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  • Deal zwischen dem schwarz-grünen Bezirksamt und der Deutschen Wohnen in Steglitz-Zehlendorf
    http://www.dielinke-steglitz-zehlendorf.de/index.php?id=43739

    27.05.2019 -
    Wem nützt der Deal zwischen dem schwarz-grünen Bezirksamt und der Deutschen Wohnen in Steglitz-Zehlendorf?

    Zur Vereinbarung zwischen dem schwarz-grünen Bezirksamt und er Deutschen Wohnen (siehe: tinyurl.com/yxewdph4) erklärt Gerald Bader, Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion:

    Den Mieter*innen im Bezirk bietet die Vereinbarung keinen wirksamen Schutz. Das ist schlicht viel Lärm um nichts! Die Vereinbarung ist in weiten Teilen eine reine Absichtserklärung und steht in Gänze unter dem Vorbehalt der „Gesamtwirtschaftlichkeit der Projekte“ (s. Präambel) - das sagt eigentlich schon alles.

    Die meisten Regelungen sind bestehende gesetzliche Bestimmungen (Kappungsgrenze, Härtefall, Mietspiegel) – die Deutsche Wohnen sichert nur zu, sich an bestehende Gesetze zu halten. Offen bleibt, ob das Bezirksamt die Regelungen zum Neubau nutzen wird, um weiter das Berliner Modell (mindestens 30% preisgebundene Wohnungen bei Neubauprojekten) zu untergraben zu versuchen. Dann wäre die Vereinbarung ein Rückschritt.

    Kappungsgrenze bei Modernisierungsumlage völlig unzureichend

    Für Modernisierungen wird eine zeitlich befristete Kappungsgrenze von 2-3 Euro/m2 vereinbart. Diese Regelung findet sich seit Januar 2019 fast genau so im BGB. Hier hätte der Bezirk ganz andere Handlungsspielräume gehabt: in Friedrichshain-Kreuzberg ist es dem dortigen Stadtrat Florian Schmidt (Grüne) für die Otto-Suhr-Siedlung (DW) gelungen, eine Grenze von 1,79 Euro/m2 zu erreichen – hier in Steglitz-Zehlendorf wird etwas als Erfolg verkauft, was keiner ist. Wichtig ist auch zu erfragen, ob das, was als Modernisierung daher kommt nicht eigentlich Instandhaltungsmaßnahmen sind, für die die DW aufkommen muss ohne die Kosten umzulegen.

    Sozialverträglichkeit – für wen?

    Eine ganz andere Wahrheit der Vereinbarung zur Kappungsgrenze lautet, dass die günstigeren Wohnungen prozentual eine höhere Umlage zu verkraften haben und früher aus der Bindung gehen: 2 Euro Umlage bei einer Miete von 6,50 Euro und einer Begrenzung auf nur 6 Jahre tut mehr weh als 3 Euro Umlage bei z.B. 9 Euro nettokalt und 8 Jahren Schutz vor weiterer Erhöhung. Diese Vereinbarung zwischen Bezirksamt und DW wird negative Auswirkungen auf den Mietspiegel in Steglitz-Zehlendorf haben.

    Festlegung auf Mietspiegel – ein Hohn!

    Es klingt wie eine Errungenschaft, wird der DW aber nicht wirklich weh tun: man bleibe in den Grenzen des Mietspiegels. Da bewegt sich Steglitz-Zehlendorf bekanntermaßen stets am obersten Rand.

    Nur 15% preisgebundene Wohnungen bei Neubau?

    Bisher baut die DW kaum neue Wohnungen. Trotzdem beinhaltet die Vereinbarung einen Passus, in dem die DW 15% preisgebundene Wohnungen bei Neubau zusagt. Das Berliner Modell aber sieht 30% vor. Wir haben die Befürchtung, dass es Zusagen gibt, die DW in Steglitz-Zehlendorf mit Neubauvorhaben zu betrauen und ihr jetzt von Schwarz-Grün quasi ein Blankoscheck ausgestellt wurde.

    Bezirkliche Mieter*innenberatung und die Deutsche Wohnen

    Fragt sich, was der Hinweis auf die vom Senat für jeden Bezirk finanzierte, aber in Steglitz-Zehlendorf noch immer nicht eingerichtete unabhängige Mieter*innenberatung in der Vereinbarung verloren hat. Es wäre gerade für die Mieter*innen der Eisenbahnersiedlung in Lankwitz bereits vor Monaten wichtig gewesen, eine solche Anlaufstelle im Bezirk zu haben.

    Fazit: Mit CDU und Grünen ist kein Blumentopf zu gewinnen! In Fragen von Mieter*innenschutz und sozialem Wohnungsbau braucht es einen radikalen politischen Wechsel in Steglitz-Zehlendorf, damit es voran geht! Dafür steht Die Linksfraktion S-Z!

    #Berlin #Steglitz-Zehlendorf #politique #logement #vie_chère

  • Umbau des Steglitzer Kreisels: Eine Million Euro für die Wohnung im Turm - Berlin - Tagesspiegel Mobil
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/umbau-des-steglitzer-kreisels-eine-million-euro-fuer-die-wohnung-im-turm/24251598.html

    25.04.2019 Das Steglitzer-Kreisel-Hochhaus gilt als Skandalimmobilie. Nun hat ein reiches Ehepaar eine Wohnung in dem Haus gekauft. Zu Besuch auf dem Dach des Rohbaus.

    Oben 120 Meter nackter Stahl und etwas Beton. Unten das Millionenpaar Verena und Oliver Brandt. Oben ein erstauntes Raunen darüber, wie grün Berlin eigentlich ist, vom 30. Stock aus besehen. Unten Frohlocken über den Kaufvertrag mit einem großen Versprechen: In drei Jahren feiert Verenas 80-jährige Mutter ihren Einzug in die 136 Quadratmeter große Eigentumswohnung im zehnten Obergeschoss des Steglitzer Kreisels. Und das wird auch für Berlin in gewisser Weise ein historisches Datum.

    Denn über die Eröffnung des Wohnturms wird in Vergessenheit geraten, wofür der Steglitzer Kreisel einmal stand. Dann, wenn die CG-Gruppe des schillernden Bauunternehmers Christoph Gröner dieses Skelett wirklich mit einer schalldämmenden Glasfassade umhüllt haben wird und mit feinen weißen Steinbändern verziert. Wenn Fußbodenheizung, Trittschalldämmung und Parkett in den Räumen liegen, die luftige 3,20 Meter hohe Decken haben. Wenn die Liegestühle auf den Balkonen der Wohnungen aufgeklappt stehen. Und wenn der Aufzug abhebt, den der Concierge mit einladendem Lächeln gerufen hat. Ja, dann wird vergessen sein, dass hier mal eine Skandalimmobilie stand. Hier am südlichen Ende der Schlossstraße in Steglitz. Eine seit Baubeginn mit Affären, Skandalen, langwierigen Eigentümer-Fehden und kostspieligen politischen Sanierungsversuchen begleitete Investitions-Ruine.

    Aber das wird Christoph Gröner vergessen machen. Der 50-jährige Bauherr hat Energie und Leidenschaft, die Kampfeslust speisen, wie sie allenfalls typisch waren für einen anderen der großen Berliner Baulöwen, Klaus Groth. Und deshalb scheut Gröner auch nicht den Nahkampf in öffentlich-rechtlichen Sendern wie zuletzt dem ZDF, wo er Aktivisten der Enteignungskampagne um die Deutsche Wohnen die Stirn bot.

    Gröner hat Überzeugungen und keine Zweifel: Dass viel und mehr gebaut werden muss, damit die Wohnungsnot endet. Und dass seine Firma dafür die Richtige ist. Weil er selbst sehr früh anfing am Bau. Und weil er für eigene Projekte und vermutlich auch eigenes Geld sein Studium schmiss. Und das war, gemessen an einem „Verkaufsvolumen“ von fast 1000 Wohnungen im vergangenen Jahr im Gegenwert von 1,8 Milliarden Euro, keine ganz falsche Entscheidung.

    Stahlgerüste, mit Folien überzogen, ein kleines Büro neben dem Eingang zum „Globetrotter“-Laden: Hier gibt es weiße Helme und gelbe Warnwesten. Dann geht es in den Bauch des Blocks. Es ist dunkel. Der Beton nackt und kalt. Schwere Metall-Riegel fallen laut ins Schloss des Lastenaufzugs.

    Es geht aufwärts in den 13 Stock. Dort ist eine einzelne Wohnung bereits eingerichtet: Mit Retrotisch, vielleicht in vager Erinnerung an den Baubeginn des ehemaligen Bürohauses in den 1970er Jahren. Eine dunkle Küchenzeile am Rande des Raums, in dem Esstisch mit Stühlen, eine Couchecke stehen und Bilder an den Wänden hängen. Auf die guckt aber niemand, alle schauen raus, in den Himmel über Berlin, ins Grüne, auf Autos ganz unten, so klein wie in einem Kinderzimmer - das ist die eigentliche Verlockung des Käufers, oder?

    „Ein Concierge, Aufzug, Ärzte und Geschäfte im Erdgeschoss - mit dem Rollator über Pflasterstein und vier Ebenen im Reihenhaus, das geht irgendwann nicht mehr“, sagt Verena Brandts Mutter. Sie wird als erstes in die Wohnung der Brandts einziehen, die gut eine Million Euro gekostet hat. Sie haben einen Familiendeal geschlossen. Denn die Kinder werden der Mutter folgen in den Kreisel und die beiden Häuser in Lankwitz verkaufen. Der Wohnturm soll der generationenübergreifende Ruhesitz der Berliner Familie werden. Direkt an der Schlossstraße – das war für die West-Berlin so etwas wie der Sehnsuchtsort.

    „Nehmen Sie doch gleich zwei!“

    Ursprünglich hatten sie nur eine Wohnung mit 58 Quadratmeter im Auge. Als sie dann oben im Zehnten standen und staunten, wie wenig das ist, verteilt auf alle Räume, ulkte der Makler: „Dann neben sie doch zwei“. Das taten sie auch, die Nachbarwohnung mit 85 Quadratmeter kam dazu. Aber ist das nicht zu viel für eine Person? „Nee, wir brauchen viel Platz“, sagt die Seniorin keck. Im Reihenhaus hätten sie mindestens so viel zur Verfügung, „nur übereinandergestapelt“.

    Zig Millionen fürs Penthouse

    330 Eigentumswohnungen plant die Firma, 31 bis 304 Quadratmeter groß. Die Teuersten sind die beiden Penthäuser mit Terrasse, ganz oben auf dem Dach. Von dort reicht der Blick weit über den mit Berlins Dunstglocke aus Diesel- und Dunst-Staub. Viel Wind ist hier nicht. Aber der Turm hält auch Stürmen stand, wiegt sich gleichsam im Wind, bis zu 5 Metern hin und her, sagt ein Bauleiter.

    Die Penthäuser sind noch zu haben. „Die bieten wir aber erstmal nicht an“, sagt ein Verkäufer. Nicht mal wenn der Scheich kommt? „Dann doch“ – unter 18.000 Euro je Quadratmeter geht aber nichts – bei Größen von 180 und 300 Quadratmetern kommen so einige Millionen zusammen.

    Ganz unten was „für Kapitalanleger“

    Ganz unten gibt es auch ganz kleine Wohnungen mit etwas über 30 Quadratmetern, „für Kapitalanleger“ heißt es. Will wirklich jemand da wohnen, eingekesselt zwischen den Autobahnen und Ausfallstraßen zum südlichen Stadtrand? Die Planer locken – mit einem Garten. Der entsteht auf dem Dach des gewerblich genutzten Würfels, von dessen Zentrum der Turm in die Höhe ragt. Das Dach wird mit einer Erdschicht belegt, es wird Rasen gesät, ein kleiner Spielplatz angelegt. Und die Frühlingssonne erreicht an diesem späten Vormittag sogar einen Teil dieses Ínnenhofs.

    Femme fatale der 1960er Jahre

    Die Architektin und Baulöwin Sigrid Kressmann-Zschach hätte ihre Freude daran. In Geschichten und Kolportagen über das West-Berlin der Wirtschaftswunderjahre ging sie als Femme fatale ein, die Politiker der mit deutschen Steuergeldern aufgepäppelten Frontstadt nur so um die Finger wickelte.

    Rücktritte, Prozesse, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Filz aus Politikern und Bauwirtschaft sowie eine Investitionsruine hinterließ sie. Und wie das so ist, wenn Wirtschaftsleute sich verspekulieren, musste auch am Kreisel das Land einspringen, für Bürgschaften und um das Haus zu Ende zu bauen. Das geschah, als ob dem Haus ein Fluch anhaften würde, unter Verwendung von Asbest. Als das bekannt wurde, endete die Nutzung als Verwaltungssitz erneut.

    Und weil das Grundstück dazu noch geteilt war, also ein Eigentümer den gewerblichen Sockel besaß und ein anderer den Turm – dämmerte die verlassene Investitionsruine zuletzt jahrelang ohne Verwendung dahin. Dass sich das nun ändert, zählt zu den positiven Seiten des verrückt spielenden Wohnungsmarktes von Berlin und der niemals zuvor so billigen Zinsen für Immobilienkredite. Wie lange das wohl gut geht?

    #Berlin #Steglitz #Schloßstraße #Immobilien

  • 06.04.2019: »Verwertungsdynamik kennt keine Grenzen« (Tageszeitung junge Welt)
    https://www.jungewelt.de/artikel/352513.kapitalistische-stadt-verwertungsdynamik-kennt-keine-grenzen.html?s

    Gespräch mit Andrej Holm. Über explodierende Mieten, Verdrängung als Geschäftsmodell und die Forderung nach Enteignung
    Interview: Jan Greve

    Andrej Holm ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt-Universität zu Berlin. Am dortigen Institut für Sozialwissenschaften forscht er zu Wohnungspolitik, Gentrifizierung und Verdrängung. Er ist seit vielen Jahren in stadtpolitischen Bewegungen aktiv. Zwischen September 2016 und Januar 2017 war er kurzzeitig Staatssekretär für Wohnen, berufen von der Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher (Die Linke). Nach teils hetzerischen Debatten über seinen fünfmonatigen Dienst beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR Ende 1989, den er als 18jähriger angetreten hatte, erklärte er am 16. Januar 2017 seinen Rücktritt.

    Trinken Sie gerne Freibier, Herr Holm?

    Ab und zu trinke ich Bier, es muss aber kein Freibier sein. Mit Sicherheit stimmt beim Biertrinken, was auch fürs Wohnen gilt: Man sollte sich weigern, völlig überhöhte Preise zu bezahlen.

    Maren Kern, Chefin des »Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen«, strengte diesen Vergleich jüngst mit Blick auf das Volksbegehren »Deutsche Wohnen und Co enteignen« an: »Bei Freibier sind auch alle dafür. Aber einer muss das Freibier immer bezahlen.« Was fällt Ihnen dazu ein?

    Für mich klingt das nach hilfloser Polemik, zumal es ja nicht um Freibier, sondern die Übernahme der Brauerei geht. Aber das Stammtischniveau dieses Vergleichs passt ins Bild: In den Reaktionen aus der Immobilienwirtschaft auf die Enteignungsforderung werden bisher relativ wenige Sachargumente angeführt. Statt dessen gibt es diskreditierende historische Vergleiche, nach dem Motto: »Da kommt die DDR 2.0«. Die Immobilienwirtschaft scheint das Aufbegehren der Mieterinnen und Mieter über Jahre ignoriert zu haben und wirkt jetzt angesichts der Radikalität der Forderungen nicht gut vorbereitet.

    Sie beschäftigen sich seit den 1990er Jahren wissenschaftlich mit Stadtpolitik. Konnte man die aktuellen Zuspitzungen damals absehen?

    Sowohl die wissenschaftliche Begleitung als auch die politische Mobilisierung orientieren sich ja immer an den aktuellen Konfliktlagen. Es ist nicht so, als hätte es etwa in den 2000er Jahren keine wohnungspolitischen Auseinandersetzungen in Berlin gegeben. Damals haben wir vor allem in Ostberliner Innenstadtbezirken über Gentrifizierung und Verdrängung durch Modernisierungen diskutiert. Die meisten waren überzeugt, dass es sich dabei um stadtteilspezifische Prozesse handelt – heute sprechen wir von einer stadtweiten Wohnungskrise. Als der Senat aus SPD und PDS massenweise Quartiere privatisierte, kritisierten das damals nur wenige Aktive aus Gewerkschaften und Mieterorganisationen. Dass Berliner Mietwohnungen irgendwann an der Börse gehandelt werden könnten, ahnten nur wenige.

    Offenbar glaubt man immer wieder, gegenwärtig die Spitze der Entwicklung erreicht zu haben – noch höher könnten Mieten nicht steigen, noch schlimmer könne es nicht werden. Im Rückblick zeigt sich aber: Die Verwertungsdynamik in wachsenden Städten wie Berlin kennt keine Grenzen. Vor fünf Jahren schauderte man, wenn man von Mietverträgen hörte, in denen 15 oder 20 Euro pro Quadratmeter verlangt wurden. Heutzutage tauchen Anzeigen auf, wo Mikroappartements für 40 Euro pro Quadratmeter inseriert werden. Hätte ich das vor zehn Jahren prognostiziert, wäre ich vermutlich in eine Betreuungseinrichtung überwiesen worden.

    Das ist aber nur die eine Seite der Medaille.

    Das sind die Spitzen der Entwicklung. Da sind wir weit weg von dem, was es an ­sozialem Versorgungsbedarf gibt. In Berlin gibt es eine relativ stabile Zahl von armen Haushalten, die so zwischen 750.000 und 800.000 liegt. Unter dem Strich können diese nicht mehr als 4,50 oder fünf Euro pro Quadratmeter zahlen. Eine soziale Wohnungspolitik müsste darauf ausgerichtet sein, solche Mieten dauerhaft zu schützen. Das wiederum hätte man auch schon vor zehn Jahren sagen können: Wir brauchen einen Grundbestand an günstigem Wohnraum, gerade in einer armen Stadt wie Berlin. Hier geht es um einen Bereich, den kein Markt regelt und der daher in öffentlicher Verantwortung organisiert werden muss. Da haben wir es mit einem Widerspruch zwischen sozialem Versorgungsbedarf und privaten Geschäftsinteressen zu tun.

    Wie sieht die Situation gegenwärtig aus? Gibt es aktuelle Zahlen zur Entwicklung von Mietpreisen?

    In den vergangenen zehn Jahren sind die Bestandsmieten in Berlin um weit über 30 Prozent gestiegen. Das sehen wir selbst da, wo es langfristige Mietverträge gibt und wo die hochgelobte deutsche Mietgesetzgebung greifen müsste. Durch die Anpassung an ortsübliche Vergleichsmieten oder die Umlage von Modernisierungskosten sind auch bei laufenden Verträgen die Mieten deutlich stärker gestiegen als die Einkommen. Daneben beobachten wir eine extreme Vergrößerung des Abstands zwischen Bestands- und Angebotsmieten. Wenn wir auf Zahlen von 2008/09 zurückschauen, lagen die Preise bei Neuvermietungen damals im Schnitt vielleicht einen Euro über den Bestandsmieten. Heute liegt der durchschnittliche Neuvermietungsaufschlag bei etwa fünf Euro. Wer jetzt die Wohnung wechselt oder neu in die Stadt kommt, hat sehr schlechte Startbedingungen.

    Aus der Perspektive der Immobilienbranche wiederum stellt sich dieser Abstand zwischen Bestands- und Neuvermietungsmieten als »Ertragslücke« dar. Mit dem schlichten Austausch eines Mietverhältnisses kann, ohne jede zusätzliche Investition, der Ertrag verdoppelt werden. Damit wird Verdrängung zum Geschäftsmodell. Nicht nur in innerstädtischen Lagen ist zu sehen, wie Vermieter alles daran setzen, Menschen zum Auszug zu bewegen, um neu vermieten zu können. Diese Entwicklung ist der Grund dafür, warum sich so viele kleine Nachbarschaftsinitiativen gebildet haben.

    Wird diese Entwicklung immer so weitergehen?

    Ein Ende ist nicht abzusehen. Allein in den letzten zehn Jahren haben sich die Preise für bebaute Grundstücke in Berlin fast verdreifacht. Bebaute Grundstücke sind in der Regel solche mit bewohnten Mietshäusern. Die gestiegenen Kaufpreise müssen am Ende aus der Bewirtschaftung der Gebäude refinanziert werden. Mit hohen Preisen steigt also vor allem die Erwartung, hohe Erträge zu erzielen. Das alles hat einen Flächenbrand von Verdrängungskonflikten in Berlin ausgelöst. Mittlerweile gibt es Haushalte, die zu arm sind, um verdrängt zu werden, weil sie sich auch die Mieten in den schnell teurer werdenden Randbezirken der Stadt schlicht nicht mehr leisten können.

    An diesem Wochenende werden Tausende Menschen gegen steigende Mieten und Wohnungsnot demons­trieren. In mehreren bundesdeutschen Städten finden Aktionen statt, ebenso wie in anderen europäischen Metropolen. Bereits im letzten Jahr protestierten nach Veranstalterangaben rund 25.000 Menschen in Berlin. Wie nehmen Sie den wachsenden Widerstand wahr?

    Es gibt ein kontinuierliches Anwachsen von stadtpolitischen Aktivitäten. Die Besonderheit in Berlin besteht darin, dass sich diese zu einer Zeit entwickelten, als es keinen parlamentarischen Ansprechpartner für die Bewegung gab. Wir reden von Mitte der 2000er, als der »rot-rote« Senat landeseigene Wohnungen privatisierte. Damals – heute ist es glücklicherweise anders – gehörte es noch zum Selbstverständnis der großen Mieterorganisationen, sich hauptsächlich um Rechtsberatung zu kümmern. Allerdings findet Verdrängung häufig auf legalen Wegen statt, kann also mit juristischen Mitteln nicht immer abgewendet werden. Dadurch waren Mietergruppen auf sich selbst zurückgeworfen und mussten ein hohes Maß an Selbstorganisation an den Tag legen, was bis heute nachwirkt. Das unterscheidet die Berliner Protestbewegung von der in anderen Städten. Und es hat dazu geführt, dass wir heute ganz grundsätzlich die Frage diskutieren, ob wir Wohnen gemeinsam in öffentlicher Verantwortung organisieren oder dem Markt überlassen wollen.

    Parallel zur Berliner Demonstration beginnt das Unterschriftensammeln für das Enteignungsvolksbegehren. Es gibt Kritik von verschiedenen Seiten, die die Erfolgsaussichten bezweifeln. Wie sehen Sie die Initiative?

    Es gibt bei der Suche nach den richtigen Konzepten, wie gutes Wohnen für alle gesichert werden kann, keine Patentlösung. Da sind zum Beispiel sogenannte Milieuschutzgebiete, von denen man sagen kann, dass mit ihnen die Situation verbessert wird – aber eben nicht für diejenigen, die außerhalb dieser Bereiche wohnen; von den rechtlichen Lücken ganz zu schweigen. Ähnlich verhält es sich beim sogenannten Mietendeckel, dessen Einführung in Berlin derzeit alle drei Koalitionspartner unterstützen. Auch dies mag die Lage für einige entspannen. Wird diese Grenze aber beispielsweise bei 6,50 Euro pro Quadratmeter angesetzt, ist die für die Haushalte, die bislang 4,50 Euro zahlen, immer noch zu hoch. Ein weiteres Beispiel ist der Neubau, bei dem es um die Quote von Sozialwohnungen geht. Eine prima Sache – aber eben nur für diejenigen, die dort ein Quartier ergattern können. Es gibt keinen wohnungspolitischen Joker, der alle Problem auf einmal löst. Grundsätzlich bin ich deshalb immer misstrauisch, wenn einzelne Instrumente wegen ihrer begrenzten Wirkung kritisiert werden.

    Dadurch lässt sich die Debatte lähmen.

    Genau. Wir haben es mit einem typischen Abwehrdiskurs zu tun, der in der Regel zuerst von der Immobilienwirtschaft geführt wird. Aus Sicht der Mieter ist die Sache klar: Es soll möglichst alles versucht werden. Je mehr Mieterschutz, je mehr öffentlich und gemeinnützig verwaltete Wohnungen und je mehr günstiger und dauerhaft gebundener Neubau, desto besser. Das gilt auch für die Sozialisierung, die mit der Enteignung von Konzernen verbunden ist. Dabei geht es ja nicht um eine Bestrafung von Immobilienunternehmen, denen man ihre Spielzeuge wegnimmt. So, wie ich die Initiative verstanden habe, geht es darum, einen relevanten Sektor zu vergesellschaften, weil dieser in privatwirtschaftlicher Organisation die soziale Aufgabe der Versorgung mit günstigem Wohnraum nicht erfüllt. Das ist eine richtige Forderung unter vielen.

    In den letzten Jahren war vor allem die Losung »Bauen, bauen bauen« zu hören. Damit hat man sich viel zu sehr auf die Logik des Marktmodells eingelassen. Viele scheinen zu glauben, dass Mieten sinken, nur weil mehr Quartiere entstehen. Das stimmt aber höchstens für die Spitzensegmente. Es ist völlig ausgeschlossen, so viel bauen zu können, dass es in der Stadt wieder mehr Wohnungen für 4,50 Euro den Quadratmeter gibt.

    Die »Deutsche Wohnen« als größter privater Vermieter in der Hauptstadt behauptet, gar kein Preistreiber zu sein.

    Der Konzern gibt regelmäßig bekannt, mit seinen Mieten im Schnitt nur knapp über dem Berliner Durchschnitt zu liegen. Wir müssen zunächst schauen, woher deren Bestände kommen. Es waren insbesondere die Privatisierungen, die das Entstehen solch großer Player überhaupt erst ermöglichten. In Berlin war das beispielsweise die GSW mit rund 64.000 Wohnungen, die SPD und PDS verkauften. Die »Deutsche Wohnen« und die meisten anderen größeren Immobilienunternehmen verwalten vor allem ehemals öffentlich geförderte Bestände. Dort wohnen überwiegend immer noch die Leute, für die die Häuser einst errichtet worden waren. Wir reden da in der Regel nicht von luxuriös sanierten Altbauten im Prenzlauer Berg, sondern von Siedlungsbauten aus den 1950er bis 70er Jahren. Wenn die Preise für diese Wohnungen – die eigentlich die günstigsten in der Stadt sein sollten – knapp über dem Berliner Durchschnitt liegen, läuft etwas schief.

    In der Argumentation von der Unternehmerseite klingt teilweise heraus, man handle quasi in Notwehr: Angesichts der Nullzinspolitik müsse man in Immobilien investieren, um irgendwie noch eine »vernünftige« Rendite erzielen zu können. Weckt das Ihr Mitleid?

    Überhaupt nicht. Die Dynamik der Finanzkrise 2008/09 zeigt, dass es zwei Modi zur Lösung der Probleme gibt. Die eine Strategie besteht darin, dass der Staat mit Hilfe riesiger Rettungspakete einspringt und die Profitmargen privater Konzerne sichert. Die andere führte zu Investitionen in privatisierte Bereiche, die bisher soziale Aufgaben erfüllten. Damit waren Konflikte programmiert: Die Versorgung mit günstigem Wohnraum darf nicht davon abhängen, ob irgendwelche Börsenwerte gerade hoch- oder runtergehen. Die Privatisierungen liefen dabei immer nach demselben Muster ab: Bereiche, die zuvor öffentlich organisiert waren und soziale Infrastruktur bereitstellten, wurden ökonomisiert. So sieht es aus, als sei der Staat überflüssig …

    … was im Interesse der Profiteure dieser Entwicklung liegt.

    Ja. Marxistisch gesprochen haben wir es mit einer fortgesetzten ursprünglichen Akkumulation zu tun: Bereiche, die noch nicht der Marktlogik unterworfen waren, werden für private Akteure geöffnet. Es ist skandalös, wenn Nutzerinnen und Nutzer öffentlicher Infrastruktur mit ihrem Geld ein gescheitertes Finanzmarktmodell am Leben erhalten sollen.

    Beim von Ihnen angesprochenen Gedanken ging es Marx darum zu zeigen, wie im kapitalistischen System wiederholt und gewalttätig agiert werden muss, um Profit dauerhaft erwirtschaften zu können. Sehen wir diese Gewalt in den heutigen Verhältnissen?

    Die sehen wir in vielen Bereichen. Etwa in den »kleinen« Rechtsübertretungen, wenn es darum geht, Mieter aus ihren Wohnungen zu ekeln. Oder beim Psychoterror, wenn über Monate hinweg Bauarbeiten vorgetäuscht werden, um Bewohner zum Auszug zu bewegen. Und auch bei Zwangsräumungen, die mit direkter physischer Gewalt einhergehen.

    Städte in kapitalistischen Zentren sind heute nicht nur durch steigende Mieten charakterisiert. Dazu kommen auch die Anwendungen digitaler Technologien, Stichwort »Smart City«, oder repressive »Sicherheitspolitik«, Stichwort Überwachung. Wenn es um Verwertungsinteressen geht, greifen mehrere Entwicklungen ineinander.

    Ja. Es gibt Dutzende Beispiele für die Unterwerfung der Stadtentwicklung unter die Profitlogik. Wie auch beim Wohnungsmarkt ist zu sehen, dass diejenigen, die nicht mithalten können, den kürzeren ziehen. Mit solchen Zuspitzungen wächst aber auch der Protest. In den Diskussionen hier wird ja gerne sehnsuchtsvoll in andere Städte geschaut, etwa nach Wien als Positivbeispiel für soziale Wohnungspolitik. Wenn ich mich aber außerhalb von Berlin mit Leuten unterhalte, merke ich, wie sehr die wiederum neidisch auf die hiesigen stadtpolitischen Debatten blicken. Etwa darauf, dass Nachbarschaftsinitiativen in Kreuzberg 2018 erfolgreich einen Google-Campus verhindern konnten. Oder auf das Enteignungsvolksbegehren.

    Der Berliner Senat hat die Hälfte seiner Amtszeit hinter sich. Kritik gibt es nicht nur von rechts, sondern auch von linken Gruppen, die einige Hoffnungen in die Koalition gesetzt hatten. Sind Sie froh darüber, persönlich nicht mehr als Staatssekretär für Wohnen, der Sie ja kurzzeitig waren, in der Schusslinie zu stehen?

    Es zeigt sich letztlich nur, was schon vorher alle wissen konnten: Politik ändert sich nicht allein dadurch, dass die Regierungskonstellation wechselt. Im besten Fall kann das den Raum an Möglichkeiten erweitern, beispielsweise für Initiativen. Das hat meiner Meinung nach in einigen Bereichen geklappt, in anderen nicht. So gibt es in Berlin immer noch Zwangsräumungen, auch veranlasst von den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Zudem wird die Unterbringung von anerkannten Geflüchteten in den öffentlichen Wohnungsbeständen erschwert. Weil der Aufenthaltsstatus regelmäßig überprüft wird, können selbst Geflüchtete mit mehrfach verlängerten Aufenthaltstiteln keine Dokumente mit einer Restlaufzeit von mindestens zwölf Monaten vorweisen, weswegen ihnen die Ausstellung eines Wohnberechtigungsscheins verweigert wird. Es gibt also einige Paradoxien, die sich nicht allein durch eine »rot-rot-grüne« Landesregierung aufgelöst haben. Die Linke in Berlin hat vor nicht allzu langer Zeit plakatiert: »Die Stadt gehört euch.« Für das gemeinsame Gestalten von Stadtpolitik gibt es noch nicht allzu viele Beispiele aus der Praxis. Es bleibt dabei: Die entscheidenden Impulse kommen von außen, siehe Enteignungsvolksbegehren. Auf das gutmütige Abarbeiten von Koalitionsvereinbarungen sollte man nur begrenzte Hoffnung setzen.

    Es war nicht überraschend, dass bürgerliche Kommentatoren beim Thema Enteignung die »DDR-Keule« aus der Schublade holten. Auch Sie versuchte man damit persönlich zu diskreditieren, weil Sie in jungen Jahren für wenige Monate beim Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet haben. Wie lange, meinen Sie, wird man in der BRD noch auf dieses »Argument« zurückgreifen?

    Der tiefsitzende Antikommunismus ist ein Kontinuum in der westdeutschen Politik. Das betrifft Konservative, geht aber auch weit ins sozialdemokratische und liberale Spektrum hinein. Darauf kann man sich häufig einigen. Vergleiche mit der DDR sind in der Hinsicht austauschbar. Es gibt offenkundig eine große Angst vor einer Gesellschaft, die nicht marktwirtschaftlich organisiert ist. Der Umstand, dass der Artikel 15 zur Enteignung gegen Entschädigung seit 70 Jahren im Grundgesetz steht, aber noch nie Anwendung gefunden hat, sagt eigentlich schon alles. Die Frage ist, ob ein solches antikommunistisches Ressentiment als Argument noch immer wirkt und wer das ernst nimmt. Ich habe jedenfalls noch keine Mieterin der »Deutsche Wohnen« getroffen, die die Enteignungsinitiative deswegen ablehnt, weil sie befürchtet, künftig in Stacheldraht eingezäunt zu werden.

    #Berlin #logement #immobilier #loyer #capitalisme #spéculation #bulle_immobilière

  • 06.04.2019: »Verwertungsdynamik kennt keine Grenzen« (Tageszeitung junge Welt)
    https://www.jungewelt.de/artikel/352513.kapitalistische-stadt-verwertungsdynamik-kennt-keine-grenzen.html

    Gespräch mit Andrej Holm. Über explodierende Mieten, Verdrängung als Geschäftsmodell und die Forderung nach Enteignung

    Interview: Jan Greve

    Trinken Sie gerne Freibier, Herr Holm?

    Ab und zu trinke ich Bier, es muss aber kein Freibier sein. Mit Sicherheit stimmt beim Biertrinken, was auch fürs Wohnen gilt: Man sollte sich weigern, völlig überhöhte Preise zu bezahlen.

    Maren Kern, Chefin des »Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen«, strengte diesen Vergleich jüngst mit Blick auf das Volksbegehren »Deutsche Wohnen und Co enteignen« an: »Bei Freibier sind auch alle dafür. Aber einer muss das Freibier immer bezahlen.« Was fällt Ihnen dazu ein?

    Für mich klingt das nach hilfloser Polemik, zumal es ja nicht um Freibier, sondern die Übernahme der Brauerei geht. Aber das Stammtischniveau dieses Vergleichs passt ins Bild: In den Reaktionen aus der Immobilienwirtschaft auf die Enteignungsforderung werden bisher relativ wenige Sachargumente angeführt. Statt dessen gibt es diskreditierende historische Vergleiche, nach dem Motto: »Da kommt die DDR 2.0«. Die Immobilienwirtschaft scheint das Aufbegehren der Mieterinnen und Mieter über Jahre ignoriert zu haben und wirkt jetzt angesichts der Radikalität der Forderungen nicht gut vorbereitet.

    Sie beschäftigen sich seit den 1990er Jahren wissenschaftlich mit Stadtpolitik. Konnte man die aktuellen Zuspitzungen damals absehen?

    Sowohl die wissenschaftliche Begleitung als auch die politische Mobilisierung orientieren sich ja immer an den aktuellen Konfliktlagen. Es ist nicht so, als hätte es etwa in den 2000er Jahren keine wohnungspolitischen Auseinandersetzungen in Berlin gegeben. Damals haben wir vor allem in Ostberliner Innenstadtbezirken über Gentrifizierung und Verdrängung durch Modernisierungen diskutiert. Die meisten waren überzeugt, dass es sich dabei um stadtteilspezifische Prozesse handelt – heute sprechen wir von einer stadtweiten Wohnungskrise. Als der Senat aus SPD und PDS massenweise Quartiere privatisierte, kritisierten das damals nur wenige Aktive aus Gewerkschaften und Mieterorganisationen. Dass Berliner Mietwohnungen irgendwann an der Börse gehandelt werden könnten, ahnten nur wenige.

    Offenbar glaubt man immer wieder, gegenwärtig die Spitze der Entwicklung erreicht zu haben – noch höher könnten Mieten nicht steigen, noch schlimmer könne es nicht werden. Im Rückblick zeigt sich aber: Die Verwertungsdynamik in wachsenden Städten wie Berlin kennt keine Grenzen. Vor fünf Jahren schauderte man, wenn man von Mietverträgen hörte, in denen 15 oder 20 Euro pro Quadratmeter verlangt wurden. Heutzutage tauchen Anzeigen auf, wo Mikroappartements für 40 Euro pro Quadratmeter inseriert werden. Hätte ich das vor zehn Jahren prognostiziert, wäre ich vermutlich in eine Betreuungseinrichtung überwiesen worden.

    Das ist aber nur die eine Seite der Medaille.

    Das sind die Spitzen der Entwicklung. Da sind wir weit weg von dem, was es an ­sozialem Versorgungsbedarf gibt. In Berlin gibt es eine relativ stabile Zahl von armen Haushalten, die so zwischen 750.000 und 800.000 liegt. Unter dem Strich können diese nicht mehr als 4,50 oder fünf Euro pro Quadratmeter zahlen. Eine soziale Wohnungspolitik müsste darauf ausgerichtet sein, solche Mieten dauerhaft zu schützen. Das wiederum hätte man auch schon vor zehn Jahren sagen können: Wir brauchen einen Grundbestand an günstigem Wohnraum, gerade in einer armen Stadt wie Berlin. Hier geht es um einen Bereich, den kein Markt regelt und der daher in öffentlicher Verantwortung organisiert werden muss. Da haben wir es mit einem Widerspruch zwischen sozialem Versorgungsbedarf und privaten Geschäftsinteressen zu tun.

    Wie sieht die Situation gegenwärtig aus? Gibt es aktuelle Zahlen zur Entwicklung von Mietpreisen?

    In den vergangenen zehn Jahren sind die Bestandsmieten in Berlin um weit über 30 Prozent gestiegen. Das sehen wir selbst da, wo es langfristige Mietverträge gibt und wo die hochgelobte deutsche Mietgesetzgebung greifen müsste. Durch die Anpassung an ortsübliche Vergleichsmieten oder die Umlage von Modernisierungskosten sind auch bei laufenden Verträgen die Mieten deutlich stärker gestiegen als die Einkommen. Daneben beobachten wir eine extreme Vergrößerung des Abstands zwischen Bestands- und Angebotsmieten. Wenn wir auf Zahlen von 2008/09 zurückschauen, lagen die Preise bei Neuvermietungen damals im Schnitt vielleicht einen Euro über den Bestandsmieten. Heute liegt der durchschnittliche Neuvermietungsaufschlag bei etwa fünf Euro. Wer jetzt die Wohnung wechselt oder neu in die Stadt kommt, hat sehr schlechte Startbedingungen.

    Aus der Perspektive der Immobilienbranche wiederum stellt sich dieser Abstand zwischen Bestands- und Neuvermietungsmieten als »Ertragslücke« dar. Mit dem schlichten Austausch eines Mietverhältnisses kann, ohne jede zusätzliche Investition, der Ertrag verdoppelt werden. Damit wird Verdrängung zum Geschäftsmodell. Nicht nur in innerstädtischen Lagen ist zu sehen, wie Vermieter alles daran setzen, Menschen zum Auszug zu bewegen, um neu vermieten zu können. Diese Entwicklung ist der Grund dafür, warum sich so viele kleine Nachbarschaftsinitiativen gebildet haben.

    Wird diese Entwicklung immer so weitergehen?

    Ein Ende ist nicht abzusehen. Allein in den letzten zehn Jahren haben sich die Preise für bebaute Grundstücke in Berlin fast verdreifacht. Bebaute Grundstücke sind in der Regel solche mit bewohnten Mietshäusern. Die gestiegenen Kaufpreise müssen am Ende aus der Bewirtschaftung der Gebäude refinanziert werden. Mit hohen Preisen steigt also vor allem die Erwartung, hohe Erträge zu erzielen. Das alles hat einen Flächenbrand von Verdrängungskonflikten in Berlin ausgelöst. Mittlerweile gibt es Haushalte, die zu arm sind, um verdrängt zu werden, weil sie sich auch die Mieten in den schnell teurer werdenden Randbezirken der Stadt schlicht nicht mehr leisten können.

    An diesem Wochenende werden Tausende Menschen gegen steigende Mieten und Wohnungsnot demons­trieren. In mehreren bundesdeutschen Städten finden Aktionen statt, ebenso wie in anderen europäischen Metropolen. Bereits im letzten Jahr protestierten nach Veranstalterangaben rund 25.000 Menschen in Berlin. Wie nehmen Sie den wachsenden Widerstand wahr?

    Es gibt ein kontinuierliches Anwachsen von stadtpolitischen Aktivitäten. Die Besonderheit in Berlin besteht darin, dass sich diese zu einer Zeit entwickelten, als es keinen parlamentarischen Ansprechpartner für die Bewegung gab. Wir reden von Mitte der 2000er, als der »rot-rote« Senat landeseigene Wohnungen privatisierte. Damals – heute ist es glücklicherweise anders – gehörte es noch zum Selbstverständnis der großen Mieterorganisationen, sich hauptsächlich um Rechtsberatung zu kümmern. Allerdings findet Verdrängung häufig auf legalen Wegen statt, kann also mit juristischen Mitteln nicht immer abgewendet werden. Dadurch waren Mietergruppen auf sich selbst zurückgeworfen und mussten ein hohes Maß an Selbstorganisation an den Tag legen, was bis heute nachwirkt. Das unterscheidet die Berliner Protestbewegung von der in anderen Städten. Und es hat dazu geführt, dass wir heute ganz grundsätzlich die Frage diskutieren, ob wir Wohnen gemeinsam in öffentlicher Verantwortung organisieren oder dem Markt überlassen wollen.

    Parallel zur Berliner Demonstration beginnt das Unterschriftensammeln für das Enteignungsvolksbegehren. Es gibt Kritik von verschiedenen Seiten, die die Erfolgsaussichten bezweifeln. Wie sehen Sie die Initiative?

    Es gibt bei der Suche nach den richtigen Konzepten, wie gutes Wohnen für alle gesichert werden kann, keine Patentlösung. Da sind zum Beispiel sogenannte Milieuschutzgebiete, von denen man sagen kann, dass mit ihnen die Situation verbessert wird – aber eben nicht für diejenigen, die außerhalb dieser Bereiche wohnen; von den rechtlichen Lücken ganz zu schweigen. Ähnlich verhält es sich beim sogenannten Mietendeckel, dessen Einführung in Berlin derzeit alle drei Koalitionspartner unterstützen. Auch dies mag die Lage für einige entspannen. Wird diese Grenze aber beispielsweise bei 6,50 Euro pro Quadratmeter angesetzt, ist die für die Haushalte, die bislang 4,50 Euro zahlen, immer noch zu hoch. Ein weiteres Beispiel ist der Neubau, bei dem es um die Quote von Sozialwohnungen geht. Eine prima Sache – aber eben nur für diejenigen, die dort ein Quartier ergattern können. Es gibt keinen wohnungspolitischen Joker, der alle Problem auf einmal löst. Grundsätzlich bin ich deshalb immer misstrauisch, wenn einzelne Instrumente wegen ihrer begrenzten Wirkung kritisiert werden.

    Dadurch lässt sich die Debatte lähmen.

    Genau. Wir haben es mit einem typischen Abwehrdiskurs zu tun, der in der Regel zuerst von der Immobilienwirtschaft geführt wird. Aus Sicht der Mieter ist die Sache klar: Es soll möglichst alles versucht werden. Je mehr Mieterschutz, je mehr öffentlich und gemeinnützig verwaltete Wohnungen und je mehr günstiger und dauerhaft gebundener Neubau, desto besser. Das gilt auch für die Sozialisierung, die mit der Enteignung von Konzernen verbunden ist. Dabei geht es ja nicht um eine Bestrafung von Immobilienunternehmen, denen man ihre Spielzeuge wegnimmt. So, wie ich die Initiative verstanden habe, geht es darum, einen relevanten Sektor zu vergesellschaften, weil dieser in privatwirtschaftlicher Organisation die soziale Aufgabe der Versorgung mit günstigem Wohnraum nicht erfüllt. Das ist eine richtige Forderung unter vielen.

    In den letzten Jahren war vor allem die Losung »Bauen, bauen bauen« zu hören. Damit hat man sich viel zu sehr auf die Logik des Marktmodells eingelassen. Viele scheinen zu glauben, dass Mieten sinken, nur weil mehr Quartiere entstehen. Das stimmt aber höchstens für die Spitzensegmente. Es ist völlig ausgeschlossen, so viel bauen zu können, dass es in der Stadt wieder mehr Wohnungen für 4,50 Euro den Quadratmeter gibt.

    Die »Deutsche Wohnen« als größter privater Vermieter in der Hauptstadt behauptet, gar kein Preistreiber zu sein.

    Der Konzern gibt regelmäßig bekannt, mit seinen Mieten im Schnitt nur knapp über dem Berliner Durchschnitt zu liegen. Wir müssen zunächst schauen, woher deren Bestände kommen. Es waren insbesondere die Privatisierungen, die das Entstehen solch großer Player überhaupt erst ermöglichten. In Berlin war das beispielsweise die GSW mit rund 64.000 Wohnungen, die SPD und PDS verkauften. Die »Deutsche Wohnen« und die meisten anderen größeren Immobilienunternehmen verwalten vor allem ehemals öffentlich geförderte Bestände. Dort wohnen überwiegend immer noch die Leute, für die die Häuser einst errichtet worden waren. Wir reden da in der Regel nicht von luxuriös sanierten Altbauten im Prenzlauer Berg, sondern von Siedlungsbauten aus den 1950er bis 70er Jahren. Wenn die Preise für diese Wohnungen – die eigentlich die günstigsten in der Stadt sein sollten – knapp über dem Berliner Durchschnitt liegen, läuft etwas schief.

    In der Argumentation von der Unternehmerseite klingt teilweise heraus, man handle quasi in Notwehr: Angesichts der Nullzinspolitik müsse man in Immobilien investieren, um irgendwie noch eine »vernünftige« Rendite erzielen zu können. Weckt das Ihr Mitleid?

    Überhaupt nicht. Die Dynamik der Finanzkrise 2008/09 zeigt, dass es zwei Modi zur Lösung der Probleme gibt. Die eine Strategie besteht darin, dass der Staat mit Hilfe riesiger Rettungspakete einspringt und die Profitmargen privater Konzerne sichert. Die andere führte zu Investitionen in privatisierte Bereiche, die bisher soziale Aufgaben erfüllten. Damit waren Konflikte programmiert: Die Versorgung mit günstigem Wohnraum darf nicht davon abhängen, ob irgendwelche Börsenwerte gerade hoch- oder runtergehen. Die Privatisierungen liefen dabei immer nach demselben Muster ab: Bereiche, die zuvor öffentlich organisiert waren und soziale Infrastruktur bereitstellten, wurden ökonomisiert. So sieht es aus, als sei der Staat überflüssig …

    … was im Interesse der Profiteure dieser Entwicklung liegt.

    Ja. Marxistisch gesprochen haben wir es mit einer fortgesetzten ursprünglichen Akkumulation zu tun: Bereiche, die noch nicht der Marktlogik unterworfen waren, werden für private Akteure geöffnet. Es ist skandalös, wenn Nutzerinnen und Nutzer öffentlicher Infrastruktur mit ihrem Geld ein gescheitertes Finanzmarktmodell am Leben erhalten sollen.

    Beim von Ihnen angesprochenen Gedanken ging es Marx darum zu zeigen, wie im kapitalistischen System wiederholt und gewalttätig agiert werden muss, um Profit dauerhaft erwirtschaften zu können. Sehen wir diese Gewalt in den heutigen Verhältnissen?

    Die sehen wir in vielen Bereichen. Etwa in den »kleinen« Rechtsübertretungen, wenn es darum geht, Mieter aus ihren Wohnungen zu ekeln. Oder beim Psychoterror, wenn über Monate hinweg Bauarbeiten vorgetäuscht werden, um Bewohner zum Auszug zu bewegen. Und auch bei Zwangsräumungen, die mit direkter physischer Gewalt einhergehen.

    Städte in kapitalistischen Zentren sind heute nicht nur durch steigende Mieten charakterisiert. Dazu kommen auch die Anwendungen digitaler Technologien, Stichwort »Smart City«, oder repressive »Sicherheitspolitik«, Stichwort Überwachung. Wenn es um Verwertungsinteressen geht, greifen mehrere Entwicklungen ineinander.

    Ja. Es gibt Dutzende Beispiele für die Unterwerfung der Stadtentwicklung unter die Profitlogik. Wie auch beim Wohnungsmarkt ist zu sehen, dass diejenigen, die nicht mithalten können, den kürzeren ziehen. Mit solchen Zuspitzungen wächst aber auch der Protest. In den Diskussionen hier wird ja gerne sehnsuchtsvoll in andere Städte geschaut, etwa nach Wien als Positivbeispiel für soziale Wohnungspolitik. Wenn ich mich aber außerhalb von Berlin mit Leuten unterhalte, merke ich, wie sehr die wiederum neidisch auf die hiesigen stadtpolitischen Debatten blicken. Etwa darauf, dass Nachbarschaftsinitiativen in Kreuzberg 2018 erfolgreich einen Google-Campus verhindern konnten. Oder auf das Enteignungsvolksbegehren.

    Der Berliner Senat hat die Hälfte seiner Amtszeit hinter sich. Kritik gibt es nicht nur von rechts, sondern auch von linken Gruppen, die einige Hoffnungen in die Koalition gesetzt hatten. Sind Sie froh darüber, persönlich nicht mehr als Staatssekretär für Wohnen, der Sie ja kurzzeitig waren, in der Schusslinie zu stehen?

    Es zeigt sich letztlich nur, was schon vorher alle wissen konnten: Politik ändert sich nicht allein dadurch, dass die Regierungskonstellation wechselt. Im besten Fall kann das den Raum an Möglichkeiten erweitern, beispielsweise für Initiativen. Das hat meiner Meinung nach in einigen Bereichen geklappt, in anderen nicht. So gibt es in Berlin immer noch Zwangsräumungen, auch veranlasst von den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Zudem wird die Unterbringung von anerkannten Geflüchteten in den öffentlichen Wohnungsbeständen erschwert. Weil der Aufenthaltsstatus regelmäßig überprüft wird, können selbst Geflüchtete mit mehrfach verlängerten Aufenthaltstiteln keine Dokumente mit einer Restlaufzeit von mindestens zwölf Monaten vorweisen, weswegen ihnen die Ausstellung eines Wohnberechtigungsscheins verweigert wird. Es gibt also einige Paradoxien, die sich nicht allein durch eine »rot-rot-grüne« Landesregierung aufgelöst haben. Die Linke in Berlin hat vor nicht allzu langer Zeit plakatiert: »Die Stadt gehört euch.« Für das gemeinsame Gestalten von Stadtpolitik gibt es noch nicht allzu viele Beispiele aus der Praxis. Es bleibt dabei: Die entscheidenden Impulse kommen von außen, siehe Enteignungsvolksbegehren. Auf das gutmütige Abarbeiten von Koalitionsvereinbarungen sollte man nur begrenzte Hoffnung setzen.

    Es war nicht überraschend, dass bürgerliche Kommentatoren beim Thema Enteignung die »DDR-Keule« aus der Schublade holten. Auch Sie versuchte man damit persönlich zu diskreditieren, weil Sie in jungen Jahren für wenige Monate beim Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet haben. Wie lange, meinen Sie, wird man in der BRD noch auf dieses »Argument« zurückgreifen?

    Der tiefsitzende Antikommunismus ist ein Kontinuum in der westdeutschen Politik. Das betrifft Konservative, geht aber auch weit ins sozialdemokratische und liberale Spektrum hinein. Darauf kann man sich häufig einigen. Vergleiche mit der DDR sind in der Hinsicht austauschbar. Es gibt offenkundig eine große Angst vor einer Gesellschaft, die nicht marktwirtschaftlich organisiert ist. Der Umstand, dass der Artikel 15 zur Enteignung gegen Entschädigung seit 70 Jahren im Grundgesetz steht, aber noch nie Anwendung gefunden hat, sagt eigentlich schon alles. Die Frage ist, ob ein solches antikommunistisches Ressentiment als Argument noch immer wirkt und wer das ernst nimmt. Ich habe jedenfalls noch keine Mieterin der »Deutsche Wohnen« getroffen, die die Enteignungsinitiative deswegen ablehnt, weil sie befürchtet, künftig in Stacheldraht eingezäunt zu werden.

    Andrej Holm ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt-Universität zu Berlin. Am dortigen Institut für Sozialwissenschaften forscht er zu Wohnungspolitik, Gentrifizierung und Verdrängung. Er ist seit vielen Jahren in stadtpolitischen Bewegungen aktiv. Zwischen September 2016 und Januar 2017 war er kurzzeitig Staatssekretär für Wohnen, berufen von der Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher (Die Linke). Nach teils hetzerischen Debatten über seinen fünfmonatigen Dienst beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR Ende 1989, den er als 18jähriger angetreten hatte, erklärte er am 16. Januar 2017 seinen Rücktritt.

    #Allemagne #logement #immobilier #capitalisme

  • Spekulanten aller Länder, verpisst euch!
    https://www.jungewelt.de/artikel/352444.wohnungskonzerne-enteignen-spekulanten-aller-l%C3%A4nder-verpisst-e
    Für Wohnungen, die man bezahlen kann: Demonstrationen gegen den »Mietenwahnsinn« in 19 Städten. FDP rüttelt am Grundgesetz. Linkspartei uneins
    Von Nico Popp
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    Gerd Engelsmann/Berlin Picture Gate/picture-alliance / Berliner_Zeitung
    Auch kein Freund des privaten Wohnungseigentums: Büste von Karl Marx am Strausberger Platz in Berlin

    Sage noch einer, es sei ganz sinnlos, ab und an mal demonstrieren zu gehen. In der Bundesrepublik reicht es, wenn ein paar tausend Leute auf einem zentralen Platz der Hauptstadt zusammenkommen – und das Grundgesetz wankt. Allerdings rüttelt und zerrt in diesem Fall die FDP: Im Vorfeld der für Samstag geplanten, nach Angaben der Organisatoren gegenüber jW inzwischen von mehr als 270 Gruppen, Organisationen und Verbänden unterstützten Großdemonstration gegen den »Mietenwahnsinn« in Berlin, fordert die Partei, den Artikel 15 des Grundgesetzes, der es erlaubt, »Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel« per Gesetz »in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft« zu überführen, ersatzlos zu streichen. Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, sagte dem Handelsblatt (Freitagausgabe), dass ein Wegfall dieses Artikels »die Achtung des Gesetzgebers vor dem Eigentum« unterstreichen würde.

    Zumindest die Achtung vor dem privaten Wohnungseigentum, also dem Recht von Vermietern, sich am Bedürfnis nach einem Dach über dem Kopf zu bereichern, hat in Berlin, wo sich die Kaltmieten in einigen Stadtbezirken in den letzten zehn Jahren verdoppelt haben, stark gelitten: Am Rande der Demonstration sollen die ersten Unterschriften für das Volksbegehren »Deutsche Wohnen und Co. enteignen« gesammelt werden. Ziel der Initiative ist, auf dem Weg der Gesetzgebung profitorientierte Wohnungsunternehmen mit einem Bestand von mehr als 3.000 Wohnungen zu enteignen – und zwar, durchaus im Einklang mit Grundgesetz und Landesverfassung, gegen »Entschädigung«. Deren Höhe, käme das Gesetz tatsächlich durch, wäre dann politisch auszuhandeln. Wird aus den am Samstag nicht nur in Berlin, sondern in 18 weiteren Städten stattfindenden Demonstrationen eine Massenbewegung, dürfte das den Preis erheblich drücken. Der Berliner Vorstoß zielt in erster Linie auf den Konzern Deutsche Wohnen, der in der Hauptstadt rund 111.000 Wohnungen besitzt. Ein Sprecher des Bündnisses hinter dem Volksbegehren rechnet damit, die für den Anfang benötigten 20.000 Unterschriften »innerhalb von zwei, drei Tagen« beisammenzuhaben (siehe jW vom 30.3.2019).

    Der Präsidentin der IHK Berlin, Beatrice Kramm, ist die Unruhe anzumerken: Sie schimpfte am Freitag über die »Sozialisierungsphantasien« und verlangte vom Senat, »geschlossen und entschlossen gegen Enteignung« aufzutreten. Der bayerische Bauminister Hans Reichhart (CSU) assistierte von München aus und verwahrte sich gegen den Griff in die »sozialistische Mottenkiste«. Für mehr Aufsehen bei Unterstützern von Demonstration und Volksbegehren sorgt, dass der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) seiner Partei von hinten in die Beine grätschte. Während das Volksbegehren von der ansonsten als lammfromm bekannten Berliner Landesorganisation der Linkspartei offiziell unterstützt wird, bezeichnete Ramelow die Enteignungsdebatte im Interview mit der Thüringer Allgemeinen (Dienstagausgabe) als »völlig überflüssig«: Den »Überbietungswettbewerb mit dem Begriff Enteignung« habe »der Regierende Bürgermeister von der SPD und nicht meine Partei begonnen«.

    Marlies Sommer vom Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn, das die Demo am Samstag organisiert, sagte am Freitag gegenüber jW, es gehe darum, »eine Wohnung zu haben, die wir bezahlen können«. Die Löhne könnten bei den Mietsteigerungen »nicht im geringsten mithalten«, gebaut werde »fast nur im Hochpreissegment«. Sie kritisierte die »CSU und andere Verteidiger des Immobilienmarktes«, die »lieber in die antikommunistische Mottenkiste« griffen, statt sich mit den Forderungen der Demonstranten auseinanderzusetzen. Die »unsolidarischen Äußerungen« Ramelows zeigten, dass »wir uns außerparlamentarisch zusammenschließen und organisieren müssen, wenn wir der Verdrängung und dem Mietenwahnsinn etwas entgegensetzen wollen«.

  • Karl-Marx-Allee: Friedrichshain-Kreuzberg legt sich mit Deutsche Wohnen an | Berliner Zeitung
    https://www.berliner-zeitung.de/berlin/karl-marx-allee-bezirk-legt-sich-mit-deutsche-wohnen-an-31617076

    Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg legt sich mit dem Konzern Deutsche Wohnen an. Nachdem die Berliner Zeitung vor kurzem darüber informiert hatte, dass der größte private Vermieter der Stadt rund 700 Wohnungen an der Karl-Marx-Allee erwerben will, versucht Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne), dem Konzern einen Strich durch die Rechnung zu machen.

    Für drei der vier Gebäudeblöcke an der Allee mit mehr als 600 Wohnungen bestehe zwar kein gesetzliches Vorkaufsrecht, doch prüfe das Bezirksamt die Möglichkeit eines „treuhänderischen Kaufs“, beispielsweise über eine städtische

    Zwei Monate Zeit

    Wohnungsbaugesellschaft, teilt Schmidt den Mietern jetzt in einem Schreiben mit. Betroffen sind die Blöcke C-Nord, C-Süd sowie D-Nord, die alle im Bereich zwischen dem Frankfurter Tor und dem Strausberger Platz liegen. Die Mietwohnungen in diesen Gebäuden wurden laut Schmidt bereits in Eigentumswohnungen umgewandelt. Der jetzt stattfindende Verkauf führe dazu, dass das gesetzliche Vorkaufsrecht für die Mieter ausgelöst werde. Darüber seien die Mieter durch den beauftragten Notar bereits informiert worden. 

    Die Mieter haben zwei Monate Zeit, um von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen – ab Zugang der Mitteilung durch den Notar. Das spezielle Problem in diesem Fall: Sie können nur dann ihre Wohnung kaufen, wenn das Geld für den Erwerb bereits vorhanden sei, schreibt Schmidt in dem Brief. Denn durch die Verträge sei eine Kreditaufnahme bei einer Bank mit Grundbuch-Sicherung noch vor der Eigentumsumschreibung ausgeschlossen. 

    Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten

    Dass es Mieter gibt, die das Geld parat haben, gilt als unwahrscheinlich. Aus diesem Grund will der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die Möglichkeit des treuhänderischen Erwerbs prüfen. Hierbei würde beispielsweise eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft die Wohnung übernehmen und dann weiter an die jetzigen Bewohner vermieten. 

    Beim Block D-Süd, in dem es rund 80 Wohnungen gibt, ist die Ausgangslage eine andere: Dieser Block liegt im Milieuschutzgebiet Weberwiese. Hier hat der Bezirk ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Die Deutsche Wohnen kann dies jedoch ins Leere laufen lassen, wenn sie eine Vereinbarung unterzeichnet, in der sie sich zur Einhaltung der Milieuschutz-Ziele verpflichtet.

    Bewohner sind alamiert

    Als Käufer der Wohnungen in der Karl-Marx-Allee tritt laut Stadtrat Schmidt die DWRE Alpha GmbH auf. Dabei handelt es sich laut Geschäftsbericht der Deutschen Wohnen um ein Tochterunternehmen des Konzerns. Gegenstand der Geschäftstätigkeit ist laut Handelsregister unter anderem „der Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken“.

    Die Bewohner sind alarmiert. Sie befürchten, dass das Vorkaufsrecht bei dem Geschäft unterhöhlt werde, wie aus einer Stellungnahme des Mieterbeirats hervorgeht – und fordern die Überprüfung der Transaktion.

    #Berlin #Friedrichshain #Karl_Marx_Allee #Immobilien #Gentrifizierung #Widerstand #Politik

  • Dickensweg und Scottweg in Westend: Erst werden Wohnungen abgerissen, dann neu gebaut | Berliner Zeitung
    https://www.berliner-zeitung.de/berlin/westend-186-mieter-muessen-neubau-weichen-29864880

    Hermann Röhricht ist sauer. „Was hier als Erfolg verkauft werden soll, ist aus unserer Sicht keiner“, sagt er. Der 72-jährige Rentner sitzt am Dienstagnachmittag in einem Saal des Rathauses Charlottenburg. Gerade haben Vertreter der Deutschen Wohnen und Bezirksbaustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) einen städtebaulichen Vertrag abgeschlossen, der die Grundlage für den geplanten Abriss von 212 Mietwohnungen und den Bau von 580 Wohnungen rund um den Dickensweg in Westend bildet.

    Während sich Schruoffeneger und die Vertreter der Deutschen Wohnen zufrieden darüber zeigen, nach langen Verhandlungen eine Verständigung erzielt zu haben, mag bei Hermann Röhricht keine Jubelstimmung aufkommen. Denn eine der Wohnungen, die abgerissen werden soll, hat er gemietet. Erst vor fünf Jahren sei er dort eingezogen, berichtet der Rentner. Viel Geld habe er investiert, unter anderem in eine Einbauküche. Die könne er jetzt „wegschmeißen“, sagt er.

    Baustadtrat Schruoffeneger verweist dagegen auf das Verhandlungsergebnis. Das sieht vor, dass 25 Prozent der neuen Unterkünfte als Sozialwohnungen vermietet werden sollen – mit einer 30-jährigen Bindung. Vorgesehen sei zudem, dass die jetzigen Mieter die neuen Wohnungen zu einer Miete von neun Euro pro Quadratmeter kalt beziehen dürfen.

    Härtefallregelung geplant

    Für wen das zu viel sei, der müsse maximal 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens für die Bruttowarmmiete aufbringen. Damit sei für die Mieter mehr erreicht worden als in der Kooperationsvereinbarung des Senats mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, sagt Schruoffeneger. Dort sieht die ausgehandelte Härtefallregelung vor, dass die Mieter für die Kaltmiete nicht mehr als 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens aufbringen müssen. Das entspricht einer geringeren Entlastung.

    Die Kooperationsvereinbarung des Senats mit den landeseigenen Unternehmen sieht dafür allerdings ein paar andere nicht ganz unwichtige Details vor. So haben sich die landeseigenen Unternehmen verpflichtet, die Miete innerhalb von vier Jahren um maximal acht Prozent anzuheben, sofern es einen Spielraum für Mieterhöhungen gibt. Bei der Deutschen Wohnen ist dagegen eine Erhöhung der Einstiegsmiete im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten erlaubt.

    Das heißt, dass die Miete innerhalb von drei Jahren um bis zu 15 Prozent erhöht werden darf, sofern das ortsübliche Niveau noch nicht erreicht ist. Die zunächst auf neun Euro in den Neubauten begrenzte Kaltmiete liegt deutlich über dem jetzigen Mietniveau. Im Schnitt zahlen die Mieter am Dickensweg zurzeit knapp sieben Euro pro Quadratmeter kalt, so Deutsche-Wohnen-Sprecherin Manuela Damianakis.

    Wie teuer die künftigen Wohnungen sein werden, die an neu hinzuziehende Mieter vergeben werden, kann die Deutsche Wohnen noch nicht sagen. Nur soviel: Sie seien für eine gut verdienende Mittelschicht gedacht. Die Deutsche Wohnen will so bald wie möglich mit dem Bau beginnen.

    Unternehmenssprecherin Damianakis sagt, im nächsten Jahr solle es losgehen. Die Bauabschnitte würden so geplant, dass die Mieter der jetzigen Wohnungen möglichst direkt in ihre neuen Wohnungen einziehen können. Für den Umzug sollen die Mieter eine finanzielle Unterstützung erhalten.

    Die Siedlung, die die Deutsche Wohnen nun abreißen will, liegt nördlich der Heerstraße in direkter Nähe zum Olympiastadion und zur Waldbühne. Die Häuser wurden in den 50er-Jahren errichtet und dienten lange den Angehörigen der britischen Streitkräfte als Unterkunft. Die ehemals bundeseigenen Immobilien wurden vor Jahren privatisiert – und gingen der öffentlichen Hand damit verloren. Die Neubebauung soll nun nach Plänen des dänischen Architekturbüros tegnestuen vandkunsten erfolgen. Das Wohnungsunternehmen begründet den Abriss mit dem Bauzustand und den „geringen energetischen Standards“.

    Mehr Geschossfläche

    Hermann Röhricht kommt dagegen ins Schwärmen, wenn er von den Wohnungen spricht. Sie seien „fantastisch“, sagt er. Es gebe Fenster nach Norden und Süden, dadurch sei es schön hell. Der Rentner lebt derzeit in einer 70 Quadratmeter großen Wohnung, für die er nach eigenen Angaben knapp 850 Euro Miete zahlt. „Ich möchte in der Siedlung bleiben“, sagt er. Aber wahrscheinlich werde das nur möglich sein, wenn er sich räumlich verkleinere. Die Deutsche Wohnen darf sich indes freuen. Denn sie kann das gut acht Hektar große Areal künftig besser ausnutzen. Während die Wohnhäuser dort bisher eine Geschossfläche von 23.200 Quadratmetern haben, darf diese künftig auf rund 59.000 Quadratmeter anwachsen.

    Der Berliner Mieterverein (BMV) kritisiert den geplanten Abriss. „Wir haben uns für den Erhalt der Wohnungen eingesetzt“, sagt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. Besser wäre es gewesen, wenn die Deutsche Wohnen die bestehenden Häuser saniert hätte. Dann hätten neue Wohnungen drum herum gebaut werden können.

    Womöglich wäre der Abriss schon bald unattraktiv geworden. Denn das von Rot-Rot-Grün überarbeitete Zweckentfremdungsverbotsgesetz sieht vor, dass nach einem Abriss neuer Wohnraum mit vergleichbaren Mietpreisen geschaffen werden muss. Das Gesetz soll aber erst am 1. Mai in Kraft treten. Zu spät für Hermann Röhricht.

    Künftig steigt die Miete

    Von den 212 Wohnungen in der Siedlung rund um den Dickensweg und den Scottweg in Westend sind derzeit nach Angaben der Deutschen Wohnen noch 186 Wohnungen vermietet. Die durchschnittliche Miete beläuft sich auf knapp 7 Euro je Quadratmeter kalt.

    Die alten Wohnungen sollen abgerissen werden. Die Deutsche Wohnen will stattdessen 580 neue Wohnungen errichten.

    Die neuen Wohnungen sollen für die jetzigen Mieter für neun Euro kalt je Quadratmeter vermietet werden. Für all jene, denen dies zu viel ist, gibt es eine Härtefallregelung. 25 Prozent der Wohnungen sollen als Sozialwohnungen angeboten werden. 

    #Berlin #Westend #Dickensweg #Wohnen #Immobilien

  • Neue Mieter-Initiative für Steglitz-Zehlendorf gegründet | StadtrandNachrichten
    http://www.stadtrand-nachrichten.de/mieter-initiative-fuer-steglitz-zehlendorf-gegruendet

    Jun 7, 2017

    Anfang des Jahres kündigte die Deutsche Wohnen AG Sanierungsmaßnahmen in der ehemaligen Gagfah-Siedlung in der Argentinischen Allee in Zehlendorf an, in deren Züge auch die Holzkastenfenster ausgetauscht werden sollten. Den Mietern der Siedlung gelang es jedoch, sich erfolgreich dagegen zu wehren.

    „Etwa dreißig MieterInnen und ein Mops versammelten sich am 23. Mai im Kiezladen der Ladenstraße im U-Bahnhof Onkel-Toms-Hütte zur Gründungsversammlung einer neuen MieterInnen-Initiative“. Das schreibt die Mitbegründerin und Sprecherin der Initiative Barbara von Boroviczeny. Die besorgniserregende Entwicklung der Wohnungssituation im Bezirk habe sie und ihre Mitstreiter dazu veranlasst, eine alte Initiative wieder aufleben zu lassen, schreibt sie weiter. Mit einem neuen Logo versehen wehrt sich die neue Initiative nun gegen Mieterhöhungen und unnötige Modernisierung in Steglitz-Zehlendorf.

    #Berlin #Steglitz-Zehlendorf #Wohnen #Mieten

  • (Deutsche) Wohnen ist ein Thema in der ganzen Stadt - mi-berlin-sws Webseite!
    https://mi-berlin-sw.jimdo.com

    Liebe MieterInnen Südwest,
     
    der 15. November ist für alle, die unserem Bezirk zeigen wollen, dass es beim Thema Wohnen brennt, ein Pflichttermin!
     
    Dafür haben wir von Mitte August bis Mitte Oktober fast 2000 Unterschriften zum Milieuschutz gesammelt, die unseren Bezirk an seine wohnungspolitische Verantwortung erinnern sollen. 
    Bitte zeigt Flagge und erscheint zahlreich, damit die eingeladene Presse auch mitbekommt, wie sehr die Wohnungsmisere auch uns Steglitz-Zehlendorfer betrifft.
    Es gibt einen Fototermin mit Plakaten vor dem Rathaus um 15.45 und dann die Übergabe, zu der die Medien eingeladen sind, um 16.15 im
    Büro des Vorstehers der BVV, Herrn Rögner-Francke, im 1. Stock, Zimmer 126. Im Anschluss könnten wir noch mit der Presse sprechen, soweit noch jemand bis zur BVV um 17 Uhr bleibt.
    Wir brauchen auf jeden Fall sieben Personen, die vor dem Rathaus Plakate, die wir vorbereiten, tragen. Natürlich steht es jedem/jeder frei, auch eigene Botschaften mitzubringen.
     
    Also, lasst uns bitte nicht im Stich und kommt – im eigenen Interesse!

    #Berlin #Steglitz-Zehlendorf #Wohnen #Mieten #Politik

  • Stadtentwicklung in Berlin: Deutsche Wohnen startet Großangriff auf den Mietspiegel - Berlin - Tagesspiegel Mobil
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/stadtentwicklung-in-berlin-deutsche-wohnen-startet-grossangriff-auf-den-mietspiegel/20525660.html

    Die Immobiliengesellschaft Deutsche Wohnen hat nach eigenen Angaben mehr als 1000 Prozesse gegen Mieter innerhalb von nur einem Jahr an Berliner Gerichten geführt, um Mieterhöhungen durchzusetzen. In vielen der Prozesse unterlag sie allerdings. Weil die zahlreichen rechtlichen Auseinandersetzungen aufwändig und teuer sind, will Berlins größter Vermieter jetzt den Mietspiegel ganz kippen und zerrt dazu zwei Mieter vor das Verfassungsgericht des Landes.
    Das Kalkül: Falls das Gericht das Instrument zur Regulierung des Wohnungsmarktes infrage stellt, kann die Deutsche Wohnen Mieterhöhungen künftig schneller und einfacher durchsetzen. Vor allem wären aber viel kräftigere Mieterhöhungen bei langjährigen Mietern möglich auf dem heiß laufenden Wohnungsmarkt.
    Durch den neuerlichen Angriff auf den Mietspiegel gerät Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher noch stärker unter Druck. Die Linken-Politikerin hat das erste Jahr ihrer Amtszeit in den Dienst des Mieterschutzes gestellt. Doch die Erfolge bleiben aus. Lompschers wichtigste Waffe im Kampf gegen die Ferienwohnungen ist stumpf – das Landgericht hatte jüngst das Zweckentfremdungsverbotsgesetz durchlöchert und meldete Zweifel an dessen Verfassungsmäßigkeit an. Auch die Bundesratsinitiativen des Senats zur Reparatur der wirkungslosen Mietpreisbremse stecken fest und gelten unter CDU-geführten Bundesregierungen als chancenlos. Und nun schrumpft das Angebot an Sozialwohnungen stark zusammen.

    ...

    Konkret geht der Streit um Mieterhöhungen in der Künstlerkolonie in Wilmersdorf an der Rauenthaler Straße. Die Deutsche Wohnen hatte dort eine Mieterhöhung von rund einem Euro auf knapp acht Euro je Quadratmeter gefordert und würde damit das dort „ortsübliche“ nach Mietspiegel um rund 80 Cent überschreiten. Die Überschreitung dieses „Oberwertes“ begründet die Deutsche Wohnen mit den Mieten von zehn vergleichbaren Wohnungen im selben Gebäudekomplex: Deren Mieten lägen zwischen 8,65 Euro und 8,90 Euro je Quadratmeter, also sogar noch über der geforderten Miete.
    „Der Deutschen Wohnen geht es darum, die so genannte Marktmieten durchzusetzen“, sagt der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins Reiner Wild. Das aber würde das „Soziale Mietrecht in seinem Fundament zerstören“

    #Berlin #Wilmersdorf #Rauenthaler_Straße #Wohnen #Mietrecht