• Manche meinen, wir seien stehengeblieben, weil sie nicht merken, dass sie rückwärtsgehen
    https://kpf.die-linke.de/erklaerungen/detail/manche-meinen-wir-seien-stehengeblieben-weil-sie-nicht-merken-dass-sie

    Ils s’appellent plateforme communiste au sein du parti de gauche mais leur politique consiste dans un appel à ce qu’enfin une de leurs propositions soit discutée lors du prochain congrès du parti. Ce n’est pas une position communiste, c’est une position lamentable.

    Déjà avant l’age de 14 ans le parti Die Linke souffrait de démence précoce. Il oubliait que sa raison d’être et la raison de ses succès lors des élections passées ont été la défense des intérêts des classes laborieuses, son engagement pour la paix, contre la guerre et l’OTAN et pour la création d’une société de justice sociale qui ne peut se réaliser que dans une forme socialiste.

    Le parti a a échangé son drapeau rouge sang contre celui en blanc de peau des corps exsangues. Aujourd’hui nous assistons aux funérailles d"un cadavre à mort cérébrale qui montre encore quelques réflexes végétatifs.

    2.9. 2024 - Erklärung der Kommunistischen Plattform zu den Ergebnissen der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen

    Der Anschlag von Solingen geschah wenige Tage vor den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen. Ihm folgte ein Überbietungswettbewerb in Sachen Rassismus. Mit Ausnahme der Linken überboten sich alle anderen um Parlamentssitze und Ministerposten ringenden Parteien mit Vorschlägen, die die deutsche sowie die EU-Flüchtlings- und Asylpolitik betreffen und die gesellschaftliche Atmosphäre rapide weiter vergifteten.

    Dieser Überbietungswettbewerb verbreitete und verbreitet genau jenes widerliche und beängstigende Klima, das der AfD zu ihren enormen Wahlerfolgen in beiden Bundesländern verhalf. Die vielgepriesene Brandmauer ist Propaganda. Die Realität ist, dass die bürgerlichen Parteien mit jenen Forderungen und Maßnahmen Wahlkampf machten, die sie – mehr oder weniger, früher oder später – von der AfD und deren Protagonisten, allen voran der Faschist Höcke, übernommen hatten.

    Die Zeit für Koalitionen mit einer faschistoiden Partei ist noch nicht gekommen. Doch eine Politik, die im Interesse des Kapitals und der Kriegsvorbereitungen zu einem stetig sinkenden Lebensstandard für immer mehr Menschen in diesem Land führt, muss über kurz oder lang Faschisten die Möglichkeit einräumen, auch noch die Reste bürgerlicher Demokratie zu schleifen. Und der ideologische Weg dorthin ist die Erzeugung des Hasses auf Menschen mit Migrationshintergrund. Der Kampfbegriff »illegale Migration« ist die von allen bürgerlichen Parteien exzessiv benutzte Pseudoerklärung für die zunehmende Misere des deutschen Alltags. So funktioniert Sündenbockpolitik. Die gab es schon einmal. Womit sie endete, ist bekannt. Auch, wenn es Die Linke Stimmen gekostet hat, so bleibt es für unsere Partei unabdingbar, strikt antirassistisch zu agieren. Dafür stehen auch die ihr angehörenden Kommunistinnen und Kommunisten.

    Gleichermaßen wichtig ist es für Die Linke, uneingeschränkt als Friedenspartei wahrgenommen zu werden. Bereits unsere Ergebnisse im Rahmen der Wahlen zum Europäischen Parlament verdeutlichten, dass unser diesbezüglicher Ruf beschädigt ist. Unsere Glaubwürdigkeit hat vor allem durch den mangelnden Willen des Parteivorstandes gelitten, sich mit jener Minderheit in der Linken auseinanderzusetzen, die programmwidrige Positionen verbreitetet, indem sie sich für Waffenlieferungen in die Ukraine einsetzt, statt um den Weg der Diplomatie zu kämpfen. Diese – gelinde ausgedrückt – Inkonsequenz der Parteiführung war auch nicht dadurch zu verschleiern, dass sie entschied, das Friedensthema aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Die soziale Frage wurde losgelöst von der zunehmenden »Kanonen-statt-Butter-Politik« behandelt, als seien unsere potenziellen Wählerinnen und Wähler intellektuell minderbemittelt.

    Auch nach den Wahlen zum EU-Parlament wurde dieser Kurs nicht korrigiert. Nicht zuletzt die jüngsten Wahlergebnisse haben erneut bezeugt, dass von unserer Partei klare friedenspolitische Positionen erwartet werden. Demzufolge hat uns der schlingernde Kurs – besonders in puncto Waffenlieferungen in die Ukraine, aber auch nach Israel – massiv geschadet, weil wir auf diese Weise unsere eigene Glaubwürdigkeit untergraben haben. Dabei ist im Kontext mit verschiedenen jüngsten Äußerungen führender Politikerinnen und Politiker der Linken deutlich geworden, dass sie sich der Bedeutung politischer Glaubwürdigkeit durchaus bewusst sind. Und doch möchten einige von ihnen unsere friedenspolitischen programmatischen Prinzipien entsorgen, so unsere Ablehnung der NATO, die Ablehnung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr oder die Ablehnung jeglicher Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete.

    Die Position der Kommunistischen Plattform in diesen Fragen ist seit Jahrzehnten unverändert. Manche meinen, wir seien stehengeblieben, weil sie nicht merken, dass sie rückwärtsgehen. Unsere Sofort-Schlussfolgerungen aus den jüngsten Landtagswahlen lauten:

    Wir begrüßen es, dass unsere Partei mit dem Beschluss des Parteivorstandes vom 1. September 2024 zur Friedensdemonstration am 3. Oktober 2024 nach Berlin aufruft und mobilisiert. Für diesen Beschluss hat die Kommunistische Plattform gemeinsam mit den Mitgliedern des Parteivorstands Christine Buchholz, Margit Glasow und Jan Richter aktiv gekämpft. Wir bitten alle Kommunistinnen und Kommunisten in unserer Partei, sich mit aller Kraft in die Demonstrationsvorbereitungen einzubringen. Wir sollten vor allem um das Mitführen von Transparenten kämpfen, die sich gegen die Stationierung von US-amerikanischen Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden, gegen Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete und gegen die mittlerweile fast alle gesellschaftlichen Bereiche umfassende Militarisierung richten – gegen den Wahn, Kriegstüchtigkeit wiederzuerlangen, als habe es zwei von deutschem Boden ausgehende mörderische Weltkriege nie gegeben.
    Wir wollen, dass im abschließenden Teil des Leitantrages an den Hallenser Parteitag »Auf dem Weg zur Bundestagswahl: Fokussieren«, der sich mit den Schwerpunkten des zukünftigen Bundestagswahlprogramms und -wahlkampfes befasst, der Schwerpunkt »Kampf um den Frieden, gegen die Militarisierung Deutschlands und vor allem gegen die US-Raketenstationierung auf deutschem Boden« aufgenommen wird. Es ist unfassbar, dass dieser Schwerpunkt in diesem entscheidenden Teil des Leitantrages fehlt. Unfassbar, weil die Kriegsvorbereitungen unser aller Überleben infrage stellen, unfassbar aber auch, weil sich der Eindruck verfestigt, dass manche Protagonisten der Linken absolut lernunwillig sind. Wir sollten uns nicht scheuen, Änderungsanträge auch taktisch zu stellen: Nicht überall, wo es denkbar ist, sie zu stellen, sondern dort, wo Änderungsanträge dringend geboten sind. Es wäre hilfreich, wenn es eine Vielzahl von Änderungsanträgen gäbe, die darauf ausgerichtet sind, den Schwerpunkt Friedenskampf im Leitantrag-Abschnitt »Auf dem Weg zur Bundestagswahl: Fokussieren« unumgänglich werden zu lassen.

    Wir erwarten, dass der von drei bundesweiten Zusammenschlüssen, zwei Berliner Bezirksorganisationen, fünf regionalen Strukturen sowie 202 Genossinnen und Genossen, darunter 24 Delegierte, gestellte Antimilitarismusantrag »Schluss mit der Kanonen-statt-Butter-Politik!«[1] auf dem Parteitag in Halle im Plenum behandelt wird und nicht – wie wir es bei ähnlich gelagerten Anträgen immer wieder erlebt haben – an den Parteivorstand oder den Bundesausschuss überwiesen wird. Von deutschem Boden sind zweimal verheerende Kriege ausgegangen. Für einen Antrag gegen das Wiedererstarken dieses deutschen Militarismus, gegen eine »Kanonen-statt-Butter-Politik« muss Zeit auf dem Parteitag sein!

    #Allemagne #politique #Die_Linke #communistes #gauche #guerre

  • Une veste tranquille

    « Dans un foyer spécialisé du Jura suisse, Roman, jeune adulte autiste, apprend la #foresterie avec Xaver, pédagogue à la douceur réfléchie. À cause, on le devine, d’un événement qui a lieu pendant son tournage, le film organise de discrets flash-forward qui entrelacent l’initiation humaine et professionnelle de Roman et sa première expérience du deuil. Très tôt, #Ramòn_Giger insère dans son portrait filmé le dialogue qu’il engage avec le jeune homme, qui s’exprime via un système d’#alphabet_manuel et une Interprète. »– Comment faire le film ? – En me racontant sans préjugé, lui répond Roman. – Qu’est-ce qu’un préjugé ? – Quand on ne me considère que comme un autiste." Comment, donc, faire un portrait qui inclue à la fois le handicap et son entour, ou son au-delà ? Faire simplement le portrait d’un « #homme_total » que Roman appelle de ses vœux ? Non seulement le jeune homme semble souvent frustré de ne pas parvenir à parler directement, mais durant ses fréquentes #crises_de_panique, la #communication devient impossible. Véritable exercice d’humilité, Eine ruhige Jacke s’offre en creux comme la « #veste_tranquille » dont le jeune homme dit qu’elle l’aiderait à s’apaiser. Il gagne par surcroît des propositions de mise en scène de celui qu’il filme, quand il s’empare de la caméra pour transmettre ce qu’il ressent sans le biais de la traduction."

    https://www.film-documentaire.fr/4DACTION/w_fiche_film/33192_0

    #film #film_documentaire #documentaire #Suisse #autisme

  • Pour les jeunes anglophones : How to Destroy a State
    https://www.youtube.com/watch?v=bbH13sBHvDI

    C’est une excellente introduction dans le sujet même si le rôle de l’Allemagne et de l’OTAN et plein d’autres acteurs ne sont pas mentionnés. Les plus important c’est que l’auteur montre comment les conflits éthniques et religieux sont construits par des groupes d’intérêt.

    #Yougoslavie #guerre_civile #Serbie #Slovénie #Kososvo #Croatie #communisme #Tito #guérilla #antifascisme #histoire #OTAN

  • Signal facing collapse after CIA cuts funding
    https://english.almayadeen.net/articles/analysis/signal-facing-collapse-after-cia-cuts-funding

    Voici un rappel qui concerne tous les systèmes de communication centralisés. Apart l’aspect pas tout à fait amical envers les juifs, l’article évoque un danger réel : le gouvernement des États-Unis peut à tout moment couper le système Signal. L’arrestation en France de Durov de Telegram donne l’exemple. Il est grand temps de s’équiper de solutions de deuxième ligne (fallback en anglais) décentralisées comme Matrix .

    Neuf mois après la publication de l’article Signal est toujours disponible, alors ...

    3.12.2024 by Kit Klarenberg - Tor’s original purpose was to shield American spies from detection while deployed overseas. It was opened up to wider public use due to fears that if an enemy spy agency broke into the system, it could de-anonymize users - all of whom would be CIA operatives.

    Tor’s original purpose was to shield American spies from detection while deployed overseas. It was opened up to wider public use due to fears that if an enemy spy agency broke into the system, it could de-anonymize users - all of whom would be CIA operatives.

    Signal was and remains very prominently used and promoted by dissidents and protesters backed by the National Endowment for Democracy (NED). (Al Mayadeen English; Illustrated by Zeinab ElHajj)
    Signal was and remains very prominently used and promoted by dissidents and protesters backed by the National Endowment for Democracy (NED). (Al Mayadeen English; Illustrated by Zeinab ElHajj)

    On November 16th, Meredith Whittaker, president of Signal, published a detailed breakdown of the popular encrypted messaging app’s running costs for the very first time. The unprecedented disclosure’s motivation was simple - the platform is rapidly running out of money, and in dire need of donations to stay afloat. Unmentioned by Whittaker, this budget shortfall results in large part due to the US intelligence community, which lavishly financed Signal’s creation and maintenance over several years, severing its support for the app.

    Never acknowledged in any serious way by the mainstream media, Signal’s origins as a US government asset are a matter of extensive public record, even if the scope and scale of the funding provided has until now been secret. The app, brainchild of shadowy tech guru ‘Moxie Marlinspike’ (real name Matthew Rosenfeld), was launched in 2013 by his now-defunct Open Whisper Systems (OWS). The company never published financial statements or disclosed the identities of its funders at any point during its operation.

    Sums involved in developing, launching and running a messaging app used by countless people globally were nonetheless surely significant. The newly-published financial records indicate Signal’s operating costs for 2023 alone are $40 million, and projected to rise to $50 million by 2025. Rosenfeld boasted in 2018 that OWS “never [took] VC [venture capital] funding or sought investment” at any point, although mysteriously failed to mention millions were provided by the Open Technology Fund (OTF).

    OTF was launched in 2012 as a pilot program of Radio Free Asia (RFA), an asset of US Agency for Global Media (USAGM), which is funded by US Congress to the tune of over $1 billion annually. In August 2018, its then-CEO openly acknowledged the Agency’s “global priorities…reflect US national security and public diplomacy interests.”

    RFA’s own origins harken back to 1948. That year, National Security Council Directive 10/2 officially authorised the then-newly created CIA to engage in operations targeted at countries behind the Iron Curtain, including propaganda, economic warfare, sabotage, subversion, and “assistance to underground resistance movements.” The station was a core component of this wider effort, along with Radio Free Europe, and Radio Liberation From Bolshevism. In 2007, a news item on the CIA’s website stated these “psychological warfare” initiatives were:

    “One of the longest-running and successful covert action campaigns ever mounted by the United States.”

    As we shall see, much the same could be said now of Signal.
    ‘Taking Down Governments’

    The launch of the OTF followed the US State Department, then led by Hillary Clinton, adopting a policy known as “Internet Freedom”. Ostensibly, this was an effort to develop tools to circumvent restrictions on internet access and usage overseas. A 2011 New York Times investigation concluded the endeavor was in fact concerned with “[deploying] ‘shadow’ internet and mobile phone systems dissidents can use to undermine repressive governments.”

    Among the resources developed under “Internet Freedom” were State Department-funded “stealth wireless networks,” enabling anti-regime activists “to communicate outside the reach of governments in countries like Iran, Syria and Libya.” Reinforcing this analysis, in February 2015 Jillian York, director of digital rights group Electronic Frontier Foundation’s “International Freedom of Expression” division and a member of OTF’s advisory board, stated that she “fundamentally” believed “Internet Freedom” was “at heart an agenda of regime change.”

    A now-deleted entry on OTF’s website amply demonstrates Signal’s conception was precisely concerned with furthering this “agenda”. It notes the app was designed to counter “restrictive internet filtering by technical methods” and “repressive surveillance or monitoring of communication.” The Fund’s subsequent investment in OWS “allowed well over a billion mobile users to benefit from end-to-end encryption,” and “enabled the OWS team to continue providing Signal at no cost around the globe and adapt their operations for a growing user base.”

    In other words, Signal gifted the CIA “well over a billion” potential insurrectionists, by providing them with a means to organize their activities away from the prying eyes of local authorities. It is surely no coincidence Rosenfeld previously created encrypted communications programs TextSecure and RedPhone, both of which were featured in a March 2013 Gizmodo guide, “Which Encryption Apps Are Strong Enough to Help You Take Down a Government?”.

    Accordingly, Signal was and remains very prominently used and promoted by dissidents and protesters backed by the National Endowment for Democracy (NED), a US government agency explicitly created to do overtly what the CIA once did covertly. This was the case in Hong Kong, where Endowment funding serendipitously began flowing to opposition groups a year before Signal’s launch. In July 2020, it became the island’s most downloaded app, after the controversial National Security Law was passed.
    ‘Existing Techniques’

    Washington was for some time enormously proud of its investment in Signal. A 2019 USAGM factsheet gave the app top billing in a list of “examples of tools supported by OTF.” It further boasted that “over two billion people use OTF-supported technology daily,” and “more than two-thirds of all mobile users globally have technology incubated by OTF on their device,” which begs the obvious question of why the Fund’s sponsorship of Signal ended.

    One explanation is the app became too popular with Western citizens for the US intelligence community’s liking. In late January 2021, changes to WhatsApp’s privacy policy sent users scurrying for alternatives, and the mainstream media openly proposed Signal as a potential replacement. This was an extraordinary volte-face, given the same outlets had spent immediately preceding weeks aggressively parroting fraudulent US government talking points about the dire threat of encrypted messaging, following the January 6 capitol invasion.

    While media stenographers may have at least temporarily changed their tune, however, the position of Western spies remains static. With little media comment, Britain’s Online Safety Act passed in October. It compels all digital platforms, including encrypted messaging apps, to scan any content shared by their users for child pornography - a noble requirement, one might argue. Yet, it is widely opposed by major tech firms, and security and privacy experts. They argue this cannot be done without undermining user privacy, and killing encryption.

    To its credit, Signal is willing to exit Britain altogether rather than abide by the Online Safety Act’s terms. That the app is so good at helping users “to communicate outside the reach of governments” its original intelligence community supporters have now forsaken the project entirely, is a bitter irony. However, OTF continues to fund and promote a wide variety of “Internet Freedom” tools, which allegedly fulfill that same purpose.

    Among them is anonymizing, “dark web” browser Tor, frequently recommended by privacy advocates in the same breath as Signal. First developed by the US Naval Research Laboratory in the mid-1990s, it quickly caught the attention of the Pentagon’s Defense and Research Projects Agency (DARPA). Since then, Tor has been almost entirely funded by US government entities. Strikingly, it features alongside Signal in the aforementioned USAGM factsheet.

    Tor’s original purpose was to shield American spies from detection while deployed overseas. It was opened up to wider public use due to fears that if an enemy spy agency broke into the system, it could de-anonymize users - all of whom would be CIA operatives - and monitor their statements and movements. “Democratising” Tor was intended to spread the risk of exposure, thereby insulating US intelligence and military assets from exposure.

    Documents leaked by Edward Snowden reveal US and British intelligence agencies devote considerable time and resources to de-anonymizing Tor users. Simultaneously though, they go to great lengths to ensure people aren’t discouraged from using the browser. One file - titled “Tor: Overview of Existing Techniques” - reveals GCHQ and the NSA actively attempt to direct traffic toward servers they operate, attack other privacy software used by Tor visitors, and even undertake efforts to influence Tor’s future development.

    This is understandable, given Tor - along with many other “Internet Freedom” tools championed by OTF - congregates anyone and everyone with something to hide on a single network, to which Western spying agencies have ready back-door access. Surveilling user activities and monitoring their conversations is thus made all the easier. Now, recall how “two-thirds of all mobile users globally have technology incubated by OTF on their device”?

    Source intéressante aux parti pris typiques des médias entre les mains de riches.

    L’introduction de l’article dans l’encyclopédie « libre » Wikipedia/EN donne le ton d’un air différent.
    https://en.m.wikipedia.org/wiki/Al_Mayadeen

    Al Mayadeen (Arabic: الميادين, transl. "The Plazas") is a Lebanese pan-Arabist satellite news television channel based in the city of Beirut. Launched on 11 June 2012, it has news reporters in most of the Arab countries. In the pan-Arabist television news market, it competes against Qatar-owned Al Jazeera and Saudi-owned Al Arabiya, and also against Sky News Arabia and BBC News Arabic. At the time it was founded, most of the channel’s senior staff were former correspondents and editors of Al Jazeera. Al Mayadeen has widely been categorized as pro-Hezbollah and pro-Bashar al-Assad

    https://signal.org/legal

    Privacy Signal Messenger, LLC 650 Castro Street, Suite 120-223 Mountain View, CA 94041

    #sécurité #communication_chiffrée #espionnage #vie_privée

  • A Political Family The Kuczynskis, Fascism, Espionage and The Cold War
    https://www.routledge.com/A-Political-Family-The-Kuczynskis-Fascism-Espionage-and-The-Cold-War/Green/p/book/9781138232327

    On ne peut pas comparer avec notre monde celui dans lequel ont vécu ces six enfants . Elevés dans un bel hôtel particulier au bord du lac Schlachtensee à Berlin les soeurs Kuczynski et leur grand frère Jürgen ont été projeté/e/s dans la lutte des classe dans le Berlin des année 1920 et 1930. Jürgen et sa première soeur Ursula se sont décidés de consacrer leur vie au combat antifasciste et à la construction d’une meilleure Allemagne après 1945.

    Aujourd’hui il n’y a plus d’antagonisme entre le monde socialiste de l’avenir quoique sous forte influence stalinienne et le capitalisme réactionnaire d’abord fasciste puis impérialiste états-unien. Nous apprenons de leur expérience comment lutter et survivre contre les grandes menaces qui pèsent toujours sur l’humanité, mais nous sommes obligés de trouver de nouvelles formes de lutte sans le poids du stalinisme.


    Landhaus Kuczynski

    The Kuczynskis were a German-Jewish family of active anti-fascists who worked assiduously to combat the rise of Nazism before and during the course of the Second World War. This book focuses on the family of Robert and his wife Berta – both born two decades before the end of the nineteenth century – and their six children, five of whom became communists and one who worked as a Soviet agent. The parents, and later their children, rejected and rebelled against their comfortable bourgeois heritage and devoted their lives to the overthrow of privilege and class society. They chose to do this in a Germany that was rapidly moving in the opposite direction.

    With the rise of German nationalism and then Hitler fascism, the family was confronted with stark choices and, as a result of making these choices, suffered persecution and exile. Revealing how these experiences shaped their outlook and perception of events, this book documents the story of the Kuczynskis for the first time in the English language and is a fascinating biographical portrait of a unique and radical family.

    Introduction: who are the Kuczynskis?
    Robert René – world pioneer of social statistics
    Jürgen follows in his father’s footsteps
    Ursula – the politically precocious child
    Life under fascism
    Working underground
    The exile years - England
    Ursula – a Soviet agent in the Oxfordshire countryside
    Jürgen joins the US army
    Back in Germany at last
    Ursula’s return to the GDR
    Life for Jürgen and Marguerite in the GDR
    Ursula reveals her past
    The sun sets on a dream – the end of the GDR
    The British Kuczynskis
    Children of the war
    The spying business and the role of MI5
    Epilogue

    citation de Klaus Fuchs :

    Shortly before his death in 1988, Fuchs reiterated that: I never saw myself as a spy. I just couldn’t understand why the West was not prepared to share the atom bomb with Moscow. I was of the opinion that something with that immense destructive potential should be made available to the big powers equally

    Textauszug « Ursula – a Soviet agent in the Oxfordshire countryside »

    URSULA - Eine sowjetische Agentin in der Landschaft von Oxfordshire

    Wegen der deutschen Einkesselung und der Blockade konnte Ursula Großbritannien nur auf unglaublichen Umwegen über Spanien und Portugal erreichen - es gab keinen anderen Weg. Am 18. Dezember 1940 machten sich Ursula und die Kinder auf den Weg und ließen Len zurück, der als ehemaliges Mitglied der Internationalen Brigade von Franco ein Einreiseverbot für Spanien erhalten hatte und die Durchreise nicht riskieren konnte.

    Darüber hinaus hatte Radó in Moskau angefragt, ob er Len in der Schweiz behalten könne, da er ihn angesichts der Menge des eintreffenden Materials brauche. Len war bereit, in der Schweiz zu bleiben und Radó zu helfen, wenn Moskau ihn darum bat, aber nach ein paar Monaten sagte man ihm, er solle so bald wie möglich zu Ursula nach Großbritannien gehen. Es würde jedoch zwanzig lange Monate dauern, bis sie sich wiedersehen würden.

    Nach einer beschwerlichen und gefährlichen Reise mitten im Winter auf dem Landweg durch Spanien und Portugal kamen Ursula und die Kinder schließlich in Lissabon an. Nachdem sie dort weitere drei Wochen gewartet hatte, teilte ihr das britische Konsulat mit, dass sie per Schiff nach Großbritannien reisen könne. Sie gingen an Bord der SS Avoceta, die sie in einem Konvoi mit zwölf anderen Schiffen von Lissabon nach Liverpool bringen sollte. Es sollte eine lange und angespannte Reise im Zickzackkurs werden. Die Kabinen mussten verdunkelt werden, die Bullaugen geschlossen bleiben und jeder Passagier erhielt einen Rettungsring für den Fall eines deutschen Torpedoangriffs. Jeder Tag war mit Bangen verbunden, und die Stunden zogen sich endlos in die Länge.

    Nach fast drei Wochen auf See erreichten sie am Abend die Mündung des Mersey. Es wehte ein kalter Wind und der Himmel war grau; die unscheinbare Skyline von Liverpool tauchte langsam aus der Dämmerung auf, während das Schiff träge den Fluss hinauftuckerte. Die Kinder waren kalt und müde, aber ihre Tortur war noch nicht ganz vorbei. Ursula war die einzige Passagierin, die von den Einwanderungsbeamten befragt wurde, aber sie war sehr erleichtert, als man sie schließlich ins Land ließ. Es war sieben Wochen her, dass sie die Schweiz verlassen hatten.

    Wegen der regelmäßigen deutschen Angriffe auf London hatten ihre Eltern, wie viele andere Londoner auch, eine vorübergehende Unterkunft bei Freunden in der Nähe von Oxford gefunden, und so zog sie zu ihnen in die Woodstock Road 78. Das Haus wurde jedoch plötzlich von seinen Besitzern benötigt, so dass ihre Eltern nach London zurückkehrten und sie sich nach einer eigenen Wohnung umsehen musste. Die Wohnungssuche in Städten, die in der Nähe von London lagen und relativ sicher vor Bombenangriffen waren, war jedoch aussichtslos, sagt sie. Auch in den Städten, die bombardiert worden waren, konnte sie nichts finden, da so viele Häuser zerstört worden waren. Ihre anderen Geschwister, die alle in London lebten, waren zu sehr mit ihrem eigenen Überleben und der Sicherung ihres Lebensunterhalts beschäftigt, als dass sie ihr viel Unterstützung hätten bieten können. Sabine arbeitete die meiste Zeit des Krieges in einer Fabrik, in der Radioteile zusammengebaut wurden, aber sie half auch anderen Flüchtlingen und lernte dabei ihren zukünftigen Ehemann Frank kennen, den sie 1941 heiraten sollte. Brigitte arbeitete als Büroangestellte für ihren Vater an der LSE, und die Jüngste, Renate, hatte dort gerade ein Studium begonnen.

    Ursula wollte sich keine Wohnung in London suchen, da sie sich auf dem Lande in Oxfordshire sicherer und unbehelligter fühlte. Auch die Nähe zu den anderen Familienmitgliedern wäre angesichts deren offener politischer Zugehörigkeit und ihrem eigenen Bedürfnis nach Geheimhaltung nicht angebracht. Ohne es zu wissen, wurde sie von dem Moment an, als sie im Lande ankam, von den Sicherheitskräften beobachtet. Sobald sie in Oxford angekommen war, bat der MI5 die örtliche Polizei, ein Auge auf sie zu werfen. Die Suche nach einer Unterkunft in der Nähe von London gestaltete sich sehr schwierig, auch weil viele besser gestellte Familien aufs Land zogen, um den Bombenangriffen zu entgehen. Ihre Freude war jedoch nur von kurzer Dauer: Die neue Vermieterin forderte sie bald auf, umzuziehen, da sie „mein ausländisches Aussehen nicht ertragen konnte“, wie Ursula berichtete. Die nächste Vermieterin erlaubte keine Besuche von Kindern und sagte Ursula, sie würde auf jeden Fall „einen Herrn bevorzugen“. Schließlich fand sie im April 1941 eine freundlichere Vermieterin und ein Zimmer im Pfarrhaus von Glympton in der Nähe von Woodstock, aber erst nachdem sich die Frau des Pfarrers erkundigt hatte, ob sie Mitglied der Kirche sei und ob sie bete. Sie fragte auch, ob Ursula mit ihr übereinstimme, dass Chamberlain ein wunderbarer Mann sei. Zweifellos waren hier einige Notlügen und Ausflüchte nötig, aber nachdem sie die Prüfung bestanden hatte, konnte sie in das schöne Haus mit seinem parkähnlichen Garten und dem kleinen Bach einziehen. Sie hatte das Glück, in Oxfordshire Zuflucht zu finden, im Gegensatz zu ihren Eltern und Geschwistern in London, die regelmäßigen deutschen Bombenangriffen ausgesetzt waren.

    Seltsamerweise wird in zwei hochgelobten Büchern über sowjetische Spionage, The Mitrokhin Archive von Christopher Andrew und The Red Orchestra von V. E. Tarrant, erwähnt, dass Ursula in Oxfordshire unter dem Pseudonym Mrs. Brewer lebte. Dieses Pseudonym wird in keiner MI5-Akte oder von anderen Autoren erwähnt, und es scheint sehr unwahrscheinlich, dass sie diesen Namen angenommen hat, als sie ins Land kam und als Ursula Beurton registriert wurde.

    Hätte sie begonnen, ein Pseudonym zu verwenden, hätte dies sofort Verdacht erregt, zumal auch ihre Post von den Sicherheitsdiensten überwacht wurde.

    Nach Monaten ständiger Umzüge und langer Reisen von Ort zu Ort glaubte Ursula, sich nun endlich mit den Kindern entspannen und für kurze Zeit das ländliche Glück genießen zu können - hier schien der Krieg weit weg zu sein, abgesehen von dem einen oder anderen vorbeifahrenden Militärfahrzeug oder einem tief über ihr fliegenden Flugzeug. Sie konnte auf ihrem alten Fahrrad die Gassen von Oxfordshire entlangfahren, die honigfarbenen Trockenmauern und hübschen Cottages bewundern, die sanften Hügel und stillen Wälder auf sich wirken lassen. Wie leicht wäre es gewesen, die Geheimdienstarbeit und den Krieg zu vergessen, aber Ursula war nicht diese Art von Frau.

    Sie hatte bereits in der Schweiz Anweisungen für die Kontaktaufnahme mit ihrem sowjetischen Kontaktmann in Großbritannien erhalten, aber nach mehreren erfolglosen Versuchen, sich zu treffen, war sie kurz davor, aufzugeben. Sie dachte, sie könnte die Anweisungen falsch verstanden haben. Zuerst versuchte sie es im Londoner Hyde Park, dann bei einem anderen, vorher vereinbarten Termin. Letzteres fand in einem Rotlichtviertel statt, und sie sorgte mit ihrem langsamen Auf- und Abgehen auf der Straße für viel Unmut bei den normalen Mädchen (S. 176). Diese Situation ließ sie nicht nur in der Schwebe, was die Arbeit anging, sondern sie war auch sehr knapp bei Kasse. Die Familie hatte die Schweiz nur mit dem Nötigsten verlassen, und nun musste sie Lebensmittel, Kleidung und Haushaltswaren kaufen.

    Ihr Geld ging zur Neige, und sie hatte immer noch keine feste Bleibe. Keines ihrer Geschwister konnte ihr helfen, denn sie lebten in London in überfüllten und beengten Unterkünften und hatten ihre eigenen Sorgen. Sie machte sich auch deshalb Sorgen, weil sie seit einiger Zeit nichts mehr von Rolf gehört hatte - er hatte immer an die Geburtstage der Kinder gedacht und ab und zu aus China geschrieben -, aber bald darauf erfuhr sie, dass er in China verhaftet worden war, und sie wusste, dass dies bedeutete, dass sein Leben in Gefahr war. Dass sie nichts für ihn tun konnte, vergrößerte ihre Sorgen nur noch mehr.

    Der einzige Trost ihrer erfolglosen Besuche in London, die etwa alle zwei Wochen stattfanden, bestand darin, dass sie dadurch die Möglichkeit hatte, ihre Eltern und Schwestern zu sehen. Ihr Vater hatte inzwischen - 1941 - mehr Freizeit, die er mit seinen Kindern verbringen konnte, da er mit 65 Jahren seine Stelle an der LSE aufgegeben hatte. Lebensjahr in den Ruhestand getreten war. Allerdings verfügte er auch nur über geringe finanzielle Reserven und war gezwungen, sich nach einer anderen einträglichen Arbeit umzusehen, um zu überleben. Obwohl er in seinem Fachgebiet weltberühmt war und regelmäßig Einladungen zu Vorträgen erhielt - er wurde von Regierungen und wissenschaftlichen Instituten überhäuft, die ihn um Rat und Hilfe baten - waren diese Anfragen in der Regel unentgeltlich. Bei einem von Ursulas Besuchen in London nahm er sie mit, um Chaplins The Great Dictator in einem West End Kino zu sehen, aber sie fand es schwierig zu verstehen, wie Chaplin sich über Hitler lustig machen konnte. Seine bewegende Rede gegen den Faschismus am Ende des Films versöhnte sie jedoch ein wenig.

    Sie schrieb regelmäßig Briefe an Len in der Schweiz, und im Frühjahr 1941 sagte sie ihm: Morgen kommen meine Eltern, mit Vater verstehe ich mich besonders gut, aber wir alle ... er hat praktisch keine finanziellen Reserven, das heißt, er muss sich eine andere Arbeit suchen.

    Er ist viel zu bescheiden und viel zu stolz, um ein guter Jobsucher zu sein. Sein beruflicher Status ist über jeden Zweifel erhaben. Ständig erhält er Ehreneinladungen. In seinem Fachgebiet ist er weltberühmt. Sein ganzes Leben lang hat er gearbeitet ... jetzt, mit 65, weiß er nicht, ob er etwas finden wird, womit er sein Brot verdienen kann ... es ist wirklich ein Skandal ...

    In einer späteren Passage dieses Briefes macht sie ihre Haltung gegenüber denen deutlich, die im Gegensatz zu ihr nicht bereit sind, sich für die Sache zu opfern: [Ich] habe eine Biographie von Noël Coward gelesen. Seine Reaktionen als Soldat im Ersten Weltkrieg sind genau die Reaktionen eines liberalen Intellektuellen, der unfähig ist, sich zu disziplinieren, der unfähig ist, seinen Individualismus aufzugeben, sich unterzuordnen und der körperlichen Anstrengung standzuhalten. Ich verachte ihn nicht dafür, dass es ihm keinen Spaß macht, Soldat zu sein, sondern eher für seine Gründe, warum es ihm keinen Spaß macht. Aber ich bewundere seine Ehrlichkeit ...

    In einem anderen Brief schreibt sie jedoch ganz anders: „Ich trage ein neues Kleid; das erste, das du nicht kennst. Rot mit kleinen weißen Tupfen, weißem Gürtel und weißem Kragen ...“ Sie erzählt ihm, dass sie ein Buch über China liest. Werde ich jemals meine Sehnsucht nach diesem Land verlieren?“, fragt sie rhetorisch. Am Ende ihres Briefes schreibt sie in einem noch melancholischeren Ton: „Es ist nach Mitternacht. Die Sirenen haben zu heulen begonnen, und in wenigen Minuten werden Menschen wie wir, die ihre Kinder großziehen und die Natur genießen, von Bomben ausgelöscht werden“.

    Sonya“ hielt sich ‚vorschriftsmäßig‘ von der Britischen Kommunistischen Partei und anderen deutschen Exilkommunisten außerhalb der Familie fern, konnte aber über ihren Bruder, der damals politischer Organisator der Gruppe war, Kontakt zu einer Reihe von zuverlässigen Personen herstellen. Abgesehen von ihrem Vater, Jürgen und Brigitte wusste keiner ihrer Geschwister, was sie wirklich tat, obwohl ihnen klar gewesen sein muss, dass sie eine geheime Arbeit, vielleicht für die Partei, verrichtete. Wie hätte sie sonst überleben können?

    Im April 1941 gelang es ihr endlich, einen möblierten Bungalow in Kidlington, nördlich von Oxford, zu finden, in dem sie einige Monate leben konnte, in dem sie sich aber dennoch sehr einsam und isoliert fühlte, da Len in Genf festsaß. Wie aus den Akten des MI5 hervorgeht, wurde sofort nach ihrem Einzug angeordnet, dass ihr Telefon an dieser neuen Adresse abgehört werden sollte. Im Mai versuchte sie ein weiteres Mal, mit ihrem sowjetischen Kontaktmann Kontakt aufzunehmen, und dieses Mal klappte es. Er machte ihr klar, dass einflussreiche rechte Kreise in Großbritannien und im Westen insgesamt immer bereit waren, sich mit Hitler gegen die Sowjetunion zu verständigen - dies hatten Chamberlains Versuche, Hitler zu beschwichtigen und ihn zum Marsch nach Osten zu ermutigen, deutlich gezeigt. Er bat sie, ein Informationsnetz aufzubauen und wollte wissen, wann ihr Sender in Betrieb gehen würde. Sie hatte die Teile für den Sender bereits gekauft und „zwischen Beten und Kartenspielen im Pfarrhaus“ daran gearbeitet.

    In Großbritannien gab es eine nicht unbedeutende Anzahl einflussreicher Persönlichkeiten, die mit Hitler mehr als nur sympathisierten, abgesehen von der bekannten Cliveden-Gruppe. Sidney Larkin (der Vater des Dichters Philip Larkin), der Schatzmeister der Stadt Coventry war, bewahrte in seinem Büro Nazi-Memorabilien auf, darunter ein Hakenkreuz, und hatte sogar an ein oder zwei von Hitlers Kundgebungen in Nürnberg teilgenommen. Ein anderer Würdenträger, der Sekretär des Arbeitgeberverbandes von Coventry, sagte: „Ein bisschen Hitler-Regime würde dem Arbeiter von Coventry gut tun. Er ist ein undisziplinierter Taugenichts“. Aber es gab auch viele andere im politischen Establishment, die es diesen beiden gleichtaten. Dieser Faktor der „fünften Kolonne“ machte Ursulas Arbeit zur Unterstützung der Sowjetunion ihrer Meinung nach noch wichtiger, denn sie trug dazu bei, dass diese über die politischen Veränderungen und das Engagement Großbritanniens im Krieg gegen den Faschismus auf dem Laufenden gehalten wurde. In diesem Bereich waren sowohl ihr Vater als auch ihr Bruder sehr hilfreich bei der Weitergabe von Informationen an sie, insbesondere von statistischen Daten und Analysen politischer und wirtschaftlicher Natur.

    Ihr Vater verkehrte regelmäßig mit Labour-Politikern und führenden linken Wirtschaftswissenschaftlern, von denen viele mit den Kriegsanstrengungen in Verbindung standen, so dass jeder nützliche Klatsch oder jedes Informationsfragment, das auf diese Weise gesammelt wurde, von Wert war.

    Angesichts der deprimierenden Nachrichten über Hitlers Erfolge in Europa und ohne einen Partner, mit dem sie über diese Dinge sprechen konnte, sowie der großen Verantwortung, die sie mit der Betreuung ihrer beiden kleinen Kinder, dem Haushalt und den Einkäufen in einer ungewohnten Umgebung trug, war sie einer schweren Depression nahe. Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 war erschütternd, aber er half ihr auch, sich aus ihrer Benommenheit zu befreien. Er bedeutete auch das Ende des nationalsozialistisch-sowjetischen Paktes und gab den kommunistischen Parteien in aller Welt grünes Licht, den Krieg zu unterstützen, den sie bis dahin als einen Krieg zwischen imperialistischen Mächten bezeichnet hatten.

    Der Angriff hatte eine starke Wirkung auf ganz Großbritannien und führte dazu, dass die Menschen bereit waren, die Sowjetunion zu unterstützen, nachdem diese in den Krieg eingetreten war. Er brachte die Kommunisten aus ihrem Ghetto heraus und zurück in die Öffentlichkeit. Nach dem Angriff der Nazis trauten nur wenige westliche Politiker der Sowjetunion zu, mehr als ein paar Wochen durchzuhalten; sie waren nicht in der Lage zu glauben, dass ein „Arbeiterstaat“ Hitlers rücksichtsloser und gut organisierter Kriegsmaschinerie wirksam entgegentreten könnte. Der Angriff auf Russland bedeutete auch eine vorübergehende Erleichterung für Großbritannien: Die Gefahr einer drohenden Invasion wurde minimiert und die Luftangriffe der Nazis wurden verringert.

    Viele im Westen hatten gehofft, dass die Nazis dazu gebracht werden könnten, die Sowjetunion anzugreifen, und dass die beiden Nationen sich gegenseitig bis zum Stillstand bekämpfen würden, so dass der Westen anschließend aufräument könnte. Dieses Szenario hat sich nicht bewahrheitet. Hanson W. Baldwin, ehemaliger Militärredakteur der New York Times und Pulitzer-Preisträger, bekräftigt dies in seinem Buch The Crucial Years 1939-41. “Der deutsche Einmarsch in Russland“, schreibt er, “bot den Vereinigten Staaten Alternativen, die nicht zu einem totalen Krieg führten ... Es lag - wie die Nachkriegsjahrzehnte gezeigt haben - sicherlich nicht im amerikanischen Interesse oder im Interesse der Welt, einer Bedrohung [Nazi-Deutschland] zu helfen, eine andere [die Sowjetunion] zu ersetzen. Die Vernichtung beider ... hätte nur nützen und nicht schaden können ...

    Solche Berechnungen waren die Grundlage des Denkens der westlichen Regierungen bis zum Ausbruch des Krieges.

    Nachdem Len von Moskau die Erlaubnis erhalten hatte, nach Großbritannien zu reisen, wollte er so schnell wie möglich ausreisen, aber es war gar nicht so einfach, neue Reisedokumente vom britischen Konsulat zu erhalten, das von anderen britischen Bürgern im wehrfähigen Alter, die Hilfe bei der Rückkehr nach Großbritannien benötigten, überrannt wurde. Erst als Ursula durch die Kontakte ihres Vaters die Abgeordnete Eleanor Rathbone davon überzeugen konnte, die Angelegenheit im Parlament zur Sprache zu bringen, wurden die Dinge für Len beschleunigt. Er erhielt schließlich einen Reisepass auf den Namen John William Miller, mit dem er ungehindert durch Spanien reisen konnte. Am 29. Juli 1942, zwanzig lange Monate nachdem Ursula und die beiden Kinder die Schweiz verlassen hatten, kam Len mit dem Schiff aus Lissabon in Poole an der Südküste an. Bei seiner Ankunft übergab er den britischen Einwanderungsbehörden seinen gefälschten bolivianischen Pass, der auf den Namen Luis Carlos Bilboa lautete (S. 180). Er hatte sich diesen Pass als Reserve beschaffen können, ihn aber nicht gebraucht. Er wollte sich nun unbedingt zum Militärdienst melden und „seinen Beitrag leisten“, aber es dauerte noch ein Jahr, bis er endlich einberufen wurde. Diese Verzögerung war wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass er auf der Seite der Republikaner in Spanien gekämpft hatte. Nicht lange nach seiner Rückkehr ins Vereinigte Königreich wurde er auch zu einem „Routine“-Verhör durch den MI5 einberufen. In einem dieser Verhöre brachte er offenbar seine Frustration darüber zum Ausdruck, dass er nicht in der Lage war, sich zu melden und von der RAF abgelehnt wurde. (Ein entsprechender Vermerk vom 19. Dezember 1942 ist einer der Akten des MI5 über ihn beigefügt). Mit dem Military Training Act von 1939 wurde die Wehrpflicht für alle Männer zwischen 18 und 41 Jahren eingeführt. Len wurde jedoch nicht einberufen, weil er in ein „Suspense-Register“ aufgenommen worden war, das bestimmte Personen aus verschiedenen Gründen vom Eintritt in die Streitkräfte ausschloss. In seinem Fall war der Grund eindeutig politischer Natur.

    Er zog zu seiner Frau und seinen Kindern in die Oxford Road 134 in Kidlington. Es war für alle ein freudiges Wiedersehen. Dann kam die offizielle Begrüßung: Nur drei Tage nach seiner Ankunft zu Hause erhielt er ein Schreiben des Finanzministeriums, in dem die Rückzahlung des Geldes gefordert wurde, das er der Regierung für seinen Rücktransport von der spanischen Grenze nach London schuldete, nachdem er vier Jahre zuvor, 1938, als ehemaliges Mitglied der Internationalen Brigaden repatriiert worden war. Zu allem Überfluss und noch bevor er seine Koffer auspacken konnte, beschlossen die Eigentümer des Hauses, ihnen zu kündigen, da sie es selbst brauchten, sagten sie. So war die Familie gezwungen, sich erneut auf die Suche nach einer geeigneten Bleibe zu machen. Was für eine Heimkehr!

    Schließlich fanden sie ein kleines Kutscherhaus, Avenue Cottage, auf dem Gelände eines großen Anwesens, das Richter Neville Laski gehörte, dem Bruder des prominenten Intellektuellen und Akademikers der Labour Party, Harold Laski.

    Es war ideal für ihre Zwecke. Es gab sogar eine Steinmauer neben dem Haus, in der sie einen der Steine entfernen und einen Hohlraum schaffen konnten, in dem sie ihren Sender sicher genug vor neugierigen Blicken aufbewahren konnten, wie sie meinten. Bei der Verwendung des Senders mussten sie jedoch jederzeit mit einer Entdeckung rechnen, da die Verwendung selbst von Amateursendern während des Krieges streng verboten war. Ein Detektiv der Oxforder Polizei besuchte Frau Laski, die Eigentümerin, unmittelbar nach dem Einzug der Beurtons und erkundigte sich nach ihnen. Sie sagte ihm, sie seien freundlich und hätten nichts Unangenehmes über sie zu sagen. In dem Bericht der Polizei von Oxford City an den MI5 heißt es, dass die Beurtons ziemlich isoliert leben, aber Kontakte zu den Laskis haben, die in der Nähe wohnen“. Der Beamte berichtete auch, dass Ursula Neville Laski ihrer Schwester Barbara und deren Ehemann [Duncan] vorgestellt hatte, der damals als Geheimdienstoffizier bei der RAF im Nahen Osten diente und einen Kurs über Geheimdienstarbeit absolviert hatte. Der Bericht enthielt auch die Information, dass sie „eine ziemlich große Funkanlage haben und kürzlich einen speziellen Mast im Haus installieren ließen ...“.
    Diesem Bericht folgte eine weitere, spätere Notiz (25. Januar 1943) mit dem Vermerk GEHEIM an H. Shillitoe von Major Phipps, der sagte, er habe nicht viele Informationen über die Beurtons erhalten können, aber „der interessanteste Punkt scheint ihr Besitz eines großen Funkgeräts zu sein, und Sie denken vielleicht, dass dies eine weitere Untersuchung wert ist“.

    Dieser letzte Absatz ist am Rand mit einem doppelten Bleistiftstrich markiert, d. h. als von besonderem Interesse. Der MI5 verfügte eindeutig über diese äußerst wichtigen Informationen, ergriff aber überraschenderweise keine Maßnahmen. Es gibt auch Vermerke des MI5, die besagen, dass die Beurtons anscheinend ohne offensichtliche Einkünfte recht gut überleben konnten, aber auch dies scheint nicht weiter untersucht worden zu sein.
    Vor Lens Ankunft war es Ursula gelungen, freundschaftlichen Kontakt zu einem örtlichen RAF-Offizier aufzunehmen, dessen Frau und Kind nach Oxford evakuiert worden waren. Er war einer der wenigen Offiziere, die aus der Arbeiterklasse stammten - er war Schweißer gewesen - und er hatte auch progressive politische Ansichten. Wie viele Linke war auch er verblüfft oder vielmehr verärgert über die Weigerung der Regierung, eine zweite Front zu eröffnen, um den Druck von der Sowjetunion zu nehmen. Aufgrund dieser Ansichten war er durchaus bereit, seine Hilfe anzubieten, einschließlich der Weitergabe von Informationen, die für die Sowjets von Nutzen sein könnten. Als Angehöriger einer technischen Abteilung der RAF war er in der Lage, Informationen über Gewichte, Abmessungen, Ladekapazitäten und auch Blaupausen von Flugzeugen, die noch nicht geflogen waren, weiterzugeben. James, wie er genannt wurde, lehnte jede Bezahlung ab und betrachtete sich nicht als „Spion“, sondern als Helfer eines verbündeten Landes, das im Krieg gegen den Faschismus die schwersten Opfer zu bringen hatte.

    Für Ursula wurde es immer dringlicher, ihre eigene „zweite Front“ zu eröffnen und jemanden zu finden, den sie als Funker ausbilden konnte, um die Aufgabe zu übernehmen, falls sie oder Len verhaftet würden - eine jederzeitige Möglichkeit. Zu diesem Zweck stellte sie Tom ein, einen Monteur in der örtlichen Autofabrik Cowley, der zu einem zuverlässigen und abhängigen Ersatzmann werden sollte. Er weigerte sich wie James, eine Bezahlung für seine Arbeit anzunehmen. Und ein zufälliges Treffen mit einem alten Bekannten von Len, der früher Sympathien für die kommunistische Bewegung gezeigt hatte, wurde zu einer neuen Quelle für wichtige Informationen. Er war ein Spezialist für Panzerlandungen auf See und konnte nützliche Informationen über Panzerlandungen und Details über ein neues U-Boot-Radarsystem liefern, das gerade entwickelt wurde. Ursula schreibt in ihrer Autobiografie, dass es „bis zum Ende des Krieges keine Schwierigkeiten gab, Leute zu gewinnen, weil in dieser Zeit die Arbeit für die Sowjetunion als Arbeit für einen Verbündeten im Krieg gegen Hitler angesehen wurde“.

    Nach seiner Rückkehr ins Vereinigte Königreich meldete sich Len sofort freiwillig bei den Streitkräften, wartete aber immer noch darauf, wann er einberufen werden würde. In der Zwischenzeit versuchte er, in der Gegend von Oxford Arbeit zu finden, aber auch das wurde ihm unmöglich gemacht. Er wusste wohl nicht, dass nicht nur die Armee ihn nicht haben wollte, sondern dass er auch in der zivilen Welt auf der schwarzen Liste stand. Davon zeugt die Kopie eines Schreibens der Pressed Steel Company in Cowley an Len, der sich dort um eine Stelle beworben hatte, und das in der Folge vom MI5 zu den Akten gelegt wurde. Das Unternehmen lehnte seine Bewerbung mit der angeblichen Begründung ab, er sei „für die derzeitigen Anforderungen ungeeignet“.

    Der Fall Klaus Fuchs

    Das Leben, auch das eines Geheimagenten, kann leicht langweilig und zur Routine werden.

    Ursulas Leben schien in dieses Muster zu fallen. Zweimal im Monat traf sie sich mit ihrem sowjetischen Kontaktmann in London, manchmal, wenn es nötig erschien, auch öfter, aber es gab wenig zu berichten. Wenn sie in London war, wohnte sie normalerweise bei ihren Eltern oder einem ihrer Geschwister. Doch dann, gegen Ende des Jahres 1942, geschah etwas völlig Unerwartetes, das den Verlauf der Nachkriegsgeschichte mitbestimmen sollte.
    Klaus Fuchs, einer der brillantesten Köpfe, der in den 1940er Jahren am Atombombenprojekt arbeitete, wurde 1950 aus der relativen Anonymität ins Rampenlicht katapultiert, nachdem er als sowjetischer Spion „geoutet“ worden war.

    Er trat in Ursula Kuczynskis Leben, als sie während des Zweiten Weltkriegs in Oxfordshire lebte.

    Oxfordshire während des Zweiten Weltkriegs lebte. Die Ergebnisse ihres Kontakts und ihrer Zusammenarbeit sollten weltweit für Aufsehen sorgen und Ursula Kuczynski in die Kategorie „Superspion“ katapultieren. Die beiden treffen sich lange nach Kriegsende in der Deutschen Demokratischen Republik wieder.
    Gegen Ende des Jahres 1941 sind die Nachrichten aus Deutschland erschreckend. Der begabte Physiker Fuchs hatte Berichte über die Verhaftung und Verfolgung seines Vaters, seines Bruders und seines Schwagers erhalten, und dann auch noch den tragischen Tod seiner Schwester. Die zusätzlich düstere Nachricht, dass Hitlers Armee fast bis vor die Tore Moskaus vorgedrungen war, trug zu seinem folgenschweren Entschluss bei, der umkämpften Sowjetunion seine Hilfe anzubieten. Er war kein Abenteurer, Außenseiter oder Spion - er wollte einfach seine Arbeit als Physiker im Interesse des menschlichen Fortschritts fortsetzen - aber die apokalyptische historische Situation zwang ihn dazu. Als er später vor Gericht gestellt wurde, drückte er dies auf bewegende Weise aus: Von Zeit zu Zeit muss es Einzelne geben, die bewusst die Last der Schuld auf sich nehmen, weil sie die Situation klarer sehen als diejenigen, die die Macht haben. Fuchs’ Begründung ist der von Edward Snowden für seine Enthüllungen im Jahr 2013 nicht unähnlich.

    Obwohl die Sowjetunion 1941 ein Verbündeter Großbritanniens und der USA war, war Fuchs klar, dass die westlichen Alliierten die Eröffnung einer zweiten Front in Europa absichtlich hinauszögerten und darauf hofften, dass sich die Deutschen und die Russen gegenseitig vernichten würden, um dann einzugreifen und die Nachkriegskarte Europas zu bestimmen.

    Er hatte auch erkannt, dass die Westmächte entschlossen waren, den Russen ihre gesamte Forschung zur Entwicklung von Atomwaffen vorzuenthalten. Deshalb habe er nie gezögert, die Informationen, die er hatte, weiterzugeben, zunächst nur Informationen über seine eigene Arbeit, die später aber erweitert wurde. Die ganze Geschichte von Klaus Fuchs’ Rolle bei der Versorgung der Sowjetunion mit lebenswichtigen Details im Zusammenhang mit dem Bau einer Atombombe ist an anderer Stelle ausführlich beschrieben worden, so dass es nicht notwendig ist, diese Details hier zu wiederholen.

    Nachdem er den Entschluss gefasst hatte, den Russen die Ergebnisse seiner eigenen Forschungen zur Verfügung zu stellen, wandte sich Fuchs an Jürgen Kuczynski, den Führer der deutschen kommunistischen Exilanten in Großbritannien, mit der Bitte, bei der Wiederaufnahme des Kontakts mit der Sowjetunion behilflich zu sein, da er im Besitz lebenswichtiger und wertvoller militärischer Informationen sei, die für sie von Nutzen sein könnten.

    Jürgen erzählte Ursula sofort von ihm, und sie fragte ihrerseits in Moskau an, ob man interessiert sei: Ja, man war interessiert. Er wurde zunächst mit Simon Davidovitch Kremer (Codename „Alexander“), dem Sekretär des Militärattachés der sowjetischen Botschaft, in Verbindung gebracht, der gleichzeitig Offizier des militärischen Auslandsnachrichtendienstes der Roten Armee war (S. 184). Später wird Fuchs ein Kurier zur Seite gestellt, damit er keine Ausreden finden muss, um regelmäßig nach London zu reisen und direkten Kontakt mit Botschaftsbeamten zu haben. Diese Kurierin war Ursula.

    Fuchs hatte ein Physikstudium an der Universität Leipzig begonnen, musste aber 1933 Deutschland verlassen. Ursprünglich war er Mitglied des studentischen Zweigs der SPD, wurde aber wegen zu großer Radikalität ausgeschlossen und trat 1932 der Kommunistischen Partei bei. Nach dem Reichstagsbrand tauchte er unter und floh nach England. Im Vereinigten Königreich setzte er sein Promotionsstudium zunächst in Bristol und dann an der Universität Edinburgh unter Max Born fort, dem in Deutschland geborenen Physiker und Mathematiker, dem die Entwicklung der Quantenmechanik weitgehend zugeschrieben wird. Einer seiner Forschungskollegen an der Universität Bristol war Ronald Gurney, ein Mitglied der örtlichen Kommunistischen Partei, und beide arbeiteten mit Professor Nevill Mott zusammen, der Mitglied der British-Soviet Friendship Society war. Ein weiterer Kollege in der Physikabteilung war Cecil Powell, der wahrscheinlich ebenfalls Mitglied der Partei war. Sowohl Mott als auch Powell wurden später mit Nobelpreisen ausgezeichnet und waren in der Anti-Atomkraft-Bewegung von Pugwash aktiv.

    Während seines Aufenthalts in Bristol musste Fuchs seine Aufenthaltsgenehmigung erneuern, und als er dies beantragte, forderte der MI5 beim deutschen Konsulat in der Stadt einen Bericht über ihn an. Auf der Grundlage eines Gestapo-Berichts bestätigte die Botschaft, dass er in kommunistische Aktivitäten verwickelt gewesen war. Der MI5 sah offensichtlich keinen Widerspruch darin, den Vertreter eines Nazi-Staates um eine Stellungnahme zu einem antifaschistischen Flüchtling zu bitten. Tatsächlich hatte der MI5 bereits 1933 eine Akte über Fuchs angelegt, als ein MI6-Agent in Kiel über seine dortigen kommunistischen Parteiaktivitäten berichtete. Man muss sich fragen, wie viele Akten über deutsche Kommunisten und Antifaschisten der MI6 zu dieser Zeit sammelte und wie viele im Vergleich dazu über Faschisten.

    Die frühen Kriegsjahre unterbrachen Fuchs’ Studium, und bald fand er sich zusammen mit anderen Emigranten als „enemy alien“ auf der Isle of Man interniert. Kurze Zeit später wurde er zusammen mit anderen Internierten per Schiff nach Kanada geschickt. Fuchs wurde im kanadischen Internierungslager Sherbrooke in Quebec festgehalten, wo er sich bald einer kommunistischen Diskussionsgruppe anschloss, die von Hans Kahle geleitet wurde, einem KPD-Mitglied, das im spanischen Bürgerkrieg gekämpft hatte. Nachdem er mit seiner Familie nach Großbritannien geflohen war, half Kahle Jürgen Kuczynski bei der Organisation der kommunistischen Flüchtlingsgruppe in Großbritannien, bevor er selbst nach Kanada geschickt wurde.
    In Großbritannien begannen Fuchs’ wissenschaftliche und politische Freunde bald eine konzertierte Kampagne, um die Regierung zu überzeugen, ihn aus der Internierung zu entlassen. Fuchs’ offensichtliche Fähigkeiten auf dem Gebiet der theoretischen Physik waren bereits von denen erkannt worden, die eng mit ihm zusammengearbeitet hatten, wie Max Born, der sich ebenfalls aktiv für seine Freilassung einsetzte und ihn als einen der talentiertesten jungen Physiker bezeichnete. Schließlich wurde er 1941 entlassen und konnte nach Großbritannien zurückkehren.
    Nach seiner Rückkehr wurde er von Professor Rudolf Peierls, der sich mit der Atomforschung und der Entwicklung von Kernwaffen befasste, gebeten, sich seinem Team in Birmingham anzuschließen. Peierls arbeitete an Rohrlegierungen im Zusammenhang mit dem britischen Atombombenprojekt. Nur ein Jahr später hatte Fuchs seinen ersten Kontakt mit Ursula. Weder sie noch Jürgen wussten genau, woran er arbeitete - es war streng geheim - aber Moskau war sehr interessiert.

    Es gibt zu viele Bücher über den Fall Fuchs, um sie alle aufzuzählen, aber einige der bekannteren sind Alan Moorheads The Traitors (1952), Rebecca Wests The Meaning of Treason (1982), Robert Williams’ Klaus Fuchs, Atom Spy (1987) und das neueste, Mike Rossiters The Spy Who Changed the World (2014). Die meisten dieser Bücher sind zwar gut recherchiert und relativ genau in dem, was sie enthüllen, aber sie sind alle mehr oder weniger aus der Sicht des Kalten Krieges und mit einem Schwarz-Weiß-Konzept der Spionagewelt geschrieben. Keines der Bücher versucht, hinter die Fassade zu blicken und die Beweggründe von Fuchs oder den Kuczynskis für ihr Handeln im Kontext des antifaschistischen Kampfes zu untersuchen.

    Als Ursula Fuchs in Banbury zum ersten Mal traf, arbeitete er in Peierls’ Labor in Birmingham. Er reiste nach Banbury, um sie zu treffen, ohne jedoch ihren Namen zu nennen oder zu wissen, wer sie war. Sie machten einen langen Spaziergang und hatten viel zu besprechen und zu diskutieren - nicht über das zentrale Thema, sondern über Bücher, Filme, Politik, Deutschland und das Exil. Er war „ein sensibler und intelligenter Genosse und Wissenschaftler“, wie sie in ihren autobiografischen Erinnerungen schreibt, und „ich bemerkte schon beim ersten Mal, wie ruhig, nachdenklich, taktvoll und kultiviert er war“. Nach dieser ersten Verabredung trafen sie sich regelmäßig an abgelegenen Orten und verabredeten geheime „Briefkästen“. Ursula fuhr mit dem Fahrrad in die Natur, um ihn zu treffen. Beide fühlten sich dort freier, da sie einigermaßen sicher sein konnten, nicht verfolgt oder übersehen zu werden, ohne dass sie es bemerkten; sie benutzten Löcher in den Wurzeln von Bäumen als Verstecke für die Dokumente. Keiner der beiden kannte die Adresse des anderen, und Fuchs wusste zu diesem Zeitpunkt mit ziemlicher Sicherheit nicht einmal, dass sie mit Jürgen verwandt war.

    In der entscheidenden Zeit der Atomwaffenentwicklung, von Ende 1942 bis zum Sommer 1943, als Fuchs in die USA abreiste, traf sich Ursula mindestens einmal im Monat mit ihm. Das letzte Mal, als sie Fuchs traf, war sie bereits mit Lens Kind schwanger. Bei dieser Gelegenheit übergab Fuchs ihr ein dickes Buch mit Bauplänen - über hundert Seiten - und bat sie, es schnell weiterzuleiten. Dies war zweifellos eines der wichtigsten Dokumente, die er an die Sowjets weitergeben würde, denn es enthielt detaillierte Informationen über den Entwicklungsstand des Atombombenprojekts. Als Fuchs nach New York ging, verlor Ursula den Kontakt zu ihm. Aufgrund dieser wertvollen Informationen, die sie an die Sowjetunion weitergab, wurde sie von der Moskauer Zentrale hoch gelobt. Ihr Kontaktmann in Großbritannien, Sergej, erzählte ihr, dass der Direktor gesagt habe, „wenn sie nur fünf ‚Sonyas‘ in Großbritannien hätten, wäre der Krieg viel schneller zu Ende“.

    Aufgrund von Informationen, die das FBI an den MI5 weitergegeben hatte, geriet Fuchs zunehmend unter Verdacht. Nach einem Verhör durch William Skardon vom MI5 gestand er seine Taten. Sein Prozess im Jahr 1950 war in wenigen Stunden vorbei; es gab keine Zeugenvernehmung, kein Kreuzverhör und nur einen Zeugen für die Anklage: William Skardon. Er wurde zu vierzehn Jahren Haft verurteilt, wurde aber 1959 nach neun Jahren und vier Monaten entlassen und emigrierte in die DDR, wo er seine Arbeit als Wissenschaftler fortsetzte und in die Akademie der Wissenschaften gewählt wurde. Später wurde er zum stellvertretenden Direktor des Instituts für Kernforschung in Rossendorf ernannt, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1979 tätig war. Der DDR-Film „Väter der Tausend Sonnen“ von 1989 erinnert an sein Leben und seine Arbeit. Auch Fuchs’ Vater blieb in der DDR-Stadt Leipzig, wo er seine wissenschaftliche Arbeit als Theologe fortsetzte. Er stand seinem Sohn immer voll zur Seite.

    Kurz vor seinem Tod im Jahr 1988 bekräftigte Fuchs dies: Ich habe mich nie als Spion gesehen. Ich konnte nur nicht verstehen, warum der Westen nicht bereit war, die Atombombe mit Moskau zu teilen. Ich war der Meinung, dass etwas mit diesem immensen Zerstörungspotenzial den Großmächten gleichermaßen zur Verfügung gestellt werden sollte ... Jürgen merkte an, dass die meisten westlichen Wissenschaftler, wie Fuchs, während des Krieges durchaus bereit waren, an der Entwicklung der Atombombe zu arbeiten, da sie darin ein potenzielles und lebenswichtiges Gegenmittel gegen Hitlers Weltherrschaft sahen. Doch mit dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, der die schreckliche Wirkung solcher Waffen demonstrierte und mit der Niederlage des Faschismus zusammenfiel, änderte sich diese Einstellung. Nach dem Krieg sprach sich mehr als die Hälfte der beteiligten Wissenschaftler, darunter auch Einstein selbst, gegen die weitere Entwicklung und den Einsatz solcher Waffen aus.

    Ursula traf Fuchs nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft wieder. Im Jahr 1976, kurz vor der Veröffentlichung ihrer Erinnerungen, Sonya’s Report, reiste sie zu ihm nach Dresden und erzählte ihm von dem Buch. Sie war ihm sehr dankbar, dass er sie nie an den britischen Geheimdienst verraten hat.

    Der Verlauf des Krieges ändert sich (1942-1944)

    Ursula und Len verfolgten in den letzten Kriegsjahren, wie so viele andere im Land und in der Welt, die Kämpfe an der Ostfront, aber gleichzeitig gab es eine unterschwellige Angst, dass Hitler immer noch siegreich sein könnte. Damals wie heute“, schrieb Ursula, “hätten wir jede Andeutung zurückgewiesen, dass wir oder die mit uns zusammenarbeitenden Kameraden Großbritannien durch unser Handeln verraten würden. Die Sowjetunion war schließlich ein wichtiger Verbündeter, auch wenn die westlichen Regierungen sie mit großem Misstrauen betrachteten und sie insgeheim immer noch als den „wahren Feind“ ansahen.

    Im August 1942 hatte die sowjetische Armee damit begonnen, die Wehrmachtstruppen in Stalingrad einzukesseln, und endlich bestand die Aussicht, den scheinbar unaufhaltsamen Siegeszug der Nazis zu stoppen. Die Schlacht um Stalingrad fand zwischen August 1942 und Februar 1943 statt. In der Stadt kämpften sowjetische Soldaten Haus an Haus, Keller an Keller, in einer Stadt, die von jeglicher Versorgung mit Lebensmitteln abgeschnitten und durch die deutsche Bombardierung praktisch dem Erdboden gleichgemacht war. Der Rest der Welt verfolgte die Berichte im Radio und las mit angehaltenem Atem die Tageszeitungen. Dies war die entscheidende Schlacht und der Wendepunkt des Krieges. Die sowjetischen Verluste in dieser Schlacht wurden auf mehr als 1.129.000 geschätzt. Von diesem Zeitpunkt an begann die Rote Armee ihre Gegenoffensive und begann, die deutschen Truppen aus dem Land zu vertreiben.

    Im vierten Kriegsjahr konzentrierten sich die Gedanken der deutschen Exilanten zunehmend auf ein Nachkriegsdeutschland und darauf, wie es aussehen könnte oder sollte. Auf einer festlichen Veranstaltung im Juli 1943 wurde die Bewegung Freies Deutschland gegründet. Als Organisation sollte sie die Exilanten auf ihre Rückkehr vorbereiten und sie ermutigen, gemeinsam am Aufbau einer neuen Nachkriegsgesellschaft mitzuwirken. Nachdem es Robert Kuczynski vor dem Krieg gelungen war, die wichtigsten linken Kräfte in Deutschland in der Kampagne zur Enteignung des Landadels zusammenzubringen, hielt man ihn für die ideale Person, um dasselbe im Exil zu tun. Er wurde der erste Präsident der Organisation. Jürgen war neben seinem Vater aktiv am Aufbau der Organisation beteiligt und blieb bis zu seiner Ablösung durch Kurt Hager im Sommer 1944 Mitglied der Leitung.

    Das Nationalkomitee für ein freies Deutschland wurde im Einklang mit der Politik der Komintern gegründet und sollte zu einer Art Volksfrontbewegung werden, die alle antifaschistischen Exilanten im Lande unter einem Dachverband vereinte. Diesmal weigerte sich jedoch die deutsche sozialdemokratische Führung in Großbritannien, ohne eine, wie sie es formulierte, „Grundsatzdiskussion“ im Vorfeld mitzumachen.

    Trotz dieses wackeligen Starts hielt das Komitee am 25. September 1943 in der Trinity Hall in London seine erste Konferenz ab, an der rund 400 Personen teilnahmen, und hatte bald Zweigstellen in einer Reihe von Städten im ganzen Land. Die Organisation wurde sofort vom MI5 unter die Lupe genommen.

    Nach Stalingrad waren alle der Meinung, dass der Krieg in seine Endphase eintreten würde, aber die Deutschen würden noch fast zwei Jahre weiterkämpfen. Am 8. September 1943, dem Tag, an dem Italien den Waffenstillstand unterzeichnete, brachte Ursula einen Jungen zur Welt, der ebenfalls Peter hieß, wie der erste Sohn von Marguerite und Jürgen. Am selben Tag hatte sie auch einen Termin mit ihrem sowjetischen Betreuer - das Baby war unglücklicherweise zwei oder drei Wochen zu früh gekommen.

    Sehr bald nach der Geburt seines Sohnes - kein idealer Zeitpunkt - wurde Len schließlich einberufen und zur Grundausbildung bei der RAF eingeteilt. Obwohl er die höchste Note A1 erhielt, wurde sein Antrag auf eine weitere Ausbildung zum Piloten abgelehnt. Da er immer noch auf den aktiven Dienst hoffte, bewarb er sich daraufhin für eine Ausbildung zum Funker, doch als er erneut abgelehnt wurde, bat er darum, stattdessen zu einer Kampfeinheit der Armee versetzt zu werden. Während dieser Zeit war er nur 25 Meilen von Oxford entfernt einquartiert, so dass Ursula ihn regelmäßig mit dem Fahrrad besuchen konnte. In diesem Zusammenhang findet sich in den Akten des MI5 ein Schreiben (vom 23. November 1943) eines Majors Phipps an H. Shillitoe vom MI5, in dem es heißt, Len sei „jetzt in die RAF als Ausbildungsfunker aufgenommen worden ... Ich veranlasse, dass er unter Beobachtung bleibt, und werde Sie informieren, wenn es ein interessantes Ergebnis gibt“. In einem Bericht von Roger Hollis vom 10. August 1944 heißt es, dass „Frau Beurton ihre Zeit anscheinend ihren Kindern und häuslichen Angelegenheiten widmet ...“ und zu Len, dass „ihr jetziger Ehemann Gegenstand von Ermittlungen wegen möglicher kommunistischer Aktivitäten war. Er dient jedoch jetzt in der Royal Air Force, und unsere Untersuchungen konnten den Verdacht gegen ihn bisher nicht erhärten. Die Anordnung des Innenministeriums, die es den Sicherheitsdiensten gestattete, Lens Post zu öffnen und sein Telefon abzuhören, wurde am 19. Dezember 1944 von Shillitoe aufgehoben. Dieser hatte 1944 offenbar keine Lust mehr, die Ermittlungen gegen Ursula oder Len fortzusetzen, und erklärte, er werde den Postmeister anweisen, „vorerst zu schweigen“.

    Es war offenbar üblich, dass nur wenige ehemalige Interbrigadisten, vor allem wenn sie aus der Arbeiterklasse stammten, trotz ihrer Ausbildung und Kampferfahrung aus erster Hand in den Reihen der Streitkräfte aufsteigen durften, und in dieser Hinsicht war Len keine Ausnahme. Eher überraschend für alle wurde er schließlich als Mitglied des Ersten Panzerbataillons der Coldstream Guards, des ältesten und traditionsreichsten Regiments der regulären Armee, an die Front geschickt, allerdings erst kurz vor Kriegsende. Als Len nicht mehr da war, kam Ursulas Mutter nach Oxfordshire, um auszuhelfen, aber als sie selbst erkrankte, wurde es zu viel, und Ursula musste die Kinder erneut in ein Internat schicken. 1943, nach dem Sieg der sowjetischen Armee in Stalingrad, überreichte König Georg VI. Stalin ein Ehrendegen; aber es gab immer noch keine zweite Front, und die Sowjets mussten ohne die dringend benötigte Unterstützung durch die westlichen Alliierten weiterkämpfen. Auf dem Treffen der alliierten Staatsoberhäupter in Teheran sprach sich Churchill für die Eröffnung einer zweiten Front auf dem Balkan aus, während Stalin auf einer solchen in Frankreich bestand; bei dieser Gelegenheit stimmte Roosevelt mit Stalin überein.

    Erst am 6. Juni 1944 - dem „D-Day“ -, als klar war, dass ein Sieg der Sowjetunion sicher war, kam die lange versprochene zweite Front zustande, und zum ersten Mal mussten die Deutschen eine beträchtliche Anzahl von Männern und Waffen von der russischen Front abziehen. Im Juli 1944 schossen die Nazis dann ihre neue und gefürchtete „Wunderwaffe“ - die V2-Rakete - auf britische Städte ab. Sie wurde unter der Leitung des deutschen Wissenschaftlers Werner von Braun entwickelt, der nach dem Krieg eine lukrative Anstellung in den USA fand, wo er am dortigen Raketenentwicklungsprogramm mitarbeitete.

    Nur wenige Monate nach dem Einschlag der ersten V2 auf London, am 7. November, wurde Ursulas Freund und Agentenkollege aus ihrer Zeit in China, Richard Sorge, von den Japanern hingerichtet, obwohl sie erst viel später von seinem Tod erfuhr. Er hatte Stalin 1941 vor dem bevorstehenden Einmarsch der Nazis in die Sowjetunion gewarnt, obwohl Stalin seinen Informationen keinen Glauben schenkte. Bereits im Februar 1944 wurde deutlicher denn je, dass der Krieg in höchstens einem Jahr zu Ende sein würde. Junge Paare in der Exilgemeinde waren daher der Meinung, dass es nun sicher sei, Kinder in die Welt zu setzen. In diesem Jahr wurden drei weitere Kinder in der kleinen Gruppe deutscher kommunistischer Exilanten in London geboren, darunter der zweite Sohn von Jürgen und Marguerite (am 12. November), und alle hießen Thomas - aber das war offenbar reiner Zufall und nicht das Ergebnis von Anweisungen der Partei!

    Le président du Pérou

    John Greem, A Political Family The Kuczynskis, Fascism,
    Espionage and the Cold War pages 17/19

    In this connection it is of interest to note that Pedro Pablo Kuczynski, who became president of Peru in 2016, is also, like all the other Kuczynskis mentioned here, descended from a Posen-based Jewish family. His father, Maxime ‘Max’ Hans, was a pathologist whose family moved from what was then East Prussia to Berlin towards the end of the nineteenth century, and where he later became Professor of Pathology at the city’s university. He was forced to flee the Nazis in 1933, and invited to Peru to help set up a public health service there. His son Pedro studied economics and worked for both the World Bank and IMF before becoming prime minister, then president, of Peru. His brother, Miguel Jorge, also an economist, is a fellow of Pembroke College, Cambridge. Some years before Jürgen’s death Pedro Kuczynski wrote to him sug- gesting that they were related but Jürgen rejected the suggestion. Perhaps, like Paul Kuczynski, the family was only distantly related.

    In the Peruvian newspaper El País Semanal of 28 July 2016, the journalist Luis Esteban G. Manrique, in his article, ‘Confidencias Audaces: la Gran Familia Kuczynski’, gives a portrait of the new president’s family. He writes that ‘Robert Kuczynski and his three children – Ruth, Brigitte and Jürgen, cousins of Max – where the richest in the German capital and convinced communists’. In this article he also reveals that soon after the end of the First World War, Berlin’s Humboldt University sent Max to the Soviet Union to help establish faculties of medicine in Minsk and Omsk ... of ‘different branches of the family’.

    #histoire #espionnage #communistes #guerre #antifascisme

  • Pavel Durov: Edward Snowden nennt Verhaftung „Geiselnahme“
    https://www.berliner-zeitung.de/news/pawel-durow-telegram-gruender-in-frankreich-festgenommen-li.2247864


    Der russisch-französische Gründer von Telegram Pavel Durov im Jahr 2013 beim TechCrunch Disrupt in Berlin .Dan Taylor/dpa

    L’arrestation de Pavel Durov une prise d’ôtages ? C’est une perspective plausible.

    25.8.2024 von BLZ, Katerina Alexandridi - Pavel Durov ist bei seiner Ankunft aus Baku in Paris festgenommen worden. Politiker aus seinem Heimatland Russland reagieren entsetzt. Elon Musk und Edward Snowden schalten sich ein.

    Der ehemalige CIA-Whistleblower Edward Snowden hat die Festnahme von Telegram-Gründer Pavel Durov in Frankreich scharf verurteilt. Sie sei „ein Angriff auf die grundlegenden Menschenrechte, auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit“, schrieb der in Russland lebende Snowden am Sonntagnachmittag auf der Mikroblogging-Plattform X.

    Weiter hieß es: „Ich bin überrascht und zutiefst betrübt, dass Macron sich auf das Niveau einer Geiselnahme herabgelassen hat, um sich Zugang zu privater Kommunikation zu verschaffen. Das ist nicht nur eine Schande für Frankreich, sondern für die ganze Welt.“

    The arrest of @Durov is an assault on the basic human rights of speech and association. I am surprised and deeply saddened that Macron has descended to the level of taking hostages as a means for gaining access to private communications. It lowers not only France, but the world .
    — Edward Snowden (@Snowden) August 25, 2024

    Pavel Durov war am Samstagabend auf dem Flughafen Le Bourget festgenommen worden. Französischen Medienberichten zufolge wurde Durov in Frankreich gesucht, weil die Behörden Vorermittlungen gegen ihn eingeleitet hätten. Er habe sich durch fehlendes Eingreifen bei Telegram und unzureichende Kooperation mit den Ordnungskräften des Drogenhandels, Betrugs und Vergehen im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch mitschuldig gemacht – so der Verdacht. Laut TF1 könnte noch am Sonntag ein Ermittlungsverfahren gegen Durov eingeleitet werden.

    Der 39-jährige französisch-russische Milliardär wurde von seinem Leibwächter und seinem Assistenten begleitet. Er war gerade aus Aserbaidschan angekommen und wollte den Abend in Paris verbringen, wie Le Monde berichtet.

    Die kriminelle Nutzung seines Nachrichtendienstes durch seine Abonnenten hätte Durov durch Moderation und Zusammenarbeit mit den Ermittlern eindämmen können. „Es reicht mit der Straflosigkeit von Telegram“, zitieren französische Medien einen der Ermittler. Es sei überraschend, dass Durov beschlossen habe, trotzdem nach Paris zu kommen, obwohl er wisse, dass er gesucht werde.

    Durov hatte Telegram 2013 mit seinem Bruder Nikolai gegründet. Die Brüder hatten zuvor den russischen Online-Dienst Vkontakte entwickelt, der Facebook ähnelt.

    Bei Telegram können Chats Ende-zu-Ende-verschlüsselt als geheime Chats geführt werden. Der Dienst wirbt damit, dass er anders als US-Angebote die Daten nicht zur kommerziellen Verwendung preisgibt. Telegram steht auch in Deutschland als Plattform für Rechtsextreme und Verschwörungstheorien in der Kritik.

    Russland reagierte sofort auf die Festnahme Pavel Durovs. Russland müsse seine sofortige Freilassung fordern, sagte der stellvertretende Sprecher der russischen Staatsduma, Wladislaw Davankow. „Kaum jemand sonst hat mehr für die Entwicklung digitaler Dienste in Russland und der Welt getan“, schrieb er in seinem Telegram-Kanal.

    Die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, erinnerte daran, dass westliche Nichtregierungsorganisationen die Entscheidung eines russischen Gerichts im Jahr 2018, Telegram zu sperren, verurteilt und Russland aufgefordert hatten, „keine Hindernisse in der Arbeit des Messengers zu schaffen“. Die jüngste Entwicklung werfe die Frage auf, ob sie nun seine Freilassung fordern „oder ihre Zunge verschlucken werden“, schrieb Sacharowa.

    Liberté
    Liberté!
    Liberté?

    — Elon Musk (@elonmusk) August 25, 2024

    Der Eigentümer der Mikroblogging-Plattform X, Elon Musk, reagierte ebenfalls auf die Festnahme von Durov in Frankreich: „Freiheit, Freiheit, Freiheit?“, schrieb er am frühen Sonntagmorgen auf Französisch. Er postete auch einen Ausschnitt aus einem im April ausgestrahlten Interview von Durov mit dem amerikanischen Moderator Tucker Carlson, in dem er sagt, dass die Übernahme von X durch Musk X, eine großartige Entwicklung sei. Es wird Fehler geben, räumte er ein, aber alles in allem sind sowohl X als auch Telegram Plattformen, die einen positiven Einfluss auf Innovation und Wirtschaft haben. (mit AFP)

    Nächstes Land verbietet Telegram zum Schutz der nationalen Sicherheit
    https://www.berliner-zeitung.de/news/zensur-naechstes-land-verbietet-telegram-zum-schutz-der-nationalen-

    Millionen-Bußgeld gegen Messengerdienst Telegram
    Russland entsetzt über Durovs Festnahme
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/millionen-bussgeld-gegen-messengerdienst-telegram-li.345472

    #internet #communication #telegram ##Europe #Russie #guerre

  • Anita Likmeta e le favole del comunismo
    https://www.balcanicaucaso.org/aree/Albania/Anita-Likmeta-e-le-favole-del-comunismo-232279

    Due mondi opposti e contrapposti, l’Albania di fine regime e il centro di una grande e ricca città europea come Milano. Col suo «Le favole del comunismo» Anita Likmeta racconta in forma romanzata e autobiografica l’esperienza di un’intera generazione. Una recensione

    • Le favole del comunismo

      Le favole del Paese delle Aquile raccontano di asini, meli, operazioni volte a salvare una ragazza pazza con la coda di cavallo, e di fogli che una volta piantati possono far germogliare non solo agli e cipolle, ma pure case. Il Paese delle Aquile è il più felice che ci sia. Anche se non c’è l’acqua corrente, anche se ci sono più bunker che mucche, anche se la mamma di Ari l’ha lasciata dai nonni perché è rimasta incinta troppo giovane per poter lavorare, e anche se quando cade il muro di Berlino altro che fine immediata della dittatura: nel Paese delle Aquile ci sono solo disordine e omicidi e uomini con la faccia coperta. Certo, quando cade il muro di Berlino molti partono per l’Italia, diretti alla riva opposta al Paese delle Aquile che è il più felice di tutti. Ma Ari e i nonni no, loro restano. I nonni si sentono troppo vecchi per partire, e allora Ari aspetta che la madre – partita sulla nave che hanno preso tutti gli altri – torni a prenderla.
      Ci sono due Ari in questo romanzo: una è la bambina che vive in Albania tra gli anni Ottanta e Novanta, ed è senza scarpe, perché le scarpe non devono essere consumate e dunque si va scalzi; l’altra è una giovane donna che di scarpe ne ha moltissime, così come ha l’acqua corrente, e oggi vive nel centro di Milano, in un appartamento elegante, passando ore sotto la doccia perché gli shampoo biologici non fanno abbastanza schiuma. Le due si somigliano, un po’ perché sono belle e la bellezza è tutta uguale, un po’ perché sono la stessa Ari.
      Anita Likmeta, con tenerezza e ironia, con allegria e spietatezza, esordisce nel romanzo e ci racconta un’infanzia dove, certe volte, pisciarsi sotto era l’unico modo per riscaldarsi.

      https://www.marsilioeditori.it/libri/scheda-libro/2972087/le-favole-del-comunismo
      #livre #Albanie #communisme #souvenirs #enfance #Anita_Likmeta

  • Le sport, instrument de « #soft_power » pour les forces de l’ordre
    https://www.lemonde.fr/societe/article/2024/08/10/le-sport-instrument-de-soft-power-pour-les-forces-de-l-ordre_6275113_3224.ht

    Avec ses cinq médaillés aux Jeux olympiques – l’or pour Kauli Vaast en surf ; l’argent pour Anastasiia Kirpichnikova (1 500 m nage libre) et Camille Jedrzejewski (tir au pistolet à 25 m) ; le bronze pour Sébastien Patrice et Maxime Pianfetti (sabre par équipe) – et un espoir, Gabriel Tual, qualifié, vendredi 9 août, pour la finale du 800 m, la #police nationale tire les bénéfices d’une politique récente, motivée à la fois par la promotion de la pratique sportive en son sein et d’évidentes considérations de #communication.

    Longtemps contraints de suivre une scolarité à l’école de gardiens de la paix, les #sportifs de haut niveau de la police ne bénéficiaient que d’aménagements très limités au long de leur carrière pour espérer s’entraîner au niveau requis pour briller dans les compétitions internationales, gage de cohésion interne, d’émulation mais aussi de retombées en matière d’image pour l’institution. Les #athlètes paralympiques, eux, étaient tout bonnement exclus du système, les critères d’aptitude physique au concours de gardien de la paix ne leur permettant pas de postuler. Fin 2022, la mission sport de l’institution met en place un nouveau dispositif en collaboration avec l’Agence nationale du sport. Désormais, les athlètes peuvent être recrutés comme contractuels après avoir reçu une simple formation de policiers réservistes, maniement de l’arme de service compris – sans doute une formalité pour Camille Jedrzejewski, médaille d’argent au tir au pistolet à 25 m et bénéficiaire du dispositif.

    « Nous souhaitons donner à nos champions les meilleures conditions possibles pour éviter la précarité financière qui touche beaucoup de sportifs de haut niveau et leur permettre de s’entraîner pour performer et offrir des médailles à la France », explique la commissaire divisionnaire Rachel Costard, cheffe de la mission sports de la police nationale et ancienne compétitrice d’athlétisme et de volley-ball. Son adjoint, le commandant Jean-François Briand, n’a pas bénéficié des mêmes conditions que les soixante-six athlètes de l’équipe police nationale (et huit pour les Jeux paralympiques) engagée en 2024 dans vingt-quatre disciplines : après avoir participé aux épreuves de kayak à l’occasion des #JO de Barcelone, en 1992, il a passé le concours de gardien de la paix tout en continuant à s’entraîner, sans dispositif d’aide spécifique.

    Au-delà des « médailles offertes » au pays, aligner des sportifs de haut niveau constitue un puissant vecteur de communication pour l’institution, à grand renfort de tweets, de vidéos postées sur les réseaux sociaux, d’interviews. Ce n’est pas un hasard si les « policiers » athlètes consacrent quasi exclusivement leurs périodes de réserve obligatoires, une trentaine de jours par an, à assurer la promotion de la police dans des salons. Pas un seul, du reste, qui n’oublie de mentionner son « appartenance » à la police nationale.

    La #gendarmerie l’a bien compris. Elle a envoyé onze athlètes à ces Jeux olympiques ou plutôt des « sportifs de haut niveau de la défense-gendarmerie », leur dénomination officielle dans l’institution. Dès la première semaine, cette équipe a pu revendiquer cinq médailles, dont deux en or, remportées par la maréchale des logis Manon Apithy-Brunet, en sabre individuel, et l’adjudante Clarisse Agbégnénou, en judo par équipe. Mais aucun de ces sportifs n’est gendarme d’active. Ils appartiennent à un corps de soutien, le mythique #bataillon_de_Joinville.

    Avant la disparition du service militaire, environ 21 000 sportifs appelés sont passés par cette unité, dont les plus grands noms du sport français : Yannick Noah, Zinédine Zidane, Jacques Anquetil… Disparu en 2002 avec la conscription, le bataillon renaît en 2014 pour constituer « l’armée des champions ». C’est d’ailleurs l’armée qui, de longue date, accapare les places sur les podiums. Avec son réservoir de deux cent trente « sportifs de haut niveau de la défense », y compris les gendarmes, l’institution peut aligner cent six athlètes pour les Jeux de Paris, parmi lesquels vingt-huit pour les épreuves paralympiques, dans vingt disciplines. « Terriens », marins et aviateurs totalisent ainsi 35 % des titres remportés par la France, soit dix-neuf médailles dont trois en or : en canoë monoplace slalom pour l’aviateur Nicolas Gestin, en judo et en escrime pour les gendarmes Clarisse Agbégnénou et Manon Apithy-Brunet.

    Tout comme les autres corps d’#armée, la gendarmerie propose des contrats à des athlètes de haut niveau pour une durée initiale de deux ans, renouvelable. Elle leur assure un salaire et leur permet de se concentrer pleinement sur leur sport. En contrepartie, ces sportifs s’engagent à valoriser l’image de leur armée de rattachement, en participant à différents événements, parfois à des compétitions militaires. « Les athlètes partagent avec nous certaines valeurs, l’esprit d’équipe, le courage, le dévouement, ce qui correspond totalement à ce que l’on souhaite mettre en avant », explique-t-on du côté de la gendarmerie. Des « stages d’aguerrissement » permettent également d’acculturer les athlètes au fonctionnement militaire. Dans certains cas, des échanges de compétences plus précis peuvent se mettre en place. Le tireur Jean Quiquampoix, médaillé d’or aux Jeux olympiques de Tokyo, a, par exemple, travaillé avec des tireurs du #GIGN.

    En plus d’un accompagnement au fil de leur carrière sportive, les athlètes peuvent aussi trouver une potentielle suite à leur #carrière. Un dispositif de reconversion est accessible après quatre années de contrat. Le nageur Hugues Duboscq, double médaillé de bronze en 100 m et 200 m brasse, a pris sa retraite sportive en 2012, avant de rejoindre la gendarmerie. Il a pu intégrer une unité de plongeurs au Havre (Seine-Maritime).

    L’archère Lisa Barbelin, 24 ans, médaillée de bronze du tir à l’arc individuel, a rejoint la gendarmerie en septembre 2020. « C’est assez simple, si je n’avais pas intégré la gendarmerie, je n’aurais pas pu poursuivre la carrière sportive que j’ai eue, encore moins en continuant mes études, estime-t-elle. On ne s’en rend pas compte, mais le sport de haut niveau est extrêmement précaire. Vous pouvez gagner une récompense puis plus rien pendant quatre ans. Il n’y a pas de sécurité financière possible. » Mais son salaire, indexé sur la solde de son grade de maréchale des logis, aux alentours de 2 000 euros, exige des contreparties. « Je dois m’assurer d’offrir une juste visibilité à la gendarmerie, ce que je fais facilement puisque je suis très fière et reconnaissante d’en faire partie. Ils comprennent très bien ma situation, mes besoins, et font preuve d’une grande flexibilité pour m’accompagner », assure-t-elle.

  • India’s M. N. Roy Was the Pioneer of Postcolonial Marxism
    https://jacobin.com/2024/08/mn-roy-postcolonial-india-fascism

    1.8.2024 by Kris Manjapra - M. N. Roy was a revolutionary activist across national borders, from his home country of India to Mexico and the USSR. Roy rejected Eurocentric versions of Marxism, and his ideas about the postcolonial state are strikingly relevant to Indian politics today.

    The outcome of this year’s Indian elections has raised hopes for a curb on India’s slide toward twenty-first-century fascism. Even so, the prognosis remains tenuous as the signal of a truly Indian people’s democracy continues to flicker amid majoritarian chants and a prime minister still trying to assume the status of aloof god-man and exalted leader.

    Narendra Modi’s regime, during his previous ten years in power, was successful in retooling the Indian postcolonial state to become more overtly colonialist. Now in Modi’s third term, with his mandate significantly diminished by an electorate refusing to worship at his feet, we will learn whether the colonialist drive of the Indian state can be restrained by the diversity and the immensity of the needs of its people.

    The problem of postcolonial colonialism in India was first recognized by a forgotten critical theorist, revolutionary, and political leader, Manabendra Nath Roy. As early as the 1940s, M. N. Roy, anticipating what we would now call “postcolonial theory,” concerned himself with analyzing the factors that would give rise to the decay of democracy in South Asia (such as capitalist rule by abusive business interests, family dynasties, caste hierarchies, and deification of leaders).

    He was the first practitioner of what we might recognize as a homegrown South Asian critical theory, rooted in Marxist analysis but rejecting orthodox determinism, and attuned to the world-making role of cultural signification. For Roy, there was no telos of the nation-state nor of the party, but only of the people. The postcolonial state was part of no grand family romance, as it was for Jawaharlal Nehru.

    Unlike Mohandas K. Gandhi, Roy insisted that the Indian nation had no distinctive spiritual force rooted in Indic disciplines and abstinences. He saw the British colonial state, the emerging postcolonial state of India, and the 1930s and ’40s fascist states across Eurasia as all sharing a nomos, an underlying form and logic. And this logic, insisted Roy, was imperialist.
    An Anti-Colonial Icon

    Roy was an anti-colonial icon of the mid-twentieth century. From his origins as a young insurgent in Calcutta in the 1910s to his roles as a founder of the Mexican Communist Party and a high-level Comintern leader in 1920s Moscow, Roy exemplified the internationalist left in extreme times.

    Among Roy’s renegade intellectual breakthroughs was his rebuttal of Vladimir Lenin’s claim, in his 1920 “Draft Theses on National and Colonial Questions,” that workers’ revolutions across the colonial world would convey, like aftershocks, the seismic force first generated by revolution in the West. Roy, penning his own “Supplementary Theses” (1920), instead envisioned a “mutual relationship” between toilers located across the colonies and the West, and identified the tectonic role of anti-imperial struggle in shifting the balance of the whole world. Some years later, in his innovative and bold history of the revolutionary process in China (Revolution and Counterrevolution in China), published in 1930, Roy eviscerated Eurocentric orthodox Marxist assertions about a supposed despotic “Asiatic mode of production.”

    However, the beginning of the murderous Stalinist purges at the end of the 1920s almost killed Roy and compelled him to return to India in 1930, where he was sentenced to twelve years of imprisonment by the British imperial regime. He became known for what the scholar Sudipta Kaviraj called his “remarkable failures” and his ultimate lack of political salience on the Indian political stage. Roy himself thematized his failures as part of his biography. As he wrote in his 1946 work New Orientation, “If there is one failure or two defeats, you may say they are due to mistakes. But if you have a whole series of failures, you simply cannot close your eyes to it.”

    Yet while he may have failed in political mobilization, he excelled in critique. Roy’s analyses of culture, society, and politics of the 1930s and ’40s provide insights into the international formations of fascism and their instances in the Global South. He developed critical thinking about the future of fascism, not as an epigone of Western styles of thought but rather as their bellwether.

    Roy saw the varieties of fascism (not just German, Italian, or even Russian, but also Indian) as locally differentiated styles sharing a global form. Long before the bloody Partition of India in 1947, he warned that postcolonial independence, drawing perverse energy from the preceding era of imperial rule, would turn fascist because of Hindu nationalism, mob rule, and the cooptation of the state by dynasts and super capitalists. Fascism would live on in the postcolony.

    In Roy’s voluminous writing about Indian fascism in the 1940s, he argued that the world was in the midst of a civil war between the forces of autarky, on one hand, and those of federalization, on the other; between elite colonialist interests seeking to erect dividing walls and democratic anti-colonial people’s movements striving to break them down.

    The key contribution of Roy’s critical analysis — and the insight that made him so unpopular and politically irrelevant back in his day — was his assertion that the shoot of fascism in India had grown from the soil of Gandhism and the politics of the Indian National Congress and would continue to grow in mainstream Indian postcolonial nationalism.

    Seen from today’s perspective, the fascism promulgated by Narendra Modi’s regime draws its force not only from a fringe offshoot of the paramilitary Hindutva Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS), but also from the deeper taproot of mainstream political styles in India that go all the way back to the cult of the Mahatma, the appeal to ideas of Hindu cultural and spiritual exceptionalism, and the practices of instrumentalized mass mobilization by elites.

    It was Roy’s consistent view, sounding as perverse today as it did back then, that Gandhi’s paternalist mass movement and Congress dynasticism would condemn independent India to recurring confrontations with a homegrown Indian strain of fascism, and with the colonialist impulses of the postcolonial state.
    Drawing the Line

    The reigning nomos of the earth of the 1940s emerged from more than a century of imperial warmaking, which was the condition of possibility for the globalization of the modern nation-state form. British imperialist wars across South Asia after 1857, for example, marked a new resolve to draw the line of imperial domination, and to use fresh military and juridical technologies to execute and appropriate across the space it enclosed.

    These events, beginning in South Asia with the War of 1857, unleashed a global frenzy that next crescendoed across the Caribbean and Africa between 1865 and 1910, where all kinds of old and new techniques were put to work by the European imperial powers. Lines of all varieties — amity lines, colonial lines, cadastral lines, civil lines, hamletting lines, treaty lines, cartographic lines, partition lines, not to mention concentration-camp lines — were drawn, redrawn, and superimposed many times over across Asia, Africa, and the entire colonial world.

    As both Roy and Aimé Cesaire noted at the time, what then transpired between 1914 and 1945 — the rise of fascism and totalitarianism — was the continuation onto European soil of what European empires were doing across South Asia, the Caribbean, and Africa, as well as the indigenous world.

    The lines drawn in the 1950s era of decolonization — as in the preceding period of fascism — were carved inside the state too, as much as on their outer, contested boundary limits. Postcolonial statecraft of South Asia grew out of violent appropriation from subordinated castes, indigenous peoples, racialized groups, and minoritized ethnic communities. In this sense, according to Roy’s analysis, postcolonial South Asia, perhaps in more heightened fashion than in any other part of the world, was constituted through the drawing and redrawing of such lines of appropriation, and this made it extremely susceptible to postcolonial fascism.

    Roy, who was himself of a Bengali upper-caste family, wrote about the ways that casteist Hindu patriarchy placed women and sexual minorities “outside the line” and subjected them to appropriation, domination, and abjection. Under the conditions of British rule, as the state remained in the hands of a foreign overlord, Indian patriarchy redoubled its manipulations and delineations of the realm of sexuality.

    For Roy, majoritarian culture did not serve as a kind of inner space in which a measure of anti-colonial freedom was maintained. Instead, he contended, nationalist cultural politics in India served as little more than an intimate microcosm for the nomos of the earth.

    Roy viewed Gandhi’s cultural politics as the quintessence of this. As he wrote in one of his merciless eviscerations of Gandhian patriarchalism, “The profession of spiritualism commits Gandhians to the vulgarist, most brutal practices of materialism. . . . Spiritualist dogmas hide antidemocratic counterrevolutionary tendencies of orthodox nationalism.” He went on, “Indian fascism may even be nonviolent.”

    In Roy’s view, the vulgar materialism of “spiritualist” ideologies relied on ahistorical categories of identity and authenticity, and on the delineation of social hierarchies (i.e., the role of the woman, the role of the “harijan,” the role of the ethnic or communitarian Other, the role of the upper-caste patriarch). These rigidly enforced identity lines sought command over the historical dialectics of human experience and conspired to stabilize systems of social domination.
    Prescient Hyperbole

    Roy’s twelve-year period of imprisonment under British rule was reduced to seven, running from 1931 to 1936, and he subsequently worked to set up an Institute of New Thinking in the Indian town of Dehradun. It must be said that his analysis during these later years focused less on particular political events and strategies and more on the critique of political forms. Perhaps it became more hyperbolic too.

    Yet what might have appeared as Roy’s hyperbole in the 1940s, as he issued warning after warning about the rise of Indian fascism in and through mainstream postcolonial politics, today seems increasingly prescient, with the endurance of Modi’s India. In fascist regimes, elites attempt to coopt, coerce, and frighten the people, using the mechanisms of democracy itself to this end, turning segments of the people into masses, and the masses, eventually, into a mob.

    However, the people, in the diversity of their social needs, identities, and desires, may exceed and ultimately dispel the hold of the mob. Roy hoped for this outcome in 1946, even before South Asian democracies were born.

    At the time of the Indian Constituent Assembly, that great conclave of December 1946 when a people’s democratic system that could avoid the Partition of India and Pakistan was still possible, he advocated for the formation of “people’s committees,” in which “power will not be captured by a party, but by those committees, which will constitute the foundation of a democratic state.”

    In his last years, he developed what we can describe as an anti-Aristotelian and anti-Communist theory of the people: not as requiring leadership; not as needing education so as to be reared into democratic freedom; but as an inherently critical and political multitude, acting, diversely, out of the urgency of basic needs and innate desires. According to Roy, the greatest bulwark against mob rule in India was not an enlightened leader, vanguard, or political party, but the irrepressible and irreverent life of the diverse people themselves.

    After independence, in 1950s Dehradun, he established a philosophical movement known as Radical Humanism, which pursued cross-cultural insights from the writings of Anaxagoras, Pythagoras, Gautam, the Sufis, and others. Those insights set human beings within a larger cosmic balance of forces of which they might recognize themselves as planetary emanations, witnesses, and participants, rather than as archons who draw lines of domination and appropriation.

    As India enters Modi’s third term, another moment of contingency arises. As in other nation-states worldwide, alternatives to a fascist future are a matter of urgent struggle. In India, these alternatives to mob democracy all point in the direction of the as-yet-unrealized promise of a people’s democracy. The coin of Roy’s critical perspectives in the 1940s and ’50s redeems its value today as we watch what transpires next, where colonialist and fascist lines confront what Roy invoked as “the human urge to revolt against the intolerable conditions of life.”

    M. N. Roy
    https://en.m.wikipedia.org/wiki/M._N._Roy

    Manabendra Nath Roy (born Narendra Nath Bhattacharya, better known as M. N. Roy; 21 March 1887 – 25 January 1954) was a 20th-century Indian revolutionary, philosopher, radical activist and political theorist. Roy was the founder of the Mexican Communist Party and the Communist Party of India (Tashkent group).

    #Inde #histoire #marxisme #colonialisme #communisme #fascisme #hindoutva

  • Pour un communisme des ténèbres - Rencontre avec Annie Le Brun
    https://www.youtube.com/watch?v=MTwl0z5wYbY

    Envers et contre elle, Annie Le Brun traverse l’époque. Elle occupe ce point où sensible et politique, littérature et subversion, restent indissociables. L’expérience du surréalisme dont elle témoigne est tout le contraire d’un mythe, le contraire d’un passé. On y entend le vif des rencontres et de le plein des singularités, la puissance du collectif quand il chemine vers l’inconnu. Autant dire que sa manière de soutenir les désirs, de chasser toute tendance à la résignation ou de faire entendre la joie d’être ensemble, nous a beaucoup parlé à lundisoir. On y a parlé d’esthétique critique, de communisme des ténèbres et de ces lignes de crête sur lesquelles il faut se tenir pour rester inaccaparé. Ou encore, pour reprendre un passage des Vases communicants qu’elle nous avait apporté, de ces « réserves monstrueuses de beauté » dans lesquelles puiser pour « se garder de reculer et de subir » .

    #communisme

  • Ich war Stalins Spionin in den USA
    https://web.archive.org/web/20161220162139/http://www.zeit.de/1950/22/ich-war-stalins-spionin-in-den-usa/komplettansicht

    Hede -MassingEisler, Julian Gumperz, Richard Sorge et Gerhard Eisler sont tous connectés à Agnes Smedley, la journaliste qui a fait connaître au américains les communistes chinois et la lutte du peuple chinois pour sa libération.

    Wikipedia - Hede Massing
    https://de.wikipedia.org/wiki/Hede_Massing

    1.6.1950 von Hede Massing - Die geschiedene Frau des Kommunistenführers Gerhard Eisler enthüllt – 1. Verliebte Weltstaat-Träume

    Hede Massing, die in Amerika lebende Verfasserin unserer heute beginnenden Veröffentlichungsreihe, hieß einmal Hede Eisler und war die Frau jenes ostzonalen Propagandaministers Eisler, der gegenwärtig, indem er von Stalin redet, soviel von sich selbst reden macht. Während Gerhard, sobald dessen Umtriebe in Amerika bekannt wurden, zum Staatsfeind Nummer Eins „aufrückte“, lebte Hede in aller Zurückgezogenheit auf einer Farm in Pensylvania und suchte zu vergessen, daß sie einst eine rote Spionin gewesen war. Gerhard Eisler gelangte aus Amerika, wohin er vor Jahren emigriert war, auf abenteuerliche Weise nach Ostdeutschland, wo er alsbald sein prominentes Amt erhielt. Hede – wider Willen in den amerikanischen Prozeß gegen Alger Hiss hineingezogen – sah ein, daß sie nicht vergessen war und daß sie nicht länger schweigen konnte. Sie fühlte die Verpflichtung, aufzuklären und zu warnen. Sie enthüllt...

    Es sind nahezu neun Jahre gewesen, in denen ich als Geheimagentin der Auslandsabteilung des sowjetischen Systems, damals unter der Bezeichnung GPU bekannt, tätig war. Die ersten Jahre waren eine Art Lehrzeit, die ich zum Teil in Moskau durchmachte, doch führte ich gelegentlich auch Aufträge in verschiedenen europäischen Hauptstädten aus. Die letzten vier Jahre, von Oktober 1933 an bis zum Jahre 1937, war ich in den Vereinigten Staaten als selbständige Spionin beschäftigt. – Mit tiefem Bedauern schreibe ich heute diese traurigen Geschehnisse nieder, mit denen ich die besten Jahre meines Lebens vergeudete. Mit Bedauern, doch nicht mit Scham! Denn, was ich tat, das tat ich nicht aus niedriger Bosheit oder aus Geldgier. Ich folgte damals der Stimme meines Gewissens. Ich folge ihr auch heute, indem ich meine Geschichte der Öffentlichkeit unterbreite.

    Menschen wie ich arbeiteten glühend vor Stolz. Wir waren damals der Überzeugung, daß wir die „Menschheit retten“ müßten, und glaubten, wir hätten das Recht, außerhalb der gewöhnlichen Moralgesetze zu stehen. Dazu kam, daß die ganze Atmosphäre unserer Verschwörertätigkeit: die angenommenen Namen, die heimlichen Zusammenkünfte, das geheimnisvolle Kommen und Gehen von Abgesandten Moskaus, uns ständig in innerer Erregung hielten. Wir betrachteten uns niemals als Spione und Agenten im schmutzigen Sinne des Wortes. Wir fühlten uns als stolze und – ergebene Mitglieder einer weltumspannenden „Organisation“, als zuverlässige Soldaten der kommenden „Revolution“, als treue Angehörige der weltumspannenden Sowjetunion der Zukunft. Doch eines Tages fühlte ich auch, daß Amerika mir lieb geworden war. Ich spürte, daß ich, wenn ich für Moskau spionierte, mein Adoptiv-Vaterland Amerika verriet. Und es gelang mir, mich aus den Netzen der Spionage zu befreien. Von da ab lebte ich ruhig und friedlich auf meiner Farm bei Quakertown in Pensylvania, überzeugt, daß meine Vergangenheit begraben und vergessen sei. Viele meiner neuen Freunde hatten keine Ahnung, daß ich jemals Kommunistin oder gar Mitglied einer Spionagezentrale gewesen war. Selbst die unbestimmte Furcht, daß die Sowjets sich an mir rächen könnten, hatte aufgehört mich zu quälen.

    Da plötzlich kam der Alger-Hiss-Skandal und schleuderte mich ganz gegen meinen Willen in das Rampenlicht der Öffentlichkeit. Kaum hatten die Verhandlungen vor dem Großen Schwurgericht Ende 1948 begonnen, als ich von den Zeitungen als die „geheimnisvolle Frau hinter den Kulissen“ bezeichnet wurde. Im zweiten Prozeß gegen Hiss, der kürzlich vor einem Bundesgerichtshof in New York durchgeführt wurde, hatte ich dann über meine einzige Begegnung mit dem angeklagten Beamten des Außenministeriums als Zeugin auszusagen. Als ich jedoch zum erstenmal die Nachricht von den Anklagen gegen Hiss hörte, war ich ganz verzweifelt. Mein geliebtes Leben der Einsamkeit in Gefahr! Ich versuchte, meine Vergangenheit verborgen zu halten und höchstens das auszusagen, was im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Hiss-Drama bestand. Dann aber, da ich einsah, daß mein Geheimnis gelüftet war, wurde mir klar, daß es meine Pflicht sei, alles zu sagen, was ich wußte. Mir kam der Gedanke, daß ich auf diese Weise dazu beitragen könnte, vergangenes Unrecht wiedergutzumachen.
    Die geheime Bruderschaft

    Einige der Ereignisse dieser meiner Geschichte sind blutig genug. Zum Beispiel starb mein erster Spionagechef in Amerika eines gewaltsamen Todes in New York. Der legendenhafte „Ludwig“, der europäische Meisterspion, der mich in die geheime Bruderschaft eingeführt hatte, vurde in der Schweiz von seinen eigenen Agenten auf Befehl Moskaus in eine Falle gelockt und erschossen. Einige andere, deren Wege den meinen bei meiner Tätigkeit in der „Untergrundbewegung“ kreuzten, fielen einer „Säuberung“ zum Opfer oder entgingen ihren Henkern nur durch Selbstmord. Wenn ich auch nur eine ganz gewöhnliche Agentin war, so haben doch nur wenige so tiefen Einblick in die Tätigkeit der GPU erhalten wie ich. Und nur wenige von jenen unter ihnen, die sich von der Organisation losgesagt haben, sind am Leben geblieben ...

    Übrigens muß ich betonen, daß das Leben eines Sowjetspions nicht ausschließlich aus romantischen Verkleidiungs- und Mordaffären besteht. Meine eigenen Erfahrungen gewann ich für meinen Teil hauptsächlich aus dauernder Kleinarbeit, die mehr Geduld als Mut, mehr einfache Schlauheit als hohe Strategie verlangte. Ich half zum Beispiel bei der Herstellung von falschen amerikanischen Pässen für unsere Mitarbeiter im Ausland. Oder ich überwachte einen New Yorker Zeitungsmann, dessen Treue und Verläßlichkeit Moskau gegenüber von der GPU geprüft wurde. Ungefähr ein dutzendmal mußte ich plötzlich als Kurier nach Europa fahren mit einem wertvollen Paket von Filmen, die ick am Leibe versteckt trug. In erster Linie erwartete man von mir, die ich eine Amerikanerin mit einem großen Bekanntenkreis in den sogenannten liberalen Bezirken von New York und Washington war, daß ich Leute, die mit den Sowjets sympathisierten, zu aktiver Mitarbeit an der Untergrundbewegung überredete. „Kontakt pflegen“ war der Ausdruck, den wir dafür in amtlichen Berichten verwendeten. Abgesehen von meinen unmittelbaren Vorgesetzten – stets waren es Russen mit Codenamen – durfte ich nur wenige Mitglieder meiner Organisation kennenlernen. Dezentralisierung ist das erste und strengste Gesetz für die Spionagearbeit. Und da ich ein kleines Rädchen in einer großen Maschine war, konnte ich nicht immer verstehen, wie meine Aufgaben in die größeren Pläne hineinpassen sollten. – Doch, um alles klarzumachen, muß ich wohl ganz von Anfang an beginnen, mit meiner eigenen Vergangenheit und jenen Vorgängen, durch die ich in das phantastische Labyrinth der kommunistischen Unterwelt hineingezogen wurde. Es war die Liebe zu einem jungen Mann namens Gerhard Eisler.

    Wien vor dem ersten Weltkriege war eine fröhliche, leichtlebige Stadt, doch in der Familie, in die ich vor 50 Jahren hineingeboren wurde, herrschte wenig von dieser Fröhlichkeit. Ein Paar, das schlechter zusammenpaßte als meine Eltern, kann man sich auch kaum vorstellen. Mein Vater, Philipp Tune, war ein fescher, halbgebildeter Zirkusreiter, dabei katholisch. Meine Mutter war eine unscheinbare, sanftmütige Jüdin mit einer guten Erziehung. Sie hatte den gutaussehenden Polen auf einem Jahrmarkt auf dem Lande in der Nähe von Lemberg kennengelernt, und er war ihr nach Wien gefolgt. Meine Mutter hatte gerade soviel Einkommen, daß sie ihren Mann, der nicht arbeiten wollte, unterhalten und ihre drei Kinder ärmlich durchbringen konnte. Es gab keinen Tag, an dem sie nicht unter den Liebesaffären, dem Trinken und dem Glücksspiel unseres Vaters zu leiden hatte. So lag ein Schatten auf meiner Kinheit und ließ mich auf meine Freunde neidisch werden, die unter normalen Familienverhältnissen lebten.

    Als ich ungefähr vier Jahre alt war, wanderten wir nach Amerika aus. Ein Restaurant, das meine Mutter in Fall River, Massachusetts, eröffnete, brachte nichts ein, weil ihr Ehemann bei seiner Trunksucht ihr bester Kunde war. Um sich und ihre Familie durchzuschlagen, arbeitete meine Mutter alsdann in einer Fabrik in New York. Ich habe eine dunkle Erinnerung an die ersten Schulklassen in einer Schule im Osten der Stadt, bevor wir nach Wien zurückgingen.

    Ja, wir gingen nach dreijährigem Amerika-Experiment nach Wien zurück. Als junges Mädchen besuchte ich sowohl die katholische als auch die jüdische Sonntagsschule. Ich sang im Kirchenchor, doch alle meine jugendlichen Träumereien drehten sich um eine Laufbahn als Schauspielerin. Tatsächlich gewann ich noch als Backfisch ein Stipendium am Konservatorium in Wien und verdiente mir bald ein Taschengeld durch Singen und Deklamieren bei privaten Veranstaltungen. Mein Vater ließ seine Familie schon während des ersten Weltkrieges im Stich. Meine arme Mutter aber beweinte den Taugenichts bis an ihr Lebensende – bis sie in Hitlers Todeskammern von Auschwitz während des letzten Krieges Erlösung fand ...

    Als der erste Weltkrieg zu Ende gegangen, war ich zu einem großen, rötlichblonden Mädchen herangewachsen, stark beschäftigt mit meiner eingebildeten Theaterkunst. Dann lernte ich in einem Wiener Kaffeehaus Gerhard Eisler kennen, und damit war mir mein Leben vorgezeichnet.

    Obgleich Gerhard erst Anfang der Zwanziger war, genoß er bereits einen ausgezeichneten Ruf unter seinen linkspolitisch gerichteten Freunden. Er galt als ein begabter Poet, Dramatiker und Redner. Was aber wichtiger war –: er genoß den Ruhm, daß er als Oberleutnant wegen ungesetzlicher revolutionärer Agitation degradiert worden war.

    In der ersten Zeit war er mehr mein älterer Bruder als mein Liebhaber. Nachdem er von meinem elenden Leben zu Hause gehört hatte, nahm er mich mit meiner gesamten Habe in seinem bürgerlichen Haushalt auf. Die alten Eislers, gute Menschen und große Bücherfreunde, erwiesen mir all die Liebe, nach der ich mich sehnte. Bald aber wurde Gerdi, wie wir ihn nannten, zu größeren Aufgaben berufen. Er. wurde einer der Führer der sich schnell entwickelnden kommunistischen Partei Deutschlands und Herausgeber ihres amtlichen Organs, der „Roten Fahne“ in Berlin.
    ABC des Kommunismus und der Liebe

    Unsere Heirat im Jahre 1920 bedeutete für seinen Kreis ein Entgegenkommen. Ich war eine junge Frau, die den Lippenstift benutzte und elegante Hüte liebte, und ich schien schlecht ins kommunistische Hauptquartier zu passen. Die Männer verwöhnten mich, die Frauen ärgerten sich über mich. Aber für mich war’s erregend, daß ich mich plötzlich inmitten dieser leidenschaftlichen Welt von Kameradschaft, Intrigen und revolutionärem Pläneschmieden befand.

    Für mich wurde die „Bewegung“ geradezu ein Ersatz für Religion. Obgleich ich wenig über den Kommunismus wußte, hatte ich ein Gefühl idealer Zugehörigkeit. Ich lernte genug vom marxistischen Jargon, um mich an der Unterhaltung beteiligen zu können. Revolutionen haben mehr, mit dem Herzen als mit dem Verstände zu tun! Wir waren nicht umsonst überzeugt, daß wir die Welt mit unseren bloßen Händen ändern könnten ... Ich erinnere mich, daß Gerhard versuchte, mich das „ABC des Kommunismus“ auswendig lernen zu lassen. Er gab diese hoffnungslose Angelegenheit bald wieder auf. Unsere Ehe dauerte vier Jahre und endete allmählich ohne Bitterkeit. Gerhard heiratete später meine jüngere Schwester Elli, die heute noch in Stockholm behauptet, seine gesetzliche Frau zu sein. Inzwischen hatte ich einen in Amerika geborenen Deutschen liebgewonnen, einen wohlhabenden jungen Nationalökonomen und Verlagsbuchhändler, namens Julian Gumperz. Bald darauf heirateten wir. Dr. Gumperz war der Besitzer des „Malik-Verlages“, des nichtamtlichen kommunistischen Verlagshauses. Wir richteten auch unter man er Leitung den „Malik-Buchladen“ ein, der bei den politisch linksgerichteten Intellektuellen zu einem guten Ruf gelangte. Im gewissen Sinne war er mein „Salon“. Erst viel später wurde es mir klar, daß er auch einen bequemen Treffpunkt für Sowjetagenten in Berlin abgegeben hatte.

    Es war im Jahre 1926, daß wir nach den Vereinigten Staaten gingen. Wir blieben dort nahezu zwei Jahre, wo Julian Material für ein soziologisches Buch sammelte. Dieser Besuch erwies sich als entscheidend für mein zukünftiges Leben. Als erstes erwarb ich als die Frau eines geborenen Amerikaners das amerikanische Bürgerrecht – sechs Jahre später mein nützlichster Besitz. Dann erwarb ich mir Dutzende von amerikanischen Freunden, bevor wir nach Deutschland zurückkehrten. Gerhard Eisler blieb für mich eine Art älterer Bruder in all den Jahren nach unserer Scheidung. Und ich muß es ihm heute noch hoch anrechnen, daß er sich die größte Mühe gab, mich aus der Spionage herauszuhalten. Nicht, weil er es im Prinzip verurteilte, sondern einfach deswegen, weil er mich für diese Art von Leben für ungeeignet hielt. Während der Jahre 1923 bis 1925 hatte Gerhard in bitterem Kampfe mit der deutschen kommunistischen Führung unter Ernst Thälmann gestanden. Im Jahre 1928 war es zur Krise gekommen, als Moskau sich auf die Seite Thälmanns stellte und Eisler tatsächlich eine Zeitlang aus dem Zentral-Komitee ausgeschlossen wurde. In diesem Kampf waren alle Mittel recht. Ein Anhänger Thälmanns zum Beispiel war in unser Heim eingeschlichen und hatte Privatpapiere gestohlen. Als er überrascht wurde, sprang er aus einem Fenster des zweiten Stockwerks. Der Verbrecher war Heinz Neumann, später ein Günstling Stalins und – wie alle seine Günstlinge – vom Schicksal dazu verurteilt, in einem GPU-Keller in den Jahren der „Säuberung“ zu sterben ... Obgleich wir in späterer, langer Zeit uns politisch weltenfern voneinander entfernten, kann ich mich nicht dazu entschließen, in Eisler die unheilvolle Gestalt zu sehen, als die er sich heute darstellt. Ich glaube, daß sich hinter der Maske eines stalinistischen Beamten immer noch ein in seinen Erwartungen enttäuschter und unglücklicher Künstler verbirgt. Wäre er nicht durch seine Hingabe an den Kommunismus verdorben, hätte er ein großer Schriftsteller und ein nützlicher Mensch werden können. – Vor einigen Jahren erblickte ich ihn, zum erstenmal seit zehn Jahren, durch ein Fenster in einem Broadway-Restaurant, wo ich gerade saß. Er schleppte sich mühsam dahin wie ein Gespenst aus meiner Vergangenheit –: ein beklagenswerter in Gedanken versunkener kleiner Mann in ungebügeltem Anzug, seine Taschen wie immer vollgepfropft mit Papieren und Flugschriften. Er kam mir furchtbar kläglich vor, und mit einem Herzen voll Mitleid verfolgte ich seine Schritte. Wie wird es ihm einst ergehen? Episoden wie Gerhards frühere Herausforderung Moskaus werden dort niemals ganz vergessen oder vergeben sein. Sie bleiben als schlechte Noten in seiner Personalakte. Ich war nicht überrascht, als er kürzlich einen „scharfen Verweis“ von seinen Vorgesetzten erhielt, und ich werde nicht überrascht sein, sollte er tragischerweise eines Tages hinter dem Eisernen Vorhang sein Ende finden ...
    Agentin niederen Grades

    Vor einigen Monaten hat General MacArthurs Hauptquartier in Tokio einen sensationellen Bericht über die Sowjetspionage im Fernen Osten vor und nach dem Kriege veröffentlicht. Die Hauptperson in diesem Bericht ist eine fast schon legendäre Gestalt im internationalen Ränkespiel, ein Dr. Richard Sorge, den die Japaner fingen und hingerichtet haben. Als ich auf meiner Farm in Pensylvania hierüber las, erinnerte ich mich auf das lebhafteste an meine Einführung in die Sowjetuntergrundbewegung. Julian Gumperz und ich hatten Sorge jahrelang als einen ruhigen gelehrten Kameraden gekannt. Später hörten wir, daß er am Marx-Engels-Institut in Moskau arbeitete.

    Gegen Ende des Jahres 1929 besuchte er uns in Berlin und überbrachte Grüße von einem jungen Deutschen, Dr. Paul Massing, der damals in Moskau lebte, und in den ich mich bis über die Ohren verliebt hatte. Dr. Sorge deutete damals an, daß man größere Dinge mit mir vorhabe. Er fragte mich, ob ich wohl zunächst zwei Kameraden, die gerade von Moskau gekommen seien, unter meine Obhut nehmen wolle. Ich sagte zu. Obgleich bei dieser meiner Aufgabe die ausgesuchtesten Vorsichtsmaßregeln angewandt wurden, war sie reichlich prosaisch. Ich hatte nur die zwei Leute mit europäischer Kleidung auszustatten sowie Gepäck und sonstigem Zubehör, so daß sie bei ihrer Ankunft in England nicht als Russen erkannt würden. Dr. Sorge stellte mir noch einige ziemlich unwichtige Aufgaben, die ich ausführte, ohne zu merken, daß ich für eine größere Sache geprüft und vorbereitet wurde. „Wir haben dich lange beobachtet, Hede“, sagte er schließlich. „Wir wollen dich mit einem sehr bedeutenden Mann der Partei bekannt machen.“ Ich hatte keine blasse Ahnung, was das „wir“ bedeute. Selbst nachdem ich eingefangen worden war, ist mir niemals ausdrücklich gesagt worden, daß es die GPU sei. Die Spione der niederen Grade kennen nämlich nur ihre nächsten Mitarbeiter, und je weniger Menschen um so besser. Alles darüber hinaus wird in Nebel und Dunkel gehalten. Meine romantische Seele aber wurde durch eine Vorahnung von Abenteuern erregt ... Jeder Kommunist ist sich darüber klar, daß unter der äußeren Schale der Partei sich ein riesiges unterirdisches Gebiet befindet, wo die wirkliche und gefährliche revolutionäre Arbeit geleistet wird. Ich hatte das Gefühl, daß ich drauf und dran war, in diese verbotenen geheimnisvollen Regionen eingeführt zu werden.

    Sorge geleitete mich zu der Zusammenkunft mit dem „wichtigen Kameraden“. Der ganze Vorgang wurde mit einem geheimnisvollen Dunkel umgeben. Wir wechselten mehrfach die Droschken – „um etwaige Verfolger abzuschütteln“ – und landeten schließlich in dem Hinterzimmer eines abgelegenen Kaffeehauses. Ich traute meinen Augen nicht und fing an zu lachen. Nach diesen langen dramatischen Vorbereitungen stellte es sich heraus, daß der Mann, der uns erwartete, einer meiner Lieblingskunden in dem Buchladen war, den ich jahrelang geleitet hatte.

    Er war ein kleiner dicklicher Mann in der Mitte der Dreißig, mit blauen Augen und einem ansteckenden Lächeln. Ich hatte ihn immer nach seinem Äußeren für einen freundlichen, gutbürgerlichen Menschen gehalten. Er war häufig in meinen Laden gekommen und hatte besonderes Interesse für Erstausgaben. Manchmal verschwand er für Monate, und ich freute mich immer, wenn ich ihn wiedersah. Wir sprachen über alles, außer über Politik. Ich war nie auf den Gedanken gekommen, daß er ein Kommunist sein könnte, und wirklich schien er mir alles andere eher zu sein, als was ich mir unter einem Verschwörer vorstellte. Tatsächlich aber war er damals der bedeutendste Agent der GPU in Europa; er blieb es bis 1937 ...

    „Nennen Sie mich Ludwig“, sagte er. Wir wurden enge Freunde, aber bis zu seiner neun Jahre später erfolgten Ermordung erfuhr ich nie, wie er wirklich hieß.

    In den folgenden Monaten sah ich Ludwig sehr oft. Gelegentlich unserer ersten Zusammenkunft hatte er mich um die Vorbereitung von Berichten auf Grund einer langen Liste von Menschen meines Kreises gebeten. Das einzige, was er in bezug auf meine zukünftige Aufgabe verlauten ließ, waren gelegentliche Bemerkungen, daß „unsere Arbeit“ nicht nur Amt, sondern auch Haltung, Grazie und weibliche Reize erfordere ... (Wird fortgesetzt.)

    Ich war Stalins Spionin in den USA - II. Vorsichtige Agenten-Schulung
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    8.5.1950 von Hede Massing - Hede Massing, die einst als Frau des heutigen ostzonalen Propagandaministers Gerhard Eisler von diesem selbst in die Geheimlehre des internationalen Kommunismus eingeführt wurde, bereut nichts so sehr, als daß sie jahrelang Stalins Spionin in den Vereinigten Staaten war. Zur Warnung der zivilisierten Welt enthüllt sie, was sie weiß, und berichtet, was sie erlebte. Die „Zeit“ begann (in Nummer 22 vom 1. Juni) die Veröffentlichung ihrer Enthüllungen mit der Darstellung, wie Hede Massing, nachdem sie in überaus traurigen Verhältnissen zu Wien aufgewachsen, den Mann kennenlernte, der, wie sie schrieb, „ihr Schicksal wurde“. Ihre Ehe mit Eisler wurde jedoch geschieden, sie heiratete einen anderen Kommunisten, den „Malik“-Verleger Julian Gumperz. Schon tauchte ein dritter Mann auf: der in Moskau lebende Paul Massing. Endlich wurde sie für reif gefunden, in den Kreis der Eingeweihten Einblick zu nehmen. Sie sah den „Meisterspion“ der Sowjets, den geheimnisvollen Agenten, der keinen Namen, nur einen Vornamen hatte: „Ludwig“, und so geriet sie von Auftrag zu Auftrag tiefer ins Netz ...

    Wann immer ich es wagte, neugierige Fragen zu stellen, betonte Ludwig, wie weise es sei, nicht zuviel zu wissen. Er lehrte mich, daß ich niemals Verabredungen am Telefon treffen solle, es sei denn in geheimer Code-Sprache. Er zeigte mir Schliche, wie man der Polizei entgeht, wenn man verfolgt wird. Er lehrte mich hundert andere Dinge, die mir dann allmählich zur zweiten Natur wurden ... Ludwig fand heraus, daß Julian und ich im Begriff waren, uns zu trennen. Aber als ich ihm meinen Wunsch anvertraute, Paul Massing in Moskau zu treffen, versuchte er mich davon abzubringen. Später versuchten auch Dr. Sorge und Gerhard Eisler, mir diese Reise auszureden. Offenbar glaubten diese erfahrenen Männer, es sei das Beste für eine junge Schwärmerin, nicht einen allzu tiefen Einblick in die sowjetische Wirklichkeit zu tun. Ich machte mich dennoch auf die Reise. Während der fünfzehn Monate, die ich in Moskau verbrachte – vom Januar 1930 bis Frühling 1931 –, begann ich, ihre Befürchtungen zu verstehen. Meine Erfahrungen waren schmerzlich und ernüchternd.

    Es war die Zeit der Kollektivierung und des ersten Fünfjahresplans, der Massenverhaftungen und des Hungers. Das Maß all dieses Elends war zu offenbar, als daß selbst freundlich gesinnte Ausländer es übersehen konnten. Eine Zeitlang gab ich erwachsenen Deutschen klassenweise Unterricht. Ich war bestürzt über das verlegene und eisige Schweigen, das meine begeisterten Lobpreisungen der Herrlichkeiten unseres sowjetischen Vaterlandes fanden. Einen der schwersten Schläge aber erteilte mir – freilich ohne es zu wissen – der United Press-Korrespondent Eugene Lyons, den ich von New York her kannte. Er erzählte mir vom bolschewistischen Terror, der in den Dörfern herrschte. Ich war erschüttert und sprach mit „Ludwig“, der soeben in der Sowjet-Hauptstadt eingetroffen war. Er verbot mir, die Familie Lyons je wieder zu besuchen. Auch Gerhard Eisler kam in dieser Zeit nach Moskau, und auch ihm vertraute ich meine wachsenden Zweifel an. Mit der Offenheit des gewesenen Ehemannes gab er seiner Überzeugung Ausdruck, daß ich viel zu harmlos und leichtgläubig sei, um zu begreifen, daß die „großen Experimente“ von Natur aus blutige Angelegenheiten seien und keine Fünf-Uhr-Tee-Angelegenheiten. – Nur diejenigen, die ebenso wie ich Kommunist waren, werden verstehen, warum ich, trotz meiner Zweifel, mich nicht lossagte. Ich war an die Partei gefesselt mit tausend Banden der Treue, hochgespannten Hoffnungen und – aus reiner Gewohnheit. Zugleich sah ick in Deutschland den Hitlerismus hochkommen. Nun hielt ich es erst recht für häßliche Fahnenflucht, wenn ich meinen deutschen Kameraden die Treue bräche. Nach und nach verschwamm auf diese Weise das wirkliche Rußland vor meinem geistigen Auge, und ein nur in der Einbildung vorhandenes „Land der proletarischen Freiheit“, das Sinnbild unserer Träume, nahm Besitz von meinem Denken und Empfinden.

    Nach Berlin zurückgekehrt wurde unter der vorsichtigen Leitung von „Ludwig“ mein „Austritt“ aus der Partei organisiert. Ganz allmählich, soweit dies möglich war, brach ich die Beziehungen auch zu den hervorragenderen Kommunisten ab, von denen, wie ich hörte, einige nicht wenig murrten über „Hedes eigenartiges Abrücken von der aktivistischen Arbeit, und dies zu einem Zeitpunkt, da der Kampf begann, am heißesten zu werden...“

    Wegen der sich verschlimmernden Nahrungsmittellage in Rußland entschlossen sich damals meine Freunde Louis und Markoosha Fischer, ihre beiden kleinen Söhne in einer Berliner Schule unterzubringen. Ich sollte als „Ersatzmutter“ einspringen und die Kinder versorgen. Ein dritter Junge, der Sohn von Felix Silberstein, dem Vertreter von Ludwig, kam später noch dazu. Ludwig war entzückt. Keine Geheimpolizei der Welt würde auf den Gedanken kommen, daß eine „Hausfrau“ mit drei ihr anvertrauten Kindern überwacht werden müsse! Indem machte sich diese „Hausfrau“ eifrig an ihre geheime Aufgabe. Sie hieß: Anwerbung von Agenten für unsere Arbeit. Es war dies eine Geduldsprobe und eine Erziehung zur Vorsicht, die sich zu gegebener Zeit in Amerika bezahlt machen sollte.

    Wenn sie sich für einen neuen „Fall“ interessierten, bestanden Ludwig und Felix Silberstein darauf, die geringfügigsten Einzelheiten der Lebensgeschichte unseres Anwärters, alle Details über seine Familie, seine Gewohnheiten und kleinen Schwächen zu erfahren. Das verlangte diskrete Nachforschungen, lange Unterhaltungen mit dem Opfer und eine Menge mündlicher und schriftlicher Berichte. Einen „Anwärter“ reif zur „Zusammenarbeit“ zu machen, erforderte große Geschicklichkeit und Erfahrung. Man mußte sich überlegen, ob man sie bei ihrem etwa vorhandenen Idealismus oder ihrer Habgier, bei ihrer Eitelkeit oder ihrer Machtgier zu packen hatte.
    Ich war Stalins Spionin in den USA – Seite 2

    Einmal wurde ich nach Wien befohlen mit dem Auftrag, täglich zu einer bestimmten Stunde in einem bestimmten Restaurant zu sein und mich bereit zu halten. Ich begrüßte diese Reise als eine lang entbehrte Gelegenheit, meine Mutter wiederzusehen. Zugleich war ich neugierig auf das, was sich ereignen würde. Ludwig fuhr mit, er, den ich bewunderte und dessen Urteil ich unbedingt vertrauen durfte, eine Tatsache, die später bei meinem schließlichen Bruch mit dem Stalinismus eine Rolle spielen sollte. Diesmal sollten er und ich schnell ein einsames Versteck in einem Wiener Vorort ausfindig machen, wo die Aufstellung einer Radioantenne kein Aufsehen erregen würde. Ein Jugendfreund von mir half uns dabei. Er besaß zufällig genau das Landhaus, das wir brauchten. Ich hatte mir den Platz bereits angesehen, bevor ich an ihn herantrat. Doch ach, mein Freund war kein Held. Es kostete meine ganze Überredungskunst, ehe er sich unter dem Eindruck einverstanden erklärte, daß es sich um eine edle antifaschistische Aufgabe handle. Nachdem ich ein Zusammentreffen zwischen ihm und Ludwig, der natürlich einen angenommenen Namen trug, verabredet hatte, war meine Rolle ausgespielt; ich fuhr zu den drei Kindern nach Berlin zurück. – Ein anderes Mal wurde ich von der „Kommunistischen Internationale“ zu einer Mission nach London „ausgeborgt“, obwohl man gewöhnlich die GPU und ihre Tätigkeit peinlich getrennt hielt von den internationalen Angelegenheiten. Aber die Bitte kam von Hugo Eberlein, einem Gründer der Internationale, und durfte nicht abgelehnt werden, denn er genoß ein hohes Ansehen, das vornehmlich auf der Tatsache beruhte, daß er mit Stalins Adoptivtochter verheiratet war. Ich sollte ihm als Dolmetscherin dienen und ihn auch sonst nach Kräften in allen Dingen unterstützen. Dies ging so vor sich –: Ich begab mich zu einem Bücherrevisor mit Namen Callam, Kassierer der Partei, nach Essen, der den Auftrag erhalten hatte, die Bücher der Britischen Kommunistischen Partei und des Londoner Daily Worker" zu prüfen. Callam und ich fuhren mit denselben Zügen und demselben Kanalboot, und doch benahmen wir uns wie gänzlich Fremde. Einzeln und einige Stunden nacheinander kamen wir in einem zweitklassigen Londoner Hotel an.

    Bis in seine Fingerspitzen ein deutscher Buchhalter, jagte Genosse Callam hinter jedem einzelnen Schilling her. Die Bücher der Partei waren in einem Privathaus außerhalb Londons untergebracht. Callam und ich fuhren also unter Beobachtung aller Vorsichtsmaßnahmen täglich dorthin. Von Zeit zu Zeit bestellte ich Parteifunktionäre, wenn Einzelposten in den Abrechnungen erklärt werden mußten.

    In Erinnerung an diese Erfahrungen macht es mir immer Spaß, wenn ich Leute darüber diskutieren hörte, ob die einzelnen kommunistischen Parteien der Länder wirklich von der Moskauer Zentrale finanziert und kontrolliert würden. Ich vergaß niemals, daß unsere Mission in London nichts anderes war als die Prüfung der Bücher einer ausländischen Filiale durch das Büro des Stammhauses.

    Der in England tätige Kommunist Harry Pollit und andere führende Partei-Männer sorgten für unsere Bequemlichkeit. Aber Callam hatte nichts übrig für gesellschaftliches Leben, während ich fast im Übermaß von reichen und selbst mit Titeln ausgezeichneten Fremden gefeiert wurde. Der zunehmende Kampf mit dem Nazismus brachte es mit sich, daß deutsche Genossen, welche das Land besuchten, zum Gegenstände besonderen Interesses und besonderer Aufmerksamkeit wurden. Uns aber vermittelte die Gewißheit, einflußreiche Freunde in jedem Winkel der Erde zu treffen, das prickelnde Gefühl, einem großen geheimen Orden anzugehören, dem Orden der Aktivisten!

    Eine Begegnung in Berlin um 1932 herum möchte ich erwähnen: Ich traf einen kleinen, dunklen, unauffälligen Mann, der später eine allzu bekannte Persönlichkeit wurde und den Ludwig und Felix mit großer Ehrerbietung behandelten. Viele Jahre später, als sein Bruch mit den Sowjets eine Weltsensation wurde, wurde mir klar, daß es General Walter Krivitsky gewesen war, das Haupt des gesamten Roten Heeres-Abwehrdienstes in Westeuropa. Damals kam er mir so vor, als wollte er mich für eine besondere Verwendung prüfend beobachten. Doch vielleicht fand ich keine Gnade vor seinen Augen, da man von meiner Verwendbarkeit nicht wieder sprach.

    Als Hitler an die Macht kam, schien es, als sei mein amerikanischer Paß wichtiger als ich selbst. Konnte ich doch – ohne daß ich Verdacht erregte – Deutschland verlassen und wieder zurückkehren! Natürlich beeilte ich mich zunächst, die Kinder Fischers und den Sohn von Felix Silberstein nach Moskau zu schaffen, wobei ich aus Gründen größerer Sicherheit den Weg über Prag wählte. – Die Ereignisse in Deutschland hatten offenbar die üblichen Verbindungen mit Westeuropa unterbrochen. Ich wurde jedenfalls dazu bestimmt, eine bedeutende Summe in Franken von Moskau nach Paris zu bringen. Zuvor jedoch wurde ich in den Büroräumen der Komintern, wo ein Genosse namens Abramov mit den Vorbereitungen meiner Reise beschäftigt war, geradezu polizeimäßig fotografiert, von vorn und im Profil, und meine Fingerabdrücke wurden genommen. Ein abstoßender Vorgang, der mir eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Das Geld, das mir in ziemlich kleinen Scheinen übergeben wurde, war übrigens so unhandlich, daß sogar, nachdem ich es glattgestrichen, in einen selbstangefertigtem Gürtel untergebracht hatte, ich für die Dauer der Reise so tun mußte, als ob ich in anderen Umständen sei. In dem sowjetischen Grenzen Negorelye ließ mich ein geflüstertes Losungswort ohne Untersuchung durch.

    Um die Gefahr einer Verfolgung zu verringern, machte ich einen Umweg über Wien und Zürich und blieb einige wenige Tage in jeder der beiden Städte. Im Zuge nach Zürich wurde ich durch einen jungen Franzosen beunruhigt, der mir trotz meiner ausgestopften Figur andauernd Aufmerksamkeiten erwies. Und meine Unruhe wurde zum Entsetzen, als ich ihm auch im Zuge nach Frankreich begegnete und er weiter überhöflich zu mir blieb. So war es mir eine unendliche Erleichterung, als ich bei unserer Ankunft in Paris eine kommunistische Abordnung antraf, die meinen Kavalier erwartete. Er war der Führer der französischen Jugend und hatte zufällig den gleichen Umweg von Moskau gewählt. In Paris angekommen, ging ich in das Wartezimmer eines Zahnarztes, wo ich auftragsgemäß eines Mannes harrte, dessen Bild mir in Moskau gezeigt worden war. Er kam. Wir gingen in eine Bar. Dort entledigte ich mich in der Damentoilette meiner „Schwangerschaft“. Ich händigte ihm die Franken aus; sie waren notdürftig in eine Zeitung verpackt...

    Ein anderes Mal halfen Paul Massing und ich in Berlin bei der Einrichtung einer illegalen Eisenbahnverbindung zum Herausschmuggeln schwerbelasteter Genossen aus dem Lande. Ich brachte die mir anvertrauten Leute in ein Dorf auf der deutschen Seite der tschechischen Grenze, wo ich sie in einem armseligen Gasthaus unseren tschechischen Helfern übergab. Dabei ging ich gewöhnlich ganz offiziell mit meinem amerikanischen Paß auf die tschechische Seite und wartete dort unruhig, bis ich mich überzeugt hatte, daß die Leute sicher herübergekommen waren. Während mehrerer Monate dieser Tätigkeit verloren wir nicht einen Mann. (Wird fortgesetzt)

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    Ich war Stalins Spionin in den USA - Die geschiedene Frau des Kommunistenführers Gerhard Eisler enthüllt – IV. Agenten konkurrieren im Dienst desselben Herrn
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    22.6.1950 von Hede Massing - Die bisher in der „Zeit“ veröffentlichten Enthüllungen Hede Massings, die in erster Ehe mit dem heutigen ostzonalen Propagandaminister Gerhard Eisler verheiratet war und einst durch ihn in die Geheim-Zirkel der kommunistischen Internationale eingeführt worden war, haben Aufsehen erregt. War sie auch keine große Spionin in Stalins Dienst, sondern eher, wie sie meinte, „ein Sergeant unterm Befehl eines Offiziers“, so hat sie doch tiefen Einblick in die Hintergründe sowjetischer Spionage in den Vereinigten Staaten nehmen können. Nie wurde der „Alltag“ eines Sowjetspions, das Drum und Dran seiner obskuren Tätigkeit, so anschaulich geschildert, wie dies Hede Massing unternimmt, die aus Liebe Kommunistin wurde, aus Idealismus Spionin und die, nachdem sie die Wahrheit erfahren hatte, den Mut fand, ihre Handlungen öffentlich auszubreiten. Ihre Triebkraft ist Reue; ihr Ziel ist Warnung...

    Meinen ersten Bericht über mein Zusammentreffen mit Field hatte ich an Walters Nachfolger als meinen russischen Chef gerichet, einen Mann, den Berman unter dem Namen „Bill“ vorstellte. Erst auf Grund von Photographien, die mir nach Jahren der amerikanische Abwehrdienst vorlegte, erfuhr ich, daß er Walker Grinke hieß. Ein Mann von mittlerem Wuchs, vierzig Jahre alt, war er einer von jenen „dämonischen“ Russen mit stark mongolischen Gesichtszügen, einer niedrigen Stirn, gekrönt von dichtem aschblondem Haar. Ich erinnere mich besonders seines grausamen Mundes mit den dicken Lippen und seiner krankhaft blassen Gesichtsfarbe. Ja, Bill war der typische Sowjet-Apparatchik, ein kalter Bürokrat, ein böser Typus, wie er allen, die Stalins Rußland kennen, nur zu bekannt ist. Er war peinlich korrekt, doch zeigte er nicht ein einziges Mal in drei Jahren enger Verbundenheit so etwas wie freundschaftliche Gesinnung. Er fragte mich endlos über jede Einzelheit meines vergangenen und gegenwärtigen Lebens aus, wobei er keinen Zweifel darüber ließ, daß seine Fragen dienstlich seien, nicht menschliche Anteilnahme. Er war das verkörperte Mißtrauen des Sowjetbeamten gegenüber den ausländischen Kommunisten, die damals hoch alle idealistischen Schlagworte wörtlich nahmen und dies zum Teil noch heute tun. Sein Mißtrauen war gemischt mit Verachtung. Ich hatte das Gefühl, daß er mich beobachtete, wie man einen auf einer Nadel aufgespießten Käfer betrachtet. Er konnte sich lange nicht entschließen, mir zu vertrauen.

    Immerhin... Ich eröffnete ihm die Aussichten meiner neuen Freundschaft mit Noel Field. Er blieb eiskalt. Doch eine Woche später glich seine Erregung der meinen. Offenbar hatte er von höherer Stelle den Befehl erhalten, die günstige Gelegenheit bis zum äußersten auszunutzen. Er gab mir zu verstehen, daß ich keine Kosten scheuen sollte im Bewirten und Beschenken meiner neuen Freunde. Dennoch fühlte ich mich sehr erleichtert, als ein neuer Vertreter Sowjetrußlands, der anscheinend in höherem Rang stand als Bill, im Mai oder Juni 1935 erschien. „Fred“ – so hieß er getarnt – erwies sich als ebenso warmherzig, wie Bill sich als kalt und formell erwiesen hatte...

    Es gibt außerhalb Rußlands drei verschiedene Sowjetspionagemaschinen, die sorgfältig voneinander getrennt gehalten werden. Die eine ist das militärische Nachrichtenbüro, die sogenannte „Dritte Abteilung“ des Roten Heeres. Die zweite ist das Netzwerk der Komintern, durch das die kommunistische Bewegung überall in der Welt geleitet und beaufsichtigt wird. Schließlich gibt es noch einen Apparat der Geheimpolizei: die Auslandsabteilung der GPU (jetzt MWD), zu der ich gehörte.
    Genossen gleicher Schmach

    Wie üblich, wurde mir niemals mitgeteilt, welcher dieser Maschinen ich diente. Ich wußte aber trotzdem Bescheid, und zwar war ich durch eine Art Aussonderungs-Prozeß zu meinem Wissen gekommen. Die Tatsache nämlich, daß ich dauernd gewarnt wurde, mich öffentlich mit bekannten Kommunisten zu zeigen, bedeutete, daß ich nicht in dem Komintern-Ring war. Ich wußte ferner, daß Ludwig, mein europäischer Chef, mit Krivitsky, dem obersten militärischen Nachrichtenoffizier in demselben Bezirk, nicht in direkter Verbindung stand. So folgerte ich denn, daß, die Fäden meiner Organisation zur Liubyanka in Moskau, dem Hauptquartier der GPU, führten. Gegen Ende des Jahres 1935 – um einmal einen bestimmten Zeitpunkt aus meinen Erfahrungen herauszugreifen – kannte ich persönlich nur sechs Mitglieder meiner in Amerika tätigen Gruppe. Da waren Fred und, ihm untergeordnet, Bill, die beiden Chefs. Dann, mir gleichgestellt, Berman und ein anderer Russe namens Anton, ferner ein Tscheche, der Victor genannt wurde, und dann jene kleine Mata Hari deutscher Herkunft, Gerda Maria Frankfurter, die ich schon erwähnte. Wir beide, Gerda und ich, waren den anderen unter unseren richtigen Namen bekannt.

    Meine äußere Aufmachung war bescheiden –: eine kleine Wohnung und eine anspruchslose Lebenshaltung. Gerda hingegen hatte einen eindrucksvolleren Hintergrund –: eine große Wohnung in guter Gegend, schöne Kleider und sogar Schmuck. Wahrscheinlich erforderte die Art ihrer Tätigkeit diesen Luxus, vielleicht auch trug der Umstand dazu bei, daß sie Bills Geliebte war.

    Fred war von kleiner Gestalt, besaß wenig Haare und war nahezu fünfzig Jahre alt, anspruchslos und hatte eine gute Erziehung genossen. Er gehörte zu den bescheidenen, unaufdringlichen Menschen, welche die Aufmerksamkeit nicht auf sich zu lenken pflegen, was ein Vorzug bei seiner Art der Beschäftigung bedeutete. Während meiner verschiedenen Kurierreisen in Europa erfuhr ich, daß er aus adliger Familie stamme und in der Armee des Zaren Offizier gewesen sei, Gerda, die dazu neigte, mit ihrer Kenntnis der inneren Angelegenheiten der Organisation zu prahlen, nannte ihn Boris. Später erfuhr ich, daß wahrscheinlich Boris Bazarow sein richtiger Name sei. Mit ihm lebte seine Frau in New York. Aber in all den Jahren habe ich sie weder kennengelernt, noch erfuhr ich, wo sie wohnte. Fred und Bill hingegen hatten Schlüssel zu meiner Wohnung und benutzten sie gelegentlich während meiner Abwesenheit. Wie ich später noch erzählen werde, brachte diese Tatsache mich einmal in die größte Verlegenheit, die ich in Amerika erlebt habe. Übrigens – ich hätte oft gern gewußt, ob Bill und Fred noch Vorgesetzte in den Vereinigten Staaten hatten. Manchmal war für eine Entscheidung wirklich nicht Zeit genug, in Moskau anzufragen. Und dennoch war es offenbar so, daß sie in eilten Fällen schnelle Direktiven erhielten. Dies gab mir die Überzeugung, daß es hier Männer geben müsse, die ihnen übergeordnet waren. Diese meine Annahme schien einige Jahre später tatsächlich bestätigt zu wenden. Ich hörte nämlich, daß ein wichtiger GPU-Vertreter namens Gaik Ovakim bei der Amtorg Trading Corporation, einer Handelsgesellschaft, während meiner Zeit tätig gewesen sei. Er wurde schließlich verhaftet und gegen fünf russische Frauen, die mit Amerikanern verheiratet waren, ausgetauscht.

    Meine üblichen Zusammenkünfte mit Bill und – weniger häufig – mit Fred kamen immer nach demselben Verfahren zustande. Bei jeder Zusammenkunft legten wir Zeit und Ort für die nächste fest, gewöhnlich in einem Restaurant, einer Bar oder an einem öffentlichen Platz. Wenn einer von ihnen mich früher als vereinbart sehen wollte, telephonierte er und lud mich – je nachdem – zum Mittagessen, zum Abendessen oder zu Cocktails ein. Die übliche Form war so:

    „Wie denkst du über ein Mittagessen morgen mit mir?“

    „Ich würde mich außerordentlich freuen, und wo?“ pflegte ich zu antworten.

    „Warte mal... Wie steht’s mit dem kleinen Restaurant... Du weißt schon, der Name ist mir entfallen.“ – Das bedeutete in unserer Geheimsprache denselben Platz, an dem wir uns das letzte Mal getroffen hatten.

    „Schön“, stimmte ich bei; „merkwürdig, ich haben den Namen auch vergessen, aber ich weiß, wo es ist.“

    „Gut, sollen wir sagen: am ein Uhr?“

    Das bedeutete drei Uhr, denn wir legten immer zwei Stunden zu, um jeden Mithörer von der Spur abzulenken. Trotzdem verließ ich das Haus vor ein Uhr für den Fall, daß jemand mir folgen sollte, und nahm eine Droschke in der unserem Treffpunkt entgegengesetzten Richtung. – Wir spielten gern mit dem Gedanken, daß wir uns in großer Gefahr befänden, selbst in diesem vertrauensseligen und sorglosen Lande. Es traten lange Zeiten einer langweiligen Untätigkeit ein, die mich ärgerten. Fred merkte das. Er sagte mir einmal: „Bei unserer Arbeit, Hede, ist zuviel Energie gefährlich. Was wir brauchen, ist gesunder Menschenverstand, Geduld und Mut.“

    Meine Mit-Spionin in Amerika, Gerda Frankfurter, die auf großem Fuße lebte, wäre in einiger Verlegenheit gewesen, hätte man sie nach der Quelle ihres Einkommens gefragt. Auf einer meiner Kurierfahrten nach Europa half ich ihr, diese verwundbare Stelle zu schützen. Denn niemand durfte ja erfahren, daß ihr Geld aus Moskau stammte. Ende Juli 1935 nahm ich außer den üblichen Kleinfilmrollen eine große Dollarsumme mit, die ich Gerdas erstauntem Vater in der Schweiz übergab mit der Anweisung, davon regelmäßig bestimmte Beträge an seine Tochter in New York zu überweisen. Auf diese Weise erfanden wir einen wohlhabenden und freigebigen Vater, der für Gerdas luxuriösen Lebensstil aufkam. Der alte Mann selbst, davon war ich überzeugt, ahnte nicht, womit sich seine Tochter eingelassen hatte. Er lud mich zu einem wundervollen Schweizer Ferienaufenthalt in Montreux ein, zusammen mit Paul, meinem Mann, mit dem Sowjetagenten Ludwig und einigen anderen Kameraden. Ludwig schien über meine erfolgreiche Arbeit in der Angelegenheit der beiden Beamten des State Department, Noel Field und Laurence Duggan, im Bilde zu sein.
    Verantwortlich für Anton

    Als ich im September wieder nach New York, zum Ausgangspunkt meiner Operationen, zurückkehrte, trat ein neuer russischer Agent zum engen Kreis unserer Mitarbeiter. Ich hatte eben im Barbizon Plaza-Hotel ausgepackt, da rief mich Fred, unser Chef, an, um mich zu begrüßen und mich zum Essen „bei sich zu Hause um sechs“ einzuladen. In unserer Geheimsprache hieß dies, daß wir uns um acht Uhr in einem Restaurant treffen wollten, daß wir vor meiner Reise ausgemacht hatten. Gegen Ende der Mahlzeit stieß ein blonder, blauäugiger und außerordentlich gut aussehender junger Russe zu uns, der eher einem Gigolo als einem Spion glich. Wir zogen in ein italienisches Kellerlokal in der West 8th Street, wo genug Rumba-Lärm herrschte, um unsere Unterhaltung zu übertönen. Fred fragte mich, welche Namen wir unserem neuen Freund geben sollten. Nach einem Tanz mit dem verliebten Jüngling schien mir „Lothario“ oder „Don Juan“ sehr passend, aber wir einigten uns auf Anton. Und Anton blieb er für mich während der nächsten zwei Jahre. Fred erklärte mir, daß ich für Anton verantwortlich sei und die Aufgabe ernst nehmen müsse. Woher soviel Besorgnis? Erstens war Anton der Photograph der Gruppe: eine Schlüsselstellung in jedem Spionagenetz. Und zweitens war er der mißratene Brudereines mächtigen GPU-Häuptlings in Moskau.

    Was Anton vor allen Dingen brauchte, war ein Ort, wo er unbeobachtet zwei oder drei Abende in der Woche arbeiten konnte. Es war kein leichtes Stück Arbeit, seine Aufmerksamkeit lange genug von amerikanischen Frauen abzulenken. Aber es gelang mir schließlich, ihm ein Versteck zu beschaffen –: Mary, so will ich das Opfer nennen, hatte ich einige Monate früher in einem befreundeten Haus getroffen, und sie hatte sich mir angeschlossen. Reizlos, wenn nicht gar häßlich, eine Frau von dreißig Jahren ohne Liebe, eine Buchhalterin mit romantischen Sehnsüchten, war Mary gerade recht für unsere Aufgaben. Meine Schilderungen von heldenhafter antifaschistischer Betätigung hatten sie begeistert, und immer wieder hatte sie mich gebeten, ihr eine Möglichkeit zur Mitarbeit zu beschaffen. Diese Möglichkeit war nun in der angenehmen Gestalt unseres Anton aufgetaucht, und nachdem ich sie zusammengebracht hatte, nahm das Schicksal seinen Lauf: Marys kleine Wohnung wurde ein geheimes Photo-Studio, in dem ein großer Wandschrank als Dunkelkammer diente.
    Liebe trotz gefährlicher Geschäfte

    Obwohl ich dringend gefordert hatte, Mary müsse aus Sicherheitsgründen alle Beziehungen zu mir abbrechen, überfiel sie mich fünf oder sechs – Wochen später in einem Zustand, der an Hysterie grenzte. Sie war schamlos verliebt in den Russen, wußte aber, daß seine Liebe kaum mehr war als die Gegenleistung für die Benutzung ihrer Wohnung. Ihre letzten Zweifel hieran wurden zerstreut, als Anton eines Nachts ein bacchantisches Fest im „Studio“ veranstaltete und ihr einen seiner russischen Freunde aufdrängte. Ich schlug ihr vor, den Schlingel vor die Tür zu setzen, aber Mary weigerte sich. Und da ich befürchtete, daß ihre Eifersucht möglicherweise unseren Kreis gefährden könnte, berichtete ich über den Vorfall in allen Einzelheiten. Fred, der Puritaner, errötete bis zum Glatzenansatz. Seine erste Reaktion äußerte sich in merkwürdiger Form: „Hede“, sagte er, „du mußt von Anton das Mikro-Photographieren lernen.“ Im übrigen versprach Fred, er werde „durchgreifen“. – Das geschah. Mary erzählte mir einige Zeit später gebrochenen Herzens, daß Anton plötzlich seine Sachen gepackt habe und verschwunden sei... Lange hörte ich nichts mehr von Anton und nahm an, daß er nach Moskau zurückgerufen worden war. Da erfuhr ich jedoch zu meinem Entsetzen, daß er mit der Frau eines amerikanischen Kommunisten zusammengezogen war, welche die Schwester eines noch prominenteren Kameraden war. Da ich ihn dort zuerst eingeführt hatte, fühlte ich mich in der Angelegenheit schuldig. Ich setzte mich hin und schrieb über Anton einen scharfen Bericht, der einer Anklage gleichkam. Denn ich hatte große Sorge um die Organisation, der wir beide angehörten. Ich habe ihn nur noch einmal getroffen, eine Episode, die ich später schildern werde. Zuletzt aber sollte die Anton-Episode noch ein betrübliches Nachspiel finden. Als ich im Jahre 1938 in Moskau verhört wurde, fiel sein Name. „Wo ist Anton?“ fragte ich, ohne eigentlich eine Antwort zu erwarten. Mein Verhörer lachte vielsagend. „Oh, Anton ist gut aufgehoben, sehr gut aufgehoben“, sagte er. „Und es wird Sie freuen zu hören, daß Ihr Bericht das erreicht hat. Sie dürfen versichert sein, daß er dort, wo er jetzt ist, nichts mehr anstellen wird...“ Mir ging es kalt den Rücken herunter. Man hatte also den leichtsinnigen Anton liquidiert. Und es war scheußlich zu wissen, daß ich dazu beigetragen hatte, ihn ins Konzentrationslager zu bringen oder ins – Grab.

    Die natürlichste Tarnung, die ein Sowjetagent im Ausland haben konnte, war – auch außerhalb der Vereinigten Staaten selbst – ein amerikanischer Paß. Amerikanische Touristen waren in aller Welt etwas so Alltägliches, daß sie nie Aufsehen erregten. Manche dieser Pässe waren natürlich gefälscht, sie wurden von Fachleuten in den roten „Dokumenten-Druckereien“ hergestellt. Die meisten Pässe aber waren echt, nur –: sie wurden von Personen benutzt, für die sie nicht ausgestellt waren.
    Pässe – eine Wissenschaft für sich

    Eine wichtige Rolle bei der Beschaffung solcher Pässe spielte der spanische Bürgerkrieg. Männer aller Nationen ließen sich damals für die „Internationale Brigade“, die gegen Franco kämpfte, anwerben, und so versorgte der Tod jedes Ausländers im Kampf oder durch „Säuberung“ die Sowjetbehörden mit einem weiteren wertvollen Paß. Außerdem besorgten in den Vereinigten Staaten hilfsbereite Kameraden ganz vorschriftsmäßig auf ihren eigenen Namen Pässe, die sie dann der Partei zur Verfügung stellten. Oft wurden auch Pässe beantragt auf Grund von Geburtsurkunden, Einbürgerungsdokumenten und anderen Ausweisen von Männern und Frauen, die schon längst tot waren. Diese ganze „Paß-Wissenschaft“ lernte ich im Laufe der Zeit von Grund auf kennen. Einmal erklärte Bill, er sei in großen Sorgen. Er benötige in kurzer Frist ein ganzes Bündel Pässe oder wenigstens die Papiere, um die Pässe zu beschaffen. Da ausgedehnte Beziehungen zu Amerikanern dafür notwendig waren, war unsere Gruppe der Aufgabe nicht gewachsen. So ungern er es auch tat, so mußte er doch zugeben, daß wir uns an die ausgezeichneten Büros der amerikanischen Komintern-Untergrundbewegung wenden müßten, unsere Konkurrenz. – Gerhard Eisler, mein früherer Mann, befand sich damals in New York und besuchte mich von Zeit zu Zeit. Es war eine stillschweigende Verabredung zwischen uns, niemals über das Vorgehen unserer beiden Gruppen zu reden, aber bei seinem nächsten Besuch brach ich diese Vereinbarung. Er versicherte mir, daß er genau die Person kenne, die wir brauchten So brachte er mich einige Tage später beim Frühstück in Childs Restaurant an der Ecke 23rd Street und 5th Avenue mit dem berühmten und berüchtigten J. Peters zusammen, einem dunklen, untersetzten Ungarn mit gestutztem Schnurrbart, den ich bis dahin nur vom Hörensagen kannte. Es war ein freundlicher und sanft redender Mann. Es war derselbe Peters, der in den vergangenen Jahren in den Enthüllungen von Louis Budenz, Ben Gitlow und anderen Exkommunisten eine Rolle spielte und der im letzten Jahr, also 1949, nachdem er sich in einem Verfahren vor amerikanischen Gerichten geweigert hatte, die entscheidenden Fragen zu beantworten, mit der Erlaubnis „bestraft“ wurde, das Land freiwillig zu verlassen.

    Nachdem Gerhard uns allein gelassen hatte, setzte ich meine Notlage auseinander. Peters wollte wissen, für wen die Pässe sein sollten. „Für meine Gruppe“, antwortete ich. „Welche?“ fragte er lächelnd. „Sie wissen doch, daß ich Ihnen das nicht sagen darf“, sagte ich empört. Es wäre zu beschämend gewesen zuzugeben, daß ich es selbst nicht genau wußte. Auf seinen Einwand, daß viele Pässe viel Geld kosteten, beruhigte ich ihn: der Preis spiele keine Rolle. So wurden wir einig. Auch im folgenden Jahr traf ich Peters zehn- oder zwölfmal und machte ihm stets genaue Angaben: Wir brauchten Papiere für Personen diesen oder jenen Alters, im Lande geboren oder eingebürgert, mit einer bestimmten ursprünglichen Nationalität. Bei Abschluß solcher Geschäfte tauschten wir jedesmal Umschläge aus – meine enthielten Geld, seine die Papiere, die Bills Agenten brauchten. Es wurde mir klar, daß das, was Peters mir übergab, nur ein lächerlicher Bruchteil der großen Produktion seiner Paß-Fabrik war.

    Meine Beziehungen zu Bill wurden allmählich immer loser, so daß ich während der späteren Periode meiner Tätigkeit im sowjetischen Spionagenetz hauptsächlich mit Fred, dem anderen Chef, zu tun hatte. Die Oberaufsicht über meine Hauptaufgabe in Washington zum Beispiel – die Heranziehung von Noel H. Field und Laurence Duggan – lag gänzlich in Freds Händen. Immerhin war ohne sein Zutun insbesondere mein Verhältnis zu den Fields so eng und so herzlich geworden, daß ich nicht immer unterscheiden konnte, wo das „Geschäft“ endete und die Freundschaft begann. So war ich, als ich schließlich im Herbst 1935 Noel H. Field ohne Umschweife den Vorschlag machte, „unsere Organisation“ regelmäßig mit Informationen und Dokumenten zu versehen, sehr erstaunt, daß er sich weigerte, sich festzulegen. Er brachte sogar Argumente vor wie „Loyalität gegenüber seinem Vaterlande“. Ich hatte Befehl, die Angelegenheit nicht zu forcieren, und so verging noch einige Zeit. Schließlich berichtete ich Noel Field, daß mein Vorgesetzter darauf bestünde, ihn zu treffen. Und da rückte er mit einer Neuigkeit heraus, die mir einfach den Atem benahm. Er stünde unter Druck, so sagte er mir, einer anderen Organisation beizutreten, und sei versucht, ihr den Vorzug, vor der meinigen zu geben. Die Beeinflussung gehe von einem Kollegen in seinem Ministerium aus, einem Amerikaner. – Ich war entsetzt über diese Verhedderung der kommunistischen Untergrundlinien. Sollten die langen Monate meiner Bearbeitung von Field einfach fortgewischt werden? Sollte ich durch einen Fremden der Früchte meiner Bemühungen beraubt werden? Ich beschloß, um mein Recht zu kämpfen.

    „Wer ist dieser Mann?“ fragte ich.

    „Ich glaube nicht, daß du ihn kennst, Hede, er heißt Alger Hiß.“

    „Für welche Gruppe arbeitet er?“, fragte ich weiter.

    „Das weiß ich nicht, genau sowenig, wie ich eigentlich deine Gruppe kenne.“

    „Ich möchte diesen Hiß treffen“, sagte ich.

    Noel Field nahm diesen Vorschlag mit Begeisterung auf und versprach, eine Zusammenkunft zustande zu bringen. Wenige Tage später meldete er mir, daß alle Vorbereitungen getroffen seien und ich Alger Hiß beim Essen im Fieldschen Haus treffen würde.

    Etwa eine Woche später fand das Zusammentreffen mit Hiß statt, von dem er heute natürlich leugnet, daß es sich jemals ereignet habe.

    (Wird fortgesetzt)

    https://www.zeit.de/1950/26/ich-war-stalins-spionin-in-den-usa
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    #histoire #espionnage #USA #URSS #communistes #guerre_froide

  • Quand Staline et Ulbricht ont trahi Thälmann
    https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Th%C3%A4lmann#Verhaftung,_Gefangenschaft_und_Ermordung


    Entre 1921 et 1961 la vie de de communiste était dangereuse dans le monde entier. Pris dans l’impasse entre les assassins fascistes et les sbires du régime paranoïaque de Moscou d’innombrables communistes périrent dans les geôles des dictatures du monde. Il est une ironie de l’histoire qu’à l’époque le régime de Guantanamo d’aujourd’hui offrait les meilleures chances de survie aux communistes exilés des pays fascistes. Cette situation absurde prit fin dans le délire anticommuniste du maccarthysme à cause de la prise de pouvoir du complexe militaro-industriel états-unien et ses émanations mafieuses .

    Ernst Thälmann est la victime la plus célèbre de la lutte pour le pouvoir au sein du partis communiste allemand. Après 1945 le groupe Ulbricht transformen sons sacrifice en conte héroïque antifasciste. Les luttes pour le progrès social souffrent toujours des mensonges stalinistes quand le pouvoir capitaliste reproche aux communistes d’aujourd’hui de vouloir rétablir un système corrompu et répressif.

    Als Deutschland und die Sowjetunion 1939 ihre Beziehungen mit den Verhandlungen zum Hitler-Stalin-Pakt verbessert hatten, setzte sich die sowjetische Führung um Stalin offenbar nicht für Thälmanns Freilassung ein. Georgi Dimitroff hielt als Generalsekretär der Komintern in seinem Tagebuch wenige Wochen vor dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion fest, dass der sowjetische Außenminister Molotow nicht gewillt sei, etwas zur Freilassung Thälmanns zu unternehmen, weil „gegen den Deutschen weiterhin eine nichtfeindliche Politik“ betrieben werde. Nach dem Beginn der Schlacht um Moskau im Oktober 1941 zitiert Dimitroff Stalin, dass dieser auf Grundlage der Briefe Thälmanns aus der Haft davon ausgehe, dass der einstige KPD-Vorsitzende unter dem „Einfluß der faschistischen Ideologie“ stünde und „kein prinzipientreuer Marxist“ sei. In diesem Zusammenhang stellte Stalin die Behauptung auf, dass die Nationalsozialisten Thälmann nicht umbringen würden, um „ihn sich bei Bedarf als vernünftigen Kommunisten zunutze machen zu können“. Mit der Befreiung seiner Familie durch die Rote Armee im Jahr 1945 erfuhren die Angehörigen, dass Thälmanns Rivale Walter Ulbricht alle ihre Bitten ignoriert und nicht für die Befreiung Thälmanns Position bezogen hatte.

    Anfang 1944 schrieb Ernst Thälmann in der Justizvollzugsanstalt Bautzen Antwort auf die Briefe eines Kerkergenossen. Nach Recherchen des Historikers Egon Grübel war Thälmanns Briefpartner dabei mitnichten ein junger Genosse, sondern ein jugendlicher Raubmörder namens Hans-Joachim Lehmann, dem möglicherweise sogar die Gestapo die Feder führte. Lehmann verschwand in der Zeit der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) spurlos, nachdem er sich der Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) sowie Thälmanns Familie offenbart hatte. Seine Briefe wurden in den Veröffentlichungen der SED „bis zur Unkenntlichkeit“ redigiert.

    Bernhard H. Bayerlein (Hrsg.): Georgi Dimitroff. Tagebücher 1933–1943. Aufbau-Verlag, Berlin 2000, S. 364.

    Rosa war die Frau von Ernst Thälmann. Ihr Mann wurde vor 60 Jahren hingerichtet. Die Geschichte einer wechselvollen Liebe : Im Schatten des Denkmals | Archiv - Berliner Zeitung
    https://web.archive.org/web/20120430063320/https://www.berliner-zeitung.de/archiv/rosa-war-die-frau-von-ernst-thaelmann--ihr-mann-wurde-vor-60-jahren-hin


    Rosa Thälmann im Jahr 1946

    2.5.2012 von Regina Scheer - Als sie starb, im September 1962, schrieb man große Worte in die Zeitungen: Man nannte sie die „teure Genossin Rosa“, behauptete, „Die deutsche Arbeiterklasse und das deutsche Volk haben einen unersetzlichen Verlust erlitten.“

    Als sie geboren wurde, im März 1890, gab es keine großen Worte. Rosa Koch war unerwünscht, das achte von zehn Kindern eines bettelarmen Schusters im Dorf Bargfeld hinter Hamburg. Rosa arbeitete schon, bevor sie zur Schule kam, mit der Mutter und den Geschwistern ging sie auf die Felder, wartete das Baby der Gastwirtsleute, half dort in der Küche. Sonntags lernte sie bei einer Plätterin. Wenn sie Zeit hatte, spielte sie mit den Geschwistern in dem winzigen Garten, saß bei Regen unterm Dachvorsprung zwischen dem Feuerholz. Manchmal, wenn die Kinder in der einzigen Stube lärmten, nahm der Vater den Spannriemen und schlug sie, dann zitterte die Mutter und weinte. Aber wenn Rosa mit ihrer Schwester stundenlang über Land gelaufen war, um für den Vater Leder zu holen, strich er ihr über den Kopf. „Das Leben hatte dann wieder ein andres Gesicht, weil Vater mit uns zufrieden war.“

    Rosa hat dies alles als alte Frau den Parteihistorikern erzählt, und sie hat gemeint, sie erzähle von einer glücklichen Familie. Der Platz unter dem Dachvorsprung bei den Holzstapeln irgendwo hinter Hamburg war ihr verlorenes Paradies: „Nach diesem Ort sehnte ich mich in vielen Lebenslagen, ob ich traurig oder fröhlich war.“

    Mit vierzehn ging sie ins Guthaus arbeiten wie ihre Schwestern. Mit siebzehn suchte sie eine Stellung in Hamburg, da wurde sie Emma genannt, denn das Reitpferd der Gnädigen hieß Rosa. Sie kündigte und fand Arbeit als Plätterin in der Großwäscherei „Frauenlob“. Einer der Kutscher in der Wäscherei hieß Ernst Thälmann. Er war vier Jahre älter als Rosa, breitschultrig, stark und selbstbewusst. Auf plattdeutsch flachste er mit den Frauen an ihren Bügelmaschinen, manche lud er zu Versammlungen ein. Die Frauen mochten ihn, sie erzählten Rosa, er sei was in der SPD und in der Gewerkschaft. Schließlich erfuhr sie es von ihm selbst, als er sich in der Mittagspause zu ihr setzte. Wenn sie von ihrem Dorf erzählte, von der Gnädigen, deren weiße Kopfkissenbezüge täglich gewechselt wurden, aber die nur einmal im Winter die bunten Bettbezüge der Dienstboten wechseln ließ, hörte er zu.

    Rosa hatte noch nie einer so zugehört. Ernst Thälmann gab ihr Broschüren, in denen erklärt wurde, woher der Unterschied zwischen Arm und Reich käme, und er forderte sie auf, in die Gewerkschaft einzutreten. Für sie begann eine glückliche Zeit. Rosa kam mit, wenn er an Wochenende mit seinen Freunden an die Elbe fuhr, sie sang mit ihnen Arbeiterlieder und abends gingen sie manchmal in Gartenlokale tanzen. Inzwischen lebte Ernst von Aushilfsarbeiten, aus der Wäscherei war er entlassen worden. Obwohl das Geld knapp war, ging er einmal im Monat mit Rosa ins Ernst-Drucker-Theater, wo plattdeutsche Stücke gespielt wurden. Er erzählte ihr etwas über Goethe, über Karl Marx und den Kommunismus und Rosa bewunderte seine Belesenheit.

    Sie lernte seine Eltern kennen. Den knorrigen und großmäuligen Jan Thälmann, vor dessen Prügel Ernst als 16-Jähriger weggelaufen war, mit dem er sich aber längst versöhnt hatte. Der Alte, selbst eigentlich unpolitisch, war stolz auf seinen Sohn, der in Hamburg, einer Hochburg der Sozialdemokratie, als Vertreter des linken Parteiflügels sehr bekannt war. Rosa lernte die Mutter Maria Magdalena kennen, eine verhuschte Frau, die nicht viel zu sagen hatte. Rosa erfuhr, dass beide Eltern, als Ernst noch nicht sechs Jahre alt war, zu je zwei Jahren Zuchthaus verurteilt worden waren, sie hatten in ihrem Kellerlokal gestohlene Waren verkauft. Ernst und seine Schwester waren damals zu verschiedenen Pflegeeltern gebracht worden. (Jahrzehnte später würde in den Thälmann-Biografien der jungen DDR stehen, die Kellerkneipe sei ein „Parteilokal“ gewesen, der „Genosse Jan Thälmann“ wegen illegaler Versammlungen ein Opfer des Sozialistengesetzes geworden. Aber als die Eltern 1892 verurteilt wurden, war das Sozialistengesetz schon aufgehoben. Und Jan Thälmann wurde erst „Genosse“, als sein Sohn Führer der Partei war.)

    1915 heirateten Ernst Thälmann und Rosa Koch. Bald darauf wurde Ernst Soldat, zweimal verwundet. Als er im November 1918 zurückkam, war die SPD wegen ihrer Zustimmung zu den Kriegskrediten auseinander gebrochen. Ernst ging wie die meisten Hamburger Arbeiter in die USPD. Im November 1919 brachte Rosa die Tochter Irma zur Welt. Sie hatten kein Geld für Kohlen, zitternd vor Kälte stillte sie ihr Kind. Aber Ernst war 1919 für die USPD in die Hamburger Bürgerschaft gewählt worden, allmählich ging es ihnen besser, sie konnten eine kleine Wohnung mieten, die Rosa so einrichtete, wie sie sich eine schöne Wohnung vorstellte. Mit Fransen am Sofa und Spitzendeckchen und schweren braunen Möbeln. Doch seine gesamte Zeit gehörte der Partei. Es gab Streit, sie warf ihm vor, sich einsam zu fühlen.

    Ihr Wohnzimmer war ein Parteibüro. Sie vermisste ein Familienleben. Jahre später, nach ihrer Einlieferung ins KZ Ravensbrück im Frühjahr 1945, wurde die 55-jährige, kranke, von der Untersuchungshaft gezeichnete Rosa Thälmann von einer Mitgefangenen, Maria Kuhn-Wiedemaier, in der Schneidereibaracke auf einen Pritschenwagen gezogen, unter dessen Plane sie sich stundenlang verbargen. Maria wollte etwas über Ernst Thälmann wissen, und Rosa erzählte ihr in diesen Stunden von den ersten, trotz allem glücklichen Jahren ihrer Ehe. Maria Kuhn-Wiedemaier hat es später aufgeschrieben. Ernst habe seiner Frau nach einer großen Auseinandersetzung gesagt, sie müsse umlernen, er könne keine Frau brauchen, die unzufrieden sei. Sie müsse sich ändern und selbst in der Partei aktiv werden.

    Sie habe das getan, sagte Rosa. „Wir hatten uns dann immer viel zu sagen.“ Hermann Krüger, ein Hamburger Genosse, der Ernst Thälmann gekannt hatte, berichtete der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Hamburg in den siebziger Jahren, dass um 1920 ein Angestellter der Hamburger Volkszeitung (die im selben Gebäude wie das Parteibüro untergebracht war) geäußert habe, Rosa Thälmann sei beschränkt, und Ernst verstehe nicht einmal, seine Frau „hundertprozentig politisch in Schwung zu bringen.“ "Als Ernst davon erfuhr, war er sehr empört. Explosiv, wie er war, schnappte er sich den Betreffenden eines Tages im Redaktionsgebäude und langte ihm ein Paar herunter. Ick wer di helpn, min Frau inn Dreck to treckn.’" Dieser elementare Sinn für Anstand, diese sehr volkstümliche Weise, einen Konflikt auszutragen, trugen mit zu Thälmanns Beliebtheit unter den Arbeitern bei. Sie spürten, dass er nie ganz in der Bürokratie des Parteiapparats verdorrte, er kappte nie die Wurzeln seiner Herkunft.

    Aber allmählich galten für ihn vor allem die Gesetze der Partei, in der er aufstieg. Er war ehrgeizig, machtbewusst, seine grobschlächtige Denkweise kannte nur Genossen und Gegner. 1920 war er Delegierter auf dem Spaltungsparteitag der USPD, seit 1921 wurde er in Hamburg hauptamtlicher KPD-Funktionär, nach der Absetzung der Ruth-Fischer-Führung 1925 Parteivorsitzender und Reichstagsabgeordneter. 1928 war seine Machtstellung in Gefahr wegen der Wittorf-Affäre, er hatte seinen alten Hamburger Kumpel Wittorf gedeckt, als der Parteigelder unterschlagen hatte. Thälmann wurde abgesetzt, aber Stalin selbst setzte ihn wieder ein. Die „Versöhnler“ dagegen mussten die Partei verlassen, von nun an war die KPD vollkommen stalinisiert, und die Gefahr des aufkommenden Faschismus wurde unterschätzt, im Vordergrund stand der Kampf gegen Abweichler und Sozialdemokraten.

    Das alles war nicht, was Rosa im Alltag beschäftigte. Die Idee des Kommunismus leuchtete ihr ein, sie war stolz auf ihren Mann, zog ihre Tochter auf, kümmerte sich um Thälmanns alten Vater - 1927 war die Mutter in einem psychiatrischen Krankenhaus gestorben - und holte schließlich auch ihren eigenen verwitweten Vater nach Hamburg, versorgte ihn. Ihr Mann war meistens unterwegs, seit 1923 überwiegend in Berlin. Rosa kannte seine wechselnden Quartiere nicht so genau, aber ihr wird nicht entgangen sein, dass es da eine bestimmte Wohnung gab mit einer bestimmten Frau.

    Das war Martha Kluczynski. Noch in den achtziger Jahren beschrieb sie mir einer, der zum bewaffneten Personenschutz um Thälmann gehört hatte: keine Schönheit, nicht einmal jünger als Rosa. Eine dralle Arbeiterfrau wie Rosa, stark und mütterlich. Bei ihr fühlte Thälmann sich wohl, in ihre Wohnung in der Lützowstraße, ursprünglich ein Quartier der Bezirksleitung, kam er oft und sei es nur für Stunden. Sie wusch ihm die Wäsche, kaufte seine Hemden, kochte und buk seine Lieblingsgerichte, er liebte ihre Topfpflanzen, manchmal kaufte er ein, zu seinem Geburtstag spielte ihr Sohn, der nur wenig älter war als Irma, auf der Violine „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“. Martha war natürlich in der KPD, auch ihr Ehemann Hans Kluczynski, ein schmächtiger Mensch, seit dem Weltkrieg invalidisiert. Wenn Thälmann in seiner Wohnung schlief, zog er sich in die Laubenkolonie „Havelblick“ in Gatow zurück, wo das Ehepaar einen Schrebergarten besaß. Dort wussten auch die Nachbarn Bescheid und machten beim Skatspiel manch anzügliche Bemerkung. Was Rosa dazu dachte, ist nicht bekannt.

    In Hamburg hielt er sich immer nur kurz auf. In Martha Kluczynskis Wohnung wurde Ernst Thälmann am 3. März 1933 verhaftet. Im Februar war er noch ein paar Tage in Hamburg gewesen. Am 27. Februar, in der Nacht des Reichstagsbrandes, kam er von einem Treffen in Lichtenberg vor Mitternacht zurück in die Lützowstraße, wo sogar die Zeitungsfrau ihn kannte. Unterwegs hatte er sich über die vielen Feuerwehren gewundert. Martha saß am Radio und erzählte ihm vom Reichstagsbrand. Immer noch machte Thälmann keine Anstalten, in eines der längst vorbereiteten illegalen Quartiere zu gehen, sondern ging schlafen und verließ das Haus auch an den folgenden Tagen nicht. Warnungen seiner Mitarbeiter bezeichnete er als „Scheißhausparolen“. Hans Kluczynski hatte sich wieder in seine Laube zurückgezogen.

    Von dort, von seinem Gartennachbar Hermann Hilliges, kam die entscheidende Denunziation, die schließlich am Nachmittag des 3. März zur Verhaftung von Ernst Thälmann und seinem Mitarbeiter Werner Hirsch in Kluczynskis Wohnzimmer führte. Wenige Stunden später wollte Thälmann endlich in eines der vorbereiteten Quartiere wechseln, er war schon beim Packen. Rosa erfuhr zwei Tage später, am Tag der Reichstagswahlen, von seiner Verhaftung. Sofort fuhr sie nach Berlin. Nun wurde sie als Ehefrau wichtig, überlebenswichtig für den Gefangenen. Regelmäßig suchten Kuriere der Partei sie auf, am Anfang waren es Mitarbeiter des so genannten Abwehr-Apparats von Hans Kippenberger. Rosa, die ihren Mann ab Mai 1933 alle drei Wochen in Moabit besuchen konnte, übermittelte Nachrichten und Anweisungen, auch Schriftstücke. Als es noch so aussah, als ob Thälmann der Prozess gemacht werden würde, ging es vor allem um die Verteidigungstaktik. Auch Geld wurde Rosa von den Kurieren übergeben. Aber als die halbwüchsige Irma, die als Tochter Thälmanns keine Lehrstelle fand, in die Sowjetunion gebracht werden sollte, sträubte Rosa sich. Sie trat den Kurieren gegenüber selbstbewusst auf, manchmal geradezu störrisch. Bald schon durchschaute sie, dass die internationale Kampagne zur Befreiung Thälmanns von der Auslandsleitung der KPD instrumentalisiert wurde, dass es weniger um den Gefangenen als um die propagandistische Wirkung ging.

    Es gab Pläne für eine Befreiung Thälmanns im Winter 1934/35, in die Rosa eingeweiht war, sie erfuhr nicht, warum sie im letzten Moment aufgegeben wurden, aber sie argwöhnte - mit Recht - dass einigen gar nichts an dieser Befreiung lag. Ihr waren die Machtkämpfe vor 1933 nicht verborgen geblieben und obwohl sie in die Feinheiten der Strategie und Taktik nicht eingeweiht war, urteilte sie nach ihrem gesunden Verstand, mit ihrer Lebenserfahrung und Menschenkenntnis. So verbunden sie sich der Partei fühlte, sie war keinesfalls eine willenlose Botin, sondern machte nach beiden Seiten deutlich, was sie dachte und hoffte. Vor allem hoffte sie auf Freiheit für ihren Mann, dem sie selbst zubereitete Speisen brachte, für dessen Wäsche sie endlich wieder sorgen konnte, dem sie seine Untreue nicht vorwarf, dem sie Mut zusprach und dem sie ihre unwandelbare Liebe zeigte.

    Thälmann war erstaunt über die Stärke seiner Frau, zunehmend irritierte ihn auch seine Abhängigkeit. Wie eine Löwin kämpfte sie um Hafterleichterungen für ihren Mann, der nur in den ersten Wochen misshandelt wurde, dann lange Zeit eine privilegierte Behandlung erfuhr. Seine Zelle war größer als die anderer Gefangener, er konnte Zeitungen lesen und Pakete empfangen, dennoch litt er natürlich. Bis 1935 hoffte er auf den Prozess, auf den er sich gründlich vorbereitete, in dem er auftreten wollte wie Dimitroff. Ende 1935 jedoch ließ sich Hitler vom Reichpropagandaminister Goebbels überzeugen, dass ein solcher Prozess ihnen nur schaden könnte. Thälmanns Untersuchungshaft wurde in Schutzhaft umgewandelt. Zu dieser Zeit waren seine engsten Mitarbeiter in der ehemaligen KPD-Führung bereits entmachtet worden. Auch einige der ersten Kuriere galten inzwischen als Verräter. Rosa und Ernst Thälmann erfuhren davon und machten sich ihren Reim darauf.

    Mitte 1936 wechselte erneut der Kurier. Nun kam der 1903 geborene Walter Trautzsch, genannt Edwin. Achtzehnmal fuhr er zwischen 1936 und 1939 von Paris mit falschen Pässen nach Deutschland, oft über Umwege, in jeder Sekunde angespannt, auf der Hut vor den Häschern. Rosa war bei diesen konspirativen Treffen am Hafen, an der Elbe, auf dem Ohlsdorfer Friedhof und an anderen Orten meistens gelassen und dabei hellwach. Sie hatte gelernt, mit der ständigen Gefahr umzugehen. Edwin war auf eine politisch einfältige Frau vorbereitet worden. Rosas Fragen und ihre unverblümten, oft von der Parteilinie abweichenden Urteile deute er anfangs auch so wie der Genosse aus der Hamburger Volkszeitung, dem Thälmann um 1920 eine Maulschelle verpasst hatte. Mit der Zeit aber wichen seine Vorurteile Respekt und Hochachtung. Edwins Berichte wurden von Walter Ulbricht, ab Mai 1938 von Franz Dahlem, aus Paris nach Moskau weitergeleitet.

    Aus diesen Berichten und aus Thälmanns erhaltenen Briefen an seine Frau kommt uns die Tragödie eines zunehmend vereinsamten Menschen entgegen, der sich von seinen Genossen verraten fühlen musste, dabei tapfer versuchte, die ihm aufgezwungene Rolle mit Würde durchzustehen. Von den höhnischen Gestapo-Aufsehern - seit 1937 saß er in Hannover - erfuhr er, dass seine engsten Genossen und Freunde in der Sowjetunion umgebracht worden waren. Auch Rosa konnte ihm die Zusammenhänge nicht erklären, so hartnäckig sie auch den Kurier danach fragte. Thälmann war auf seine eigenen Deutungen angewiesen. Seine Beziehung zu Rosa wurde umso inniger, je mehr ihm die Wirklichkeit jenseits der Gefängnismauern entschwand, je unverständlicher ihm die Politik seiner Partei wurde. Sehnsuchtsvoll erwartete er ihre Besuche. In seinen Briefen pries er die eheliche Treue. „Treue ist das Köstlichste, das einem Menschen überhaupt vermacht werden kann. Treue ist das Leben, es blüht mahnend aus der Tiefe heimatlichen Bodens herauf und festigt die Ehegemeinschaft.“ Zu ihrem 47. Geburtstag im März 1937 schrieb er:"Eine vollwertige Ehegemeinschaft erfordert diese gegenseitige treue Verbindung; indem die Frau dem Manne Gefährtin, Streitgefährtin in seinem Lebenskampfe sein muß, wie es bei uns selbstverständlich und schon beinahe schicksalhaft geworden ist."

    Eigenschaften, die Ernst Thälmann sich für seine Tochter wünschte, waren: „bescheiden, ruhig, muttertreu und brav“. Irma übrigens weigerte sich lange, ihren Vater zu besuchen oder ihm zu schreiben. Zu sehr war er ihr entfremdet. Solle doch der Günther aus Berlin ihm schreiben, meinte sie patzig. Der Kurier Edwin redete ihr ins Gewissen, er schrieb ihr auch selbst Briefe an ihren Vater vor, bis sie sich schließlich in ihre Rolle als Tochter schickte. (Später, vor ihrer Verhaftung 1944, gehörte sie in Süddeutschland einer Gruppe an, die in ohnmächtiger Verzweiflung und Selbstüberschätzung Thälmanns Befreiung plante. Thälmanns Hoffnung, dass sein „Freund“ Stalin ihn austauschen würde, war da schon zerronnen.) Im Oktober 1937 schrieb Rosa einen Brief an Hermann Göring, sie verlangte entschieden Hafterleichterungen für ihren Mann, der in eine Haftpsychose abzugleiten drohte. Um diesen Brief Göring selbst zu übergeben, drang sie ins Hamburger Hotel Atlantic vor und musste schließlich von drei Männern weggetragen werden. Ihr Auftreten jedoch zeigte Wirkung: Zu Weihnachten 1937 durfte sie mit ihrem Mann allein in der Zelle sein, sogar ein Sofa hatte man hineingestellt.

    Im April 1938 erfuhr der Kurier Edwin, dass Rosa Thälmann schwanger war. Sie wollte dieses Kind mit ihren 48 Jahren nicht austragen, auch deshalb nicht, weil sie in Hamburg als Frau des eingesperrten Thälmann bekannt war. Außerdem war sie inzwischen schwer herzkrank. Thälmann hatte von dieser Schwangerschaft erfahren und gelacht. Der Kurier kam im März 1939 zum letzten Mal, beim Grenzübertritt war sein Pass aufgefallen. In der Haft verübte er einen Selbstmordversuch, kein Wort über seinen Sonderauftrag kam über seine Lippen. Seine tragische Geschichte kann hier nicht erzählt werden. Er und Rosa begegneten sich nur noch einmal in den fünfziger Jahren, als er sie in ihrem viel zu großen Haus in Wendenschloss besuchte und enttäuscht war über die Frau, die keine Ähnlichkeit mehr besaß mit der starken, humorvollen Arbeiterfrau, die er gekannt hatte.

    Der Kurier kam seit 1939 nicht mehr und also auch kein Geld für Rosas Unterhalt und Thälmanns Versorgung. Als Rosa Anfang November 1939 in der sowjetischen Botschaft in Berlin erschien, hatte sie fünf aus dem Gefängnis geschmuggelte Briefe ihres Mannes bei sich. Man ließ sie nicht vor, nahm ihr nur einen Brief ab. Als sie verzweifelt fragte, ob sie sich an Göring wenden solle, wurde ihr bedeutet, dies sei ihre Privatangelegenheit. „Frau Thälmann ist sehr verbittert gegangen“, hieß es in einem Telegramm von Molotow an Stalin, der Thälmann längst abgeschrieben hatte. Aber eine Reaktion gab es doch: Ende 1939 bekam Rosa noch einmal Geld von der Partei, die Kinderfrau der sowjetischen Kundschafterin Ruth Werner aus der Schweiz überbrachte es in einer Kleiderbürste. Ruth Werner hat in „Sonjas Rapport“ darüber geschrieben.

    Rosa ging im Auftrag ihres Mannes bis zum April 1941 noch elfmal mit Briefen in die sowjetische Botschaft, sehr zum Unwillen des neuen Botschafters Dekanossow. Thälmann widerstand allen Versuchen, ihn zu einer Abkehr vom Kommunismus zu bewegen. Im August 1943 überführte die Gestapo ihn aus Hannover nach Bautzen. Im dortigen Zuchthaus verschärften die Haftbedingungen sich weiter. Nun nahm man keine Rücksicht mehr aufs Ausland. Im April wurde Irma verhaftet, im Mai Rosa. Im September 1944 kamen beide nach Ravensbrück, Irma ins Außenlager Neubrandenburg. Da wussten sie schon, dass ihr Mann und Vater seit dem 18. August 1944 nicht mehr am Leben war. Hitler und Himmler hatten diesen Mord am 14. August beschlossen, nach dem 20. Juli fürchtete man die Feinde des Regimes selbst in Fesseln.

    Nach der Befreiung erfuhren Mutter und Tochter, dass so viele, die mit Thälmann vor 1933 und danach in enger politischer Verbindung standen, in Stalins Lagern ermordet worden waren, dass Thälmanns Rivale Walter Ulbricht, der seine Bitten um Intervention bei Stalin ignoriert hatte, jetzt an der Macht war. Nie haben sie sich dazu öffentlich geäußert. Nie haben sie in der Öffentlichkeit an dem verlogenen Heldenbild Thälmann gekratzt, das nichts mit dem Menschen zu tun hatte, den sie mit all seinen Widersprüchen und Schwächen liebten.

    Von Martha Kluczynski verlangte die Partei nach 1945 einen Bericht über Ernst Thälmann, der in die Archive verbannt wurde. Ihr Sohn Günther war 1944 an der Ostfront gefallen. Ihr Mann starb 1950. Sie wurde zu Stillschweigen verpflichtet. Der Denunziant Hermann Hilliges, in der Nazizeit aufgestiegen zum Vorsitzenden der Gartenkolonie „Havelblick“, wurde nun auch von Gartennachbarn angezeigt und verschwand 1946 in sowjetischer Haft. Rosa wurde in der DDR mit Funktionen überschüttet, sie war seit 1950 Abgeordnete der Volkskammer, Mitglied des Präsidiums der Antifaschistischen Widerstandskämpfer, des Demokratischen Frauenbunds Deutschlands... Man sagt, sie ging gern zu Kindern.

    Sie tat, was die Partei von ihr verlangte. Das war, was auch ihr Mann von ihr erwartet hatte. Aber die schwersten Jahre ihres Lebens waren gleichzeitig die, in denen sie eigenständig gewesen war, kraftvoll, in denen ihre Persönlichkeit wuchs und sich entfaltete. Sie hatte sich behauptet und ihrem Mann in seiner tragischen Situation noch Kraft abgeben können. Nun aber ging sie wieder zurück auf den Platz, den man ihr zuwies, trat in den Schatten des Denkmals. Ihren Nachruf unterzeichnete Walter Ulbricht.

    Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse
    https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Th%C3%A4lmann_%E2%80%93_Sohn_seiner_Klasse

    Ernst Thälmann –Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse ist eine deutsche Filmbiografie über den Politiker, Reichstagsabgeordneten und KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann, die 1954 bei der DDR-Filmproduktionsgesellschaft DEFA unter der Regie von Kurt Maetzig entstand. Im Jahr 1955 erschien der zweite Teil Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse, welcher den Zeitraum zwischen 1930 und 1944 umfasst. Vorbilder waren nach Langenhahn die sowjetischen Monumentalfilme Micheil Tschiaurelis wie Der Schwur (Kljatwa, 1946), Der Fall von Berlin (Padenije Berlina, 2 Teile, 1949/1950) und Das unvergeßliche Jahr 1919 (Nesabywajemy god 1919, 1952).

    #Allemagne #URSS #USA #histoire #communisme #stalinisme #Deutsche_kommunistische_Partei

  • Jason W. Moore, cosmologie révolutionnaire et communisme de la vie
    https://lundi.am/Jason-W-Moore-cosmologie-revolutionnaire-et-communisme-de-la-vie

    A la suite de la revue amie Terrestres, nous publions l’introduction limpide du philosophe Paul Guillibert à l’œuvre fondamentale de la pensée écologique contemporaine de James W. Moore telle qu’elle s’exprime dans son dernier livre L’écologie monde du capitalisme. Comprendre et combattre la crise environnementale où il s’attache à repenser le capitalisme dans la nature et la nature dans le capitalisme.

    **L’œuvre de Moore constitue une tentative radicale pour refonder la critique du capitalisme sur une cosmologie non dualiste.

    **
    S’il faut repenser le #capitalisme à partir de son histoire écologique, encore faut-il être prêt à repenser la nature à partir de son histoire sociale.

    *
    Dans le capitalisme, la catégorie de #nature renvoie à l’ensemble des réalités dévalorisées, celles qui font l’objet d’une appropriation gratuite ou d’une très faible capitalisation.

    #écologie #histoire #communisme #mise_au_travail_du_vivant #Jason_W._Moore #écologie_monde

  • Wolfgang Brauer : Nachdenken über Bodo Uhse
    https://das-blaettchen.de/2013/07/nachdenken-ueber-bodo-uhse-25720.html

    Je découvre Bodo Uhse dans cette Liste d’anciens membres du NSDAP politiquement actifs après 1945 alors qu’il n’a rien en commun avec les profiteurs et du régime nazi et du capitalisme allemand après 1945 .
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Liste_ehemaliger_NSDAP-Mitglieder,_die_nach_Mai_1945_politisch_t%C3%

    L’avoir incorporé dans cette collection de criminels jamais condamnés est une infamie de la part des auteurs de l’encyclopédie en ligne . Uhse est un combattant contre le régime nazi avant même sa fondation. Il est au contraire un homme exemplaire pour la quête de justice de la génération perdue entre deux guerres mondiales.

    A partir de 1921 il cotoie les futurs criminels nazis de première catégorie. En 1930 déjà il est exclu du parti après s’être battu en vain pour les positions socialistes au sein d’un parti qui se rapproche de plus en plus des industriels et militaires réactionnaires.

    C"est un héro tragique brisé à la fin de sa vie par la découverte des crimes du stalinisme.

    8.7.2013 von Wolfgang Brauer -Mir fehlte ein Band seiner „Gesammelten Werke“, und ich war mir sicher, bei meinem Buchhändler, der eine herrlich verkramte Antiquariatsecke in seinem Laden hat, müsste ich fündig werden. „Uhse? Von dem habe ich erst einen ganzen Berg weggeworfen. Keiner will den mehr haben…“ Bodo Uhse ist tatsächlich nicht „en vogue“ – letztmalig wurde 1992 eines seiner Bücher neu herausgegeben: „Söldner und Soldat“ im Aufbau-Taschenbuchverlag.
    Bodo Uhse gehörte zu der Generation, in die Schule, Elternhaus und jugendbündlerische Erfahrungen den Keim einer kriegerischen Todessehnsucht überaus erfolgreich gesät hatten. „Und Opfer zu bringen war unseres Daseins Sinn“, lässt er seinen Helden im Roman „Wir Söhne“ (1948) philosophieren. Für den ersten großen Opfergang kam Bodo Uhse aufgrund seines Geburtsjahres 1904 zu spät. Für die Teilnahme am Kapp-Putsch reichte es aber. 1921 trat er dem „Bund Oberland“ bei – einem rechtsextremen Wehrverband, der von der Schlacht um den Annaberg in Oberschlesien bis zum „Ruhrkampf“ und dem Hitler-Ludendorff-Putsch in diverse blutige Auseinandersetzungen der jungen Republik verwickelt war. Die Mitgliederliste des Bundes liest sich von „H“ wie Himmler bis „R“ wie Reinefarth, dem Schlächter von Warschau, wie ein „Who is Who“ der späteren SS-Elite. 1927 trat Uhse der NSDAP bei und schloss sich dem Kreis um die Brüder Otto und Gregor Strasser an. Zunächst in Ingolstadt, dann ein Jahr später in Itzehoe wurde er Chefredakteur nationalsozialistischer Lokalblätter. 1929 zog er mit NSDAP-Mandat in den Stadtrat der schleswig-holsteinischen Stadt ein. Hier fand er Kontakt zur radikalen Landvolk-Bewegung, deren Itzehoer Zeitung Das Landvolk ein unmittelbares Konkurrenzblatt zur von ihm besorgten Schleswig-Holsteinischen Tageszeitung war. Beim Landvolk mischte übrigens Ernst von Salomon mit, zu dem Uhse noch in den 1950er Jahren Kontakt hielt. Die Auseinandersetzung mit dieser Bauernbewegung, die sich zuvörderst gegen Zwangsversteigerungen in Not geratener Höfe und als unverhältnismäßig angesehene Besteuerungen richtete und zunehmend militante Formen bis hin zu terroristischen Aktionen annahm, muss Uhse tief beeindruckt haben. Deren Aktionen passten allerdings mitnichten in das strategische Konzept der NSDAP-Führung, die sich in jener Zeit, nach dem Niedergang der Mittzwanziger Jahre kaum wieder konsolidiert, diversen Verbotsgefahren ausgesetzt sah.
    Im August 1930 war Uhse aus der Partei ausgeschlossen worden, er war dem Braunen Haus inzwischen zu „links“. Ihren Höhepunkt fand Hitlers Buhlen um einen ziviler erscheinenden Anstrich im „Legalitätseid“ vom 25. September 1930 vor dem Leipziger Reichsgericht. Er versicherte, ausschließlich mit „legalen Mitteln“ die Macht erlangen zu wollen. Adolf Hitler war als Zeuge im Prozess gegen drei Ulmer Reichswehroffiziere geladen worden, denen konspirative NSDAP-Aktivitäten in der Reichswehr vorgeworfen wurden. Einer von diesen war der Leutnant Richard Scheringer.
    Uhse sollte wenig später in dem von Josef („Beppo“) Römer geleiteten „Aufbruch-Kreis“ (samt der gleichnamigen Zeitschrift 1931 gegründet) „im Sinne des Leutnants Scheringer“ (so der Untertitel des Aufbruch) daran mitarbeiten, national gesinnte Offiziere der Reichswehr und Angehörige des „linken“ NSDAP-Flügels zum Übertritt zur KPD zu bewegen. Römer war übrigens auch Mitglied des „Bundes Oberland“ gewesen. Als spiritus rector des Aufbruch betätigte sich ein ehemaliger Berufsoffizier, der unter seinem Autorennamen Ludwig Renn Weltruhm erlangen sollte.
    Die schleswig-holsteinischen Ereignisse fanden insgesamt in drei sehr unterschiedlichen Romanen ihren Niederschlag. 1931 veröffentlichte Hans Fallada sein Buch „Bauern, Bonzen und Bomben“, Ernst von Salomon 1932 eine stark autobiographisch gefärbte Darstellung der Rebellion unter dem Titel „Die Stadt“. Auch Bodo Uhse thematisierte die Landvolk-Bewegung, verbunden mit seinem politischen Seitenwechsel, im schon erwähnten „Söldner und Soldat“.
    Das Buch konnte erst 1935 erscheinen. Inzwischen war der Autor KPD-Mitglied. Mit Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges kämpfte Uhse bei den Internationalen Brigaden. In der 11. Brigade, deren Stabschef war Renn, war er ab 1937 als Politkommissar im Einsatz. Nicht nur die spanischen Erfahrungen verarbeitete Uhse im Roman „Leutnant Bertram“. „Warnen wollte ich mit dem Buche, warnen vor dem Krieg, dem Überfall, zu dem man sich in Deutschland rüstete.“ So beschrieb er seine Absichten in der Erzählung „Ein Ferientag zwischen zwei Kriegen“, die 1935 im französischen Exil entstand. Mit der Warnung wurde es nichts, das Buch erschien erst, als der große Krieg schon im Gange war.
    „Leutnant Bertram“ ist ein schwieriges Buch. Uhse versucht eine literarische Gratwanderung zwischen klassischem Entwicklungsroman und einem breiten Gesellschaftspanorama Nazi-Deutschlands. Letzteres gelang eigentlich nur Anna Seghers mit dem „Siebten Kreuz“. Und eine „Entwicklung“ gesteht der Autor seinem Titelhelden erst ganz am Ende des Romans zu, als dieser – Pilot der „Legion Condor“ – vom eigenen Staffelkommandeur nach dem Ausstieg aus dem brennenden Flugzeug fast zusammengeschossen, von republikanischen Soldaten aufgelesen, sich den zornigen Fragen des Polit-Kommissars Hein Sommerwand stellen muss. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt Bertram der klassische Anti-Held, ein kalter Routinier des Mordens. Selbst größeren Fieslingen unter dem Personal seines Romans billigt der Autor mehr Empathie-Spielräume zu. Es scheint, als fokussierte Uhse in der Gestalt Bertrams eine abgrundtiefe Enttäuschung über das Versagen seiner ehemaligen Kameraden, die eben nicht seinem Weg nachfolgten, sondern aktive Mittäter Hitlers wurden. Damit zeigt der späte Wandel in der Haltung des Leutnants Bertram prophetische Züge. Der „militärische Widerstand“ gegen Hitler schritt erst zur Tat, als eigentlich schon alles zu spät war – im Erscheinungsjahr des „Leutnants Bertram“ 1944.
    Zehn Jahre später erschien der erste Band der als Trilogie über den antifaschistischen Widerstand und den Kampf der Sowjetunion geplanten „Patrioten“. Zum Zeitpunkt des Erscheinens lebte Bodo Uhse in der DDR. Auch er kehrte erst 1948 aus dem mexikanischen Exil zurück und war mit diversesten Ämtern fest im kulturpolitischen Leben des Landes verankert. Allerdings von den moskauhörigen Genossen seiner Partei immer misstrauisch beäugt: Er kam aus dem falschen Exil, hatte die falsche Herkunft, pflegte die falschen Freundschaften und eine falsche Lebensweise – seine amerikanische Ehefrau Alma hielt ein Reitpferd… –, und überhaupt pflegte er ziemlich kosmopolitische Ansichten. Gleich anderen hatte ihn die „Geheimrede“ Chruschtschows auf dem XX. Parteitag der KPdSU in tiefe Selbstzweifel gestürzt. Übrigens auch literarisch: Das Konzept der „Patrioten“ war so nicht mehr durchhaltbar.
    Es war nur konsequent, dass auch Uhse in den Strudel der Ereignisse um den Janka-Prozess geriet. Auf der Kulturkonferenz der SED im Oktober 1957 – Dieter Schiller bezeichnete diese einmal als Veranstaltung zum Zwecke der „Disziplinierung der Intelligenz“ – musste er Abbitte leisten. „Selbstkritik üben“ nannte man das.
    Kurze Zeit durfte Uhse in der Nachfolge Jankas den Aufbau-Verlag leiten. Das Amt verlor er aber genauso rasch, wie er es bekommen hatte. Die kulturpolitische Zeitschrift Aufbau, in die er viel Kraft investiert hatte, wurde 1958 eingestellt. Die Ehe zerbrach, und Alma ging mit den Kindern zurück in die USA. Hinzu kamen erhebliche gesundheitliche Probleme, die auch alkoholbedingt waren.
    Am Ende der 1950er Jahre war Bodo Uhse ein gebrochener Mann, der aber immer wieder versuchte, sich gegen seinen künstlerischen Niedergang zu stemmen: Die Erzählung „Sonntagsträumerei in der Alameda“ (1961) gehört zu den eindrucksvollsten Zeugnissen deutscher Erzählkunst des 20. Jahrhunderts. Und sie ist ein trotziges „Und sie bewegt sich doch!“ an die Adresse einer kunstfeindlichen Parteibürokratie.
    Bodo Uhse starb vor fünfzig Jahren, am 2. Juli 1963.
    „Ungeduldig forderten wir Einlaß in die Welt, die gerade zusammenbrach“, fasst er die Antriebe seiner Generation, für die die Welt der Erwachsenen keinen Platz bot, in „Wir Söhne“ zusammen. Diese jungen Leute landeten in ihrer Mehrzahl in der Gefolgschaft der Faschisten.
    Das Gefühl des Nichtgebrauchtwerdens ist heute wieder immanenter Bestandteil jugendlichen Welterlebens in Europa.

    #Allemagne #histoire #nazis #communisme #lettres

  • « On replace là le citoyen au cœur du problème » – Libération
    https://www.liberation.fr/medias/2013/03/12/on-replace-la-le-citoyen-au-coeur-du-probleme_888077/?redirected=1

    On retrouve toujours des choses complètement oubliées.
    Bon, visiblement, le rapport n’a pas été suivi d’effets aussi probants ;-(

    Interview
    « On replace là le citoyen au cœur du problème »
    Hervé Le Crosnier. chercheur au CNRS :
    par Camille Gévaudan
    publié le 12 mars 2013 à 20h56

    Chercheur à l’Institut des sciences de la communication du CNRS, Hervé Le Crosnier a coécrit avec Valérie Schafer la Neutralité de l’Internet. Un enjeu de communication.

    « C’est l’un des premiers rapports que je lis qui prend en compte la bi-directionnalité de l’Internet. On n’a pas d’un côté les producteurs et de l’autre des consommateurs : aujourd’hui, tout le monde peut devenir émetteur d’informations en ligne - et plus il y a de gens qui parlent, plus on va voir émerger de qualité… Il est donc très intéressant que l’avis veuille lier la neutralité du Net à une question de communication, et l’inscrire dans le cadre des droits fondamentaux au lieu de le restreindre à la question des négociations économiques entre les acteurs de l’Internet.

    « On replace là le citoyen au cœur du problème. Si le gouvernement applique ce qu’il y a dans le rapport, s’il va jusqu’à fixer des responsabilités aux opérateurs de services comme Facebook et Apple, et pas seulement aux opérateurs de réseau, et si on traite de manière indifférenciée l’Internet fixe, l’Internet mobile et l’Internet des objets, alors la France aura la loi la plus avancée au monde sur la neutralité du Net. A mon avis, il faudrait même étendre cette logique, pour y inclure le débat autour de la protection de la vie privée… Un autre droit fondamental de l’internaute. »

    #Neutrallité_internet #vie_privée #Communication

  • Integrating #community-based_monitoring (CBM) into a comprehensive learning-to-action model
    https://redasadki.me/2024/07/14/integrating-community-based-monitoring-cbm-into-a-comprehensive-learning-t

    According to Gavi, “community-based monitoring” or “CBM” is a process where service users collect data on various aspects of health service provision to monitor program implementation, identify gaps, and collaboratively develop solutions with providers. By engaging service users, CBM aims to foster greater accountability and responsiveness to local needs. #The_Geneva_Learning_Foundation’s innovative learning-to-action model offers a compelling framework within which CBM could be applied to #immunization challenges. The model’s comprehensive design creates an enabling environment for effectively integrating diverse monitoring data sources – and this could include community perspectives. #health_workers as trusted community advisers… and members of the community A distinctive feature of TGLF’s (...)

    #Global_health #continuous_learning #global_health #HRH #Human_resources_for_health #Immunization_Agenda_2030 #learning_strategy #zero-dose_children #Zero-Dose_Learning_Hub_ZDLH_

  • Dataviz Horror Story: Annabelle Rincon
    https://nightingaledvs.com/dataviz-horror-story-annabelle-rincon

    When I was leading the centre of enablement for a financial company in Switzerland, I organized numerous activities, such as #Community meetings, webinars, skill belt programs, and monthly workout initiatives where users had to redo a visualization for which they only had a picture and a dataset.

    #Data_Visualization #data_viz_horror_stories #horror_stories

  • Anna Seghers: »Ich war schon als Kind stolz, eine bekannte Schriftstellerin als Urgroßmutter zu haben«
    https://www.jungewelt.de/artikel/478886.anna-seghers-ich-war-schon-als-kind-stolz-eine-bekannte-schriftstel


    Anna Seghers mit Urenkelin Netty Radványi 1979

    6.7.2024 von Willie und Frank Schumann - Über das Thema des Krieges im Theater, den Konflikt in Nahost aus mexikanischer Perspektive und Anna Seghers als Inspiration. Ein Gespräch mit Netty Radványi

    Soeben hat Mexiko erstmals eine Frau ins höchste Staatsamt gewählt. Und am 28. August wird Ihre Freundin, die mexikanische Übersetzerin der Werke von Anna Seghers, Claudia Cabrera¹, in Weimar mit der Goethe-Medaille geehrt. Außerdem bringen Sie in Mexiko ein Werk ihrer Urgroßmutter auf die Bühne, das sie 1944 im Exil geschrieben hat … Sind die Frauen in einer sehr männerdominierten Gesellschaft auf dem Vormarsch?

    Ich hoffe es.

    Sie leben seit etlichen Jahren in Mexiko, sind aber in Frankreich geboren, aufgewachsen, haben dort Geschichte und Politikwissenschaft studiert und als Zirkusartistin, Regisseurin und Filmemacherin gearbeitet. In Mexiko desgleichen. Von 2018 bis 2023 haben Sie auch am »Cirko de Mente« Kunst- und Zirkusgeschichte, Akrobatik und kreative Methodik unterrichtet. Alles für Anna?

    Das wäre wahrlich ein wenig übertrieben, auch wenn ich mich schon lange mit dem Werk meiner Urgroßmutter beschäftige. Mit 14 haben mich meine theaterbesessenen Eltern in Paris in ein dokumentarisches Stück über Anna Seghers (1900–1983, jW) mitgenommen. Das war so etwas wie ein Schlüsselerlebnis. Es hat mich sehr berührt und motiviert. Der Wunsch wurde noch verstärkt, als ich nach Mexiko kam, wo sie sechs Jahre mit der Familie im Exil gelebt hatte. Sie war etwa so alt wie ich jetzt, also Mitte vierzig, als sie 1944 die Erzählung »Der Ausflug der toten Mädchen« schrieb. Das hat uns gereizt.

    Uns?

    Das waren Claudia Cabrera und Micaela Gramajo, eine mexikanisch-argentinische Regisseurin mit einer ähnlichen Familiengeschichte wie ich, also mit osteuropäischen Juden und Kommunisten als Vorfahren. Wir haben gemeinsam den Originaltext von Anna Seghers studiert und analysiert und daraus dieses Stück entwickelt.

    Die Erzählung »Der Ausflug der toten Mädchen« ist autobiographisch. Netty, die Ich-Erzählerin, reflektiert die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, zwischen den beiden großen Kriegen und während des laufenden, und sie betrachtet ihr eigenes Dasein im Exil. Es ist die Zeit der Judenverfolgung und des faschistischen Terrors in Europa. Netty ist Jüdin und darum unmittelbar Opfer des rassistischen Verfolgungswahns der Nazis. Ihre Freundinnen und Bekannten sowie viele andere überleben den Naziterror nicht. Die Erzählung ist Anklage und Friedensappell in einem, das Hohelied auf Humanismus schlechthin. Oder was lesen Sie aus dem Text Ihrer Urgroßmutter?

    Das ist ein zutiefst pazifistischer Text, der den Krieg in jeder Form als Verbrechen anprangert und verurteilt. Bei der letzten Bearbeitung der Theaterfassung war es Micaela und mir nicht möglich, darüber zu reden, ohne das Drama zu erwähnen, das sich derzeit zwischen Israel und Palästina abspielt. Wir mussten versuchen, den Unterschied zwischen Antisemitismus und Antizionismus verständlich zu machen. Für uns, unsere Familien und viele Menschen mit jüdischem, aber säkularem Hintergrund sind das zwei sehr unterschiedliche Dinge, die aber derzeit von Medien und Politikern – aus Unwissenheit oder mit Vorsatz – gern miteinander vermengt werden. Der Text meiner Urgroßmutter und unsere Inszenierung ermöglichen es uns, dies sichtbar zu machen.

    Wie eben auch die antifaschistische und antimilitaristische Botschaft, die in dieser Geschichte zum Ausdruck kommt. Ich verurteile diesen Krieg in Nahost und die völkermörderische Haltung der derzeitigen israelischen Regierung, wie ich auch die Verbrechen der Hamas verurteile.

    Sie haben auch Geschichte studiert.

    Eben deshalb macht es mich traurig und wütend zugleich, dass sich Völker im 21. Jahrhundert noch immer wegen Religionen und Territorien gegenseitig abschlachten. Wir haben versucht, all diese Verbrechen so künstlerisch und so feinfühlig wie möglich anzuprangern, nachdem wir mit allen am Stück Beteiligten darüber gesprochen hatten. Es ist ein heikles, brisantes Thema, auch wenn wir das Glück haben, in Mexiko zu sein, einem Land, das von diesem Konflikt ziemlich weit entfernt ist, über den wir hier aber völlig offen diskutieren können.

    Daraus schließe ich, dass die Debatte anders läuft als etwa in Deutschland. Wegen der Schoah – also der deutschen Schuld – wird vorbehaltlos alles gebilligt und unterstützt, was der Staat Israel unternimmt. Das ist Staatsräson in Deutschland. Wer sich gegen die aggressive Politik der Netanjahu-Regierung stellt und sich mit den Palästinensern solidarisch zeigt, wird des Antisemitismus bezichtigt.

    Nach meinem Eindruck ist die öffentliche Meinung in Mexiko mehrheitlich propalästinensisch. Mexiko war ein kolonisiertes Land, und auch der Neokolonialismus ist hier ein sehr sensibles, aber virulentes Thema. Die offizielle Haltung ist darum auch nicht so klar, wie im übrigen bei anderen außenpolitischen Themen auch nicht. Da passt Mexikos Regierung sich den Positionen der USA oft an. Vielleicht ändert sich das jetzt ein wenig.

    Lassen Sie uns auf Ihre berühmte Urgroßmutter kommen. Ihr Vater Jean Radványi ist der Sohn von Peter Radványi (1926–2021), der als Kernphysiker in Frankreich lebte und dort Pierre hieß. Das Verhältnis zwischen den beiden soll ein wenig angespannt und distanziert gewesen sein?

    Ja, Peter und dessen Frau ließen sich scheiden, als mein Vater noch klein war, und weil Pierre ziemlich schnell wieder eine neue Familie gründete. Aber Tschibi …

    Tschibi?

    Das war der Spitzname von Netty, also meiner Urgroßmutter Anna Seghers, die ursprünglich Annette (»Netty«) Reiling hieß. Sie war da souverän, hielt unverändert die Verbindung mit beiden, korrespondierte mit ihnen und lud sie regelmäßig nach Berlin ein. So kam auch ich in die DDR. Ich erinnere mich an ein Haus in Prieros (Ortsteil der amtsfreien Gemeinde Heidesee im Landkreis Dahme-Spreewald in Brandenburg, jW), wo wir Urlaub machten.

    Welche Rolle spielte Anna Seghers in Ihrer Familie?

    Eine wichtige. Sie wurde bewundert und verehrt. Und ich war schon als Kind stolz, eine bekannte Schriftstellerin als Urgroßmutter zu haben. Ich bin zu Hause mit Büchern aufgewachsen, es gab auch ein spezielles Regal nur mit Büchern von Anna Seghers. Mein Vater gab sie mir zu lesen, als ich Teenager war. Die Vorfahren meiner Mutter waren in den Vernichtungslagern der Nazis umgebracht worden. Da gab es nicht viel zu berichten. Wohl aber über die andere Linie. Vater erzählte viel, noch mehr erfuhr ich aber von meinem Großvater Pierre. Unser Verhältnis war sehr gut. Wohl weil ich sein erstes, also ältestes Enkelkind war, und weil ich den Vornamen seiner Mutter trug: Netty. Wir besuchten oft japanische Restaurants im Pariser Quartier Latin, als ich dort studierte, und dann erzählte er von ihr.

    Besaßen Sie oder Ihre Eltern noch persönliche Gegenstände, die Sie von Anna Seghers bekommen haben?

    In der Pariser Wohnung meiner Eltern, in der aufgewachsen bin und in der sie inzwischen fast ein halbes Jahrhundert leben, gibt es einige Fotos, darunter jenes von 1979, auf dem mich meine Urgroßmutter als Säugling auf dem Arm hält. Die Wohnung gleicht inzwischen einem Museum, meine Eltern – Intellektuelle und Kommunisten – sind viel gereist und sammelten alles mögliche. Aber ob dort auch Erinnerungsstücke von Anna Seghers sind, ich weiß es nicht. Allerdings ist mein Vater gerade dabei, unveröffentlichte Briefe und Texte von seiner Großmutter zu übersetzen, die er im Nachlass seines 2021 verstorbenen Vaters Pierre gefunden hat.

    Anna Seghers floh mit ihren beiden Kindern aus dem von Nazideutschland besetzten Paris, kam im März 1941 via Marseille, Martinique und New York nach Mexiko², sechs Jahre später kehrte sie nach Berlin zurück. Da wird sie gewiss nicht viel Gepäck dabeigehabt haben.

    Großvater erzählte, dass sie in Paris 1940 in einer Möbelkammer einige persönliche Sachen und Bücher zurückgelassen hatten, von denen er nach ihrer Rückkehr nach Europa einiges an seine Mutter nach Berlin geschickt hätte, anderes sei in Paris geblieben. Soweit ich weiß, haben sie nichts in Mexiko zurückgelassen.

    Gibt es in der Stadt Orte, die an Ihre Urgroßmutter erinnern?

    Die Familie hat unter verschiedenen Adressen in Mexiko-Stadt gewohnt. Als ich 2015 zum ersten Mal in die Stadt kam, habe ich versucht, sie ausfindig zu machen. Das war nicht so einfach in dieser riesigen Metropole, die sich schnell verändert, in der Straßen umbenannt und Häuser neu errichtet werden. 1985 hatte es zudem das stärkste Erdbeben in der Geschichte des Landes gegeben. Es gibt in einigen Vierteln noch Häuser aus dem frühen 20. Jahrhundert, aber ein Wohnhaus, in dem meine Urgroßmutter und ihre Familie gelebt haben, fand ich nicht mehr.

    Erinnert man sich im heutigen Mexiko noch an die deutschen Exilanten, an das, was sie hier taten?

    Die deutschen Exilanten kehrten mehrheitlich nach dem Krieg nach Europa zurück, nur wenige blieben und wurden assimiliert. Aber die Erinnerung an diese Gruppe lebt auch durch Projekte, wie wir sie jetzt mit Anna Seghers und ihren Werken verfolgen.

    Ist es ein Problem, dass Anna Seghers eine bekennende Kommunistin war?

    Für meine Familie nicht. Es erfüllt uns eher mit Stolz, dass die große Mehrheit der Familie Kommunisten oder deren Sympathisanten waren. Auch in Frankreich herrschte Kalter Krieg, aber in seinen Auswirkungen war er nicht so gravierend wie in den USA oder in Deutschland. In Mexiko hat mir der kommunistische Hintergrund meiner Familie eher Türen geöffnet als versperrt. Allerdings soll nicht verschwiegen sein, dass es Jahrzehnte zuvor ziemlich harte, mitunter blutige Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen kommunistischen Fraktionen gegeben hat – auch innerhalb der deutschen Exilgemeinde. Ich denke, dass dies meinen Großvater – also Anna Seghers Sohn – davon abgehalten hat, in Frankreich in die Politik zu gehen und er sich lieber der Wissenschaft widmete.

    Für Anna Seghers, deren jüdische Mutter ebenfalls von den Nazis deportiert worden war, hieß es, alle Menschen sind gleich im Sinne der Französischen Revolution: Liberté, Égalité, Fraternité. Die Gleichen müssen sich zusammenschließen, um gemeinsam die Ungerechtigkeit auf dieser Welt zu überwinden. Vor Gott sind alle Menschen gleich, lehrte die Bibel – die Aufklärung sagte hingegen: nicht nur vor Gott! Lesen Sie das auch aus diesem Text?

    Ja, ich finde das kommunistische Ideal in diesem Text wieder, wenngleich auch etwas weniger deutlich als in anderen Texten von ihr. Tschibi ergreift hier nicht Partei, sondern versucht nur zu verstehen, wie das alles passieren konnte. Alle Personen offenbaren in ihrem menschlichen Handeln die Absurdität des Krieges, es macht sie für mich schön und stark. Das alles zeigt, welch große, humanistische Schriftstellerin meine Urgroßmutter war. Geprägt von der biblischen und der klassischen Kultur, der kommunistischen Bewegung und den Philosophen der Aufklärung, sie selbst war ja eine promovierte Philosophin. Wegen ihrer Haltung und ihrer Überzeugung haben die Nazis auch ihre Bücher erst verboten, dann verbrannt.

    Vor genau 100 Jahren – 1924 – hat Ihre Urgroßmutter in Heidelberg promoviert. Kennen Sie das Thema der Dissertation?

    Ja, »Jude und Judentum im Werke Rembrandts«. Da steckt schon alles drin, worüber wir sprachen.

    Sie wollen mit dem Theaterstück »Der Ausflug der toten Mädchen« nach Europa kommen. Bringen Sie Ihre mexikanische Theatergruppe mit?

    Das möchte ich gern. Es gibt im Stück die Netty in drei Lebensphasen. Die jüngste Darstellerin ist 16, sie arbeitet seit zwei Jahren an diesem Projekt. Sie besucht das deutsche Gymnasium in Mexiko-Stadt, ihre Mutter ist eine Deutsche. Die zweite Netty bin ich, ich spiele faktisch meine Urgroßmutter, als sie in meinem aktuellen Alter war. Und die dritte Netty-Darstellerin ist über siebzig und hat am Lycée français de Mexico studiert – jener Einrichtung, die damals mein Großvater Pierre Radványi besucht hat. Und die Koregisseurin Micaela Gramajo spielt auch mit … Mir scheint es schwierig, sie zu ersetzen. Aber vielleicht wäre es interessant zu mischen, also mexikanische und deutsche Darsteller zusammenzubringen. Dieses Problem scheint mir leichter zu lösen als den Krieg in Nahost und in der Ukraine zu beenden. Ich hoffe nur, dass das nicht in einen dritten Weltkrieg mündet.

    Netty Radványi ist die Urenkelin von Anna Seghers, geboren 1979 in Frankreich. Sie lebt in Mexiko, arbeitet als Theaterregisseurin und Filmemacherin. Mit der mexikanischen Inszenierung von Anna Seghers’ »Der Ausflug der toten Mädchen« plant sie 2025 Aufführungen in Deutschland

    ¹ Claudia Cabrera, Jahrgang 1970, arbeitet aktuell an der Neuübersetzung von Werken Anna Seghers, die zum Teil während des Exils in Mexiko entstanden sind. Bereits erschienen sind »Transit« und »La séptima cruz« (»Das siebte Kreuz«). 2020 wurde Cabrera für ihre Übersetzung von Arnold Zweigs antifaschistischem Roman »Das Beil von Wandsbek« von der mexikanischen Regierung und dem Nationalen Institut für Schöne Künste und Literatur ausgezeichnet.

    ² Im 1980 bei Reclam, Leipzig, erschienenen vierten Band von »Kunst und Literatur im antifaschistischen Exil 1933–1945« berichtete Wolfgang Kießling über Emigrantenschicksale in Lateinamerika, darunter ausführlich auch über Anna Seghers. Im gleichen DDR-Verlag erschien auch die Dissertation von Annette Reiling (Anna Seghers) aus dem Jahr 1924: »Jude und Judentum im Werk Rembrandts«.

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