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  • Den Behörden Beine machen: Das EuGH-Urteil zur Familien­zusammen­führung von Flüchtlingen | Verfassungsblog
    https://verfassungsblog.de/den-behoerden-beine-machen-das-eugh-urteil-zur-familienzusammenfuehr

    Der EuGH hat am 12. April 2018 im Urteil A und S den Familiennachzug von Eltern zu unbegleiteten Kindern maßgeblich erleichtert und dabei insbesondere die Frage geklärt, zu welchem Zeitpunkt die Person unter 18 Jahre alt gewesen sein muss. In dogmatisch überzeugender Weise arbeitet der Europäische Gerichtshof (EuGH) heraus, dass auf den Zeitpunkt der Asylantragstellung abzustellen ist. Ist also die Person unter 18 Jahre alt, wenn sie einen Asylantrag stellt, dann ist sie für die Familienzusammenführung auch dann als minderjährig anzusehen, wenn sie während des Asylverfahrens volljährig wird. Dieses Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Praxis des Familiennachzugs zu unbegleiteten Minderjährigen. Mit der Entscheidung bestätigt der EuGH seine zunehmende grundrechtliche Orientierung in Migrationsfragen.
    Recht auf Familienzusammenführung

    Unbegleitete Minderjährige sind seit Jahren ein wichtiges und wiederkehrendes Thema in der Debatte um das gemeinsame europäische Asylsystem. In der Regel geht es dabei um verschwundene Kinder oder um die Feststellung des Alters einer Person, die angegeben hat minderjährig zu sein. Gleichzeitig ist die Familienzusammenführung für Drittstaatsangehörige ein nicht nur in Deutschland kontrovers diskutiertes Thema. Der europa- und verfassungsrechtlich äußerst bedenkliche komplette Ausschluss der Familienzusammenführung für subsidiär schutzberechtigte Personen in Deutschland seit dem März 2016 ist hier nur eines von vielen rechtlich wie politisch ungeklärten Themen.

    Ein Bereich, der beide Themenkomplexe verbindet, ist der sog. umgekehrte Familiennachzug, also der Nachzug von Eltern zu ihren drittstaatsgehörigen Kindern. Das Europarecht regelt diese Frage in der Familienzusammenführungsrichtlinie (RL 2003/86/EG). Diese sieht vor, dass ein solcher umgekehrter Familiennachzug bei Drittstaatsangehörigen ermöglicht werden muss, wenn das Kind unbegleitet ist und als Flüchtling anerkannt wurde (Art. 10 Abs. 3 Buchst. a) der Richtlinie). Vor der Entscheidung des EuGH war ungeklärt, welcher Zeitpunkt für den Familienzusammenführungsanspruch entscheidend ist. Also anders gesagt: Zu welchem Zeitpunkt muss die Person noch minderjährig sein, um den Anspruch auf eine Familienzusammenführung mit den Eltern zu haben?
    Der vorgelegte Fall

    Das zuständige niederländische Gericht (Rechtbank Den Haag) hatte in diesem Kontext dem Europäischen Gerichtshof eine Frage zu einem Fall vorgelegt, in dem eine während des Asylverfahrens in den Niederlanden volljährig gewordene eritreische Staatsangehörige nach ihrer Anerkennung als Flüchtling beantragt hatte, dass ihre Eltern (A. und S.) sowie ihre drei minderjährigen Brüder im Rahmen der Familienzusammenführung nachziehen dürfen. Der Anspruch auf Nachzug der Eltern hätte unstreitig bestanden, wenn die Tochter von A. und S. noch minderjährig wäre. Da sie aber im Laufe des Asylverfahrens volljährig wurde, war fraglich, zu welchem Zeitpunkt die Minderjährigkeit (noch) vorliegen muss, damit der Anspruch (weiter) besteht.

    Die Eltern hatten geltend gemacht, dass es auf die Einreise ankäme, wohingegen die EU-Kommission der Meinung war, dass auf den Zeitpunkt des Antrags für die Familienzusammenführung abzustellen sei. Die polnische Regierung, die in dem Rechtsstreit interveniert hat, brachte vor, es sei auf den Zeitpunkt der Entscheidung über diesen Antrag abzustellen, während die niederländische Regierung mangels expliziter Regelung in der Richtlinie der Meinung war, dass es Sache des jeweiligen Mitgliedstaates sei, diesen Zeitpunkt zu bestimmen. Das vorlegende Gericht war der Meinung, dass grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Einreise abzustellen sei.
    Die Entscheidung des Gerichts

    Wie in vielen anderen Fällen betont der EuGH zuerst, dass eine einheitliche europäische Lösung in der Regel in allen Fällen gefunden werden muss, in denen Richtlinien nicht ausdrücklich auf das nationale Recht verweisen. Der Gerichtshof suchte also für seine Entscheidung nach einer „autonomen und einheitlichen Auslegung“ der fraglichen Bestimmung (Rn. 41), aus der sich ein eindeutiger Zeitpunkt ergibt, zu dem die Minderjährigkeit bestanden haben muss.

    Dieser Zeitpunkt ist nach der Auslegung des Gerichtshofs der Zeitpunkt der Asylantragsstellung des unbegleiteten Kindes. Zu dieser Einschätzung kommt der Gerichtshof aus sehr grundlegenden rechtstaatlichen Erwägungen, die er unter anderem aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitet. Überzeugend argumentiert der EuGH, dass es mit den Grundsätzen des Europarechts und insbesondere mit dem besonderen Schutz von Familien und speziell der Familieneinheit von unbegleiteten Minderjährigen nicht vereinbar wäre, wenn in zwei gleich gelagerten Fällen der Anspruch auf Familiennachzug davon abhinge, zu welchem Zeitpunkt die mit der Antragsprüfung befassten nationalen Behörden und Gerichte über den Antrag entscheiden (vgl. dazu insbesondere Rn. 56).

    Darüber hinaus betont der Gerichtshof, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit (als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts) es gebietet, dass für eine antragstellende Person nicht „völlig unvorhersehbar“ sein darf, ob ein Anspruch (hier der Familiennachzugsanspruch) besteht oder nicht (vgl. dazu Rn. 59).

    Aus der weiteren Systematik des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems leitet der Gerichtshof ferner ab, dass es nicht auf den Einreisezeitpunkt ankommen kann, da eine Person, die Flüchtling im völkerrechtlichen Sinne ist, aber keinen Asylantrag stellt, auch keinen europarechtlichen Anspruch auf Familiennachzug hat, da dieser von der Anerkennung als Flüchtling abhängig ist.

    Dass trotzdem nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Asylantrag abzustellen ist, begründet der Gerichtshof überzeugend mit dem deklaratorischen Charakter der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Eine Person ist aus rechtlicher Sicht bereits Flüchtling, bevor sie als solcher anerkannt wird, daher entsteht ein subjektives also individuelles Recht auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach dem Europarecht bereits mit der Asylantragstellung (vgl. dazu Rn. 53f.).

    Gemäß der Entscheidung des EuGH ist der Anspruch davon abhängig, dass die anspruchsberechtigte Person den Anspruch innerhalb einer „angemessenen Frist“ geltend macht. Diese Frist lässt sich nach dem EuGH aus Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie ableiten. Dieser ermöglicht es den Mitgliedstaaten die Familienzusammenführung zu Flüchtlingen von weiteren Bedingungen (wie Krankenversicherungsschutz und Lebensunterhaltssicherung) abhängig zu machen, wenn der Antrag nicht innerhalb von drei Monaten gestellt wird, vgl. dazu Rn. 61).

    Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass eine Person, die zum Asylantragszeitpunkt unbegleitet und minderjährig war und den Anspruch innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beantragt, einen Anspruch auf umgekehrten Familiennachzug hat.
    Folgen der Entscheidung

    Der Grundtenor der Entscheidung des EuGH ist eindeutig: Der Gerichtshof misstraut den Mitgliedstaaten beim Schutz von Minderjährigen. Mehrfach betont der EuGH, dass bei einer anderen Auslegung, den Mitgliedstaaten durch verzögerte Bearbeitung der Anträge faktisch eine Möglichkeit gegeben wäre, die Verpflichtungen aus der Richtlinie zu umgehen. Der Gerichtshof hebt daher auch besonders hervor, dass die Familienzusammenführungsrichtlinie einen Anspruch auf den umgekehrten Familiennachzug für unbegleitete Minderjährige vorsieht, bei dessen Gewährung den Mitgliedstaaten kein Ermessen zukommt. Sie müssen diesen Anspruch gewähren, wenn die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Dies kann nur rechtsgleich und rechtssicher gewährleistet werden, wenn die Mitgliedstaaten keinen Einfluss auf den relevanten Zeitpunkt haben. Andernfalls könnten – so der EuGH – die Mitgliedstaaten, durch mangelnde Ressourcenzuweisung für die Behörden und Gerichte, durch die nicht vorrangige Behandlung von Asylanträgen von unbegleiteten Kindern oder auch einfach aufgrund äußerer Umstände (wie einer plötzlichen Zunahme von Asylanträgen) daran gehindert sein, ihrer Verpflichtung zum besonderen Schutz der Familieneinheit von unbegleiteten Minderjährigen nachzukommen. Das Misstrauen des EuGH gegenüber Mitgliedstaaten in diesem Bereich ist groß und wohl nicht vollkommen ungerechtfertigt.

    Für den deutschen Kontext bedeutet die Entscheidung, dass die bisherige Praxis, die von einem Erlöschen des Anspruchs auf Familiennachzug mit Erreichen der Volljährigkeit ausgeht, komplett geändert werden muss. Bislang musste die Einreise der nachziehenden Person(en) erfolgt sein, solange die Person noch minderjährig ist. Interessanterweise ist dieser Zeitpunkt lediglich in Ansätzen von der niederländischen Regierung vorgebracht worden, die die Bestimmung des Zeitpunkts den Mitgliedstaaten überlassen wollte. Aus rechtspolitischer Sicht ist zumindest nicht leicht nachvollziehbar, warum die Bundesregierung in diesem Fall nicht ebenfalls interveniert hat.

    Die europarechtswidrige Praxis der Behörden muss nunmehr entsprechend korrigiert werden. Diese Korrektur muss praktisch wirksam sein. In vielen Fällen wird dabei eine Rücknahme des rechtswidrigen Bescheids allein nicht ausreichen. Für behördlich zu Unrecht verweigerte Nachzüge könnte die Frage des Zeitpunkts der Stellung des Antrags auf Familiennachzug relevant sein, da der EuGH dafür drei Monate nach Zuerkennung des Schutzstatus für angemessen hält, ohne dass dies sich direkt aus der Richtlinie ergeben würde. Rechtlich interessant sind auch die Konstellationen, in denen eine Person während des Asylverfahrens volljährig wurde und wegen der deutschen Praxis auf einen Familiennachzugsantrag verzichtet hat. Hier könnte beispielsweise an eine Übergangsfrist zur nachträglichen Beantragung des Familiennachzugs gedacht werden, die verfahrensrechtlich so ausgestaltet sein müsste, dass der Familiennachzug tatsächlich ermöglicht wird. Das bedeutet, dass die Person beantragen sollte, so gestellt zu werden als ob ihr gerade erst die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden wäre und daher der Nachzugsantrag noch rechtzeitig gestellt werden kann.

    In der Sache begnügt sich der EuGH nicht allein damit, den Mitgliedstaaten die Entscheidung über den relevanten Zeitpunkt, zu dem die Minderjährigkeit bestehen muss, zu entziehen, um so den Rechtsverlust durch eine verzögerte Bearbeitung von Asyl- und/oder Familiennachzugsanträgen zu verhindern. Er betont darüber hinaus eines der wichtigsten Grundprinzipien des Schutzes unbegleiteter Minderjähriger: Die Asylanträge von Kindern sind vorrangig zu prüfen. Daher müssen die Behörden die Asylverfahren in diesen Fällen besonders schnell und effizient durchführen.

    Insgesamt folgt der EuGH seiner Tendenz, die europarechtlichen Spielräume der Mitgliedstaaten im Migrationsbereich durch eine grundrechtskonforme und grundrechtssensible Auslegung der Bestimmungen von Richtlinien und Verordnungen Rechnung zu tragen. Durch die Betonung des vorrangig zu beachtenden Kindeswohls zeigt der EuGH zum wiederholten Male den Mitgliedstaaten die grundrechtlichen Grenzen ihrer Möglichkeiten zur restriktiven Auslegung der europarechtlichen Regelungen zu Migration und Asyl auf. Diese Entwicklung hin zu einer einheitlichen, an den Grundrechten orientierten Auslegung, die spätestens seit der Entscheidung C.K. im Asylbereich klar feststellbar ist, kann als Fortschritt auf dem Weg zu einem grundrechtlich unterfütterten Migrationsregime in Europa angesehen werden. Die Entscheidung steht damit auch gegen den Trend zu einer immer restriktiveren Politik gegenüber international Schutzberechtigten, die sich aktuell insbesondere in den nationalen Debatten in den Mitgliedstaaten und in den Diskussionen um die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zeigt.

    #Europe #asile_politique #réfugiés #droit

  • STRUWWELPETER DIE VOLLSTÄNDIGE ORIGINALFASSUNG MIT TRANSKRIPTION DER FRAKTUR ZUM AUSDRUCKEN | Lyrikheute
    http://www.lyrikheute.com/2012/06/morgen-hier.html?m=1

    Ah la pédagogie allemande des années 1860 ! C’était au bon vieux temps quand les suceurs de doigts avaient peur du méchant tailleur avec ses grands ciseaux et l’anorexie était encore inconnue. Pourtant tout n’était pas horrible au pays de l’imagination infantine de l’époque. L’histoire du chasseur et du lapin c’est du Franquin tout craché et Saint Nicolas y défend les petits enfants noirs contre les moqueurs racistes.

    Struwwelpeter von Heinrich Hoffmann
    von 1844.


    Zum Geleit
    Wenn die Kinder artig sind,
    kommt zu ihnen das Christkind;
    wenn sie ihre Suppe essen
    und das Brot auch nicht vergessen,
    wenn sie ohne Lärm zu machen,
    still sind bei den Siebensachen,
    beim Spaziergehn auf den Gassen
    von Mama sich führen lassen,
    bringt es ihnen Guts genug
    und ein schönes Bilderbuch.

    I. Der Struwwelpeter


    Sieh einmal, hier steht er,
    pfui, der S t r u w w e l p e t e r !
    An den Händen beiden
    ließ er sich nicht schneiden seine Nägel fast ein Jahr;
    kämmen ließ er nicht sein Haar.
    Pfui, ruft da ein jeder:
    Gastiger Struwwelpeter

    II. Die Geschichte vom bösen Friedrich


    Der F r i e d e r i c h, der Friederich,
    das war ein arger Wüterich!
    Er fing die Fliegen in dem Haus
    und riss ihnen die Beine aus.
    Er schlug die Stühl und Vögel tot.
    Die Katzen hatten große Not.
    Und hörenur, wie bös er war:
    Er peitschte seine Gretchen gar!


    Am Brunnen stand ein großer Hund,
    trank Wasser dort mit seinem Mund.
    Da mit der Peitsch herzu sich schlich
    der bitterböse Friederich;
    und schlug den Hund, der heulte sehr,
    und trat und schlug ihn immer mehr.
    Da biß der Hund ihn in das Bein,
    recht tief bis in das Blut hinein.
    Der bitterböse Friederich,
    der schrie und weinte bitterlich.
    Jedoch nach Hause lief der Hund
    und trug die Peitsche in dem Mund.


    Ins Bett muß Friedrich nun hinein,
    litt vielen Schmerz an seinem Bein;
    und der Herr Doktor steht dabei
    und gibt ihm bittre Arzenei.

    Der Hund an Friedrichs Tischen saß,
    wo er den großen Kuchen aß;
    aß auch die gute Leberwurst
    und trank den Wein für seinen Durst.
    Die Peitsche hat er mitgebracht
    und nimmt sie sogleich sehr in acht.

    III.Die gar traurige Geschichte mit dem Feuerzeug


    P a u l i n c h e n war allein zu Haus,
    die Eltern waren beide aus.
    Als sie nun durch das Zimmer sprang
    mit leichtem Mut und Sing und Sang,
    da sah sie plötzlich vor sich stehn
    ein Feuerzeug, nett anzusehen.
    „Ei“, sprach sie,"ei wie schön und fein!
    Das muß ein trefflich Spielzeug sein.
    Ich zünde mir ein Hölzchen an,
    wie’s oft die Mutter hat getan."
    Und M i n z und M a u n z, die Katzen,
    erheben ihre Tatzen.
    Sie drohen mit den Pfoten:
    „Der Vater hat’s verboten!
    Miau! Mio! Miau! Mio!
    laß stehn! sonst brennst du lichterloh!“
    Paulinchen hört die Katzen nicht!
    Das Hölzchen brennt gar hell und licht,
    das flackert lustig, knistert laut,
    grad wie’s ihr auf dem Bilde schaut.
    Paulinchen aber freut sich sehr
    und sprang im Zimmer hin und her.
    Doch Minz und Maunz die Katzen
    erhoben ihre Tatzen.
    Sie drohen mit den Pfoten:
    „Die Mutter hat’s verboten!
    Miau! Mio! Miau! Mio!
    wirf’s weg sonst brennst du lichterloh!“


    Doch weh! die Flamme faßt das Kleid,
    die Schürze brennt, es leuchtet weit.
    Es brennt die Hand, es brennt das Haar,
    es brennt das ganze Kind sogar.
    Und Minz und Maunz die schreien
    gar jämmerlich zu zweien:
    „Herbei! Herbei! Wer hilft geschwind
    In Feuer steht das ganze Kind!
    Miau! Mio! Miau! Mio!
    zu Hilf’ das Kind brennt lichterloh!“
    Verbrannt ist alles ganz und gar,
    das arme Kind mit Haut und Haar;
    ein Häuflein Asche bleibt allein
    und beide Schuh, so hübsch und fein.
    Und Minz und Maunz die kleinen,
    die sitzen da und weinen:
    „Miau! Mio! Miau! Mio!
    wo sind die armen Eltern? Wo?“
    Und ihre Tränen fließen
    wie’s Bächlein auf den Wiesen.

    IV.Die Geschichte von den schwarzen Buben


    Es ging spazieren vor dem Tor
    Ein kohlpechrabenschwarzer M o h r.
    Die Sonne schien ihm auf Gehirn,
    Da nahm er seinen Sonnenschirm.
    Da kam der L u d w i g hergerannt
    Und trug sein Fähnchen in der Hand.
    Der K a s p a r kam mit schnellem Schritt
    Und brachte seine Brezel mit.
    Und auch der Wilhelm war nicht steif
    Und brachte seinen runden Reif.
    Die schrien und lachten alle drei
    Als dort das M o h r c h e n ging vorbei,
    Weil es so schwarz wie Tinte sei!


    Da kam der große Nikolas
    Mit seinem großen Tintenfaß.
    Der sprach: „Ihr Kinder hört mir zu
    Und laßt den Mohren hübsch in Ruh!
    Was kann denn dieser Mensch dafür,
    Daß er so weiß nicht ist wie ihr?“
    Die Buben aber folgten nicht
    und lachten ihm ins Angesicht
    Und lachten Ärger als zuvor
    Über den armen schwarzen Mohr.


    Der Niklas wurde bös und wild,
    Da siehst Du es auf diesem Bild!
    Er packte gleich die Buben fest,
    Beim Arm, beim Kopf, bei Rock und West
    Den Wilhelm und den Ludewig,
    Den Kaspar auch, der wehrte sich.
    Er tunkt sie in die Tinte tief,
    Wie auch der Kaspar „Feuer“ rief.
    Bis übern Kopf ins Tintenfaß
    tunkt sie der große Nikolas.


    Du siehst sie hier, wie schwarz sie sind,
    Viel schwärzer als das Negerkind.
    Der Mohr voraus im Sonnenschein,
    Die Tintenbuben hinterdrein.;
    Und hätten sie nicht so gelacht,
    Hätt Niklas sie nicht schwarz gemacht.

    V. Die Geschichte vom wilden Jäger


    Es zog de wilde Jägersmann
    sein grasgrün neues Röcklein an;
    nahm Ranzen, Pilverhorn und Flint
    und lief hinaus ins Feld geschwind.
    Er trug die Brille auf der Nas’.
    Das Häschen sitzt im Blätterhaus
    und lacht den blinden Jäger aus.
    Jetzt schien die Sonne gar zu sehr,
    das ward ihm sein Gewehr zu schwer.
    Er legte sich ins grüne Gras;
    das alles sah der kleine Has’.
    Und als der Jäger schnarcht und schlief,
    der Has’ ganz heimlich zu ihm lief
    und nahm die Flint und auch die Brill
    und schlich davon ganz leis und still.


    Die Brille hat das Häschen jetzt
    sich selbst auf seine Nas’ gesetzt;
    und schießen will’s aus dem Gewehr.
    Der Jäger aber fürcht sich sehr.
    Er läuft davon und springt und schreit:
    „Zur Hilf, ihr Leut, zur Hilf, ihr Leut!“


    Das kommt der wilde Jägersmann
    zuletzt beim tiefen Brünnchen an.
    Er springt hinein. Die Not war groß;
    es schießt der Has’ die Flinte los.
    Des Jägers Frau am Fenster saß
    und trank aus ihrer Kaffeetass’.
    Die schoß das Häschen ganz entzwei;
    Da rief die Frau: „O wei! O wei!“
    Doch bei dem Brünnchen heimlich saß
    der Hächen Kind, der kleine Has’.
    Der hockte das im grünen Gras;
    dem floß der Kaffee auf die Nas’.
    Er schrie:"Wer hat mich hier verbrannt?"
    Und hielt den Löffel in der Hand.

    VI.Die Geschichte vom Daumenlutscher


    „K o n r a d“, sprach die Frau Mama,
    „ich geh aus und du bleibst da.
    Sei hübsch ordentlich und fromm,
    bis nach Haus’ ich wieder komm.
    Und vor allem, Konrad, hör!
    lutsche nicht am Daumen mehr;
    denn der Schneider mit der Scher
    kommt sonst ganz geschwind daher,
    und die Daumen schneidet er
    ab, als ob Papier es wär.“

    Fort geht nun die Mutter und
    wupp! den Daumen in den Mund.


    Bauz! da geht die Türe auf,
    und herein in schnellem Lauf
    springt der Schneider in die Stub
    zu dem Daumen-Lutscher-Bub.
    Weh! jetzt geht es klipp und klapp
    mit der Scher die Daumen ab,
    mit der großen, scharfen Scher!
    Hei! da schreit der Konrad sehr.
    Und als Mutter kommt nach Haus,
    sieht der Konrad traurig aus.
    Ohne Daumen steht er dort,
    die sind alle beide fort.

    VII. Die Geschichte vom Suppenkasper


    Der K a s p a r, der war kerngesund,
    ein dicker Bub und kugelrund.
    Er hatte Backen rot und frisch;
    die Suppe aß er hübsch bei Tisch.
    Doch einmal fing er an zu schrein:
    „Ich esse keine Suppe! nein!
    Ich esse meine Suppe nicht!
    Nein meine Suppe eß ich nicht!“

    Am n ä c h s t e n Tag - ja sieh nur her!
    Da war er schon viel magerer.
    Da fing er wieder an zu schrein:
    „Ich esse keine Suppe! nein!Ich esse meine Suppe nicht!
    Nein meine Suppe eß ich nicht!“

    Am d r i t t e n Tag, o weh und ach!
    wie ist der Kaspar dünn und schwach!
    Doch als die Suppe kam herein,
    gleich fing er wieder an zu schrein:
    „Ich esse keine Suppe! nein!
    Ich esse meine Suppe nicht!
    Nein, meine Suppe eß ich nicht!“

    Am v i e r t e n Tage endlich gar
    der Kaspar wie ein Fädchen war.
    Er wog vielleicht ein halbes Lot
    Und war am f ü n f t e n Tage tot.

    VIII. Die Geschichte von dem Zappel-Phillip


    „Ob der P h i l i p heute still
    wohl bei Tische sitzen will?“
    Also sprach in ernstem Ton
    der Papa zu seinem Sohn,
    und die Mutter blickte stumm
    auf dem ganzen Tisch herum.
    Doch der Philipp hörte nicht,
    was zu ihm der Vater spricht.
    Er gaukelt
    und schaukelt,
    er trappelt
    und zappelt
    auf dem Stuhle hin und her.
    „Philipp, das mißfällt mir sehr!“


    Seht, ihr lieben Kinder, seht,
    wie’s dem Philipp weiter geht!
    Oben steht es auf dem Bild.
    Seht! er schaukelt gar zu wild,
    bis der Stuhl nach hinten fällt.
    Da ist nichts mehr, was ihn hält.
    Nach dem Tischtuch greift er, schreit.
    Doch was hilt’s? Zu gleicher Zeit
    fallen Teller, Flasch ud Brot.
    Vater ist in größer Not,
    und die Mutter blicket stumm
    auf dem ganzen Tisch herum.


    Nun ist Phillip ganz versteckt
    und der Tisch ist abgedeckt.
    Was der Vater essen wollt,
    unten auf der Erde rollt.
    Suppe, Brot und alle Bissen,
    alles ist herabgerissen.
    Suppenschüssel ist entzwei,
    und die Eltern stehn dabei.
    Beide sind gar zornig sehr,
    haben nichts zu essen mehr.

    IX. Die Geschichte vom Hanns Guck-in-die-Luft


    Wenn der H a n n s zur Schule ging,
    stets sein Blick am Himmel hing.
    Nach den Dächern, Wolken, Schwalben
    schaut er aufwärts allenthalben.
    Vor die eignen Füße dicht
    ja, da schaut der Bursche nicht,
    also daß ein jeder ruft:
    „Seht den Hanns Guck-in-die-Luft!“

    Kam ein Hund daher gerannt;
    Hännslein blickte unverwandt
    in die Luft.
    Niemand ruft:
    „Hanns! gib acht, der Hund ist nah!“
    Was geschah?
    Bautz! perdautz! - da liegen zei,
    Hund und Hännschen nebenbei.


    Einst ging er an Ufers Rand
    mit der Mappe in der Hand.
    Nach dem blauen Himmel hoch
    sah er, wo die Schwalbe flog,
    also daß er kerzengrad
    immer mehr zum Flusse trat.
    Und die Fische in der Rih
    sind erstaunt sehr, alle drei

    Noch ein Schritt! und plums! der Hanns
    stürzt hinab kopfüber ganz! -
    Die drei Fischlein sehr erschreckt,
    haben sich sogleich versteckt.


    Doch zum Glück da kommen zwei
    Männer aus der Näh herbei,
    und die haben ihn mit Stangen
    aus dem Wasser aufgefangen.

    Seht! nun steht er triefend naß!
    Ei, das ist ein schlechter Spaß!
    Wasser läuft dem armen Wicht
    aus den Haaren ins gesicht,
    aus den Kleidern, von den Armen,
    und es friert ihn zum Erbarmen.
    Doch die Fischlein alle drei,
    schwimmen hurtig gleich herbei;
    streckens Köpflein aus der Flut,
    lachen, daß man’s hören tut,
    lachen fort noch lange Zeit.
    Und die Mappe schwimmt schon weit.

    X. Die Geschichte vom fliegenden Robert


    Wenn der Regen niederbraust,
    wenn der Sturm das Feld durchsaust,
    bleiben Mädchen oder Buben
    hübsch daheim in ihren Stuben.
    R o b e r t aber dachte: Nein!
    daß muß draußen herrlich sein!
    Und im Feld patschte er
    mit dem Regenschirm umher.

    Hui, wie pfeift der Sturm und keucht,
    daß der Bam sich niederbeugt!
    Seht! den Schirm erfaßt der Wind,
    und er Robert fliegt geschwind
    durch die Luft so hoch und weit.
    Niemand hört ihn, wie er schreit.
    An die Wolken stößt er schon,
    und der Hut fliegt auch davon.

    Schirm und Robert fliegen dort
    durch die Wolken immerfort.
    Und der Hut fliegt weit voran,
    stößt zuletzt am Himmel an.
    Wo der wind sie hingetragen,
    ja, daß weiß kein Mensch zu sagen.

    Dr, Heinrich Hoffmann (geb. 1809 Frankfurt, gest. 1894 ebenda) über seinen „Struwwelpeter“
    „Das Alles malte und beschrieb
    Der lustige R e i m e r i c h K i n d e r l i e b.“

    #littérature #enfants #histoire #bande_dessinée

    • Merci, Klaus, pour cette plongée dans un temps pas si lointain que ça, car dans les années 1970, on recourrait encore au Struwwelpeter dans ma Grundschule (sans parler de la maison), dans l’intention, quand même très tordue, de nous sociabiliser par la peur et la culpabilité…

    • « Schtroumpfelpeter » était ce que me disait toujours ma grand-mère - originaire d’Odessa mais élevée en Autriche donc germanophone - lorsque je refusait de coiffer ma crinière et que je me comportait mal (selon les standards combinés de l’époque et ceux de ma grand-mère"). Je trouve l’histoire - qui a bercé ma jeunesse - assez terrible finalement.

    • Pour moi enfant l’histoire a été terrifiante comme l’histoire du loup à qui on ouvre ventre pour libérer le petit chaperon rouge et le lui remplire avec de gros cailloux afin qu’il trouve la mort. Les contes sont gore mais ils ne traumatisent pas et nous aident à mettre en marche notre imagination et sens de justice.

      Le Struwwelpeter est une histoire différente. Ce sont des images d’une moralité douteuse parce qu’elles communiquent un message d’impuissance et de soumssion aux autorités comme unique manière de se protéger contre les dangers divers. Ceci est accompagné d’une menace explicite représenté par le tailleur qui exculpe les parents parce qu’ils ne sont pas responsables de la punition. Ils ne font que se plier aux autorités aussi et donnent ainsi l’exemple pour les générations suivantes.

      C’est ce message que je trouve horrifiant parce qu’il enferme les enfants dans un monde sans issue. Je n’ai aucune idée comment le petit lapin rusé a réussi à se glisser dans le livre, parce que son message est gai et nous fait comprendre qu’on peut prendre son destin dans les mains et changer son propre sort.

      Le bouquin fait partie de notre culture et de notre inconscient. Je suis pour qu’on l’utilise pour montrer aux jeunes ses contradictions et pour travailler sur le développement d’histoires par les enfants. Chacun peut utiliser des marionettes et improviser un jeu interactif basé sur ces histoires en invitant les gamins à intervenir pour changer le cours de l’histoire.

      Avec un peu de chance ils se familiarisent ainsi avec l’inconscient collectif sans pour autant en devenir des victimes.

    • Le problème du Struwwelpeter, ce sont aussi ses images, faussement naïves, terriblement angoissantes pour un jeune enfant : la douleur, les sévices, la mort, appliquées à son propre corps... moi, petite, je ne les comprenais même pas. A ne pas laisser entre toutes les mains, à vendre sous blister !

  • „Das Radio hat sein Monopol verloren“: Wie Sprachsteuerung und Audio-Formate den Medienmarkt revolutionieren › Meedia
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    Audio-Formate und Sprachassistenten befinden auf dem Vormarsch und werden auch 2018 eines der Trendthemen in der Medienbranche sein. Neben dem Smartphone machen so genannte Smart Speaker wie Amazons Echo oder Google Home das Feld der Audio-Inhalte für Redaktionen und Content-Produzenten interessanter. MEEDIA zeigt, welche Werkzeuge notwendig sind, um sich als Medienanbieter durchzusetzen.

    Von Marvin Schade

    In der Redaktion von T-Online in Berlin hat man unter Umständen nicht einmal auf dem stillen Örtchen seine Ruhe. Ein kurzer Sprachbefehl reicht aus und schon erklingt eine Stimme, die das Wetter für die Mittagspause vorträgt, die aktuelle Nachrichtenlage vorliest oder die eigene Lieblingsmusik auflegt. In den Redaktionsräumen in der Torstraße kann man der letzte Mitarbeiter im Büro sein und Selbstgespräche führen, eine hört immer mit: Alexa, die smarte Sprach-Assistentin von Amazon. Selbst in den Toiletten der Redaktion warten ihre Mikrofone darauf, die Wünsche der Belauschten zu erfüllen. Im Zweifel ließe sich mit ihr sogar Klopapier nachbestellen.

    Die überall in der Redaktion verbauten Mikrofone sind Teil eines Raumkonzeptes, mit dem T-Online den „modernsten Newsroom“ in Deutschland betreiben will. Ob Amazons Alexa, Google Home oder der bald in Deutschland verfügbare Home Pod von Apple: Sprachassistenten und deren Steuerung zählen auch in diesem Jahr zu den großen Trendthemen, auf die sich Medien einstellen, um ihren Konsumenten noch ein Stückchen näher kommen.

    „In zehn Jahren wird man mit Wehmut und Belustigung auf die Phase schauen, als in der digitalen Sphäre schriftliche Interaktion der Standard war“, hielt erst vor einigen Tage Spiegel-Online-Kolumnist und Digital-Philosoph Sascha Lob fest. Smart Speaker sind „Einstiegsdroge“ und zugleich „Brückentechnologie“, die das gesellschaftliche Leben verändern könnten, wie es zuletzt das iPhone getan hat. Kurz: Smart Speaker sind der neue heiße Scheiß.

    Verlässliche Angaben gibt es zwar nicht, Schätzungen zufolge verkauft aber allein Google seit Oktober vergangenen Jahres sekündlich mindestens einen Google-Home-Speaker, Amazon setzte allein im Weihnachtsgeschäft mindestens 20 Millionen Geräte mit Sprachassistenten-Funktion ab. Mit der Sprachsteuerung und entsprechenden Audio-Formaten sind durchaus Visionen verbunden. Ausgehend von wachsenden Datenvolumina auf mobilen Endgeräten, wird nicht nur Video- sondern auch Audiostreaming voraussichtlich zunehmen, Sprachassistenten werden nicht nur in der heimischen Küche beim Morgenkaffee die Nachrichten vorlesen, sondern auch während der Autofahrt zur Arbeit Befehle ausführen und für Unterhaltung sorgen.

    Geräte wie Amazons Echo-Modelle verfolgen in erster Linie natürlich eigene kommerzielle Ziele. Ein unbedachter Befehl reicht aus und in den Regalen des nächsten Logistiklagers wird bereits nach der neuen Waschmaschine gesucht, die Alexa eben bestellt hat. Um im Alltag des Nutzers eine hohe Akzeptanz zu erlangen, müssen die Geräte aber sehr viel mehr leisten als ein verlängerter Arm des E-Commerce zu sein. Deshalb konzipieren Hersteller ihre Smart Speaker als Plattformen, auf denen sich künftig viele Akteure aus Handel und Medien zusammenfinden und um die Aufmerksamkeit des Nutzers kämpfen werden.

    Für Medien bedeutet das, dass es eine weitere Plattform gibt, für die sie Inhalte aufbereiten können. Etabliert hat sich dafür der Begriff der „Homeless Media“. Losgelöst von der eigenen Homepage spielen Medienanbieter ihre Inhalte mittlerweile auf Plattformen wie Facebook Instant Articles oder Googles AMP aus, Fernsehsender machen ihre Mediatheken nicht mehr nur im Web verfügbar, sondern auch mit Hilfe von TV-Erweiterungen wie Google Chrome oder Amazon Fire TV, für Podcasts haben sich Plattformen wie iTunes, Soundcloud oder Spotify etabliert. Mit Audible ist derzeit ebenfalls wieder Amazon dabei, eine weitere Plattform zu schaffen. Die ARD hat gar eine eigene App entwickelt, die all ihre Audioformate bündelt. Und die Hör-Inhalte werden mehr angenommen denn je. Erstmals seit Jahren liegt die Nutzung laut ARD-/ZDF-Onlinestudie wieder fast gleichauf mit Video. Denn Audio ist jederzeit und überall verfügbar: beim Kochen, Joggen, im Auto. 13 Prozent der Nutzung entfallen auf Podcasts.
    “Audio ist der Text der mobilen Generation“

    Mit Smart Speakern kommen neue Endgeräte hinzu, die wieder eigene Anforderungen mitbringen. Sie locken Inhalte-Produzenten an, für die Audio-Inhalte bislang kaum beziehungsweise gar keine Rolle gespielt haben. „Das Radio hat sein Monopol verloren. Das Internet hat die Art und Weise verändert, wie wir Audio-Inhalte konsumieren“, sagt Marc Krüger. Er ist gelernter Radiojournalist und bislang einer der wenigen, die innerhalb der Branche zu einem Publisher gewechselt sind, um dort voranzutreiben, was er am besten kann: Als „Voice Redakteur“ soll er bei T-Online nicht nur über Sprachsteuerung schreiben, sondern Audio-Formate entwickeln und Inhalte produzieren. Im Team von Chefredakteur Florian Harms sind Audio-Inhalte ein neuer, aber wichtiger Bestandteil der Strategie zur publizistischen Aufwertung des Portals. Aktuell arbeite die Redaktion daran, erste „Leuchttürme“, wie Harms es nennt, zu bauen. Mit der audiovisuellen Aufbereitung des „Tagesanbruch“-Newsletters wolle man probieren und zeigen, was geht.

    Dass Audio-Inhalte in Zukunft eine dominierende Rolle in der Medienlandschaft einnehmen, glaubt nicht nur Sascha Lobo. “Audio ist der Text der mobilen Generation“, sagt Michael Bröcker. Seine Rheinische Post hat als eines der ersten regionalen Medienhäuser den Audiotrend erkannt Mitte 2017 richtig losgelegt.. Begonnen haben die Audio-Aktivitäten sogar ein Jahr früher, als die Redaktion begann, WhatsApp-Nachrichten nicht nur zu texten, sondern auch als Sprachnachrichten an die Nutzer zu verschicken. „Reden ist das neue Schreiben und Hören das neue Lesen“, lautet seine These. Auch deshalb gehe es darum, Inhalte für neue Audio-Plattformen möglichst schnell zu professionalisieren. Die Rheinische Post bietet mittlerweile sechs unterschiedliche Podcast-Formate an, mit denen sie eigenen Angaben zufolge mehr als 300.000 Zugriffe pro Monat verzeichnet. Den morgendlichen „Aufwacher“-Podcast vertreiben sie auch via Amazon Echo.

    Mit den neuen Playern wächst die Konkurrenz im ohnehin schon großen Wettbewerbsfeld. Radio- wie auch TV-Sender bringen bereits professionell produzierte audiovisuelle Inhalte mit, ohne zusätzlichen Aufwand zu betreiben. Vor allem im Umfeld der Kurznachrichten heben sich Marken wie „Tagesschau“ oder n-tv mit ihren prägnanten Senderstimmen auf der Alexa-Plattform vom Umfeld ab, das größtenteils auf die noch blecherne Alexa-Stimme setzt, ab.

    Auch wenn die RP in ihrem Echo-Skill (Skills sind so etwas wie programmierte Audio-„Apps“ für die Alexa-Plattform) News noch vom Computer vorlesen lässt, ist für Bröcker klar: “Kein Mensch braucht die vorgelesene Zeitung; das plumpe Vertonen von Nachrichten kann und wird nicht ausreichen.“ Der Hörer habe den Anspruch, informativ unterhalten zu werden, weshalb das Interesse an Podcasts sehr viel größer sei. Deshalb, glaubt Bröcker, ist der Markt trotz der Vielzahl an klassischen Anbietern noch nicht gesättigt. „Zeitungen haben sich über viele Jahre als Marken etabliert und treue Leser und Nutzer aufgebaut. Diese hören vielleicht klassisches Radio. Sie würden sich aber gerne auch Neuigkeiten von ihrer Lieblingszeitung anhören.”

    Sprachassistenten eröffnen freilich nicht nur für Nachrichtenmedien neue Möglichkeiten. Medienanbieter zielen darauf ab, zukünftig Ansprechpartner für zahlreiche Interaktionen zu werden. Während sich beispielsweise Programmies noch darauf beschränken, Alexa und Co. das TV-Programm aufsagen zu lassen, könnten Anbieter wie TV Spielfilm zukünftig auch für die Interaktion mit dem Endgerät verantwortlich sein. Erweiterungen wie Echo-Show, ein Alexa-Lautsprecher mit Bildschirm, geben den Inhalte-Produzenten die Möglichkeit, auch Video-Material zu zeigen.

    Um sich im Kampf um die Aufmerksamkeit aus der Masse hervorzuheben, ist das Herausarbeiten der eigenen Marke von großer Bedeutung. “Der Sprachsteuerung eine individuelle und unverkennbare Stimme zu geben, zählt derzeit zu den Hauptaufgaben – womöglich ist es sogar die wichtigste“, sagt T-Online-Mann Krüger. Während in Podcasts die Aufgabe von Moderatoren und Redakteuren übernommen werden kann, überlegt seine Redaktion – wie auch die Rheinische Post – für das Vertonen von Nachrichten eine eigene Stimme zu casten.
    Monetarisierung: „Einen komplizierten Prozess wollen wir vermeiden“

    Während die RP laut Bröcker zumindest ihren Aufwecker-Podcast mittlerweile sehr erfolgreich vermarkte, sind die Möglichkeiten der Monetarisierung insgesamt noch nicht weit gediehen. Seit die ARD-Werbetochter A&S begonnen hat, Podcasts in ihr Vermarktungsprogramm aufzunehmen, habe sich in der Branche aber schon einmal etwas bewegt, berichtet Krüger.

    Für Medienanbieter können übergreifende Vermarkter von Bedeutung sein. Die Einzelvermarktung gestaltet sich aufgrund nicht allzu hoher Reichweiten unter Umständen schwierig. Hinzu kommt, dass sich Podcast-Konkurrenten ohne Medienunternehmen im Hintergrund durchaus flexibler in der Produktpräsentation zeigen. Wenn Podcast-Moderatoren zugleich Werbeansager sind und unter Umständen noch die Vorzüge eines Produktes loben, ist das medienethisch zumindest diskussionswürdig. Medienanbieter verfahren hier selbst innerhalb der eigenen Formate durchaus unterschiedlich. Während Spiegel Online in seinem Politik-Podcast „Stimmenfang“ die Moderatorin ebenfalls die Werbung sprechen lässt, wird Sascha Lobos Debatten-Podcast bei SpOn von einer Werbestimme begleitet.

    Bei T-Online fange man derzeit an, sich mit dem Thema der Monetarisierung zu befassen, sagt Chefredakteur Harms. „Es soll natürlich erkennbar sein, dass es sich dabei um Werbekunden handelt, eine klare Kennzeichnung ist wichtig. Einen komplizierten Prozess, wie er beim Radio vorkommt, wollen wir aber vermeiden.“ Bröcker erklärt, bei der RP laufe vor allem die Vermarktung des morgendlichen Podcasts äußerst zufriedenstellend. Als Vorteil erweist sich derzeit, dass die Plattformbetreiber keine Einschränkungen in der Darstellung vornehmen und die Formate abspielen, wie sie angeboten werden. Also inklusive Werbung.

    Über Smart Speaker könnten bald weitere Monetarisierungsmöglichkeiten hinzukommen. Wenn Amazon selbst unter die Vermarkter geht und, wie ein CNBC-Bericht zuletzt andeutete, auch Werbung innerhalb der Skills plant, könnten die Betreiber entsprechend davon profitieren. Amazon hatte entsprechende Vorhaben zwar dementiert, der US-Sender beruft sich aber auf Insider.

    In der Monetarisierung hilfreich wäre auch mehr Transparenz, berichtet Krüger. Zwar stelle Amazon bereits Grunddaten wie Skill-Installationen und Abrufzahlen bereit. „Es ist aber nicht so, dass wir morgens eine Tabelle öffnen und alle Zahlen ausgewiesen bekommen.“ Angaben zur Verweildauer, Abruchsquoten, Abrufzeiten oder zur Wiederkehr, gebe es noch nicht. Er sei allerdings nicht pessimistisch: “Als Apple bei iTunes nach Jahren plötzlich mehr Daten zur Verfügung gestellt hat, ging ein Ruck durch die Podcastszene. Wenn andere Anbieter nun erkennen, dass dies die Inhalte auf ihrer Plattform besser macht, kann ich mir vorstellen, dass Amazon in Sachen Transparenz nachlegt.“

    Unterdessen befassen sich Redaktionen mittlerweile auch damit, wie smarte Geräte und Sprachsteuerung die eigene Arbeit erleichtern können. Die verbauten Alexa-Mikrofone bei T-Online mögen derzeit noch eher als Gag verstanden werden. Auch geht es sicher darum, sich selbst an die Nutzung zu gewöhnen, mit der Technik zu spielen und zu lernen. Innerhalb Harms‘ Redaktion hat Alexa aber bereits Aufgaben übernommen und erfüllt eine Berichtsfunktion. „Dazu zählt – wie für die Nutzer – die aktuelle Nachrichtenlage, Alexa kennt aber auch unsere Analytics-Daten und kann uns sagen, welche Themen am Vortag gut gelaufen sind und über welche Kanäle wir welche Reichweiten erzielt haben“, erklärt Harms.

    Das mag erst der Anfang sein. “Vorstellen kann ich mir eine ganze Menge. Vielleicht kommen wir irgendwann in die Situation, dass Alexa mit unserem CMS gekoppelt ist und Eilmeldungen für uns anlegt“, so eine Vision von Harms. „Natürlich auf Befehl eines Redakteurs.“

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