• Wie Europa geflüchtete Kinder einsperrt

    Zehntausende werden an den EU-Grenzen festgehalten: in Gefängnissen, die nicht so heißen dürfen. Kinder einzusperren, verstößt gegen internationale Abkommen.

    Unweit der Landebahn des Flughafens Schönefeld endet die Bundesrepublik. Ein Gitterzaun umgibt das Haus, das zwar in Brandenburg steht, sich aber rechtlich außerhalb Deutschlands befindet. Zwei Sicherheitskräfte bewachen die Räume, in denen dicht an dicht einfache Betten stehen. Wenn Familien ohne gültige Papiere die Ankunftshalle erreichen und um Asyl bitten, bringen die Grenzer sie hierher und halten sie so lange fest, bis die Behörden über ihren Antrag entscheiden.

    Im vergangenen Jahr wurde laut Innenministerium neun Menschen die Einreise verweigert, darunter ein Kind, im Jahr 2018 waren es 13 Personen, darunter eine Mutter aus Armenien mit ihrer achtjährigen Tochter sowie ihrem zehnjährigen und ihrem zwölfjährigen Sohn, gibt die Zentrale Ausländerbehörde Brandenburg an. Mit Buntstiften haben sie Herzen und Blumen an die Wand eines Aufenthaltsraums gemalt. Die Zeichnungen blieben, die Familie wurde nach drei Wochen abgeschoben. Anwälte kritisieren diese Zustände als unzulässige Haft für Kinder.

    Neben Berlin-Schönefeld findet das sogenannte Flughafenverfahren in Düsseldorf, Hamburg, München und Frankfurt am Main statt. Auch dort müssen Menschen im Transitbereich bleiben, auch dort soll binnen zwei Tagen über ihren Asylantrag entschieden werden. Wird dem stattgegeben oder brauchen die Behörden mehr Zeit, dürfen die Menschen einreisen. Lehnen die Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) den Antrag hingegen als „offensichtlich unbegründet“ ab, können die Menschen klagen. So werden aus diesen zwei Tagen leicht Wochen oder Monate, erklärt der Hannoveraner Anwalt Peter Fahlbusch, der seit Langem Menschen betreut, die sich im Flughafenverfahren befinden.
    Abgeschottet von der Öffentlichkeit: das Flughafenverfahren

    Mitte der 90er Jahre entschied das Bundesverfassungsgericht, dass es sich bei dem Festhalten von Menschen im Transit nicht um Freiheitsentziehung im Sinne des Grundgesetzes handelt. Pro-Asyl-Sprecher Bernd Mesovic hält das für irreführend: „Der Gesetzgeber sagt, auf dem Luftweg können die Betroffenen jederzeit das Land verlassen. Wir meinen, das ist eine haftähnliche Situation, und die ist für Kinder sehr belastend.“ Rechtsanwalt Fahlbusch beschreibt die Situation ebenfalls als bedrückend: „Kinder im Frankfurter Transitbereich mussten erleben, wie ein Mitgefangener versuchte, sich im Innenhof zu erhängen.“

    Das Flughafenverfahren findet abgeschottet von der Öffentlichkeit statt. Mitarbeiter der Caritas und Diakonie, die Menschen am Frankfurter Drehkreuz betreuen, sagen zunächst ein Gespräch zu, verweigern es dann aber doch.

    „Das örtliche Amtsgericht meint, die Unterkunft ist jugendgerecht. Nichts davon ist jugendgerecht“, sagt Anwalt Fahlbusch. „Minderjährige dort einzusperren, ist der Wahnsinn.“ In den vergangenen zehn Jahren hat es mehr als 6000 solcher Verfahren in Deutschland gegeben, jedes vierte betraf ein Kind.

    Während das Flughafenverfahren im Transitbereich von Flughäfen durchgeführt wird und sowohl Asylantrag als auch Rückführung umfasst, findet die Abschiebehaft auf deutschem Staatsgebiet statt. Hier werden Menschen eingesperrt, deren Asylantrag abgelehnt wurde und die in ihr Herkunftsland oder in den Staat, in dem sie zuerst Asyl beantragten, zurückgeführt werden.
    Viele Regierungen sammeln wenige Daten

    Fast überall in der EU wurden in den vergangenen Jahren mehrere Tausend Kinder in Haft oder haftähnlichen Zuständen festgehalten. Ob in Polen oder Portugal, in Ungarn oder Deutschland, in Italien oder Griechenland: Wenn Kinder allein oder in Begleitung Asyl brauchen und beantragen oder es ihnen nicht gewährt wird, dann sperren die Behörden sie ein oder halten sie in Lagern fest.

    Das Team von „Investigate Europe“ konnte in den vergangenen Monaten recherchieren, dass die Regierungen damit jedes Jahr vielfach die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen brechen, in denen es heißt: „Festnahme, Freiheitsentziehung oder Freiheitsstrafe darf bei einem Kind im Einklang mit dem Gesetz nur als letztes Mittel“ verwendet werden.

    Um einen Überblick über das Problem zu bekommen, beauftragte der damalige UN-Generalsekretär Ban Ki Moon einen Bericht, für den eine Arbeitsgruppe um den österreichischen Soziologen Manfred Nowak mehrere Jahre forschte. Das fertige, 789 Seiten umfassende Werk mit dem Titel „UN Global Study on Children Deprived of Liberty“ wurde vergangenes Jahr präsentiert. Die Studie basiert auf lückenhaftem Zahlenmaterial, denn viele Regierungen sammeln nur unzureichende oder gar keine Daten.
    „Ausreisesammelstelle“ am Flughafen Schönefeld.Foto: picture alliance/dpa

    Wie viele Kinder exakt betroffen sind, lässt sich daher nicht verlässlich sagen. Allein in Frankreich waren im Jahr 2017 laut mehreren Nichtregierungsorganisationen mehr als 2500 Flüchtlingskinder in Haft. In Deutschland haben zwischen 2009 und 2019 nach Angaben der Bundesregierung fast 400 Kinder in Abschiebehaft gesessen. Dabei käme natürlich keine europäische Regierung auf die Idee, Kinder unter 14 Jahren der eigenen Nationalität einzusperren.

    Migrationshaft für Kinder sei ein politisch sehr sensibles Thema, sagt Nowak, dessen Arbeitsgruppe feststellte, dass Migrationshaft „nie eine letzte Maßnahme und nie im besten Interesse der Kinder“ sein könne. Fast alle Experten stimmen ihm zu. Nowak fordert, dass jede Form der Migrationshaft für Kinder verboten werden müsse.

    Bei der Namenswahl für die De-facto-Gefängnisse wählen die Behörden Begriffe wie Transitzone, Familieneinheit oder Safe Zone. Als Reporter von „Investigate Europe“ Zugang bekommen wollten, wurden ihre Anfragen in vielen Ländern abgelehnt.
    Minderjährig oder nicht?

    Überall auf der Welt fliehen Menschen vor Bürgerkriegen oder Hunger, viele von ihnen nach Europa. Nicht immer ist klar, ob die Menschen, die kommen, wirklich minderjährig sind oder nicht. Dann müssen sie sich häufig einer Altersprüfung unterziehen. Zum Beispiel Jallow B. aus Gambia. Seit mehr als einem Monat sitzt er in Gießen in Abschiebehaft. Am Telefon klingt seine Stimme hoffnungsvoll. Im Jahr 2018 hatte B. alleine Italien erreicht. Dahin wollen ihn die deutschen Behörden nun zurückbringen. Doch ist das nur möglich, wenn er volljährig ist. „Ich bin im Jahr 2002 geboren, aber niemand glaubt mir“, sagt B. am Telefon. Laut seiner Anwältin setzte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach einer Inaugenscheinnahme B.s Geburtsdatum auf den 31. Dezember 2000 fest.

    Während sich das Alter des Gambiers nicht zweifelsfrei klären lässt, musste in einem anderen Fall kürzlich ein Jugendlicher aus der Abschiebehaft im nordrhein-westfälischen Büren entlassen werden. Er konnte nachweisen, dass er noch nicht 18 Jahre alt war.

    Im vergangenen Jahr nahmen Polizisten in Passau die 30-jährige hochschwangere Palästinenserin Samah C. fest. Die Behörden wollten sie, ihren Mann und ihren sechs Jahre alten Sohn nach Litauen abschieben, wo sie erstmals Asyl beantragt hatten. Um das zu verhindern, tauchte der Mann unter. Die Beamten trennten Samah C. und ihren Sohn Hahmudi, der in ein Kinderheim gebracht wurde. Auf Nachfrage teilte die Zentrale Ausländerbehörde Niederbayern damals mit: „Die Verantwortung für die vorübergehende Trennung von Eltern und Kind liegt ausschließlich bei den Eltern.“

    Nach zwei Wochen wurde die Mutter vorübergehend aus der Abschiebehaft entlassen. Mit ihrem Sohn und ihrem inzwischen fünf Monate alten Baby lebt sie in Passau. Doch zuletzt zitierte die „Passauer Neue Presse“ eine Beamtin der Zentralen Ausländerbehörde, die nahelegte, dass die Mutter und ihre Kinder bald abgeschoben werden sollen.
    Europa kritisiert die US-Einwanderungspolitik

    2018 dokumentierten US-Medien, wie entlang der mexikanischen Grenze Kinder unter der Anti-Einwanderungspolitik von Präsident Donald Trump litten. Der ließ die Minderjährigen von ihren Eltern trennen. Europäische Regierungen kritisierten die drastischen Zustände. „Wir haben nicht das gleiche Gesellschaftsmodell“, sagte ein Sprecher der französischen Regierung. „Wir teilen nicht die gleichen Werte.“ Auch der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert mahnte damals zur „Beachtung des Rechts“ und der „Beachtung der Würde jedes einzelnen Menschen“. Das müsste ebenso für die deutschen Behörden gelten. Doch auch hierzulande wird die Würde der Menschen nicht immer geachtet.

    Die Bundesregierung gibt an, dass im Jahr 2018 nur ein Minderjähriger in Abschiebehaft genommen wurde. Dabei handelte es sich um den 17-jährigen Afghanen K., den die Behörden als volljährig beurteilt hatten. Erst nachdem K.s Eltern Dokumente aus Afghanistan übermittelten, wurde er freigelassen. Im Jahr 2009 hatte die Bundesregierung noch 147 Fälle aufgelistet.

    2014 hatte der Europäische Gerichtshof die deutsche Haftpraxis verurteilt und die Bundesregierung aufgefordert, ihr System für die Abschiebung unerwünschter Migranten zu reformieren. Menschen in Abschiebehaft dürfen nicht länger gemeinsam mit Strafgefangenen untergebracht werden. Doch vor allem für minderjährige Geflüchtete gab es in Deutschland keine speziellen Hafteinrichtungen, deshalb „war ein Großteil der bisherigen Abschiebehaft Geschichte, vor allem für Minderjährige“, erklärt der Geschäftsführer des Hessischen Flüchtlingsrates, Timmo Scherenberg. In Hessen waren zuvor nach Bayern die zweitmeisten Jugendlichen festgehalten worden.
    Hinter Gittern und Stacheldraht. Geflüchtete Familien auf Lesbos.Foto: picture alliance/dpa

    Doch auch, wenn es sich nach offizieller Definition nicht um Haft handelt, kann das Kindeswohl bedroht sein. Im vergangenen Sommer stimmten im Bundestag die Abgeordneten dem Migrationspaket der Regierung zu. Seitdem können Familien bis zu sechs Monate in einer Erstaufnahmeeinrichtung bleiben. Die dürfen sie zwar tagsüber verlassen, doch meist befinden sich die Einrichtungen fern der Innenstädte mit ihrer Infrastruktur. Zudem leben Eltern und Kinder hier mit Menschen zusammen, deren Asylanträge abgelehnt wurden und die nun vor ihren Augen aus den Unterkünften abgeschoben werden.

    Ein solches Leben sei eine schlimme Belastung für Kinder, berichten Ärzte. „Wer nicht schon traumatisiert ist, wird hier traumatisiert“, sagt etwa die Psychiaterin Ute Merkel, die Menschen in der Dresdner Erstaufnahmeeinrichtung betreut. Merkel behandelte unter anderem ein elfjähriges Mädchen aus Eritrea, das in Dresden aufgehört habe zu sprechen. Auf der Flucht durch die Wüste sei der kleine Bruder des Mädchens verdurstet. Sie habe begonnen zu schweigen, um sich zu schützen, sagt Merkel. „Das Mädchen hat ihre traumatisierte Mutter nicht mehr ausgehalten, die mit einer Kinderleiche durch die Wüste gelaufen ist.“

    Eine Kollegin Merkels berichtet von dem Fall eines 16-jährigen Tschetschenen, dessen Vater von Milizen erschossen worden sei. Als er in der Erstaufnahmeeinrichtung, die eine „gefängnisähnliche Situation“ darstelle, Sicherheitsmitarbeiter in Trainingsanzügen gesehen habe, sei der Junge wieder mit dem konfrontiert worden, was ihn traumatisiert hatte.

    „Was Kinder brauchen, sind Schutz und Eltern, die sie vor der bösen Welt schützen“, sagt Merkel. Doch in den Erstaufnahmeeinrichtungen neuen Typs, den sogenannten Ankerzentren, würden die Kinder erleben, dass dies nicht möglich sei. „Es gibt keine Privatsphäre, alle müssen gemeinsam essen und duschen. Die Zimmer können nicht abgeschlossen werden.“
    Ankerzentren können sich nicht durchsetzen

    Nahe der Erstaufnahmeeinrichtung in Dresden befinden sich die Büros mehrerer Behörden, darunter das Bamf und die Zentrale Ausländerbehörde, gemeinsam bilden sie als Teil einer Testphase des Bundesinnenministeriums diese neue Form der Unterkunft, das Ankerzentrum. Auf die hatten sich CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt. In Ankerzentren arbeiten mehrere Behörden zusammen, so sollen Menschen in den Unterkünften ankommen, und wenn ihr Asylantrag abgelehnt wird, umgehend abgeschoben werden. Neben Sachsen beteiligen sich auch Bayern und das Saarland an dem Test, nach dem, so hatte es das Bundesinnenministerium gehofft, bundesweit Ankerzentren eröffnet werden sollen.

    Doch Recherchen von „Investigate Europe“ zeigen, dass dieser Plan offenbar scheitert. Lediglich Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern planen ähnliche Zentren. Alle anderen Bundesländer wollen keine solchen Einrichtungen eröffnen – auch aus humanitären Gründen. Aus dem Thüringer Innenministerium heißt es: „Die Landesregierung hält es für inhuman und nicht zielführend, geflüchtete Menschen zentral an einem Ort unterzubringen.“ Die Bremer Senatorin für Integration teilt mit, dass Erwachsene ohne Kinder und Familien weiterhin getrennt werden sollen. „Wichtiger Beweggrund ist das Interesse an der Sicherung des Kindeswohls in der Jugendhilfe.“ Im Klartext: Diese Bundesländer finden die Pläne des Bundesinnenministeriums unmenschlich und falsch.

    Sachsens neue Landesregierung will nun die Unterbringung etwas menschlicher regeln. Im Koalitionsvertrag vereinbarten CDU, Grüne und SPD im Dezember, dass Familien nur noch drei Monate in den Unterkünften bleiben sollten. Doch Kinder- und Jugendpsychiaterin Merkel hält diesen Schritt nicht für ausreichend. „Es ist nicht ratsam, dort Kinder auch nur für drei Monate unterzubringen.“ Denn es bleibe dabei, die Grundbedürfnisse für eine gesunde Entwicklung seien nicht erfüllt.
    Experten: Die Lage an den EU-Außengrenzen ist furchtbar

    In Deutschland ist die Situation besorgniserregend, an den Außengrenzen der Europäischen Union ist sie noch schlimmer.

    Kurz vor Weihnachten in Marseille unweit des Hafens, der Frankreich mit der Welt verbindet, erzählt der 16-jährige Ahmad*, wie er aus Nordafrika hierherkam. „Meine Eltern starben vor sechs Jahren. Meine Tante misshandelte mich. Sie ließ mich nicht schlafen, nicht essen. Ich musste weg.“ Versteckt an Bord eines Containerschiffes reiste er nach Marseille. Doch statt in Sicherheit kam er ins Gefängnis. Das heißt hier Wartezone. Ahmad, so erzählt er es, habe dort mehr als zwei Wochen bleiben müssen. „Das kam mir vor wie 15 Jahre. Ich wusste nicht mehr, welcher Wochentag war.“ Das Gebäude habe er nicht verlassen können. „Die Polizei sprach nicht mit mir, keiner kümmerte sich um mich.“ Dann sei er freigekommen: „Wenn du das Gefängnis verlässt, fühlt sich das an, als ob du endlich Licht siehst.“
    Griechische Inseln mit großen Flüchtlingslagern.Grafik: Fabian Bartel

    Wenige Tage später, Anfang Januar, beging der 17-jährige Iraner Reza* ein trauriges Jubiläum: Seit einem Jahr darf er die Transitzone in Röszke nahe der Grenze zu Serbien nicht in Richtung Ungarn verlassen. Zäune samt Stacheldraht umziehen das Containerdorf, an dessen Ein- und Ausgang bewaffnete Sicherheitskräfte patrouillieren. Sie wachen auch darüber, dass niemand in das Lager kommt. Reporter von „Investigate Europe“ sprachen Reza am Telefon. Der junge Iraner floh mit seinem Onkel über Serbien hierher, um Asyl zu beantragen. Warum sie flohen, will Reza nicht sagen, aus Angst um seine restliche Familie, die noch im Iran lebt. Ungarische Beamte trennten ihn und seinen Onkel, dieser bekam einen Schutzstatus zugesprochen, Rezas Asylantrag wurde kürzlich ein zweites Mal abgelehnt. „Es ist schwer für mich hier“, sagt der Teenager am Telefon. „Jeden Morgen wache ich auf und sehe dasselbe.“

    Nachts liege er wach, nur am Morgen könne er etwas dösen. Die Wachleute hätten ihn in einen Bereich für unbegleitete Minderjährige gesperrt, seit Monaten sei er dort der einzige Insasse. Jeden Tag dürfe er für wenige Stunden zu den Familien gehen, die in dem Lager leben. „Aber wenn ich zurückkomme, habe ich nichts zu tun. Dann denke ich wieder nach, und zu viel nachzudenken ist wie eine Bombe im Kopf.“
    Provisorische Unterkunft im Camp Moria.Foto: REUTERS

    Die Nichtregierungsorganisation Helsinki Commission schätzt, dass sich in den beiden ungarischen Transitlagern an der serbischen Grenze derzeit zwischen 300 und 360 Menschen aufhalten. Genau weiß das kaum jemand. Zugang haben nur wenige. Darunter ungarische Parlamentsabgeordnete wie Bernadett Szél. Sie sagt: „Es ist sehr schlimm für die Kinder da drin.“ Manche seien krank und bräuchten medizinische Hilfe, die sie nicht bekämen. „Es ist wie in einem Gefängnis.“

    Für ihre Praxis in den Transitlagern hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die ungarische Regierung wiederholt verurteilt. Allein seit November 2018 entschieden die EGMR-Richter in 17 Fällen, die ungarische Regierung habe Menschen unrechtmäßig hungern lassen, nachdem diese gegen die Ablehnung ihrer Asylbescheide geklagt hatten. Gewinnen die Kläger ihren Prozess vor dem EGMR, erhalten sie wieder Lebensmittel. Wer nicht klagt, muss weiter hungern.

    Auch im 1000 Kilometer südlich gelegenen Flüchtlingslager Moria müssen Minderjährige leiden. Im Winter klingt hier, auf der griechischen Insel Lesbos, aus den dicht gedrängten Zelten das Husten kleiner Kinder. Sie schlafen meist auf Matten, die vom Boden nur mit Paletten erhöht sind. Auch hier umziehen zweieinhalb Meter hohe Zäune das Lager. An die hat jemand große Plakate gehängt, die wohl den tristen Lageralltag aufhellen sollen. Auf einem davon stolziert ein Löwe, der vorgibt: „Ich bin stark.“ Doch so fühlt sich hier kaum jemand mehr. Die Neurologin Jules Montague, die für Ärzte ohne Grenzen auf der Insel arbeitete, berichtet von Fällen, in denen Kinder wie in Dresden nicht mehr sprechen und ihre Augen kaum öffnen.
    Das Camp fasst 2840 Menschen ausgelegt. Momentan leben dort 19000

    Die Kinder dürfen die griechischen Inseln nicht verlassen. Dabei sind dort die Lager längst überfüllt. Das Camp Moria ist für 2840 Menschen ausgelegt. Doch den Jahreswechsel erlebten dort rund 19 000 Menschen, jeder Dritte ein Kind. Für deren Sicherheit kann kaum garantiert werden.
    Grafik: Fabian Bartel

    In der sogenannten Safe Zone des Lagers, in der unbegleitete Minderjährige leben, erstach im vergangenen August laut UNHCR ein 15-jähriger Afghane einen Gleichaltrigen. Einen Monat später, im September, überrollte ein Lkw einen fünfjährigen Afghanen, berichteten Reuters und der griechische Rundfunk. Und Ärzte ohne Grenzen meldete, dass im November ein neun Monate altes Baby aus der Republik Kongo an den Folgen einer Dehydrierung starb.

    Die Zustände an den EU-Außengrenzen haben offenbar System. Im Jahr 2015 waren mehr als 1,2 Millionen Asylanträge in Europa gestellt worden, mehr als doppelt so viele wie noch im Jahr 2014. Um zu verhindern, dass weiter viele Menschen nach Europa fliehen, unterzeichnete die EU im März 2016 einen Pakt mit der Türkei. Der half in den folgenden Jahren allerdings vor allem den Staaten im Zentrum Europas. Hatten im März 2016 in Deutschland 58 000 Menschen ihren Asylerstantrag gestellt, waren es drei Jahre später nur noch 11 000. Im selben Zeitraum verdoppelte sich in Griechenland die Zahl der Asylerstanträge auf 5300. Für die zentraleuropäischen Staaten ergibt sich so eine komfortable Lage: Wo weniger Menschen ankommen, können diese besser behandelt werden. Für die Staaten an der Außengrenze gilt dies nicht.
    Experte: Zustände in den Flüchtlingslagern dienen der Abschreckung

    Nun übt der Vordenker des Türkei-Deals, der Migrationsforscher Gerald Knaus, offen Kritik an dem Pakt. Er sagte „Investigate Europe“: „Was auch immer die Motivation der EU und Griechenlands ist, sie betreiben eine Politik, die unmenschlich und illegal ist und trotzdem niemanden abschreckt.“ Der migrationspolitische Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Erik Marquardt, sagt: „Wir stehen vor der Situation, dass die EU-Kommission und der Europarat von einer erfolgreichen Asylpolitik sprechen, wenn die Zahl der Menschen sinkt, die nach Europa fliehen. Dabei nimmt man dann Zustände wie auf den griechischen Inseln in Kauf, auf diese Weise will man bessere Statistiken erreichen.“

    So sei das Abkommen mit der Türkei längst nicht die einzige Maßnahme, um Flüchtlinge davon abzuhalten, nach Europa zu kommen, sagt Marquardt. „Die europäische Politik versucht, die Situation an den Außengrenzen so schlecht wie möglich zu gestalten, damit die Menschen lieber in Kriegsgebieten bleiben, als zu kommen.“ Alle Staaten Europas seien verantwortlich für die Situation an den Außengrenzen, weil sie diese finanzieren, sagt der frühere UN-Berichterstatter für Willkürliche Inhaftierung, Mads Andenæs und fügt hinzu: „In ein paar Jahren können Taten, die heute als politische Notwendigkeiten betrachtet werden, als willkürliche Haft und grobe Verletzung des Rechts und der Menschlichkeit beurteilt werden.“

    Dass Migrationshaft für Kinder unumgänglich sei, gibt EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos indirekt auch zu. So sagte er „Investigate Europe“ zwar, dass sich die EU-Mitgliedsstaaten um Haftalternativen kümmern sollten. Wo es diese aber noch nicht gebe, sei es notwendig, Kinder in Gewahrsam zu nehmen, „um die Verpflichtung zu erfüllen, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, eine Rückführung zu ermöglichen“.
    Geflüchtete Kinder auf Lesbos.Foto: Sebastian Wells/Ostkreuz

    An einem Herbsttag an der ungarisch-serbischen Grenze im Flüchtlingslager Röszke schlägt der zehnjährige Armin mit den Armen, als wolle er fliegen. Sein Vater, der iranische Regisseur Abouzar Soltani, filmt seinen Jungen dabei. Es wäre eine Szene voller Leichtigkeit, wäre da nicht der Stacheldraht, der hinter beiden in den Himmel ragt. „Ich wollte die Träume meines Sohnes wahr werden lassen“, sagt Soltani über die Aufnahmen später.

    Der Vater und sein zehnjähriger Sohn leben in dem eingezäunten Containerdorf, das sie nicht verlassen dürfen. Wie den 17-jährigen Iraner Reza hält die ungarische Regierung die beiden fest – und das inzwischen seit über einem Jahr. Kontaktleuten gelang es, Soltanis Aufnahmen aus dem Lager zu bringen. Sie zeigen auch, wie Armin im kargen Bett auf einer dünnen Matratze liegt, wie er Fische ans Fenster malt. Einfach wegfliegen, das ist für ihn nur ein Spiel.

    Für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen betreut die Psychologin Danae Papadopoulou Kinder, die in Moria leben. „Das Camp ist nicht sicher für Kinder und die Situation wird immer schlimmer“, sagt sie. Viele Kinder könnten das Leben im Lager zwischen den dicht gedrängten Zelten, die Kälte und die Hoffnungslosigkeit nicht mehr ertragen. „Wir hatten zuletzt einige Notfälle, in denen Kinder und Heranwachsende versucht haben, sich aus Schock und Panik zu töten.“

    * Die vollständigen Namen sind der Redaktion bekannt.

    https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/ich-wusste-nicht-mehr-welcher-wochentag-war-wie-europa-gefluechtete-kinder-einsperrt/25406306.html

    #migration #asylum #children #minors #detention #Europe #Germany #BAMF #Berlin #Schönfeld #Düsseldorf #Hamburg #München #Frankfurt #deportation #trauma #traumatization #retraumatization #mental_health

    #Flughafenverahren (= term for detention procedure at German airports)

    German terms for child/minor/family airport detention zone : #Transitzone #Familieneinheit #Safe_Zone [sic]

    @cdb_77 , y a-t-il un fil sur la détation des personnen mineures ?

    • Children Deprived of Liberty - The United Nations Global Study

      Children deprived of liberty remain an invisible and forgotten group in society notwithstanding the increasing evidence of these children being in fact victims of further human rights violations. Countless children are placed in inhuman conditions and in adult facilities – in clear violation of their human rights - where they are at high risk of violence, rape and sexual assault, including acts of torture and cruel, inhuman or degrading treatment or punishment.

      Children are being detained at a younger and younger age and held for longer periods of time. The personal cost to these children is immeasurable in terms of the destructive impact on their physical and mental development, and on their ability to lead healthy and constructive lives in society.

      The associated financial costs to governments can also have a negative impact on national budgets and can become a financial drain when their human rights obligations are not upheld with regard children deprived of liberty.

      To address this situation, in December 2014 the United Nations General Assembly (UNGA) adopted its Child Rights Resolution (A/RES/69/157), inviting the United Nations Secretary-General (SG) to commission an in-depth global study on children deprived of liberty (§ 52.d). On 25 October 2016, the Secretary General welcomed the appointment of Professor Manfred Nowak as Independent Expert to lead the Study. By Resolution 72/245, the UNGA invited the Independent Expert to submit a final report on the Study during its seventy-fourth session in September 2019.

      Based on the over-all mandate established by the UNGA Resolution, the following core objectives of the Global Study have been identified:

      Assess the magnitude of the phenomenon of children being deprived of liberty, including the number of children deprived of liberty (disaggregated by age, gender and nationality), as well as the reasons invoked, the root-causes, type and length of deprivation of liberty and places of detention;

      Document promising practices and capture the view and experiences of children to inform the recommendations that the Global Study will present;

      Promote a change in stigmatizing attitudes and behaviour towards children at risk of being, or who are, deprived of liberty;

      Provide recommendations for law, policy and practice to safeguard the human rights of the children concerned, and significantly reduce the number of children deprived of liberty through effective non-custodial alternatives, guided by the international human rights framework.

      –-> Full study here:
      https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/CRC/StudyChildrenDeprivedLiberty/Pages/Index.aspx

    • How Europe detains minor migrants

      Under international and European law, migrant children should be given protection and humanitarian assistance. Detention must only be used as a last resort. But how do European governments really treat this most vulnerable group? Our new investigation shows that migrant children are detained en masse, with seemingly little regard for their well-being.

      https://www.youtube.com/watch?v=G_Tyey4aFEk&


      feature=youtu.be

  • Des témoignages de femmes célèbres n’ayant pas eu d’enfants :

    No Kidding : Women Writers and Comedians on the Choice Not to Have Children
    Maria Popova, Brainpickings, le 16 mai 2013
    https://www.brainpickings.org/2013/05/16/no-kidding-henriette-mantel

    Years ago, I remember watching The Tonight Show with Joan Rivers, who was the guest host. Gloria Steinem, who was about forty years old at the time, was her guest. In her usual obnoxious way, Joan said to Gloria, “You know, my daughter has been the biggest joy in my life and I can’t imagine not having her. Don’t you regret not having children?” Gloria Steinem didn’t miss a beat. She answered, “Well, Joan, if every woman had a child there wouldn’t be anybody here to tell you what it’s like not to have one.” Joan looked at her like that thought had honestly never crossed her mind. It was a true gift for me to be able to pull together writers who are here to tell you “what it’s like not to have one.”

    #childfree #no_kids #nullipare

  • Naomi Klein : « Nous assistons aux prémices de l’ère de la barbarie climatique » - Heidi.news
    https://www.heidi.news/articles/naomi-klein-nous-assistons-aux-premices-de-l-ere-de-la-barbarie-climatique
    https://heidi-f385.kxcdn.com/photos/21a9056f-114c-4d83-bbb1-ecc2fe7ce938/medium

    Je suis à la fois ravie et soulagée de voir que nous envisageons enfin des solutions à la hauteur de la crise à laquelle nous sommes confrontés. Il n’est plus question de solutions miracles à base de taxe carbone ou de plafonnement des émissions et d’échange de droits d’émission mais d’une refonte de tout le système économique. De toute manière, le système actuel est défaillant pour la plupart des gens. C’est ce qui explique que nous traversions une période trouble sur le plan politique et que nous nous retrouvions avec des types comme Donald Trump, le Brexit, et tous ces gouvernements autoritaristes.

    • Dans votre livre, vous dites : « Ce qui est difficile à accepter, c’est que la réponse à la question ‘Que puis-je faire, en tant qu’individu, pour contrer le changement climatique ?, c’est : rien. » Vous le pensez toujours ?

      Pour ce qui est du bilan carbone, même en regroupant les décisions individuelles de chacun, nous n’atteignons pas le niveau de changement dont nous avons besoin. À mon sens, le fait qu’énormément de gens aient bien moins de mal à parler de consommation individuelle que de changement systémique est une conséquence directe du néolibéralisme. Nous avons appris à nous considérer avant tout comme des consommateurs.

      Il y a des personnes qui décident de se lancer dans la grève des naissances. Qu’en pensez-vous ?

      Je suis heureuse que ces discussions fassent leur apparition dans l’espace public, au lieu d’être des sujets que l’on évoque à la va-vite et dont on a peur de parler. La question d’avoir ou non une progéniture est très clivante, y compris chez moi.

      Je l’ajoute à la troisième compilation :
      https://seenthis.net/messages/680147

      Et à celle des évaluations et critiques des #actions_individuelles compilées ici :
      https://seenthis.net/messages/794181

      #effondrement #collapsologie #catastrophe #fin_du_monde #it_has_begun #Anthropocène #capitalocène

      Mais aussi #childfree #no_kids #nullipare #racisme #Naomi_Klein

  • The child-free couples who treat their pets like children
    Jessica Klein, BBC, le 2 septembre 2019
    https://www.bbc.com/worklife/article/20190826-the-child-free-couples-who-treat-their-pets-like-children

    One of the most striking examples was a [child-free] man that I interviewed who had just recently quit his job because he learned from his vet that his dog was dying, and he wanted to be with the dog for the remaining weeks of his life,” she says. He got to care for his dog “as you imagine somebody might for a child, or an ailing parent

    #childfree #no_kids #nullipare #animaux #chiens #chats

  • « J’ai vingt ans et je n’aurai jamais d’enfants ». Elles ont moins de trente ans et choisissent de se faire opérer pour éviter d’enfanter.

    « Je n’ai jamais été intéressée par les enfants, la #parentalité ou le fait de transmettre mes gènes. J’ai une vie bien remplie qui me convient et assez de responsabilités à mon goût. » Charlotte a 25 ans et a choisi la #stérilisation_volontaire il y a moins d’un an. L’opération qu’elle a dû subir, elle l’assimile à un bon souvenir. Elle renchérit : « Il y avait cette idée de le faire une bonne fois pour toutes, de ne pas avoir à penser à ma #contraception, ni prendre des rendez-vous pour la renouveler tous les ans. Le risque de tomber enceinte était un stress continu pour moi. »

    Ce témoignage étonnant n’est pourtant pas isolé. De nombreuses jeunes femmes font aujourd’hui le choix de la stérilisation. Selon une gynécologue des Hôpitaux universitaires de Genève (#HUG), le phénomène risque de prendre de l’ampleur. Cinq Genevoises de 19 à 27 ans ont accepté de témoigner pour la « Tribune de Genève ».

    Un choix drastique

    Margot, Loredana et Laure (identités connues de la rédaction) ont moins de 22 ans et envisagent toutes les trois la stérilisation. Si leurs raisons varient, elles ont un point commun : aucune d’entre elles ne veut d’enfant. Laure ajoute même avec conviction : « Si un jour je veux un enfant, je préfère l’adopter. » Elle évoque également sa vision pessimiste de l’avenir de l’humanité. Un point sur lequel la rejoint Margot : « Je trouve égoïste de mettre au monde quelqu’un dans une situation aussi catastrophique sur le plan climatique et politique. Si je change d’avis, l’adoption existe et je trouve bien plus éthique de donner une chance à un enfant en foyer plutôt que d’en faire un moi même. »

    Le manque de choix dans les techniques de contraception est également un thème récurrent. Margot s’inquiète des conséquences que les #hormones pourraient avoir à long terme sur son #corps. Prendre la #pilule tous les jours ne la met pas en confiance. Laure ne supporte tout simplement pas les effets secondaires de la pilule et le #stérilet en cuivre lui impose des règles douloureuses.

    Si elles sont toutes sûres de leur choix, elles diffèrent sur le moment de l’opération. Laure et Loredana aimeraient la faire dès que possible mais se heurtent aux refus des gynécologues. La première soutient : « Si je pouvais commencer les démarches demain, je le ferais. » Margot est plus modérée et voit cela dans un futur lointain : « J’imagine que je me déciderai à trente ou trente-cinq ans, si je n’ai pas changé d’avis d’ici là. Ce qui voudra dire que je suis certaine de mon choix. »

    Il existe plusieurs techniques de stérilisations qui ont le même but : rendre les trompes de Fallope inutilisables afin d’empêcher les spermatozoïdes de rencontrer l’ovule. Les plus courantes consistent à ligaturer ou sectionner directement les trompes, dans ce cas l’opération est irréversible. Il est également possible de pincer les trompes avec des clips ou anneaux. Ici, l’opération pour revenir en arrière est possible avec de faibles chances de réussite et des risques non négligeables de grossesses extra-utérines. Selon le site médical Sexual health info, peu importe la technique utilisée, il faut considérer la stérilisation comme définitive.

    N’importe quelle personne majeure et capable de discernement peut demander une stérilisation. Les conditions sont les mêmes que pour toute opération : il faut le consentement libre et éclairé de la patiente et quarante-huit heures de réflexion.

    Selon notre interlocutrice des HUG, une gynécologue qui souhaite rester anonyme, la plupart du temps les stérilisations sont discutées durant la grossesse. Il est plus simple de stériliser une femme lors d’une césarienne. Ce sont des patientes qui ont généralement la quarantaine. À ce moment, la fertilité a de toute façon déjà diminué et la stérilisation permet d’en finir.

    Le principal obstacle à la stérilisation est l’opposition du médecin. Mélanie, 27 ans, est stérilisée depuis maintenant un an. Elle a dû consulter plusieurs gynécologues avant d’en trouver un qui accepte de l’opérer. « La première femme que j’ai vue m’a fait un sermon durant toute la séance. Elle me disait que je ne me rendais pas compte de ce que cela représentait, que j’allais changer d’avis ou rencontrer l’homme de ma vie et que c’était de toute façon hors de question de le faire pour elle. »

    La doctoresse des HUG explique : « Tout ce qu’un chirurgien fait, il doit le faire dans l’intérêt de sa patiente, c’est une grosse #responsabilité d’ouvrir le ventre d’une femme pour lui enlever la capacité de faire des enfants. À mon sens, on doit avoir le droit de refuser si on estime que ce qu’on fait n’est pas juste, sauf s’il y a un risque vital. À l’hôpital, la décision de stérilisation est discutée d’abord par le médecin qui rencontre la femme, puis avec le chef de clinique. Si le cas est compliqué, typiquement lorsque la femme est jeune, la discussion est reprise avec l’équipe au complet. »

    Le #refus_médical

    Notre interlocutrice explique ensuite les raisons qui poussent un médecin à refuser cette opération : « La question du #consentement_librement_éclairé ou non se pose. Est-ce qu’à vingt ans on a vraiment assez d’informations sur soi ? »

    Ces refus médicaux répétés ont poussé Charlotte et Mélanie à se rendre en #France pour y être opérées, dans des cliniques connues pour accepter les stérilisations sur des jeunes femmes. Toutes deux disent n’avoir aucune peur de regretter leur choix.

    « Je comprends pleinement les femmes qui se sentent frustrées après un refus, poursuit la médecin, je comprends également le sentiment d’#injustice à ne pas pouvoir disposer de son corps comme on le voudrait. Néanmoins, il y a un nombre non négligeable de femmes qui regrettent ensuite ce choix et qui veulent revenir en arrière. Plus la femme est jeune et plus elle a de chances de changer d’avis. » La spécialiste prévient que les opérations pour enlever les clips fonctionnent mal et que des techniques comme la PMA (Procréation médicalement assistée) sont longues, coûteuses et difficiles psychologiquement.

    « Pour finir, une stérilisation n’est pas une opération anodine, souligne-t-elle. Il s’agit d’une anesthésie générale et d’ouvertures dans le ventre. Si les complications sont rares, elles sont néanmoins réelles. Un bon chirurgien n’est pas uniquement un médecin qui opère bien, mais qui arrive aussi à mesurer toutes les implications de son travail. »

    Le droit à l’erreur

    La bioéthicienne Samia Hurst, professeure à l’Université de Genève, fait le point sur la situation : « La question du corps est importante en médecine et le #consentement du patient demeure fondamental. Dire non à un acte médical est un droit en or massif. Par contre, il y a une différence entre refuser un acte sur son corps et en exiger un. Si je refuse qu’on pratique un geste sur moi, un médecin doit aussi pouvoir refuser de le pratiquer. Demander d’agir n’est pas la même chose que de demander ne pas agir. »

    Elle questionne ensuite les raisons courantes d’un refus : « L’argument qui motive le plus souvent un refus est que les femmes ne devraient pas se faire stériliser car elles risquent de changer d’avis. C’est tout à fait vrai, les choix sont fluctuants. Les circonstances changent et les grandes décisions avec. Le problème avec ce raisonnement est qu’aucune décision de vie n’est totalement réversible. Se marier, avoir un enfant ou ne pas avoir d’enfant sont toutes des décisions qui auront un impact indélébile sur la suite de la vie d’un individu. »

    Samia Hurst remarque pourtant, « qu’on est beaucoup plus inquiets lorsqu’une femme prend la décision de ne pas avoir d’enfants plutôt que lorsqu’elle décide d’en avoir. Il y a une #norme_sociétale importante qui dit que les gens (et plus particulièrement les femmes) doivent avoir des enfants. Il demeure difficile de s’écarter de cette #norme pour les femmes qui veulent se stériliser et pour les médecins pratiquant l’opération. »

    La professeure d’#éthique conclut sur le #droit_à_l’erreur : « Accepter la #liberté de quelqu’un, c’est aussi lui laisser le droit de se tromper. Pour être libre, je dois prendre mes propres décisions, même si elles ne sont pas les bonnes. Un médecin n’a pas besoin d’adhérer à l’idée de sa patiente pour accéder à sa requête. »

    Militantisme ou manque de moyens

    Charlotte explique que, dans son cas, se stériliser est aussi une façon de donner un signal clair : « La société incite les femmes à vouloir des enfants et celles qui n’en veulent pas sont stigmatisées. On entend trop souvent dire que si on ne veut pas d’enfant à vingt ans, on va forcément changer d’avis plus tard. Pour moi, me stériliser était aussi un moyen de prouver à mon entourage ma volonté de ne pas enfanter. J’ai fait en sorte que mon corps ne soit pas capable d’avoir un enfant car je ne veux pas de cette vie. Je suis désormais enfin une femme libre et totalement détachée ! » Laure ne partage pas cette motivation mais la comprend : « Je pense que les femmes savent ce qu’elles veulent et qu’on ne doit pas choisir pour elles. »

    Aujourd’hui, aucun moyen de contraception féminin n’est dépourvu d’effet secondaire. De plus, la charge de devoir penser à la contraception au mieux tous les ans ou au pire tous les jours revient toujours aux femmes. Pour Laure, c’est ce déficit qui pose problème : « Si j’avais accès à une contraception sans hormones qui ne me demande pas de repasser sur la chaise du gynéco pendant trente minutes tous les cinq ans, je ne penserais même pas à la stérilisation. Je trouve qu’actuellement la recherche dans le domaine de la #contraception_féminine n’est pas assez poussée. »

    https://www.tdg.ch/geneve/actu-genevoise/j-vingt-ans-naurai-jamais-denfants/story/16727912

    #stérilisation #femmes #corps #femmes

    • Il y a un vrai problème aussi avec la manière dont le DIU est sous-vendu et les règles douloureuses sous-traitées. Le DIU peut être laissé en place 10 ans sans soucis, mais il semble que la secte des gynécos de France ait obtenu une AMM de 5 ans, juste pour faire tourner leur foutu tiroir-caisse, alors que le risque max de cette contraception, c’est justement d’être mal posée.
      Quant aux règles abondantes et douloureuses, j’en ai chié des années, jusqu’à ce que Winckler explique que, non, les anti-inflammatoires ne sont pas du tout contre-indiqués en cas de règles pourries sous DIU, au contraire, c’est même le truc recommandé pour réduire le flux.

      Une fois cette question réglée, le DIU et la contraception la moins chère, la moins contraignante et la plus efficace pour le moment. En plus, il y a un travail actuellement autour de la création d’un kit d’auto-pose.
      Ensuite, le principe, c’est quand même de ne plus penser à sa contraception pendant 10 ans, garanti sans hormones qui nous pourrissent la vie !

    • Quand j’ai réussie à bénéficier de la contraception définitive, juste après l’intervention la secrétaire médicale qui m’a dit etre militante féministe m’a gratifié de cette remarque :
      « - Vous ca va, vous pouvez être stériliser (j’avais 38 ans), mais les gamines de 20 ans qui ont la flemme de prendre la pilule, il n’en est pas question. »

  • Céline Beaudet – Le Néo-malthusianisme
    https://nantes.indymedia.org/articles/45685

    De plus, la limitation des naissances joue un rôle pour limiter les charges de familles et leurs donner une possibilité de résistance au système. La procréation volontaire « diminue l’aléatoire d’une situation souvent précaire, ainsi que les soucis pécuniaires et l’appréhension des lendemains (...) » [418]. Et pour le cas précis des colonies, « tout milieu de vie en commun, où les naissances sont limitées, (...) a de grandes chances de durer plus longtemps » [419].

    Et enfin, le problème des naissances est également un enjeu politique. Il s’agit, dans les familles ouvrières bien évidemment, de ne pas donner une main d’œuvre trop docile, parce que nombreuse et faible, au patron et de la chair à canon à l’Etat. Comme le rappelle Lorulot, la procréation n’est pas un devoir : « pourquoi faire de nombreux enfants ? Pour qu’ils soient exploités comme nous et qu’ils deviennent, à leur tour, de la chair à patron, à mitraille, à prison et à jouissance ? »

    #féminisme #femmes #anarchisme #maternité

  • ’Remarkable’ decline in fertility rates - BBC News
    https://www.bbc.com/news/health-46118103

    There has been a remarkable global decline in the number of children women are having, say researchers.

    Their report found fertility rate falls meant nearly half of countries were now facing a “baby bust” - meaning there are insufficient children to maintain their population size.

    The researchers said the findings were a “huge surprise”.

    And there would be profound consequences for societies with “more grandparents than grandchildren”.

    #démographie #taux_de_fertilié #moins_de_bébés

    • « C’est une histoire qu’on refoule beaucoup. Moi-même, j’ai réalisé que je ne la connaissais pas. Quand on pense au sabbat, au pacte avec le diable, ces éléments nous paraissent fantaisistes ; ils nous amènent à penser que les chasses aux #sorcières elles-mêmes étaient fantaisistes, irréelles, alors que c’étaient des crimes de masse. Il y a un refus de regarder cette histoire en face et une bataille d’interprétation autour d’elle. Beaucoup d’historiens n’acceptent pas le fait qu’il s’est agi d’un crime de masse misogyne. »
      #féminicide #femmes

    • C’est drôle, je n’avais pas forcément relié ces phrases à cette démarche d’émancipation, mais c’est tout à fait juste. Ce qui m’a toujours agacée à propos de la soi-disant victimisation, c’est le discours qui veut nous faire croire que se dire victime de quelque chose va nous rendre faibles et va faire de nous des créatures gémissantes. J’ai toujours eu l’impression que c’était l’inverse. C’est en prenant conscience qu’on est victime, qu’on peut se libérer. Dire qu’il ne faut pas se victimiser, c’est dire en réalité qu’il ne faut pas se battre. Si on ne passe pas par cette étape, comment se libérer ?

      Mais tellement, ça m’agace à chaque fois que je vois (et donc y compris chez des réelles « victimes », de racisme, de sexisme, etc) ce mantra super présent de nos jours de se distinguer des victimes « non moi je suis pas une victime ».

    • Vous dessinez les trois types de « sorcières » pourchassées : les femmes indépendantes, les femmes qui n’ont pas d’enfant, les vieilles femmes. Pourrait-on inclure, dans la femme indépendante, la femme qui ne se cantonne pas à la sphère domestique ? La sorcière, c’est aussi celle qui détourne les objets traditionnellement associés à la sphère domestique, comme le balai…

      Oui. C’est en quelque sorte la suite de mon ouvrage Chez soi — Une odyssée de l’espace domestique. La chasse aux sorcières correspond à un moment où les femmes sont chassées de nombreux corps de métiers, où on les assigne au rôle maternel et à la sphère domestique. L’indépendance des femmes et la participation à la vie sociale sont mal vues.

      #Mona_Chollet #Ballast #Sorcières #Femmes #childfree #no_kids #nullipare

    • Ca me rappel le propos de Noémie Klein dans No Logo : le marketing récupère et vide de sa substance absolument tout.
      Au moment de la sortie de son livre, une marque de vetements avait utilisé « no logo » comme logo.
      Dans ma coop, il y a une confiture parfum « chaudron de sorcière » à la citrouille et aux épices et je pourrais probablement trouvé d’autres exemples à foison.

      Les sorcières sont très à la mode. Derrière cette appellation on trouve un peu tout ce qu’on veux y mettre. De mon coté j’avoue avoir du mal avec tout l’aspect mystico-spirituel de cette mode.

  • L’Europe aux mains de gens qui n’ont pas d’enfant. Théophraste R. - 31 août 2018 - LGS

    Trouvé sur Facebook et signé Danielle Lapierre :
    « Un terrible constat »


    - Emmanuel Macron, le président français, n’a pas d’enfant.
    – La chancelière allemande Angela Merkel n’a pas d’enfant.
    – Le Premier ministre britannique Theresa May n’a pas d’enfant.
    – Le Premier ministre italien Paolo Gentiloni n’a pas d’enfant.
    – Le Premier ministre néerlandais Mark Rutte n’a pas d’enfant.
    – Le Premier ministre suédois Stefan Löfven n’a pas d’enfant.
    – Le Premier ministre luxembourgeois Xavier Bettel n’a pas d’enfant.
    – Le Premier ministre écossais Nicola Sturgeon n’a pas d’enfant.
    – Le président de la Commission européenne Jean-Claude Juncker n’a pas d’enfant.
    Donc, l’avenir de l’Europe est confié à des gens qui n’ont pas d’enfant ! Ils ont donc une vision à COURT TERME et se foutent COMPLÈTEMENT de l’avenir de NOS enfants ».

    Je relève une petite erreur : Juncker a une fille, surnommée « La Biture ». Aimante et dévouée, elle ne le quitte pas.

    Théophraste R. (Père de famille et donc « aventurier des temps moderne » selon Péguy).

    #avenir #enfants #Premier_ministre #europe #UE #union_européenne

  • On a déjà parlé ici de This is America, par Childish Gambino :
    https://seenthis.net/messages/692466

    https://www.youtube.com/watch?v=VYOjWnS4cMY

    Quelques articles soulignent qu’il s’était en partie inspiré d’un autre titre :

    Et si « This is America » était un plagiat ?
    Elisabeth Debourse, Paris Match, le 26 juin 2018
    https://parismatch.be/culture/musique/152805/childish-gambino-et-si-this-is-america-etait-un-plagiat

    Jase Harley - American Pharaoh :
    https://www.youtube.com/watch?v=QBEIDB0V4aI

    Des artistes du monde entier en font leurs versions. On a déjà parlé ici de This is Iraq, par I-NZ :
    https://seenthis.net/messages/709164

    https://www.youtube.com/watch?v=fvxZLKtkgiM

    Mais aussi, parmi d’autres :

    Falz - This is Nigeria :
    https://www.youtube.com/watch?v=UW_xEqCWrm0

    ZEF - This is France :
    https://www.youtube.com/watch?v=JTNmU7lnVC0

    #Musique #Musique_et_politique #rap #Childish_Gambino #This_is_America #Irak #Nigeria #France

    • La réponse de l’autre pour l’inspiration :

      Je suis extrêmement honoré d’être reconnu et considéré comme l’une des inspirations originales de l’une des plus importantes œuvres musicales et d’art visuel de notre époque. Ne laissez pas cette controverse diluer le message que moi-même et Childish Gambino tentons de faire passer. Nous parlons des injustices que nous avons endurées et il a contribué à fournir une plateforme pour que toutes nos voix soient entendues. Ne le discréditez pas pour ça ! L’attention devrait être concentrée sur le fait de changer nos communautés et bâtir l’égalité. C’est plus important que moi et lui et plus important que la musique.

  • « Je ne veux pas m’inquiéter toute ma vie pour une autre personne » : elles ont décidé de ne pas avoir d’enfants et l’assument
    Gaëlle Dupont, Le Monde, le 24 février 2018
    http://www.lemonde.fr/societe/article/2018/02/24/elles-ont-decide-de-ne-pas-avoir-d-enfant-et-l-assument_5261898_3224.html

    Non, elles ne sont pas malheureuses ; non, elles ne changeront pas d’avis ; non, elles n’ont pas peur de se retrouver seules quand elles seront vieilles. Mais oui, elles aimeraient que la société change de regard sur elles, les femmes qui ont choisi de ne pas avoir d’enfants. « Je ne suis pas un monstre », lance Cyrielle, 30 ans, une jeune femme sans enfants qui entend bien le rester, en réponse à un appel à témoignages lancé sur Lemonde.fr. Le dernier bilan démographique de l’Insee l’a montré : si la natalité reste élevée en France par rapport aux autres pays européens, les Françaises, en particulier celles âgées de 25 à 34 ans, font de moins en moins d’enfants (1) . L’indicateur de fécondité s’établit à 1,88 enfant par femme (contre 2 en 2012).

    Quelle est la part, dans cette évolution, de celles et ceux qui ont choisi de ne pas engendrer ? « On ne peut pas leur attribuer cette baisse, analyse la sociologue Anne Gotman. Mais ils y participent. » La part des personnes définitivement sans enfants augmente depuis les années 1970. Selon les derniers chiffres publiés par l’Institut national d’études démographiques, aujourd’hui en France 6,3 % des hommes et 4,3 % des femmes de 15 à 49 ans déclarent ne pas avoir d’enfants et ne pas en vouloir.

    « Depuis toujours, je sens au fond de moi que la maternité, ce n’est pas pour moi, et de plus en plus de personnes de ma génération remettent en cause l’ordre naturel des choses », confirme Virginie, 28 ans. Les réseaux sociaux, les forums et groupes Facebook rendent visible le phénomène et permettent d’échanger. « Grâce à eux, je me sens moins isolée », témoigne Cécile, 22 ans. Certains flairent même le filon commercial : des voyagistes proposent désormais des hôtels et restaurants sans enfants – une offre qui reste très rare en France.

    Signe d’une libération de la parole, de très nombreuses femmes de tous âges ont répondu à l’appel lancé sur Lemonde.fr. Elles sont issues de milieux sociaux divers et, contrairement aux idées reçues, la plupart sont ou ont été en couple. Elles ont un point commun : la colère. Parce que leur choix suscite au mieux l’incrédulité, au pire la réprobation. « C’est universel, poursuit Cécile. Les gens me demandent pourquoi, me disent : “Tu changeras d’avis quand tu rencontreras la bonne personne.” C’est très infantilisant. »

    Les questions sur leurs motivations les agacent. « Quelqu’un qui veut des enfants n’a pas à s’expliquer, contrairement à quelqu’un qui n’en veut pas », relève Matilda, 22 ans. « Je n’ai jamais eu le désir d’enfant, tout simplement, résume Audrey, 37 ans. Pas besoin de chercher telle ou telle cause. » La crainte des « douleurs de l’accouchement », des « signes indélébiles » de la grossesse est parfois évoquée. Certaines affirment sans détour ne pas aimer les enfants, ces êtres bruyants autour desquels le monde des autres adultes semble tourner. « Je ne les supporte pas s’ils sont un tant soit peu turbulents », lance Charlotte, 28 ans. « Je n’ai jamais été attirée par les bébés, affirme Carla, 31 ans. Ils me font peur, je ne les trouve pas mignons. »

    Mais ce sentiment n’est pas forcément partagé. Aurélie, 35 ans, se dit « complètement gaga de [s]es neveux et nièces ». « Avec mon conjoint, nous sommes instituteurs, nous avons une très bonne relation avec les enfants », témoigne également Anne, 60 ans. Nombreuses sont celles qui apprécient les enfants... des autres. Car un point fait l’unanimité : un enfant, c’est une « charge », un « poids », un « fil à la patte », bref, un gêneur. « Je ne supporterais pas qu’une tierce personne vienne désaxer mon couple », témoigne Julie, 29 ans. « Je ne veux pas m’inquiéter toute ma vie pour une autre personne », affirme de son côté Alexandra, 32 ans. Pour elles, faire un enfant est une décision irréversible dans un monde angoissant.

    Séverine, 31 ans, au chômage, redoute l’instabilité qui l’entoure. « Le CDI est en voie de disparition, relate-t-elle. Plus rien n’est sûr. Si j’ai un enfant, comment savoir qu’il ne manquera de rien ? Je peux perdre mon emploi, mon mari peut me quitter. Je le vois autour de moi. Moi, ça m’angoisse, je n’ai pas le cran. » Beaucoup de « sans enfants » voient encore plus loin, s’inquiètent de la violence du monde, et surtout de la dégradation de l’environnement, qu’elles associent à la surpopulation. On leur reproche leur égoïsme ? Elles retournent l’argument. « C’est l’envie d’enfants qui me paraît égoïste et irraisonnée : dans un monde pareil, sérieusement ? », s’étrangle Déborah, 29 ans. « Je m’inquiète beaucoup plus pour les générations futures que ceux qui font des enfants sans réfléchir », renchérit Sabine, 65 ans.

    Au contraire, être sans enfants présente de nombreux avantages : avoir du temps pour soi, pour les autres, pour sa carrière... « Nous avons beaucoup de projets professionnels et personnels, pratiquons de nombreux loisirs, voyageons beaucoup, aimons inviter nos amis pour des soirées arrosées à refaire le monde, allons au spectacle, aimons lire... bref vivre », écrit une femme de 35 ans. « J’ai préféré passer mes nuits à discuter, écrire, lire ou danser, plutôt qu’à changer des couches », renchérit Michèle, 67 ans. Ne pas avoir d’enfants, c’est aussi faire durer sa jeunesse. « Nous menons une vie d’adolescents à la retraite », résume Anne.

    Pour plusieurs de ces femmes, leur propre mère est un contre-modèle. « La femme qui court toute la journée, qui travaille avec trois enfants, aux petits soins pour tout le monde, première partie, dernière rentrée, poursuit Anne. Je ne pouvais pas vivre ça, l’idée m’était insupportable. » Beaucoup rejettent la « charge mentale » qui pèse sur les femmes, et à travers elle la norme qui veut qu’en France il faut travailler et avoir des enfants (si possible deux). De nombreuses femmes ralentissent leur carrière, voire s’arrêtent de travailler pour élever leurs enfants. Les « childfree » (« libres d’enfants », le néologisme vient des Etats-Unis) choisissent un autre chemin pour vivre comme elles l’entendent.

    Un choix renforcé par ce qu’elles perçoivent de la vie des parents. « Je ne vois pas d’avantage à avoir des enfants, relève Edith, 27 ans. En revanche, une journée passée à entendre mes collègues me suffit à dresser une longue liste d’inconvénients (nuits blanches, contraintes horaires, dépenses, angoisses). »

    Les propos des femmes « childfree » prennent souvent des accents féministes. Car la pression sociale pèse particulièrement sur elles. « Mes frères ne veulent pas d’enfants, ça passe, témoigne Virginie. Moi, ça ne passe pas du tout. » « Dans l’esprit de la plupart des gens, une femme doit avoir des enfants, résume Séverine. Elle ne peut pas être heureuse autrement. » Celles qui dérogent à cette norme ont le sentiment de passer pour « une demi-femme », « une femme sans cœur ». D’autres évoquent un « défaut inavouable », une « hérésie », un « tabou ». Elles doivent faire face en particulier à l’incompréhension de leurs parents. Même au travail, la disponibilité des « childfree » est bienvenue, mais leurs absences et leur fatigue moins bien tolérées, car non justifiées par la présence d’enfants.

    Alors certaines, comme Corinne, 54 ans, revendiquent haut et fort de ne pas être « un utérus sur pattes ». D’autres manient l’humour, d’autres encore prétendent qu’elles sont stériles. Alors, on les plaint. Le regard du corps médical est jugé particulièrement infantilisant. Beaucoup de jeunes femmes ont fait des démarches en vue d’une stérilisation, sans succès. « J’aimerais juste qu’on me laisse tranquille avec ça et qu’on arrête de se mêler des affaires de mon corps », lâche Laureline, 37 ans. Selon les « sans enfants », leurs contradicteurs essaient surtout de se rassurer sur leurs propres choix. « Les gens ont peur de ce qui sort de la norme », tranche Carla.

    (1) Baisse de la natalité : il faut redonner du sens à la politique familiale
    Editorial, Le Monde, le 16 janvier 2018
    http://www.lemonde.fr/idees/article/2018/01/16/redonner-du-sens-a-la-politique-familiale_5242418_3232.html

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    «  Le mouvement “childfree” contient l’idée d’un vrai choix  »
    Gaëlle Dupont, Le Monde, le 24 février 2018
    http://www.lemonde.fr/societe/article/2018/02/24/le-mouvement-childfree-contient-l-idee-d-un-vrai-choix_5261967_3224.html

    #Anne_Gotman est sociologue, directrice de recherche émérite au CNRS-Centre de recherche sur les liens sociaux. Elle a publié Pas d’enfant, la volonté de ne pas engendrer, en 2017 (Editions de la Fondation Maison des sciences de l’homme).

    Sur les réseaux sociaux, de plus en plus de personnes se revendiquent « childfree », ce phénomène est-il nouveau ?

    La volonté de ne pas engendrer a toujours existé dans l’histoire, mais au niveau individuel. Ce qui est nouveau, c’est la naissance d’un mouvement collectif de personnes qui s’identifient comme « childfree », c’est-à-dire « libre d’enfants ». Elles étaient auparavant appelées « childless », sans enfants, un terme qui avait une dimension jugée trop négative. « Childfree » contient l’idée d’un choix. Il correspond à une prise de conscience. Ce mouvement identifiable aujourd’hui sur les réseaux sociaux est né à la fin du XX e siècle dans des associations américaines. Aux Etats-Unis et en Grande-Bretagne, certains militent même pour disposer de « childfree zones » (zones sans enfants), être déchargés de tous les impôts liés à la scolarisation des enfants... Cela témoigne d’une forme de fragmentation de ces sociétés.

    Sont-elles de plus en plus nombreuses ?

    Les personnes sans enfants ont été plus nombreuses dans le passé. En France, au tournant du XX e siècle, près de 25 % des femmes n’avaient pas d’enfants. Le taux d’infécondité a connu un minimum dans les années 1940. Parmi les femmes nées à cette époque, seule une sur dix n’a pas eu d’enfants. Il remonte depuis les années 1970 dans de nombreux pays de l’OCDE. Aujourd’hui, l’infécondité définitive atteint en France 21 % des hommes nés entre 1961 et 1965, et 13,5 % des femmes nées à la même époque.

    Ces personnes n’ont pas toutes choisi de ne pas avoir d’enfants...

    Non, on estime à 3 % la part due à l’infertilité médicale. Les autres se divisent en deux catégories : les early articulators, qui savent très jeunes qu’ils n’auront pas d’enfants, des femmes le plus souvent, et les postponers, ceux qui remettent à plus tard : ils ont envie à un moment de leur vie mais n’ont pas l’occasion, puis ont de moins en moins envie.

    Quel regard est porté sur ces personnes en France ?

    Il est passé d’une condamnation virulente à une vision interrogatrice, voire réprobatrice, mais plus embarrassée qu’accusatrice. Si une personne dit qu’elle n’a pas d’enfants, la conversation s’arrête, le plus souvent l’interlocuteur n’ose pas demander pourquoi, c’est quelque chose de gênant. Les personnes sans enfants en France le vivent très mal et réagissent de façon virulente. C’est une nouveauté. Elles ne veulent plus rester dans la marge et veulent elles aussi faire partie de la norme. En Allemagne, par exemple, où 25 % des femmes nées en 1968 sont sans enfants, les choses sont différentes. Il y a là-bas une véritable culture des familles sans enfants.

    Ce regard a-t-il changé au cours de l’histoire ?

    Il était infiniment plus négatif par le passé. Dans l’Antiquité, le « célibat », qui était alors la condition pour ne pas avoir d’enfants, était très violemment condamné. Les philosophes des Lumières, les révolutionnaires ont été féroces à l’égard des célibataires, considérées comme « homicides d’eux-mêmes et de leur postérité ». C’était aussi une attaque contre l’Eglise. Car celle-ci est ambivalente. Elle prescrit le mariage pour les êtres imparfaits et interdit toute relation sexuelle sans procréation, mais exige le célibat, donc l’absence d’engendrement, pour les prêtres.

    Qui sont les « childfree » ?

    Selon une idée reçue, il s’agirait de personnes très diplômées appartenant à des catégories socioprofessionnelles élevées. C’est en partie vrai. En Grande-Bretagne, 50 % des femmes qui œuvrent à des postes à responsabilité n’ont pas d’enfants. La première ministre, Theresa May, comme d’autres hauts responsables européens (Angela Merkel, Emmanuel Macron, Jean-Claude Juncker), en est un exemple. Mais en valeur absolue, les « childfree » demeurent beaucoup plus nombreux dans les classes moyennes et inférieures. Il s’agit aussi d’un phénomène populaire.

    Quelles sont leurs raisons ?

    Un mélange de causes intimes et sociétales. Au niveau personnel, le fait de ne pas vouloir d’enfants a, selon moi, plus à voir avec le passé qu’avec le futur. Cela ne veut pas dire que ces personnes ont forcément eu une enfance malheureuse, mais elles veulent se situer à part dans la généalogie familiale. Il y a dans le refus de transmettre un refus de recevoir (ne rien devoir à autrui) et un refus de la dépendance. Simultanément, il y a une peur d’y laisser une partie de soi. Parmi les « childfree », l’enfant est vu comme menaçant, voire dévorant.

    La volonté de ne pas donner naissance dans un monde menacé par l’effondrement écologique est souvent citée...

    C’est une raison qui vient couronner le choix mais qui n’est pas motrice. De nombreuses évolutions sociétales peuvent expliquer le phénomène. L’évolution des couples, par exemple, et leur instabilité. Dans le même temps, vous avez des personnes qui veulent vivre une relation « pure », sans risquer de l’abîmer avec l’arrivée d’une tierce personne. L’évolution du marché du travail, qui offre des opportunités quasiment équivalentes aux hommes et aux femmes, joue également un rôle. Cela pose des questions sur la compatibilité entre travail domestique et carrière. La place de l’enfant, enfin, a changé. L’accès à la contraception fait que, quand il arrive, l’enfant a été désiré. Pour les parents, il doit naître et grandir dans de bonnes conditions, ce qui représente des coûts croissants d’éducation et de consommation. Un coût humain aussi, car s’occuper d’enfants n’est aujourd’hui pas forcément vu comme une activité épanouissante.

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    #Baleines noires : aucun #baleineau observé jusqu’ici cette saison
    Radio Canada, le 26 février 2018
    http://ici.radio-canada.ca/nouvelle/1085894/baleines-noires-atlantique-nord-naissances-baleineaux-petits-filets

    #childfree #no_kids #nullipare

  • Skid Row Downtown Los Angeles Christmas Day 2017
    https://www.youtube.com/watch?v=e8fsfwo6R-Y


    Une balade dans les rues de L.A. avec des entretiens peu communs

    Downtown Los Angeles - by car
    https://www.youtube.com/watch?v=E7HozzSGakA


    Une visite du même quartier qui montre davantage de rues avec leurs SDF.

    California Homeless Problem - by bike
    https://www.youtube.com/watch?v=zvCGtxeknSg

    Why is liberal California the poverty capital of America ? - LA Times
    http://www.latimes.com/opinion/op-ed/la-oe-jackson-california-poverty-20180114-story.html
    http://www.trbimg.com/img-5a5d2722/turbine/la-oe-jackson-california-poverty-20180114

    Hillary Clinton in Estonia - Trumpland (2016) Michael Moore
    https://www.youtube.com/watch?v=7TjReC37TWI


    Enfin un discours de Michael Moore qui explique comment 20 millions d’américains sont morts des conséquences de la politique de santé dans son pays.

    #USA #pauvreté #santé #SDF #Californie #Los_Angeles

  • Vivre sans enfant
    Marilyse Hamelin, Chatelaine, le 29 novembre 2017
    http://fr.chatelaine.com/opinions/vivre-sans-enfant

    Si mon cœur se serre à l’occasion lorsque je vous vois embrasser vos bambins ou même lorsque je passe devant une vitrine remplie de minisacs à dos colorés, j’apprécie néanmoins la liberté dont je jouis, que j’ai choisie et que j’assume, avec tout ce que cela comporte de bien et de moins bien.

    #childfree #no_kids #nullipare