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  • Uber and Lyft Are Doomed - Shelly Palmer
    https://www.shellypalmer.com/2019/06/uber-lyft-doomed

    Was bleibt als Aussicht für Taxifahrer?

    Die Voraussagen des Unternehmensberaters Shelly Palmer über die Zukunft von Lyft und Uber decken sich mit den Schlußfolgerungen, zu denen man bei Betrachtung des internationalen und deutschen Taxi- und Mietwagenmarktes kommt:

    Entweder kaufen Uber und Lyft die Autokonzerne oder die Autokonzerne kaufen die Vermittlungsplattformen.

    Wir beobachten einerseits Milliarderinvestitionen von Toyota in Uber und nicht ganz so große Milliardeninvestitionen der deutschen Autobauer in Mytaxi und andere Mobilitäts-Startups. Auf der anderen Seite kauft Uber durch Mittelsmänner Mietwagenunternehmen, um den deutschen Taxi-Markt zu übernehmen.

    Palmers Überlegungen beruhen auf einer einfachen und sehr plausiblen Analyse der zukünftigen Profitmöglichkeiten. Er hat Recht mit der Schlußfolgerung, dass die Mobilitätsvermittler auf Dauer nur mit ähnlichen, vergleichsweise niedrigen Gewinnen rechnen können, wie sie Taxi- und Mietwagenunternehmen heute erwirtschaften. Aus diesem Grund werden die Vermittler in absehbarer Zeit von den Automobilkonzernen geschluckt oder umgekehrt, was volkswirtschaftlich gesehen auf das Gleiche hinausläuft.

    Eine andere These lautet, dass die Absicht mit Uber Profit zu machen nur vorgeschoben ist, um die wahren Absichten der Konzern-Geldgeber zu verschleiern. Sie würde zu vollkommen anderen Vorhersagen führen.

    Diese Phantomas-These, bei der es um Weltherrschaft um jeden Preis geht, trifft vielleicht sogar bei manchen Uber-Machern zu, verrückt genug dafür sind einige unter ihnen. Die revolutionäre Umgestaltung und vollkommene Beherrschung der Welt nach dem Uber-Modell wird sich jedoch kaum langfristig verwirklichen lassen, weil sie im Widerspruch zu den Gesetzen des kapitalistischen Wirtschaftsprozeß steht. Palmers Analyse ist eine Anwendng dieser Erkenntnis. Auf Nebenkriegsschauplätzen können die Dollarmilliarden, die für solche megalomanischen Pläne eingesetzt werden, jedoch großen Schaden anrichten.

    Was bedeuten diese absehbaren Entwicklungen für Taxifahrer und -unternehmer in Deutschland?

    Im besten Fall gelingt es Politik und Gesellschaft, sich gegen das Uber-Gesellschaftsmodell zusammenzuschließen, eine gerechtere Verteilung von Macht und Wohlstand zu verhandeln, wobei ausländische wie inländische Markt-Extremisten ihres Besitz verlustig gehen. Dann hätten Klein- und mittelständische Taxiunternehmer wieder eine Chance, gutes Geld zu vedienen und ihre Fahrer könnten höhere Löhne einfordern, da der Mindestlohnsektor staatlich abgeschafft würde. Im Prinzip ist das kein Problem, da er auch staatlich beschlossen und eingeführt wurde. Das wäre nach dem Geschmack der sozialliberalen Strömungen in Linkspartei, SPD, Grünen und einiger FDP-Methusalems und wird nicht passieren.

    Nicht einmal die lautstarkt protestierenden Taxiunternehmer schreiben sich gesellschaftliche Änderungen auf ihre Fahnen, sondern fordern einfach „fairen Wettbewerb“ für alle Marktteilnehmer. Den werden sie kriegen, und wir wissen auch wie es ausgeht, wenn Großkonzerne ihre Marktanteile in „fairem Wettbewerb“ auf Kosten kleiner und mittelständischer Unternehmen vergrößern. Die Tante-Emma-Läden sind tot, sogar das zunächst kleingewerbliche Bio-Segment wird heute von Handelskettfen beherrscht. Bäckermeister, die vom Verkauf ihres Brots im eigenen Laden leben, haben ebenfalls seit den 1970ger Jahren Exotenstatus.

    Alle die im Taxi, um das Taxi und um das Taxi herum Geld verdienen wollen, müssen sich auf den selben Verdrängungsprozess einstellen, egal ob heute Minister Scheuers Eckpunkte Gesetz werden oder nicht. Es geht um große technologische, politische und finanzielle Entwicklungen. Das deutsche Taxigewerbe ist heute besonders in den Großstädten ein absehbar schrumpfendes, das gleichzeitig immer mehr Autos mit immer schlechter bezahlten Fahrern auf die Straße bringt.

    Angestellte Fahrer haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, der ihnen von ihren Chefs verweigert wird.

    Selbstfahrende Unternehmer erwirtschaften weniger als dem gesetzlichen Mindestlohn entsprechen würde, wenn alle Arbeitszeiten für Wartung und Verwaltung in Anschlag gebracht und die Kosten der Kranken- Renten und Pflegeversicherung berücksichtigt werden.

    Mehrwagenunternehmer verdienen gutes Geld nur noch, wenn sie computeroptimierte Methoden für Arbeitszeitbetrug nutzen und zusätzlich Steuern und Sozialabgaben hinterziehen. Außerdem benötigen sie ein zweites wirtschaftliches Standbein mit hohen Profitmargen, für das der Betrieb von Taxis of genug die Grundlage ist.

    Das Taxigewerbe wie wir es kennen wird verschwinden und mit ihm die mittelständischen Vermittlungen. Nur eine kleine Gruppe von hochmotivirten und qualifizierten Unternehmen und Fahrern wird einen Nischenmarkt abdecken und in Konkurrenz zu Mietwagen und Tourismusunternehmen überleben.

    Für die Taxifahrerinnen und -fahrer, allein in Berlin dürften es um die 16.000 sein, sieht die Zukunft schlecht aus. Sie werden nach und nach auf andere Tätigkeiten umsatteln und, wenn ihnen das aufgrund von Alter oder mangelnder Qualifikation nicht gelingt, auf Dauer von Sozialhilfe und familiärer Unterstützung leben müssen.

    Bei den kommenden Verwerfungen ist der einzige Freund und Unterstützer der Taxifahrer ihre Gewerkschaft. Wohl denen, die klug genug sind, Mitglied bei Ver.di zu sein. Sie können mitreden und Einfluß nehmen, im Betrieb und bei der Gestaltung der gesellschaftlichen Änderungsprozesse.

    Es ist an Staat und Gesellschaft, Beratungs- und Umschulungsmöglichkeiten zu schaffen, für Ausstiegsszenarien und Mindestrenten zu sorgen, die ihnen ein würdiges Leben ermöglichen. Vielleicht gelingt es ja, die Gewinner zur Finanzierung des Lebens ihrer Opfer zu bewegen. Im Vergleich zu den absehbaren Profiten würde es sie nur die berühmten Peanuts kosten.

    Autonomous vehicles (AVs) are about to dramatically change the world of on-demand car services. Viewed through that lens, Uber and Lyft’s current business models are doomed to fail. Think about this…
    Big IPOs

    Uber and Lyft, the two biggest US-based on-demand car service companies, went public this year. Uber posted a $1 billion loss on revenue of $3.1 billion. That loss was in line with the company’s forecast, as Uber has called 2019 an “investment year.” Uber reported that costs were up 35% in the quarter (due in large part to the ramp-up to the IPO), but noted that gross bookings (total value of rides before expenses) were up 34%, YoY. Lyft posted quarterly losses of more than $1 billion, as it found itself, similar to Uber, in “its most money-losing year yet.” Lyft reported a loss of $1.14 billion (compared with a loss of $234.3 million in the same quarter last year), primarily due to the $894 million charge for stock-based compensation. Revenue was up 95% (to $776 million). In both cases, the market seems to have priced the expected losses into the share prices.
    The Theoretical Economics of AVs

    In theory, it costs approximately $2 per mile to put a human driver behind the wheel of a car service car. This number varies depending on a known number of variables such as the driver’s commission structure, price of insurance, time the driver is willing to spend driving, density of population in the covered area, average length of a ride, prevailing competitive landscape, and other factors.

    In theory, it will cost approximately 30 cents per mile to have an AV do the same job.

    These financial assumptions are generally espoused at conferences and summits by pundits and experts in the automotive industry. I’ve taken an average, and I’m sure the actual numbers are wrong, but let’s agree that the ratio of human cost-per-mile to AV cost-per-mile will be very large (the actual number won’t matter for this argument).

    At first glance, an extra $1.70 per mile seems irresistible. An 85 percent uptick in gross profit would get anyone’s attention. But there is more to the story.
    The On-Demand Cliché

    How many times have you heard someone say something like, “The world’s largest taxi firm, Uber, owns no cars. The world’s most popular media company, Facebook, creates no content. The world’s most valuable retailer, Alibaba, carries no stock. And the world’s largest accommodation provider, Airbnb, owns no property”?

    Meta-services like those mentioned above take advantage of inefficiencies in existing marketplaces. Uber’s first mission was to utilize the time black car drivers wasted waiting for a fare. Uber priced the service between yellow cabs and black cars, and it worked so well, Uber needed more drivers – so it invented a supply chain.

    Today, if you have a car and a commercial driver’s license and you can prove you are not an axe murderer, you can become an Uber driver. Both Lyft and Uber pivoted, and their business models have significantly changed.
    Meta-Service vs. Fleet Ownership

    The future of on-demand car services is said to include fleets of AVs. You can choose your own timeline. My guess (which will be as bad as yours) is more than three years and less than 10.

    Let’s assume that Uber and Lyft have become the de facto ways to get from place to place in certain areas and the companies need to purchase (or lease) 200,000 AVs to augment their human-driven fleets. (Again, choose any large number of AVs; it won’t matter for this argument).

    Owning a car is quite different from paying for a percentage of someone’s time because that person has a car and chooses to drive it for you. When you own the car, you are responsible for fuel, insurance, maintenance, loan or lease payments, storage when not in use (parking, charging, etc.) – the list goes on and on.

    All of a sudden, an on-demand car service transforms from a meta-service profiting from inefficiencies in the marketplace to a good, old-fashioned rental car fleet with some software that makes short-term, point-to-point rentals (on-demand rides) possible.

    If you want to understand the economics of owning a fleet of vehicles, you don’t have to work very hard. It’s a mature business, and no publicly traded fleet owner is enjoying valuations that are anything like an 8x-plus multiple on revenue.
    Strategies for the Future

    There’s a lot to love about on-demand car service! I love Uber and Lyft. I use them multiple time each day. The services are outstanding. You rate the drivers; the drivers rate you. The cars are clean. Most drivers use Waze, so directions are not an issue.

    That said, I’m not sure how long it can last. Prices are artificially low because in certain markets there are subsidized price wars. There is zero loyalty because the services are completely undifferentiated. If Uber says 14 min and Lyft says 5 min, you cancel Uber and go with Lyft. If Lyft turns out to then really say 12 min, you open Uber and check again. And on and on. Any car you get is likely to have both a Lyft and an Uber sticker in the window, which is the definition of undifferentiated.

    So, future strategies will have to include all kinds of other on-demand services or some as yet undefined strategic direction. Or perhaps something different will happen.
    My Best Guess

    I think Uber and Lyft will get acquired – or simply replaced – by Big Auto (BMW, Daimler, Ford, or GM, for example). Here’s why.

    Big Auto already has a nationwide dealer network to store and maintain a massive fleet of AVs. There are car dealerships in every town in America. Big Auto manufactures the vehicles, so ride-sharing or on-demand service (short-term rentals) is actually a great way to maximize the profit on any particular vehicle. Why sell it once at the lowest possible price through a two-step distribution model when you can rent it over and over again at a profit?

    For Uber and Lyft to accomplish the same thing, they would have to pay the full markup on the purchase (Big Auto knows how to sell fleet vehicles). Uber and Lyft would get a discount for volume, but nothing like the margins Big Auto could accomplish for itself. Then, the on-demand car services are going to have to acquire the infrastructure to store and maintain the vehicles. Where will that money come from? I just don’t see Uber and Lyft transforming from meta-services to fleet owners in a profitable way. But the path for Big Auto seems clear.

    When will this happen? I don’t know, but the current business models for Uber and Lyft are probably not sustainable. Funding their AV evolution looks even less likely. On the other hand, perhaps Uber or Lyft will purchase one of the Big Auto manufacturers. That would take the word “disruption” to another level entirely.

    ##Uber #disruption

  • Missing Link : Vom Tiananmen-Massaker zur Netzzensur und digitalen Massenüberwachung in China | heise online
    https://www.heise.de/newsticker/meldung/Missing-Link-Vom-Tiananmen-Massaker-zur-Netzzensur-und-digitalen-Massenueberwa

    Enfin un nouveau hashtag bien chinois : #4689 est un synonyme pour l’intervention militaire sur la place Tian’an Men le 4 juin 1989.

    Von Stefan Krempl

    Der Großteil der Welt gedachte am Dienstag öffentlich dem 30. Jahrestag des blutigen Endes des überwiegend friedvollen Kampfs tausender chinesischer Studenten für mehr Demokratie und Freiheit auf dem Tiananmen-Platz in Peking. Mehrere tausend überwiegend junge Bürger hatten den zentralen Versammlungsort 1989 im Frühjahr zu Glasnost-Zeiten in der befreundeten Sowjetunion einige Wochen lang besetzt und unter anderem gegen die politischen und personellen Folgen der von Mao Zedong losgetretenen Kulturrevolution demonstriert. Die Regierung unter Deng Xiaoping hatte lange darüber gebrütet, wie sie auf die massiven Proteste reagieren sollte. Letztlich setzten sich die Hardliner der Kommunistischen Partei (KP) durch.

    Die angespannte Stimmung kippte Anfang Juni, als das Regime schier aus allen Landesteilen Truppen zusammenzog und mit Panzern ins Zentrum der Hauptstadt lotste. Aus Depeschen der US-Botschaft, die Wikileaks veröffentlicht hat, geht hervor, dass die Menge versuchte, das Militär noch vor dem „Platz des Himmlischen Friedens“ zu stoppen und Fahrzeuge der Streitkräfte sowie der Polizei anzugreifen. Studenten hätten erbeutete Waffen und militärische Ausrüstung zur Schau gestellt, heißt es in den Drahtberichten für Washington. Im Rahmen der Rangeleien sei es in der hitzigen Stimmung am Nachmittag des 3. Juni auch zu einem ersten „begrenzten Angriff mit Tränengas“ gekommen.

    In den frühen Morgenstunden des 4. Juni erreichte der Großteil der herbeigeorderten Soldaten schließlich die Gegend rund um den Platz und machte Anstalten, diesen gewaltsam zu räumen. Den Autoren der Depeschen zufolge, die sich auf Augenzeugen vor Ort berufen, hatten die Studenten Müll und Zeltreste zumindest auf ein gepanzertes Fahrzeug geworfen und in Flammen gesetzt. Mindestens ein Bus habe ebenfalls gebrannt. Truppen und Einsatzkräfte der Polizei sollen vor allem am Tiananmen-Südende positioniert gewesen und zudem von westlicher Seite aus angerückt sein.
    Luftschüsse und Flammenwerfer

    Aus chinesischen Geheimdokumenten geht anderen Berichten nach hervor, Deng Xiaoping selbst habe Order gegeben, dass es auf dem Friedensplatz selbst kein Blutvergießen geben dürfe. Das vorgerückte Truppenkommando soll den verbliebenen rund 3000 Studenten einen Korridor für den Abzug zum Südrand hin eröffnet haben. Ein UPI-Korrespondent wird mit der Angabe zitiert: „Die Soldaten feuerten über unsere Köpfe, um uns Angst zu machen.“ Dies deckt sich mit den US-Botschaftsmeldungen, die von Luftschüssen und Flammenwerfern sprechen.

    Auf den Straßen und Kreuzungen rund um den Tiananmen zeigte die Staatsmacht dann weniger Zurückhaltung und die gewalttätigen Auseinandersetzungen sowie das Blutbad nahm dort seinen Lauf. Die chinesische Regierung erklärte Ende Juni 1989, beim Niederschlagen der „konterrevolutionären Aufstände“ seien 200 Zivilisten und mehrere Dutzend Sicherheitskräfte getötet worden. Menschenrechtsorganisationen schließen nicht aus, dass es insgesamt mehrere tausend Tote gegeben hat. Tausende Demonstranten landeten zudem in Gefängnissen oder Arbeitslagern.

    Der chinesische Verteidigungsminister Wei Fenghe erklärte kurz vor dem Jahrestag auf einer Sicherheitskonferenz in Singapur, es habe sich um politische Unruhen gehandelt, die der Staat habe bezwingen müssen. Wegen dieser Linie „ist China stabil“. Es sei ihm nicht begreiflich, wieso Peking noch immer mit dem Vorwurf konfrontiert werde, „den Vorfall nicht korrekt gehandhabt zu haben“.
    Der „Panzermann“

    Im kollektiven Gedächtnis des Westens sind vor allem Fotos und Videoaufnahmen eines namenlosen Mannes haften geblieben, der sich mit Taschen und Tüten in den Händen am 5. Juni auf einer sonst weitgehend menschenleeren, recht breiten Straße am Rande des Platzes einem Panzerkonvoi entgegenstellte. Als das erste schwere Militärfahrzeug um ihn herumfahren will, springt er diesem immer wieder vor die Haubitze. Schließlich steigt er auf das schwere Gefährt und spricht über eine Luke mit den Insassen. Kaum ist er abgestiegen, geht das Katz-und-Maus-Spiel von vorne los, bis ihn von der Seite kommende Zivilisten unterhaken und in beschützender Manier wegdrängen.

    Das weitere Schicksal des „Panzermanns“ ist ungeklärt. US-Berichten zufolge handelte es sich um einen Studenten, der kurz nach dem Vorfall hingerichtet worden sein soll. Laut anderen Einschätzungen könnte es sich auch um einen empörten Bürger gehandelt haben, der seinen spontanen Auftritt gegenüber der „Volksbefreiungsarmee“ überlebt habe und in der Anonymität der Masse untergetaucht sei. Ein Bild einer „Panzerformation“ aus Gummi-Enten schaffte es voriges Jahr sogar als Erinnerung an das zu vielen Projektionen für den Freiheitskampf einladende Geschehen in die chinesischen sozialen Medien. Es dauerte aber nicht lange, bis es gelöscht war.

    Direkt am 30. Jahrestag des Massakers herrschten laut Agenturberichten am Platz des Himmlischen Friedens „verschärfte Sicherheitsvorkehrungen“. Polizisten kontrollierten demnach Autos auf Zufahrtsstraßen, auf Fußwegen mussten sich Passanten ausweisen: „Ein großes Aufgebot an Sicherheitskräften in Uniform und zivil sollte jedes öffentliche Gedenken sofort im Keim ersticken.“ Bis heute unterbindet es Peking, dass die Ereignisse offen aufgearbeitet und Hinterbliebene der Getöteten entschädigt werden. Nur in der früheren britischen Kronkolonie Hongkong darf der Opfer noch gedacht werden – unter erschwerten Umständen: auch dort kann es vorkommen, dass ein dafür extra eingerichtetes Museum Feuer fängt.
    Die „große Firewall“ und der „Wartungstag“

    Parallel zog die chinesische Regierung schon im Vorfeld des totgeschwiegenen Tages die Daumenschrauben bei der umfassenden Internetzensur noch einmal an. Bereits seit Ende April war die Online-Enzyklopädie Wikipedia in allen Sprachversionen über die „große Firewall“ des Landes gesperrt, nachdem der Bann zuvor „nur“ zahlreiche Artikel auf Chinesisch getroffen hatte. Ohnehin nicht zugänglich sind im Reich der Mitte Dienste wie Facebook, Google nebst YouTube, Twitter, Skype oder WhatsApp, die für viele westliche Nutzer den Alltag im Netz prägen. Nachrichtenportale wie die Seiten der „New York Times“, des „Wall Street Journals“ oder chinakritische Blogs und Informationsquellen bleiben ebenfalls regelmäßig im Filter hängen.

    Neugierige, politisch Interessierte, Aktivisten oder Mitarbeiter westlicher Firmen in China versuchen in der Regel über Anonymisierungsdienste wie Tor oder Virtual Private Networks (VPN) die Sperren zu umgehen und eine Tunnelverbindung ins offene Internet zu knüpfen. Gerade vor wichtigen politischen Ereignissen oder „heiklen“ Gedenktagen gehen die Behörden aber verstärkt gegen solche verschlüsselten Leitungen nach außen vor und stören einschlägige Dienste massiv.

    Rund um den 4. Juni brach bei vielen chinesischen Online-Angeboten zudem wieder der große, oft länger dauernde „Wartungstag“ aus. Dieses wiederkehrende Phänomen besagt, dass nicht nur etwa Livestreaming-Seiten, sondern auch zahlreiche kleinere Webdienste mit nutzergenerierten Inhalten aus „technischen“ Gründen mehr oder weniger freiwillig offline gehen. Die Betreiber wollen damit von vornherein vermeiden, dass Dritte dort Inhalte posten, die den Zorn der Behörden auf sich ziehen könnten. Andere Dienste schränken über Tage hinweg die Möglichkeit ein, etwa Profilbilder oder Statusnachrichten zu ändern.
    Künstliche Intelligenz ist das Skalpell und der Mensch ist die Machete

    Die Zensur der Tiananmen-Proteste erfolgt im Reich des Drachen generell mittlerweile weitgehend automatisiert mit Text- und Bilderkennungstechniken sowie maschinellem Lernen. Suchen nach „Tiananmen“ etwa auf dem chinesischen Twitter-Klon Weibo verweisen so zwar zunächst auf Millionen Beiträge. Klickt man aber darauf, wird „Keine Ergebnisse“ oder auch mal das offizielle Logo des 70. Jahrestags der Gründung des kommunistischen Chinas angezeigt. Ähnlich sieht es aus, wenn sich User vor Ort über Tibet oder Taiwan informieren wollen.

    Selbst Posts, die nur auf Daten, Bilder oder Namen im Zusammenhang mit den Unruhen vor 30 Jahren hinweisen, werden inzwischen größtenteils erkannt und zurückgewiesen. Das Zusammenspiel zwischen Zensoren aus Fleisch und Blut und der Maschine funktioniert dabei angeblich immer besser. „Wir sagen manchmal, Künstliche Intelligenz ist das Skalpell und der Mensch ist die Machete“, zitiert „Reuters“ einen lieber anonym bleibenden Mitarbeiter der Pekinger Firma Bytedance, die auf die Kontrolle von Online-Inhalten spezialisiert ist.

    Schafft es ein Autor, dem Zensursystem ein Schnippchen zu schlagen und einem dem Regime zu nahe tretenden Beitrag doch zunächst online zu veröffentlichen, kann dies drastische Folgen haben. Vor drei Jahren wanderten vier Männer aus Chengdu drei Jahre lang ohne Gerichtsverhandlung ins Gefängnis, weil sie mit einem Foto von einer Weinflasche mit einer an den „4. Juni 1989“ erinnernden Aufschrift posteten. Die Menschenrechtsseite „China Change“ berichtete ferner von einem weiteren Unerschrockenen, der mit einer ähnlichen Aufnahme eine Mahnung mit der Ziffernfolge 8964 online stellte und daraufhin um vier Uhr früh Besuch von der Polizei erhielt mit anschließender Hausdurchsuchung und Verhaftung.
    Wachstum organisierter Netzwerke zu unterbinden ist entscheidend für soziale Stabilität

    Schon 2013 dokumentierte das Forschungsinstitut Citizen Lab der Universität Toronto, dass die schwarze Liste für soziale Medien in China zum 4. Juni sogar Wörter wie „heute“ oder „morgen“ umfasst. Gelöscht wird vor allem auch alles, was als Aufruf zu öffentlichen Versammlungen verstanden werden könnte. Die Regierung und die KP zensierten das Internet nicht nur, um das Informationsmonopol zu behalten, schreibt der CNN-Korrespondent James Griffiths in seinem neuen Buch über „The Great Firewall of China: How to Build and Control an Alternative Version of the Internet“. Vielmehr treibe sie auch die Angst um vor Plattformen mit dem Potenzial, Menschen für gemeinsame Aktionen zusammenzubringen.

    Die Herrschenden täten alles dafür, um das Wachstum großer organisierter Netzwerke zu unterbinden, schreibt der Autor. Dies hielten sie für entscheidend, um die soziale Stabilität und die politische Kontrolle zu behalten: „Daher werden selbst Aufrufe für Umzüge manchmal zensiert, mit denen die Regierungslinie unterstützt werden soll.“ Schmähbeiträge, in denen die Verwaltung wegen schlechter Luftqualität oder Korruption kritisiert wird, blieben dagegen teils länger online.

    Um das Ausmaß der Zensur auf Weibo und der in China ebenfalls überaus populären Universal-App WeChat des Tech-Riesen Tencent weitgehend in Echtzeit zu dokumentieren, betreiben Forscher der Universität Honkong die Transparenzprojekte WeiboScope und WechatScope. Vor wenigen Monaten hat der daran beteiligte Wissenschaftler Fu King-wa ein Archiv mit über 1200 auf Weibo zensierten Bildbeiträgen publiziert, die sich auf die Tiananmen-Unruhen beziehen. Net Alert hat eine ähnliche Datenbank zur breiteren Online-Zensurgeschichte im Reich der Mitte zusammengestellt.
    Twitter sperrt Konten chinakritischer Nutzer in den USA und Deutschland – ein Versehen

    Twitter leistete sich derweil im Vorfeld des Jahrestags eine peinliche Panne. Auch wenn das soziale Netzwerk in China selbst im großen nationalen Intranet nicht verfügbar ist, nutzen Dissidenten die Plattform trotzdem, um darauf per VPN oder direkt aus dem Ausland ihrem Unmut über die Regierungspolitik freien Lauf zu lassen. Doch auch hier schlafen die Zensoren nicht. Wer aus China heraus missliebige Inhalte auf Twitter verbreitet, muss damit rechnen, dass die Aufsichtsbehörden vor der Tür stehen und darauf drängen, Tweets zu löschen oder anderen Kontoinhabern nicht mehr zu folgen.

    Am vorigen Wochenende war Beobachtern wie der China-Change-Gründerin Yaxue Cao nun aufgefallen, dass Hunderte, vor allem regierungskritische Twitter-Nutzer auch aus den USA oder Deutschland mit vielen Followern gesperrt waren. Griffiths verwies darauf, dass die Konten zwar nicht alle gelöscht, aber zumindest „suspendiert“ worden seien. Dies könne darauf hinweisen, dass nicht unbedingt offener Druck aus China hinter der Blockadewelle stecke, sondern eher massenhafte gezielte Beschwerden über die betroffenen Konten.

    Twitter selbst sprach von einem Versehen, das nicht auf umfangreiche Meldungen chinesischer Behörden zurückgehe. Der Betreiber will routinemäßig und aus eigenem Antrieb – freilich zur Unzeit – einige Konten außer Betrieb genommen haben, die aufgrund von Spam-Postings, unauthentischem Verhalten und umgangenen Sperren auffällig geworden seien. Leider seien darunter neben Fake Accounts auch Profile namhafter China-Experten gewesen. Die Fehler würden aber aufgearbeitet. Die Journalistin Sasha Gong gehörte zu den Glücklichen, deren Konto der kalifornische Konzern rasch wieder freischaltete. Sie nutzte die Gelegenheit für einen dringlichen Appell: „Wir müssen den Social-Media-Riesen sagen: Wenn ihr in diesem epischen Kampf um die Freiheit nicht für uns seid, dann seid ihr gegen uns.“
    Apple und Google passen sich an

    Auch Apple zog rund um den 4. Juni erneut Kritik auf sich, da sich auf der Musikplattform des US-Unternehmens mehrere Lieder und Alben von Künstlern aus Hongkong nicht mehr auffinden und streamen ließen. Dazu gehörte laut chinesischen Nutzern der Titelsong des Spielfilms „A Chinese Ghost Story II“, der auf das Tiananmen-Massaker anspielt. Tencent soll entsprechende Inhalte ebenfalls aus seinem Streaming-Dienst entfernt haben.

    Apple hat sich im Interesse seines Milliardenumsatzes vor Ort bereits wiederholt Auflagen der Behörden gebeugt und etwa Hunderte VPN-Apps aus seinem Store verbannt. Zudem verlagerten die Kalifornier iCloud-Inhalte chinesischer Nutzer aus den USA auf Server chinesischer Firmen. Dies räume örtlichen Beamten uneingeschränkten Zugriff auf die sensiblen Daten ein, beklagte Amnesty International diesen Schritt und schalt das so sehr auf Privatsphäre als Verkaufsargument setzende Unternehmen als „Datenschutzverräter“.

    Google liefert sich mit Dragonfly ("Libelle") einen ähnlich heiklen Tanz mit dem Drachen. Ende 2018 hieß es, dass der Internetkonzern seine viel kritisierten Arbeiten für eine Rückkehr auf den chinesischen Markt mit einer zensierten Suchmaschine weitgehend ausgesetzt habe. Bei den Vorbereitungen seien interne Datenschutzprüfer nicht hinreichend eingebunden gewesen, die nun einen integralen Bestandteil eingestampft hätten.

    Im März legte das Online-Magazin „The Intercept“ aber nach, mit einem Verweis auf Beobachtungen von mehreren anonymen Mitarbeitern des Suchmaschinenbetreibers. Diese wollen demnach in internen Werkzeugen nachverfolgt haben, dass an dem Code für das Projekt weiterhin Änderungen vorgenommen würden und dieses somit nach wie vor aktiv sei. Google entwickele nun auf dieser Basis zwei Such-Apps für Android und iOS mit den Namen Maotai und Longfei. Offiziell gibt es dafür bislang keine Bestätigung.
    Pichai und Cook erklären sich

    Konzernmanager aus dem Silicon Valley begründen ihre Kooperationsbemühungen mit dem chinesischen Regime immer damit, den Nutzern vor Ort doch zumindest mit ihren Produkten etwas mehr Spielraum und einen Hauch von mehr Freiheit zu verschaffen. Bei Tests an Dragonfly habe sich herausgestellt, dass über 99 Prozent der Nutzeranfragen beantwortet werden könnten, freute sich etwa Google-Chef Sundar Pichai im Oktober. Damit werde es möglich, die Verfügbarkeit von Informationen für chinesische User in „vielen, vielen Bereichen“ wie etwa zu Krebstherapien zu verbessern.

    Die Initiative liege voll auf der Linie des kalifornischen Unternehmens, den ganzen Globus mit der Basis für mehr Wissen versorgen zu wollen, führte Pichai aus. China mache immerhin 20 Prozent der Weltbevölkerung aus. Beim Markteintritt in jedem Land gehe es aber natürlich darum, verschiedene Wertvorstellungen etwa rund um den Zugang zu Informationen, die Meinungsfreiheit oder den Datenschutz auszubalancieren.

    Ähnlich äußerte sich wiederholt Apple-Chef Tim Cook. Es sei im Interesse chinesischer Nutzer, dass der iPhone-Bauer im chinesischen Markt präsent bleibe, betont er gerne. Die Kalifornier tauschten sich regelmäßig aus mit Regierungen, „auch wenn wir anderer Meinung sind“. Die lokalen Gesetze müsse man letztlich aber überall auf der Welt befolgen. Auch Facebook hat eine Partnerschaft mit einer Firma in der chinesischen Metropole Shenzhen geschlossen, um zumindest für Werbung auf der Plattform ein Standbein vor Ort zu haben.
    Firewall-Experte: China exportiert Zensur

    Die zahlreichen Kompromisse rund um Grundwerte, die westliche Internetfirmen machen müssen für den Markteintritt im Reich der Mitte, sind für den „Firewall-Experten“ Griffiths ein Grund dafür, besser die Finger von solchen Projekten zu lassen. Wer sich einmal darauf einlasse, sei vermutlich auch bereit, immer mehr Zugeständnisse in Richtung Zensur zu machen und lasse sich in einen Teufelskreis drängen, befürchtet der Buchautor. Dass Firmenmitarbeiter, die davon Kenntnis hätten, etwa im Fall Dragonfly lautstark protestierten, sei in diesem Sinne verständlich.

    Mittlerweile ist China offenbar auch dabei, Zensur zu exportieren. Der IT-Sicherheitsexperte Nicholas Weaver und Forscher des kanadischen Citizen Lab stießen bei der Analyse zweier verteilter Angriffe auf eine mächtige Cyberwaffe gestoßen, die sie in Anklang an die „Great Firewall“ "Great Cannon" tauften. Diese soll unter anderem im März 2015 für eine massive DDoS-Attacke auf die Plattform Github verantwortlich gewesen sein und es vor allem auf zwei dort gehostete Antizensurprojekte der Organisation GreatFire.org abgesehen gehabt haben.

    Laut dem Untersuchungsbericht kann über die „große Kanone“ zunächst wie bei einem überdimensionierter Man-in-the-Middle-Angriff selektiv bösartiger JavaScript-Code etwa in Suchanfragen und Anzeigen der chinesischen Google-Alternative Baidu eingefügt werden. So ließen sich enorme Mengen an Datenverkehr zu den Zielen der Kanone umleiten und diese so quasi abschießen. Durch gezielte Anfragen an betroffene Server gelang es den Forscher, das Verhalten des Instruments zu analysieren und Einblicke in dessen Innenleben zu erhalten.

    Nicht alle Beobachter schließen sich der Schlussfolgerung der Forscher an, dass China hinter der Online-Kanone steckt. Einige verweisen auch darauf, dass die NSA sowie ihr britisches Geheimdienstpendant GCHQ Meister in der Entwicklung solcher Angriffswerkzeuge seien und auch die CIA diese einsetze und nicht immer unter voller Kontrolle habe. Eine dieser Organisationen hätte die DDoS-Attacken so auch ausführen, falsche Spuren gelegt und die Schuld auf Peking geschoben haben können. Für Weaver ist das aber wenig stichhaltig, da die Angreifer die Kanone im Github-Fall auch noch lange hätten pulvern lassen, nachdem Gegenmaßnahmen gegriffen hatten. Es habe sich so anscheinend um eine öffentliche Machtdemonstration des chinesischen Staats im Cyberraum gehandelt.
    Informationen und soziale Kontrolle

    Zur Internetzensur ist spätestens nach den Tiananmen-Protesten ein übergreifendes System zur Überwachung der Bevölkerung im Reich des Drachen gekommen. Die Kommunistische Partei sei zwar schon seit Langem bemüht gewesen, die Massen auszuspähen, schreibt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). Nach dem Zweiten Weltkrieg haben der Staat und die Partei sich demnach auf Werkzeuge zum Informationssammeln und für die soziale Kontrolle verlassen wie die Danwei-Arbeitseinheiten, das Hukou-Melderegister oder die als „Dang’an“ bezeichneten geheimen Polizeidateien. Die Informationstechnik war aber erst um die Jahrtausendwende soweit fortgeschritten, dass sie eine systematisch Überwachung erlaubte.

    Generell erheben Ämter in China eine große Bandbreite an persönlichen Informationen über die Bevölkerung. Diese reichen von politischen Ansichten über das alltägliche Verhalten bis hin zu Informationen über die Geburtenkontrolle bei Frauen. Die Daten werden mit der Ausweisnummer der Betroffenen verknüpft, die als eine eindeutige Personenkennziffer fungiert. Auskunftsrechte für die Bürger über die erhobenen Bestände gibt es keine.

    Im Zuge der seit 1979 erfolgenden vorsichtigen Marktöffnung und parallelen Migrationsbewegungen erwiesen sich die angestammten Praktiken als zunehmend wirkungslos. Die Demokratiebewegung von 1989 im Jahr des hiesigen Mauerfalls ließ bei der KP dann endgültig das Bewusstsein reifen, dass sie die Überwachung einer zunehmend mobilen und aufbegehrenden Bevölkerung erhöhen und ausweiten müsse. Andere Trends wie die Verbreitung des Internets, die Globalisierung, ein an Einkünften aus der boomenden Wirtschaft teilhabender Staat sowie die wachsenden digitalen Fußabdrücke der Nutzer digitaler Techniken ließen das Interesse der Behörden weiter wachsen, umfassende Technologien für die soziale Kontrolle zu entwickeln.
    Projekt „Goldener Schild“

    Das Ministerium für öffentliche Sicherheit gestaltete so Anfang der 2000er-Jahre seine geheimdienstliche Infrastruktur zum Datensammeln um mit dem Ziel, die „Informationsdominanz“ über gesellschaftliche Umtriebe zu erreichen und Kriminalität gezielter zu bekämpfen. Das Ressort startete das Projekt „Goldener Schild“ im Bestreben, ein nationales Netzwerk an „Informationsarterien“ aller Polizeikräfte, integrierten Datenplattformen mit Geheimdiensten sowie Kommandozentren für die künftige Big-Data-Analyse voranzutreiben.

    2003 übernahm das Ministerium das Modell einer von geheimdienstlicher Aufklärung geprägten Polizeiarbeit, das Großbritannien in ähnlicher Form schon in den 1990ern eingeführt hatte. Es basiert auf dem „nahtlosen Informationsaustausch“ zwischen strategischen Entscheidern, operativen Kräften und Einsatzbeamten im Feld und gilt als eine Vorstufe für die noch stärker datengetriebene „vorausschauende Polizeiarbeit“ ("Predictive Policing") mit einer Schwerpunktverlagerung hin schon zur Prävention möglicher Verbrechen.

    2008 gaben die Olympischen Spiele in Peking dem Staat eine weitere Möglichkeit, seine Agenda zur technisch gesteuerten Massenüberwachung auszubauen. Die KP erachtet zunehmend die „Aufrechterhaltung der Stabilität“ als eines ihrer Hauptbestreben und wendet enorme finanzielle und personelle Ressourcen für die Sicherheitsbehörden auf, damit diese insbesondere Dissidenten ausspähen, möglichen Protesten frühzeitig auf die Spur kommen, die Telekommunikation und die Bewegungen der Bürger überwachen und das Internet zensieren können.
    „Pseudo-KI“ und „Gespensterarbeiter“

    Zu eher traditionellen Beschattungsformen gehört dabei ein weitreichendes, schier über das ganze Land gespanntes Netz an elektromischen Augen des großen Bruders. Kameras zur Videoüberwachung sind in China allgegenwärtig, auch wenn unklar ist, wie viele davon funktionieren und wie groß der Anteil des berühmt-berüchtigten „Sicherheitstheaters“ ist.

    Verstärkt setzen der Staat und seine privaten Helfer auch auf Methoden der automatisierten biometrischen Gesichts-, Sprach- oder Gangerkennung. Mehr oder weniger entwickelte Technologien aus dem Bereich Künstliche Intelligenz (KI) sollen helfen, Personen maschinell anhand der Kameraaufnahmen oder ihrer Mobilkommunikation zu identifizieren und anhand von Bewegungsprofilen zu verfolgen. Die richtige Erkennungsquote von Gesichtern soll aber bei unter 20 Prozent liegen, was zu vielen Fehlalarmen führen dürfte. Hunderte menschliche Kontrolleure vor Bildschirmen sollen helfen, diese zu verhindern, sodass auch von „Pseudo-KI“ und „Gespensterarbeitern“ im Hintergrund die Rede ist.

    Vor allem die autonome Region Xinjiang dient Peking als Testfeld auch für den Einsatz von KI zur Massenüberwachung. Dort werde ein „Panoptikum des 21. Jahrhunderts“ geschaffen, um Millionen der dort ansässigen muslimischen Minderheit der Uiguren rund um die Uhr zu beschatten, schreibt etwa der „Economist“. Die Städte in dem Gebiet seien alle 100 bis 200 Meter mit Kameras gespickt, die türkischstämmige Bevölkerungsgruppe müsse staatliche „Spyware“ auf ihren Smartphones installieren, ihre Ausweise würden mit Zusatzangaben wie Fingerabdrücken, Iris-Scans, Blutgruppe, DNA-Informationen oder einem „Zuverlässigkeitsstatus“ verknüpft.

    Bei den muslimischen Uiguren im Nordwesten Chinas habe der Staat ein „beispielloses Überwachungsregime“ aufgebaut, berichtet auch der „Deutschlandfunk“. Dazu gehörten neben unzähligen Kameras bis hin zu Moscheen auch „staatliche Übernachtungsgäste in Familien“ sowie Umerziehungslager. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Berichte über letztere dagegen 2018 ins Reich der „Gerüchte“ verwiesen.
    „Racial Profiling“ mit künstlicher Intelligenz

    Aus Xinjiang dringen relativ wenig verlässliche Nachrichten nach außen, da Peking Journalisten oft Visa verwehrt und eine unabhängige Berichterstattung zu verhindern sucht. Human Rights Watch gelang es aber in Kooperation mit anderen Menschenrechtsorganisationen, eine zugespielte, aus 2017 stammende Version einer Behörden-App per Reverse Engineering zu analysieren, die als zentrale Schnittstelle für den dortigen Überwachungsapparat dient. Es handelt sich dabei um ein Werkzeug, mit dem Polizisten und andere Staatsbedienstete mit einer „Integrated Joint Operations Platform“ (IJOP) kommunizieren können. Neben Dateneingaben und -abfragen ist dabei auch der Bezug von Warnungen möglich, wenn sich gehäuft Verdachtsmomente ergeben.

    Mit der App sammeln die Behörden umfangreiche Daten über die Bürger. Diese reichen von Basisinformationen wie Namen oder Ausweisnummer bis hin zu detaillierten Spezialangaben wie Autokennzeichen, Ausbildung, Telefonnummer, Blutgruppe, Religion oder Glaubensausübung. Von besonderem Interesse sind laut HRW etwa längere Auslandsaufenthalte, der Verzicht auf Smartphones, zu viele Nachkommen, „abnormaler Energieverbrauch“ oder Spenden für Moscheen. Die App arbeite im Hintergrund über die IJOP mit diversen Datenbanken zusammen. So würden Beamte etwa alarmiert, wenn Bürger zu viel Strom verbrauchten, verschlüsselte Chatdienste wie WhatsApp nutzten oder Videokameras an Haupteingängen zu umgehen suchten.

    Bei ihrem harten Vorgehen gegen die Uiguren setzen die Behörden offenbar auch auf biometrische Erkennungsverfahren, um Angehörige der Minderheit außerhalb von Xinjiang zu kontrollieren. Die „New York Times“ sieht darin das erste bekanntgewordene Beispiel für eine Regierung, die gezielt KI-Methoden für „Racial Profiling“ zur Identifizierung ethnischer Minderheiten verwendet. So werde die Videoüberwachung nebst der dahinter geschalteten Identifizierungssoftware etwa genutzt, um in den Metropolen Hangzhou und Wenzhou nach Uiguren zu fahnden.
    Citizen Score – „Schufa auf Anabolika“

    Einen wichtigen Mosaikstein im chinesischen Überwachungsnetz dürfte bald auch das geplante Sozialbewertungssystem darstellen, das auch in westlichen Medien für Aufsehen sorgt. Die Regierung in Peking will bis 2020 einen ambitionierten „Social Credit“-Mechanismus auf Basis von Scoring-Verfahren der Finanzwirtschaft zur Bonitätsprüfung einführen. Staatliche Pilotprojekte laufen in gut 40 Regionen und Städten. Mit Punktabzügen und Strafen wie Sperren für Schnellzüge, Flüge, Luxushotels oder schnelles Internet muss dort etwa rechnen, wer zu viel Zeit mit Computerspielen verbringt, bei Rot über die Ampel geht, vor Fußgängerüberwegen nicht hält oder ein bestelltes Taxi nicht nimmt.

    Blaupausen für den „Citizen Score“ und die damit verknüpfte „Schufa auf Anabolika“ haben unter anderem der E-Commerce-Riese Alibaba über seine Tochter Ant Financial mit „Sesame Credit“ sowie Tencent mit dem App-System WeChat geliefert. Auch zur Propaganda-Indoktrination an Schulen setzt die KP seit Kurzem auf eine spielerische Mobilanwendung, bei der Nutzer besonders viel Punkte einheimsen können, wenn sie wechselnde Quizfragen zu Reden und Arbeiten insbesondere von Präsident Xi Jinping richtig beantworten.

    Im Westen wird das skizzierte Bewertungssystem für Bürger und Unternehmen als Big-Brother-Instrument mit tiefen Einschnitten in die Grundrechte angesehen. Eine repräsentative Umfrage des Institut für Chinastudien der FU Berlin von 2018 hat derweil ergeben, dass 80 Prozent der chinesischen Online-Nutzer das Vorhaben befürworten. Die hohe Akzeptanz hätten Bürger vor Ort in zusätzlichen Interviews bestätigt, betont Studienleiterin Genia Kostka. Die abweichende Wahrnehmung erkläre sich nicht nur damit, dass die Medien in China eingeschränkt seien und der Schutz der Privatsphäre im öffentlichen Diskurs keine große Rolle spiele. Viele Menschen dort empfänden derlei Systeme auch als wichtig, um „institutionelle und regulatorische Lücken zu schließen“.
    „Bedenken und Ängste vor Technik werden auf China projiziert“

    Wie viel heiße Luft in der staatlichen Initiative steckt, ist umstritten. Dabei gehe es bislang kaum um revolutionäre Technik wie KI oder allwissende Algorithmen, meint Jeremy Daum, Forscher am Paul Tsai China Center an der Yale Law School. Im Kern handle es sich um altbekannte finanzwirtschaftliche Scoring-Verfahren. Dazu kämen schwarze Listen, die im nächsten Jahr wohl stärker durchgesetzt werden sollten. Im Kern gehe es Peking vor allem um Propaganda, glaubt der Wissenschaftler. Den Bürgern solle beigebracht werden, ehrlich zu sein. Die Rede vom „Citizen Score“ habe vor allem erzieherischen Charakter.

    Was sich wie eine Episode aus der Science-Fiction-Serie „Black Mirror“ anhört, wird für Daum im Westen durch einen Spiegel verzerrt: „Wir projizieren unsere eigenen Bedenken und Ängste vor der Technik auf China.“ Pläne für ein landesweites gesellschaftliches Bonitätssystem „schreiten voran“, konstatieren dagegen Kristin Shi-Kupfer und Mareike Ohlberg vom Mercator Institute for China Studies (Merics) in einer aktuellen Studie über „Chinas digitalen Aufstieg“. Die laufenden Pilotprojekte könnten „rasch zu einem wirkungsmächtigen und umfassenden Instrument ausgebaut werden“.

    Dies könnte zusammen mit anderen Facetten der ehrgeizigen chinesischen Digitalagenda auch „negative Folgen für Europas Politik und Grundwerte haben“, warnen die beiden Forscherinnen. Viele Aspekte des gesellschaftlichen Bewertungssystems stünden „im Widerspruch zu europäischen Werten – zum Beispiel der Schutz der Privatsphäre und der Meinungsfreiheit – und zu Bemühungen der EU, ethische Standards für die Digitalisierung zu etablieren“.
    Digitale Seidenstraße

    „China nähert sich seinem Ziel, bei 5G, Künstlicher Intelligenz (KI), Quantenforschung und anderen digitalen und disruptiven Technologien weltweit führend zu sein“, arbeiten die Autorinnen heraus. Konzerne wie Huawei, Alibaba oder Tencent seien bereits in ganz Europa am Geschäft mit Telekommunikationsnetzen, Rechenzentren und Online-Bezahlsystemen beteiligt. Die 5G-Einführung dürfte dazu führen, dass Huaweis Geräte und Software eine noch wichtigere Rolle bei der europäischen digitalen Infrastruktur spielten.

    Die „nationale Informatisierungsstrategie“ fordere chinesische Internet-Unternehmen auf, „in die Welt hinauszugehen“ und am Bau der „digitalen Seidenstraße“ mitzuwirken, heißt es in der Analyse. Ein kaum durchschaubares Geflecht aus staatlichen Kontrollmechanismen, Einflussnahme durch die Partei und internationalen Verbindungen im Sektor der Informations- und Kommunikationstechnologien stütze die chinesische Digitalpolitik.
    Orwell live erleben – Datenschutz vs. Komfort

    Auch der Paderborner Medienwissenschaftler Jörg Müller-Lietzkow sieht China auf dem Weg zur Weltmacht vor allem im KI-Bereich. Die Technik solle Wohlstand und Reichtum mehren, zugleich aber „die Effektivität der Kontrolle der Bürger deutlich erhöhen“. Alle Daten gingen an die nationalen Hersteller und stünden damit offen für den Zugriff auch durch den Staat und dessen ausgefeiltes System der gesellschaftlichen Steuerung. Vor Ort könne man Orwell so live erleben, zeichnet der Experte ein Gruselbild. Dass sich dagegen wenig Widerstand rühre, hänge auch mit der Historie einer Nation zusammen, die schon einmal eine große Mauer um sich herum errichtet habe. „Datenschutz gegen Komfort“ laute oft das Motto.

    Nach dem Blutbad rund um den Tiananmen-Platz habe die KP eine Art Sozialvertrag mit der Bevölkerung geschlossen, erläutert Merics-Analystin Shi-Kupfer. Diese verzichtete auf politische Teilhabe im Gegenzug für das Versprechen, am wachsenden Wohlstand des Landes beteiligt zu werden. „Die Chinesen betäuben sich durch den Kommerz, um den Schmerz zu vergessen“, hat die Forscherin ausgemacht. Möglichkeiten der präventiven Unterdrückung seien dank der technologischen Sprünge so ausgefeilt, dass eine größere Gegenbewegung derzeit „nicht vorstellbar ist“. Außer einer massiven Wirtschaftskrise gebe es aktuell auch kaum ein Thema, „das eine übergreifende Solidarisierung schaffen könnte“. Menschenrechtler und Bürgerrechtsorganisationen mahnen daher eine kollektive Antwort demokratischer Staaten auf das Phänomen an, dass China seinen „digitalen Totalitarismus“ etwa nach Afrika und Südamerika, aber auch nach Europa oder in die USA exportieren wolle.

    #Chine #histoire #société #surveillance #vie_privée

  • Berliner setzen starkes Signal gegen Wild-West der Behörden
    https://www.taxi-times.com/berliner-setzen-starkes-signal-gegen-wild-west-der-behoerden

    Immerhin gesprochen hat man mit den Unternehmervertretern. Mal sehen, was dabei herauskommt.

    6. Juni 2019 von Jürgen Hartmann 5 Kommentare

    Mit einer beeindruckenden Kundgebung haben heute rund 2.000 Berliner Taxiunternehmer und Fahrer die Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther aufgefordert, endlich ihren Job zu machen und das rechtswidrige Treiben von Uber in Berlin zu stoppen. 

    Die Kundgebung fand unmittelbar vor dem Dienstgebäude der Senatorin in Berlin Mitte statt und obwohl es diesmal ohne Taxikorso ablief waren geschätzt rund 2.000 Taxiunternehmer und Fahrer vor Ort. Sie hielten Plakate in die Höhe, auf denen Uber als Lohnbetrüger, SozialräUBER und als verantwortlich für den Ruin des Taxigewerbes bezeichnet wurden. Während der Kundgebung hatte die Berliner Taxizentrale TZB die Auftragsvermittlung eingeschränkt.

    „Schluss mit dem Wild-West von Uber & Co“ lautete die speziell an Frau Günther gerichtete Forderung. Die Taxibranche wirft der parteilosen, von den Grünen ins Amt geschickte Senatorin vor, nichts gegen das illegale Bereithalten der Mietwagen von Uber & Co. zu unternehmen. Hermann Waldner, Geschäftsführer von Taxi Berlin, übernahm die Moderation der Kundgebung und formulierte neben der Forderung nach mehr Kontrollen auch ein Umdenken bei der Befreiung vom Mitführen eines Wegstreckenzählers. Vor allem Mietwagen, die taxiähnlichen Verkehr betreiben, müssten auch verpflichtet werden, einen Wegstreckenzähler einzubauen. Dann müsste das Finanzamt nicht immer nur Taxiunternehmen kontrollieren, sondern könnten endlich auch Mietwagen unter die Lupe nehmen.

    Unterstützung bekam er dabei von Harald Wolf von den Linken, dem einzigen Politiker, der während der Kundgabe auftrat. „Die Ausnahmeregelung für Wegstreckenzähler muss fallen“, rief Wolf den anwesenden Taxiunternehmern zu. Uber bezeichnet er als Unternehmen, das gegen die Taxibranche einen Krieg führen würde – nicht nur in Berlin, sondern weltweit. Wer taxiähnliche Dienste anbiete, mache zwangsläufig unsauberen Wettbewerb.

    Yvonne Schleicher, Taxiunternehmerin in Berlin, fand für das Vollzugsdefizit der Behörde deutliche Worte: „Wir erleben hier die Entstehung eines rechtsfreien Raums“ sagte sie, was bei ihr den Eindruck erwecke, dass die Profitgelüste eines US-Unternehmens mehr wert seien als geltendes Recht.

    Carsten Reichert, Unternehmer seit über 30 Jahren, berichtete, dass er vom Taxifahren bisher immer seine Familie ernähren konnte, dies aber die letzten 18 Monate nicht mehr funktioniere. Er persönlich habe dann beschlossen, in einem der Berliner Verbände aktiv zu werden und sei seitdem bei vielen politischen Gesprächen auch auf einiges Verständnis gestoßen. Geändert habe sich aber nichts. „Machen Sie endlich Ihren Job, damit auch wir unseren machen können, rief Reichert in Richtung Regine Günther.

    Noch deutlicher wurden die drei Administratoren der Facebook-Taxigruppe Berlin Mem Deisel, Volkan Karadeniz und Timucin Campinar,,“Mit Uber haben wir nicht einfach einen Wettbewerber bekommen, sondern einen Großinvestor mit einem Koffer voller Geld und besten Beziehungen zu Politik und zu den Medien“, sagte Deisel. Campinar sprach Frau Günther direkt an: „Ihre Untätigkeit entzieht uns die Existenzgrundlage. Vielen Dank für den Wildwest auf unseren Straßen.“

    Karadeniz kündigte an, dass die Demonstration vor dem Dienstsitz der Senatorin erst der Anfang war. “Wir werden solange vor Ihrer Türe stehen, bis sie anfangen zu arbeiten“ forderte der Unternehmer endlich effektive Kontrollen an und bot dann auch gleich noch Plan B an: „Oder sie stellen Ihr Amt jemanden zur Verfügung, der dieser Aufgabe gewachsen ist.“ Die Unternehmer, die bis dahin regelmäßig „Uber muss weg“ gerufen hatten, skandierten daraufhin lauthals „Günther muss weg“.

    Deisel, Karadeniz und Campinar betonten auch, wie viele Beweise für die täglichen Rechtsbrüche der Uber-Fahrer sie und die vielen aktiven Berliner Taxifahrer schon gesammelt hätten (“damit haben wir Ihre Arbeit erledigt, Frau Günther“), doch hätte dies bisher nichts gebracht. „Aus den vorgelegten Beweisen ist Klopapier geworden“.

    Die Einzelunternehmerin Petra Gansauge blickte bei ihrer Rede in das Jahr 2025, ein Jahr, in dem es kaum noch Taxis geben würde und die Taxifahrer alle arbeitslos geworden seien. Stattdessen würden Mietwagen Staus verursachen, die für Uber, Didi und Free Now unterwegs wären und deren Fahrer so wenig verdienen würden, dass sie aufstocken müssten. Oma Erna müsste an so einem Tag im Jahr 2015 ihren Arzttermin absagen, weil unter der ihr bekannten Taxinummer keiner mehr abheben würde, Business-Man Reinhardt müsste für eine Mietwagenfahrt vom Flughafen zur Messe 270 Euro bezahlen, Manfred würde – obwohl vermittelt – von keinem Mietwagenfahrer abgeholt werden, weil er nur eine Kurzstrecke fährt und Laura hätte sich längst damit abgefunden, dass die Buslinie nicht mehr nach Fahrplan fährt, weil mangels Fahrgästen kaum noch Busse eingesetzt werden.

    Ein Sprecher der IGTB kündigte an, dass sein Verein die Behörde Anzeigen wolle, weil man Beihilfe zur millionenfachen Umgehung sanktionsfähiger Rechtsbrüche leiste.

    Während dieser Rede wurde von sechs Taxifahrern ein Sarg durch die Menge bis auf das Podium getragen, auf dem ein Taxischild montiert war. „Das werden wir verhindern“ kommentierte Mem Deisel diese symbolische Darstellung.

    Richard Leipold, ebenfalls Taxiunternehmer, erinnerte Günther an einen ihrer Amtsvorgänger, der 2014 schon den Mut gehabt hätte, Uber zu verbieten. (Anmerkung der Redaktion: Damals wurde UberBlack untersagt, woraufhin Uber seinen Dienst in UberX umtaufte).

    Das Schlusswort bekam schließlich Michael Oppermann vom Bundesverband Taxi und Mietwagen e.V., der die volle Solidarität seines Verbands mit den Berliner Gewerbevertretungen bekundete und sich bei den anwesenden Taxiunternehmern und Fahrern für das tolle Zeichen bedankte, das man an diesem Tag gegenüber der Senatsverwaltung gesetzt habe. Oppermann hält es für sehr wichtig, dass Berlin endlich seiner Kontrollverantwortung nachkommt. „Was hier schiefgeht, geht auch Schritt für Schritt in anderen Regionen schief“, befürchtet er einen Dominoeffekt. Darüber hinaus wirft Herr Oppermann der Senatorin vor, dem Bundesverband einen Bärendienst zu erweisen und Verkehrsminister Scheuer mit ihrer Untätigkeit in die Karten zu spielen. Scheuer will bekanntermaßen die Rückkehrpflicht abschaffen und argumentiert dabei gerne mit Berlin, wo es ja doch nicht kontrollierbar sei. Jh

    Wie sehr die aktuelle Berliner Situation die Taxifahrer umtreibt, zeigte sich am Ende der Kundgebung, als noch zwei Kollegen unabgesprochen auf die Bühne traten, die zwar größtenteils das bereits Gesagte nochmal wiederholten, aber mit ihrer Vehemenz den Handlungszwang eindringlich untermauerten, dem sich Frau Günther wird stellen müssen: „Uber ist nicht unkontrollierbar“, rief der Taxifahrer Francis Tusene laut ins Mikro. Da waren aber die meisten Kollegen schon abgezogen. Hauptsache, Frau Günther und ihre Staatssekretäre haben es gehört. Einer von Ihnen (Staatssekretär Streese) hatte übrigens unmittelbar vor der Kundgebung die Berliner Gewerbevertreter zu einem kurzen Gespräch gebeten. „Man habe regelmäßige Workshop-Treffen vereinbart“, berichtete Waldner zu Beginn der Kundgebung. jh

    Hinweis in eigener Sache: Die komplette Kundgebung hatte Taxi Times heute Mittag live auf Facebook übertragen. Zum Abschluss bekam unser Redakteur Simi sogar noch Hans-Peter Kratz von der Taxivereinigung Frankfurt zum Spontan-Interview vor die Linse. Nachzuhören ganz am Ende ab 1h 43 Min auf dem Zeitstrahl.

    #Berlin #Taxi #Protest #Mietwagen #Uber

  • Nächste Taxi-Demo in Berlin am 6. Juni um 12 Uhr
    https://www.taxi-times.com/naechste-taxi-demo-in-berlin-am-6-juni-um-12-uhr-noch-nicht-veroeffentli

    Durch fleißige Verbandsarbeit konnte das Taxigewerbe inzwischen etliche Politker auf Landes- und Bundesebene im Kampf gegen Pseudo-Taxi-Anbieter überzeugen und auf seine Seite ziehen. Dazu gehört leider nicht Regine Günther. Deshalb steht in Berlin am Donnerstag die nächste Demo an.

    Das wichtigste vorweg: Die für den 6. Juni angemeldete Taxidemo in Berlin wird nicht im Rahmen der bisherigen „Scheurwehr“-Aktionen ablaufen, sondern richtet sich ganz speziell gegen Regine Günther, die Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, abgekürzt SenUVK. Was in anderen Ländern die Minister, sind in Berlin die Senatoren, und die Berliner Taxiunternehmer und Fahrer werfen der Verkehrssenatorin (parteilos, für Bündnis 90 / Die Grünen) vor, nichts gegen das illegale Bereithalten der Mietwagen von Uber & Co. zu unternehmen und bei Beschwerden und Kritik auf stur zu schalten.
    Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther gilt bei den Berliner Taxigewerbevertretungen als ignorant. Foto: Wilfried Hochfeld

    Tägliche Verstöße gegen die Rückkehrpflicht werden weder kontrolliert noch geahndet, das wilde Bereithalten der Uber-Partner nimmt sowohl im Stadtgebiet als auch am Flughafen Tegel drastisch zu. Dementsprechend wird das bisherige Motto „Scheuerwehr“ bei dieser Protestaktion durch das Motto „Schluss mit dem Wild-West von Uber & Co.“ ersetzt, und diesmal ziehen die Berliner Taxiunternehmer und Fahrer um 11:30 Uhr vor das Dienstgebäude der Verkehrssenatorin. Ein geplanter zusätzlicher Taxikorso musste ad acta gelegt werden, weil am Sitz der SenUVK nur sehr wenige Parkplätze zur Verfügung stehen.

    Standort der Demo: Berlin-Mitte, Am Köllnischen Park 3

    Stattdessen wird Am Köllnischen Park eine Bühne aufgebaut, auf der für zwei Stunden eine Kundgebung stattfinden soll. Die Veranstalter rechnen mit etwa 1.000 Teilnehmern. Ein Erscheinen mit dem Taxi ist nur für die ersten eintreffenden Teilnehmer möglich, die angehalten sind, mit möglichst vollbesetzten Taxis anzureisen (ideal sind fünf Kollegen pro Taxi). Danach wird der Bereich abgesperrt, so dass der Großteil der Teilnehmer mit dem Linienverkehr kommen muss. Das lässt sich organisatorisch nicht ändern.

    Beginn der Kundgebung soll gegen 12 Uhr sein. Die Redebeiträge werden nur jeweils wenige Minuten dauern, so dass mit einem Ende der Veranstaltung deutlich vor 14 Uhr gerechnet wird. Eine Pressekonferenz ist bereits für 11 Uhr neben der Bühne angesetzt.

    Während die Berliner Kundgebung am 10. April mit einem Politiker stattfand, dessen Pläne das Taxigewerbe in seiner Existenz bedrohen, nämlich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, werden diesmal hauptsächlich Gewerbevertreter sowie Betroffene aus der Taxibranche reden, die die Not des Gewerbes aus eigener Erfahrung schildern.

    Zudem werden einige Politiker als Redner eingeladen, die sich mit dem Anliegen des Taxigewerbes solidarisch erklärt haben, Scheuers Eckpunkte ablehnen und es ebenfalls inakzeptabel finden, dass die Berliner Behörden untätig zusehen, wie Pseudo-Taxi-Anbieter mit permanenten Rechtsverstößen das Taxigewerbe bedrohen. Aufgrung der am selben Tag stattfindenden Plenarsitzung dürfte die Kundgebung aber mit den Terminkalendern von Politikern kollidieren.

    Verkehrssenatorin Günther selbst wird nicht als Überraschungsgast erwartet, wenn vor ihrem Büro demonstriert wird, da ihr in diesem Punkt eine andere Mentalität nachgesagt wird als Anreas Scheuer.

    Es ist folglich damit zu rechnen, dass am 6. Juni ausschließlich Redner auf der Bühne stehen werden, die auf der Seite des Taxigewerbes stehen und keine Pfiffe und Buhrufe verdient haben, sondern Zustimmung und Beifall. Darum bitten auch die Verbände.

    Die Kosten der Veranstaltung einschließlich aller Materialien liegen laut „Innung“ des Berliner Taxigewerbes e. V. zwischen 4.000 und 5.000 Euro und werden hauptsächlich von den Berliner Verbänden getragen. Auch Taxi Berlin beteiligt sich finanziell und mit Manpower. Für die mehrmaligen Vorbereitsungstreffen stellte die Berliner Zentrale die Räumlichkeiten zur Verfügung und übrnahm die Verpflegung.

    Selbstverständlich wird auch Taxi Times am 6.6. in Berlin-Mitte vor Ort sein und berichten. Unser Redakteuer Hayrettin „Simi“ Simsek wird wieder auf Facebook live senden.

    #Berlin #Taxi #Politik #Grüne

  • Orange’s Sea Cable Repair Fleet Looks Beyond Investment Boom
    https://www.bloomberg.com/news/articles/2019-05-24/orange-s-sea-cable-repair-fleet-looks-beyond-investment-boom


    The Pierre de Fermat ship
    Source : Orange SA

    • Phone carrier assessing opportunities in offshore wind sector
    • France sees strategic interest in marine cable expertise

    For decades, ships owned by French phone carrier Orange SA have traveled the world’s oceans, installing and fixing the undersea cables that carry internet traffic from one continent to another.

    The fleet of six run by Orange Marine is now looking to diversify, even with the biggest investment boom for the infrastructure since the 1990s. Instead of creating more business, the new high-capacity lines being financed by the tech giants are expected to put older cables out of service, meaning less work for the seaborne repairmen.

    One cable that started up last year highlights the issue. The line, running from the U.S. state of Virginia to Sopelana, Spain, accounts for half the capacity of the dozen or so trans-Atlantic cables. Known as Marea, the 6,600-kilometer (4,101-mile) link owned by Facebook Inc., Microsoft Corp. and Telefonica SA’s Telxius offers the fastest data transmission speeds in the world.

    Jean-Luc Vuillemin, who oversees Orange Marine, sees potential opportunities in servicing offshore wind turbines, he said in an interview on the Pierre de Fermat, a 100-meter ship named after the 17th-century mathematician and docked at the Brest port in northwest France.

    The ecosystem is pretty favorable right now but this may change in the future,” Vuillemin said. “You need to diversify when the business is in order, so we’re thinking about the next steps.

    Orange Marine is a small yet profitable business for France’s dominant phone carrier, generating about 100 million euros ($112 million) of annual sales out of Orange’s roughly 41 billion euros of revenue. But it’s considered a strategic asset by the company, whose largest shareholder is the French state.

    Being able to quickly repair cables can be crucial in an emergency, as Algeria experienced in 2015 when a link between Annaba in the country’s northeast and Marseille in southern France was cut by an anchor, disrupting internet service in the North African nation for almost a week.

    Together, Orange Marine and its France-based competitor at Nokia Oyj, Alcatel Submarine Networks, own about one-quarter of the 40 or so ships focused on subsea cables globally, Vuillemin said.

    Our Western economies are increasingly dependent on these subsea cables. Orange Marine provides strategic autonomy. It’s a matter of sovereignty,” he said.

  • WELT AM SONNTAG – Überschätzt?
    https://www.welt.de/weltamsonntag

    Welt am Sonntag, Printausgabe, 19.5.2019, von Frank Stocker,

    Ist das ein Menetekel Läutet dies das Ende einer Blase ein, die sich um die Plattform-Ökonomie gebildet hat? Nein, die Internet Netzwerke werden unser Leben weiter umkrempeln Doch das Beispiel Uber zeigt dass es nicht ausreicht, einfach nur eine Plattform aufzubauen. Damit ein solche: Unternehmen langfristig Erfolg hat und sich für Investoren auszahlt, bedarf es weiterer Merkmale.

    Uber ist bislang im Wesentlichen eine App, die Taxifahrten vermittelt Erfolgreich ist sie vor allem, weil diese Fahrten über Uber günstiger sind als bei herkömmlichen Taxis - doch das geht nur, indem Uber horrende Verluste macht. So steigerte es 2018 seinen Umsatz zwar um 41 Prozent au 11‚3 Milliarden Dollar, machte jedoch dabei Verluste von 3,3 Milliarden Dollar.

    Sollen Über-Taxis irgendwann Gewinn abwerfen, müssen entweder die Fahrpreise drastisch erhöht oder die Vergütungen für die Fahrer deutlich gesenkt werden. Beides ist völlig unrealistisch, und daher wird Uber auf dieser Basis kein langfristiges Erfolgsmodell.

    Worauf es ankommt, zeigt dagegen Amazon. Anfangs war das ein Online-Buchhändler, Kunden bestellten dort Bücher ohne Versandkosten - nett aber langweilig. Dennoch investierte beispielsweise die Fondsgegellschaft Baillie Gifford schon 2003 in Amazon „Wir wussten damals noch nicht, wie erfolgreich das Unter-nehmen werden würde“, sagt Stuart Dunbar, Partner bei Baillie Gifford. „Aber wir wussten: Das ist nicht einfach nur ein Buchhändler“ Denn Jeff Bezos, Gründer und Chef von Amazon, sei einer der besten Manager der Welt, einer, der das Geld, das er verdient stetig reinvestiert, um zu wachsen und das Geschäft auf weitere Bereiche auszudehnen. „Dieses Potenzial war damals schon erkennbar.“

    Heute verkauft Amazon längst nicht mehr nur Bücher. Man bietet auch gleich den passenden E-Book Reader Kindle an - und inzwischen eben auch alle anderen Güter, bis hin zu Lebensmittel. Daneben können Kunden über Amazon Prime Filme und Musik streamen, mit Amazon Pay wird gleich noch die Bezahlung abgewickelt und darüber hinaus stößt das Unternehmen in immer weitere Bereiche vor - sodass schon von der Amazonisierung der Wirtschaft gesprochen wird.

    Ähnliches gelang Facebook Aus dem Netzwerk, das vor allem genutzt wurde, um mit Freunden Urlaubsbildchen auszutauschen, ist eine Medien- und Informationsplattform geworden, und zum Imperium gehören auch der Facebook-Messeniger, Instagram sowie WhatsApp.

    INS LEBEN GREIFEN

    Anders dagegen bei Twitter. Der Kurznachrichtendienst ist auch heute noch genau das - ein Kurznachrichtendienst und sonst nichts. Es gelang dem Unternehmen nicht, um diesen Nukleus herum ein Konglomerat ergänzender Dienste aufzubauen, die in immer mehr Bereiche des täglicher Lebens übergreifen. Entsprechend dümpelt die Aktie seit Jahren vor sich hin.

    Entscheidend ist also, dass eine Plattform wächst, in andere Sektoren der Wirtschaft übergreift, immer neue Geschäftsfelder erschließt. Dann kann ein solches Unternehmen auch für Investoren ein Erfolg werden. Zumal unzweifelhaft ist, dass das Potenzial für die Plattformen gigantisch ist.
    Die Unternehmensberatung KPMG taxierte den Markt im vergangenen Jahr weltweit bereits auf über sieben Billionen Dollar. Dieser wird von Firmen aus den USA und China dominiert – europäische Konkurrenten gibt es kaum.

    Gerade in China ist dabei zu beobachten, welches Wachstumspotenzial die Plattformen noch haben. Denn der dortige Messengerdienst WeChat, vergleichbar mit WhatsApp, wuchs in den wuchs in den vergangenen Jahren zu einem allumfassenden Lebenshelfer. Chinesen buchen darüber Taxis und Urlaube, bestellen Essen oder Lebensmittel, beantragen Visa oder suchen Jobs. Und vor allem bezahlen sie damit überall. Entsprechend legte der Aktienkurs seit dem Börsengang fast 50.000 Prozent zu Ob dies Uber gelingt, ist mehr als fraglich.

    #Uber #Börse #disruption #Taxi

  • Der Ibiza-Supergau | Telepolis
    https://www.heise.de/tp/features/Der-Ibiza-Supergau-4425247.html
    Le vice-chancelier d’Autriche tombe dans un piège monté par des inconnus se faisant passer pour des émissaires d’oligarques russes. Ces personnes proposent des millions d’Euros au politicien qui réagit en réflćhissant sur les méthodes pour cacher les transactions financières.

    L’acte de corruption est enregistré par des caméras cachés. Une partie de la vidéo vient d’être publié. L’article pose la question si c’est une histoire exceptionnelle particulièrement autrichienne ou si les autres politiciens europées fonctionnent de la même manière. L’Autrichien trouvait normal les propostions et disposait de moyens pour gérer l’affaire.

    Est-ce une routine politique normale ?

    Ein Video als abgründiges Sittenbild Österreichs

    Keinem großen Karikaturisten der österreichischen Seele von Qualtinger bis Hader wären dieses Setting und dieses Drehbuch eingefallen. Und Tal Silberstein sowie Facebook-Hetzseiten von geheimen Spindoctoring-Einheiten im Zentrum Wiens waren nichts dagegen: Nun wissen wir also, dass Österreich (auch?) von Politikern regiert wird, deren Niveau nochmal unendlich tiefer ist als das tiefste für möglich gehaltene Stammtischniveau von Otto Normalverbraucher.

    Österreich, ein Land der Antiintellektuellen, der zwei Gesichter der Menschen und der performativen Verlogenheit, der totalen Verhaberung zwischen Politik, Wirtschaft und Medien? Oder ist das eh überall so? Sind Strache und Gudenus wieder nur die Spitze des Eisbergs? Würden hinter vermeintlich geschlossenen Türen - noch dazu unter Einfluss von Alkohol und möglicher illegaler Drogen - auch andere Spitzenpolitiker wie Juncker oder Macron so reden? Reden sie am Ende auch so? Oder sind es doch nur zwei bedauerliche Einzelfälle (das heißt es ja dann immer bei Skandalen, die ein ganzes System erschüttern können)?

    Dass solche Leute den Kurs eines ganzen Landes mitbestimmen, lässt mich frösteln. Es stellen sich einige Fragen, die die Massenmedien bislang noch kaum thematisiert haben:

    1) Welche Glaubwürdigkeit hat eine Partei generell, die offenbar zu blöd ist, einen erfundenen russischen Namen vorab zu googeln, eine Person vorab auf ihre Identität zu überprüfen, mit der sich ein Spitzenkandidat wenige Wochen vor einer bedeutenden Wahl trifft? Was sagt das generell über die Qualitätssicherungsmechanismen dieser Partei aus? Was sagt das im Speziellen über die Recherche- und Netzkompetenz von Strache und Gudenus aus?

    Anders gefragt: Wie dumm muss man eigentlich sein, um in eine solche Falle zu laufen und dann noch solche Dinge zu sagen? Wieviel Zeit nehmen sich diese Herren für solche „Prioritäten“ kurz vor einer Wahl?

    2) Wer hat die Falle warum inszeniert, und vor allem: Was hätte die Veröffentlichung dieses Videos schon früher bewirkt? Jemand rüstet einen Raum auf Ibiza ja nicht umsonst mit mehreren versteckten Minikameras aus und schafft es, das Vertrauen des Herrn Gudenus zu gewinnen (auch wenn das offenbar nicht schwierig gewesen sein dürfte). Da stecken mehrere Leute und ein komplexes Arrangement dahinter und wohl auch ein nicht unbedeutendes Budget - offenbar mit dem Ziel, bereits 2017 Schwarz-Blau zu verhindern. Sagt jetzt nicht, es war wieder Silbersteins Idee … Naheliegend wäre es.

    3) Es geht nicht an, dass sich die „Süddeutsche“ und der „Spiegel“ in so einer brisanten Geschichte hinter dem Quellen- und Informantenschutz verstecken und sich sogar weigern, die Aufzeichnungen in gesamter Länge der Staatsanwaltschaft zu übermitteln. Offenbar wussten schon viele JournalistInnen seit Wochen und Monaten von dem Video. Vielleicht war es ja allen zu heiß - so wie dereinst Jörg Haiders sexuelles Doppelleben.

    Nur: Warum wurde die Bombe dann gerade gestern um 18 Uhr gezündet? So wichtig es ist, dass solche Aufzeichnungen an die Öffentlichkeit gelangen, so wichtig ist es auch, dass die Öffentlichkeit erfährt, wer und was hier hinter den Motiven steckt. Denn sonst spielen auch die Massenmedien auf der Klaviatur der Verlogenheit mit.

    #Autriche #politique #libéralisme

  • Sur la vie digitalisée en Chine, la grande muraille numérique, WeChat, la mendicité et la fin de la monnaie fiduciaire :

    Digitalisierung in China. Ein Code für alle Fälle

    Ein Taxi bestellen, den Aufzug rufen, Strafzettel bezahlen: Wer in China lebt, kommt an der App WeChat nicht vorbei. Da wird selbst Facebook neidisch.


    PEKING/BERLIN taz | Die Kassiererin blickt genervt auf. „Kein Portemonnaie dabei?“, fragt sie. Verlegen wühle ich in meiner Jackentasche herum, fummele an meinem Smartphone. Apple-Pay funktioniert bei dieser Edeka-Filiale noch nicht. Das weiß ich. Aber gibt es nicht irgendeine andere App, mit der ich meinen Einkauf bezahlen kann? WhatsApp vielleicht? Die Kassiererin schaut mich verdutzt an.
    Es ist bereits das zweite Mal, dass ich mit vollen Tüten vor einer Kasse in einem deutschen Supermarkt stehe und nicht bezahlen kann, weil ich mein Portemonnaie vergessen habe. Sieben Jahre habe ich in China gelebt. Seit einem Monat bin ich wieder in Berlin. Schwer gefallen ist mir die Rückkehr nicht. Die Luft in Berlin ist sehr viel besser, ich kann wieder unbedenklich das Wasser aus dem Hahn trinken und muss es nicht vorher abkochen und zigfach filtern. Die Straßen in Berlin sind nicht ganz so voll wie in Peking.
    Andererseits vermisse ich die Maultauschen – „Drei Sorten“ mit Krabbe, Schwein und Shiitake-Pilzen – von meinem Lieblingsimbiss um die Ecke. Und auch an etwas anderes muss ich mich wieder gewöhnen: das Portemonnaie einstecken. Denn in China brauchte ich für den Alltag nur mein Smartphone. Und genau genommen auch nur eine App: WeChat.
    Es ist noch nicht lange her, da haben viele auch in China noch über diese App gelästert. Sie sei ja bloß ein Abklatsch von WhatsApp, das in der Volksrepublik nur einen kurzen Auftritt hatte, dann von der Zensurbehörde allerdings blockiert wurde, weil es eben keine chinesische App war.
    Optisch gleichen sich die beiden Apps: Auf beiden Logos sind weiße Sprechblasen zu sehen. Und so wie WhatsApp hatte auch WeChat als Kurznachrichtendienst begonnen. Doch WeChat, das auf Chinesisch Weixin heißt, ist längst mehr. Sehr viel mehr. Eine Art Super-App.
    Mit dem Barcode die Äpfel bezahlen
    Außer Nachrichten und Emojis verschicken, Online-Telefonie mit und ohne Videobild, lassen sich über WeChat auch Tickets im Hochgeschwindigkeitszug buchen, Flüge, Fahrtdienste, Kinokarten.
    Das funktioniert so: Der Nutzer erhält einen eigenen Barcode. Mit der Kamera des Smartphones kann jeder andere WeChat-Nutzer diesen Barcode innerhalb weniger Sekunden lesen. Daraus ergeben sich viele weitere Funktionen: Der Barcode ersetzt die Visitenkarte, findet sich auf jeder Firmenwebseite.
    Vor allem aber lässt sich an jeder Ecke damit bezahlen. Denn die App ist mit dem Bankkonto verbunden. Es genügt, den Barcode des Gegenübers zu scannen und die Summe wird abgebucht.
    n einem Land wie China ist das besonders von Vorteil. Gerade auf dem Land haben die meisten Bauern und Händler keine teuren Kreditkartenlesegeräte für Visa, Mastercard oder Union Pay, dem chinesischen Pendant. Das Bargeld wiederum ist oft sehr dreckig, die Scheine angerissen, weil sie durch so viele Hände gingen.
    Mit WeChat muss selbst die Obsthändlerin an der Ecke bloß ihren Barcode zeigen, und schon hat der Kunde seine Äpfel bezahlt. Ein Smartphone hat in China inzwischen jeder.
    Auch Bettler nutzen die App
    Selbst die Bettlerin. In meiner Nachbarschaft saß immer an der gleichen Stelle eine behinderte Frau mit ihrem ebenfalls behinderten Sohn und bettelte um Geld. Ich hatte es mir zur Angewohnheit gemacht, alles Kleingeld, was sich bei mir ansammelte, in ihren Korb zu werfen. Doch dann wollte sie die vielen Münzen und Scheine nicht mehr. Sie zeigte stattdessen auf einen Zettel vor ihr mit einem Barcode drauf. Sie bat mich, ihr das Geld künftig auf ihr Konto zu überweisen. Natürlich mittels WeChat.
    Andere Netzwerke, die im Rest der Welt verbreitet sind, spielen in China keine Rolle. Facebook? Ist vielen zwar ein Begriff, in China aber gesperrt. Twitter? Ebenso. Und auch YouTube, Snapchat, Instagram sowie die meisten bekannten Google-Dienste sind nur schwer oder gar nicht abrufbar. WhatsApp funktioniert sporadisch – meistens aber nicht. Die übergroße Mehrheit stört das wenig. Schließlich haben sie ihre eigenen Dienste.
    Mehr als eine Milliarde Chinesinnen und Chinesen nutzen WeChat inzwischen. Wegen der vielen Funktionen. Oft sind sie spielerischer, bedienerfreundlicher und meist auch schlicht besser in der Anwendung.
    War China nicht eben noch ein Entwicklungsland? Jetzt ist es an den Europäern vorbei ins digitale Zeitalter gesprungen. Was ist passiert?
    Die Great Firewall
    Rückblick auf das Jahr 2009. Uigurische Aktivisten begehren gegen die Autoritäten auf. Uiguren sind eine muslimische Minderheit im Nordwesten der Volksrepublik. Seit Jahrzehnten fühlen sie sich unterdrückt. Und das werden sie auch. Ihren Protest haben sie über Facebook organisiert. Weil Facebook und Twitter sich zu der Zeit auf mehrfache Aufforderung der chinesischen Behörden weigerten, die Einträge zu löschen, ließ das chinesische Sicherheitsministerium kurzerhand die US-Dienste sperren. Die Great Firewall war geboren – Chinas staatliche Internetzensur.
    Ganz abgeschnitten ist das Land damit aber nicht vom Rest der Netzwelt. Facebook und Co. sind mittels VPN-Tunnel erreichbar, wenn auch umständlich. Offiziell ist das verboten, verfolgt werden Vergehen aber bislang nicht.
    Die kommunistische Führung hatte die Great Firewall in erster Linie aus politischen Gründen errichtet. Daraus ergab sich jedoch ein ökonomischer Nebeneffekt: Die chinesischen Gegenstücke zu den US-Größen – bis dahin auch in China nur von wenigen genutzt – konnten sich im Land rasch ausbreiten. Sie heißen Baidu, Alibaba, Tencent – und sie gehören nach Facebook, Google und Amazon heute zu den mächtigsten IT-Playern der Welt.
    Doch die Zensur ist nicht der alleinige Grund für den Erfolg der chinesischen Pendants zu den international bekannten Diensten. Denn Tencent macht mit WeChat einiges anders als etwas Facebook mit WhatsApp.
    Er ist 50 Jahre alt, trägt gerne Jeans und Kapuzenpullis und ist Erfinder von WeChat. Zhang Xiaolong ist eine Legende: Zhang, der sich im internationalen Kontext mit Vornamen auch Allen nennt, macht sich in der Öffentlichkeit eher rar. Der gelernte Programmierer gilt als schüchtern, introvertiert, und meidet große Veranstaltungen, ähnlich wie sein Boss, Tencent-Chef Pony Ma. Wenn sich Zhang einmal blicken lässt, dann hat er meist Wegweisendes zu verkünden.
    Eine App als eigene Plattform
    […]

    http://www.taz.de/Digitalisierung-in-China/!5591283

    #Chine #WeChat #monnaie_scripturale

  • Facebook – eine Grundsatzentscheidung | Digitalcourage
    https://digitalcourage.de/themen/facebook/facebook-eine-grundsatzentscheidung

    Quelques proposition pour ceux qui pensent que la présence « sur Facebook » est impérative pour leurs affaires.

    Unsere Aufgabe als Datenschutzverein ist es, über Datenschutz aufzuklären und Menschen dafür zu sensibilisieren sowie sie zu mobilisieren. Es gilt Menschen dort zu erreichen, wo sie sich tummeln. Für uns stellt sich daher die Frage: „Wollen wir als Verein Facebook nutzen oder nicht?“ – Dafür spricht, dass Facebook allein in Deutschland über 28 Millionen aktive Nutzer.innen besitzt; weltweit sind es sogar 1,44 Milliarden. Was spräche dagegen eine solche Reichweite auszuschöpfen?
    Wir haben Verständnis für Ihre Entscheidung

    Jede Organisation, welche öffentlichkeitswirksam arbeitet, befindet sich in folgendem Dilemma: Entweder entscheidet man sich für einen Online-Auftritt bei Facebook und stimmt in Folge dessen den zweifelhaften Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu. Oder der Zugang zu einer Plattform, mit dessen Hilfe eine ungemeine Anzahl an Menschen erreicht werden kann, bleibt einem verwehrt. Der Verzicht auf Facebook kann für Organisationen mitunter einem Schritt in die Bedeutungslosigkeit gleichkommen, da andere Organisationen ihre Reichweite mittels Facebook signifikant erweitern.
    Unsere Entscheidung lautet: Kein Facebook!

    Bei Digitalcourage besteht ein allgemeiner Konsens darüber, sich deutlich gegen Facebook zu positionieren: Kommerzielle Überwachung stellt eines unserer Kernthemen dar. Aus diesem Grund erhielt Facebook bereits im Jahr 2011 den – von Digitalcourage verliehenen – BigBrotherAward in der Kategorie „Kommunikation“. In zahlreichen Interviews kritisieren wir das maßlose Sammeln von Daten durch Facebook. Nichts desto trotz sind die Möglichkeiten der Vereinsarbeit mithilfe eines Facebook-Zugangs nicht von der Hand zu weisen. Sollten Sie sich, trotz der Risiken, für Facebook entscheiden, beachten Sie bitte Folgendes:
    Grundregeln zur Nutzung von Facebook

    Mit ein paar einfachen Regeln ist es möglich, dem gesellschaftlichen Schaden, der durch die Nutzung von Facebook entsteht, entgegenzuwirken. Gegen die grundsätzlichen Probleme bezüglich Facebook, beispielsweise Monopolisierung, Kommerzialisierung und die Umgehung des deutschen und europäischen Datenschutzes, helfen auch diese Regeln allerdings nicht.
    1. Alternative Kommunikationsplattformen anbieten:

    Wer Facebook & Co. nutzt, sollte zusätzlich mindestens einen weiteren Kommunikationskanal anbieten. Dieser sollte frei sein und ebenfalls alle Inhalte verbreiten. Die Auswahl der Anbieter ist groß genug. Wir empfehlen dezentrale Ansätze wie Diaspora* oder das Fediverse. Sie haben die Wahl. Denn wer selbst keine Alternative anbietet, ist mitverantwortlich dafür, dass eines Tages vergessen ist, dass Alternativen bestehen. Durch das Befüttern alternativer Plattformen steigt auch deren Attraktivität. Wenn sich alle Organisationen, die Facebook & Co. nutzen, allein an diese Praktik hielten, wäre schon viel gewonnen.
    Mit Accountverwaltungsprogrammen wie Hootsuite sparen Sie Zeit bei der Pflege verschiedener Social-Media-Plattformen. Je höher die Nachfrage nach alternativen Plattformen wird, desto verlässlicher werden auch die Verwaltungsprogramme, welche diese einbinden. Die Attraktivität auf andere Kommunikationskanäle umzusteigen stiege, sodass langfristig die Marktmacht von Facebook aufgebrochen werden kann.
    2. Aus Facebook raus linken, nicht hinein:

    Es sollte stets auf Websites außerhalb von Facebook verwiesen werden. Die Internetnutzer.innen, welche Sie außerhalb von Facebook erreichen, sollten Sie wiederum nicht zu Facebook weiterleiten. Keine Links zu Facebook zu verwenden, ist im Interesse jeder Organisation: Denn Ihr eigenes Angebot können Sie somit verbreiten, ohne parallel kostenlos Werbung für Facebook zu machen.
    3. Mitarbeiter.innen vor AGB schützen:

    Ihr Facebook-Konto sollte von einem gesonderten Rechner verwaltet werden. Denn es ist unklar, was es im Detail bedeutet, dass – so heißt es in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen – das Onlineverhalten außerhalb Facebooks ebenfalls erforscht wird. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mahnte Facebook bereits ab, da 19 Klauseln der Geschäftsbedingungen aus Sicht des vzbv rechtswidrig seien. Es ist demnach verantwortungslos, Facebook von einem, für diverse Zwecke genutzten, Arbeitsrechner zu bedienen. Abhilfe kann ein sogenannter virtueller Rechner liefern.
    4. Ablehnung von Facebook kundtun:

    Eine kritische und reflektierte Haltung gegenüber Facebook sollte auf Ihrer Facebook-Seite sehr deutlich kommuniziert sowie der Umgang mit dieser transparent gemacht und andere zur Einhaltung der hiesigen Regeln animiert werden. Verweisen Sie auf die alternativen Plattformen, auf denen Sie ebenfalls kommunizieren.
    5. Social-Media-Buttons allenfalls als Ein-Klick-Lösung:

    Sollten Sie auf Ihrer Website Social-Media-Buttons einbinden, gibt es auch hierfür eine Möglichkeit, dies zu tun, ohne die Besucher.innen ihrer Site gesammelt an die Datenkraken auszuliefern. Mittels Shariff können Share-Buttons mit „Ein-Klick-Lösung“ datenschutzkonform auf der eigenen Website eingebunden werden. Nutzer.innen stehen hierdurch erst dann mit Facebook und Co. direkt in Verbindung, wenn sie aktiv werden, zuvor können die sozialen Netzwerke keine Daten über sie erfassen.
    Facebook lohnt sich nicht mehr

    Auch wenn die Verlockung groß ist, auch wirtschaftlich betrachtet gibt es gute Gründe, gegen eine Facebook-Nutzung:
    Grund 1: Reichweite ist begrenzt

    Eine große Reichweite kann nur durch eine hohe Interaktivität hergestellt werden. Das heißt, dass Community-Manager.innen einen hohen Arbeitsaufwand betreiben: Kommunizieren mit den Nutzer.innen, das Bereitstellen von Inhalten, planen und durchführen von Umfragen oder Spielen und Vieles mehr. Dies kostet viel Arbeitszeit und bedeutet viel Aufwand für eine vergleichsweise kurze Aufmerksamkeitsspanne der Konsumenten Ihrer Informationen.
    Grund 2: Inhalte haben es schwer

    Die Inhalte, welche Nutzer.innen auf Facebook angezeigt werden, werden ähnlich wie bei Google anhand von Algorithmen und Rankings errechnet. Facebook filtert, was die Nutzer.innen sehen (sollen). Wenn eine Facebook-Seite, beispielsweise, 200 „Gefällt-mir“-Angaben hat, wird ein Posting der betreffenden Seite möglicher Weise zwischen 15 und 30 Leuten angezeigt. Die Reichweite ihrer Informationen ist somit häufiger geringer, als angenommen.
    Grund 3: Katzenvideos sind interessanter

    Es ist kein Geheimnis: Die Beiträge mit der höchsten Resonanz auf Facebook sind emotionale Inhalte, Musik- und Katzenvideos. Da die meisten Inhalte von Organisationen aber eher informativer Natur sind, werden diese nur ein vergleichsweise kleines Zielpublikum erreichen. Denn laut Facebook-Algorithmus sind Sachinformationen weniger relevant und werden entsprechend eingestuft. Darum raten wir: Stellen Sie Ihre Inhalte auf Ihrer eigenen Seite zur Verfügung.
    Grund 4: Ohne Moos nix los

    Wer mehr Reichweite will, muss der Datenkrake Geld in den Schlund werfen. Bei einem bezahlten Account sind Ihre Möglichkeiten – Überraschung! – völlig andere. Facebook stellt Ihre Inhalte, in diesem Fall, allen Nutzer.innen vor. Der Slogan, „Facebook ist und bleibt kostenlos“, ist somit Augenwischerei, dies betont auch der Verbraucherzentrale Bundesverband.
    Unterm Strich: Facebook ist vergebene Liebesmüh

    Sie und Ihre Organisation verpassen nichts, wenn Sie nicht auf Facebook vertreten sind. Ganz im Gegenteil; in Relation überwiegt der Aufwand gegenüber dem Nutzen. Überlegen Sie es sich daher zwei Mal, ob Sie Facebook auch wirklich nutzen möchten. Im Zweifel hat Facebook mehr von ihrer Organisation als Sie von Facebook. Und wenn Sie nach diesem Artikel immer noch der Meinung sind, ohne Facebook nicht auszukommen, halten Sie sich dabei bitte aber an die oben genannten Grundregeln.

    #surveillance #Facebook #politique

  • Wie Uber lügt
    https://seenthis.net/messages/762507

    Die B.Z. diskutiert, „ob Taxis mehr Konkurrenz bekommen sollen“, und läßt ausschließlich Befürworter der Marktöffnung zu Worte kommen. Uber bedankt sich beim Verlag mit einer ganzseitigen Anzeige in den Printausgaben von Bild und B.Z. an Sonnabend, den 23.2.2019 . Die haben wir analysiert.

    Das Ergebnis verraten wir schon mal vorab: Eine Anzeige, zwölf Lügen. Kein schlechtes Verhältnis für einen internationalen Schurkenkonzern.

    Titel / Überschrift:

    Berlin ist UBERzeugt

    – Das ist eine Behauptung, und die ist Quatsch. Ein eher langweiliger Neologismus suggeriert, „Berlin“, also die ganze Stadt mit allen Bewohnern, wäre „UBERzeugt“, wovon auch immer. Das Wortspiel ist ein Kalauer aus der untersten Schublade. Nicht witzig und vor allem komplett falsch, solange nicht wirklich „alle“ Berlinerinnen und Berliner überzeugt (!) sind.

    Das ist Lüge 1.

    Schlagzeile:

    DIESE APP BRINGT UNS SCHNELL UND GÜNSTIG DURCH DIE STADT

    – Das ist ein ungenaues Versprechen. Immerhin erfahren wir, dass es darum geht, „durch die Stadt gebracht zu werden“. Schnell soll es noch dazu gehen und das ist insgesamt besser, als wenn man „um die Ecke gebracht“ würde.
    Ob das Versprechen eingelöst werden kann, denn darum geht es uns hier, muss sich bei genauerer Lektüre der Anzeige erweisen.
    Eins ist schon mal klar: Schnell, also schneller als mit dem Taxi kann ein Uber-Fahrzeug nur sein, wenn der Fahrer gegen Verkehrsregeln verstößt. Er darf keine Busspuren benutzen und hat aus gutem Grund keinen Zugang zu den für Taxis reservierten Einfahrten etwa zum Messegelände.

    Das ist eine halbe Lüge.

    Muss es mal wieder schnell gehen? Wenn Sie mit der Uber App jetzt eine Fahrt suchen, wird der Fahrer wahrscheinlich schon bei Ihnen sein, bevor Sie diesen Artikel fertiggelesen haben.

    – Was für ein Blödsinn. Dieses Versprechen ist eine bewußte Lüge, denn es kann nie im ganzen Stadtgebiet eingehalten werden. Vielleicht klappt es in Zeiten mit geringem Geschäft im Stadtzentrum, aber das wars dann auch. Das Taxi kommt in Berlin meist in weniger als 3 Minuten und in den Außenbezirken kann es schon mal 10 Minuten dauern. Da kommt Uber nicht mit.

    Auf jeden Fall wird die große Präsenz von Uber-Fahrzeugen durch die extreme Ausbeutung der Fahrer ermöglicht. Wir wissen vom Taxi, dass durchschnittliche Anfahrtzeiten von unter 5 Minuten bedeuten, dass ein Überangebot an Taxis besteht und der Fahrerlohn kaum den Mindestlohn erreicht, weil der Umsatz pro Stunde das dann nicht hergibt. Das kann bei Uber nicht anders sein, denn die Kosten für Auto, Treibstoff und Wartung sind identisch. Uber verspricht hier in Wirklichkeit, seine Fahrer sehr schlecht zu bezahlen.

    Das ist die nächste Lüge.

    Berlin ist die Uber Hauptstadt Deutschlands.

    – Das stimmt. Der US-Konzern verbrennt viel Geld, um das öffentliche Taxi aus dem Geschäft zu drängen, und anschließend die eigenen Preise unverschämt anheben zu können. Gleichzeitig werden die Fahrerprovisionen auf ein Minimum gesenkt. Das wissen wir durch die Erfahrungen mit Uber in anderen Städten uns Ländern.

    Keine echte Lüge, aber ein rhetorischer Trick, der über das Umdeuten der Benutzerperspektive funktioniert.
    Eine halbe Lüge, sozusagen.

    Hier können Sie binnen weniger Minuten Ihre Fahrt antreten.

    – Wie gesagt, das kann gelegentlich klappen, wird als Standard in der ganzen Stadt jedoch nie zutreffen.

    Diese Behauptung ist also Lüge 4.

    Mit der Uber App können Sie jetzt auf das eigene Auto verzichten und sicher, günstig und komfortabel durch die Stadt kommen.

    – Angesichts der fragwürdigen Versprechen zu den Anfahrtzeiten, gilt diese Behauptung wohl nur für privilegierte Bewohner der Innenstadt, die sowieso auf ein Auto verzichten, weil es im Zentrum nicht genug Parkplätze gibt.

    Als perfekte Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr entspannt das die Berliner Straßen.

    – Aus dem Gesagten folgt, was bereits Untersuchungen in New York und anderen Städten gezeigt haben: Die durch Dumping-Löhne ermöglichten Fahrpreise bei Uber verleiten zahlreiche Benutzer von Bus und Bahn, lieber mit dem Uber-Auto zu fahren. Eine Verringerung des innerstädtischen Verkers tritt nicht ein, sondern der Verkehr nimmt im Gegenteil zu. Das Gleiche gilt auch für Car-Sharing Angebote, die ebenfalls Viele vom Benutzen des ÖPNV abhalten, womit sie wirkich zur Verringerung des Verkehrs und Verbesserung des Platzangebotes beitragen könnten.

    Diese Behauptung stellt Uber wider besseres Wissen auf.
    Sie ist Lüge Nummer 5.

    Die Uber App vermittelt mit modernster Technologie Fahrten nur zwischen professionellen Fahrern mit Personenbeförderungsschein und Fahrgästen.

    – Dass die Uber-App modernste Technologie ist, darf bezweifelt werden. Rocket-Science, mit der man zum Mond fliegen kann, ist sie jedenfalls nicht. Diese Behauptung ist das übliche Werbegedöns und geht als halbe Lüge durch.

    Auch dass die Uber-Fahrer „professionell“ sind, darf bezweifelt werden. Uber hat durch Lobbying erreicht, dass es nur noch zwei Voraussetzungen für den Personenbeförderungsschein für Mietwagen gibt: Ein Führerschein und ein sauberes Führungszeugnis. Eine wie auch immer geartete Ausbildung, die dem Bild vom „professionellen Fahrer“ entsprechen würde, gibt es bei Uber nicht. Mit Sympathie für Uber bewertet ergibt das eine halbe Lüge .

    Dann folgt die Behauptung, dass zwischen Fahrern und Kunden vermittelt würde. Das wird meistens nicht der Fall sein, denn der Beförderungsvertrag kommt nicht zwischen dem Fahrer und dem Fahrgast zustande, sondern zwischen Fahrgast und dem Unternehmen, dem das Auto gehört. Uber ersetzt hier die zutreffende Beschreibung des Vertragsverhältnis durch seine eigene Definition, die auf der Fiktion beruht, dass sich ausschließlich freie Unternehmer auf dem Markt begegnen. Das ist in Deutschland zum Glück nicht der Fall. Hierzulande sind abhängig Beschäftigete als Erfüllungsgehilfen des Unternehmers und Verbraucher durch besondere Gesetze und Verordnungen ein Stück weit vor Macht und Willkür großer Unternehmen geschützt.

    Uber möchte das ändern und behauptet deshalb einfach mal, dass es schon so wäre.
    Lüge Nummer 7.

    Das Modell, bei dem private Fahrer Fahrgäste transportiert haben, gibt es schon seit Jahren in Deutschland nicht mehr.

    – Es stimmt, dass Uber in der ersten Zeit Privatleute zu Steuerhinterziehung und Fuhrunternehmer zusätzlich zum Betrug an den Sozialversicherungen angestiftet hat. Das ist dem Unternehmen von allen kompetenten Gerichten untersagt worden. Der Satz ist zwar keine Lüge, redet aber das sozial schädliche und aggressive Geschäftsmodell des Konzerns schön.

    DIE NUTZUNG DER UBER APP:
    1. Ziel eingeben
    2. Fahrpreis bestätigen
    3. Fahrernamen und Autokennzeichen sehen
    4. Binnen weniger Minuten geht es los

    – Kann schon sein, dass die Punkte 1 bis 3 stimmen, sonst hätte Uber ein Problem. Die letzte Behauptung ist erneut gelogen, weil sie nicht zuverlässig verwirklicht werden kann.

    Auch die Wiederholung zählen wir als Lüge Nummer 8.

    WER FÄHRT MICH DA EIGENTLICH?
    Nach der Buchung sehen Sie den Namen des professionellen Fahrers, seine Bewertungen durch andere Fahrgäste und das konkrete Fahrzeug inklusive des Kennzeichens. Fahrer können über eine anonymisierte Anruffunktion kontaktiert werden, sollten Sie sich im dichten Verkehr nicht finden. Das gibt schon vor Fahrtantritt ein gutes Gefühl.

    – Dass die angeblich professionellen Fahrer keine sind, haben wir schon gezeigt. Dass diese nach den uns bekannten wirtschaftlichen Eckdaten oft noch nicht einmal den Mindestlohn verdienen dürften, macht sie nicht professioneller. Und ob bei den bekanntermaßen regelmäßig bescheidenen Deutsch- und Fremdsprachenkenntnissen der Fahrer eine „anonymisierte Anruffunktion“ hilfreich oder lästige Zeitverschwendung ist, kann der geneigte Fahrgast nur ausprobieren.

    Über die mangelnden Stadt- und Sprachkenttnisse bei Uber-Fahren sehen Touristen wegen des angeblich so billigen Preis gerne hinweg, und ihnen fällt es zum Glück meistens nicht auf, wenn die Unternehmer, die für Uber fahren, Gestalten ohne Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis ans Steuer setzen. Wie häufig das vorkommt, können wir nicht sagen, unsere Kollegen haben jedoch bereits zur Ausreise verpflichtete Straftäter am Steuer von Berliner Uber-Fahrzeugen ausgemacht. Wir können nicht prüfen, ob diese Berichte stimmen, halten sie jedoch in Kenntnis der Skrupellosigkeit einiger Fuhrunternehmer für plausibel. Zusammen mit den international immer wieder berichteten Fällen von Vergewaltigungen durch Uber-Fahrer ergibt sich ein düsteres Bild der Sicherheit des Uber-Systems.

    Profi-Lüge wiederholt macht Lüge 9.

    Ob Uber ein gutes Gefühl vermittelt, können wir nicht wissen. Die mangelnde Aufsicht spricht jedenfalls dafür, dass Kunden im Taxi sicherer ankommen und einen besseren Service genießen.

    WAS KOSTET DIE FAHRT?
    Dank der Uber App haben die Fahrer ständig Fahrgäste und müssen nur wenig warten. Die bessere Auslastung sorgt dafür, dass die Preise besonders niedrig sind. Was Sie bezahlen, sehen sie in der App, noch bevor Sie die Bestellung abschicken. Und auch wenn Sie mal im Stau stehen, ändert sich der Fahrpreis nicht! Sind Sie am Fahrziel angekommen, steigen Sie einfach aus und die App bezahlt automatisch mit der hinterlegten Kreditkarte oder PayPal.

    – Wie gut die Auslastung der Uber-Fahrzeuge ist, können nur Uber und die Vertragsunternehmen wissen. Wirkich gut kann die nur zu Stoßzeiten sein, denn wir sehen regemäßig zahlreiche Uber-Fahrzeuge illegal am Flughafen und in der Nähe von Gaststätten auf Kunden warten.

    Wir müssen davon ausgehen, dass es den Uber-Kollegen eher schlechter als fest angestellten Taxifahrern geht, denn bei Mietwagen gibt es, anders als im Taxi, keine Kontrolle über Umsätze und Arbeitszeiten, die Finanzamt und Sozialversicherungen eine wirksame Prüfung der Löhne und Umsätze erlauben würden. Da die Auskünfte, die ein angeblicher Uber-Fahrer kürzlich der Berliner Zeitung zu seinen Touren und seinem Einkommen gab widersprüchlich und nicht im Mindesten plausibel waren, dürfen wir von unseren Erfahrungen zur Arbeits- und Einkommenssituation für Taxifahrer auf die der Uber-Fahrer schließen. Sie verdienen mit Sicherheit oft weniger als den gesetzlichen Mindestlohn.

    Die angebliche Preissicherheit im Uber-Werbetext unterschlägt tunlich das berüchtigte surge-pricing , bei dem, anders als im Taxi, die gleiche Strecke viel teurer als gewohnt werden kann. Unbezahlte Arbeit erlebt der Taxifahrer ebenfalls, wenn er im Stau steht. Erst bei längeren Wartezeiten werden die vom Taxameter erfasst.

    Beim Bezahlen macht die Uber-Werbung ein Verkaufsargument aus einem großen Nachteil: Es gibt keine Barzahlung. Im Taxi kann jeder sich dank Barzahlung so frei und unerkannt bewegen wie auf der Straße. Niemand verfolgt oder überwacht Taxikunden. Ob das „automatische“ Zahlen per Kreditkarte und Paypal und die damit verbundene massive Überwachung durch mindestens ein halbes Dutzend Firmen und Behörden besser als Barzahlung ist, muss jeder Kunde selber entscheiden. Im Taxi sind beide bargeldlosen Zahlungsweisen ebenfalls möglich.

    Für die zwei verdrehten Zustandsbeschreibungen und das unterschlagene surge-pricing gibt es einen zurückhaltenden Lügenpunkt.

    Das wäre Nummer 10.

    Dazu gibt es immer wieder Promo-Aktionen und Gutscheine. Für Ihre erste über die Uber App gebuchte Fahrt gibt es zum Beispiel satte 20 Euro Rabatt, also probieren Sie es direkt aus! Wie es geht, erfahren Sie im entsprechenden Abschnitt auf dieser Seite.

    – Die schämen sich für gar nichts. Was dem Drogendealer der kostenlose erste Schuß ist dem Uber die subventionierte Einstandsfahrt. Hauptsache erstmal Kundendaten erfassen, dann folgt die Nutzung irgendwann sowieso. Vom mangelhaften Datenschutz in den USA, wohin die Kundendaten übertragen werden, und der schlechten rechtlichen Position der Kunden gegenüber dem im Ausland ansässigen Konzern, der gerne mal Anordnungen deutscher Gerichte ignoriert, ist hier natürlich nicht die Rede.

    WUSSTEN SIE SCHON?
    7 interessante Fakten rund um Uber

    – Fakten oder mit der Wahrheit erlogene Verdrehungen?

    1. ALLES KLAR! Bereits vor Fahrtantritt wissen Sie, wie hoch der Fahrpreis sein wird, denn Uber zeigt Ihnen den Preis schon vor der Buchung.

    Der Taxipreis kann ein Jahr oder länger im Voraus abgefragt werden, bei Uber verhindert surge-pricing eine zuverlässige langfristige Auskunft.

    Lüge Nummer 11.

    2. KURZ UND GUT: In der App sehen Sie Ihre Fahrstrecke bis zum Ziel – so wissen Sie genau, dass Ihr Fahrer keine unnötigen Umwege mit Ihnen fährt.

    – Fragt sich, wozu der Kunde das wissen will. Der Preis steht doch vor der Fahrt fest, oder etwa nicht?

    3. WO BIST DU GERADE? Ihre Familie möchte wissen, wo Sie sind? Dann übermitteln Sie Ihre Strecke über die Funktion „Fahrtstatus teilen“ in Echtzeit Ihren Lieben.

    – Klasse Sache für alle, die nicht wissen, wer George Orwell war. Die verwenden dann Google Maps mit eingeschaltem Wegeprotokoll, Facebook, Uber, Twitter und viele andere nette Spitzelapps. Wer privat bleiben will, telefoniert mit seinen Freunden.

    4. ABER SICHER! Sicherer geht es kaum! Jede Fahrt ist vollständig versichert.

    – Wie schön. Das Uber-Marketing hat die Kritik an Zuverlässigkeit und Sicherheit des Angebots gehört. Was aber heißt „voll versichert“? Gegen die undurchschaubaren Vertragsverhältnisse bei der Nutzung des Uber-Dienstes hilft keine Versicherung. Schon mal einen US-Konzern in Deutschland verklagt?

    Wenn Zeitverzögerung durch mangelnde Sprach- und Ortskenntnisse der Fahrer entstehen, zahlt dann eine Versicherung?

    Das Taxi hingegen bewegt sich rechtlich in Deutschland und alle Beteiligten werden engmaschig von einer Aufsichtsbehörde überwacht. Bei Problemen im Taxi kann man persönlich mit Unternehmer und Behörde sprechen, und Mißstände in den Betrieben unmittelbar abstellen lassen. Die Ranking-Funktionen der Uber-App sind dagegen ein nettes Spielzeug ohne rechtliche Relevanz.

    Keine Lüge aber Betrug durch Auslassung.

    5. EIN JOB FÜR PROFIS: Alle Fahrten werden von professionellen Fahrern mit Personenbeförderungsschein durchgeführt.

    – Der Personenbeförderungsschein für Mietwagen ist das Geld nicht wert, auf dem er gedruckt wurde, denn jeder kann ihn ohne besondere Ausbildung erhalten. „Professionell“ sind Uber-Fahrer nur, wenn jeder „Profi“ ist, der Geld für eine Tätigkeit erhält, Pfuscher eingeschlossen.

    Für die Wiederholug gibt es einen halben Lügenpunkt.

    6. UNTERWEGS IN DER GANZEN STADT: Auch in Randgebieten können Sie sich auf Uber verlassen und Fahrten buchen.

    – Jawoll meine Herrn, so haben wir das gern, trällert Heiz Rühman als Hochstapler in Der Mann, der Sherlock Holmes war und genauso ernst wie die alte Komödie darf man dieses Angebot nehmen, zumindest wenn man es mit der in dieser Anzeige zugesagten Anfahrtzeit ernst nimmt. Uber weigert sich nach Erfahrung von Kunden gelegentlich durchaus, Aufträge zu bedienen, wenn keine Autos zur Verfügung stehen. In den Randgebiten der Stadt müssen Kunden sich dann wohl zusätzlich zur längeren Wartezeit auf heftiges surge-pricing einstellen, mit dem Fahrer zur Annahme von Aufträgen motiviert werden sollen.

    Eine Absichtserklärung ist kein Versprechen und keine zuverlässige Zusage, deshalb gibt es einen halben Lügenpunkt, und das Dutzen wäre voll.

    Lüge Nummer 12.

    7. WELTWEIT EINE APP: Die Uber App können Sie auf der ganzen Welt nutzen, auch ohne Ortskenntnisse und lokale Währung.

    Ja sicher. Die Uber-Fahrer haben ebenfalls weltweit keine Ortskenntnisse.

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    – Die fragwürdigen Verkaufsmethoden und den löchrigem Datenschutz bei Uber haben wir bereits kommentiert. Leider ist den meisten jungen Verbrauchern nicht klar, worauf sie sich bei diesem Lockangebot einlassen. Wer die biblische Geschichte vom für ein Linsengericht verkauftem Erstgeburtsrecht kennt, hat einen ungefähren Eindruck voń den Folgen, die ein Vertrag mit der Datenkrake Uber hat. Alle anderen können sich auf eine US-amerikanischen Erfahrung verlassen:

    There ain’t no such thing as a free lunch.

    Bei uns heißt das: Rasiert wird morgen.

    Mit Lügnern macht man keine Geschäfte.

    Zur Entspannung nach dem anstrengenden debunking empfehlen wir, den lustigsten Hochstaplern der deutschen Filmgeschichte zu lauschen.

    Heinz Rühman und Hans Albers singen
    Jawoll, meine Herrn!

    https://www.youtube.com/watch?v=tYnbnbKIncM

    Karaoke-Swing-Version
    https://www.youtube.com/watch?v=pXhEuXbKHyQ

    #Berlin #Uber #Werbung

  • #failoftheweek: München und Microsoft - ein schwerer Ausnahemefehler | Zündfunk | Bayern 2 | Radio | BR.de
    https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/zuendfunk/fail-muenchen-und-microsoft-ein-schwerer-ausnahmefehler-100.html

    Comment le lobbying de Microsift a tué Linux à Munich

    08.02.2019 - von: Christian Schiffer

    2003 schaute die Welt auf München. Die Stadt hatte es gewagt, sich gegen den Tech-Giganten Microsoft zu stellen. Die Computer der Stadt liefen von da auf dem Open Source-System Linux. 2020 wird dieser Ausflug beendet sein. Denn Microsoft ist mächtig.

    Steve Ballmer irgendwann in den Nullerjahren. Der damalige Chef von Microsoft springt auf einer Firmen-Veranstaltung über die Bühne. Ballmer schwitzt, Ballmer kreischt, Ballmer schüttelt den Kopf, weil er das einfach nicht fassen kann, wie geil, also wirklich WIE GEIL, diese Firma ist: Microsoft. Microsoft! Der sanfte IT-Riese, den alle lieben! Microsoft! Die Firma mit Windows, Word und Excel! Microsoft! Die Firma, die die Menschheit fast im Alleingang ins Digitalzeitalter gewummst hat! Microsoft! Die Firma mit dem Internet-Explorer, dem ja wohl gesamt-geilsten Internet-Browser der Welt! Paint, Minesweeper, Solitär: Alles geiler Microsoft-Shit!
    Power-Hühne und Ex-Microsoft-Chef Steve Ballmer

    Irgendwann kommt der hüpfende Power-Hüne vor einem Mikrofon schwer atmend zum Stehen. Der 1,96 Meter große Vorstandsvorsitzende wirkt damals ein wenig wie der Oliver Kahn unter den Unternehmenslenkern: Engagiert, verrückt, animalisch, voll auf Testosteron. Vor allem aber wirkt er wie jemand, mit dem man lieber nicht alleine in einem Raum sein möchte, wenn er unzufrieden ist.

    Doch das genau muss im Jahr 2003 der damalige Münchner Oberbürgermeister Christian Ude. München beschließt damals, die Stadtverwaltung auf Open Source umzustellen. Hintergrund ist, dass Microsoft kurz vorher den Support für Windows NT4 einstellt und die Stadt zwingen will, Millionen auszugeben, um auf eine neue Windows-Version umzusteigen. Die Entscheidung der Stadt München auf freie Software zu setzten, wird damals auf der ganzen Welt aufmerksam verfolgt. Auch deswegen unterbricht Steve Ballmer extra seinen Ski-Urlaub, um Christian Ude nochmal persönlich ins Gewissen zu reden, doch Ude bleibt hart.
    Bill Gates lauert am Rande der Bundesgartenschau

    Später lauert dem Münchner Oberbürgermeister dann auch noch Bill Gates am Rande der Bundesgartenschau auf und bittet ihn ein Stück in seinem Auto mitzufahren. Was dann passiert, schilderte Christian Ude im Deutschlandfunk so: „Und dann fragte er: Warum tun Sie das, das ist doch ein irrer Schritt, warum machen Sie das? – Und ich sagte: Um unabhängig zu werden. – Ja, von wem denn unabhängig? – Und dann sagte ich: Von Ihnen.“

    Ude bleib erneut hart und München startet das LiMux-Projekt. Auf den 15.000, zum Teil offenbar veralteten Rechnern der Stadtverwaltung soll nun Linux laufen. Über die Jahre spart die Stadt so eine Menge Geld ein, doch die Systeme sind auch fehleranfällig. Einmal fällt zum Beispiel das gesamte Mail-System der Stadt aus, weil jemand eine Nachrichte mit einer überlangen Betreffzeile schreibt. Die CSU mäkelt immer wieder an dem Projekt herum und dann kommt mit Dieter Reiter ein Oberbürgermeister ans Ruder, der sich in einem Interview als bekennender Microsoft-Fan outet.

    Vielleicht wegen dem ganzen geilen Microsoft-Shit, vielleicht aber auch, weil er als Wirtschaftsreferent seine Finger im Spiel hat, als der IT-Riese 2013 entscheidet, seine Zentrale von Unterschleißheim nach München zu verlegen.

    Dieter Reiter ist bekennender Microsoft-Fan

    Diese Woche kam dann aber auch noch heraus, dass die Unternehmensberatung Accenture mit Microsoft eine gemeinsame Service-Sparte gründen möchte. Accenture wiederum ist ausgerechnet die Unternehmensberatung, die Ende 2016 München dazu rät, doch bitte wieder zu Microsoft zurück zu kehren.

    Wieder Steve Ballmer. Diesmal noch verschwitzter und mindestens genau so bizarr: Der Ex-Microsoft-Chef beschwört die Wichtigkeit der Software-Entwickler – und damit hat er recht! Software-Entwickler bräuchte aber vor allem die Open Source-Szene, denn freie Software schreibt sich schließlich nicht von selbst, auch hier müssen Programmierer bezahlt werden. Und genau deswegen wäre es so wichtig, dass Städte und Gemeinden auf Open Source setzen. Einerseits wird dauernd der Einfluss von großen Software-Konzernen beklagt, man beschwert sich, dass Microsoft, Google, Facebook und alle die anderen Unternehmen im Plattform-Kapitalismus so mächtig geworden sind. Andererseits weigert man sich, die beachtliche staatliche Power dafür einzusetzen, Alternativ-Plattformen zu fördern, die günstiger sind und sicherer.

    Städte und Gemeinden sollten auf Open Source setzen

    Open Source kann eben nur funktionieren, wenn viele mitmachen. LiMux hätte hierbei ein Anfang sein können und gilt heute stattdessen tragischerweise als schwerer Ausnahmefehler.

    #Allemagne #Munich #Linux #Microsoft #politique

  • Uber-Fahrer kritisieren Arbeitsbedingungen in Düsseldorf
    https://rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/uber-fahrer-kritisieren-arbeitsbedingungen-in-duesseldorf_aid-36640977

    Für Christoph Weigler war der 1. Oktober 2018 ein Neustart, für Ingo Kron der Beginn des Widerstands. Vier Jahre waren vergangen, seit Gerichte das Uber-Angebot Pop verboten hatten, bei dem Privatpersonen Fahrgäste befördern. Diesmal sollte mit neuem Angebot alles besser werden. „Heute lautet unsere wichtigste Norm: Tue immer das Richtige. Punkt“, sagte Deutschland-Chef Christoph Weigler im September. Taxi-Unternehmer Ingo Kron sagt hingegen: „Uber ist immer noch unser Feind. Die wollen uns platt machen.“

    Knapp vier Monate später ist die Kritik am System Uber immer noch groß: Fahrer berichten von miesen Arbeitsbedingungen, Aufsichtsbehörden ermitteln wegen Verstößen gegen geltendes Recht – und die Taxi-Fahrer monieren Wettbewerbsverzerrung.

    Niederlande In den Niederlanden musste Uber zuletzt die Anforderungen an Fahrer verschärfen, nachdem seit Dezember allein in der Hauptstadt Amsterdam bei von Uber-Fahrern verursachten Unfällen vier Menschen ums Leben gekommen sind und ein neunjähriges Kind schwer verletzt wurde.

    Spanien In Spanien streikten zuletzt Taxifahrer und forderten härtere Regeln für Uber. In Barcelona setzten sie durch, dass Uber-Fahrten mindestens eine Stunde vorab bestellt werden müssen. Uber stellte daraufhin den Dienst in der Stadt ein.

    Österreich Die Wiener Taxi-Zentrale 40100 erwirkte Ende vergangenen Jahres mehrere Geldstrafen gegen Uber wegen Verstößen. Die Strafen belaufen sich mittlerweile auf mehr als 650.000 Euro.

    Uber gibt sich nach außen hin sauber. Schon beim Bestellvorgang in der App werden Nutzer darauf hingewiesen, dass man nur der Vermittler sei. „Wir von Uber haben keine Autos“, betont das Unternehmen. Per Uber-App können Nutzer zwar ein Fahrzeug rufen. Doch für die Fahrten arbeitet Uber mit Mietwagenfirmen zusammen – und verlagert Probleme und Verantwortung auf eine andere Ebene.

    Obwohl es in Düsseldorf bereits 92 Unternehmen mit insgesamt 482 Mietwagen-Konzessionen gibt, kamen mit Uber auch viele neue Autos in die Stadt – von Mietwagenfirmen aus dem Kreis Viersen, Bonn, sogar aus anderen Bundesländern. Seit Uber in der Stadt ist, beobachtet der zuständige Düsseldorfer Dezernent Andreas Meyer-Falcke eine steigende Nachfrage nach Mietwagen-Konzessionen von Unternehmen, die sich neu anmelden wollen. Taxi-Fahrer wie Kron beobachten hingegen Uber-Fahrer, die in Fahrzeugen mit Kölner Kennzeichen auf Parkplätzen am Rhein schlafen, während sie auf neue Fahrgäste warten.

    Uber-Chef Weigler betont: „Im Rahmen der Zusammenarbeit gibt es von unserer Seite die explizite Aufforderung, sich an alle geltenden Vorgaben zu halten.“ Thomas Grätz, Geschäftsführer des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands, sagt hingegen: „Wir glauben nicht, dass sich die Mentalität von Uber, sich nicht an nationale Gesetze zu halten, wirklich geändert hat.“

    Deswegen organisieren sich Taxi-Fahrer wie Ingo Kron in Facebook-Gruppen, die „Gegen Uber Düsseldorf und BRD“ heißen und sammeln in der Stadt Belege, dass sich die Fahrer nicht an die geltende Rückkehrpflicht halten. Denn Mietwagenfahrer müssen eigentlich nach jedem Auftrag an ihren Betriebssitz zurückkehren. Aber tun sie das auch?

    „Wir können einem Fahrzeug ja von außen nicht ansehen, ob es sich um einen Mietwagen handelt“, sagt Dezernent Meyer-Falcke. Und deswegen weiß hier in Düsseldorf auch niemand so genau, wie viele Mietwagen hier tatsächlich fahren. „Theoretisch dürften die Fahrer ja auf dem Rückweg zum Betriebssitz sogar neue Fahrgäste aufnehmen, wenn der Auftrag am Betriebssitz eingegangen ist und dort in das Betriebsbuch eingetragen wurde“, sagt Meyer-Falcke.

    Vier Mitarbeiter hat die Düsseldorfer Verkehrsüberwachung. Sie müssen sich um 482 Mietwagen- und rund 1400 Taxi-Konzessionen in der Stadt kümmern – und auf Mietwagen ohne Düsseldorfer Kennzeichen haben sie noch nicht mal Zugriff.

    In Düsseldorf sind momentan sechs Verfahren anhängig, weil Mietwagen-Unternehmer aus der Stadt gegen die Regeln verstoßen haben. Alle gingen Ende vergangenen Jahres los. Ob es einen Zusammenhang mit dem Start von Uber gibt, darf Dezernent Meyer-Falcke nicht sagen. Allerdings heißt es im Rathaus, die aktuelle Verfahrenszahl sei im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen.

    Eines dieser Unternehmen ist die Safedriver Ennoo DUS GmbH. Geschäftsführer ist Thomas Mohnke. Er ist kein Neuling in der Branche, im Gegenteil. Mohnke ist laut Branchenkennern Ubers wichtigster Partner in Deutschland. Denn Mohnke leitet die Safedriver-Gruppe, zu der neben Ennoo auch Rocvin gehört, der ehemalige Bundestagsfahrdienst, der seit Jahren in Berlin für Uber fährt.

    Die unterschiedlichen Geschäftsmodelle, hier der weiterhin angebotene Limousinen-Service für Geschäftskunden, dort die Fahrten für Anbieter wie Uber, hat Mohnke im „Tagesspiegel“ einmal mit dem Modell Lufthansa-Eurowings verglichen: „Wir haben neben dem Lufthansa-ähnlichen Limousinendienst noch eine Billigfluggesellschaft gegründet“.

    Und da gelten offenbar auch Billig-Bedingungen für die Angestellten. Das belegen Gespräche und E-Mails, Verträge und Zielvereinbarungen, die unserer Redaktion vorliegen. Es geht um Tricksereien bei der Arbeitszeit, unrealistische Gehaltsversprechen, kurzum: eine Firmenpolitik zulasten der Angestellten.

    Jacob Joussen, Professor für Arbeitsrecht an der Ruhr-Universität Bochum, fasst die Regelungen in den Arbeitsverträge und Zielvereinbarungen des Unternehmens so zusammen: „An manchen Stellen rechtlich fraglich, durchgängig an der unteren Grenze dessen, was man vereinbaren kann.“

    Safedriver Ennoo ist am 8. Oktober 2018 in Düsseldorf gestartet. Ein Zufall ist das nicht. Wo Uber ist, da ist auch Safedriver – oder umgekehrt. Mohnkes Leute fahren für Uber in Berlin, Düsseldorf und München – und als der Fahrdienstvermittler im Dezember seinen Start in Frankfurt bekanntgab, war Safedriver Ennoo dort bereits seit Oktober mit einer eigenen Gesellschaft vertreten. Seit Kurzem gibt es auch einen Ableger in Stuttgart, wo Uber bislang kein Angebot hat. Und ab März sucht Ennoo einen Manager für Köln, ab Juni welche für Hamburg und Stuttgart. Ein Hinweis darauf, wie Uber sein Deutschland-Geschäft ausrollen will? Deutschland-Chef Weigler sagt jedenfalls: „Ich schließe nicht aus, dass wir unser Angebot in diesem Jahr auf andere Städte ausweiten.“

    In Düsseldorf hat Ennoo jedoch auch Wochen nach dem Start mit Problemen zu kämpfen. Fünf Mitarbeitern wurde bereits wieder gekündigt, weitere verließen das Unternehmen, weil ihnen die Konflikte mit den Taxi-Fahrern zu viel wurden, anfangs gab es immer wieder Probleme mit der Uber-App – und dann ist da noch die Sache mit dem Verfahren, über das Geschäftsführer Mohnke sagt: „Es gab Anzeigen aus der Taxi-Branche wegen Verstößen gegen das Personenbeförderungsgesetz, die wir allerdings bestreiten. Wir haben deswegen Einspruch eingelegt.“

    Doch unter den Fahrern rumort es. Um für Ennoo fahren zu dürfen, mussten viele zunächst einen Personenbeförderungsschein machen – die Kosten von bis zu 220 Euro zahlten sie aus eigener Tasche. Für die Uber-App müssen die Fahrer ihre privaten Smartphones nutzen, inzwischen gibt es zumindest einen Zuschuss für den Datenverbrauch von sieben Cent pro Online-Stunde. Und dann ist da noch die Sache mit dem Gehalt. Ennoo wirbt für Düsseldorf mit einem Stundenlohn von bis zu 12,25 Euro. Mohnke sagt, der Grundlohn läge bei 10,25 Euro, dazu kämen Nachtzuschläge und Leistungsprämien.

    Verträge und Zielvereinbarungen zeigen jedoch ein anderes Bild. Gezahlt wird demnach zunächst mal nur der gesetzliche Mindestlohn von 9,19 Euro die Stunde. Um auf 10,25 Euro zu kommen, heißt es in einer Mail an die Fahrer, müsse man alle Bonuskriterien erfüllen. Dafür dürfen die Fahrer nicht zu viel Sprit verbrauchen oder zu viele Kilometer fahren, müssen eine Bewertung von mindestens 4,78 von fünf Punkten erzielen und dürfen nicht mehr als fünf Prozent der angenommenen Fahraufträge stornieren. Abweichungen beim Sprit, Kilometerstand oder der Fahrgastbewertung sind für Safedriver Ennoo sogar Grund für eine fristlose Kündigung.

    In der Praxis sind diese Ziele offenbar gar nicht so leicht zu erreichen. „Wenn ich eine Fahrt stornieren musste, weil der Fahrgast nicht da war oder ich im Fahrzeug keinen Kindersitz habe, ist das nicht mein Verschulden – so wurde es aber behandelt“, sagt ein Fahrer. Mohnke bestreitet das. Stornierungen aus einem triftigen Grund würden auch so gewertet.

    Ein anderer Fahrer erzählt, dass es die Ansage gab, auch beim Tanken oder in der Waschstraße mit der Uber-App online zu sein, um neue Fahrgäste annehmen zu können. Thomas Mohnke bestreitet auch das: „Das Gegenteil ist der Fall. Wir sagen: Du kannst immer dann online sein, wenn du abfahrbereit bist.“

    In einer internen Mail gibt Ennoo seinen Fahrern allerdings Tipps, wie sie mehr Umsatz machen können. Dort heißt es: „Tanken: bleibe online! Nach dem Tanken kannst du zum nächsten Kunden weiterfahren.“ Viele Fahrer weigerten sich jedoch trotzdem. „Da kriegen wir ja den Anschiss vom Fahrgast, wenn wir zu spät kommen, weil in der Tankstelle eine Schlange war.“ Zweites Problem: Braucht man zu lange zum Fahrgast, bewertet der einen wegen der Verspätung vielleicht nur mit ein oder zwei Punkten oder storniert die Fahrt. Nimmt man die Fahrt nicht an, bekommt der Fahrer jedoch auch Abzüge. So oder so sinkt dadurch sein Einkommen – unverschuldet.

    Zumindest für das Problem mit den Stornierungen gab es laut Fahrern bei Safedriver Ennoo eine kreative Lösung. „Die Ansage von unseren Chefs war: Lasst die Fahrgäste stornieren, dann kriegen wir wenigstens 3,85 Euro für die Storno“, sagt ein Fahrer. Denn für jede Fahrt, die zwei Minuten nach der Annahme durch den Fahrer vom Fahrgast storniert wurde, erhebt Uber eine Gebühr von fünf Euro – einen Teil gibt das Unternehmen an die Mietwagenfirmen weiter. Mohnke bestreitet, dass es so eine Anweisung gab. Uber-Chef Weigler sagt: „Wir haben absolut kein Interesse daran, dass Stornierungsgebühren gezahlt werden müssen.“

    Und während das Unternehmen laut Arbeitsvertrag von seinen Mitarbeitern Pünktlichkeit verlangt, versucht es offenbar gleichzeitig zu verhindern, dass mehr als die tatsächliche Fahrzeit bezahlt werden muss. „Oft war zu Schichtbeginn das Fahrzeug noch nicht wieder da“, sagt ein Fahrer: „Die Wartezeit wurde uns aber nie gutgeschrieben.“ Thomas Mohnke widerspricht: „Richtig ist, dass wir Online-Zeiten vergüten. Fakt ist aber auch, dass wir die Fahrer auch dann klipp und klar bezahlen, wenn es im Betriebsablauf unverschuldet zu Verzögerungen kommt.“

    In internen Mails versprechen auch die Düsseldorfer Safedriver-Verantwortlichen Abhilfe – zumindest ein bisschen. „Natürlich kümmern wir uns darum, wenn ihr auf Grund von Arbeitsabläufen oder extrem verspäteter Fahrzeugübergabe viel Onlinezeit verliert, jedoch wird nicht jede Minute gutgeschrieben“, heißt es in einer Mail: „Ich denke, dort ist auch Kulanz von beiden Seiten gefragt, da wir auch nicht hinter jeder Minute hinterherlaufen, die mal einer zu spät kommt.“

    „Insgesamt sind die Entlohnungsgrundsätze schon sehr unerfreulich für die Beschäftigten“, sagt Arbeitsrecht-Experte Jacob Joussen: „Man gewinnt den Eindruck, dass es kaum über den Mindestlohn hinausgehen kann. Gute Arbeitsbedingungen sehen aus meiner Sicht anders aus.“

    Hinzu kommen die Probleme, die kein Arbeitsvertrag regeln kann, die aber viel über die Stimmung in der Stadt aussagen. Denn Ennoo Safedriver hat seine Fahrzeuge in der Garage am Düsseldorfer Hotel Nikko abgestellt – in unmittelbarer Nähe zu einem Taxi-Stand. Mehrere Fahrer berichten, dass sie immer wieder von den Taxi-Fahrern angepöbelt wurden. „Wenn man Uber-Fahrer und Taxi-Fahrer so nah zusammen bringt, ist doch klar, dass es Ärger gibt. Das ist unverantwortlich“, sagt ein Fahrer.
    Aufgeheizte Stimmung

    Beispiele dafür gibt es zuhauf: Ein Uber-Fahrer wurde abends von drei Taxi-Fahrern bedrängt. Ein Fahrgast fotografierte den Vorfall und machte ihn öffentlich. Ein anderes Mal fuhr ein Taxi-Fahrer mit offenem Fenster neben einem Uber-Fahrer, filmte und beleidigte ihn. Und zuletzt brachte Safedriver einen Vorfall zur Anzeige, bei dem ein Taxi-Fahrer einen Uber-Fahrer filmte und auf ihn auffuhr.

    Die Stimmung ist aufgeheizt. Viele Taxi-Fahrer haben Vordrucke für Anzeigen im Handschuhfach, mit denen sie jeden Verstoß eines Uber-Fahrers gegen das Personenbeförderungsgesetz direkt zu Papier bringen können. Einige filmen Uber-Fahrer mit einer App namens Timestamp, die Datum, Uhrzeit und Geodaten direkt mitaufzeichnet. Nur so, sind Fahrer wie Ingo Kron überzeugt, könne man erreichen, dass sich die Unternehmen an die gesetzliche Rückkehrpflicht halten und nicht stattdessen auf öffentlichen Parkplätzen auf die nächsten Fahrgäste warten.

    Es kursieren Bilder unter Taxi-Fahrern, auf denen mehrere weiße Ennoo-Mietwagen vor dem Hotel Nikko in einer Reihe parken als seien es Taxis. Aus Sicht der Taxi-Fahrer ein klarer Gesetzesverstoß. Die Ansage, hier zu parken, habe es von den Chefs gegeben, hat ein Fahrer mal offen gegenüber einem Taxi-Fahrer eingeräumt. Mohnke bestreitet das: „Das Parken im Parkhaus ist gewünscht – aber vielleicht finden es die Mitarbeiter draußen einfach schöner.“

    von Florian Rinke (Jahrgang 1985) Redakteur im Wirtschaftsressort. Dort befasst er sich hauptsächlich mit den Themen Digitalisierung und Mobilität.

    gefunden über : https://www.taxi-times.com/rheinische-post-deckt-brisante-hintergruende-zu-uber-auf

    #Uber #Deutschland #Düsseldorf

  • Digitalisierung braucht Zivilgesellschaft | Robert Bosch Stiftung
    https://www.bosch-stiftung.de/de/publikation/digitalisierung-braucht-zivilgesellschaft

    Fallbeispiel 5: Digitalisierung ohne Grenzen bei Reporter ohne Grenzen

    Die international tätige NGO „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) macht die Chancen und Heraus- forderungen der Digitalisierung für journalistisches Arbeiten zum Thema. Daniel Moßbrucker ist derjenige, der die digitalen Themen bei der deutschen Sektion in Berlin verantwortet und treibt.

    „Oh, suchen die mich!“ Das war der erste Gedanke, der Daniel Moßbrucker durch den Kopf ging, als er im Sommer 2015 über eine Stellenausschreibung von ROG stolperte. Gesucht wurde: ein Referent für Informationsfreiheit im Internet. Moßbrucker war damals 25 und arbei- tete da bereits zehn Jahre als Journalist – erst für die Lokalzeitung seiner Heimatstadt Güters- loh, später in verschiedenen Redaktionen der ARD. Er entdeckte ziemlich schnell ein klares Thema für sich: eine verantwortungsvolle Gestaltung des digitalen Wandels, in dem elementare Grundrechte keinem Innovationsdruck geopfert werden müssen.

    Moßbrucker studierte damals berufsbegleitend digital Journalism im Master und veröffentlichte journalistisch zu digitalen Themen wie Alltagsüberwachung und Vorratsdatenspeicherung. Das alleine hätte sicher schon sein Interesse an der Stelle in Berlin geweckt. Doch die Stellenaus- schreibung erreichte ihn auch zu einem Zeitpunkt, als ihm die Bedeutung digitaler Sicherheit augenscheinlich wurde: Er las sie nämlich während einer Reise in China. Dort erlebte er selbst, wie autokratische Systeme JournalistInnen die Arbeit schwer machten. Die Mission von Repor- ter ohne Grenzen ist es, JournalistInnen in Regimen wie diesem zu ermöglichen, ihre Arbeit ohne Zensur, Repression und Angst auszuüben. Die NGO kämpft gegen Zensur online wie off- line, setzt sich für Informationsfreiheitsrechte ein und gibt unterdrückten oder bedrohten Jour- nalistInnen eine Stimme.

    Kaum überraschend, dass sich Moßbrucker auf die Stelle bewarb – und die Zusage bekam. Heute ist er 27 Jahre alt und kümmert sich seit nunmehr zwei Jahren bei ROG um alle Frage- stellungen, die den digitalen Raum betreffen. „Die Vernetzung der Welt bietet einmalige Chan- cen für die Informationsfreiheit – und damit die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten“, sagt Moßbrucker. Reporter ohne Grenzen nutzte im Projekt „The Uncensored Playlist“ zum Bei- spiel Musikstreaming-Plattformen, um in Ländern wie China oder Usbekistan zensierte Texte als Song zu veröffentlichen. Die Organisation machte damit auf die Freiheitspotenziale von sozialen Netzwerken und anderen Plattformen aufmerksam. Doch bei aller Chancenorientierung sieht ROG natürlich auch die Schattenseiten der Digitalisierung für das journalistische Arbeiten – von Überwachung und Kontrolle über Datenklau bis hin zur Verbreitung von Propaganda. Es gibt kein Schwarz-Weiß.

    „Der Verlauf der Debatte zeigt sich gut an Facebook: Der Arabische Frühling wurde als Facebook-Revolution gefeiert. Heute gilt Facebook als Sumpf für Falschnachrichten und Feind der Demokratie, der Trump zum Präsidenten machte. So einfach ist das nicht. Die eigentliche Frage ist doch“, fasst Moßbrucker zusammen, „wie der digitale Wandel gestaltet werden kann, ohne dass er unsere Freiheitsrechte einschränkt. Die Chancen und Gefährdungen im Bereich der Meinungs- und Pressefreiheit auszutarieren und Position zu beziehen, das ist mein und unser Job.“

    Schon lange vor Moßbruckers Zeit war klar: Am Thema Digitalisierung kommt ROG nicht vorbei. Digitale Technologien bestimmten zunehmend Arbeit und Alltag. Journalistische Produktion ist ohne sie heute nicht mehr denkbar, nirgendwo. Als immer häufiger neue, digitale Themen auf die Agenda der Organisation kamen, schuf ROG zunächst eine halbe Stelle für alle digitalen The- men. Von hier aus trägt Moßbrucker seine fachliche Expertise zu Informationsfreiheit und digita- ler Regulierung in die anderen, nach Regionen aufgestellten Arbeitsbereiche der Organisation – denn natürlich macht Digitalisierung nicht vor Bereichsgrenzen halt.

    Sein Einsatz für die Themen sensibilisiert nicht nur intern für die digitalen Sicherheit, er wirkt auch nach außen: „Als ich noch Journalist war, musste ich noch bei PolitikerInnen anklopfen und Informationen besorgen. Das hat sich gewissermaßen umgekehrt: Mittlerweile bin ich selbst politischer Akteur und werde für einige Themen als Interessenvertreter gezielt nach unse- rer Expertise gefragt. Wir gehören zum Beispiel zu den ganz wenigen Organisationen in Deutsch- land, die kontinuierlich zu Exportkontrollen von Überwachungstechnologien arbeiten. Da ist es folgerichtig, dass ich intensiv mit der Politik im Austausch stehe, um hier die Rechte von Journa- listinnen und Journalisten zu adressieren.“

    Exportkontrollen für Überwachungstechnologie insbesondere in autokratisch bis diktatorisch aufgestellten Ländern sind seit 2012 Schwerpunktthemen des Bereichs. Auch bei ROG gibt es mehr Themen als Ressourcen, sodass die NGO vor allem in ausgewählten digitalen Schwer- punktthemen arbeitet. Schwerpunktthemen müssen den globalen Anspruch der Organisation erfüllen, relevant für die Arbeit von JournalistInnen und gleichzeitig nicht durch andere zivilge- sellschaftliche Organisationen ausreichend gut besetzt sein. „Manche deutschen Firmen der Überwachungsindustrie treiben Handel mit autokratischen Regimen – und ermöglichen es die- sen Regimen, journalistische Arbeit vor Ort dank ihrer Technologie zu beschränken. Um diese Themen muss sich ROG und insbesondere die deutsche Sektion natürlich kümmern.“ In den anderen beiden Themenschwerpunkten arbeitet Moßbrucker zu den Potenzialen und Risiken von Social Media für das journalistische Arbeiten und zu den Schutzrechten für JournalistInnen vor staatlicher Überwachung. Hier schafft es ROG immer wieder, sichtbar für JournalistInnen einzutreten: sei es eine breit rezipierte Kommentierung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes oder ihr juristisch erkämpftes Urteil gegen den BND, mit welchem sie der Sammlung von Meta- daten erstmalig seit Jahrzehnten Schranken gesetzt haben.

    Reporter ohne Grenzen ist aktuell wohl die einzige NGO in Deutschland, in der das Thema „Exportkontrolle von Überwachungstechnologie“ schwerpunktmäßig bearbeitet wird, wenngleich sich die Organisation mit PartnerInnen wie Amnesty International und Human Rights Watch regelmäßig austauscht und politische Gespräche in Berlin auch gemeinsam wahrnimmt. Internati- onal tauscht sich Moßbrucker etwa zu einer derzeit laufenden Novelle der Kontrolle auf EU- Ebene eng mit dem Digital-Ressort der Menschenrechtsorganisation Amnesty International so- wie mit Privacy International und AccessNow aus – zwei NGOs, die als Bürgerrechtsinitiativen auch ein großes Pfund zum Thema Sicherheit im Netz in die Waagschale werfen (s. mehr auf Seite 45 ff.). Als Gruppe positionieren sich die Organisationen als CAUSE – Coalition Against Un-lawful Surveillance Exports – mit dem Thema sichtbar nach außen. Aber Moßbrucker weist da- rauf hin: „In der Zivilgesellschaft sind es sechs bis sieben Menschen in Europa, die hierzu kontinuierlich arbeiten. In der Wirtschaft ist es sicher mehr als das Zehnfache.“

    Das Gute aber ist: Moßbrucker kennt keine Antagonismen oder Neider in den zivilgesellschaftlichen Zirkeln. Die Leidenschaft fürs Thema eint sie alle. Das gilt auch für die Themen, die Moßbrucker nur am Rande begleitet. Er pflegt Netzwerke mit spezialisierten AkteurInnen, um aktuelle Trends und Herausforderungen auf dem Schirm zu behalten. „Ich bleibe möglichst bunt im Gespräch.“ Bei allem Wirbel, den Moßbrucker mit seiner Arbeit erzeugt – seine Themen fristen viel zu häu- fig noch ein Nischendasein.

    Ein Beispiel? Anfang 2018 legte ROG zusammen mit fünf anderen Journalisten-Organisationen Verfassungsbeschwerde ein, um sich gegen Überwachungsbefu nisse des deutschen Auslandsgeheimdienstes zu wehren. Für dieses Vorhaben mussten sie Gel- der sammeln. „Wir haben mit vielen gesprochen – natürlich auch mit Organisationen, die regu- lär andere Themen beackern. Da haben wir gemerkt: Die wenigsten nehmen Themen wie Über- wachung noch als Thema für ihre eigene Arbeit wahr – selbst wenn ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ausland sogar selbst schon Betroffene waren.“ Gleichzeitig geschehen aber auch Dinge in der nicht-digitalen Zivilgesellschaft, die Moßbrucker optimistisch stimmen.

    Er berichtet von der Initiative „Forum und Entwicklung“, die Workshops und Veranstaltungen für andere Or- ganisationen aus der Umweltbewegung organisiert und hier gemeinsame Digitalpositionen erar- beitet. „Das Interesse an digitalen Fragen ist hier riesig – und wir sprechen hier von Organisatio- nen, die regulär eher ‚klassische’ Entwicklungshilfe leisten. Die fragen sich zu Recht: Muss ich mich nicht auch um digitale Themen kümmern?“ Wenn es nach Moßbrucker geht, ist das eine Frage, die sich jede zivilgesellschaftliche Organisation stellen muss.

  • Protest gegen Aus: Jugendzentrum Drugstore gibt Standort in Berlin-Schöneberg auf | Berliner Zeitung
    https://www.berliner-zeitung.de/berlin/protest-gegen-schliessung-jugendzentrum-drugstore-gibt-standort-in-

    Begleitet von Protesten hat das Jugendzentrum Drugstore nach mehr als 45 Jahren seinen bisherigen Standort in Berlin-Schöneberg aufgegeben. Die Schlüssel für die Potsdamer Straße 180 seien freiwillig abgegeben worden, hieß es in einer Mitteilung vom Montag bei Facebook. Das Kollektiv des Zentrums Potse - seit rund 40 Jahren im selben Gebäude - habe sich jedoch entschieden, in seinen Räumen zu bleiben. „Die angebotenen Ersatzräumlichkeiten stellen im besten Falle eine Witz dar“, hieß es in der Mitteilung.

    Gegen Verdrängung und Ausgrenzung

    Rund 150 Menschen demonstrierten am Montag nach Veranstalterangaben vor dem Gebäude in der Potsdamer Straße. Nach Angaben der Polizei gab es zunächst keine Zwischenfälle. Im Internet wurde zu Solidarität und zur Besetzung des Hauses aufgerufen. Das Drugstore-Kollektiv habe sich mit Rücksicht auf andere Projekte seines Trägervereins Sozialpädagogische Maßnahmen Berlin (SSB) gegen eine Besetzung entschlossen, sagte eine Sprecherin. Die Jugendzentren würden jedoch weiterhin gemeinsam gegen Verdrängung und Ausgrenzung kämpfen.

    Die Potsdamer Straße im Berliner Westen wird zunehmend von Bürogebäuden, Galerien, Boutiquen und Eigentumswohnungen mit steigenden Immobilienpreisen geprägt. Das autonome Jugendzentrum kämpft seit Jahren um seinen Erhalt. Nachdem die Mietverträge mehrfach verlängert wurden, ist nun zum 3. Januar 2019 Schluss. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg hat sich um Ausweichquartiere bemüht. Diese sind aus Sicht von Drugstore und Potse mit Blick auf das Veranstaltungskonzept wenig geeignet und existenzgefährdend.

    #Berlin #Schöneberg #Potsdamer_Straße #Pallasstraße #Jugend #Gentrifizierung

  • Digitalisierung, Vernetzung, Smartphones, Soziale Medien, Smart Home & City, KI
    https://dielinke.berlin/parteitag/laszlo

    7. Landesparteitag DIE LINKE. Berlin, 15./16. Dezember 2018
    Wortmeldung von Zündi Laszlo zur Generaldebatte

    Technisch getrieben werden diese Entwicklungen hauptsächlich von einer Handvoll global agierender Konzerne. Wir sind nur noch Nutzer und erfreuen uns an vielen neuen Kommunikationsmöglichkeiten und Bequemlichkeiten.

    Aber wir geraten auch in Abhängigkeit: Diese Konzerne können bestimmen, welche Informationen wir sehen, aus denen wir uns eine Meinung bilden. Sie verfolgen unsere Aktivitäten und Gewohnheiten. Die Nutzung der Tools und der sogenannten sozialen Medien ist nicht gratis. Wir sind die Ware, die verkauft wird, in Form von Daten, die wir preisgeben. Für die Entscheidungen dieser Konzerne, die damit unser Leben bestimmen, gibt es keine gesellschaftliche Legitimation!

    Auch staatliche und gesellschaftliche Institutionen sind nicht unabhängig in dieser Situation. Lieber zahlen sie Lizenzgebühren für Software, deren Funktionen sie nicht mehr überblicken. Anstatt mit öffentlichem Geld freie Software zu schaffen, dafür Experten zu bezahlen und somit neben hiesigen Arbeitsplätzen vor allem öffentliches Fachwissen zu schaffen und so die Kontrolle über die eigenen Infrastruktur zu behalten.

    Dies zu fordern ist einfach …
    Aber wie machen wir dies in unserer eigenen Partei? Beschränken wir uns auf unseren kapitalismuskritischen bzw. antikapitalistischen Standpunkt? Oder versuchen wir uns selbst unabhängiger zu machen? Widerstehen wir den einfachen, schnellen Lösungen der Konzerne ?

    Und bauen wir unsere eigene Struktur aus:

    mit dezentralen Chat-Servern Systemen statt WhatsApp Gruppe
    selbst gehosteten Tools für kollaboratives Schreiben statt Google Docs
    freie Software für die IT in der Verwaltung statt Microsoft (Windows, Exchange, Office …)
    eigene Videostreams statt bei Facebook (das keine öffentlich zugängliche Webseite ist)
    die eigene Cloud zum Datentausch und mehr

    Dies kann anfangs unbequem sein, wird Zeit und Geld kosten, Fachwissen muss aus- und aufgebaut werden (und dies muss auch gewollt und unterstützt werden). So können wir die Kontrolle wieder erlangen und behalten. Auch wenn es anfangs etwas rumpelt, können wir viel dazu lernen.

    Die Erfahrungen und Erfolge werden uns ermutigen, dies in die Gesellschaft zu tragen. Statt uns von einer Lobby der Konzerne bequatschen zu lassen, haben wir dann Erfahrung und wissen worüber wir reden.

    Wir müssen uns von den monopolkapitalistischen, multinationalen, global agierenden Konzernen emanzipieren, oder diese werden unsere Freiheit und letztendlich unsere Lebensgrundlagen zerstören. Solange diese Konzerne die Spielregeln bestimmen und wir uns auf ihre Infrastruktur verlassen, haben wir bereits strategisch verloren.

    #Allemagne #politique #réseaux #gauche #self_hosting

  • Uber ist auf dem Weg zum Absturz | taxi-innung.de – Zukunft der Personenbeförderung
    https://taxi-innung.de/2018/12/07/uber-ist-auf-dem-weg-zum-absturz/#more-646

    Fromme Wünsch sind auch nur Wünsche möchte man sagen, wenn man diese Übersetzung liest, die verzweifelte Hoffnung und naiven Optimismus nur so verspritzt.

    Es herrscht Krieg meine Herren. Uber, Amazon, Google und die aktuelle US-Regierung sind nicht angetreten, um Geld zu verdienen, sondern um zu rauben, und zwar nicht nur Geld sonder Alles mit einem riesig großen A. Die USA haben schon lange aufgehört, eine konkurrenzfähige Volkswirtschaft zu sein sondern leben auf Pump von Zwangskrediten, die sie in aller Welt mit vorgehaltener Atomwaffe erpressen. Von den als Startup lancierten Großkonzernen hat nie auch nur einer ernsthaft Geld durch faire Innovation verdienen wollen.

    Disruption heißt das Zauberwort. Auf Deutsch: Macht kaputt, was ihr kaputtmachen könnt. Danach beackern Andere für Euch die verbrannte Erde !

    Man braucht nicht Schumpeter gelesen zu haben, um zu verstehen, wie der Hase läuft. Die Startup-Economy folgt der Zockerdevise alles oder nichts . Nix ehrlicher Kaufmann. Columbia verkündet: There wil be blood . Innovative Unternehmen überleben so lange, wie Investoren darauf wetten, dass sie in Zukunft Geld verdienen werden.

    Uber profitiert heute von der Sackgasse, in der die großen Finanzinvestoren zusammen mit der Autoindustrie feststecken. Der VW-Dieselskandal ist ein laues Lüftchen im Vergleich zum Sturm der wirklichen Herausforderungen, der auf die internationale Autoindustrie zukommt. Japans Autohersteller Toyota steckt 69 Milliarden Dollar in Uber, weil das Management nichts versteht, außer daß es demnächst mit seinem Betrieb und Man und Maus untergehen wird, wenn es sich nicht einer mächtigeren Armee anschließt. VW und Deutschland haben die EU. Japan und seine Firmen nicht so gut geschützt.

    Das alles erklärt, weshalb Uber auf Entscheidungen der deutschen Justiz pfeift. Entweder es gelingt dem Konzern, sich auf Augenhöhe mit Nationalstaaten zu positionieren und den Wirtschaftskrieg gegen sie zu gewinnen, oder das Konstrukt Uber wird untergehen.

    Uber ist bereits jetzt „too big to fail“, systemrelevant für die startup economy als Ganzes. Ein Investor wie Softbank steckt nicht noch vor Toyotas Engagement 48 Milliarden Dollar in ein Projekt, das zum Scheitern verurteilt ist. Wo das alles enden soll? Die Antwort ist ganz einfach. Wie bei Hitlers Mein Kampf genügt es, rechtzeitig aufmerksam zu lesen, um das Projekt zu verstehen:

    Die Superreichen, „innovativen“ Tycoons ziehen sich auf Inseln der Glückseligen zurück, während wir normalen Menschen in einer verpesteten, weltumspannenden Arbeitshölle Robotern zur Hand gehen. Zu irre um wahr zu werden? Hinterher ist man immer schlauer.

    Lesen Sie Propeller Island und Atlas shrugged , hören Sie den Thiel, Bezos, Kalanick, Zuckerberg und Trump genau zu, lauschen Sie dem Club of Rome. Der Plan, die Pläne sind kein Geheimnis sondern Programm.

    Zum Glück ist der Kampf gegen Uber und ähnlich „innovative“ Verbrecher noch nicht verloren. Wer die Idee von der wehrhaften Demokratie ernst nimmt, der hat noch Chancen. Ein Umdenken ist dennoch erforderlich, weil der Feind nicht unsere netten Neonazis sind. Der Feind trägt feinsten Zwirn und Turnschuhe und macht uns vor, dass Deutschlands und Europas Heil in KI und Innovation liegt. Was für eine Illusion.

    Gebraucht werden gröbere Werkzeuge, ökonomische und juristische, und die müssen richtig ausgerichtet werden. Es geht nicht um russische Hacker und Islamisten. Es geht um Bürgerkriegsarmeen und Bankster. Die kommen nicht aus Fernost und Russland. Die kommen aus Übersee, aus Deutschland und dem Nahen Osten. Schon mal von der Afghanistan Connection gehört? Nein? Sie sollten öfter Tagesspiegel lesen.

    Übersetzung des Artikels “Uber Is Headed for a Crash” (new york magazine, 4.12.2018) By Yves Smith

    Durch das Plattmachen lokaler Taxiunternehmen in Städten auf der ganzen Welt und die Kultivierung von Cheerleadern in der Wirtschaftspresse und unter den Liberalisten des Silicon Valley hat es Uber geschafft, ein Bild der Unausweichlichkeit und Unbesiegbarkeit zu schaffen. Aber das Unternehmen verzeichnete gerade ein weiteres Quartal mit atemberaubenden Verlusten – diesmal über 1 Milliarde Dollar, nach 4,5 Milliarden Dollar Verlust im Jahr 2017. Wie viel ist Hype und wie viel ist real?
    Der Gedanke, dass Uber, das am höchsten bewertetete Privatunternehmen der Welt, ein Lehrbuch-“Verschwender” ist – John Kenneth Galbraiths Wortschöpfung für einen Anlageschwindel, bei dem die Verluste erst noch erkannt werden müssen – wird Ubers zahlreiche zufriedene Kunden wahrscheinlich überraschen. Aber wie wir erklären werden, aufbauend auf der umfangreichen Arbeit des Verkehrsexperten Hubert Horan, haben die Investoren von Uber deren Zufriedenheit in Form von massiven Subventionen der Dienstleistungen erkauft. Was Uber für die Nutzer zu einem guten Geschäft gemacht hat, macht es zu einem lausigen Investitionsvorhaben. Uber hat diese Einschätzung durch minimale und widersprüchliche finanzielle Offenlegungen in Schach gehalten, kombiniert mit einer beharrlichen und bisher wirkungsvollen PR-Kampagne, die Uber nach dem Muster digital basierter Start-ups darstellt, deren große Anfangsverluste sich in wenigen Jahren in starke Gewinne verwandelt haben.
    Vergleiche von Uber mit anderen geschichtsträchtigen Tech-Wunderkindern zeigen, dass Uber nicht auf dem selben Weg ist. Kein letztlich erfolgreiches großes Technologieunternehmen war auch nur im entferntesten so zutiefst unrentabel wie Uber. Nach neun Jahren ist Uber nicht annähernd soweit, Geld zu verdienen, und fährt fort, mehr rote Tinte auszubluten als jedes andere Start-up in der Geschichte. Im Gegensatz dazu waren Facebook und Amazon im fünften Jahr solide Cashflow-positiv.
    Die Tatsache, dass dieses verherrlichte Nahverkehrsunternehmen weiterhin ein finanzieller Misserfolg ist, sollte keine Überraschung sein. Was überraschend sein sollte, ist, dass die Wirtschaftspresse immer noch die gute Hoffnung des Uber-Managements nachplappert, dass das Unternehmen 2019 mit einer Zielbewertung von 120 Milliarden Dollar an die Börse gehen wird. Das ist weit über dem höchsten privaten Aktienverkauf mit einem Wert von 68 Milliarden Dollar. Und Ubers Management und Zeichner werden ohne Zweifel hoffen, dass die große unbeleckte Öffentlichkeit über die Tatsache hinwegsieht, dass SoftBank kürzlich Beteiligungen aufgrund einer Bewertung in Höhe von 48 Milliarden Dollar übernommen hat, und ihr Angebot überzeichnet war. Warum sollte neues Geld zu einem mehr als doppelt so hohen Preis hereinkommen, wo Führungskräfte und Angestellte bereit wären, auszusteigen?

    Uber hat noch nie ein Argument vorgebracht, wie das Unternehmen jemals rentabel sein könnte, geschweige denn eine angemessene Kapitalrendite erzielen wird. Die Investoren setzen auf einen erfolgreichen Börsengang, was bedeutet, dass sie noch größere Narren in ausreichender Zahl finden müssen.

    Uber ist ein Taxiunternehmen mit einer App im Anhang. Es entbehrt jeglicher Ähnlichkeit mit Internet-Superstars, die es vorgibt zu nachahmen. Die App ist technisch nicht sehr anspruchsvoll und schafft keine Wettbewerbsbarriere, wie die Tatsache zeigt, dass viele andere Akteure sie kopiert haben. Apps wurden für Fluggesellschaften, Pizzalieferungen und Hunderte anderer Verbraucherdienste eingeführt, haben aber nie Marktanteilsgewinne erzielt, geschweige denn Dutzende von Milliarden an Unternehmenswert. Sie erzeugen keine Netzwerkeffekte. Im Gegensatz zu Facebook oder eBay, mehr Uber-Nutzer zu haben, verbessert den Service nicht.

    Ab einem bestimmten Punkt hilft auch das Einstellen weiterer Fahrer nicht. Uber behauptet regelmäßig, dass seine App Skaleneffekte für die Fahrer schafft – aber damit das so ist, müßte das Einstellen weiterer Fahrer den Fahrern zugute kommen. Das tut es nicht. Mehr Fahrer bedeuten mehr Wettbewerb um verfügbare Fahrten, was eine geringere Auslastung pro Fahrer bedeutet. Es gibt eine Wechselwirkung zwischen Kapazität und Auslastung in einem Transportsystem, die man in digitalen Netzwerken nicht sieht. Der klassische Einsatz von “Netzwerkeffekten” bezog sich auf den Entwurf eines integrierten Verkehrsnetzes – ein Luftverkehrsknotenpunkt- und Speichennetz, das den Nutzen für Passagiere (oder Pakete) schafft, indem es mehr Möglichkeiten zur Verbindung zu mehr Zielen als lineare Punkt-zu-Punkt-Verbindungen bietet. Uber ist offensichtlich kein solches Netzwerk mit integrierten Routen – Taxifahrgäste verbinden sich nicht zwischen verschiedenen Fahrzeugen.

    Auch die Tatsache größer zu sein, macht Uber nicht zu einem besseren Unternehmen. Wie Hubert Horan in seiner Serie über den Nackten Kapitalismus erklärte, hat Uber keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber traditionellen Taxiunternehmen. Im Gegensatz zu digitalen Unternehmen hat die Taxiindustrie keine signifikanten Vorteile durch die Größe eines Betriebes; deshalb gab es noch nie Monopole auf Stadtebene, Konsolidierungsspiele oder sogar bedeutende regionale Betreiber. Die Größe verbessert nicht die Wirtschaftlichkeit der Bereitstellung des Taxidienstes, von denen 85 Prozent Fahrer-, Fahrzeug- und Kraftstoffkosten sind; die restlichen 15 Prozent sind in der Regel Gemeinkosten und Gewinn. Und Ubers eigene Ergebnisse sind der Beweis. Uber hat sich ständig vergrößert, aber es ist ihm nicht gelungen, die schnellen Gewinnverbesserungen zu zeigen, die man sehen würde, wenn die Kosten mit zunehmender Geschäftstätigkeit sinken würden.

    Die Größe reduziert auch die Flexibilität. Wie Professor Amar Bhide, Autor des Klassikers The Origin and Evolution of New Businesses, sagte:

    Viele Giga-Unternehmen haben keine Ahnung davon, wenn sie anfangen, wie sie zu Giganten werden – denken Sie daran, dass Microsoft 1975 Basic für den Altair entwickelte, Sam Walton einen Country Store gründete und Hewlett und Packard Audio-Oszillatoren verkauften. Aber da sie klein sind, können sie experimentieren, um herauszufinden, was gewinnbringend skalierbar ist, und bei Bedarf radikale Veränderungen vornehmen. Das ist der Grund, warum es kein Segen und kein Fluch ist, wenn man anfangs keine tiefen Taschen hat. Sicherlich gibt es einige junge Unternehmen wie Google und Amazon, die zufällig in die richtige Richtung starten und als Lieblinge von Risikokapitalgebern oder der Wall Street schneller voran kommen. Aber das sind die Ausnahmen. Andernfalls bläst Geld sie einfach auf und macht es ihnen schwer, die Richtung zu ändern.

    Aber, aber, aber – werden Sie vielleicht sagen – Uber hat ein großes Geschäft in Städten auf der ganzen Welt gegründet. Ja, es ist einfach, viel Kundenverkehr zu bekommen, indem man mit einem Rabatt verkauft. Uber subventioniert die Fahrkosten. In allen Geschäftsbereichen erbrachte Uber im letzten Quartal nur rund 74 Prozent seiner Kosten für Dienstleistungen. Uber verkaufte seine Dienstleistungen 2017 nur zu rund 64 Prozent seiner Kosten, bei einer GAAP-Gewinnmarge von minus 57 Prozent. Als Bezugspunkt verlor Amazon in den schlimmsten vier Quartalen 1,4 Milliarden US-Dollar bei einem Umsatz von 2,8 Milliarden US-Dollar, was einer negativen Marge von 50 Prozent entspricht. Amazon reagierte, indem es über 15 Prozent seiner Arbeiter feuerte.

    Uber Verteidiger könnten argumentieren, dass dies eine große Verbesserung gegenüber 2015 ist, als die Einnahmen nur 43 Prozent der Kosten abdeckten und die GAAP-Marge negativ war mit 132 Prozent. Aber wie wir näher erläutern werden, ist diese Reduzierung der Ausgaben von Uber für jeden durchschnittlichen Dollar nicht auf eine verbesserte Effizienz zurückzuführen, sondern fast ausschließlich auf die Senkung der Fahrerlöhne. Das Transportunternehmen scheint die Grenze erreicht zu haben, in der es die Fahrer ausquetschen kann, da die Abwanderung zugenommen hat.

    Uber hat beispiellose 20 Milliarden Dollar an Investorenfinanzierung eingeworben – 2.600 mal mehr als Amazon vor dem Börsengang. Dies hat es Uber ermöglicht sowohl die traditionellen lokalen Taxiunternehmen zu unterbieten, deren Tarife alle Kosten decken müssen, als auch mehr Autos auf die Jagd nach Fahrten zu schicken, als es nicht subventionierte Betreiber können. Erinnern Sie sich daran, dass es bei jeder Transportdienstleistung einen Kompromiss zwischen der Häufigkeit der Dienstleistung und der Nutzung gibt. Wenn Uber mehr Fahrer dazu bringt, auf der Straße zu sein, um schnelle Abholungen zu gewährleisten, erzielt der einzelne Fahrer im Durchschnitt weniger Umsatz.

    Wenn Uber alle Wettbewerber auf einem lokalen Markt aus dem Geschäft drängen und dann die Preise erhöhen würde, würden die Kunden die Nutzung zurückfahren. Aber noch wichtiger, da die Eintrittsbarrieren im Taxigeschäft niedrig sind und Uber sie durch den Bruch lokaler Vorschriften weiter gesenkt hat, würden neue Akteure unter Ubers neuem Preisdach erscheinen. So müsste Uber seine Preise senken, um die Preise dieser Marktteilnehmer zu erreichen oder das Geschäft aufgeben.

    Darüber hinaus ist Uber ein kostenintensiver Anbieter. Ein Flottenmanager in einem mittelständischen Taxi-Unternehmen kann Fahrzeuge effizienter kaufen, warten und versichern als einzelne Uber-Fahrer. Darüber hinaus behalten die Transportunternehmen eine strenge zentrale Kontrolle sowohl über die gesamte verfügbare Kapazität (Fahrzeuge und Arbeitskräfte) als auch darüber, wie diese Kapazität geplant wird. Uber geht in die entgegengesetzte Richtung. Es hat keine Vermögenswerte, und obwohl es Anreize bieten kann, kann es die Kapazität nicht kontrollieren oder planen.

    Der einzige Vorteil, den Uber erreicht haben könnte, ist die Nutzung des fehlenden finanziellen Scharfsinns seiner Fahrer – diese unterschätzen die vollen Kosten für die Nutzung ihrer Autos und Uber kann somit ein Schnäppchen machen. Es gibt einige Beweise, die diesen Gedanken bestätigen. Ridester veröffentlichte kürzlich die Ergebnisse der ersten Studie zur Ermittlung der tatsächlichen Uber-Fahrerverdienste, die durch Screenshots bestätigt wurden. Unter Verwendung konservativer Schätzungen für die Fahrzeugkosten fanden sie heraus, dass die UberX-Fahrer, die den Großteil ihrer Belegschaft ausmachen, weniger als 10 US-Dollar pro Stunde verdienen. Bei McDonald’s würden sie besser abschneiden. Aber auch dieser Ausgleich zu den allgemein höheren Kosten des Flottenbetriebs hat keinen nennenswerten Einfluss auf Ubers Wirtschaft gehabt.

    Aber, so kann man argumentieren, Uber hat all diese Daten über Fahrgeschäfte! Sicherlich ist er dadurch effizienter als herkömmliche Taxis. Ähm, nein. Lokale Fahrdienste haben immer “Leerfahrtprobleme”, die durch kein Maß an Cleverness behoben werden können, wie z.B. das Mitnehmen von Kunden zum Flughafen und entweder das Warten auf eine Anschlussfahrt oder das leere Zurückkehren oder tägliche städtische Pendelfahrten, bei denen die Arbeiter morgens im Eiltempo überwiegend in die eine Richtung und abends in die andere Richtung wollen. Ebenso hat Ubers surge-pricing nicht dazu geführt, dass Kunden ihre Gewohnheiten ändern und ihre Reisen auf kostengünstigere Zeiten verlagern, was zu einer effizienteren Nutzung hätte führen können. Wenn Uber ein Geheimrezept hätte, hätte es sich bereits in den Uber-Umsätzen und den durchschnittlichen Fahrerverdiensten gezeigt. Neun Jahre später, und es gibt keine Beweise dafür.

    Uber hat auch viel höhere Festkosten: Weitaus besser bezahlte Mitarbeiter in erstklassigen Büroräumen, die an Aktivitäten beteiligt sind, die ein lokales Taxiunternehmen entweder selten oder nie durchführen muss, wie Fahrerrekrutierung (Uber hat Rekrutierungszentren), Öffentlichkeitsarbeit und Werbung, Rechtsstreitigkeiten, Flugkosten und andere Kosten für den Betrieb eines globalen Unternehmens.

    Also dürfte Uber einen höheren Kapitalaufwand haben als es ein alteingesessenes Unternehmen mit ziemlich stabilen Einnahmen und Arbeitsabläufen hat (beziehungsweise hatte).

    Uber hat auf Zeit gespielt, um zu vermeiden, Finanzinformationen in einheitlicher Weise zu veröffentlichen, ein Warnsignal. Ein aussagekräftiges Beispiel: Ende 2016 zielte Uber auf ein Aktienangebot für High-End-Privatanleger, die vermutlich sogar noch dümmer waren als die Saudis, die in ihrer Vorrunde investiert hatten. Dennoch lehnten sowohl JP Morgan als auch die Deutsche Bank die “Gelegenheit” ab, Uber-Aktien an ihre Kunden zu verkaufen, obwohl dies ihre Position bei einem zukünftigen Börsengang von Uber gefährden könnte. Warum? Das Unternehmen “ride sharing” lieferte 290 Seiten Wortschwall, aber nicht das Nettoeinkommen oder gar den Jahresumsatz.

    Während Uber für das erste und zweite Quartal 2018 eine vollständige Gewinn- und Verlustrechnung vorlegte, gab es für das letzte Quartal, als sich seine Margen verschlechterten, nur drei Positionen.

    Während Uber seine negative Bruttomarge im Laufe der Zeit reduziert hat, resultieren diese Verbesserungen hauptsächlich aus der Verringerung der Fahrerausgleichszahlungen, so dass diese nun im Durchschnitt weniger pro Stunde netto erreichen, als die Taxiunternehmen.
    Bis 2015 gingen 80 Prozent der Fahrpreise an die Fahrer. In den ersten Jahren gab Uber den Fahrern hohe Auszahlungen, um gute Fahrer anzuziehen, und bot den Fahrern auch Anreize, Autos zu kaufen. Uber reduzierte das auf bis zu 68 Prozent, dann kehrten sie teilweise um, als die Fahrerfluktuation auf das aktuelle Niveau von rund 70 Prozent anstieg. Im Jahr 2017 lag die Marge von Uber, wie sie nach GAAP ausgewiesen wurde, bei minus 57 Prozent. Ohne die Gehaltskürzung der Fahrer wäre es auf dem negativen dreistelligen Niveau geblieben.

    Die Lohnkürzungen haben zu mehr Fahrerfluktuation geführt, was zu höheren Verwaltungskosten führt. Und es verschlechtert die Servicequalität. Ein Kommentar zu einem Artikel über Ubers Ergebnis des dritten Quartals:

    Ich brauchte eine Fahrt von Burbank nach LAX an einem Donnerstagmorgen gegen 5:45 Uhr. Ich habe am Vorabend ein Auto bestellt. Zur Abholzeit gab es innerhalb von 20 Meilen keine Lyft oder Uber. Als ich einen bekam, sagte der Fahrer, dass es sich bei der Bezahlung nicht mehr lohnt, früh aus dem Bett zu steigen.

    Ubers andere Art, seine Margen weniger verheerend zu gestalten, war es, seine ungünstigsten Geschäfte abzuschütteln. Aber selbst dann gab Ubers neuer CEO Dara Khosrowshahi effektiv zu, dass Uber in keinem Markt profitabel ist, wenn man die Festkosten des Unternehmens berücksichtigt. Uber hat verzweifelt neue Geschäfte wie Uber Eats und einen Rollerverleih hinzugefügt, um seine Wachstumsgeschichte am Leben zu erhalten. Uber gibt nicht nur stillschweigend zu, dass sie ihre Kosten nicht decken, sondern weigert sich, über ihre Einnahmen hinaus Einzelheiten über diese Geschäfte zu nennen und diskutiert nicht, wie sie die Wende schaffen könnten.

    Aber was ist mit autonomen Autos? Lassen Sie uns davon absehen, dass einige Enthusiasten wie Apple-Mitbegründer Steve Wozniak heute glauben, dass völlig autonome Autos “nicht stattfinden werden”. Vollständig autonome Autos würden bedeuten, dass Uber die Autos besitzen müsste. Die Kapitalkosten wären atemberaubend und würden die Illusion sprengen, dass Uber ein Technologieunternehmen ist, anstatt eines Taxiunternehmens, das die Roboterautos eines anderen kauft und betreibt.

    Uber ist es gelungen, die Wirtschaftspresse dazu zu bringen, Popularität mit kommerziellen Erfolg gleichzusetzen. Einige Tech-Reporter, wie Eric Newcomer von Bloomberg, haben höflich darauf hingewiesen, dass Ubers Ergebnisse weit hinter anderen “Tech Illuminati” vor dem Börsengang zurückbleiben. Das Argument, dass Dominanz Gewinne hervorbringen würde, ist nachweislich falsch und Uber scheint nicht in der Lage zu sein, eine neue Geschichte zu schreiben. Es gibt allen Grund zu der Annahme, dass Investoren und nicht lokale Taxiunternehmen den Verkehrstod von Uber herbeiführen werden.

    Toyota invests $69M in Japanese Uber rival backed by the taxi industry
    https://techcrunch.com/2018/02/08/toyota-invests-69m-into-japanese-uber-rival/?guccounter=1

    SoftBank is now Uber’s largest shareholder as deal closes | Reuters
    https://www.reuters.com/article/us-uber-softbank-tender/softbank-is-now-ubers-largest-shareholder-as-deal-closes-idUSKBN1F72WL

    #Uber #disruption #Börse

  • Frust, Sorge – Besonnenheit. Wie der Migrationspakt angenommen wurde

    Über 160 Staaten haben in Marokko den Migrationspakt angenommen. Sie eint der Wunsch, Fakten gegen Desinformation zu setzen. CORRECTIV war vor Ort.

    Bab Ighli ist eine Sand-Brache. Ein Viertel am Rande der Stadt Marrakesch in Marokko. Zwischen den Palmen und Kakteen, die immer hier sind, stehen heute Zelte mit Konferenzräumen, eine Kantine, ein Restaurant – und durchsichtige Plexiglas-Silhouetten. Sie sollen Migranten darstellen. Bab Ighli ist heute von einer tonfarbenen Mauer umgeben, mit Einlasskontrolle wie am Flughafen.

    Am Montag, den 10. Dezember, kamen hier Delegationen von 164 Ländern zusammen, um den Migrationspakt anzunehmen. Ein Pakt, in dem die Vereinten Nationen festhalten, dass Migration eine unumgängliche Konsequenz der Globalisierung ist – und dass sie deshalb geordnet, legal und menschenwürdig stattfinden muss. Die meisten Länder haben ihre Außenminister geschickt, für Deutschland hingegen ist Angela Merkel selbst angereist. Ihre Anreise ist dabei auch ein Symbol: Dafür, dass Deutschland Migration realistisch sehen will.

    Am Wochenende vor der Zeremonie zerbrach die belgische Regierung an dem Pakt: die flämische Nationalistenpartei trat aus der Koalition aus. Manche Länder hatten in den Wochen zuvor verkündet, dem Pakt doch nicht zustimmen zu wollen, darunter Polen, Österreich und die USA, andere sind noch unentschieden.

    Louise Arbour, die Generalsekretärin für Migration der Vereinten Nationen, wirkt gereizt, als sie bei der Pressekonferenz am Sonntag darauf angesprochen wird. „Ich habe keine Kommentare dazu, wie der Pakt in irgendeinem Land debattiert wird.“ Es habe 18 Monate lang intensive Verhandlungen gegeben, am 13. Juli stand das Papier. Und nun sei es besonders bedauerlich, wenn sich ein Land von einem verhandelten Abkommen zurückziehe, in dessen Verhandlungen es zuvor eine große Rolle spielte.

    Entscheidung unter Palmen: Für Angela Merkel ist Marokko als Partner wichtig, da viel Migration von hier aus stattfindet. Foto: Tania Röttger für Correctiv.

    Sie spricht es nicht aus, aber sie meint sehr wahrscheinlich Österreich. Das Land hatte die Verhandlungen stellvertretend für alle EU-Länder übernommen. Ende Oktober kündigte der Kanzler Sebastian Kurz dann den Rückzug aus dem Pakt an, dessen Inhalt österreichische Diplomaten mit gestaltet hatten.

    Das Unbehagen mit dem Narrativ

    Zwei AfD-Männer drehen am Sonntag ein Video vor dem Eingang zur Konferenz und kritisieren die Plastik-Migranten-Silhouetten, weil „die Symbolik die hier sozusagen gezeigt wird, nicht der Realität entspricht, wie wir es in Europa kennen. In der Regel sind es doch gut kräftig gebaute Männer und eben nicht genau die Familien, wie es uns hier dargestellt werden soll.“ Das ist für die beiden „das erste Indiz, dass hier irgendwas nicht stimmen kann“. Viele Wahrnehmungen haben die beiden.

    Eines der 23 Ziele des Paktes befasst sich mit Wahrnehmungen und Narrativen. Dabei vermischen sich der Ruf nach einer faktenbasierten Debatte über Migration mit dem Ruf nach einem Narrativ, das positiv sein soll. Obwohl Narrative eigentlich Teil des Problems sind; sie sind nicht komplex genug.

    Narrative verkürzen die Realität, das müssen sie sogar, um verständlich zu sein. Dass sie im Migrationspakt trotzdem eine große Rolle spielen, ist deshalb problematisch. Die Lösung wäre eine Faktenbasis – dafür bräuchte es mehr Statistiken, Untersuchungen und Forschung zu Migration.

    Der Pakt ist ein emotionales Gelöbnis, das sich interpretieren lässt. Doch ein Europa, das instabil ist, und eine UN, die sich zankt, bräuchten Rationalität und komplexe Lösungen, die der Realität gerecht werden.

    Angela Merkel setzt mit ihrer Rede ein Zeichen

    Die EpochTimes teilte einen Artikel auf Facebook mit dem Kommentar: Angela Merkel wird den Pakt unterschreiben. Doch das stimmt nicht, denn niemand hat den Pakt unterschrieben. Auch solche Meldungen sind Teil der Desinformation über den Migrationspakt – sie sollen das Gelöbnis als verbindlich darstellen.

    Dabei war der Moment nicht annähernd so einschneidend wie prophezeit: Der marokkanische Regierungschef hatte gerade eine Nachricht des Königs verlesen. Konferenz-Präsident Nasser Bourita begrüßte die Anwesenden, sagte dann: „Die Konferenz wird sich nun Agenda-Punkt 10 zuwenden, er heißt Ergebnis der Konferenz.“ Er nennt den abstrakten Titel des Migrationpakts und des Dokuments, laut dem der Pakt angenommen werden soll: „Dokument A/CONF.231/L.1 und Dokument A/CONF.231.3“. Er dankt den Ländern für ihre Beiträge bei den Verhandlungen und ruft dann zur Abstimmung auf: „Die Konferenz wird nun abstimmen über den Entwurf. Kann ich davon ausgehen, dass die Konferenz wünscht, den Entwurf für Resolution A/CONF.231.L.1 anzunehmen?“

    Er schaut sich kurz um. „Ich höre keine Einsprüche.“ Er schlägt mit dem Richterhammer und sagt: „So ist es beschlossen.“ Verhaltender Applaus, der abbricht, wieder anfängt, vereinzelte „Woohoos“ im Saal, einige stehende Menschen. Der Multilateralismus räuspert sich – er schreit nicht.

    Auch Angela Merkel erhielt viel Applaus an diesem Tag, manche standen sogar für sie auf. Sie sprach sich deutlich gegen illegale Migration aus, und sagte: „Wir wissen, dass die Illegale Migration zum Teil sehr große Ängste verursacht und diese Ängste werden benutzt von den Gegnern des Paktes um Falschmeldungen in Umlauf zu bringen.“ In einem kleinen Zimmer erzählt sie kurz nach ihrer etwa zehn-minütigen Rede deutschen Journalisten, dass sie auch deshalb nach Marokko gereist sei: Viele illegale Migranten kämen aus diesem Land, aus Marokko. Die Zusammenarbeit sei wichtig, um dagegen vorzugehen. Dann verschwindet sie wieder, gleich geht ihr Flug zurück nach Deutschland. Eigentlich war sie gestern mit dem König von Marokko zum Abendessen verabredet gewesen – er sagte ab. Das berichtete Spiegel Online.

    Nüchterne Atmosphäre für einen emotionalen Pakt. Foto: Tania Röttger für Correctiv.

    Merkel sagte auch: „Es lohnt sich für den Pakt zu kämpfen, wegen des klaren Bekenntnisses zum Multilateralismus, nur durch den werden wir unseren Planeten besser machen können.“ Multilateralismus ist für manche ein Synonym für die globalen Eliten, gegen die populistische Parteien wie die AfD in Deutschland angeblich kämpfen wollen, sei es bei Übereinkünften wie diesem Pakt, oder in Institutionen wie der EU.

    Es gibt Länder, die immer wieder betonen, dass sie lieber bilaterale Abkommen haben wollen. Dass diese Forderungen aus multilateralen Bündnissen heraus gestellt werden, scheint kein Problem zu sein. Am Tag vor der Annahme veröffentlichte „Unzensuriert“ die Meldung, dass Chile auf Grund des Einflusses der österreichischen FPÖ auf das Land beim Abkommen nun doch nicht mitmache.

    Wer nicht mitmacht, über den wird nicht gesprochen

    Bei der Konferenz spürt man nichts davon, außer in den Fragen der Journalisten. Wenn ein Land keine Delegation geschickt hat, sind sie eben nicht da. Über sie sprechen UN-Generalsekretär Antonio Guterres, die Generalsekretärin der Konferenz Louise Arbour und Präsident der Konferenz Nasser Bourita, wie manche über Menschen sprechen, die falsche Sachen glauben. Ach, die kann man eh nicht überzeugen. Oder: Wir hoffen, sie machen doch irgendwann mit.
    Woher kam die Desinformation?

    Die Erklärung der chilenischen Regierung zu dem Pakt enthält genau die Punkte, die offizielle Redner bei der Konferenz immer wieder als Beispiele für falsche Behauptungen über den Pakt aufzählen. Dass Migration laut dem Pakt ein Menschenrecht sei, oder dass der Pakt die Souveränität der Staaten untergrabe, oder dass der Pakt offene Grenzen bedeute. Alle diese Punkte haben Redner auf der Konferenz in Marrakesch immer wieder als falsch zurückgewiesen.

    Dadurch wirkt die Meldung fast unwichtig, dass anscheinend Bots bei der Diskussion über den Pakt auf Twitter mitgemischt haben. Denn die einschlagende, viel bedeutendere Desinformation kommt von echten Menschen: Von Leuten, die Webseiten voll schreiben, von Aktivisten, die sich um Martin Sellner von der Identitären Bewegung auf Foren wie Discord gegenseitig Angst machen. Sie kommt auch von den Regierungen selbst.

    Journalisten fragen Arbour nach der Desinformation. Sie fragt zurück: Was hätten wir denn mehr tun sollen? Dabei klingt auch mit, dass die Staaten in der Verantwortung sind, Projekte wie den Migrationspakt zu kommunizieren. Sie sagt außerdem: „Ich bin nicht davon überzeugt, dass man Leute überzeugen kann, die nicht überzeugt werden wollen.“

    Die Debatte braucht Fakten statt Emotionen

    Der marokkanische Außenminister Nasser Bourati sagt in einem Hinterzimmer zu Journalisten: „Über den Pakt gibt es Missverständnisse, viele Fake News, viele Mythen.“ Waum das so ist? Zum einen habe man vielleicht nicht genug kommuniziert. Aber auch ein anderer Grund könnte möglich sein, meint Bourati. In Europa stehen Wahlen an, Migration sei dabei eine wichtiges Thema. Er sagt, die Länder, die sich zu dem Pakt bekannt haben, müssen nun in der Praxis zeigen, wie unproblematisch er ist, wie er funktioniert. Man müsse die Debatte ent-emotionalisieren. Da klingt er durch, dieser Wunsch, zum ersten Mal an diesem 10. Dezember: Realität statt Gelöbnis. Komplexität statt Narrativ.

    https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2018/12/10/frust-sorge-besonnenheit-wie-der-migrationspakt-angenommen-wurde

    #bot #fake_news #Maroc #global_compact #Marrakech #migration #narration

    • Haben Bots die Debatte um den Migrationspakt einseitig beeinflusst?

      Deutsche Medien verbreiten eine Analyse über automatisierte Programme, die angeblich das Stimmungsbild zum Uno-Migrationspakt verzerrt haben. Experten kritisieren die Untersuchung und werfen den Autoren unseriöse Methoden vor.

      Ein kleines Berliner Unternehmen hat angeblich einen grossen Schwindel aufgedeckt. Dort will man herausgefunden haben, dass die Twitter-Diskussion über den Uno-Migrationspakt manipuliert wurde. Verantwortlich sollen dafür sogenannte Social Bots gewesen sein.

      Darunter versteht man automatisierte Programme, die sich in den sozialen Netzwerken als Menschen ausgeben und deren Verhalten imitieren. Falls sie zahlreich auftreten, können sie womöglich das Meinungsklima beeinflussen. Laut einer Analyse des Unternehmens Botswatch stammten rund 28 Prozent aller deutschsprachigen Tweets zum Migrationspakt von Social Bots.

      Dieser Wert sei angeblich etwa doppelt so hoch wie bei anderen politischen Diskussionen. Die Bots hätten dabei gegen den Uno-Migrationspakt Stimmung gemacht. Zur Frage, wer hinter der angeblichen Manipulation stecken könnte, machte das Unternehmen keine näheren Angaben. Für die Untersuchung analysierte Botswatch rund 800 000 Tweets, die zwischen dem 24. November und dem 2. Dezember verfasst wurden.

      Die Analyse wurde von zahlreichen Medien aufgegriffen und als Tatsache präsentiert. Kurz nachdem die ersten Texte dazu erschienen waren, meldeten sich Experten zu Wort und erhoben schwere Vorwürfe. «An der Studie stört mich, dass sie nicht einmal in Auszügen einsehbar ist. Dadurch sind die Ergebnisse wertlos», sagte der Social-Media-Analyst Luca Hammer. Florian Gallwitz, Professor für Medieninformatik an der Technischen Hochschule Nürnberg, sprach von einer «gezielt lancierten, unveröffentlichten Quatschstudie ohne belastbare Daten». Der Datenjournalist Michael Kreil forderte Botswatch in einem offenen Brief auf, die Untersuchung öffentlich zugänglich zu machen.

      Trotz Nachfrage bleibt unklar, wie das Unternehmen definiert, was ein Bot ist – und mit welcher Methode es Bots von echten Nutzern unterscheidet. Geschäftsführerin Tabea Wilke sagte, das zähle zu den Betriebsgeheimnissen ihres Unternehmens.

      Unseriöse Aussagen?

      Luca Hammer kommt bei einer stichprobenhaften Untersuchung zu dem Schluss, dass der Anteil von Bots in der Debatte um den Migrationspakt bei etwa 6 Prozent liege. Darunter seien allerdings auch automatisierte Accounts von Medienhäusern.

      Die Frage, welche Accounts als Bots zu klassifizieren seien, sei wissenschaftlich nicht geklärt, sagt Professor Gallwitz. «Deshalb ist jede quantitative Aussage über Bots unseriös.» Würde das Unternehmen Einsicht in die Liste mit den angeblichen Bot-Accounts gewähren, könnte das die Glaubwürdigkeit der Untersuchung stärken. Einer entsprechenden Bitte der NZZ wollte Botswatch mit Verweis auf den Datenschutz nicht nachkommen.

      Das Unternehmen habe bereits Kurzanalysen mit «fragwürdigen Kriterien» veröffentlicht, sagt Hammer. Demnach gelte jeder Nutzer als Bot, der mehr als 50 Tweets pro Tag absetze. Gallwitz kritisiert diese Methode: So erreiche man automatisch eine zunehmende Aktivität von vermeintlichen Bots, sobald ein Thema verstärkt diskutiert werde.

      Da manche Menschen Twitter wie ein Chat-Programm nutzen, kann die Zahl von 50 Tweets leicht erreicht werden. Auch Medienhäuser setzen teilweise mehr als 50 Tweets pro Tag ab. Laut Botswatch entspricht die 50-Tweets-Regel den Kriterien der Universität Oxford. Man habe allerdings einen «ganz eigenen Kriterienkatalog» entwickelt, um Bots per automatisierter Software aufzuspüren.

      Neben der Zahl der Tweets würden dabei viele weitere Faktoren eine Rolle spielen. Die Schwierigkeiten dabei zeigt ein Zitat, das von Botswatch selbst stammt: «Es gibt Social Bots, die sowohl automatisiert gesteuert werden als auch manuell.» Ein Bot-Profil, das teilweise von einem Menschen bespielt wird, wäre aber kein reiner Bot mehr.

      Unternehmen hat Verbindungen zur CDU

      Trotz einigen Unschärfen hat die Bot-Analyse politische Wirkung entfaltet. Die sozialdemokratische Justizministerin Katarina Barley rief angesichts der Ergebnisse die Betreiber sozialer Netzwerke dazu auf, gegen gefälschte Accounts vorzugehen.

      Im Mai war die Botswatch-Geschäftsführerin zu einem nichtöffentlichen Gespräch über künstliche Intelligenz im Bundeskanzleramt. Sie ist CDU-Mitglied und im C-Netz, einem Netzpolitikverein, der CDU und CSU nahesteht. Zwei der fünf Mitglieder des «Advisory-Boards» von Botswatch sind ebenfalls CDU-Mitglieder.

      Zu den Beratern von Botswatch gehört der bestens vernetzte PR-Fachmann Axel Wallrabenstein, der sich selbst als «Merkel-Fan» bezeichnet. Ausserdem wird Botswatch von dem christlichdemokratischen Bundestagsabgeordneten Kai Whittaker beraten, der Merkel-Kritiker mit «Säuen» verglich, die sich im Dreck suhlen.

      Angela Merkel und die CDU warben nachdrücklich für den Uno-Migrationspakt. Die Diskussion über das Abkommen wurde besonders in den sozialen Netzwerken sehr hitzig geführt. Der Pakt soll die globalen Wanderungsbewegungen besser regeln und die Standards in den Zielländern der Migranten einander angleichen. Kritiker fürchten, das Abkommen werde die Migrationsströme nach Europa verstärken und die nationale Souveränität untergraben.

      Die Bot-Analyse wurde am Tag der Verabschiedung des Migrationspakts publik. Das mag Zufall sein oder auch nicht. Sicher ist jedenfalls, dass sie herangezogen werden kann, um Kritiker des Paktes zu diskreditieren und die Debatte darüber als aufgeblasen und fremdgesteuert darzustellen.

      https://www.nzz.ch/amp/international/deutschland/haben-bots-die-debatte-um-den-migrationspakt-geentert-ld.1444330

  • Contract for the web: Bundesregierung unterstützt Rechtsanspruch auf Internet - Golem.de
    https://www.golem.de/news/contract-for-the-web-bundesregierung-unterstuetzt-rechtsanspruch-auf-internet-

    Le gouvernement fédéral allemand signe le contrat pour le web.

    28. November 2018 - Die Bundesregierung will das Internet als „öffentliches Gut und Grundrecht“ schützen. Damit unterstützt sie eine Initiative von WWW-Erfinder Tim Berners-Lee.

    Die Bundesregierung stellt sich hinter die Prinzipien des sogenannten Contract for the web. Digitalisierungsstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) und Bundesverbraucherschutzministerin Katarina Barley (SPD) hätten am Mittwoch in Berlin die Prinzipien dieses „Vertrags für das Web“ unterzeichnet, teilte die Regierung mit. „Das Internet ist ein öffentliches Gut. Der Zugang dazu muss allen Menschen offenstehen“, sagte Barley anlässlich der Unterzeichung. An der Zeremonie nahmen der CEO der Web Foundation, Adrian Lovett, sowie Mitglieder des Ausschusses Digitale Agenda des Deutschen Bundestages teil.
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    Der Vertrag geht auf eine Initiative von WWW-Erfinder Tim Berners-Lee und der von ihm im Jahr 2008 gegründeten World Wide Web Foundation zurück.

    Die Regierungen sollen demnach

    „sicherstellen, dass sich jeder Mensch mit dem Internet verbinden kann. Damit jeder Mensch, ungeachtet seiner Identität oder seines Wohnorts, aktiv am Online-Geschehen teilhaben kann.“
    „das gesamte Internet jederzeit verfügbar halten. Damit keinem Menschen das Recht auf uneingeschränkten Zugang zum Internet verwehrt wird.“
    „das Grundrecht der Menschen auf Schutz ihrer Privatsphäre respektieren. Damit jeder Mensch das Internet frei, sicher und ohne Angst nutzen kann.“

    Vertrag folgt bis Mai 2019

    Bis Mai 2019 sollen die Prinzipien zu einem Vertrag ausgearbeitet werden, hieß es weiter. Die Grundlagen dafür lege der Koalitionsvertrag, demzufolge bis 2025 ein Rechtsanspruch auf flächendeckenden Zugang zu schnellem Internet geschaffen werden soll. Darüber hinaus will die Koalition von Union und SPD ein hohes Datenschutzniveau garantieren und höchste Anforderungen an Datensicherheit erfüllen.

    Die Initiative der World Wide Web Foundation wird aktuell von mehr als 80 Personen, Organisationen und Unternehmen unterstützt, darunter Google, Facebook und Cloudfare. Deutschland ist neben Frankreich das erste Land, dessen Regierung den Webvertrag unterzeichnet hat.

    cf. DE — A Contract for the Web https://seenthis.net/messages/742063

    #Allemagne #Digitale_Agenda #W3C #Internet

    • Bundesregierung | Aktuelles | Bund unterstützt „Contract for the web“
      https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/bund-unterstuetzt-contract-for-the-web--1554868

      Jeder Mensch soll das Internet nutzen können – frei, sicher und ohne Angst. Das sieht der „Contract for the Web“ vor, den Digitalisierungsstaatsministerin Bär und Justizministerin Barley für die Bundesregierung in Berlin unterzeichnet haben.

      Die Bundesregierung verpflichtet sich mit der Unterzeichnung, die Grundsätze des „Vertrags für das Web“ einzuhalten. Dazu gehört unter anderem sicherzustellen, dass sich jeder Mensch zu jeder Zeit mit dem Internet verbinden kann und das Grundrecht auf Schutz seiner Privatsphäre respektiert wird.

      „Das Internet ist das Rückgrat der Digitalisierung. Die Bundesregierung schützt es als öffentliches Gut und Grundrecht. Die Prinzipien des ’Contract for the web’ unterstützen wir daher sehr gerne“, sagte Digitalisierungsstaatsministerin Dorothee Bär.

      Bundesjustizministerin Katarina Barley betonte: „Das Internet ist ein öffentliches Gut. Der Zugang dazu muss allen Menschen offenstehen. Deswegen ist es wichtig, dass sich die Bundesregierung heute genau dazu bekennt.“ Es sei die Aufgabe von Politik und Gesellschaft den rechtlichen Rahmen zu definieren und über ethische Fragen zu diskutieren.

      Den Vertragsbeitritt hatte die Bundesregierung Mitte November bei ihrer Digitalklausur in Potsdam verabredet. Die Grundlagen dafür legt der Koalitionsvertrag - etwa mit dem Vorhaben, bis 2025 einen Rechtsanspruch auf flächendeckenden Zugang zu schnellem Internet zu schaffen.
      Veröffentlichung im Mai 2019

      Die Idee des „Contract for the Web“ geht auf den Vater des WWW und Gründer der World Wide Web Foundation, Tim Berners-Lee, zurück. Im November 2018 rief er bei einem Gipfel in Lissabon Bürger, Unternehmen und Regierungen dazu auf, einen digitalen Gesellschaftsvertrag für ein „freies und offenes“ Internet zu schließen.

      Der Vertrag soll im Mai 2019 publiziert werden – ein symbolischer Termin, da bis dahin mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung online sein soll. Die französische Regierung hat sich bereits dazu bekannt, ebenso wie zahlreiche Organisationen und Personen wie Google, Facebook oder der frühere britische Premierminister Gordon Brown.

      Das sieht der „Vertrag für das Web“ vor

      Regierungen werden

      sicherstellen, dass sich jeder Mensch mit dem Internet verbinden kann,
      das gesamte Internet jederzeit verfügbar halten,
      das Grundrecht der Menschen auf Schutz ihrer Privatsphäre respektieren.

      Unternehmen werden

      – das Internet für jeden Menschen erschwinglich und zugänglich machen,
      – die Privatsphäre und die persönlichen Daten der Verbraucher respektieren,
      – Technologien entwickeln, die das menschlich Beste unterstützen und das Schlechteste bekämpfen.

      Bürger werden
      – Gestalter und Mitwirkende im Internet sein,
      – starke Gemeinschaften bilden, die den gesellschaftlichen Diskurs und die Menschenwürde respektieren,
      – für das Internet kämpfen.

      Wer sich an der Schaffung des neuen Vertrags beteiligen oder das Projekt unterstützen möchte, kann sich als Unternehmen oder Privatperson eintragen.
      https://contractfortheweb.org/deutsche

      Außerdem gibt es für die Social-Media-Kampagne den Hashtag #ForTheWeb.

    • DE — A Contract for the Web
      https://contractfortheweb.org/deutsch
      21 ans après la publication du manifeste du web indépendant (http://www.uzine.net/article60.html) le gouvernement allemand rejoint les signataires du contrat pour le web . Cette déclaration définit le web en tant que bien commun et prévoit la mise en place de mesures pour garantir l’accès au réseau pour chacun. Ce faisant le gouvernement étend la définition de l’intérêt commun à l’internet pour tous.

      Vertrag für das Web – Grundsätze

      Das Web wurde entwickelt, um Menschen zusammenzubringen und Wissen frei verfügbar zu machen. Jeder Mensch hat die Aufgabe, sicherzustellen, dass das Web der Menschheit dient. Indem sie sich den folgenden Grundsätzen verpflichten, können Regierungen, Unternehmen und Bürger weltweit dazu beitragen, das offene Web als öffentliches Gut und Grundrecht für jeden Menschen zu schützen.
      Regierungen werden

      sicherstellen, dass sich jeder Mensch mit dem Internet verbinden kann
      Damit jeder Mensch, ungeachtet seiner Identität oder seines Wohnorts, aktiv am Online-Geschehen teilhaben kann.

      das gesamte Internet jederzeit verfügbar halten
      Damit keinem Menschen das Recht auf uneingeschränkten Zugang zum Internet verwehrt wird.

      das Grundrecht der Menschen auf Schutz ihrer Privatsphäre respektieren
      Damit jeder Mensch das Internet frei, sicher und ohne Angst nutzen kann.
      Unternehmen werden

      das Internet für jeden Menschen erschwinglich und zugänglich machen
      Damit kein Mensch von der Nutzung und Gestaltung des Webs ausgeschlossen wird.

      die Privatsphäre und die persönlichen Daten der Verbraucher respektieren
      Damit die Menschen die Kontrolle über ihr Online-Leben behalten.

      Technologien entwickeln, die das menschlich Beste unterstützen und das Schlechteste bekämpfen
      Damit das Web wirklich ein öffentliches Gut ist, das den Menschen an erste Stelle setzt.
      Bürger werden

      Gestalter und Mitwirkende im Web sein
      Damit das Web für jeden Menschen umfangreiche und relevante Inhalte bereithält.

      starke Gemeinschaften bilden, die den gesellschaftlichen Diskurs und die Menschenwürde respektieren
      Damit sich jeder Mensch online sicher und willkommen fühlt.

      für das Web kämpfen
      Damit das Web offen und eine globale öffentliche Ressource für die Menschen bleibt – überall, heute und in Zukunft.
      Wir verpflichten uns, diese Grundsätze zu achten und einen Beratungsprozess aufzunehmen, um einen umfassenden „Vertrag für das Web“ zu erarbeiten, der die Aufgaben und Pflichten von Regierungen, Unternehmen und Bürgern festschreibt. Die Herausforderungen, vor denen das Web heute steht, sind gewaltig und betreffen jeden Bereich unseres Lebens – und das nicht nur, wenn wir online sind. Doch wenn wir zusammenarbeiten und ein jeder von uns die Verantwortung für sein Handeln übernimmt, kann es uns gelingen, ein Web zu schützen, das wirklich für alle Menschen da ist.

      #Allemagne #politique #internet @arno

    • @fil Euh, en politique il faut faire pression si on veut obtenir quoi que ce soit. Cette déclaration nous permettra de rappeller au goúvernement qu’il vient de la signer.

      Ce qui me semble plus important c’est l’extension de la définition de l’intérêt commun á la défense de l’internet libre. Désormais une association ou entreprise (allemande) accédera plus facilement au statut d’intérêt commun en poursuivant des activités pour la défense de la liberté du réseau.

  • In Potsdam sind Taxis noch immer Mangelware
    https://www.pnn.de/potsdam/selbst-reservierungen-fuer-den-naechsten-morgen-werden-abgelehnt-in-potsdam-sind-taxis-noch-immer-mangelware/23688960.html


    Seit dem Jahr 2015 hat das Taxigewerbe in Potsdam ein Problem - es darf nicht mehr absolute Dumpinglöhne zahlen und so ausgebufft wie die Berliner Taxiunternehmer sind die Potsdamer auch nicht. In Berlin klappt das nämlich mit dem systematischen Verstoßen gegen das Mindestlohngesetz.

    In Potsdam gibt es nicht genug Taxis und nicht genug Fahrer. Der Gescäftsführer der Taxi-Zentrale Potsdam Detlef Baatz will deshalb Taxifahrer zum Ausbildungsberuf machen. Das freut uns.

    28.11.2018 - Schuld für die Misere sieht Baatz auch in der eigenen Branche. „Wir müssen uns um eine bessere Verfügbarkeit bemühen, sonst übernehmen irgendwann die privaten Unternehmen den Markt“, sagt er und spielt damit auch auf den US-amerikanischen Fahrdienstvermittler Uber an. Und auch um den Nachwuchs müsse man sich verstärkt kümmern, etwa indem die Branche darauf hinarbeitet, Taxifahren zum Ausbildungsberuf zu machen. Das würde die Attraktivität steigern und mehr Anerkennung bringen, ist er überzeugt.

    Kommentar über Taxis in Potsdam: Der Taxifahrer-Job muss beliebter werden - Potsdam - PNN
    https://www.pnn.de/potsdam/kommentar-ueber-taxis-in-potsdam-der-taxifahrer-job-muss-beliebter-werden/23689042.html

    Der Taximangel hat vor allem mit fehlendem Nachwuchs zu tun, und der wiederum mit der mangelnden Attraktivität des Berufes. Er ist oft mit Nacht- und Wochenendarbeit verbunden und die Bezahlung ist immer noch nicht attraktiv genug – trotz Gebührenerhöhung. Damit Taxifahren attraktiv bleibt, muss sich die Branche mehr anstrengen, sich unbeliebte Schichten zum Beispiel aufteilen und gemeinsam dafür kämpfen, den Beruf wieder beliebter zu machen.

    Die Autorin vermutet eine Ursache für den Taximangel, die keine ist.

    Doch bei allem Verständnis für den Frust vieler Potsdamer: Taxis sind eben kein Linienverkehrsmittel, einen Anspruch auf Verfügbarkeit gibt es nicht.

    Im Gegenteil ist genau das der Fall. Die Gemeinde kann anordnen, dass zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten Taxis bereitgehalten werden. Diese Möglichkeit begründet den Sonderstatus des Taxis als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Leider ist das in Vergessenheit geraten. In Berlin wurde dem Problem vorgebeugt, indem die Ausbeutung migrantischer Sub-Minilöhner vom Senat akzeptiert wird, und in Potsdam ignoriert die Stadtverwaltung die sinnvollen Besonderheiten des Taxigewerbes ebenfalls.

    Flaute trotz Tarif-Erhöhung: Weiter warten auf Potsdamer Taxis - Potsdam - PNN
    https://www.pnn.de/potsdam/flaute-trotz-tarif-erhoehung-weiter-warten-auf-potsdamer-taxis/21288874.html
    Gegen den Taximangel wird geflickschustert.

    13.02.2018 - Derzeit beteiligt sich die Taxigenossenschaft an der jährlichen landweiten Verkehrssicherheitsaktion Fifty-fifty-Taxi-Ticket, die es Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 16 und 25 ermöglicht, am Wochenende und Feiertagen vergünstigt mit dem Taxi nach Hause zu fahren. Die Initiative soll alkoholisierte junge Menschen davon abhalten, sich selbst ans Steuer zu setzen. Das brandenburgische Verkehrsministerium finanziert die Aktion, die bereits seit 1995 existiert, in diesem Jahr mit 62 500 Euro. Partner ist neben der Taxigenossenschaft die AOK Nordost. Insgesamt werden 32 500 Tickets im Wert von 125 000 Euro zur Verfügung gestellt.

    Junge Menschen in ländlichen Regionen sind auf günstigere Taxipreise angewiesen
    In den vergangenen Jahren seien immer etwa 90 Prozent der Tickets verkauft worden, sagte Daniela Teichert von der Geschäftsleitung der AOK Nordost. Insbesondere in den ländlichen Regionen, wo an den Wochenenden in der Nacht kaum oder gar keine Busse fahren würden, seien die jungen Menschen auf ein solches Angebot angewiesen. Vor allem in den Regionen Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz und Dahme-Spreewald werde laut der AOK Nordost die vergünstigte Taxifahrt genutzt. Mehr als 6500 Tickets werden hier durchschnittlich im Jahr verkauft. In Potsdam wurden im Jahr 2017 260 Tickets im Wert von zwei Euro sowie 944 Tickets im Wert von fünf Euro verkauft.

    Potsdam: Taxikrise verschärft sich weiter - Potsdam - PNN
    https://www.pnn.de/potsdam/potsdam-taxikrise-verschaerft-sich-weiter/21338444.html

    Kein Taxi? Der Mindestlohn ist Schuld. Über eine gesunde Gewerbestruktur macht sich auch in Potsdam niemand Gedanken. Billig müssen sie sein, die Fahrer, sonst sind Profite in Gefahr. Darum geht es.

    26.06.2017 - Baatz: Keine Taxis mehr in der Nacht wegen Mindestlohn
    Dass die Unternehmer die Wochenend- und Nachtstunden nicht mehr besetzen, führt Baatz auf die Einführung des Mindestlohnes vor zwei Jahren zurück. Viele Chefs hätten offenbar Angst, dann nicht die entsprechenden Umsätze machen zu können, um die Fahrer entsprechend zu entlohnen. Eine Angst, die angesichts der enormen Nachfrage unbegründet zu sein scheint.

    Baatz sieht bei der Kontrolle der sogenannten Betriebspflicht auch die Stadt in der Pflicht: Die Vergabe einer Taxikonzession ist in Potsdam an die Bedingung geknüpft, das Taxi an mindestens 16 Tagen im Monat mindestens sechs Stunden tatsächlich auf der Straße zu haben. Derzeit scheint das aber in der Praxis nicht kontrolliert zu werden. Auf eine PNN-Anfrage, wie die Betriebspflicht für die Taxis kontrolliert wird, antwortete die Stadt: „Die Betriebspflicht als zwingende Verpflichtung gemäß der Taxenordnung Potsdam obliegt dem Taxiunternehmer selbst.“ Im Rahmen eines im vergangenen Jahr erstellten Gutachtens zur Taxibranche in Potsdam sei man aber zu der Einschätzung gekommen, „dass die Beförderungspflichten gesamtheitlich erfüllt werden“. Für etwa drei Prozent der derzeit in Potsdam konzessionierten 96 Taxiunternehmer seien in den vergangenen zwölf Monaten Anträge auf Entbindung von der Betriebspflicht genehmigt worden. Es handele sich dabei meist um Krankheits- oder Urlaubszeiten, in Einzelfällen auch Unfallschäden.

    Mindestlohn und Nachwuchsprobleme: In Potsdam fehlen Taxifahrer - Berlin - Tagesspiegel
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/mindestlohn-und-nachwuchsprobleme-in-potsdam-fehlen-taxifahrer/14737680.html

    27.10.2016 - Betroffene machen ihrem Ärger auch in den sozialen Netzwerken Luft. Eine Potsdamerin schildert auf Facebook, wie sie für 2.30 Uhr ein Taxi rufen wollte: „Antwort: Es können nachts keine Stadtfahrten mehr vermittelt werden – bei Mindestlohn müsste man das verstehen. Wofür sind die verdammt noch mal da?“, schreibt die Frau, die viele zustimmende Kommentare erhielt. Andere erzählen von verpassten Zügen und Bussen, weil kein Taxi zum Bahnhof zu bekommen sei, offenbar sogar in den Nachmittagsstunden.

    Ins Hotel mit der Pferdekutsche
    Was Taxikunden ärgert, bereitet der Tourismus- und Veranstaltungsbranche, aber auch Wirtschaftsvertretern ernsthafte Sorgen. Filmparkchef Friedhelm Schatz spricht von einer „dramatisch schlechten Situation“ – viele Gäste seien nach Abendveranstaltungen in der Metropolishalle oder im Restaurant Eisenherz auf Taxis angewiesen, aber der Taxiruf ist fast aussichtslos geworden. „Und das fällt auf uns zurück!“ Besorgt ist man auch bei der Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK): Wenn Dienstleistungen nicht wie gewohnt funktionierten, litten Touristen, Einwohner und die regionale Wirtschaft, sagte IHK-Vizechef Manfred Wäsche. Hoteliers wie die Chefin des Kongresshotels am Templiner See, Jutta Braun, erzählt von Hotelgästen, die mit einer Pferdekutsche ins Hotel kamen, weil kein Taxi zu finden war. Der Potsdamer Gastronom Mario Kade erinnerte sich daran, dass einer seiner Mitarbeiter nach einer Hochzeitsfeier mit dem Brautpaar noch bis 5 Uhr früh im Restaurant warten musste, ehe das Taxi kam.

    Taxis in Potsdam: Potsdam in der Taxi-Krise - Potsdam - PNN
    https://www.pnn.de/potsdam/taxis-in-potsdam-potsdam-in-der-taxi-krise/21394832.html

    20.10.2016 - Mindestlohn habe zum Umdenken geführt

    Der Potsdamer Taxi-Markt ist offenbar in der Krise. Grund ist nicht nur der im vergangenen Jahr eingeführte Mindestlohn von 8,50 Euro, auch wenn der zuerst genannt wird, wenn man bei Harry Kortschlag vom Taxiverband Potsdam nachfragt. Der Mindestlohn, erklärt er, habe bei vielen Taxi-Unternehmen zum Umdenken geführt: „Der eine oder andere Betrieb hat den Rückwärtsgang eingelegt“, sagt Kortschlag. So seien die Arbeitszeiten von angestellten Fahrern etwa vielerorts auf sechs Stunden reduziert worden. „Der Taxifahrer hat ja ein Anrecht auf Bezahlung, egal wie groß die Umsätze sind – das Risiko trägt dann der Unternehmer“, erklärt Kortschlag.

    Nur wenige junge Leute wollen Taxi-Fahrer werden
    Das ist aber nicht das einzige Problem. Laut Kortschlag ist es schwierig geworden, überhaupt noch Arbeitskräfte zu finden. „Neueinstellungen sind illusorisch – für den Beruf interessieren sich nur wenige junge Leute“, sagt Kortschlag, dessen Unternehmen selbst lange Taxifahrer ausgebildet hat. Als Grund für das ausbleibende Interesse sieht er das schlechte Image des Berufs, die Nacht- und Wochenendarbeitszeiten und die vergleichsweise bescheidene Entlohnung. Gleichzeitig seien in Potsdam mehrere Taxifahrer in Rente gegangen. Zwar ist die Zahl der in der Stadt konzessionierten Taxis unverändert bei 190: Aber statt wie früher rund 280 Taxifahrer gebe es dafür mittlerweile nur noch rund 200.

    Auch Detlef Baatz von der Taxigenossenschaft sieht das Nachwuchsproblem, das die gesamte Dienstleistungsbranche betreffe: „Die Bereitschaft, nachts und an den Wochenenden zu arbeiten, ist nicht mehr da.“ Hinzu kommt auch, dass immer mehr Potsdamer Taxi-Unternehmer gar nicht mehr in der Genossenschaft und damit beim zentralen Taxiruf organisiert sind: Seien 2009 noch praktisch alle 190 Taxis über die Taxizentrale organisiert gewesen, seien es mittlerweile nur noch 130. Etliche Unternehmer nutzen heute alternative Kontaktwege zum Kunden, etwa diverse Smartphone-Apps. Auch mit 130 Taxis könne ein Rund-um- die-Uhr-Service eigentlich funktionieren, betont Baatz: „Aber dafür müssten die Taxis eben bereitstehen.“

    Taxis in Potsdam fehlen: Warte noch ein Weilchen - Potsdam - PNN
    https://www.pnn.de/potsdam/taxis-in-potsdam-fehlen-warte-noch-ein-weilchen/21389116.html

    08.06.2015 - Wutentbrannte Anrufe in der Zentrale
    Offenbar ist der Mangel kein Zufall. Auch am vergangenen Wochenende haben PNN-Testanrufe in den Nächten zum Samstag und Sonntag Schwierigkeiten ergeben. Zum Beispiel: Freitag, 1 Uhr. Ein Taxi vom nördlichen Stadtteil Bornim nach Babelsberg sollte bestellt werden. „Momentan sind keine Taxis verfügbar“, so die Auskunft bei der Taxizentrale unter Tel.: (0331) 292929. Die Zeit, wann wieder ein Taxi in der Nähe sein könnte, sei schwer abschätzbar, so die Telefonistin in der Zentrale: „Aber es sieht ganz schlecht aus.“ Dagegen war am Samstag um 0 Uhr ein Taxi am Hauptbahnhof sofort verfügbar. Zwei Stunden später war allerdings für den Norden Potsdams wiederum kein Taxi in der Nähe – nach einer etwa fünf Minuten langen Telefonschleife. Vorher war bei mehreren Anrufen die Leitung der Taxizentrale schlicht besetzt.

    Detlef Baatz kennt das Problem. Der Geschäftsführer der Potsdamer Taxigenossenschaft leitet die Taxizentrale, die die Taxis an die Anrufer vermittelt. „Besonders schwierig gestaltet sich die Kundenversorgung in den späten Stunden der Wochenenden.“ Teilweise seien in und um Potsdam nur zehn bis 15 Fahrer im Einsatz. Dieser „unhaltbare Zustand“, so Baatz, führe dazu, dass viele Potsdamer nicht dorthin kommen, wo sie hinwollen. Einige riefen dann wutentbrannt in der Taxizentrale an. Dort sieht man sich „mit allen Schimpfwörtern, die es so gibt“, konfrontiert, so Baatz.

    Abends nur wenige Taxis im Einsatz
    Von den bis zu 190 in Potsdam lizensierten Taxis sind offenbar nur wenige unterwegs. „An sich gibt es in Potsdam mehr als genug Taxis“, sagt Taxifahrer Andreas Seidel. „Sie müssen nur gefahren werden.“ Doch für die Besitzer lohnt sich der Einsatz seit Einführung des Mindestlohns nur noch, wenn die Wagen auch ausgelastet sind – also nur tagsüber. Das sieht auch Facebook-Nutzer Thomas Kallweit so: „Taxifahren lohnt sich nicht mit Mindestlöhnen. Aufstocken mit Hartz-IV war ,besser’ für Arbeitgeber und Kunden“, meint er.

    Taxibranche in Potsdam: Taxisterben wegen Mindestlohn - Potsdam - PNN
    https://www.pnn.de/potsdam/taxibranche-in-potsdam-taxisterben-wegen-mindestlohn/21525446.html

    Minndestlohn, die Ausrede ist unschlagbar. Warum niemand daran gedacht hat, dass Menschen arbeiten, um zu leben, ist und bleibt dennoch erstaunlich. Vielleicht sind die Sub-Mindestlohn-Betriebe ethisch doch nicht so ganz in Ordnung.

    17.03.2015 - Wer mit einem Taxi fahren möchte, muss sich nicht nur auf höhere Fahrpreise, sondern auch auf längere Wartezeiten einrichten. Seit Januar sind nämlich weniger Fahrzeuge auf Potsdams Straßen unterwegs. Der Grund: die Einführung des Mindestlohns. MARCO ZSCHIECK

    Potsdam - „Es tut uns leid. Im Moment steht leider kein Fahrzeug bereit“, so die Auskunft aus der Taxizentrale. Diese enttäuschende Mitteilung bekommen Anrufer seit Jahresbeginn häufiger, wenn sie in Potsdam ein Taxi rufen möchten. Besonders in der Nacht sind offenbar immer weniger Fahrzeuge unterwegs. Obwohl die Preise zu Jahresbeginn kräftig angehoben wurden, lohne es sich für die Taxiunternehmen nicht, zu fahren, so Harry Kortschlag vom Taxiverband Potsdam. Ursache sei der seit Januar geltende Mindestlohn. Angestellte Taxifahrer würden deshalb von den Unternehmen weniger eingesetzt.

    #Taxi #Potsdam #Ausbildung

  • Uber: Das Ende des Taxis | ZEIT Arbeit
    https://www.zeit.de/arbeit/2018-11/uber-deutschland-taxi-fahrdienst-konkurrenzkampf-lobby
    https://img.zeit.de/arbeit/2018-11/uber-deutschland-taxi-fahrdienst-konkurrenzkampf-lobby-bild/wide__1300x731

    Sie beuten sich selbst aus und brechen Regeln: Wie Uber-Fahrer den Taxi-Unternehmen das Geschäft kaputt machen.
    Von Matthias Kreienbrink 16. November 2018, 20:51 Uhr

    Die Aral-Tankstelle am Club Chalet in Kreuzberg: Die Brücke zwischen der Schlesischen Straße und der Puschkinallee ist überrannt von Touristinnen und Touristen, vor allem nachts, vor allem von Angetrunkenen, die nach einer durchfeierten Nacht nicht mehr selbst nach Hause fahren können. Tausende Feiernde sind hier jedes Wochenende unterwegs, Tendenz steigend. Und trotzdem: Vor drei Jahren musste Abdurrahman A. höchstens drei Minuten warten, dann saß ein Fahrgast im Taxi. An diesem Herbstwochenende aber wartet A. mehr als 20 Minuten.

    Er erinnert sich wieder, wieso er diese Bezirke – Kreuzberg, Friedrichshain, Mitte, Neukölln – eigentlich meidet. „Da wo die Touristen sind, herrscht Uber“, erzählt er. Darum versucht er sein Glück inzwischen in den Randbezirken Berlins: Zehlendorf, Hellersdorf, Reinickendorf: Da wird noch Taxi gerufen, nicht Uber.

    Abdurrahman A. wird an diesem Wochenende keine 300 Euro Umsatz machen. Vor drei Jahren waren es an einem guten Wochenende schon mal 1.000 Euro. Das war vor Uber. Der 30-Jährige studiert Politikwissenschaft. Seit vier Jahren finanziert er mit dem Taxifahren sein Studium. Seinen Bachelor hat er bald geschafft. Aber wie bloß den Master finanzieren, fragt er sich. Wenn es weiter so abwärts geht, kann er schon bald nicht mehr die Miete bezahlen. Während A. wartet, steigen immer wieder Menschen in Autos, die am Straßenrand warten. Oder sie tippen in ihr Handy und fünf Minuten später ist ein Auto da. An Fahrgästen mangelt es nicht, doch die meisten steigen für den Heimweg in Mietwägen, nicht in Taxis.

    Wie A. geht es vielen Taxifahrern seit dem Erfolg von Uber.

    Am Flughafen in Tegel steht der Taxiunternehmer Frank S. Reihe in Reihe mit Taxikollegen und Uber-Fahrern. Er erkennt die sie am Toyota Prius und dem Kennzeichen aus dem Berliner Umland. Manche Uber-Fahrer gehen auf Kunden zu und versprechen, dass die Fahrt günstiger sei als das Taxi.

    Der Vorwurf: Uber macht das Taxigeschäft kaputt
    Richard Leipold fährt seit 1978 Taxi und ist ehrenamtlicher Vorsitzender der Berliner Taxivereinigung. Zusammen mit seinem Partner hat er sechs Autos und zwölf angestellte Fahrer. Im Januar, Februar und April haben sie minus gemacht. Vom Januar 2017 auf 2018 einen Rückgang von 30 Prozent. Wenn es so weitergeht, wird er sich bald verkleinern müssen.

    Insgesamt hat ZEIT ONLINE mit fünfzehn Taxifahrern gesprochen. Alle hatten in den letzten Monaten Umsatzeinbrüche. Viele wollen aussteigen, umschulen. Oder wissen einfach nicht weiter. In einer Facebook-Gruppe tauschen sie sich aus. Sie posten Bilder von Uber-Autos, die in Seitenstraßen warten. Erzählen sich Geschichten von drängelnden Uber-Autos. Tauschen sich aus über ihren Frust und die Verzweiflung, nicht mehr genug Geld zu verdienen. Und hier versuchen sie sich auch zu organisieren. Erst Mitte Oktober haben Hunderte Taxifahrer in Düsseldorf mit einem Autokorso für Aufmerksamkeit gesorgt. Die Düsseldorfer werfen Uber vor, sich nicht an deutsches Recht zu halten und mit Dumpingpreisen das Taxigeschäft kaputt zu machen.

    Taxifahrer müssen sich an viele Regeln halten. Um den Taxischein zu bekommen, müssen sie eine Ortskundeprüfung ablegen, die je nach Anbieter mehrere Hundert Euro kostet. Das beinhaltet eine mehrmonatige Vorbereitung, genaues Einprägen der Straßengeflechte einer Großstadt wie Berlin. Bei der Prüfung wird dann eine Fahrt von A nach B abgefragt, die der Prüfling aus dem Gedächtnis abfahren muss – inklusive Nennung aller abgehenden Straßen.

    Taxifahrer haben ein Fiskaltaxameter in ihrem Auto, das Umsatz und Arbeitszeit aufzeichnet und speichert, jederzeit vom Finanzamt abrufbar. Taxifahrer müssen bei jeder Fahrt den gleichen Fahrpreis nehmen. An den Taxiständen warten immer wieder und unangekündigt Kontrolleure vom Landesamt für Bürger und Ordnungsangelegenheiten (LABO). Stimmt die Kennzeichnung des Wagens? Funktioniert das Warndreieck? Wenn nicht: Bußgeld.

    Uber-Fahrer brechen Regeln und beuten sich selbst aus
    Für Uber-Fahrer, die offiziell Mietwagenfahrer genannt werden, gilt all das nicht – oder nicht mehr. Seit dem 24. August 2017 müssen Mietwagenfahrer keine Ortskenntnisprüfung mehr ablegen. An diesem Tag trat eine Fahrerlaubnis-Verordnung in Kraft, die es ihnen erlaubt, auch ohne die Ortskenntnisprüfung zu fahren. Anders als Taxifahrer wüssten Mietwagenfahrer immer vor der Fahrt, wohin sie fahren und seien auch nicht verpflichtet, den kürzesten Weg zu fahren, erklärt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur auf Nachfrage. Auch schon vor dem 24. August 2017 sind viele Mietwagenunternehmer die Prüfung umgangen und haben ihren Betriebssitz in Orten unter 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern gegründet. In kleineren Städten entfällt die Ortskenntnisprüfung. Darum erkennt man Uber-Autos in Berlin auch oft an den Kennzeichen aus dem Brandenburger Umland.
    Regelbruch und Selbstausbeutung
    Mietwagenfahrer müssen keine Fiskaltaxameter in ihren Autos anbringen, müssen ihr Auto nicht als Mietwagenfahrzeug kennzeichnen und werden auch keinen unangekündigten Kontrollen unterzogen. Den Preis bestimmt ein Algorithmus, der sich nach der aktuellen Nachfrage richtet.

    Doch auch für Uber-Fahrer gelten gewisse Regeln. Eine davon ist die Rückkehrpflicht. Eigentlich sollte eine Mietwagenfahrt wie folgt ablaufen: Ein Kunde bestellt im Voraus einen Mietwagen über eine App wie „UberX“. Der Vermittler – Uber – gibt diese Bestellung an ein Mietwagenunternehmen weiter, dieses wiederum leitet sie weiter an einen Fahrer. Je nach Uhrzeit der bestellten Fahrt würde der Fahrer dann von seinem Betriebssitz aus zu dem Fahrgast fahren, ihn abholen, absetzen und zurück zum Betriebssitz fahren. Das heißt auch: Mietwagenfahrer dürfen nicht herangewunken werden, und dürfen auch nicht in besonders frequentierten Gegenden auf einen Fahrgast warten.

    Tatsächlich mischen sich am Flughafen oder vor den Clubs in Kreuzberg ständig Uber-Autos. Sie brechen die Regeln und beuten sich selbst aus, um ein gutes Geschäft machen zu können. Manche Uber-Fahrer übernachten in ihren Autos oder fahren 15 Stunden am Stück, um genug zu verdienen. Kontrolliert wird auch das nicht. Der Konkurrenzkampf zwischen denen, die schon immer dort waren, und den neuen wird immer erbitterter.

    Abdurrahman A. hat ein Formular auf seinem Computer gespeichert. Es liegt „ein Verstoß gegen das PBefG, Paragraph 49 Abs. 4 vor“, steht darin. Er muss nur noch Automarke, Kennzeichen, Ort und Uhrzeit eintragen – damit ist die Anzeige wegen Nichtbeachtung der Rückkehrpflicht fertig. „Solche Anzeigen stelle ich andauernd bei den verschiedenen Bezirken“, erzählt er. Ihn ärgert es, dass die Taxifahrer so stark kontrolliert werden und die Uber-Fahrer ungeschoren davonkommen. Doch Reaktionen bekäme er kaum welche. „Ich hatte gehofft, dass die Anzeigen zentral gesammelt werden, doch für die Behörden scheinen das lauter Einzelfälle zu sein.“

    Taxifahrer waren Helden
    Uber, ein US-amerikanisches Milliardenunternehmen mit Sitz in San Francisco, hat einen Markt geschaffen, der auch in Europa kaum reguliert wird. Das Unternehmen vermittelt Autofahrer. Uber wurde damit zum Pionier der sogenannten Gig Economy, eine neue Industrie, in der Arbeitskräfte in der Regel pro Gig, also Auftrag, bezahlt werden: pro Fahrt, geliefertes Essen oder geputzte Wohnung.

    Menschen, die in der Gig Economy arbeiten, tun dies oft als Neben-, Zweit- oder Drittjob. Oft ist die Bezahlung so schlecht und die Bedingungen so prekär, dass niemand davon allein überleben kann. Deliveroo-Lieferanten und Uber-Fahrer sind oft Studierende, Neuzugezogene, Suchende. Manche machen den Job ein paar Stunden an Tag, andere fünfmal im Monat, die wenigsten Vollzeit.

    Ganz anders der Taxifahrer. Auch Taxifahren ist vielleicht für die wenigsten von Anfang ein Traumberuf, viele blieben es jedoch ein ganzes Leben lang und konnten damit sich, sogar eine Familie, ernähren. Den Taxifahrer umgab auch einen Mythos: In Jim Jarmuschs Film Night on Earth sind Taxifahrer Helden.
    „Klageverfahren gegen Uber sind eine kostspielige Sache“
    Heute werden Anekdoten aus dem Straßenverkehr in amerikanischen Serien und Filmen mit den Worten „My Uber driver …“ eingeleitet. Ein Uber zu nehmen ist aufgrund des Algorithmus, der den Preis bestimmt, nicht immer günstiger, aber trotzdem modern. Auch in deutschen, angesagten Bezirken wie Kreuzberg findet man kaum noch Taxis, man holt sich ein Uber.

    In Berlin-Kreuzberg in einem großen, roten Backsteinhaus findet man auch Alexandra Decker, Rechtsanwältin für Urheber- und Wettbewerbsrecht. Ihr Studium hat sie sich mit Taxifahren finanziert. Sie hat schon mehrfach Taxifahrer in Berlin und München vor Gericht vertreten – gegen Uber. Immer ging es um das Nichteinhalten der Rückkehrpflicht. „Klageverfahren gegen Uber sind eine kostspielige Sache“, sagt sie. Wer gegen Uber klagt, klagt gegen eine renommierte Großkanzlei. Mehrere Male hat Decker schon gewonnen – jedes Mal habe Uber Rechtsmittel eingelegt und der Fall ging in die nächsthöhere Instanz. „Da herrscht keine Waffengleichheit.“

    Die grundsätzliche Frage im Umgang mit Uber ist, ob das Unternehmen als Verkehrsdienstleister oder als Technologieplattform behandelt wird. Für Decker ist Uber ein Verkehrsdienstleister, der mehr als nur die Vermittlung organisiert. Das Unternehmen bestimmt die Fahrpreise, fordert 25 Prozent Provision und verschafft den Mietwagenunternehmern vergünstigte Autos.

    Uber argumentiert anders: „All unsere Fahrerpartner sind Angestellte oder Betreiber von professionellen Mietwagen- oder Taxiunternehmen“, betont ein Uber-Sprecher auf Nachfrage von ZEIT ONLINE. Uber stelle nur die Technologie zur Verfügung. Man halte sich an alle geltenden Regelungen.

    Aggressive Lobbyarbeit
    Dass in der Praxis jedoch kaum ein Fahrer wieder zurück an den Betriebssitz fährt, muss auch dem Unternehmen klar sein. Etwa 500 Mietwagen, die für Uber im Dienst sind, sind in Brandenburg registriert. Dahin müssten die Fahrer also eigentlich zurückkehren, wenn sie nicht während einer Fahrt bereits einen neuen Auftrag bekommen. „Sie verstoßen permanent und wissend gegen bestehendes Recht“, sagt Alexandra Decker.

    Doch die Lobbyarbeit des Unternehmens sei so aggressiv, dass sie damit sowohl im Bundestag als auch der EU einiges bewegen könnten. Laut der Plattform LobbyFacts.eu gab das Unternehmen auf der EU-Ebene im Jahr 2017 800.000 bis 899.000 Euro für Lobbyismus aus, etwa doppelt so viel wie die Vermietungsplattform Airbnb.

    Harald Moritz ist Abgeordneter für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus. Auch er ist der Meinung, dass Uber viel mehr ist als ein Vermittler. „Uber ist ein Verkehrsdienstleister und sollte auch so behandelt werden“. Im Berliner Abgeordnetenhaus hat er im März 2018 eine Kleine Anfrage zur Kontrolle von Uber-Fahrern durch die Behörden gestellt. Die Antwort: ziemlich schwammig. „Das LABO ist heillos überfordert bei der Kontrolle von Uber-Fahrern. Eigentlich müsste bei jeder Fahrt ein Mitarbeiter des LABO auf der Rückbank sitzen, damit das gewährleistet werden könnte“, meint Moritz.

    Am 13. Dezember 2018 wird der Bundesgerichtshof über die Einordnung von Uber entscheiden. Wird Uber, wie kürzlich in Österreich, als Verkehrsdienstleister eingestuft, wäre das ein Rückschlag für Uber. Dass Uber genauso stark kontrolliert wird wie das Taxigewerbe, ist auch dann unwahrscheinlich. Abdurrahman A. wird also auch nächstes Jahr noch Anzeigen wegen Nichtbeachtung der Rückkehrpflicht stellen müssen. Möglicherweise werden sie eher erhört.

    #Uber #Taxi #disruption

  • Facebook außer Kontrolle ? | Reportage & Dokumentation Video | ARD Mediathek
    https://www.ardmediathek.de/tv/Reportage-Dokumentation/Facebook-au%C3%9Fer-Kontrolle/Das-Erste/Video?bcastId=799280&documentId=57285142

    DasErste, Quelle: ARD
    Bild zur Sendung Reportage & Dokumentation, Quelle: Das Erste
    Facebook außer Kontrolle?

    30.10.2018 | 71 Min. | UT | Verfügbar bis 01.03.2019 | Quelle: Das Erste

    Wenn Facebook ein Land wäre, wäre es das bevölkerungsreichste Land der Erde. Rund 2,2 Milliarden Nutzer loggen sich derzeit mindestens einmal pro Monat bei Facebook ein. Wird der US-Konzern Facebook zum Richter über Wahrheit und Unwahrheit?

    Facebook außer Kontrolle ? | HD
    http://lili.de/u/u210c
    https://pdvideosdaserste-a.akamaihd.net/de/2018/10/30/828669c1-5b2a-4e39-942a-fc5e1b0a2183/1280-1.mp4

    Facebook außer Kontrolle ? | LQ
    http://lili.de/u/h9r87

  • Facebook: Gefällt mir ganz und gar nicht mehr - Digital - Süddeutsche.de
    https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-kritiker-1.4213203

    Facebook soll kritische Organisationen bewusst mit George Soros in Verbindung gebracht haben, den viele Konservative und Rechte antisemitisch angreifen.
    Das geht aus einer Recherche der New York Times hervor, die unter anderem offenbart, mit welchen Methoden sich Facebook gegen Kritik wehrt.
    Facebook weist einzelne Vorwürfe in Teilen zurück, lässt den Großteil des Berichts aber unwidersprochen.

  • (2)Shoshana Zuboff: „Facebook ist nicht die Dorfwiese“ - Digital - Süddeutsche.de
    https://www.sueddeutsche.de/digital/shoshana-zuboff-ueberwachungskapitalismus-google-facebook-1.4198835

    7. November 2018 - Der Überwachungskapitalismus geht davon aus, dass die private menschliche Erfahrung frei zugängliches Rohmaterial ist.

    Die großen Datenkonzerne beuten ihre Nutzer aus, sagt die emeritierte Harvard-Professorin Shoshana Zuboff. Sie erklärt, warum es so schwer ist, sich dem Überwachungskapitalismus zu entziehen.

    Shoshana Zuboff ist emeritierte Professorin der Harvard Business School und eine der bedeutendsten Kennerinnen der digitalen Welt. In ihrem neuen Buch „Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus“, mehr als 600 Seiten stark, warnt sie vor der wachsenden Macht von Google, Facebook und Co. Vor der immensen Gefahr für Demokratie und Wirtschaftsordnung, die von den Datensammlern ausgeht, für die Menschen nur noch die Quelle dieses kostenlosen Rohstoffes sind. Ihre Thesen hat sie kürzlich auf einer interdisziplinären Konferenz des „Forums Privatheit“ in Deutschland einem größeren Publikum vorgestellt.

    Frau Zuboff, Sie sagen, wir befinden uns im Zeitalter des Überwachungskapitalismus. Was macht ihn aus?

    Shoshana Zuboff: Der Überwachungskapitalismus ist eine Mutation des modernen Kapitalismus. Er geht davon aus, dass die private menschliche Erfahrung frei zugängliches Rohmaterial für die kapitalistische Produktion und den Warenaustausch ist. Zweitens kombiniert er digitale Technologien mit Strategien heimlicher Überwachung, um Verhaltensdaten aus allen menschlichen Erfahrungen zu extrahieren. Drittens nutzt er Maschinenintelligenz, um Verhaltensdaten in Verhaltensprognosen umzuwandeln - ich nenne sie „Vorhersageprodukte“. Diese Produkte werden dann an die neuen Märkte verkauft, die ausschließlich mit Prognosen über unser zukünftiges Verhalten handeln.

    Woher kommt dieser Überwachungskapitalismus?

    Google hatte Anfang der 2000er-Jahre im Online-Geschäft erste Erfolge erzielt und prognostizierte dann Klickraten für maßgeschneiderte Anzeigen. Aber die Überwachung ist mittlerweile nicht mehr auf Online-Werbung beschränkt. Die Produkte, die durch die Überwachung entstehen, werden zunehmend lukrativer als traditionelle Produkte und Dienstleistungen. Unternehmen aus allen Bereichen konkurrieren um unsere Verhaltensdaten, damit sie Vorhersagen darüber treffen können, was, wann und wie wir handeln, fühlen, wollen und kaufen werden.

    Sie schreiben, dass der Überwachungskapitalismus dem monströsen Gemetzel an Elefanten gleiche, um an das Elfenbein zu kommen. Und wir Menschen seien nicht das Produkt, also das Elfenbein, sondern der zurückgelassene Kadaver. Was meinen Sie damit?

    Es ist schwierig, unsere tatsächliche Position in dieser Konstellation zu erfassen. Zunächst wurde uns gesagt, wie glücklich wir sein könnten, dass wir kostenlose Dienstleistungen bekommen. Als wir dann erfahren haben, dass die Unternehmen Daten über uns sammeln, waren wir „das Produkt“. Und uns wurde gesagt, dass das ein fairer Tausch sei. Aber wir sind nicht das Produkt, sondern vielmehr die Quelle, das frei zugängliche Rohmaterial. Das wird wiederum zu Produkten verarbeitet, die den Interessen derer dienen, die von unserem zukünftigen Verhalten profitieren.

    Inwiefern?

    Dies ist schwer zu verstehen, weil diese Operationen geheim und kaum zu entschlüsseln sind. Aber auch deshalb, weil eine solche parasitäre Entwicklung die Grundlage für einen lukrativen Kapitalismus des 21. Jahrhunderts geworden ist. Es gibt nun eine beispiellose Konzentration von Wissen und Macht, die frei von demokratischer Kontrolle ist und unsere individuellen Einflussmöglichkeiten übersteigt. Der Überwachungskapitalismus baut auf historisch unvorstellbaren Wissensasymmetrien auf. Überwachungskapitalisten wissen alles über uns. Wir wissen sehr wenig von dem, was sie tun oder was sie wissen. Sie nutzen ihren Wissensvorsprung, um unser Verhalten zu beeinflussen. Das ist eine völlig neue Art von Macht.

    Was unterscheidet den Überwachungskapitalismus vom Industriekapitalismus, wie wir ihn kennen?

    Der Kapitalismus im 19. und frühen 20. Jahrhundert und die Bevölkerung dieser Zeit waren voneinander abhängig. Menschen waren Arbeiter und Kunden dieses Systems. In dieser Hinsicht war dieser Kapitalismus - mit all seinen Schrecken - ein Kapitalismus für uns. Im Überwachungskapitalismus sind wir dagegen kaum noch Kunden oder Angestellte, sondern in erster Linie Rohstoffquellen ...

    ... die ständig ausgebeutet werden?

    Der Überwachungskapitalismus beobachtet uns, um datenbasierte Vorhersagen über unser Verhalten zu entwickeln, die den tatsächlichen Kunden zugutekommen. Das sind Werbetreibende, Einzelhändler, Gesundheitsdienstleister, Versicherer, Finanzdienstleister und so weiter. Diese Mutation des Kapitalismus verbreitete sich schnell aus dem Silicon Valley in alle Wirtschaftsbereiche.

    Der Widerstand gegen diese Form der Überwachung ist bislang nicht sehr groß. Sehen wir die Gefahren nicht?

    Umfragen zeigen, dass die Mehrheit in den USA und Europa diese Überwachung ablehnt. Trotzdem fällt es den meisten Menschen schwer, sich von den digitalen Produkten und Dienstleistungen der Überwachungskapitalisten zurückzuziehen. Ein Grund ist die Abhängigkeit. Es geht ja um Kanäle, auf die wir uns verlassen, für tägliche Logistik, soziale Interaktion, für Arbeit, Bildung und Gesundheitsfürsorge, Zugang zu Produkten und Dienstleistungen.

    Warum diese Abhängigkeit?

    Es gibt keinen Ausweg aus Prozessen, die absichtlich so gestaltet sind, dass sie das individuelle Bewusstsein umgehen und auf die wir für ein effektives tägliches Leben angewiesen sind. Diese Abhängigkeit ist ein klassischer faustischer Pakt, dieser Konflikt betäubt unsere Psyche. Darauf reagieren wir dann wiederum mit resigniertem Zynismus oder Abwehrmechanismen und sagen zum Beispiel: „Ich habe nichts zu verbergen.“ Der Überwachungskapitalismus lässt die Menschen des 21. Jahrhunderts in ihren Ketten tanzen.

    Wie konnte das passieren?

    Wir sind in die Falle des Überwachungskapitalismus geraten, weil er ohne Beispiel ist. Ich vergleiche das mit den Ureinwohnern der Karibik, die die spanischen Eroberer gastfreundlich begrüßten. Das noch nie Dagewesene hinderte sie daran, sich eine Zukunft in Unterwerfung oder Todesangst vorzustellen. Es gibt immer eine Tendenz, das, was ohne Beispiel ist, durch die Linse der bereits gemachten Erfahrung zu interpretieren. Google ist keine Bibliothek, Facebook nicht die Dorfwiese. Sie sind mächtige Akteure mit Einfluss und Kontrolle.

    Es gelang damals, die schlimmsten Auswüchse des Industriekapitalismus einzudämmen - kann das mit dem Überwachungskapitalismus nicht auch gelingen?

    Ja, auch wenn die damaligen Vertreter argumentierten, dass keine Gesetze erforderlich seien, dass die Gesetze von Angebot und Nachfrage ausreichten. Aber sowohl in Europa als auch in den USA reagierten die Demokratien rechtzeitig mit Gesetzen und Vorschriften, die den Industriekapitalismus dazu zwangen, sich den Interessen der Gesellschaft zu beugen, und dies legte den Grundstein für unsere relativ erfolgreichen Marktdemokratien des 20. Jahrhunderts.

    Was ist zu tun?

    Arbeitnehmerrechte, Gewerkschaften, Arbeitszeiten, Mindestlöhne, ein Verbot von Kinderarbeit - diese und viele andere Errungenschaften erforderten jahrzehntelange soziale und politische Kämpfe. Wir werden diesen Prozess der Zähmung wieder durch demokratischen Druck und mit Entschlossenheit durchführen müssen. Wir stehen am Anfang eines ähnlichen Kampfes.

    In der EU gibt es Ideen und Überlegungen, Google, Facebook und Co. stärker zu regulieren oder gar zu zerschlagen.

    Nach den Maßstäben des 20. Jahrhunderts sind diese Unternehmen immer noch klein. General Motors beschäftigte auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise mehr Menschen als Google auf dem Höhepunkt seiner Marktkapitalisierung. Wenn wir von einer Zerschlagung dieser Firmen sprechen, muss es um die Konzentration der Daten gehen. Die einzige Möglichkeit ist, die spezifischen Mechanismen des Überwachungskapitalismus, die diese Datenkonzentrationen produzieren, zu unterbrechen oder auch zu verbieten. Das wären Eingriffe, die weit über das heutige Kartellrecht hinausgehen.

  • #unten ǀ Die App ist der Feind — der Freitag
    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/die-app-ist-der-feind

    #unten Der Kapitalismus bringt ständig neue Formen von Ausbeutung hervor – und erzwingt so immer neue Formen des Kampfes, Sebastian Friedrich, Ausgabe 45/2018

    Die neuen Hoffnungsträger für den Klassenkampf kommen auf zwei Rädern

    Wissenschaftler und Publizisten haben sich viel Mühe gegeben, die These zu untermauern, es gebe keine Klassen mehr. Die Bundesrepublik war noch keine fünf Jahre alt, die KPD noch nicht verboten, da sprach der Soziologe Helmut Schelsky von der „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“: Die Unterschiede zwischen Unten und Oben würden sich zunehmend auflösen, so Schelsky. Das Bild der Mittelstandsgesellschaft erwies sich als erstaunlich resistent: Obwohl sich in den vergangenen Jahrzehnten die Schere zwischen Arm und Reich öffnete, fühlte sich ein überwiegender Teil der Mitte zugehörig.

    Doch dieses Bild bröckelt. Mittlerweile geht selbst Konservativen der Verweis, Klassen habe es nur zu Zeiten von Karl Marx gegeben, nicht mehr so leicht von den Lippen. Die Krise, die vor zehn Jahren begann, machte viele, vor allem junge Leute in Südeuropa, arbeitslos. Selbst in Deutschland kommen Millionen Menschen nicht mit einem Job über die Runden, sind Patchwork-Arbeiter. Gleichzeitig stiegen die Gehälter der Topmanager in astronomische Höhen.

    Auch viele Linke, die lange nichts von Klassen wissen wollten, haben die soziale Frage wiederentdeckt – aus einer Position der Schwäche heraus. Als immer deutlicher wurde, dass es rechten Parteien und Initiativen gelingt, Teile der Arbeiterklasse zu mobilisieren, wurde so manchen Sozialdemokraten wie auch so manchem radikalen Kritiker an der Universität gewahr, dass der Aufstieg der Rechten irgendetwas mit der Krise der Linken zu tun haben könnte.

    Kurz nachdem die AfD im März 2016 bei Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt bei Arbeitern und Arbeitslosen stärkste Partei wurde, erschien die deutsche Übersetzung des Buches Rückkehr nach Reims von dem französischen Soziologen Didier Eribon. Das Buch war plötzlich überall: auf den Tischen in den Seminarräumen, neben dem Glas Latte Macchiato im Berliner Szenecafé und in den Reiserucksäcken deutscher Individualtouristen. Eribon beschrieb eindrucksvoll, wie sich die Linken von den Arbeiterinnen und Arbeitern abgewandt hatten. Während das Buch fleißig gelesen und diskutiert wurde, stimmte in Großbritannien eine Mehrheit für den Brexit. Ein paar Monate später wurde Donald Trump zum Präsidenten der USA gewählt.

    Bleib gesund, Crowdworker

    Aktuell droht die Linke, zerrieben zu werden: Es gibt keine linke Erzählung, kaum Verbindungen zum Alltagsleben breiter Teile der Bevölkerung, nur sehr wenig kollektive Erfahrung gemeinsamer erfolgreicher Kämpfe, geschweige denn eine Zukunftsvision, von einem realistischen Machtzugang einmal ganz abgesehen.

    Unter dem Begriff „Neue Klassenpolitik“ diskutieren Linke seitdem, wie feministische, antirassistische und internationalistische Perspektiven mit einer Klassenpolitik auf Höhe der Zeit verbunden werden können. Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass die Trennung zwischen Klasse auf der einen Seite und Antirassismus und Feminismus auf der anderen Seite keinen Sinn ergibt. Die Zusammensetzung der Klassen ist seit jeher durch Geschlechterverhältnisse, rassistische Verhältnisse und die globale Ungleichheit strukturiert.

    Klassenpolitik ist im Grunde stets „neu“, denn Klassen sind nichts Statisches. Sie unterscheiden sich je nach Gesellschaftsformation, aber auch im Kapitalismus selbst – die kapitalistische Klassengesellschaft ist im Kern noch immer eine, auch wenn sie vor 100 Jahren anders aussah.

    Das Grundprinzip bleibt freilich gleich: Die Bourgeoisie, heute bizarrerweise Arbeitgeber genannt, besitzt die Produktionsmittel und schöpft Profite aus der Arbeit der von ihnen abhängig Beschäftigten – weshalb sie eigentlich die Arbeitnehmerseite ist. Ihr gegenüber steht die Klasse der Arbeiterinnen und Arbeiter im weiten Sinne. Sie haben keine Produktionsmittel und müssen sich beim Bourgeois verdingen. Die durch dieses Ausbeutungsverhältnis definierte Klasse der Lohnabhängigen ist sehr divers in ihrer Gestalt: hochqualifizierte Angestellte, ungelernte Hilfsarbeiter_innen, Reinigungskräfte, Fahrradkuriere – was die gemeinsamen Interessen überdeckt und eine Organisierung erschwert.

    In der Debatte um „Neue Klassenpolitik“ geht es darum, die Orte des Klassenkampfs zu finden. Dabei geht es nicht nur um Orte, an denen gekämpft wird, sondern auch um jene Orte, an denen die Klasse zusammenkommt, an denen sie sich mit neuen Formen der Produktion auseinandersetzen muss, wie die Arbeit technisch und von oben organisiert wird. Gleichzeitig nimmt die „Neue Klassenpolitik“ die Perspektive von unten ein, wie die Arbeiterklasse für ihre Interessen kämpft, an welchen Punkten sich Protest entwickelt – und die Vereinzelung überwunden werden kann.

    Kämpfe um bessere Arbeitsbedingungen gibt es nicht nur an den bekannten Orten der Klassenauseinandersetzungen: den Fabriken, sondern auch da, wo sich neue Formen der Beschäftigung entwickeln.

    Die Digitalisierung der Arbeitswelt hat nicht nur Roboter hervorgebracht. Es hat sich eine neue Gruppe innerhalb der Arbeiterklasse entwickelt: die Crowdworker. Crowdwork umfasst alle Dienstleistungen, die über Plattformen im Internet vermittelt werden. Das Prinzip: Crowdworker loggen sich über eine App ein und bearbeiten einzelne Aufträge. Eine Plattform dient als eine Zwischenstelle zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Nach diesem Prinzip arbeiten weltweit im Netz Tausende Plattformen. Umsatz machen sie über die Vermittlung. Und das nicht zu knapp: Der Taxidienst Uber bekommt bis zu 20 Prozent des Honorars der jeweiligen Fahrt. Damit hat Uber im Jahr 2016 über 6,5 Milliarden Dollar umgesetzt.

    Arbeitsverträge gibt es für Crowdworker kaum noch. Crowdworker werden zu „Selbstständigen“, womit sie weniger Rechte haben, etwa auf Urlaub. Von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall träumen viele nur. Hinzu kommt: Bei den meisten Jobs in der Plattformökonomie bezahlen die Firmen pro Gig. Der Begriff Gig bezeichnet in der Musikbranche einen einzelnen Auftritt. In der Welt der Plattformen ist ein Gig ein einzelner, meist kleinteiliger Auftrag. Dass Menschen nach kleineren Jobs bezahlt werden, ist kein neues Phänomen; neu aber ist, dass nun Plattformen damit Geld verdienen.

    Die Bezahlung nach Gig ist kein Novum im Kapitalismus. Marx kannte einen anderen Begriff: Stücklohn. Er nannte das Stücklohn-Prinzip einst die dem Kapitalismus entsprechendste Form der Entlohnung. In der Tat: Das Stücklohn-Prinzip ist vor allem für die Konzerne von Vorteil, denn dadurch können sie möglichst viel aus der Arbeitskraft herauspressen. Die britische Arbeitsforscherin Ursula Huws spricht mit Blick auf die weitgehend nicht regulierte Plattformökonomie von einer Wildwest-Phase des Kapitalismus, in der wir uns gegenwärtig befänden. Die Parallelen zur Zeit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert sind unübersehbar: hohe Ausbeutung auf der einen Seite, kaum bis gar kein Schutz der Arbeitskraft auf der anderen Seite.

    Extreme Formen von Ausbeutung haben sich immer nur dann geändert, wenn es zu Klassenkämpfen kam. Die Arbeiterbewegung, die in der Phase der Industrialisierung entstand, erstritt mehr Sicherheit und höhere Löhne: der Acht-Stunden-Tag, die Einführung der Sozialversicherungen, Tarifverträge. Doch wer könnte heute diese Kämpfe führen? Durch die Zerstückelung der Arbeit und die hyperflexibilisierte und die stark individualisierte Arbeit ist kollektives Handeln kaum möglich.
    Hoffnung auf zwei Rädern

    Das gilt aber nicht unbedingt für alle Gruppen. Die Hoffnungsträger eines Klassenhandelns in der Plattformökonomie kommen auf zwei Rändern. Man sieht sie vor allem in größeren Städten: Fahrradkuriere, sogenannte Rider, mit großen und bunten Warmhalte-Boxen auf dem Rücken. Sie sind unterwegs, um den Kunden ihr online bestelltes Essen zu liefern. Erste Ansätze von Kämpfen sind erkennbar: Los ging es in London, als Kuriere des Online-Essenslieferdienstes Deliveroo gegen die Einführung eines Stücklohns streikten. Auch in Italien, Spanien und in den Niederlanden gab es ähnliche Streiks. In Deutschland ging es bisher vor allem in Köln heiß her. Renitente Rider gründeten bei Deliveroo einen Betriebsrat. Laut der Kuriere hat Deliveroo darauf reagiert, indem es die Verträge der Festangestellten nicht verlängert hat.

    Die Bedingungen für kollektives Handeln sind bei Fahrradkurieren besser als bei Clickworkern, die sich einsam an ihrem heimischen Laptop mühsam von Kleinstjob zu Kleinstjob hangeln. Die Rider erkennen sich gegenseitig an ihren Essensboxen auf dem Rücken und den Farben ihrer Shirts. Viele teilen einen Lifestyle – eine Rider-Kultur. Sie interessieren sich für ausgefallene Fahrradteile, tragen ähnliche Klamotten. Was für den Industriearbeiter in der Fabrik die Kantine war, das sind bei den Riders die Orte in der Stadt, wo sie auf neue Aufträge warten. Trafen sich früher die Arbeiter in der Eckkneipe, schrauben die Rider in der Werkstatt an ihren Rädern herum. Was einst das Treffen der kämpfenden Teile der Klasse war, ist heute die Facebook- oder Whatsapp-Gruppe.

    Und es gibt Ansätze, wie sich der Kampf von unten gegen die Kontrolle von oben wenden kann. Riders nutzten ihre App, um sich mit anderen Kurieren auszutauschen. Gleichzeitig ist die App mit ihrem erbarmungslosen Algorithmus für die Rider vor allem eines: ein Feind. Tatsächlich ist sie aber auch ein nützlicher, weil gemeinsamer Feind. So manchem Untergebenen mag es schwer fallen, den Kampf gegen einen permanent duzenden Chef zu führen. Gegen eine kalte App fällt das leichter.

    Diese Kämpfe sind Anfänge. Die Streiks im Care-Bereich, bei Amazon, bei Ryanair – sie alle zeigen nicht nur, dass sich etwas bewegt, sondern dass es sie gibt, die Klassen. Vereinzelung, Atomisierung, Prekarisierung – das sind Leitbegriffe unserer Zeit. Sie müssen es nicht bleiben.

    Sebastian Friedrich ist gemeinsam mit der Redaktion analyse & kritik Herausgeber des soeben im Verlag Bertz + Fischer erschienenen Buches Neue Klassenpolitik. Linke Strategien gegen Rechtsruck und Neoliberalismus. Es umfasst 220 Seiten und kostet 14 Euro

    #Allemagne #lutte_des_classes #gig_economy #livreurs