• Steine, die den Anstoß geben: Ein Besuch auf dem Friedhof Columbiadamm
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    14.02.2024 von Jens-Martin Rode - Der Hererostein auf dem Friedhof Columbiadamm ist Mittelpunkt vieler Diskussionen. Unser Autor sieht noch weitere Herausforderungen.

    Kaum ein Berliner Friedhof dürfte gegenwärtig so sehr in der Öffentlichkeit stehen wie der Friedhof Columbiadamm in Neukölln. Derzeit ist es vor allem die Diskussion um den sogenannten Hererostein, die den Friedhof in das Zentrum der Auseinandersetzung mit dem Völkermord an den Herero und Nama vor 120 Jahren rückt. Der Bezirk Neukölln arbeitet gerade intensiv an einem Konzept zur Aufarbeitung dieser Vergangenheit.

    Wie groß die Herausforderungen sind, zeigen aber auch andere Gräber und Denkmäler. Denn immer wieder finden sich hier Spuren einer aus der Zeit gefallenen „Heldenverehrung“. Will man den Friedhof als öffentlichen Raum und die Deutung seiner kriegerischen Traditionen nicht den Ewiggestrigen überlassen, muss man ihm eine Zukunft als Lernort geben.


    Hererostein oder auch Afrika-Stein auf dem Friedhof Columbiadamm in Neukölln Jens-Martin Rode

    Der Hererostein ehrt die Täter des Völkermords in Namibia

    An der Ostseite des Friedhofs stoßen wir auf einen Findling aus rötlichem Granit mit einer geglätteten Fläche. Mit dem Hererostein werden hier namentlich sieben Soldaten der sogenannten Schutztruppe geehrt, die an der Niederschlagung der Aufstände der Herero und Nama im heutigen Namibia beteiligt waren und zwischen 1904 und 1907 gefallen sind. Dabei handelt es sich um den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts mit circa 80.000 ermordeten Menschen. Wohlgemerkt: Der 1907 geschaffene und 1973 von Veteranenverbänden an den jetzigen Ort verlegte Stein ehrt die Täter, nicht die Opfer. 2009 wurde eine Bodenplatte mit den Umrissen Namibias ergänzt, die immerhin den historischen Zusammenhang benennt.

    Leider wird aber der Genozid nicht als solcher benannt und auch die Opfer kommen weder namentlich noch mit einem Zitat vor. Derzeit erarbeitet der Bezirk Neukölln unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft ein Konzept für einen angemessenen Umgang mit der kolonialen Vergangenheit des Denkmals. Ein entsprechendes Rahmenprogramm begleitet das. Bis Juli 2024 zeigt das Museum Neukölln in Britz die Kunstinstallation „Buried Memories“ der namibischen Künstlerin Isabel Tueumuna Katjavivi.

    Kriegerdenkmäler mit nationalem Pathos

    Der Friedhof atmet überall ein nationales Pathos. Das ist kein Zufall. Seine Geschichte geht zurück auf die rund um die Hasenheide entstandenen Soldatengräber für die Gefallenen und vor allem die Lazarett-Toten der antinapoleonischen Befreiungskriege 1813–1815. Einen Steinwurf entfernt liegen ehemalige Schanzen, Schießstände und die für die Leibesübungen von „Turnvater Jahn“ geschaffenen Sportplätze. Veteranenverbände sorgten in den 40er-Jahren des 19. Jahrhunderts mit der Anlage des „Dennewitz-Friedhofs“ für die Erinnerung an vergangene Schlachten.

    Mitte des 19. Jahrhunderts beschloss König Friedrich Wilhelm IV., die Garnison aus der wachsenden Stadt Berlin abzuziehen und an das ohnehin schon lange als Militärgelände genutzte Tempelhofer Feld zu verlegen. Der Neue Garnisonfriedhof war die Folge. König Wilhelm I. schenkte 1866 dem osmanischen Sultan Abdul Aziz einen unmittelbar angrenzenden Streifen, auf dem sich heute noch der benachbarte Türkische Friedhof mit der weithin sichtbaren Şehitlik-Moschee befindet.

    Der Friedhof weist unter den Berliner Friedhöfen die höchste Anzahl an Gräbern im Kontext von Krieg und Gewaltherrschaft auf. Der größte Anteil der fast 7000 Gräber steht im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg. Auf dem Friedhof finden sich mehrere Denkmäler an die gefallenen Soldaten der Kriege von 1866, 1870/71, des Ersten Weltkrieges und auch des Kolonialkrieges in Afrika, die überwiegend nach dem verlorenen Weltkrieg aufgestellt worden sind. Der Friedhof wurde im Zuge des Ausbaus des Flughafens Tempelhof zum „Weltflughafen“ der Nazis in den 30er-Jahren stark umgestaltet.


    Monumentales Denkmal des Königin Augusta Garde-Grenadier-Regiment Nr. 4 auf dem Friedhof Columbiadamm in Neukölln
    Jens-Martin Rode

    Die in Stein gehauene Dolchstoßlegende

    Das Denkmal für die Gefallenen des Königin Augusta Garde-Grenadier-Regiments Nr. 4 ist wohl das auffälligste Kriegerdenkmal. Auf einem monumentalen Sockel liegt ein gefallener Soldat unter einem Leichentuch. Auf seiner Brust ein zerbrochenes Schwert, Lorbeerkranz und Helm. Unter dem Tuch schaut eine geballte Faust empor. Die Inschrift lautet: „Wir starben, auf dass Deutschland lebe, so lasset uns leben in Euch!“

    Das im Oktober 1925 unter Beteiligung des Reichspräsidenten und der Reichswehr eingeweihte Denkmal steht sinnbildlich für eine Reihe von Kriegerdenkmalen aus der Zeit der Weimarer Republik und zeigt den tiefen Graben in der Gesellschaft im Umgang mit dem verlorenen Krieg und der Erinnerung an seine Gefallenen. Anders gesagt: Es ist die in Stein gemeißelte „Dolchstoßlegende“. Besonders deutlich wird das, wenn man sich die zweite lateinische Original-Inschrift vergegenwärtigt, die ursprünglich auf der Rückseite zu finden und nach dem Zweiten Weltkrieg entfernt worden war: „Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor.“ („Einst möge ein Rächer aus meinen Gebeinen erstehen.“)
    Totengedenken „des Antifaschismus unverdächtig“

    Die Initiative zur Aufstellung derartiger Monumente ging oft von Veteranenvereinigungen aus und fand im rechten politischen Spektrum regen Anklang. Das Problem: Die Nachfolgeorganisationen dieser Gruppierungen setzen diese Tradition insbesondere am Volkstrauertag unvermindert fort. So finden sich auch heute auf dem Friedhof immer wieder Kränze und Grabgebinde von Burschenschaften, Vertriebenenverbänden, „Afrikaveteranen“ und einem ganzen Spektrum „des Antifaschismus unverdächtiger“ Vereine, wie es Arndt Beck und Markus Euskirchen in ihrer einschlägigen Monografie „Die beerdigte Nation“ zu diesem Thema beschreiben.

    Manche der Denkmale haben im Laufe der Zeit Ergänzungen erfahren. So trägt das ebenfalls imposante Denkmal für die Gefallenen von Bismarcks Blut-und-Eisen-Kriegen 1866/1870–71 auf der Rückseite eine Ehrung für Fallschirmjäger. Eine Inschrift am Fuße gedenkt der „unvergessenen Kameraden der deutschen Wehrmacht“ von 1939 bis 1945. Ein weiteres Denkmal für das Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1 trägt gleich mehrere Ergänzungen.

    Das Spektrum reicht von der Ehrung der „Berliner Bären Division“ über die „23. Berlin-Brandenburgische Infanterie-Division“ bis hin zur 26. Panzerdivision der Wehrmacht. Die letztgenannte Ehrung ist pikant. Denn dabei handelt es sich um eine Division, die bei ihrem Italien-Einsatz auf dem Rückzug vor den alliierten Truppen nachweislich Kriegsverbrechen an der italienischen Bevölkerung begangen hat. Am 23. August 1944 ermordeten Teile der 26. Panzerdivision bei Padule di Fucecchio 174 Zivilisten unter dem Deckmantel der „Partisanenbekämpfung“.
    „Afrikaforscher“ in deutschen „Schutzgebieten“

    Auch am Grab des 1892 beigesetzten Hauptmanns Erich Kling erinnert ein Denkmal an vier sogenannte Afrikaforscher. „Furchtlos und treu“ hätten sie „ihr Leben geopfert im Dienste des Reiches“. Alle vier Offiziere gehörten der württembergischen Feldartillerie an und dürften sich gekannt haben. Lediglich Erich Kling ist an dieser Stelle beerdigt.

    „Afrikaforscher“ ist ein Euphemismus. Denn hierbei handelt es sich keineswegs um die landeskundliche Erforschung eines anderen Erdteils, sondern um die Beherrschung sogenannter Schutzgebiete. Mindestens zwei der hier geehrten Offiziere haben sich aktiv an der Niederschlagung von Aufständen beteiligt.

    Erich Kling war vor allem im westafrikanischen Togo aktiv und starb an einer Darminfektion. Die Küste Ostafrikas hingegen wurde am Anfang der deutschen Kolonisation von Sansibar aus von Arabern beherrscht. Diese erhoben sich 1888 zusammen mit Teilen der einheimischen Bevölkerung gegen die Deutsch-Ostafrikanische-Gesellschaft. Bismark beauftragte den berüchtigten Hauptmann Hermann Wissmann mit der Niederschlagung. Der „Afrikaforscher“ Eugen Krenzler gehörte dabei zu den angeworbenen Offizieren. Ihm unterstand die gesamte Artillerie.

    Die „Wissmann-Truppe“ bekam von Bismarck freie Hand in der Durchführung. Krenzler wurde von Wissmann zum Chef der neu gebauten Station Tanga ernannt. Er war noch mehrfach für die Niederwerfung von Unruhen verantwortlich und erlag 1892 der Malaria. Der „Afrikaforscher“ Varnbüler gehörte als Vertreter und Nachfolger von Krenzler ebenfalls zur „Wissmann-Truppe“. Auch Varnbüler erlag während einer Strafexpedition gegen zwei Häuptlinge 1892 der Malaria.


    Gedenkstein für die „Afrikaforscher“ auf dem Friedhof Columbiadamm in Neukölln Jens-Martin Rode

    Der Friedhof als Lernort

    Der Friedhof Columbiadamm hat enormes Potenzial als Lernort für geschichtliche und gesellschaftliche Zusammenhänge. Kaum irgendwo in Berlin finden wir eine derart dichte Folge an Zeugnissen aus der preußischen und deutschen Vergangenheit, die noch einer kritischen Erinnerungsarbeit harren. So könnte auch der Widerstand gegen den Militarismus in der Weimarer Republik z.B. durch die Liga für Menschenrechte zur Sprache kommen oder die Ehrung von Personen wie die des ebenfalls hier beigesetzten Reichsbanneraktivisten Erich Schulz. Was fehlt, ist ein modernes Gedenkstättenkonzept, das es Besucherinnen und Besuchern ermöglicht, sich den Friedhof zu erschließen.

    Vorbild könnte hier der Sozialistenfriedhof in Friedrichsfelde sein, der vor Ort mit einer kleinen Ausstellung und einem ausgeschilderten Friedhofsrundgang eine Einordnung der Denkmäler und Grabstätten ermöglicht, die gleichzeitig dem Charakter eines Friedhofs gerecht wird. Thema könnte hier auch die wachsende Vielfalt der Friedhofskultur sein. In unmittelbarer Nachbarschaft zum angrenzenden historischen Türkischen Friedhof sind auch auf dem städtischen Friedhof Columbiadamm Grabfelder entstanden, die den Erfordernissen einer Bestattung nach islamischem Brauch entgegenkommen.

    Anfänge wurden bereits gemacht, z.B. mit einem Schulprojekt zum Tag des offenen Denkmals 2011 mit Schülern der Fritz-Karsen-Schule. Auch war der Friedhof Neukölln 2017 Teil des multimedialen Projektes „Nekropole Berlin-Neukölln 1945“, das als historischer Parcours durch den Bezirk führte. Es bedarf aber noch viel Forschungsarbeit, Initiative und Geld für entsprechende Projekte. Dass sich das Museum Neukölln derzeit der kolonialen Vergangenheit annimmt, ist ein wichtiger weiterer Schritt in die richtige Richtung.

    Jens-Martin Rode ist ausgebildeter und zertifizierter Stadtführer für Berlin und interessiert sich auch unabhängig davon für Berlin-bezogene Themen, Stadtgeschichte und die Berliner Denkmalslandschaft.

    #Berlin #Neukölln #Columbiadamm #Geschichte #Friedhof #Krieg #Kolonialismus #Preussen #Nazis #Hasenheide

  • KZ Columbia – Wikipedia
    https://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Columbia

    https://www.openstreetmap.org/node/1588678695

    Das Konzentrationslager Columbia (kurz: KZ Columbia oder K.L. Columbia, auch bekannt als KZ Columbia-Haus oder nur Columbia-Haus, eine seltenere Schreibweise war KZ Columbiahaus) war ein nationalsozialistisches Konzentrationslager am nördlichen Rand des Tempelhofer Feldes im Berliner Ortsteil Kreuzberg.

    Das Gebäude wurde um 1900 als Militärstrafanstalt an der damaligen Prinz-August-von-Württemberg-Straße (seit 1927: Columbiadamm) errichtet und ab 1933 zunächst als Gestapo-Gefängnis benutzt. Das eigentliche Konzentrationslager wurde am 27. Dezember 1934 eröffnet und bestand offiziell bis zum 5. November 1936. Durch seine Lage nahe der Berliner Innenstadt waren viele prominente Persönlichkeiten des politischen Lebens im Columbia-Haus inhaftiert. Anlässlich des seinerzeitigen Neubaus des Flughafens Tempelhof wurde das Columbia-Haus 1938 abgerissen. An die Geschichte des Ortes erinnert seit 1994 ein Mahnmal (von Georg Seibert).

    Auflösung des KZ

    Mit dem geplanten Großprojekt des Flughafens Tempelhof wurde die Auflösung des KZ Columbia beschlossen. Die Columbia-Häftlinge sollten in ein neues zentrales Konzentrationslager bei Berlin verlegt werden – das KZ Sachsenhausen. Die Baupläne für Sachsenhausen wurden zunächst im frühen Lager Oranienburg, dann im K.L.Columbia ausgearbeitet. Zusammen mit Häftlingen des KZ Esterwegen errichteten die Insassen des Columbia das KZ Sachsenhausen. Das Gelände des Columbia ging am 1. Oktober 1936 an das Reichsluftfahrtministerium. Am 5. November 1936 wurde das KZ Columbia schließlich auch offiziell aufgelöst. Fotos von der Baustelle des Tempelhofer Flughafens zeigen, dass die Gebäude des KZ noch mindestens bis zum März 1938 existierten.

    Stolperstein Franz Klühs, Kleineweg 77, 12101 Berlin-Tempelhof
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2e/Stolperstein_Kleineweg_77_%28Templ%29_Franz_Kl%25C3%25BChs.jpg


    https://www.openstreetmap.org/way/186405159

    Othmar Toifl - Wikimedia Commons

    The intelligence agent and guard in Columbia Haus Concentration Camp in Berlin Othmar Toifl (1898-1934) who was shot on 1 July 1934 during the purge by the National Socialist government known as Night of the Long Knives.
    Date 1934
    Source Berlin Document Centre
    Author KZ Columbia – Wikipedia
    Kurt Daluege (+ 1946)
    Permission
    (Reusing this file) PD-old

    Usage on de.wikipedia.org
    Liste der im Zuge des sogenannten Röhm-Putsches getöteten Personen
    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_im_Zuge_des_sogenannten_R%C3%B6hm-Putsches_get%C3%B6teten_Pe

    KZ Oranienburg – Wikipedia
    https://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Oranienburg

    Nach der Entmachtung der SA wurde die SS am 20. Juli selbstständig. Das allein von der SS kontrollierte, systematisch organisierte System der Konzentrationslager entstand. Die meisten der frühen, improvisierten Lager im Reichsgebiet wurden geschlossen. Lediglich eine SS-Einheit, die das KZ Columbia-Haus in Berlin bewachte, blieb im Schloss Oranienburg stationiert.

    Heinrich Deubel - Wikimedia Commons

    Kommandant at Dachau (1934-1936) and Columbia Haus (1936-1937.) He left the SS in 1937 and played no active role in the war. German authorities decline to prosecute him after the war. Deubel died on October 2, 1962 in Dingolfing, Germany.

    Source
    http://thefifthfield.com/camp-men/heinrich-deubel
    https://antirrevisionismo.wordpress.com/2014/09/30/heinrich-deubel-el-mas-extrano-de-los-comandantes-de-da

    File:Stolperstein Richterstr 48, 12105 Berlin-Mariendorf) Günther Keil
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/64/Stolperstein_Richterstr_48_%28Mard%29_G%25C3%25BCnther_Keil.jpg

    Category:KZ Columbia - Wikimedia Commons
    https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:KZ_Columbia

    #Berlin #Tempelhof #Nazis #Columbiadamm #Flughafen

  • Berlin: 750.000 Euro für Gedenken zum 70. Jubiläum der Luftbrücke - Tempelhof-Schöneberg - Berliner Morgenpost
    https://www.morgenpost.de/bezirke/tempelhof-schoeneberg/article215877005/750-000-Euro-fuer-Gedenken-zum-70-Jubilaeum-der-Luftbruecke.html


    Ick spiel nich Lotto. Und abjesehn vonne tolle flijerische Leistung war de Luftbrücke einfach ne jute Propagandashow vonne Amis, die ihrn Vorposten nich loswern wollten. Stachel im Fleisch des Kommunismus , frajen se mal Hubertus Knabe, hamse wat zu lachen.

    Die Berliner Lotto-Stiftung stellt anlässlich des 70. Jubiläums der „Berliner Luftbrücke“ 750.000 Euro zur Verfügung. Sie unterstützt damit die Gedenk- und Festveranstaltung, die am 12. Mai nächsten Jahres auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof geplant ist und an das Ende des einstigen Versorgungskorridors der Westmächte erinnern soll.

    #Berlin #Geschichte #Luftbrücke #THX #Flughafen_Tempelhof #Platz_der_Luftbrücke #Columbiadamm #Besatzung #Alliierte #Kalter_Krieg

  • Geschichte am Straßenrand: Nur ein kleiner Stein erinnert an den Völkermord in Namibia | Berliner Zeitung
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur/geschichte-am-strassenrand-nur-ein-kleiner-stein-erinnert-an-den-vo

    Kein Mensch ist hier an diesem frühen Nachmittag. Niemand, den man fragen könnte, wo der Herero-Stein ist. Die Hauptachse führt zu einer großen Skulptur. Ein gefallener Soldat. Ein Stahlhelm liegt auf dem Leichentuch, das den Körper verhüllt. Eine geballte Faust ragt daraus hervor. Es ist ein Denkmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Angehörigen des Königin-Augusta-Garde-Grenadier-Regiments. „Wir starben, auf dass Deutschland lebe, nun lasset uns leben in euch“, lautet die Inschrift. Es gab eine Zeit, in der man das nicht befremdlich fand.

    Der Garnisonfriedhof am Columbiadamm in Neukölln ist eine Mischung aus Soldatenfriedhof und normalem Friedhof, das wird bei der Suche nach dem Herero-Stein klar. Die Teile mit den Soldaten sind in der Hitze braun gewordene Wiesen, auf denen lauter rechteckige Steine liegen, von ein paar Birken bestanden. Auch zwei Gräberfelder, auf denen Muslime bestattet werden, gibt es. Auf den Grabsteinen stehen türkische Namen, manche Namen sind in arabischer Schrift. Die Gräber sind alle schräg in eine Richtung ausgerichtet, nach Mekka. Am meisten aber fallen die vielen Plastikbänke auf, die Klappstühle, die fast an jedem Grab stehen. Hier verbringen die Lebenden offenbar Zeit mit den Toten. Von hier sieht man auch den Turm der Sehitlik-Moschee.

    Den Herero-Stein finde ich endlich an einem Weg am äußersten Rand des Friedhofs. Er grenzt hier an das Columbiabad, man hört das Gekreisch der Kinder, die Trillerpfeifen der Bademeister, sogar das Geräusch, das die Sprungbretter beim Federn machen, kurz bevor einer abspringt. Der fröhliche Lärm bringt einem die Friedhofsruhe noch mehr zu Bewusstsein. Hohe Kiefern bieten Schatten, um ihre Stämme windet sich Efeu. Es sind zwei Denkmäler, die man hier zusammengefügt hat, oder zusammengezwungen. Das ist eine Frage der Perspektive.

    Berlin Postkolonial

    Der Herero-Stein erinnert aber gar nicht an die Herero. Das ist das Hirtenvolk, das sich sein Land nicht wegnehmen lassen wollte. Deutsche Kolonialtruppen kesselten es im damaligen Deutsch-Südwest, dem heutigen Namibia, in der Omaheke-Wüste ein, damit die Herero verdursteten. Manche wurden auch erschossen oder sie starben in Konzentrationslagern. Aber der große Findling ist ein Gedenkstein für die Deutschen, die freiwilligen Teilnehmer an diesem Feldzug von 1904 bis 1907, die den „Heldentod“ starben, wie es hier in Stein gemeißelt steht.

    Das hat wohl Proteste hervorgerufen. Denn ein zweiter, kommentierender Gedenkstein liegt zu dessen Füßen. Eine Tafel mit dem Umriss Namibias. „Zum Gedenken an die Opfer der deutschen Kolonialherrschaft in Namibia 1884–1915, insbesondere des Kolonialkrieges von 1904–1907. Die Bezirksverordnetenversammlung und das Bezirksamt Neukölln von Berlin.“ Darunter wird Wilhelm von Humboldt zitiert: „Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft.“

    Mehr über dieses merkwürdige Doppeldenkmal erfährt man auf der Webseite von Berlin Postkolonial. Das ist ein Verein, der sich für eine kritische Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialvergangenheit einsetzt: Am 2. Oktober 2009 ist der Namibia-Stein hier angebracht worden. Es war der Tag, an dem sich der Befehl zur Vernichtung der Herero und Nama, den der General Lothar von Trotha gab, zum 105. Mal jährte. Diesem Tag waren jahrelange Auseinandersetzungen um die Formulierung der Inschrift vorausgegangen.

    „Dieses kleine Ding für die Opfer.“

    Bei der Enthüllung wurde eine Erklärung verteilt, die die Verwendung des Begriffs Kolonialkrieg beklagte, wenn es doch Völkermord heißen müsste. Ein Genozid, dem bis zu 80.000 Herero zum Opfer fielen und 10.000 Nama. Das Auswärtige Amt war dagegen gewesen. Man kann sich denken warum. Völkermord, das ist nicht einfach ein Begriff. Wird etwas als Völkermord definiert, kann das rechtliche Konsequenzen haben. Völkermord verjährt nicht. In Namibia warten sie auf Entschädigungszahlungen.

    Auf der Seite von Berlin Postkolonial findet sich auch der Kontakt von Israel Kaunatjike. Er ist Herero, seit 1970 lebt er in Berlin. 1964, mit 17, floh er aus Namibia. Er hatte dort gegen die Apartheid gekämpft. Das erzählt er am Telefon. Die Tafel vor dem großen Findling nennt er skandalös, beschämend. „Dieses kleine Ding für die Opfer.“ Er sagt, dass am Volkstrauertag Veteranenverbände am Herero-Stein ihre Helden feiern. Und er beklagt, dass es kein offizielles Denkmal der deutschen Regierung gibt, das sich mit der Kolonialvergangenheit auseinandersetzt. „Afrika wird nicht so ernst genommen“, sagt Israel Kaunatjike. Er setzt sich seit Langem dafür ein, dass sich das ändert. 71 Jahre ist er alt.

    Und die Vergangenheit will einfach nicht vergehen.

    #Berlin #Columbiadamm #Geschichte #Kolonialismus #Namibia #Genozid