• Digitalisierung des Taxi-Markts: Eine Wette auf die Zukunft - taz.de
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    2. 1. 2019, JEAN-PHILIPP BAECK - MyTaxi und andere App-Anbieter drängen die etablierten Taxi-Zentralen vom Markt. Dahinter stehen die Autokonzerne mit einem strategischen Interesse.

    BREMEN taz | Taxifahren ist wieder hip. Eine Freundin sagt es eines Abends spontan: „Bei dem Preis bin ich letztens auch einfach mal wieder Taxi gefahren.“ An Feiertagen wie Silvester gehören Taxifahrten für viele dazu. Im Alltag aber darauf umzusteigen, nur weil es bequemer ist, daran hätte die Freundin bislang nicht gedacht. Doch das hat sich geändert – wegen einer Taxi-App auf dem Smartphone.

    Man könnte sagen, die Freundin ist damit Prototyp einer neuen Taxi-Kundschaft, die über Smartphone-Apps angelockt werden soll. Auch wenn sie es kaum merkt, ist sie auf der Konsumentenseite mittendrin in einer historischen Umwälzung nicht nur des Taxi-, sondern des ganzen Mobilitätsmarktes – einer Bewegung, bei der die großen Player mitmischen: IT-Konzerne wie Google, Apple und auch Autohersteller wie Volkswagen, BMW und Daimler.

    An Großstädten wie Hamburg kann man sehen, wie stark die Mobilitäts­angebote sich in den letzten Jahren diversifiziert haben. Da kooperiert die Deutsche Bahn mit dem Verkehrsverbund VHH und bietet einen Dienst namens „Ioki“ an, bei dem sich Menschen in den äußeren Stadtteilen Lurup und Osdorf per App einen kleinen Elektro-Shuttlebus rufen können. Da ist Volkswagen unter dem Namen „Moia“ mit einem ähnlichen Konzept unterwegs und kündigte an, dass die kleinen Sammelbusse in absehbarer Zeit autonom fahren sollen .

    Und da sind BMW und Daimler, denen nach der EU-Kommission auch die US-Wettbewerbsbehörde kürzlich erlaubte, ihre Mobilitätsdienstleistungen zusammenzulegen. Angebote wie deren sogenannte „Free-Floating“-Carsharing-Dienste „Car2Go“ und „DriveNow“ zählen dazu, bei denen man sich ebenfalls über das Smartphone Autos leihen kann, die man danach irgendwo wieder abstellt – aber auch die App „Mytaxi“.

    Anfahrt in Echtzeit
    „Mytaxi“ wurde in Hamburg 2009 von einem Start-up in Altona gegründet und hat seitdem den Taximarkt durchgerüttelt. 2014 übernahm der Autoriese Daimler das komplette Programm. Nach eigenen Angaben ist das Unternehmen mittlerweile weltweit in 100 Städten aktiv, mit mehr als 10 Millionen Fahrgästen und 100.000 registrierten FahrerInnen.

    Mit „Mytaxi“ oder dem Konkurrenz­angebot „Taxi.eu“ bestellt man auf dem Mobiltelefon ein Taxi per Fingerklick, kennt den Preis der Strecke im Voraus, kann die Anfahrt des Wagens in Echtzeit über einen kleinen Punkt auf einer Straßenkarte nachvollziehen und am Ende bargeldlos bezahlen. Solche Apps bedeuten eine enge Kontrolle der Arbeit der Fahrer – was oft kritisiert wird –, machen Taxifahrten andererseits aber noch bequemer, berechenbarer, attraktiver.

    Wer vorher weiß, dass eine Strecke etwa von Altona in die Hafencity 8 Euro kosten soll, und mit Freunden unterwegs ist, mit denen man sich die ­Fahrtkosten teilen kann, wechselt schneller mal zum Taxi. Zu dritt kostet die Fahrt pro Person weniger als mit dem Bus.

    Werbung durch Rabattaktionen
    Doch die Touren werden auch an sich günstiger: „Mytaxi“ machte mit Rabattaktionen Werbung und bot beispielsweise Fahrten einen Monat lang für 50 Prozent an. Seit rund einem Jahr locken aber vor allem die Sammeltaxi-Funktionen. Statt einer normalen Fahrt kann man nach 18 Uhr etwa in der „Mytaxi“-App die sogenannte „Match“-Funktion auswählen und damit signalisieren, dass man sich die Fahrt mit jemandem teilen würde, der in die gleiche Richtung will.

    Theoretisch berechnet die App dann einen solchen „Match“, einen passenden Mitfahrer. In der Realität passiert das bisher noch selten, die Fahrt kostet aber dennoch weniger. Zunächst nur die Hälfte, mittlerweile beträgt der Preisnachlass 30 Prozent. Der Hamburger Konkurrent Hansa-Taxi hatte eine entsprechende Erweiterung ebenfalls im Dezember 2017 in seiner eigenen App als Erster eingeführt – gewährt den Preisnachlass aber nur, wenn die Fahrt tatsächlich geteilt wird.

    Bei der „Mytaxi“-App übernimmt Daimler im Zweifel die Differenz und nicht die Fahrer. Ein deutlicher Vorteil, der in Deutschland allerdings anders derzeit nicht möglich wäre. Denn der Taximarkt ist hierzulande über das Personenbeförderungsgesetz stark reglementiert: Fahrer müssen sich auskennen, die Wagen in Schuss sein und die Tarife werden von Städten und Landkreisen festgelegt.

    Verbot von „Uber“
    Hamburger Gerichte verboten deshalb dem Fahrdienstleister „Uber“ im Jahr 2014, Personenfahrten zu vermitteln. Im Unterschied zur App des US-Anbieters, der in anderen Ländern unausgebildete und Hobby-FahrerInnen an Kunden vermittelt, Preise an die Nachfrage anpasst und für seine arbeitnehmerfeindliche Unternehmenskultur in der Kritik steht, ersetzen Taxi-Apps zunächst vor allem die Funktion von Taxizentralen. Doch auch sie wollen letztendlich viel mehr sein als nur ein digitaler Taxi-Ruf.

    Anders als bei den alteingesessenen Taxirufzentralen kommt das bei den FahrerInnen erst mal gut an. Für eine Provision von aktuell 7 Prozent können sie etwa in Hamburg über die App individuell Touren abgreifen. Clemens Grün, der Vorsitzende des Hamburger Taxenverbandes, sagt, „Mytaxi“ würde die FahrerInnen gut behandeln, es gebe wenige Vorschriften und keine Probleme – auch nicht, wenn Fahrer sich mal kritisch äußerten. Bei den alten Taxizentralen mit ihren Funktionären sei das anders: „Wenn man denen auf den Schlips tritt, fliegt man raus“, sagt Grün.

    Rabattaktionen wie die „Match“-Funktion sieht er kritisch. „In der Regel fahren die Leute allein“, sagt Grün. Er glaubt auch nicht, dass viele neue Kunden gewonnen werden. Letztendlich also ist es ein Preiskampf.

    Transparenz für alle
    Experten wie Stefan Weigele sehen das ähnlich. Weigele ist Geograf und Gründer der Unternehmensberatung „Civity“, die sich mit Mobilität beschäftigt. „Der Effekt, dass man über die ‚Mytaxi‘-App tatsächlich neue Kunden für Taxifahrten gewinnt, ist gering“, sagt er. „Er spielt sich nur in einer bestimmten Bubble ab.“ Denn Taxifahren sei zwar die schnellste Art, von A nach B zu kommen, aber immer noch „ein sehr hochpreisiges Segment für eine bestimmte Klientel“.

    Dennoch sei der Taximarkt heute noch zehnmal größer als etwa der Free-Floating-Markt beim Car-Sharing. „Mytaxi“ habe vor allem die alteingesessenen Taxirufzentralen obsolet gemacht und den Einzelunternehmer digitalisiert. Der Taximarkt sei dadurch für NutzerInnen wie für die Finanzämter transparenter. „Ich kann die Route verfolgen, kann sehen, ob Umwege gefahren werden. Für das Finanzamt werden alle Fahrten erfasst und abgerechnet. ‚Schwarzfahrten‘ werden verhindert“, sagt Weigele.

    Doch warum investieren Firmen wie Daimler überhaupt Millionen in diesen Markt? In Apps für die Taxivermittlung, in Carsharing-Angebote oder gar digitale Lösungen wie die Parkraum­bewirtschaftung? „Wir beobachten einen starken Wandel im Mobilitäts­sektor“, sagt Weigele. Dabei fürchteten die Automobilhersteller, von Anbietern wie Uber oder Apple überholt zu werden. „Sie haben Angst davor, in Zeiten einer Plattform-Mobilität, die über Apps organisiert wird, nur noch Zulieferer zu sein.“

    Alternative zum Autobesitz
    Die Automobilhersteller wollten den Mobilitätsmarkt aber auch zukünftig besetzen: „Sie wollen Tickets verkaufen, Autos vermitteln und vermieten und Autokunden Zusatzangebote machen – mit ihren eigenen Kundendaten.“ Investitionen in die Plattform-Mobilität seien eine Wette auf die Zukunft, die richtig Geld koste. Für die Unternehmen, die Milliardengewinne machten, seien das aber „Peanuts im Verhältnis etwa zur Entwicklung eines neuen Motors“, sagt Weigele.

    Eine ganz eigene Sicht auf die Umwälzung des Mobilitätsmarktes hat Michael Glotz-Richter. Er ist Referent für nachhaltige Mobilität beim Bremer Verkehrssenator und auf diesem Gebiet international vernetzt. „In vielen Ländern gehört das Taxi-Sharing zum normalen Angebot“, sagt er. Natürlich würden sich sozialpolitische Fragen anschließen, etwa ob der Mindestlohn bezahlt wird. Aber aus verkehrspolitischer Sicht sei es ein gutes Angebot, das Sinn ergebe.

    „Was wir als Stadt brauchen, ist eine Alternative zum Autobesitz, weil kein Platz da ist“, sagt Glotz-Richter. Das Rückgrat seien der öffentliche Personennahverkehr, das Fahrradfahren und das Zu-Fuß-Gehen. Aber in bestimmten Situationen, etwa nachts, bei längeren Wegen oder wenn es etwas zu transportieren gelte, reiche das nicht mehr: „Es muss viele Angebote geben, und eine solche App für Taxen wie die ‚Mytaxi‘-App geht da in eine richtige Richtung.“

    #Taxi #Bremen #Digitalisierung

  • Komplettüberwachung aus der Taxi-Zentrale: Datenkrake Taxi-Ruf - taz.de
    https://taz.de/Komplettueberwachung-aus-der-Taxi-Zentrale/!5070913

    So sah es vor der DSGVO aus. Und jetzt?

    20. 3. 2013 - BREMEN taz | Bremer TaxifahrerInnen werfen ihrer Zentrale „grobe Verstöße“ gegen Datenschutzbestimmungen vor. Sie erstellt lückenlose Bewegungsprofile der Taxen, speichert ohne Einwilligung Gespräche mit den Kunden und den Fahrern und gibt Daten weiter. Der Taxi-Ruf Bremen ermögliche dadurch „die totale Überwachung“, heißt es in einer Stellungnahme der Interessensgemeinschaft Bremer TaxifahrerInnen (IG). Rückendeckung bekommt die IG vom Bremer Landesdatenschutzbeauftragten für Beschäftigte, Harald Stelljes.

    „Die lückenlose Überwachung ist unzulässig“, sagt Stelljes. Konkret geht es um ein computergestütztes Fahrvermittlungssystem, das der Taxi-Ruf Bremen seit drei Jahren einsetzt. Über das Ortungssystem GPS kann die Zentrale damit den Standort der Taxe in Echtzeit nachvollziehen, die genaue Route wird 20 Wochen lang gespeichert.

    Auch wird alles protokolliert, was der Fahrer in sein Display eingibt, ob er eine Pause macht, das Fahrzeug frei oder mit einem Fahrgast besetzt ist. Ebenso Adressen und Fahrziele der Kunden. Und: Alle diese Informationen können auch „Dritte“, also die Taxi-Unternehmer jederzeit online abrufen. Ihnen gehören die Fahrzeuge, sie sind die Arbeitgeber der TaxifahrerInnen.

    Für Datenschützer Stelljes ist es durchaus einsichtig, dass für die Fahrvermittlung die GPS-Daten genutzt werden. Er aber schlägt vor, dass der Taxi-Ruf die Routen nur noch eine Stunde lang speichert. Gespräche, ob mit Kunden oder Fahrern, dürften nur nach ausdrücklicher Einwilligung der Sprechenden aufgenommen werden.

    Und: Den Taxi-Unternehmern selbst sollte als Arbeitgebern der Zugriff auf die Daten komplett entzogen werden. „Es übt einen unzumutbaren Überwachungsdruck auf die Arbeitnehmer aus.“ Denn die Fahrer wüssten nicht, wann sie wie beobachtet werden und müssten jederzeit damit rechnen. „Das ist gesetzlich nicht zulässig“, so Stelljes.

    Ganz offen spricht Wolfgang Verbeek, zweiter Vorsitzender des Taxi-Rufs, darüber, dass die Daten gespeichert werden. Dies zu ändern allerdings, ist für ihn „nicht vorstellbar“. Die Routen-Speicherung sei „ein alter Hut“: „Der Unternehmer muss gegenüber dem Finanzamt belegen, wie er sein Unternehmen führt“, so Verbeek. „Früher lief das eben mit einem Fahrtenbuch.“ Die Speicherung der Taxibewegungen in der Zentrale sei wichtig, um noch im Nachhinein Quittungen ausstellen zu können, Reklamationen zu bearbeiten und auch praktisch, wenn ein Fahrgast zum Beispiel sein Handy verloren habe und sich nur an die Strecke erinnert.

    Dass alle Gespräche aufgezeichnet werden, sei Anrufern tatsächlich teilweise nicht mitgeteilt worden – ein „technischer Defekt“, so Verbeek, in den nächsten Tagen solle der behoben werden. Erst die Einwilligung eines jeden Anrufers abzuwarten, würde allerdings „zu viel Zeit“ kosten.

    „Wer mit der Aufzeichnung nicht einverstanden ist, kann ja auflegen“, so Verbeek. Das System schütze den Fahrer vor Straftätern, und: „Wir sind die einzige Taxi-Ruf-Zentrale mit eigenem Datenschutzbeauftragtem und Datenschutzbericht“, so Verbeek.

    Für Marco Bark, Vorsitzender der Interessensgemeinschaft Bremer TaxifahrerInnen, ist die Sache klar: „Das ist alles kein Argument, um Straftaten zu begehen.“

    #Taxi #Datenschutz #Bremen

  • Bundespolizei schließt Cuxhaven-Route für Flüchtlinge

    Sie versuchten, als blinde Passagiere nach England zu gelangen: Die Bundespolizei hat im Hafen von Cuxhaven Dutzende Migranten gestoppt.


    http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-bundespolizei-schliess-cuxhaven-route-a-1093251.html
    #Cuxhaven #asile #migrations #réfugiés #routes_migratoires #parcours_migratoires #Allemagne #UK #Angleterre #port
    cc @reka

    Commentaire reçu par Philippe Wannesson (via mailing list migreurop) :

    Certains exilés ont été arrêtés dans des remorques de camions, ce qui fait penser à un mode de passage similaire à ce qui se passe sur le littoral belge et français. Il y a aussi eu en mai 2016 une série d’articles dans les médias allemands concernant Cuxhaven et comparant la situation à celle de Calais. Il y aurait aussi du passage par le port de #Bremenhaven.

    #nouvelles_routes_migratoires