_Kreis, #Mieterproteste, 1980er Jahre, #Berliner_MieterGemeinschaft, #Sozialwohnungen, #Vergleichsmietensystem, #Wohnungspolitik, #Lücke-Plan, #Wohnungsbaugesellschaften, #Westberlin, #Unterschriftenaktion

  • „Mietpreisbindung als Dauerrecht“
    https://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2016/me-single/article/mietpreisbindung-als-dauerrecht

    MieterEcho 384 / Oktober 2016 von Max Welch Guerra - Die Kampagne gegen den „Weißen Kreis“ prägte die Mieterproteste in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre

    Die im Vergleich zu anderen westdeutschen Großstädten über viele Jahrzehnte sehr moderat gebliebenen Berliner Mieten werden oft mit dem Kalten Krieg erklärt. Und tatsächlich erfuhren sowohl West- als auch Ost-Berlin bis in die 1980er Jahre hinein als Schaufenster der beiden Gesellschaftssysteme in mancher Hinsicht politische Bevorzugung. Auch die Wohnungsfrage wurde seit Beginn des Wiederaufbaus zu einem Feld, auf dem insbesondere in Berlin die beiden neuen Staaten in einem Wettbewerb zueinander standen. Die Systemkonkurrenz wirkte indessen nicht von allein. Die im Vergleich zum Bundesgebiet deutlich günstigeren Mieten in West-Berlin waren auch das Ergebnis immer wieder neu entstandener politischer Auseinandersetzungen, von denen viele heute weitgehend vergessen sind.

    Die Berliner MieterGemeinschaft spielte bei diesen Auseinandersetzungen eine mitunter wichtige Rolle. Das gilt vor allem für die zweite Hälfte der 1980er Jahre, als es zu einem strukturellen Bruch in der West-Berliner Wohnungspolitik kam. Der über lange Zeit erkämpfte sozialstaatliche Charakter des Wohnungssektors wurde dabei spürbar gemindert – allen Protesten und großartigen Kampagnen zum Trotz. Im Zentrum dieser Auseinandersetzungen stand die Aufhebung der Mietpreisbindung durch den sogenannten Weißen Kreis.

    Politische Mietpreisbindung statt Marktlogik

    In West-Berlin galt bis in die 1980er Jahre hinein eine weitgehende Mietpreisbindung. Die Mietpreise der Altbauwohnungen erhöhten sich weder durch die Marktverhältnisse noch durch ein Vergleichsmietensystem, wie wir es heute kennen, sondern sie waren – wie auch die Mieten der Sozialwohnungen – deutlich erkennbar das Ergebnis politischer Entscheidungen. Beim sozialen Wohnungsbau wurde der politische Charakter des Mietpreises vermittelt durch die vielen unterschiedlichen Regelungen zu den Förderkonditionen für die Bauherren sowie über die Bestimmung der Miethöhe für das einzelne Objekt oder den einzelnen Haushalt. Die dort zu beobachtenden Veränderungen zugunsten privater Investoren und besser gestellter Haushalte prägten die 1980er Jahre und erfuhren immer wieder die Aufmerksamkeit der Tagespresse ebenso wie den Protest der Mieter/innen, die allerdings nie als Gesamtgruppe durch einzelne Maßnahmen benachteiligt wurden. Vor allem die Proteste von Sozialmieter/innen entstanden deshalb in der Regel nur sehr punktuell. Die Wohnungspolitik unter sozialdemokratischen wie christdemokratischen Bundeskanzlern brachte indes die Produktion neuer Sozialbauten weitgehend zum Erliegen und nahm sorglos den Abbau von Sozialbindungen hin. Ebenfalls politisch festgelegten Mietpreisen unterworfen war das größte Segment des West-Berliner Wohnungsmarkts, nämlich der Altbaubestand mit den bis 1948 gebauten Wohnungen, die überwiegend aus der Zeit vor 1914 stammten. Die Miethöhe in den Altbauwohnungen unterlag einer direkten und vergleichsweise transparenten Festsetzung durch den Senat. Auch die periodischen Erhöhungen der Miete waren immer ein unmittelbares Ergebnis einer für alle erkennbaren politischen Entscheidung. Von diesen Mieterhöhungen waren immer Hunderttausende von Haushalten gleichermaßen betroffen. Der historische Hintergrund dieser bis in die 1980er Jahre existierenden Mietpreisbindung für den Altbau war eine aus der Zeit der Weimarer Republik stammende sozialstaatliche Regulierung. Bereits während des Ersten Weltkriegs war ein provisorischer Mieterhöhungsstopp – die sogenannte Friedensmiete – erlassen worden, damit die Soldaten an der Front sich nicht den Kopf darüber zerbrechen mussten, ob und wie ihre Familien sich die Wohnung leisten konnten. Mit dem Reichsmietengesetz von 1922 wurde der Mietpreis schließlich dauerhaft den Marktmechanismen entzogen. Die Miete war gesetzlich vorgegeben und wurde nach politischen Kriterien allmählich erhöht.


    Mit dem „Lücke-Plan“ zum „Weißen Kreis“

    Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg war die Beseitigung der Wohnungsnot eine der wichtigsten Aufgaben der Politik. Hierfür wurde die sogenannte Zwangsbewirtschaftung von Wohnraum etabliert. Eine der ersten Maßnahmen der neuen Kommunalverwaltungen in Ost und West war es, in unterbelegten Wohnungen ganze Familien von Wohnungslosen, sehr oft von Flüchtlingen, unterzubringen. Ein weiteres Instrument zur Lösung der Wohnungsfrage in jener Zeit war die Fortführung der Mietpreisbindung. Die allmähliche Beseitigung der extremen Wohnungsnot gelang in den 1950er Jahren. Der Wiederaufbau war in Ost und West eine gewaltige städtebauliche Leistung, auch wenn viele der damals entstandenen Siedlungen dem heutigen Geschmack nicht mehr zusagen. Diese Entwicklung erlaubte es der BRD und der DDR, eigene wohnungspolitische Akzente zu setzen. So begann in der Bundesrepublik eine sich über Jahrzehnte entfaltende Politik der Liberalisierung des Wohnungssektors. Das wichtigste Instrument der sich im Westen herausbildenden marktorientierten Wohnungspolitik war der „Lücke-Plan“, benannt nach Paul Lücke, dem von 1957 bis 1965 amtierenden christdemokratischen Bundesminister für Wohnungsbau. Lücke führte die Kräfte an, die – so die ständig wiederholte Parole – das Land von der „Wohnungszwangswirtschaft“ befreien wollten. Unter diesen Begriff wurden nicht nur die Zwangszuweisungen subsumiert – die zugegebenermaßen ein harter Eingriff in die Lebensverhältnisse vieler Haushalte waren – sondern auch und vor allem die Mietpreisbindung. Anfang der 1960er Jahre existierte keine starke Mieterbewegung in der Bundesrepublik, die Gewerkschaften kümmerten sich vor allem um die Lohnhöhe und die wenigen Studierenden studierten brav vor sich hin. Eine kritische Gegenöffentlichkeit hatte sich noch nicht herausgebildet. In diesem Kontext wurde 1960 das „Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht“ verabschiedet, das als „Lücke-Plan“ in die Geschichte Eingang fand und unter diesem Namen noch heute geläufig ist. Ein Kern dieses Gesetzes war die Abschaffung der Mietpreisbindung. Dabei bürgerte sich der Begriff „Weißer Kreis“ ein, um jene Städte zu bezeichnen, in denen die Aufhebung bereits vollzogen war. Die Mietpreisbindung wurde in den folgenden Jahren in Westdeutschland nach und nach abgeschafft, zuletzt in Hamburg 1974 und in München 1975.

    Die Ausdehnung des Weißen Kreises auf immer mehr Städte war Ausdruck der Macht eines starken wohnungspolitischen Interessenblocks. Zu diesem Block gehörten die Banken und Bausparkassen, bei denen der Immobilienbereich meist den größten Bilanzposten ausmachte, sowie die Wohnungsbaugesellschaften, die damals noch mehrheitlich gemeinnützig waren, jedoch den sozialpolitischen Auftrag allmählich zugunsten einer privatwirtschaftlichen Renditeorientierung aufgaben. Es handelte sich dabei um potente Akteure, die sich durch die Ausdehnung der Marktmechanismen eine Erhöhung der gesellschaftlichen Ressourcen − privates Kapital, fiskalische Mittel, Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung, Innovationskräfte von Planern und Betriebswirten − in ihrer Anlagesphäre erhofften. Wie so oft in der Geschichte war dieser mächtige Interessenblock fähig, sein Programm mit einer eingängigen Interpretation der Realität zu begründen. Bürgerliche Ökonomen in Universitäten und privaten Instituten lieferten ihnen und der Presse Erklärungsmuster, die eine wachsende Liberalisierung des Wohnungssektors mit höheren Mieten und einer Stärkung des Wohneigentums als unausweichlich darstellten. Je freier die Marktkräfte, umso besser werde der Wohnungssektor die Bedürfnisse der Bevölkerung befriedigen können.

    Die Folgen des Weißen Kreises sind allerdings mit ökonomischen Kategorien allein nicht ausreichend zu erfassen. Ebenso wichtig, wenngleich selten thematisiert, ist eine weitere und anhaltende Folge der Liberalisierung des Mietrechts. Die Übertragung der Mietpreisentwicklung von der Sphäre unmittelbar spürbarer politischer Entscheidungen auf die anonymen Mechanismen des Markts trug dazu bei, die Wohnungspolitik zu entpolitisieren. Die Miethöhe erscheint in diesem Sinne nicht mehr als eine politisch regulierbare Größe, sondern als gleichsam natürliches Resultat des Spiels von Angebot und Nachfrage. Einen ungünstigen Mietvertrag abgeschlossen oder eine Mieterhöhung bekommen zu haben, wird als persönliches Pech begriffen – oder als eine Folge der Urgewalt des Markts.


    Sonderfall West-Berlin

    Auch in West-Berlin sollte der Weiße Kreis eingeführt werden. Hier förderte der Kalte Krieg die Spaltung der Mieterbewegung, die ohnehin nicht mehr so stark war wie in den Jahren der Weimarer Republik. Die Archive zeugen dessen ungeachtet davon, dass bereits 1960 die Berliner MieterGemeinschaft den Kampf gegen die angestrebte Aufhebung der Mietpreisbindung aufnahm. Diese Auseinandersetzung begleitete die Westberliner Wohnungspolitik über die nächsten Jahrzehnte, denn immer wieder nahmen sich Bundes- oder Landesregierungen vor, den Weißen Kreis auch hier durchzusetzen. Die Mieterorganisationen verstanden es aber jedes Mal, diese Versuche abzuwehren. Die Wohnungsfrage blieb in West-Berlin über viele Jahre eine brisante, erstrangige und lästige Angelegenheit der Landespolitik. Mitte der 1980er Jahre unternahm die Bundesregierung – gefolgt von der christlich-liberalen Landesregierung unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen – den inzwischen achten Versuch zur Abschaffung der Mietpreisbindung. Das West-Berlin jener Jahre unterschied sich stark von der Frontstadt früherer Jahrzehnte. Nicht zuletzt die Hausbesetzungsbewegung, die um 1980 herum die kahlschlagorientierte und technokratische Stadtentwicklungspolitik zu Fall brachte, hatte einer neuen lokalpolitischen Konstellation zum Durchbruch verholfen. Diese Konstellation betraf auch die Mieterorganisationen. So hatte sich etwa die Berliner MieterGemeinschaft personell und inhaltlich erneuert. Sie war jünger und bunter geworden, die schwerfälligen Züge eines deutschen Vereins wurden von einem basisdemokratischen Selbstverständnis abgelöst, was nicht ohne Reibungen und Konflikte verlief. Die MieterGemeinschaft öffnete sich den Potenzialen einer neuen Lebenskultur und zog engagierte Jungakademiker/innen an, was die Kampagnenfähigkeit enorm erhöhte. Auch der Berliner Mieterverein hatte sich – moderater, gewiss – regeneriert.

    Kampagne mit 500.000 Unterschriften

    Unterstützt von der SPD, der Alternativen Liste (AL), der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins (SEW) sowie dem DGB und vielen unorganisierten – aber umso aktionsfreudigeren – fortschrittlichen Kräften, initiierten die Berliner MieterGemeinschaft und der Berliner Mieterverein 1987 gemeinsam eine sehr ambitionierte Unterschriftenaktion gegen den Weißen Kreis. Die spektakuläre Kampagne basierte darauf, dass alle Menschen über 16 Jahren, die in West-Berlin ihren ersten oder zweiten Wohnsitz hatten, einen Stimmzettel ausfüllten. Der Text lautete: „Ich bin für die Mietpreisbindung als Dauerrecht in Berlin. Ja / Nein.“

    Die Kampagne war für die Beteiligten zwar anstrengend, aber auch lustvoll und erbaulich. Täglich kamen in der Geschäftsstelle der MieterGemeinschaft neue Leute vorbei, um sich Unterschriftenlisten geben zu lassen. Es herrschte im stadtpolitischen und kulturellen Milieu eine Art Komplizenschaft: Alle wollten es Kohl und Diepgen zeigen. Die Kampagne veränderte auch die MieterGemeinschaft. Die Agitprop-Sprache aus der Zwischenkriegszeit wurde endgültig fallen gelassen. Die witzigen und inhaltlich treffenden Karikaturen von Klaus Stuttmann prägten von da an unzählige Broschüren und Flugblätter – und tun es teilweise bis heute. Es wurden differenziertere Argumentationen entwickelt. Als ein Aktivist der MieterGemeinschaft über den Landesvorsitzenden der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherung (HBV) ins Kaufhaus des Westens (KaDeWe) eingeladen wurde, um den Beschäftigten die Bedeutung der Mietpreisbindung zu erklären, fand er sich vor einem Publikum wieder, das sich aus eleganten Verkäufern der Herrenkonfektion, handfesten Metzgermeisterinnen und stattlichen Köchen zusammensetzte. Dort musste der Beitrag niedriger Mieten für die Binnennachfrage etwa im Bereich der Kaufhäuser dargestellt werden. Gegenüber Studierenden wiederum wurden die nicht monetären Aspekte des Mietpreises hervorgehoben. Ein allgemein niedriges Mietniveau und vor allem die Tatsache, dass die Wohnungen nicht bei jedem Mieterwechsel teurer werden, ist eine materielle Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben. Das beinhaltet, dass junge Leute zeitig das Elternhaus verlassen können, eine unzumutbare Zweierbeziehung schneller beendet oder eine Wohngemeinschaft einfacher gegründet und wieder aufgelöst werden kann. Der Blick etwa nach Spanien oder auch München zeigte schon damals, dass ein hohes Mietpreisniveau die Möglichkeiten stark einschränkt, die eigenen Lebensentwürfe einigermaßen frei gestalten zu können.

    Rückschläge und Erfolge der Bewegung

    Die Unterschriftensammlung wertete das Thema Wohnungspolitik in der allgemeinen Öffentlichkeit auf. Die Mietpreisbindung war Diskussionsgegenstand am Arbeitsplatz, in der Kneipe, der Schule und der Universität. Fast eine halbe Million Ja-Stimmen kamen zu einem Zeitpunkt zustande, als West-Berlin weniger als zwei Millionen Einwohner/innen hatte. Dennoch wurde die Mietpreisbindung zum 1. Januar 1988 abgeschafft. West-Berlin bekam ein Vergleichsmietensystem mit einigen sozialen Zugeständnissen im Verhältnis zu den westdeutschen Großstädten. Die Vorteile, die CDU, FDP und der gesamte immobilienwirtschaftliche Interessenblock versprochen hatten, traten – selbstverständlich – nicht ein. Weder gab es einen Schub bezahlbarer Neubauten noch eine Stabilisierung des Mietniveaus durch das freie Spiel der Marktkräfte.

    Dies war nicht die einzige Schwächung sozialstaatlicher Wohnungspolitik in jenen Jahren. Die ganze Bundesrepublik wurde nachhaltig verändert, als die Bundesregierung unter Helmut Kohl im Rahmen einer Serie von Steuerreformen 1987 die Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit ankündigte. Im Juli 1988 wurde das „Gesetz zur Überführung der Wohnungsgemeinnützigkeit in den allgemeinen Wohnungsmarkt“ verabschiedet. Zum Jahresbeginn 1990 trat es in Kraft, die Gemeinnützigkeit war somit abgeschafft. Es hieß damals, dieser Schritt geschähe aus fiskalischen Gründen, der Bundeshaushalt würde fortan deutlich mehr Steuern aus dem Wohnungssektor einnehmen. Dies mag sogar der Fall gewesen sein, aber Fakt ist, dass mit der Wohnungsgemeinnützigkeit ein wesentliches Instrument der sozialstaatlichen Wohnungspolitik abgeschafft wurde. Dies war ein einschneidender neoliberaler Eingriff in den Wohnungssektor. Seitdem ist es auch für kommunale oder landeseigene Wohnungsunternehmen viel einfacher, sich wie herkömmliche renditeorientierte Privatunternehmen zu verhalten. Trotz dieser Rückschläge blieb die breite Bewegung für die Verteidigung der Mietpreisbindung in West-Berlin nicht gänzlich folgenlos. Die Kampagne bewies die Breitenwirkung und auch die fachpolitische Stärke, über die die Oppositionskräfte im West-Berlin jener Zeit verfügten. Sowohl die MieterGemeinschaft als auch der Mieterverein gingen gestärkt aus dieser Auseinandersetzung hervor, mit gestiegenen Mitgliederzahlen, einer positiven Erfahrung der Zusammenarbeit, inhaltlicher Qualifizierung und einem neuen Prestige in der Öffentlichkeit. Die Kampagne gegen den Weißen Kreis hat sicherlich dazu beigetragen, dass bei der Abgeordnetenhauswahl im Januar 1989 eine Mehrheit links von der Union zustande kam. Im März 1989 wurde Walter Momper mit den Stimmen der SPD und der AL zum Regierenden Bürgermeister gewählt. Es war zu dieser Zeit nicht absehbar, dass der Fall der Mauer einige Monate später und die Wiedervereinigung Berlins die Mieter/innen dieser Stadt in einer ganz neuartigen Weise herausfordern würde. Aber das ist ein anderes Kapitel der Geschichte.

    Max Welch Guerra kam 1974 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling aus Chile in die Bundesrepublik. In den 1980er Jahren war er Aktivist und Mitarbeiter der Berliner MieterGemeinschaft. Heute lehrt er als Professor für Raumplanung und Raumforschung an der Bauhaus-Universität Weimar.

    Die Wanderausstellung „Kämpfende Hütten, urbane Proteste in Berlin von 1872 bis heute“ wurde zum ersten Mal vom 1. bis 18. Oktober 2015 im Bethanien gezeigt. Ein Ausstellungskollektiv von politischen Aktivist/innen hat die Erfahrungen städtischer Kämpfe in Vergangenheit und Gegenwart für diese Ausstellung aufbereitet. Weitere Informationen inklusive der Broschüre zur Ausstellung als PDF sowie Texte über Theorie und Praxis sind auf einem Blog vereint:
    http://kaempfendehuetten.blogsport.eu

    #Mietpreisbindung, #Weißer_Kreis, #Mieterproteste, 1980er Jahre, #Berliner_MieterGemeinschaft, #Sozialwohnungen, #Vergleichsmietensystem, #Wohnungspolitik, #Lücke-Plan, #Wohnungsbaugesellschaften, #Westberlin, #Unterschriftenaktion

  • La carte des pensées écologiques

    La carte des pensées écologiques est enfin disponible !

    Il aura fallu des mois de discussions et de travail collectif pour aboutir à cette #carte qui a l’ambition de représenter dans toute leurs pluralités les pensées de l’#écologie_politique en montrant les liens entre ses principaux courants, penseurs et penseuses, luttes et organisations.

    L’objectif premier est de montrer que l’#écologie est un #champ_de_bataille, un terrain où s’affrontent des #idées. En conséquence figurent sur cette carte des « #écoles » pauvres en apports théoriques mais riches en capitaux et en relais d’influence. Comme toute cartographie également, elle fige des positions par nature dynamiques, des espaces mouvants, et impose une vision qui lui est propre.

    Cette citation d’André Gorz résume bien la situation :

    “Si tu pars de l’impératif écologique, tu peux aussi bien arriver à un anticapitalisme radical qu’à un pétainisme vert, à un écofascisme ou à un communautarisme naturaliste”.

    La carte des pensées écologiques n’aurait jamais vu le jour sans un formidable travail de toute l’équipe du média Fracas. Nous avons décidé de la laisser gratuitement en accès libre. Pour soutenir Fracas et avoir la version poster, vous pouvez acheter leur premier numéro directement sur ce lien. Abonnez-vous pour soutenir la presse indépendante !

    La carte des pensées écologiques

    Voici la carte des pensées écologiques. 8 grandes familles, plus de 150 personnalités représentées :

    Les 8 grandes familles des pensées écologiques

    Pour vous y retrouver plus facilement, voici en détail les 8 grandes familles des pensées écologiques, avec leurs autrices et auteurs clés. Si vous souhaitez aller plus loin, plus de 150 noms sont à retrouver sur la carte, et des sources sont disponibles à la fin de cet article.
    1/ ÉCOLOGIES ANTI-INDUSTRIELLES

    Les #écologies_anti-industrielles rejettent le productivisme et l’hyper-mécanisation du travail issus de l’ère industrielle. Elles développent une approche technocritique tout au long du XXe siècle. Critiques du gigantisme de l’appareil productif et de l’État pour les ravages qu’ils causent aux écosystèmes et à la personne humaine, les écologies anti-industrielles prônent la petite échelle et refusent une certaine idéologie du Progrès.

    Elles critiquent vertement la dépossession des populations de leurs propres moyens de subsistance. Elles encouragent enfin le fait de considérer l’industrie et la technique comme un système avec ses logiques propres, dont on ne peut se contenter de critiquer tel ou tel effet pris isolément.

    Autrices et auteurs clés : #Ivan_Illich, #Jacques_Ellul et #Günther_Anders

    2/ ÉCOLOGIES LIBERTAIRES

    Les #écologies_libertaires s’inscrivent en filiation des traditions du socialisme ouvrier anglais et de l’anarchisme, et entretiennent une grande proximité avec les écologies anti-industrielles. L’idéal d’émancipation et d’autonomie des libertaires se trouve régénéré par une analogie : les dominations de l’homme sur l’homme, de l’homme sur la femme et de l’homme sur la nature ne peuvent être prises séparément, et doivent être combattues d’un bloc.

    En conséquence, elles aspirent à la constitution d’éco-communautés et d’institutions autogérées et démocratiques à l’échelon local et défendent des principes fédératifs contre les dynamiques centralisatrices de l’État. La vision de la société s’articule autour du champ, de l’usine et de l’atelier, et d’une démocratie radicale, parfois exprimée par le recours au tirage au sort.

    Autrices et auteurs clés : #Murray_Bookchin, #Kristin_Ross, #Bernard_Charbonneau

    3/ ÉCOFÉMINISMES

    Né dans les années 1970 sous la plume de Françoise d’Eaubonne, l’#écoféminisme est une famille qui propose une analyse de la catastrophe écologique fondée sur le genre et sur l’oppression des femmes sous le capitalisme patriarcal. Nébuleuse aux contours flous, l’écoféminisme se conjugue dès le départ au pluriel, soulignant la diversité des origines géographiques et des influences idéologiques qui composent ce courant : socialisme, spiritualisme, queer, marxisme, pensées décoloniales, etc.

    Elles partagent pour la plupart le constat que, d’une part, le rôle des femmes a été subordonné à une fonction purement reproductive et, d’autre part, que la nature a été associée à l’image de cette femme dominée, que le capitalisme doit soumettre, exploiter, et même violer.

    Autrices et auteurs clés : #Françoise_d’Eaubonne, #Vandana_Shiva, #Starhawk

    4/ ÉTHIQUES ENVIRONNEMENTALES

    Les #éthiques_environnementales émergent au sein de la philosophie de l’environnement aux États-Unis, et explorent, chacune avec des options parfois radicalement différentes, le lien qu’entretient l’homme avec la « nature ». Certaines écoles défendent que les espaces naturels ont une valeur intrinsèque, d’aucunes qu’on ne peut juger de la nature que par son utilité pour l’homme, d’autres encore que nous devons nous concevoir comme une espèce au sein d’une « communauté biotique ».

    Faut-il préserver des espaces vierges ? Faut-il au contraire être les stewards d’espaces dont l’homme ne s’exclue pas ? Les polémiques et conflits n’ont certainement pas manqué au sein de cette famille…

    Autrices et auteurs clés : #Aldo_Leopold, #Imanishi_Kinji

    5/ #ÉCOSOCIALISME

    La famille écosocialiste émerge comme un prolongement du #marxisme mais s’oppose à ses interprétations productivistes portées notamment par l’URSS. En partant de l’insuffisante prise en considération des écosystèmes dans les traditions socialiste et marxiste, il s’agit alors de les dépoussiérer et les adapter au tournant écologique des sociétés, en portant l’idée que l’oppression sociale et la destruction de la nature ont une même et unique cause : le capitalisme.

    Si la socialisation des moyens de production et l’autogouvernance démocratique restent au cœur de ce projet, les écosocialismes proposent une variété de réponses allant d’un interventionnisme fort de l’État à des perspectives davantage autogestionnaires. Certains écosocialismes contemporains, dont la branche étatsunienne, ont même rompu avec une perspective anticapitaliste claire et la tradition révolutionnaire.

    Autrices et auteurs clés : #André_Gorz, #Michael_Löwy, #John_Bellamu_Foster

    6/ ÉCOLOGIES DÉCOLONIALES

    Conceptualisée dans les années 1980, les #écologies_décoloniales pointent l’#impensé_décolonial de l’écologie dominante, à la fois libérale et occidentalo-centrée, qui empêcherait la constitution d’une lutte écologiste pleinement libératrice car internationaliste. Par son universalisme « naturaliste » et raciste, sa vision mortifère de la nature, son extractivisme et son colonialisme producteur de natures appauvries (dont la plantation coloniale est l’emblème), l’Occident est en grande partie responsable de la catastrophe en cours.

    De ce point de vue, une écologie de « transition » qui supplanterait les énergies fossiles par des ressources minières au profit d’énergies renouvelables ne serait pas seulement insuffisante : elle ne ferait que trouver de nouvelles formes au colonialisme.

    Autrices et auteurs clés : #Joan_Martinez_Alier, #Malcolm_Ferdinand

    7/ #CAPITALISME_VERT

    La crise écologique fournit chaque jour de nouvelles preuves de la logique mortifère qui se loge au cœur de la dynamique d’accumulation capitaliste. Pour autant, le capitalisme a aussi ses théoriciens, et ceux-ci ont eux aussi tenté d’intégrer les paramètres écologiques dans leur défense de l’ordre en place.

    Dès lors, il s’agit bien souvent de corriger les « excès » ou les « impensés » du capitalisme en intégrant la dimension environnementale aux échanges marchands (taxes, compensation, technologies vertes…). Certains vont jusqu’à vouloir accélérer la dynamique du système capitaliste, y voyant un moyen de contrôler le Système-Terre dans un sens qui ne nuise pas aux intérêts de la classe possédante.

    Autrices et auteurs clés : #Christiana_Figueres, #David_Keith

    8/ ÉCOFASCISMES

    Les #écofascismes, qui ont émergé à bas bruit depuis les années 1980, sont extrêmement fragmentés. En Europe, ils défendent un éco-différentialisme, soit l’idée d’une humanité divisée en différentes « races » ou civilisations non hiérarchisées mais qui doivent rester séparées, car adaptées à leur environnement immédiat : « chacun chez soi » devient « chacun dans son propre écosystème ».

    Aux États-Unis, le néo-malthusianisme et la xénophobie se doublent d’une apologie des grands espaces vierges, de la wilderness, souillée par l’immigration. Cette obsession démographique se traduit souvent par un repli sur des « bases à défendre », dans des logiques « survivalistes ».

    https://bonpote.com/la-carte-des-pensees-ecologiques
    #visualisation #cartographie #infographie #pensée_écologique #épistémologie #pensées_écologiques #décolonial #ressources_pédagogiques

    ping @reka

  • Wir ziehen um! Neuer Unternehmenssitz ab 2027
    https://www.kieback-peter.com/de/news/neuer-unternehmenssitz-ab-2027


    Friedenauer Visualisierung: Neuer Unternehmenssitz von Kieback&Peter am Innsbrucker Platz © bloomimages

    Der Wahnsinn geht weiter, auch in #Neu-Friedenau. Es ist ja schön, wenn viele Menschen gemeinsam lenen und arbeiten, aber Mountain View ist dann doch was anderes. Das ganze Neu-Friedenauer Bauprojekt ist nur möglich hewirden, weil der DB-Kinzern den alten Güterbahnhof an der Ringbahn an einen Immobilienentwickler verkauft hat,. Besser der Taatskonzern hätte im öffentlichen Interesse gehandelt und das Gelände zum Transport-Hub für emissionsfreie Lieferungen entwickelt.

    So, wie es nun aussieht, werden LKW und Lieferfahrzeuge weiterhin die Stadt verstänkern und verstopfen, ein verkehrs- und umweltpolitischer Umbau Berlins unterbleibt.

    Dafür gibt es Verdichtung und langweiligen Beton. Schickes Markeftng-Gedöns, das auf althergebracht macht, mit dem Begriff „Friefenaier Höhe“, oder auf englisch-futuristisch mit „The Friedenauer“ spröden Sixties-Raumpatrouille-Orion versprüht, das braucht im Grunde keiner.

    Wobei, ein paar haben sich die Tadchen und die Konten vollgemacht und sind noch reicher geworden. So it goes.

    30.9.2024 -2027 beziehen wir einen neuen Unternehmenssitz am Innsbrucker Platz, der klimaneutral betrieben wird. Der moderne Bürokomplex, entwickelt von der OFB Projektentwicklung, integriert unsere innovative Gebäudeautomation und -technologie und ist ein weiterer Meilenstein auf unserem Weg zur Klimaneutralität. Dieser neue Firmensitz vereint die bisherigen Standorte in Berlin und ergänzt unsere 30 Niederlassungen in Deutschland sowie unsere internationalen Tochterunternehmen.

    Ein moderner, repräsentativer Standort
    Friedenauer Visualisierung aus der Vogelperspektive ǀ © bloomimages

    Unser neuer Firmensitz am Innsbrucker Platz ist ein beeindruckendes Beispiel für moderne Architektur und fortschrittliche Gebäudeautomation und -technologie.

    Mit dem Einzug in „The FRIEDENAUER“, welcher von der OFB Projektentwicklung entwickelt wurde, beziehen wir rund ein Drittel der Gesamtmietfläche und bündeln damit unseren neuen Unternehmenssitz an diesem Standort.

    Die Gesamtfläche von etwa 7.000 m² bietet ausreichend Raum für alle Unternehmens-bereiche, die bisher auf die Jahnstraße und den Tempelhofer Weg verteilt waren.

    Nachhaltigkeit und moderne Arbeitswelten
    Friedenauer Visualisierung Dachterrasse ǀ © bloomimages

    Der neue Standort besticht durch seine zentrale Lage und hervorragende Verkehrsanbindung. Der öffentliche Nahverkehr, der ICE-Bahnhof Südkreuz und die Autobahn A100 sorgen für optimale Erreichbarkeit. Diverse Mobilitätsangebote wie Flinkster, Stadtmobil, Share Now und Miles stehen zur Verfügung.
    Vielfältig mit Wohlfühlatmosphäre

    https://www.kieback-peter.com/fileadmin/_processed_/2/a/cs Friedenauer_Gruenanlage_OFB_KiebackundPeter_aec4d3b61a.jpg
    _Friedenauer Visualisierung Seitenansicht ǀ © bloomimages

    Neben innovativer Technik bietet das neue Gebäude ein Mitarbeiterrestaurant, Parkplätze und Outdoorfitnessflächen. Großzügige Grünflächen und moderne Lounge-Bereiche im Inneren fördern zudem eine angenehme Arbeitsatmosphäre.

    Zur Entspannung und Erholung tragen die nahe gelegenen Parkanlagen bei, die die Möglichkeit bieten, in der Natur abzuschalten und neue Energie zu tanken.

    Der neue Standort ist nicht nur repräsentativ und attraktiv, sondern auch ein Schaufenster unserer nachhaltigen Gebäudeautomation und -technologie, die in diesem Bürogebäude vollständig integriert sein wird. Durch den klimaneutralen Betrieb des Gebäudes tragen wir aktiv zum Klimaschutz und unserer Zielerreichung, als Unternehmen klimaneutral zu werden, bei.

    Und so sieht die BLz den Zuzug.

    www.berliner-zeitung.de
    Innsbrucker Platz in Friedenau: Bau von Bürokomplex beginnt 2025
    https://www.berliner-zeitung.de/news/innsbrucker-platz-friedenau-bau-von-buerokomplex-the-friedenauer-be

    2.10.2024 BLZ - In Tempelhof-Schöneberg entsteht auf einem 8700 Quadratmeter großen Grundstück ein Gewerbekomplex. Er soll das östliche Eingangsportal des Quartiers Friedenauer Höhe bilden.

    Ab 2025 wird der Gewerbekomplex „The Friedenauer“ als neues östliches Eingangsportal des derzeit entstehenden Quartiers „Friedenauer Höhe“ am Innsbrucker Platz in Tempelhof-Schöneberg errichtet. Dies berichtet Entwicklungsstadt Berlin. Der Bau soll demnach bis 2027 abgeschlossen sein und insgesamt rund 29.000 Quadratmeter Nutzfläche umfassen. Umgesetzt wird das Vorhaben vom Unternehmen OFB Projektentwicklung, welches am Bau des gesamten Quartiers beteiligt ist.

    Die Friedenauer Höhe in unmittelbarer Nähe zum S-Bahnhof Innsbrucker Platz soll das Gebiet infrastrukturell stärken. Auf dem Gelände sollen zudem 1350 Wohnungen entstehen, wovon 238 als sozial geförderte Mietwohnungen durch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Howoge bereitgestellt werden.

    Das Bürogebäude wird auf einem 8700 Quadratmeter großen Grundstück errichtet. Die Mietflächen werden sich auf sieben bis elf Etagen verteilen und flexible Optionen für Büro-, Einzelhandels- und Gastronomienutzungen bieten. Das Erdgeschoss des Gebäudes soll Versorgungsangebote für die zukünftigen Bewohner des Quartiers enthalten. Insgesamt 29.000 Quadratmeter Nutzfläche sollen in dem neuen Bürokomplex zur Verfügung stehen.

    Dem Bericht zufolge wird das Unternehmen Kieback&Peter, spezialisiert auf Gebäudeautomation, als Ankermieter im „The Friedenauer“ etwa 7000 Quadratmeter beziehen und seine Unternehmenszentrale nach Tempelhof-Schöneberg verlegen.

    Quelle: Entwicklungsstadt Berlin

    Bei der Erstellung des Artikels wurden KI-Technologien eingesetzt.

    #Berlin #Schöneberg #Haupstraße #Immobilien #Industrie #Stadtentwicklumg

  • Barbarossaplatz in Berlin-Schöneberg: So soll er umgestaltet werden
    https://www.berliner-zeitung.de/news/umbau-des-barbarossaplatzes-beschlossen-li.2259223


    Seit Dienstag steht fest, wie der Barbarossaplatz umgestaltet werden soll.Benjamin Pritzkuleit / Berliner Zeitung

    Der Wahnsinn geht weiter. Die Barbarossastraße wird am Platz gleichen Namens unterbrochen. Sie hört damit auf, Ost-West-Verbindung vom Bayrischen Viertel (Bamberger/Aschaffenburger) zur Goltz- und Gleditschstraße zu sein. Der kleinteilige Politkompromiss zerstörd zwecks Verkehrsberuhigung historische und immer noch sinnvolle Stadtstrukturen und -verbindungen, anstelle einfach den PKW-Verkehr ganz aus der Innenstadt zu verbannen.

    1.10.2024 von Eva Maria Braungart - Um die Gestaltung des Platzes gab es viel Unmut. Nun hat die Bezirksverordnetenversammlung sich für einen Vorschlag entschieden.

    Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Tempelhof-Schöneberg hat den Umbau des Barbarossaplatzes beschlossen. Dafür wurde die Variante 1 der Machbarkeitsstudie von Juni 2024 angenommen, wie das Bezirksamt mitteilte.

    Unterstützt durch einen gemeinsamen Änderungsantrag von SPD und CDU, soll das Vorhaben sicherstellen, dass die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer berücksichtigt werden. Die Variante 1 sieht vor, dass die südöstliche Straßenverkehrsfläche dem Fuß- und Radverkehr vorbehalten wird. Dadurch wird die Platzfläche vor der Schule erweitert und ein Übergang zum Alice-Salomon-Park gewährleistet. Andere Vorschläge sahen eine Ausweitung des Bereichs für den Fuß- und Radverkehr vor.

    Streit um Gestaltung des Barbarossaplatzes

    Im September demonstrierten Bürger für einen autofreien Barbarossaplatz. Aus 1030 Quadratmeter Grünfläche sollten 3300 werden. Bisher sind 85 Prozent der Fläche auf dem Barbarossaplatz versiegelt. Der Vorschlag von Saskia Ellenbeck, Stadträtin für Straßen im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, die Grünfläche massiv zu erweitern, wurde nicht angenommen. Diese Variante sei „nicht zielführend“, so der Ausschuss für Straßen und Verkehr. Stattdessen soll das Bezirksamt eine andere umsetzen, die vorsieht, dass die Ost- und Südseite des Barbarossaplatzes für Kraftfahrzeuge geöffnet bleibt. Allerdings hatte Ellenbecks Vorschlag von den Bürgern den meisten Zuspruch erhalten. Nun gibt es einen Kompromiss.

    Zusätzlich zu den bereits festgelegten Maßnahmen werden folgende Anpassungen in die laufende Planung integriert: Der fließende Verkehr auf der Eisenacher Straße bleibt in beiden Richtungen erhalten, und es wird auf den Einsatz eines Modalfilters verzichtet. Der separate Radweg wird ausschließlich auf den Barbarossaplatz beschränkt und nicht bis zur Eisenacher Straße ausgeweitet. Der Verlust von PKW-Stellplätzen rund um den Barbarossaplatz wird auf ein Minimum reduziert.

    #Berlin #Schöneberg #Barbarossaplatz #Barbarossastraße #Eisenacher_Straße #Schwäbische_Straße

  • Flughafen BER benennt Start- und Landebahnen um: Das ist der Grund
    https://www.berliner-zeitung.de/news/flughafen-ber-benennt-start-und-landebahnen-um-das-ist-der-grund-li

    Die Markierungen der Start- und Landebahnen sowie der Austausch von Schildern laufen bereits seit Tagen.Anikka Bauer/Flughafen Berlin Brandenburg GmbH

    Il faudra revoir ses itinéraires et approach dans le simulateur de vol.

    BER piste nord 25R/07L devient 24R/06L
    BER piste sud 07R/25L devient 06R/24L

    1.10.2024 BLZ - Das Magnetfeld der Erde bewegt sich, was sich auf den internationalen Luftverkehr auswirkt. Nun reagiert der Hauptstadtflughafen.

    Am Hauptstadtflughafen BER bekommen die Start- und Landebahnen neue Namen. Konkret gehe es um die „Bezeichnungen für die in der Navigation notwendigen Startbahnkennungen“, teilte der Flughafen am Dienstag mit.

    Notwendig wird die Anpassung den Angaben zufolge durch die ständige Bewegung des Magnetfeldes der Erde. Dadurch verschiebt sich der Nordpol jährlich um mehrere Kilometer.

    Alle Start- und Landebahnen weltweit sind an der Kompassrose ausgerichtet. Die genauen Gradzahlen ergeben sich aus dem Winkel der jeweiligen Bahn im Verhältnis zum geomagnetischen Nordpol. Wird die Abweichung aufgrund der Bewegung des Magnetfelds zu groß, legt die Flugsicherung eine Namensänderung fest. Das betrifft alle Flughäfen weltweit zu unterschiedlichen Zeiten.

    „Auch wenn der Unterschied nur klein zu sein scheint, ist er elementar für das Miteinander sämtlicher Prozesspartner auf dem Vorfeld und in der Luft. Die Startbahnkennungen sind bereits im Anflug auf den Flughafen deutlich zu sehen“, hieß es vom BER.

    Ab Donnerstag wird die Nordbahn 25R/07L zur 24R/06L und die Südbahn 07R/25L wird zur 06R/24L. Die Markierungen der Start- und Landebahnen sowie der Austausch von Schildern laufen bereits seit Tagen. Änderungen der An- und Abflugrouten ergeben sich nach Angaben des Flughafens nicht. Die umgangssprachlichen Bezeichnungen Nord- und Südbahn bleiben erhalten.

    @arno

    #Allemagne #BER #aviation #piste_d_atterrissage #champ_magnétique_terrestre

  • SEZ in Berlin-Friedrichshain: Zwangsräumung läuft aktuell
    https://www.berliner-zeitung.de/news/sez-in-berlin-zwangsraeumung-laeuft-polizei-berlin-leistet-amtshilf

    Das SEZ in Berlin-Friedrichshain: Das Gelände wurde am Dienstag zwangsgeräumt. Markus Wächter

    Byebye #SEZ

    Sport- und Erholungszentrum
    https://www.openstreetmap.org/way/24266185

    (24266185)
    Version #20

    vom Gertichtsvollzieher geöffnet und im Grundbuch auf BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH eingetragen

    Edited about 11 hours ago by Gnurpsnewoel
    Changeset #157336449

    Tags
    addr:city : Berlin
    addr:housenumber : 77
    addr:postcode : 10249
    addr:street : Landsberger Allee
    amenity:events_venue
    building : sports_hall
    contact:phone : +49 30 400 4890
    contact:website : http://www.sez-berlin.com
    disused:leisure : sports_centre
    name : Sport- und Erholungszentrum
    operator : BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH
    operator:type : building
    short_name : SEZ Berlin
    wheelchair : no
    ikidata : Q1509008
    wikimedia_commons : Category:SEZ (Berlin)
    wikipedia : de:Sport- und Erholungszentrum
    Nodes : 76 nodes

    1.10.2024 von Christian Gehrke - Nach dem Streit mit dem früheren Eigentümer hat das Land Berlin am Dienstag das SEZ in Friedrichshain zwangsräumen lassen. Unsere Reporter waren vor Ort.

    Das ehemalige SEZ in der Landsberger Allee in Berlin-Friedrichshain wurde am Dienstag zwangsgeräumt. Die Polizei leistete dazu Amtshilfe und war mit 60 Kräften vor Ort. Der Gerichtsvollzieher und die Polizisten trafen gegen neun Uhr ein. Die Räumung dauerte bis etwa 16.30. Die Tür des Gebäudes wurde für die Zwangsräumung aufgeflext. Das Land Berlin darf nach einem langen Rechtsstreit wieder über das Gebäude verfügen. Doch der ehemalige Eigentümer Rainer Löhnitz soll den Zugang zum Gelände verweigert haben, hieß es. Ob Löhnitz auch am Dienstag vor Ort war, ist unbekannt. Gesehen wurde er jedoch weder von der Polizei noch von den anwesenden Pressevertretern.

    Polizeisprecher Martin Halweg sagte auf Anfrage der Berliner Zeitung am Dienstagvormittag: „Es kam zu keiner Gegenwehr oder Störungen, weder im Gebäude noch davor. Der Gerichtsvollzieher konnte das Gelände betreten und seines Amtes walten.“ Weil das gesamte Gebäude mit zahlreichen Räumen 47.000 Quadratmeter sehr groß sei, habe sich die Übernahme durch den Gerichtsvollzieher über mehrere Stunden hingezogen. Auch mehrere Nebengebäude sowie das gesamte Außengelände musste begangen werden, so Halweg.

    „Das Objekt wurde nun vollständig an das Berliner Immobilienmanagement (BIM) übergeben. Ein Sicherheitsdienst übernimmt die weitere Sicherung“, teilte der Sprecher weiter mit.

    Die Polizei Berlin ist am Dienstag mit 60 Leute vor Ort, um die Räumung zu begleiten. Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Viele Erinnerungen hängen an dem früheren Sport- und Erholungszentrum (SEZ) Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Die Schlösser werden teils mit Gewalt geöffnet.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Ein Facharbeiter flext für den Gerichtsvollzieher und die Polizei die Tür auf. Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Die Polizei begleitet die Zwangsräumung am Dienstag: Trauriges Ende für das frühere DDR-Vorzeigebad Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Neben dem Gerichtsvollzieher war die Chefin des BIM, Birgit Möhring, vor Ort sowie frühere Mieter des Gebäudes. Auch Vertreter des Landes Berlin begleiteten die Räumung.

    Viele Menschen im Osten identifizieren sich mit dem früheren Sport- und Erholungszentrum (SEZ). 1981 von Erich Honecker eröffnet, musste es 2002 schließen. Dementsprechend groß war die Trauer bei Menschen, die die Räumung begleiteten. „Schade, dass es abgerissen wird. In den 80ern war ich mal da. Leider ja wie so viele alte DDR-Gebäude. Mir wäre es lieber, sie würden es wieder aufbauen. Gibt ja nur noch wenige solche Orte. Unsereiner wird da ja leider nicht gefragt“, sagte Manfred Kossakowski. Der 65-Jährige arbeitet bei einem Schlüsseldienst und unterstützte die Polizei und den Gerichtsvollzieher bei der Zwangsmaßnahme am Dienstag.
    Wann wird das SEZ in Berlin-Friedrichshain abgerissen?

    Leer stehende Räume des ehemaligen Spaßbades wurden bis zuletzt vermietet. Diese Mieter und SEZ-Fans wehren sich gegen Zwangsräumung mit Petitionen und Demos. Natürlich wollen sie auch einen Abriss, für den es noch keinen Zeitplan gibt, stoppen. Bei der Zwangsräumung am Dienstagmorgen waren jedoch keine Demonstranten zu sehen. Lediglich gegen 14 Uhr kamen knapp 20 Personen eines Unterstützervereines des SEZ, so Polizeisprecher Halweg. „Das war aber keine Demonstration, sie haben sich nur das Geschehen angeschaut und sind dann wieder verschwunden.“ Es sei habe auch keine Ausrufe, Sprechchöre oder Transparente gegeben, so Halweg weiter.

    Das Grundstück in Friedrichshain war 2003 vom Land Berlin unter Mithilfe des damaligen Finanzsenators Thilo Sarrazin an Löhnitz verkauft worden – für einen symbolischen Euro. Das renommierte DDR-Freizeitbad, das nach der Wende jahrelang Verluste machte, war im Dezember 2002 geschlossen worden. Der Käufer wurde damals verpflichtet, bis 2007 wieder einen Badebetrieb im SEZ zu schaffen. Doch irgendwie stockten die Pläne. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit um die Nutzung und einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) verfügt das Land seit vergangenem Jahr nun wieder über das Grundstück. Anfang 2024 wurde bekannt, dass Berlin das Haus abreißen möchte, um Hunderte Wohnungen und eine Schule zu bauen.

    Eine Umsetzung des Bebauungsplans, für den der Abriss des SEZ notwendig ist, bedeute nicht, dass die Geschichte des Ortes negiert werde, heißt es vonseiten des Senats. Es sei eine Studie zur historischen Entwicklung des Standorts erarbeitet worden, die für die Dokumentation der Entwicklung des Bereiches eine Grundlage darstellen könne. Vor dem Abriss des Gebäudes werde deshalb geprüft, ob wesentliche identitätsstiftende Merkmale erhalten werden könnten.

    #Berlin #Friedrichshain #Leninallee #Dimitroffstraße #DDR #Landsberger_Allee #Sport #Stadtentwicklung #Privatisierung #Rekommumalisierung
    #Geschichte

  • Pollerwahnsinn in Berlin-Mitte: „Taxifahrer steuern unsere Straße gar nicht mehr an“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/pollerwahnsinnin-berlin-mitte-taxifahrer-steuern-unsere-strasse-gar


    Jurek M. wohnt seit 1988 am Hausvogteiplatz, er ist dort aufgewachsen. Die neue Verkehrsführung findet er „total bescheuert“. Als Rad- und Autofahrer kennt er beide Seiten. Jordis Antonia Schlösser

    1.10.2024 von Ida Luise Krenzlin - Anwohner Jurek M. ärgert sich täglich über die neuen Radwege und Poller. Sie machen „alles noch viel schlimmer“. Ein Besuch am Hausvogteiplatz in Berlin-Mitte.

    Die Jägerstraße in Berlin-Mitte erhielt bereits um 1709 ihren Namen. Früher stand hier mal ein Haus der kurfürstlichen Jägerei. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befand sich am benachbarten Hausvogteiplatz und in den umliegenden Straßen das Modezentrum Berlins. Die Konfektionsindustrie, hauptsächlich von jüdischen Kaufleuten und Textilhändlern aufgebaut, war ein wichtiger Wirtschaftszweig.

    Der ehemals prächtige Platz hat an Ansehen eingebüßt. Die Situation am Hausvogteiplatz sei unmöglich geworden, so Anwohnerin Polly M. Schuld daran sei der „Pollerwahnsinn“, wie M. es nennt. Auch ihr Sohn Jurek und eine befreundete Anwohnerin, die Architektin Uljana S., sind genervt von der neuen Verkehrsführung am Hausvogteiplatz.

    Jurek M. wartet mit seinem Rad am Brunnen. Hunderte Tauben fliegen hoch. „Die werden von zwei alten Frauen eimerweise gefüttert. Man kann sich hier kaum aufhalten. Alles ist zugeschissen.“ Das stimmt. Die Tauben fliegen auf Augenhöhe der Passanten über den Platz. Doch es geht um den Verkehr. Jurek zeigt auf die Kreuzung, wo die Oberwall- zur Niederwallstraße wird und auf den Platz trifft. Ein Nadelöhr. Und ein Ärgernis für den Anwohner, der als Rad- und Autofahrer unterwegs ist.

    Verwirrspiel: „Sollen wir uns gegenseitig umbringen?“

    Große Steinquader verkleinern die Kreuzung. „Früher konnte man hier prima abbiegen und auch ausweichen – als Rad- und als Autofahrer“, sagt M. In der Oberwallstraße stehen zusätzlich zahlreiche rot-weiße Poller sowie Verkehrsschilder für Auto-, Radfahrer und Fußgänger. „23 Schilder an einem Ort. Das ist doch völlig bescheuert!“, ärgert sich Anwohnerin Uljana S., die ebenfalls seit 1988 am Hausvogteiplatz wohnt. „Wollen die, dass wir uns gegenseitig umbringen?“, ruft sie aufgebracht. Sie ist Architektin, ihr Ehemann war Bauingenieur. Gemeint sind Auto- und Radfahrer, die nun um den Weg durchs Nadelöhr kämpfen müssen. Kommt ein Auto, müssen die entgegenkommenden Autos halten, oft ein Stück zurücksetzen. Radfahrer müssten eigentlich warten, drängeln sich aber vor. Wie viel Ruhe diese Verkehrsberuhigung tatsächlich bringt, ist fraglich.

    Auf Nachfrage der Berliner Zeitung spricht der Bezirk von Akzeptanz gegenüber der neuen Verkehrsführung, die seit Ende vergangenen Jahres besteht. „Mit Beschilderungen und Markierungen auf der Fahrbahn wurden die neue Vorfahrtsregelung und die Fahrbahnaufteilung für alle Verkehrsteilnehmenden gut erkennbar gemacht. Die Kreuzungen wurden so umgestaltet, dass diese besser einsehbar sind und es für Fußgänger:innen einfacher ist, die Straße zu überqueren. Die Fahrradstraße werde sehr gut angenommen.“

    Jurek M. und Uljana S. schütteln darüber die Köpfe. Zu dem Chaos am Hausvogteiplatz komme für sie noch das Problem hinzu, wie sie mit dem Auto nach Hause kommen. Die Jägerstraße ist wegen der Baustelle am Gendarmenmarkt für Jahre eine Sackgasse, die Ausfahrt nur über Unter den Linden oder den Hausvogteiplatz möglich. Die Anwohner sagen, dass Taxifahrer die Jägerstraße gar nicht mehr ansteuern würden, da es so schwierig sei, dort zu halten.
    ADFC: „Poller sind wichtig. Sie halten illegalen Verkehr raus“

    Karl Grünberg, Sprecher des ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Landesverband Berlin e. V.), hält Poller für wichtig. „Sie halten den illegalen Verkehr aus einer Fahrradstraße raus.“ Wenn sich alle Autofahrer an die Straßenverkehrsordnung halten würden, wie den Abstand zu Fahrradfahren einhalten oder nicht durch eine Fahrradstraße fahren, wenn man kein Anwohner ist, bräuchte es die Poller nicht, so Grünberg. „Klar, wäre es besser, wenn es ohne Poller ginge.“ Aber dann müssten die Radwege breit genug sein und Autofahrer dürften die verkehrsberuhigten Kieze nicht für den Durchgangsverkehr nutzen, so Grünberg. Das sei aber illusorisch.

    „Kraftfahrende dürfen die entsprechenden Straßenabschnitte zukünftig nur mit einem Anliegen befahren. Für diese Anlieger:innen gelten dann auch Einbahnstraßenregelungen am Hausvogteiplatz, die das Befahren ohne Anliegen verhindern sollen“, so das Bezirksamt. Die Poller am Märkischen Museum bilden eine Durchfahrsperre, „um den Schleichverkehr durch die Wallstraße zu unterbinden“ heißt es weiter. „Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr sowie die BSR können die Poller im Bedarfsfall herausnehmen.“

    „Google Maps hat nicht recht!“

    Der Sprecher des ADFC bezeichnet die neue Verkehrsführung am Hausvogteiplatz als „Poller-Schilder-Wald“, der auf den ersten Blick für Verwirrung sorgt. Dennoch würde die Verkehrssituation am Hausvogteiplatz die Realität widerspiegeln. „Schilder reichen eben nicht aus.“ Die Autofahrer würden sich nicht daran halten. „Google Maps hat nicht recht!“, erklärt Karl Grünberg eins der Probleme. Poller seien die einzige Lösung, um den Verkehr zu entschleunigen. 2023 verunglückten 638 Kinder bei Verkehrsunfällen in Berlin, gibt die Polizei in einer Statistik bekannt.

    Autofahrende Anwohner müssen wohl auch zukünftig einen Umweg in Kauf nehmen, Unterschriftensammlungen und Briefe an die Stadträtin hätten an ihrer Situation nichts geändert, so Polly M. Einen direkten Weg durch die verkehrsberuhigte Zone gibt es nicht mehr. Wer auch nicht über Umwege zum Ziel kommt, könne sich allerdings an den zuständigen Stadtrat wenden. Dieser sei dafür zuständig, das Problem individuell zu lösen. Ein schwacher Trost für Anwohner, die sich in ihrer Mobilität derart eingeschränkt fühlen.

    #Berlin #Mitte #Verkehr #Hausvigteiplatz #Jägerstraße #Taxi

  • #bergoglio alla crociata contro le donne
    https://radioblackout.org/2024/10/bergoglio-alla-crociata-contro-le-donne

    Una delle cifre del pontificato di Jorge Bergoglio è stata una certa moderazione verbale nei confronti di chi ha condotte di vita in contrasto con la morale cattolica. Cruciale nel suo pontificato è che la condanna delle azioni con implichi una criminalizzazione di chi le compie. In questo modo può permettersi di apparire accomodante nei […]

    #L'informazione_di_Blackout #aborto #chiesa_cattolica #patriarcato #transfemminismo
    https://cdn.radioblackout.org/wp-content/uploads/2024/10/2024-10-01-bergoglio-aborto.mp3

  • Sven Regener von Element of Crime im Interview: Berlin war eine Stadt, die gigantische Schmerzen erlitt
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/sven-regener-von-element-of-crime-im-interview-auf-berlin-kann-man-

    Hübner und Regner beim Bier und im Gespräch für „Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“ Noel Richter/Superfilm

    28.9.2024 von Timo Feldhaus - Seine Band Element of Crime wird 40, Charly Hübner hat einen Film über sie gedreht. Zeit für die wichtigen Fragen: War früher alles besser? Und warum eigentlich nicht?

    Sven Regener, Frontmann und Sänger, Trompeter und Bestsellerautor, 61 Jahre alt, ein Mann mit Humor, ein Original. Jeder kennt ihn, er gehört zu den beliebtesten Berlinern, weil er das hiesige Lebensgefühl so genau auf den Punkt bringt. In seinen Liedern, als Autor der „Herr Lehmann“-Romane. Eine einzige Frage habe ich aktuell an diesen vor mir sitzenden Sven Regener, in seinem schwarzen Hemd, mit seiner schwarzen Brille, dahinter die Augen, die ganz schön viel zu verstehen scheinen. Es ist eine sehr wichtige Frage. Aber ich kann sie nicht sofort stellen, nicht gleich zu Beginn. Fangen wir also anders an.

    Nun wird es wieder dunkel und kalt in Berlin, und wenn man abends in der U-Bahn sitzt oder der Wind in den Straßenschluchten den Bewohnern an den von Tag zu Tag länger werdenden Mänteln reißt, dann sieht man die Angst vor den langen und einsamen Herbst- und Wintermonaten schon in den Augenwinkeln der Menschen blitzen.

    Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin, dann tut etwas Trost ganz gut, und viele werden wieder zu ihren Lieblingsliedern und der Melancholikersupergroup Element of Crime greifen, die in ihrer Melange aus düsteren Balladen, Chansons und Avantgardeklängen eine in Deutschland wohl einmalige Trostspendemusik machen. Und das seit sagenhaften 40 Jahren. „Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“, so heißt ein Song von ihnen, und so heißt auch der Film, der nun zum Geburtstag in die Kinos kommt. Halb Konzertfilm, halb Porträt der Band, der bekannte Schauspieler und Regisseur Charly Hübner hat ihn gedreht, und ein Kollege meinte, ich möchte Hübner doch mal fragen, wo das hinführen soll, wenn er nach der Ost-Punkband Feine Sahne Fischfilet nun die lyrischen Softies aus West-Berlin dokumentiert. Ja, wo soll das alles hinführen. Auch darum soll es hier gehen.

    Sven Regener ist, wie jeder richtige Superstar, im echten Leben kleiner, als man ihn kennt. Man mag ihn nichts über den Film fragen, den Film muss man ja sehen. Er lohnt sich; warum, das würde ich Ihnen allerdings auch lieber etwas später erzählen. Wenn man so einen Berlinversteher vor sich hat, dann wäre es ja klug, wenn er einem erklärt: Was ist hier eigentlich los? Wie ist aktuell die Lage? Also:

    Herr Regener, der Film beginnt damit, wie Sie auf der Bühne stehen und erzählen, dass Sie jahrelang Ihren Wohnort Berlin verleugnet haben, weil sich niemand für Berlin interessiert hat.

    Ja. Aber wenn man sich die Songs anhört, die wir damals geschrieben haben, haben die doch sehr viel mit dem Leben in Berlin zu tun, sei es im West-Berlin der 80er oder auch in den 90er-Jahren. Wobei ich sagen muss, dass in den 80ern in West-Berlin Ost-Berlin auf eine ganz seltsame Weise immer präsent war. Wie das alles da war, war nicht denkbar ohne die Mauer. Sie bedeutete, dahinter ist noch mal eine andere Welt, der Rest der Stadt. Das spielte ständig zusammen.

    Regener erzählt vom damaligen Schöneberg, der künstlerischen Boheme und „diesem gärenden Humus, in dem so eine Band entstehen konnte. Denn ich glaube, dass man so eine Band nicht trennen kann von der Zeit und dem Ort, wo sie entstanden ist“.

    Er selbst ist gebürtiger Bremer (Megasong: „Delmenhorst“), lernte am Konservatorium Gitarre spielen, wurde mit 15 Kommunist. Dann spielte er krachigen No-Jazz – in den historischen Filmbildern glüht das 80er-Jahre-West-Berlin so verworren und düster, wie man es sich vorstellt. Bis sie alle endlich ready für Liebeslieder waren. Seit Jahrzehnten wohnt Regener in Prenzlauer Berg.

    Jetzt aber direkt mal eine wirklich sehr ernst gemeinte Frage, Herr Regener: War früher alles besser?

    Nein. Warum sollte alles besser gewesen sein? Das war ja auch eine furchtbare Zeit. Man darf nicht vergessen, dass in West-Berlin eine starke gesellschaftliche Spaltung herrschte zwischen den Leuten, die zugezogen waren, wie ich, und den Leuten, die die Teilung der Stadt erlebt und darunter wirklich gelitten haben. Berlin war eine Stadt, die gigantische Schmerzen erlitt. Und gleichzeitig haben wir daraus eine große Abenteuer- und Spielwiese gemacht, was natürlich toll war. Und wir haben letztendlich diesen ganzen Schmerz auch ignoriert und geleugnet, und zwar mit einer ungeheuren Kälte. Erst mit dem Mauerfall hat sich sehr viel verändert und auch verbessert. Wobei für viele das Leben dadurch sicherlich auch schwieriger wurde. Weil es bestimmte Freiräume im Laufe der Jahrzehnte dann nicht mehr so gab. Aber das ist ein Thema für einen eigenen Film.

    Heute leben Sie gerne in der Stadt? Viele meckern die ganze Zeit.

    Ich lebe seit über 40 Jahren in dieser Stadt und will in keiner anderen leben. Manche Leute machen ein Geschiss darum, dass sie geborene Berliner sind. Ich habe das nie verstanden. Ich bin ja freiwillig hergezogen, weil ich das gut fand. Ich wollte in einer richtig großen Stadt leben. Und natürlich ist Berlin die einzige richtig große Stadt in Deutschland. Ist nun mal so. Deutlich größer als alle anderen, und das Lebensgefühl ist entsprechend anders. Das muss man nicht idealisieren, man kann sich auch kein Ei darauf backen, dass man hier wohnt. Aber ich wollte immer in so einer Stadt wohnen, und deshalb wohne ich hier gerne.“

    Aber die Mieten zum Beispiel waren in den vergangenen 40 Jahren eigentlich immer geringer als heute.

    Das ist eben die andere Seite. Dass eine Stadt, die auf diese Weise auch wieder gesund wird, also dieses Trauma abstreift und die Baulücken schließt, dabei auch zum Gegenstand großer internationaler Spekulation und Investitionen werden kann. Aber das ist nichts, was von Gott gewollt ist. Man kann was dagegen tun, wenn man will. Wir als Künstler haben allerdings andere Aufgaben. Wir beschäftigen uns damit, was mit dem Einzelnen passiert, wie der Einzelne mit seinem Leben klarkommt, wie man überhaupt als Mensch mit seiner Existenz klarkommt. Dazu gehört auch das Spannungsverhältnis des Einzelnen zu der Gesellschaft, die ihn umgibt. Und Liebeslieder. Und alles andere und überhaupt. Das ist viel Stoff für viele Songs.

    Sven Regener: „Bitte nicht bei jeder Zumutung gleich durchdrehen“

    Ich versuche Sven Regener dann zu erklären, warum der Film mich in so eine gute Stimmung versetzt hat. Aber so einfach ist das gar nicht. Ich musste etwa an „Liebling Kreuzberg“ oder diesen Song „Ich mag“ von Volker Lechtenbrink denken. An abgegriffene dtv-Taschenbuchausgaben mit den gemalten Covern von Celestino Piatti, oder an den Moment, wenn man plötzlich im Nachtprogramm auf eine Sendung von Alexander Kluge stieß, an die Stille, wenn die Kassette im Kassettendeck vorbei war, oder als man noch vor der Amerika-Gedenkbibliothek am Hallesches Tor neben den armen Schluckern und Tunichtguten herumsaß. Es geht um so eine Selbstverständlichkeit, so ein Gefühl zum Anderen, dass es bei all dem Scheiß und Streit einen gemeinsamen Boden gibt, auf dem man herumläuft. Und etwas davon ist in dieser Musik, im Ton der Trompete und in der Märchenonkelerzählstimme von Charly Hübner. Der Film versprüht so eine Art konstruktive Melancholie.


    So geht das seit 40 Jahren: Element of Crime live. Noel Richter/Superfilm

    Und jetzt wollte ich gerne noch diese Frage stellen, die ich die ganze Zeit im Kopf habe. Und zwar: Wie bleibt man ein cooler Typ? Denn viele Ihrer Kollegen, viele ältere Rocker und überhaupt viele Leute, die eigentlich schlau sind, fangen in diesen fiebrigen Zeiten ja an, komische Sachen zu erzählen. Also die Frage wäre eigentlich wirklich: Wie geht das, wie wird man kein Blödmann?

    Das ist eine sehr gute Frage. Ich gehöre einer geburtenstarken Generation an, und nun stellen wir plötzlich fest, dass wir in ein Alter gekommen sind, wo es schwer wird. Der Tod naht. Die Eltern sterben oder sind Pflegefälle. Die ersten Zipperlein kommen, die ersten Freunde sind gestorben. Das ist eine sehr schwierige Sache. Dazu ist man versucht, die Vergangenheit zu verklären, man ist versucht, zu verbittern. Was sich als Herausforderung herausstellt, wird plötzlich als Zumutung empfunden. Ein gutes Beispiel ist diese Covid-19-Geschichte. Bei allem, was da politisch falsch gemacht wurde: So durchzudrehen wie diese Impfgegner und sonstigen Schwurbler, ist nur durch komplette Verbitterung zu erklären und dadurch, dass sie jeden Maßstab total verloren haben. Natürlich kann man sagen: „Ich lass’ mich nicht impfen und gut ist.“ Aber völlig durchzudrehen und gleich der ganze Staat und Bill Gates und die Echsenmenschen … – das zeigt ja eigentlich, dass man in der Lebenssituation, in der man sich gerade befindet, nicht klarkommt. Und da muss man aufpassen.

    Was kann man tun?

    Ich glaube, das Wichtigste ist, nicht davon auszugehen, dass man selbst immer der Nabel der Welt ist. Weil man natürlich auch feststellt: In unserem Alter kommen andere Probleme dazu, dass zum Beispiel einfach neue Generationen nachwachsen, die auf das scheißen, was wir erzählen und denen unsere Erfahrungen völlig Wurscht sind. Unsere ganze Schlaumeierei können wir uns einfach in die Haare schmieren. Aber das ist gar nicht weiter schlimm! Das ist der ganz normale Lauf der Zeit, wir waren ja mal genauso. Ob einen das cool macht, so zu denken, weiß ich nicht. Aber ich glaube, es ist keine gute Idee, bei jeder Zumutung gleich durchzudrehen.

    https://www.youtube.com/watch?v=ZE3470boWIQ&t=5s

    #Berlin #Musik #Geschichte #Westberlin