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  • Interview - Mozilla-Vorsitzende Baker : "Facebooks Geschäftsmodell i...
    https://diasp.eu/p/7020086

    Interview - Mozilla-Vorsitzende Baker: „Facebooks Geschäftsmodell ist ungeheuerlich“

    Im Gespräch beklagt Mitchell Baker die Praktiken von Facebook und erklärt, warum Daten an sich nichts schlechtes sind

    https://derstandard.at/2000077832612/Mozilla-Vorsitzende-Baker-Facebooks-Geschaeftsmodell-ist-ungeheuerlich?r #News

  • „Öl des 21. Jahrhunderts“: Sollen Kommunen in den Datenhandel einsteigen? | Berliner Zeitung
    https://mobil.berliner-zeitung.de/wirtschaft/-oel-des-21--jahrhunderts--sollen-kommunen-in-den-datenhandel

    Mitten hinein in die Datenskandale um Facebook und die Deutsche Post überrascht der Städte- und Gemeindebund (DStGB) mit einem Vorstoß: Auch Kommunen sollten in den Handel mit Daten, dem „Öl des 21. Jahrhunderts“, einsteigen und so Geld verdienen, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dieser Zeitung.

    Dem Städte- und Gemeindebund schwebt dabei ein „Konzessionsmodell“ vor, in dem private Unternehmen für Daten bezahlen, die Kommunen ohnehin erheben. Denkbar, so DStGB-Sprecher Alexander Handschuh, sei beispielsweise der Verkauf von Verkehrsdaten an Tankstellenbesitzer und Gastronomen oder die Weitergabe von Informationen über die kommunale Lärmbelastung an Immobilienportale. „Personenbezogene oder schutzwürdige Daten sind davon natürlich ausgenommen“, so Handschuh. „Alle Informationen würden anonymisiert.“

    Zurzeit verhindert das „Open Data Gesetz“, das im Juli 2017 in Kraft getreten ist, die Weitergabe von Daten durch Behörden gegen Aufpreis. Es schreibt die „unentgeltliche Bereitstellung“ für jedermann vor, Bürger sollen so besser informiert und stärker in Gemeinde und Politik integriert werden. Der Städtebund plant, an diesem Grundsatz zu rütteln. „Wir wünschen uns eine Änderung, nach der Gemeinden selbst entscheiden können, ob sie die Daten verkaufen oder nicht“, so Handschuh.
    „Wir stehen bei diesem Thema absolut am Anfang“

    Konkretere Vorstellungen, wie die Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Unternehmen aussehen könnte und wie viel sie den mauen Kassen bringen könnte, hat aber auch der Städte- und Gemeindebund noch nicht. „Wir stehen bei diesem Thema absolut am Anfang“, so Handschuh. Auch auf kritische Fragen – zum Beispiel, wie man Missbrauch durch politische Akteure verhindern oder den Bürgern noch vor zahlenden Unternehmen Zugriff verschaffen will – hat der Verband deswegen keine Antworten. „Man muss ehrlich eingestehen: Es ist nicht immer einsehbar, wie Daten am Ende genutzt werden“, so Handschuh.

    Grüne und Linke kritisieren den Vorstoß scharf. Anke Domscheit-Berg, netzpolitische Sprecherin der Linken, sieht darin ein „gefährliches Geschäftsmodell“, an dem sich die Gemeinden rasch die Finger verbrennen könnten. Auch Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsführer der Grünen, warnt die Kommunen vor dem „höchst fragwürdigen Geschäft der Kommerzialisierung persönlicher Daten der Bürgerinnen und Bürger“ und davor, die „Kampfparolen des Silicon Valley“ nachzubeten. Weniger abweisend reagiert man bei der SPD: Für Bernhard Daldrup, kommunalpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, ist das Mitmischen der Kommunen im Big-Data-Geschäft allerdings nur unter Auflagen denkbar – zum Beispiel, wenn die Daten weiterhin unter besonderem Schutz stünden, Kommunen nicht wie Privatunternehmen agierten und die Informationen per Open Data auch den Bürgern und Kommunen zugutekämen.

    #Allemagne #data #commerce

  • [l] (https://blog.fefe.de/?ts=a431ea71) Jemand hat vor dem LG Berli...
    https://diasp.eu/p/7005415

    [l] Jemand hat vor dem LG Berlin eine Einstweilige Verfügung gegen Facebook erwirkt, einen Kommentar nicht zu löschen. Hier ist der Kommentar:

    Der Nutzer hatte einen Zeitungsartikel, in dem es unter anderem um Äußerungen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban zur Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland ging, kommentiert. Er schrieb: „Die Deutschen verblöden immer mehr. Kein Wunder, werden sie doch von linken Systemmedien mit Fake-News über Facharbeiter, sinkende Arbeitslosenzahlen oder Trump täglich zugemüllt.“

    Der Hammer: Es war eine Hamburger Kanzlei. Und die sind nach Berlin gekommen dafür. Das LG Berlin hat es also geschafft, dem LG Hamburg in Sachen furchtbare Rechtsprechung den Rang abzulaufen.

    Wieso kann Berlin nicht einmal in was Positivem vorne liegen?!

    Update: Wow. Jetzt (...)

  • Mark Zuckerberg : Facebook – Kongress 2:0 (http://www.zeit.de/digita...
    https://diasp.eu/p/7002100

    Mark Zuckerberg: Facebook – Kongress 2:0

    Zweimal trat Mark Zuckerberg vor dem US-Kongress auf. Zweimal wirkte er wie der Sieger. Wohl weil er merkte: Vor der US-Politik muss er sich vorerst nicht fürchten.

    #mark #zuckerberg #kongress #internet #facebook #us-kongress #uskongress #sieger #vor #us-politik #politik #uspolitik #news #bot #rss

  • Carsharing: Verlust durch Teilen - brand eins online
    https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2018/mobilitaet/carsharing-verlust-durch-teilen
    https://www.brandeins.de/pictures/W1siZiIsIjIwMTgvMDMvMjIvOW45dzB6eXRnZ19maWxlIl0sWyJwIiwiZW5jb2RlIiwianBlZyIsIi1xdWFsaXR5IDg1Il1d/Carsharing.jpeg?sha=110d5cc50b34233f
    Miese mache sie, die Konzerne hinter dem so genannten Car-Sharing? Dem dürfte wohl kaum so sein, sondern hier wird investiert, um weiter Autos in die verstopften Städte zu pumpen. Spätestens über ein paar nette Nebeneinnahmen zur Vermietung wird es rentabel. Ein paar Feststellungen.

    Wochentags, 18.30 Uhr, im Zentrum einer deutschen Großstadt. Auf dem Smartphone ein leerer Stadtplan. Kein rettendes Icon, das ein verfügbares Auto anzeigt. Die anderen waren mal wieder schneller. Wer bei einem Carsharing-Anbieter wie DriveNow oder Car2go angemeldet ist, kennt das Problem. Während der Stoßzeiten kommt es oft zu Engpässen. Die Betreiber haben das umgekehrte Problem, denn außerhalb dieser Zeiten stehen ihre Autos meist ungenutzt herum.

    Feststellung 1
    Auch Car-Sharing Autos stehen rum und stehlen den Menschen Platz zum Leben. Ausserdem sind sie nie da, wo man sie braucht.

    Im Januar 2018 gab es hierzulande 46,5 Millionen Autos, ein Jahr zuvor waren es noch 45,1 Millionen. Nur 17 950 davon sind Carsharing-Autos. Das sind 0,04 Prozent. Immerhin, die Zahl der Fahrzeuge und der Kunden steigt, inzwischen sind es mehr als zwei Millionen Nutzer, wie der Bundesverband Carsharing kürzlich mitteilte.

    Feststellung 2
    Die Car-Sharing Autos befinden sich vor allem in den Großstädten Hambug, München und Berlin. Dort sind sie eine Größe, man bemerkt die meist sportlich gefahrenen Flitzer. Sie stehen regelmäßig auf Taxihalteplätzen, weil sonst keine Parkplätze zur Verfügung stehen. Davon ist aber im Gesetz zur Bevorrechtigung des Carsharing keine Rede. Es kann sich nur keiner so richtig dagegen wehren.

    Das heißt aber nicht, dass zwei Millionen Menschen das Angebot nutzen. Wer bei mehr als einem Anbieter angemeldet ist, wird auch mehrfach gezählt. Unbekannt ist auch die Zahl der Karteileichen.

    Feststellung 3
    Ist das nun nützlich oder nicht? Nix genaues weiss man nicht, denn die Betreiber können nicht zu Auskünften gezwungen werden. Geschäftsgeheimnis. Im Gesetz heisst es Soweit der Schutz geistigen Eigentums sowie von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nicht entgegenstehen, sollen zum Zwecke der Förderung der Multimodalität Daten bezüglich des Status von Carsharingfahrzeugen freigegeben werden Die Industrie hat sich ein Gesetz massschneidern lassen, das den Weg zu Vorrechten öffnet, ohne eine Gegenleistung zu fordern.

    Auch Daten können aus Konzernsicht wertvoll sein. Unternehmen lieben den gläsernen Kunden, und wer mit seinem Handy einen Carsharing-Anbieter nutzt, gibt sehr viel preis über sein Fahrverhalten. Hofelich gibt sich zurückhaltend. „Man muss vor allem die richtigen Fragen stellen, um die Daten zu analysieren, sonst nützen sie wenig“, sagt er. Viele dieser Fragen suchen sie noch. Verkaufen wollen man die Daten nicht, heißt es.

    Feststellung 4
    Car-Sharing ist wie Facebook auf Rädern. Der Konzern weiss alles, nur muss man hier noch dazu bezahlen. Ich kaufe demnächst wieder ein computerfreies Auto, das jede Werkstatt reparieren kann. Elektronische Einspritzanlage ist O.K. Letztes mögliches Baujahr ca. 1995. Am Spritverbrauch hat sich seitdem so gut wie nichts verändert. Als Fortschritt verkauft man uns rollende Computer mit geplanter Obsolenz.

    Die Autokonzerne sehen in ihren Carsharing-Fahrzeugen auch eine Möglichkeit, Elektromobilität bekannter zu machen. Zehn Prozent der Flotte ist elektrisch. Nicht viel, aber etwa 130-mal so viel wie im bundesdeutschen Durchschnitt.

    Feststellung 5
    Elektrisch oder mit Verbrennungsmotor sind auch Car-Sharing-Fahrzeuge lebensgefährliche Platzfresser mit enormen Ressourcenverbrauch, die eigentlich nur von speziell ausgebildeten Spezialisten durch die von Menschen bewohnte Stadt bewegt werden dürften.

    Immerhin – den Markt zu besetzen ist den beiden Platzhirschen gelungen. „Neue Anbieter haben es extrem schwer, jetzt noch reinzukommen“, sagt Harry Wagner, Professor für Automotive und Mobility Management an der Technischen Hochschule Ingolstadt. „Vor allem, wenn sie noch keine Erfahrung im Bereich Mobilität und keine Infrastruktur haben.“

    Feststellung 6
    Wer bei zentralen Lebensfrage den Markt machen läßt, ohne demokratische Kontrolle und öffentliche, wissenschaftlich fundierte Begleitung, der richtet Schaden an. Es geht um Leib und Leben und das friedliche, erfolgreiche Organiseren unseres Zusammenlebens. Ausserdem sind die einzigen guten Monopole die, welche allen gehören und nützen.

    Prominente Opfer des Konkurrenzkampfes: Der stationäre Anbieter CiteeCar ging 2016 in die Insolvenz, weil der Investor kein Geld mehr nachschießen wollte. Ende 2017 gab der Free Floater Multicity von Citroën auf, dessen Flotte größtenteils aus Elektroautos bestand. Wegen fehlender Ladesäulen-Infrastruktur, hieß es bei Multicity.

    Feststellung 7
    Siehe Feststellungen 5 und 6. Außerdem sieht die Ökobilanz von Elektrofahrzeugen nicht nur nach Untersuchungen des ADAC ziemlich mies aus. Wenn in Berlin Sicherheit und Lebensqualität für alle Bewohner nachhaltig verbessert werden sollen, brauchen wir eine Verkleinierung der Automobilflotte auf das Niveau von 1960 oder 1955. Das geht nur mit ehrlichen Fahrverboten.

    Fazit
    Car-Sharing löst keine Probleme, macht die Stadt nicht lebenswerter, schafft keine Arbeitsplätze und bringt nur den Betreibern Vorteile. Deshalb muss die Frage gestellt werden, aus welchen Gründen die bestehenden öffentlichen Angebote des Personennahverkehrs nicht so ausgebaut werden, dass kein Bedarf für neue privilegierte Angebote aufkommt. Das Taxi leistet alles, was dem Car-Sharing fehlt und es steht, anders als die Car-Sharing-Anbieter, zu 100% unter städtischer Kontrolle.
    Daraus ergibt sich die nächste Frage : Aus welchen Gründen haben es alle Stadtregierung seit 30 Jahren zugelassen, dass Taxis zu teuer für den durchschnittlichen Einwohner Berlins und gleichzeitig zu den am schlechtesten bezahlten Arbeitsplätzen überhaupt geworden sind?

    –—

    CsgG - Gesetz zur Bevorrechtigung des Carsharing
    https://www.gesetze-im-internet.de/csgg/BJNR223000017.html

    § 3 Bevorrechtigungen

    (1) Wer ein Fahrzeug im Sinne des § 2 Nummer 1 führt, kann nach Maßgabe der folgenden Vorschriften Bevorrechtigungen bei der Teilnahme am Straßenverkehr erhalten, soweit dadurch die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigt werden.

    (2) Bevorrechtigungen sind möglich
    1. für das Parken auf öffentlichen Straßen oder Wegen,
    2. im Hinblick auf das Erheben von Gebühren für das Parken auf öffentlichen Straßen oder Wegen.

    (3) In Rechtsverordnungen nach § 6 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes können
    1. die Bevorrechtigungen näher bestimmt werden,
    2. die Einzelheiten der Anforderungen an deren Inanspruchnahme festgelegt werden,
    3. die erforderlichen straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen, insbesondere Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, für stationsunabhängiges und stationsbasiertes Carsharing bestimmt werden und
    4. die Einzelheiten zur Regelung des Verkehrs zu Gunsten von Fahrzeugen eines oder mehrerer bestimmter Carsharinganbieter, die ein stationsbasiertes Angebot zur Verfügung stellen, festgelegt werden, soweit der jeweilige Carsharinganbieter im Rahmen der wegerechtlichen Vorschriften zur Sondernutzung des öffentlichen Straßenraums berechtigt ist.
    Rechtsverordnungen mit Regelungen im Sinne des Satzes 1 erlässt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. § 6 Absatz 3 des Straßenverkehrsgesetzes ist auf eine Rechtsverordnung mit Regelungen nach Satz 1 nicht anzuwenden.

    (4) In Rechtsverordnungen nach § 6a Absatz 6 Satz 2, auch in Verbindung mit Satz 4, des Straßenverkehrsgesetzes können als Bevorrechtigungen Ermäßigungen oder Befreiungen von der Gebührenpflicht vorgesehen werden.

    #Berlin #Verkehr #Car-Sharing

  • Christopher Lauer: Warum Facebook verstaatlicht werden muss - Politik - Tagesspiegel Mobil
    https://m.tagesspiegel.de/politik/christopher-lauer-warum-facebook-verstaatlicht-werden-muss/21111108.html

    Daten, so heißt es oft, seien das Rohöl des 21. Jahrhunderts. Wenn man diesen Ausspruch ernst nimmt, erleben wir grade ein digitales Deepwater Horizon, eine in dieser Form noch nicht da gewesene digitale Ölkatastrophe, schlussendlich ein Beispiel dafür, welche Schäden der entfesselte und unkontrollierte Überwachungskapitalismus anzurichten im Stande ist.

    Was ist passiert? Die dubiose Firma Cambridge Analytica nutzte die Datensätze von etwa 50 Millionen Facebook-Nutzerinnen und -Nutzern, um psychologische Profile zu erstellen, die wiederum für gezielte Werbung im US-Wahlkampf genutzt wurden. Die Firma behauptet, mit ihrer Methode zielgenau Personen beeinflussen zu können. Ob das stimmt, sei an dieser Stelle dahingestellt, aber es zeigt, vor welcher Herausforderung die Politik weltweit steht, falls sie der Meinung sein sollte, dass man ein solches Treiben ordnungspolitisch einfangen sollte.

    Wobei es schon verwunderlich ist, dass der Aufschrei erst jetzt kommt, denn das, was Cambridge Analytica tut oder zumindest behauptet zu tun, ist nichts anderes, als das Geschäftsmodell von Facebook selbst: Daten seiner Nutzerinnen und Nutzer abzugreifen, um zielgerichtete Werbung auszuspielen. Mit Facebook ist über die vergangenen 13 Jahre eine Firma entstanden, die es in dieser Form in der Menschheitsgeschichte noch nie gab: ein weltweit umspannendes Kommunikationsnetzwerk, ein digitales Adressbuch, ein sozialer Raum, aber auch ein Medium, über das sich Nutzerinnen und Nutzer eben nicht nur darüber informieren, was bei ihren Freunden und bekannten passiert, sondern in ihrem Umfeld, in der Welt. Laut einer Pew-Research-Studie aus 2017 nutzen 45 Prozent der US-Amerikanerinnen und Amerikaner Facebook als Nachrichtenseite, und wiederum 50 Prozent dieser Gruppe nutzen Facebook als einzige Nachrichtenquelle. Weitere 30 Prozent dieser Gruppe nutzen noch eine weitere Seite neben Facebook für Nachrichten, die restlichen 20 Prozent nutzen zwei weitere Seiten neben Facebook für Nachrichten.
    Der Computer entscheidet

    Dabei darf nicht vergessen werden, dass Facebook die den Nutzerinnen und Nutzern angezeigten Posts durch einen Algorithmus auswählt, das heißt man bekommt nicht alles zu sehen, sondern das, was ein Computerprogramm auswählt. Es wird vor allem das angezeigt, was den Freunden und einem selbst in der Vergangenheit gefiel. Der Effekt: Man bekommt die eigene Weltsicht bestätigt und wähnt sich selbst in der Mehrheit, weil alle Freunde auf Facebook dasselbe mögen. So sagten 47 Prozent derjenigen, die sich selbst als „konsistent konservativ“ bezeichnen laut einer Pew-Studie aus dem Jahr 2014, dass Posts in ihrer Timeline immer oder meistens ihren eigenen politischen Ansichten entsprechen würden. Da verwundert es nicht, dass die politische Polarisierung in den USA seit 2004 rapide zugenommen hat.

    Durch diese Polarisierung der Gesellschaft, die wir auch in Deutschland spüren, gefährdet Facebook schlussendlich die Demokratie. Denn es war immer Grundlage einer demokratischen Gesellschaft, den Kompromiss zu suchen, sich darüber im Klaren zu sein, dass man nicht alleine ist. Es ist Grundlage der demokratischen Gesellschaft, dass die Gemeinschaft über den Weg der Politik einen demokratischen und gesamtgesellschaftlichen Ausgleich spezifischer Partikularinteressen herbeiführt. Facebook ist dafür verantwortlich, wie sich für seine Nutzerinnen und Nutzer die Realität darstellt. Es wird dieser Verantwortung in keiner Weise gerecht. Wer vielen Accounts der politischen Rechten folgt, könnte der Meinung sein, Deutschland stehe kurz vor dem Untergang, wer ein normales Umfeld hat, bekommt hiervon nichts mit. Facebook stellte sich immer auf den Standpunkt, es sei ja kein Mensch, der die angezeigten Nachrichten aussuche, man könne das ja nicht beeinflussen. Das ist natürlich eine Schutzbehauptung. Ob ein Mensch die Nachrichten aussucht oder ein von einem Menschen programmiertes Computerprogramm, macht für den Konsumenten der Nachrichten keinen Unterschied. Absolut eindeutig ist es, wenn Firmen wie Cambridge Analytica versuchen, Menschen aufgrund eines erstellten psychologischen Profils gezielt zu beeinflussen. Dann stellt Facebook seine Infrastruktur und seine gesammelten Daten für politische Propaganda zur Verfügung, um Wahlen in einer noch nie da gewesenen Form zu beeinflussen.
    Demokratische Kontrolle

    Jetzt könnte man sich viele Gedanken darüber machen, wie man das alles kleinteilig reguliert. Es gibt dafür Ansätze im Medienkonzentrationsrecht, oder in der Demokratisierung der Medien nach dem Zweiten Weltkrieg, geboren aus der Erfahrung, dass Massenmedien in den Händen eines totalitären Regimes zur Waffe werden. Man könnte höhere Geldstrafen für Verstöße gegen den Datenschutz einführen, man könnte mit Sicherheit vieles tun. Man könnte sich aber auch dem Problem nähern und fundamental Facebooks Existenzberechtigung als privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen in Frage stellen. Denn Facebook zu regulieren ist nur Symptom-Bekämpfung. Die eigentliche, viel interessantere Frage ist, wie ein Gebilde wie Facebook verstaatlicht und unter demokratische Aufsicht gestellt werden kann. Denn erst durch die kapitalistische Verwertungslogik entsteht für Facebook der Zwang, Daten so zu verarbeiten wie es getan wird. Erst durch den Zwang, Gewinn erwirtschaften zu müssen, werden Daten überhaupt erst zur Ware. Erst durch diesen Zwang, stellt Facebook die gesammelten Daten politischen Kampagnen zur Verfügung, um damit gezielte Wählerbeeinflussung betreiben zu können. Es ist bezeichnend, dass Facebook die Daten seiner Kundinnen und Kunden dabei für wertvoller hält, als ein wie auch immer zu entrichtender Betrag, den man ja ohne weiteres zahlen könnte, um Facebook im Abonnement werbefrei zu nutzen.

    Wäre Facebook oder ein Dienst wie Facebook eine staatliche Infrastruktur, so wie ein Straßen-, Schienen- oder Telefonnetz, würden all diese Notwendigkeiten wegfallen. Denn der Staat stellt die Infrastruktur nicht aus Gewinnstreben, sondern für die Daseinsvorsorge zur Verfügung. Natürlich ist der Staat nicht perfekt, natürlich will auch ich keinen Staat, der Daten uneingeschränkt Sicherheitsbehörden zur Verfügung stellt, aber das Verhältnis einer solchen Plattform zum Staat kann gesetzlich geregelt werden. Viel wichtiger: Es gäbe immer eine demokratische Kontrolle durch Politik und Parlamente. Es gäbe eine demokratische Debatte darüber, welche Regeln auf einer solchen Plattform gelten sollen. Das ist deutlich besser, als eine Plattform, die demokratische Grundsätze aushöhlt und seine Nutzerinnen und Nutzer meistbietend verkauft.

  • Gibt es bei Hubzilla sowas wie Facebook-Gruppen? (https://pepecyb.h...
    https://diasp.eu/p/6981853

    Gibt es bei Hubzilla sowas wie Facebook-Gruppen?

    Das ist eine sehr häufig gestellte Frage und wäre ein Ausschluss-Grund für viele, mal einen Versuch mit Hubzilla zu wagen. Nun, bei Hubzilla heißt diese Funktion nicht „Gruppe“, aber es gibt sie… man muss dafür nur einen neuen Kanal anlegen, der… …das[...]

    #Pepecybs #welt #communitie #facebook #google #gruppe #hubzilla #kanal Quelle: https://pepecyb.hu/2018/04/07/gibt-es-bei-hubzilla-sowas-wie-facebook-gruppen

  • Privatisierung ǀ Feudalismus 4.0 — der Freitag
    https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/feudalismus-4.0

    Was Google, Amazon und Co. mit der Finanzkrise zu tun haben und warum uns die Digitalisierung nicht in ein postkapitalistisches Paradies führen wird Evgeny Morozov | Ausgabe 49/2017 2

    Der Aufstieg von „Big Tech“ – also der Erfolg datenintensiver Plattformunternehmen meist mit Sitz in Nordamerika, zunehmend auch in China – hat zu einem interessanten Zeitpunkt stattgefunden. Die meisten Beobachter haben nicht bemerkt, dass sich der kometenhafte Aufstieg dieser Konzerne zumindest zeitweilig mit der beginnenden, immer noch nicht abgeschlossenen Erholung von der globalen Finanzkrise überschnitt.

    Das dürfte kaum Zufall sein. Der Aufstieg von Big Tech liegt tatsächlich zum Teil in der Tatsache begründet, dass viele dieser Plattformen all jenen, die unter der Krise zu leiden haben – ob Institutionen oder einzelnen Bürgern –, dabei geholfen haben, ihre Haushalte beziehungsweise Einkommen um neue Einnahmequellen zu ergänzen und ihre Ausgaben radikal zu senken. Zugleich ist die Expansion von Big Tech von den wachsenden Hoffnungen der globalen Eliten darauf befeuert worden, dass der Technologiesektor die Weltwirtschaft nicht nur aus der Krise führen, sondern auch einen reibungslosen Übergang zu einem ganz anderen Wirtschaftsmodell erlauben wird, das ohne die parasitären, rentieristischen Aspekte auskommt, die wir heute beobachten. Der Aufstieg von Big Tech wird also nicht als Symptom der globalen Wirtschaftskrise, einer laxeren Kartellgesetzgebung oder der Privatisierung von staatlichen Aufgaben betrachtet, sondern in erster Linie als Lösung für all diese Probleme angesehen. Den ambitioniertesten Visionen zufolge soll er sogar zur Herstellung eines neuen politischen und wirtschaftlichen Status quo, einer Art neuem New Deal führen.

    Solche tiefverwurzelten Hoffnungen auf eine strukturell transformative digitale Revolution werden quer über das politische Spektrum hinweg gehegt. Da gibt es auf der Linken jene, die, wie der britische Journalist Paul Mason, der Meinung sind, dass die Digitalisierung bei den Bürgern nicht nur eine neue Art von politischer und kosmopolitischer Identität stiften, sondern zudem dabei helfen könnte, neue Formen flexibler, dezentraler ökonomischer Modelle zu propagieren, und es somit einem nicht näher spezifizierten künftigen sozialistischen Regime erlauben, den Fallstricken der Planwirtschaft zu entgehen. Dann sind da jene in der politischen Mitte – einem Segment, dem viele Umweltgruppen zuzurechnen sind –, die, wie der US-Soziologe und -Ökonom Jeremy Rifkin, der Meinung sind, dass durch das Internet der Dinge Waren und Dienstleistungen entstehen werden, deren Grenzkosten null betragen, wodurch sich die ökonomischen Grundlagen des Handels und des Vertragswesens fundamental verändern und uns in eine Zukunft führen werden, die dezentraler, humaner und umweltfreundlicher gestaltet sein wird. Und schließlich gibt es jene auf der postpolitischen libertären Rechten, die wie Google-Chefingenieur Ray Kurzweil glauben, dass digitale Technologien viele stagnierende Wirtschaftsbereiche, vom Bildungs- bis zum Gesundheitswesen, beeinflussen und dabei nicht nur neue Geschäftsmodelle schaffen, sondern zugleich auch die alten Institutionen wie den Wohlfahrtsstaat neu definieren werden.

    Privatisierte Wohlfahrt

    Ich werde hier die These vertreten, dass es zum einen zwar richtig ist, dass der Aufstieg von Big Tech die Weltwirtschaft in Gang gehalten hat, ohne systemübergreifende politische Veränderungen zu provozieren, es zum anderen aber auf lange Sicht viel wahrscheinlicher ist, dass der Erfolg der Technologieunternehmen die Widersprüche des bestehenden Systems einfach multiplizieren und viele seiner Elemente, Beziehungsformen und Praktiken noch stärker hierarchisieren und zentralisieren wird. Darüber hinaus behaupte ich, dass die Erwartung, aus einer durch und durch vernetzten und von riesigen Datenmengen gestützten Wirtschaftsweise werde eine andere ökonomische Logik hervorgehen, zwar nicht abwegig ist, dass es aber gute Gründe für die Annahme gibt, die systemische Transformation werde zu einem System führen, das zwar nicht unbedingt der Logik der Kapitalakkumulation unterliegen muss, aber ebenso wenig notwendigerweise in die Richtung eines postkapitalistischen egalitären Nirwanas tendieren muss.

    Die rasante Aufstieg digitaler Plattformen hat einen weithin unsichtbaren privatisierten Parallelwohlfahrtsstaat hervorgebracht, durch den viele unserer alltäglichen Aktivitäten entweder von Big-Tech-Unternehmen (die an unseren Daten interessiert sind) massiv finanziell subventioniert oder, wie im Falle kleinerer Firmen und Start-ups, durch Risikokapitalanleger abgesichert werden, die darauf hoffen, dass sie sich mit kurzfristigen Verlusten langfristige Vorherrschaft erkaufen können. Das Beispiel Uber mit seinen bekannt günstigen Preisen ist hier einschlägig: Die von den Fahrgästen an das Unternehmen entrichteten Gebühren sind oft so niedrig, dass sie allein nicht ausreichen würden, um den Service weiter anzubieten. Ubers Investoren, von der saudischen Regierung bis zu Goldman Sachs, gleichen die Verluste aus.

    Hier wird deutlich, dass der Zusammenhang des Aufstiegs von Big-Tech-Plattformen mit der globalen Finanzkrise weder selbstverständlich ist noch unmittelbar besteht: Die anhaltende Krise vergrößert nicht nur die Nachfrage nach billigeren Dienstleistungen sowie nach Verdienstmöglichkeiten (unter welch prekären Arbeitsbedingungen auch immer), sondern sorgt darüber hinaus, vor allem aufgrund niedriger Renditen in den traditionellen Anlagebereichen von Investoren (etwa bei Dividenden und Staatsanleihen), für eine Umschichtung großer Mengen globalen Kapitals in den Händen von Staatsfonds und institutionellen Anlegern, die auf der Suche nach besser verzinslichen Investitionen ihr Geld in vielversprechende Technologieplattformen stecken.

    Eine unangenehme und von den meisten Fürsprechern der digitalen Wirtschaft kaum jemals erwähnte Tatsache ist die, dass der Markt trotz der Fülle an Start-ups und der massiven Unterstützung, die sie von Risikokapitalgebern erhalten, unter fünf großen Konzernen – Apple, Google, Facebook, Microsoft und Amazon – aufgeteilt ist und viele Start-ups über genau ein Geschäftsmodell verfügen: nämlich von einem dieser Konzerne aufgekauft zu werden. Die Start-ups müssen sich also nicht sonderlich intensiv mit ihrer Umsatzgenerierung und Rentabilität beschäftigen; es ist völlig ausreichend, wenn sie ihre Dienstleistungen so konzipieren, dass sie auf einer Linie mit den Expansionsstrategien von Akteuren wie Google oder Facebook liegen, die nach der Übernahme eines Start-ups und der von ihm gewonnenen Daten dann schon eine Möglichkeit finden werden, es in ihre riesigen Datenimperien zu integrieren. Facebooks Übernahme von Whatsapp, das zum Zeitpunkt seiner Veräußerung gerade einmal ein paar Dutzend Leute beschäftigte, ist die Messlatte für solche Geschäfte.

    Viele Risikokapitalgeber würden es paradoxerweise lieber sehen, wenn Start-ups nun das Gegenteil ihres Geschäftsmodells verfolgen würden. Die Idee, dass die von diesen Start-ups angebotenen Dienstleistungen kostenpflichtig sein und wie jedes andere normale Geschäft auch behandelt werden sollten, findet ihre technische Entsprechung in der umfassenden und sich rasch erweiternden Sensoren- und Zahlungsinfrastruktur, die hinter dem Internet der Dinge und der Smart City steht. Diese erlaubt es, sowohl die Nutzer als auch die Nutzung bestimmter Dienstleistungen und Infrastrukturen zu identifizieren und den Nutzern entsprechend in Rechnung zu stellen. Es ist gut möglich, dass das „Freemium“-Modell eigentlich nur ein vorübergehendes, sehr frühes Stadium der digitalen Transformation markierte. Schließlich entspricht eine Ökonomie ubiquitärer Gebührenerhebung, die sich nach der Dauer der tatsächlichen Nutzung sowie den aktuellen Marktpreisen für die Nutzung des Guts richtet, weitaus eher vielen anderen Entwicklungen im Finanzkapitalismus der Gegenwart.

    Millionen benutzte Nutzer

    Was aber ist mit Google, Facebook und dem Rest? Diese werden ihre bestehenden Geschäftsmodelle gewiss nicht aufgeben. Sollte man daher zu Recht annehmen, dass das Zeitalter der „Gratiskultur“ mit seinen zahlreichen Vorzügen – die Alphabet-Chefökonom Hal Varian so zusammenfasst, dass sie den Armen, vermittelt durch die Technik, das zur Verfügung stellt, in dessen Genuss die Ober- und Mittelklasse lange Zeit auf andere Weise gekommen ist – noch eine Weile andauern wird?

    Hier ist Skepsis angebracht. Erstens sind die kostenlosen Vorzüge, die manche irrigerweise für eine neue Art von Sozialleistungen halten, aufs Engste mit einem sehr spezifischen Geschäftsmodell der Big Five verknüpft. Im Falle von Alphabet und Facebook besteht es darin, Werbemöglichkeiten zu verkaufen, bei Microsoft und Amazon im Verkauf von Software, Hardware oder anderen Gütern; bei Amazon besteht die Wohlfahrtsleistung in der Bereitstellung nicht so sehr kostenloser, sondern verbilligter Dienste: Durch seine Größe ist es in der Lage, Produkte zu viel günstigeren Preisen als seine Konkurrenten anzubieten, ganz so, wie Walmart es vorgemacht hat.

    Diese bisherigen Geschäftsmodelle gibt es noch immer, und sie werden aller Voraussicht nach noch eine Weile existieren. Dennoch bestreitet kaum jemand die grundlegenden Veränderungen, zu denen es im vergangenen Jahrzehnt dank der beeindruckenden Fortschritte auf einem speziellen Gebiet der künstlichen Intelligenz gekommen ist: beim Maschinenlernen. Große Technologiefirmen haben es erstens vermocht, Möglichkeiten zur Extraktion großer Datenmengen zu entwickeln, die häufig aus Aktivitäten stammen, die ihre ursprünglichen Geschäftsfelder nur am Rande berührten, und zweitens Millionen Nutzer ohne deren Wissen dafür eingespannt, ihre Systeme darauf zu trainieren, smarter und autonomer zu werden. Alphabets selbstfahrendes Auto ist dafür ein gutes Beispiel: Dank der Fortschritte in der Mapping-Technologie und der Verfügbarkeit äußerst detaillierter Informationen über geografische Orte können die Autos leicht ihren eigenen Standort ermitteln und etwa Routen berechnen. Aufgrund der Fähigkeit, Objekte zu erkennen – die sich die Software von Alphabet aneignen konnte, weil zahlreiche Nutzer ihr halfen, etwa Katzen und Hunde zu unterscheiden –, kann ein Auto mittlerweile angemessen reagieren, wenn es bestimmten Gegenständen begegnet.

    Amazon, Facebook und Microsoft, ganz zu schweigen von Alphabet, haben alle in Entwicklungen auf diesem Gebiet investiert und selbst nennenswerte hervorgebracht. Die Anwendungen solcher Technologien sind alles andere als trivial, wie etwa die Kooperation von Alphabet mit dem britischen National Health Service belegt: Dank seiner KI-Technologie, die durch den Erwerb von Deepmind noch einen weiteren Entwicklungsschub erfahren hat, kann Software von Alphabet beispielsweise frühzeitig Nierenerkrankungen erkennen. Und mit je mehr Daten sie gefüttert wird, desto besser sind diese Prognosen. Von der Bildung bis zum Versicherungswesen, vom Energie- bis zum Bankensektor: Ganze Industrien und Sozialbereiche werden von der künstlichen Intelligenz transformiert. Und da die jüngsten Durchbrüche in der KI-Forschung zum einen von riesigen Mengen extrahierter Daten und zum anderen durch Millionen Nutzer verursacht worden sind, die das System im Zuge der Verrichtung anderer Aktivitäten gelehrt haben, smarter zu werden, wird offensichtlich, dass die einzigen Akteure, die die Steuerung solcher Transformationen bewältigen können, die Big-Tech-Unternehmen sind. Das neue Modell ist klar: Diese Unternehmen eignen sich die aktuell wertvollste Ressource beziehungsweise die wertvollste Dienstleistung – die künstliche Intelligenz – an, während die übrige Gesellschaft und die Wirtschaft Wege finden müssen, um diese Technologie in ihre Aktivitäten zu integrieren und sämtliche Bedingungen zu erfüllen, die die Unternehmen stellen, auf die sie angewiesen sind.

    Für einen Konzern wie Alphabet eröffnen sich damit neue Geschäftsmodelle. Die Aussage, Alphabet sei im Suchmaschinen- oder Werbegeschäft tätig, ist daher nicht ganz korrekt. In Wirklichkeit ist es auf dem Sektor der Informationsprognose aktiv – und verfügt über viele weitere Möglichkeiten, sich bezahlen zu lassen, die nichts mit Werbung zu tun haben und keine Suchbegriffe benötigen, um herauszufinden, worin unser jeweiliges Informationsbedürfnis besteht. Die Wahrheit ist, dass Alphabet so viele Daten über uns gesammelt hat, dass der Konzern zu jedem beliebigen Zeitpunkt weiß, welche Informationen wir gerade benötigen. Es ist die Fähigkeit des Konzerns, diese Informationen durch die Verwendung von KI zu nutzen, welche es zum nahezu unangefochtenen Vorreiter in diesem Bereich macht.

    Ende der Gratiskultur

    Im Falle sich verschärfender rechtlicher Rahmenbedingungen etwa durch die EU-Kommission, eines schrumpfenden weltweiten Werbemarktes oder der Erfindung eines Werbeblockers, den Alphabet nicht sperren könnte, verfügt das Unternehmen noch immer über ein robustes alternatives Geschäftsmodell, das darin besteht, Bürgern und Regierungen KI-Dienstleistungen zu verkaufen. Sollte ein solcher Kipp-Punkt erreicht werden, dann stünde Alphabet tatsächlich den Geschäftsmodellen der jüngsten Generation von Start-ups viel näher, die keine kostenlosen Dienste mehr anbieten, sondern ihre Kunden einfach für deren Nutzung bezahlen lassen wollen, ob pauschal oder mengenabhängig. Das ist zumindest das Geschäftsmodell von Amazons nach Gewinnanteilen betrachtet lukrativster Sparte, dem Tochterunternehmen Amazon Web Services; dieses lässt sich von dritten Unternehmen für die Bereitstellung von KI-basierten Diensten wie Objekt- oder Stimmerkennung bezahlen.

    In einem bestimmten Sinne kann man natürlich an der Illusion festhalten, dass die auf Regierungen zugeschnittenen Dienstleistungen von Alphabet selbst dann, wenn ein Übergang zum KI-zentrierten Geschäftsmodell tatsächlich stattfindet, immer noch kostenlos bleiben und damit eine Fortsetzung des privatisierten digitalen Wohlfahrtsmodells darstellen würden. Dies wäre aber selbstverständlich eine Täuschung: Denn während die Patienten vielleicht noch nicht dazu bereit waren, etwas dafür zu bezahlen, dass sie von der Früherkennung von Nierenerkrankungen profitieren, die Alphabet dem Gesundheitssystem ihres Landes zur Verfügung gestellt hat, werden sie als Steuerzahler doch mit Sicherheit für einige dieser Dienstleistungen aufkommen müssen, da Alphabet diese nicht aus Gründen der Mildtätigkeit anbietet, jedenfalls nicht für alle. Eine solche Privatisierung des Gesundheitssystems liegt genau auf der Linie des generellen Trends zur Privatisierung und zur Ausweitung der Tätigkeiten von Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge, der in mehreren entwickelten Volkswirtschaften zu beobachten ist.

    Natürlich haben wir es hier mit einer Transformation in einem allgemeineren Sinne zu tun: Mit der Konzentration von künstlicher Intelligenz – einer Vermittlungsinstanz, die künftig wohl sämtliche Bereiche des Lebens und Regierens durchdringen wird – in den Händen einiger weniger privater Firmen dürften wir auch zu Zeugen eines enormen Verlusts von Verantwortung für und zivilgesellschaftlicher Kontrolle über wesentliche Teile der Gesellschaft werden. Die Big-Tech-Unternehmen befinden sich in einer äußerst beneidenswerten Lage: Sie haben fast 20 Jahre lang auf die unverschämteste Art und Weise Datenextraktivismus betrieben und sind jetzt an einem kritischen Punkt angelangt, an dem einige Akteure, darunter auch Regierungsinstitutionen, ihnen einigermaßen Konkurrenz machen könnten. Gleichzeitig haben sie es vermocht, viele staatliche Subventionen und militärische Forschungsmittel vom Pentagon und von diesem nahestehenden Institutionen einzuwerben, um ihre Fähigkeiten noch weiter zu entwickeln. Jetzt werden sie dazu übergehen, Regierungen und Steuerzahlern Produkte zu verkaufen, die mit ebenjenen Subventionen finanziert worden sind – und das zu exorbitanten Preisen! Das dürfte wohl kaum irgendeine Art von Übergang zum Postkapitalismus markieren.

    Soziale Hackordnung bleibt

    Die implizite Annahme, die vielen gegenwärtigen Auffassungen von der digitalen Transformation zugrunde liegt, lautet, dass jede Abweichung vom aktuellen kapitalistischen Modell auch ein Schritt hin zu einem besseren, progressiveren und faireren System sein muss. Diese Annahme scheint jedoch ungerechtfertigt zu sein. Zwischen der Ausbreitung von vernetzten und digitalen Technologien auf der einen und der Stärkung neuer und alter Hierarchieformen (auch solchen sozialer Natur) auf der anderen Seite besteht offenbar kein inhärenter Widerspruch. Selbstverständlich kann man der Meinung sein, dass eine Plattform wie Airbnb irgendwie die Macht der Immobilieninvestoren brechen und für die einfachen Hausbesitzer von Vorteil sein wird, die nicht denselben Zugang zu finanziellen Mitteln haben wie jene. Doch während dies vielleicht am Anfang so gewesen sein mag, hat sich die Immobilienbranche bei der Nutzung von Plattformen wie Airbnb zur Stärkung und sogar weiteren Expansion ihres Einflusses auf dem Immobilienmarkt als sehr findig erwiesen; Airbnb selbst hat diese Entwicklung begrüßt und individuelle Deals mit Großinvestoren ausgehandelt.

    Ähnliche Fälle lassen sich überall finden; selbst das paradigmatische Beispiel der „Empfehlungsökonomie“, durch die unser Platz in der Hackordnung der vernetzten Gesellschaft von unserem sozialen Kapital, der Stärke unserer Vertrauensnetzwerke, unserer Ehrlichkeit und weiteren Eigenschaften abhängig gemacht wird, geht von der Voraussetzung aus, dass Kategorien wie „Klasse“ obsolet geworden sind und daher in der Rangordnung der „Empfehlungsökonomie“ nicht auftauchen werden. Geht man allerdings weiter davon aus, dass unter ansonsten gleichen Umständen die Klassenzugehörigkeit die eigene Stellung in der Gesellschaft eben doch beeinflusst, dann wird man kaum um die Schlussfolgerung herumkommen, dass die „Empfehlungsökonomie“ einfach nur eine clevere Methode ist, um bestehende soziale Hierarchien und Ungleichheiten zu perpetuieren und vielleicht sogar zu verstärken, obgleich sie selbst diese Unterschiede als rein natürlichen – und daher völlig gerechtfertigten – Ausdruck unserer Stellung in der Gesellschaft insgesamt ausgibt, die vermeintlich von unseren Fähigkeiten oder etwa unserer Ehrlichkeit abhängig ist.

    Dank eines ausgefeilten Instrumentariums zur Sammlung von Daten in Echtzeit – ein Vorgang, der heute schon beginnt, wenn die Nutzer noch im Kindergartenalter sind – verfügt der gegenwärtige digitale Kapitalismus über die perfekten Mittel, um Wetten auf das „Humankapital“ – Menschen – abzuschließen und seine vielversprechendsten Vermögensgegenstände von denen zu separieren, die hinter den Erwartungen zurückbleiben und die eigentlich gar nichts verdienen und dem System letztlich zur Last fallen. Aus Sicht des digitalen Kapitalismus kann die Wissensökonomie eine wunderbare Sache sein – nur dass es heute eben viel zu viele unproduktive Menschen gibt, als dass diese Ökonomie wirklich ihr volles Potenzial entfalten und zu nachhaltigem Wohlstand führen könnte. Und die Krise des Kapitalismus insgesamt – ob man sie nun als „säkulare Stagnation“ oder als eine noch fundamentalere strukturelle und vielleicht tödliche Fehlfunktion kategorisiert – wirkt nicht gerade vertrauensbildend. Der Geist des Egalitarismus stellt, insofern er den sozialdemokratischen Kompromiss des Wohlfahrtsstaats mit seinen Grundbausteinen Solidarität, Anonymität und Fairness belebt, ein Hindernis für jene Art der sozialen Sortierung dar, die stattfinden muss, bevor die Wissensökonomie von den humanistischen Ketten befreit werden kann, von denen sie seit Anbeginn gefesselt war.

    Natürlich: Das 20. Jahrhundert mit all seinem Grauen haben wir längst hinter uns gelassen, so dass kein Weg mehr zu den alten, brutalen Methoden zurückführt, mit denen einer Gesellschaft ihr egalitärer Geist zugunsten neuer Hierarchien ausgetrieben werden kann. Die Konturen des neuen Gesellschaftsvertrags sind zwar noch nicht vollständig auszumachen, aber man kann bereits darüber spekulieren, was er umfassen wird.

    Zunächst ist hierzu zu sagen, dass man heute, anders als in den 1930ern, als keynesianische Maßnahmen zur Förderung von Vollbeschäftigung breite Unterstützung in den wichtigen politischen Lagern gefunden haben, realistischerweise nicht mehr von einer Rückkehr der Vollbeschäftigung ausgehen kann. Der progressivste Industriezweig – nämlich Big Tech – scheint dies bereits verstanden zu haben, was erklärt, warum viele prominente Investoren in diesem Bereich zu lautstarken Verfechtern der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens geworden sind. Dass die Konzerne aus Silicon Valley diese Idee unterstützen, dürfte auf der Hand liegen: Schließlich beherrschen sie kaum etwas so gut, wie die eigene Steuerlast zu minimieren, so dass sie mit größer Wahrscheinlichkeit nicht viel zur Finanzierung solcher Sozialprogramme beitragen würden.

    Dass das Silicon Valley das bedingungslose Grundeinkommen befürwortet, ist auch ein Indiz dafür, dass eine der bereits genannten Thesen dieses Essays korrekt ist: Die gesamte Technologieindustrie schwenkt von einer auf kostenlosen und massiv subventionierten Gütern und Dienstleistungen basierenden Wirtschaftsweise zu einem neuen Geschäftsmodell um, bei dem jedes Gut und jede Dienstleistung komplett kostenpflichtig und die Preisgestaltung vielleicht sogar von der Zahlungskraft des jeweiligen Kunden abhängig ist. Und eine Ökonomie, in der uns eine mit zahlreichen Sensoren ausgestattete Infrastruktur flexible Preise in Rechnung stellt, die sich danach richten, welche Menge einer gegebenen Ressource wir genutzt haben, und vielleicht auch danach, wie sehr wir dies genossen haben, setzt voraus, dass die Konsumenten auch wirklich über das nötige Geld verfügen, um all jene Güter und Dienstleistungen bezahlen zu können – und dass dieses Geld nicht einfach aus neuen Schulden stammt. Anders formuliert: Aus der Perspektive der Risikokapitalgeber im Silicon Valley ist das Projekt des bedingungslosen Grundeinkommens eine fantastische versteckte Subvention für die Silicon-Valley-Unternehmen selbst.

    Phantasma Grundeinkommen
    Nun wird Derartiges der Öffentlichkeit natürlich nicht auf diese Weise schmackhaft gemacht. Den Bürgern wird stattdessen etwa versichert, das bedingungslose Grundeinkommen sei eine tolle Idee, die uns für die Schrecken der Automatisierung und für all die von uns extrahierten Daten entschädigen könne. Solange diese Rhetorik dazu beiträgt, alle Arten von politischen Zusammenschlüssen zu unterdrücken, die die Frage nach dem Dateneigentum aufwerfen, bleibt ein solches Grundeinkommen aus der Perspektive von Big Tech ein wunderbares Glücksspiel, schließlich müssen die Technologiefirmen selbst nicht viel dafür aufwenden, dass es gespielt wird.

    Der eigentliche politische Schachzug sieht etwas anders aus. Zunächst einmal ist es offensichtlich, dass die meisten Entwürfe zu einem bedingungslosen Grundeinkommen ohne signifikante Anstrengungen zur Umverteilung von Wohlstand und Einkommen nur sehr schwer finanzierbar sein dürften. Also werden wir es voraussichtlich mit Konzepten zu tun bekommen, die dieses Grundeinkommen auf bestimmte Gruppen von Bürgern einschränken wollen. Denjenigen an der Spitze der neuen gesellschaftlichen Hierarchie – jenen also, die qualitativ hochwertige Daten produzieren oder innovative Ideen zur „Wissensökonomie“ beisteuern – wird es möglicherweise gestattet werden, Vertragspartei des neuen New Deal zu werden. Dies mag sich weit weniger emanzipatorisch anhören, als es früher vielleicht einmal der Fall war, und das nicht zuletzt deshalb, weil wir zeitgleich mit der Einführung des Grundeinkommens für wenige eine Intensivierung des Rentierismus auf den übrigen Feldern der Wirtschaft feststellen werden, so dass ein Gutteil des an die Bürger ausgezahlten Geldes in Gestalt von Zahlungen für elementare Güter und Dienstleistungen wieder in den Unternehmenssektor zurückfließen wird.

    Was aber ist mit jenen am unteren Rand der sozialen Pyramide, die demnach nicht zu den Vertragsparteien der neuen gesellschaftlichen Vereinbarung gehören werden? Die Antwort darauf ist nicht so eindeutig. Die einfachste Lösung bestünde darin, die Armen und Überflüssigen der Fürsorge der globalen technophilanthropischen Klasse zu überlassen; die wird sich schon neue, innovative und letztlich private Lösungen für deren Probleme ausdenken. Eine davon, die ein Hightech-Unternehmer und erklärter Trump-Anhänger propagiert, lautet: Man solle doch Virtual-Reality-Brillen an die Elenden verteilen, mit denen sie auf ziemlich preiswerte Weise den ganzen Tag lang virtuelle Glückseligkeit und Freude erleben können.

    Wie kann dieses neue System wachsen und die Reichen – die kein bedingungsloses Grundeinkommen und keine virtuelle Realität brauchen – noch reicher machen? Früher war es so, dass es negative Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit hatte, wenn man den Menschen lebensnotwendige Güter wie Nahrung, Obdach und Sicherheit vorenthielt. Der Wohlfahrtsstaat baut in vielerlei Hinsicht auf diesem Grundgedanken auf; den Kapitalismus durch die Sozialisierung des Risikos zu stabilisieren, schien der richtige Weg zu sein.

    Heute herrscht allerdings eine andere Logik vor, gerade weil sich die technologischen Bedingungen so sehr verändert haben, dass die Bürger bei der Suche nach Lösungen für ihre Not recht einfallsreich sein können. Und je schlechter ihre Lage ist, desto kreativer fallen die Lösungsideen aus. Damit dieses System expandieren kann, müssen die Unternehmen einfach nur diesen Innovationsmehrwert abschöpfen und ihn auf profitable Weise nutzen. Wollte man die Weisheit dieses neuen digitalen Zeitalters in einem prägnanten Satz zusammenfassen, dann würde er wahrscheinlich lauten: „Warte nicht, bis die Regierung dir hilft – erstell deine eigene App!“ Und mach dir nichts daraus, dass irgendwo irgendwer – höchstwahrscheinlich die Technologiefirma, die hinter der Plattform steht, auf der du deine App erstellst – von dieser auf eine Weise profitieren wird, von der ihr eigentlicher Schöpfer nicht einmal zu träumen wagt.

    Wachstum und Enteignung

    Dies ist der wesentliche Grund dafür, dass der Aufstieg von Big Tech und die Fortdauer der globalen Finanzkrise zusammengedacht werden müssen. Die in vielen entwickelten Volkswirtschaften anzutreffenden Austeritätsbestrebungen, Kürzungen bei staatlichen Dienstleistungen und bei den Realeinkommen bilden die Hauptursache dafür, dass Akteure wie Uber und Airbnb so stark expandieren konnten: Ein bankrottes Städtchen irgendwo in Florida oder New Jersey kann sich kein annehmbares öffentliches Nahverkehrssystem leisten, also bezahlt es stattdessen Subventionen an Uber, um seinen Bürgern ein günstiges Verkehrsmittel anzubieten.

    Nach David Harvey ist die neoliberale Phase des globalen Kapitalismus von einer Logik gekennzeichnet, die er „Akkumulation durch Enteignung“ nennt; sobald sich das Wachstum verlangsamt, werden die Reichen dadurch reicher, dass die existierenden Ressourcen zuungunsten der Armen umverteilt werden. Der Aufstieg der Informationstechnologie hat diese Logik noch etwas weiter gesponnen, insofern das Kapital durch die Enteignung der Ressourcen der Menschen und ihre gleichzeitige Versorgung mit hochkomplexen, aber allgemein verfügbaren Mitteln zur Selbsthilfe auch deren kreative Potenziale erschließt, was die Menschen dann dazu mobilisiert, durch ihre Mitwirkung an Apps, Plattformen und anderen Gestalten der Wissensökonomie zur Erreichung seiner Ziele beizutragen. Das Kapital wächst also selbst dann noch, wenn es die Armen durch Umverteilung ihrer Ressourcen beraubt.

    Wie sollte also unsere vorläufige Einschätzung dieses neuen gesellschaftlichen und politischen Deals ausfallen? Was seine Grundlagen angeht, scheint er durchaus „postkapitalistisch“ zu sein: Ein großer Teil der Arbeit wird automatisiert, an die Stelle des Arbeitslohns als sozialer Institution tritt ein bedingungsloses Grundeinkommen, und die Armen und Schwachen durchlaufen nicht mehr die Institutionen des Sozialstaats, sondern sollen ein von virtueller Realität konstituiertes Hightech-Universum bevölkern, in dem sie nicht einmal mehr als Menschen behandelt werden. Wer kreative Fähigkeiten besitzt, wird selbst dann, wenn er ein Grundeinkommen bezieht, dauerhaft vom System herausgefordert, so dass er sich aus jeder Art von Notlage herausinnovieren kann – was all jene noch reicher macht, denen die Mittel der Heilsbringung gehören. Darüber hinaus bilden sich wieder Hierarchien heraus, auch wenn wir sie „Netzwerke“ und „Empfehlungssysteme“ nennen.

    Dass dieses neu entstehende System postkapitalistisch ist, bedeutet nicht, dass es nicht auch neofeudalistisch wäre, mit Big-Tech-Unternehmen in der Rolle der neuen Lehnsherren, die fast jeden Aspekt unseres Lebens kontrollieren und zugleich die Rahmenbedingungen des politischen und gesellschaftlichen Diskurses festlegen. Aus Sicht eines normalen Bürgers ist das neue System höchst problematisch, aufgrund seines Inegalitarismus, aber auch aufgrund seiner Willkürlichkeit und Beliebigkeit. Solange man die Existenz der „Überschuss-Bevölkerung“ anerkennt und auch, dass die herrschende Klasse nicht mehr bereit ist, ihr gegenüber weiterhin Zugeständnisse irgendeiner Art zu machen – abgesehen vielleicht von netten Updates für ihre Virtual-Reality-Brillen –, dann ist es kaum vorstellbar, dass die Zahl dieser „Überflüssigen“ mit zunehmender Automatisierung nicht weiter anwachsen sollte.

    Doch auch für die, die nicht in diese Kategorie fallen, ist das Leben mit einem bedingungslosen Grundeinkommen kaum erfüllend oder emanzipatorisch. Worin besteht der Sinn eines bedingungslosen Grundeinkommens, wenn es vollständig von Tributzahlungen für die Nutzung grundlegender Dienstleistungen aufgezehrt wird? Und was geschieht, wenn die Verbindlichkeiten einer Person ihr Grundeinkommen übersteigen? Würde das bedeuten, dass ihre Besitztümer – die voller Sensoren stecken und in Netzwerke eingebunden sind – abgeschaltet werden, und zwar so, wie einige Amerikaner es bereits jetzt erleben: dass ihr Wagen per Fernsteuerung deaktiviert wird, wenn sie mit den Raten für ihren Autokredit in Rückstand geraten? Was passiert, wenn man Schulden bei Alphabet hat – etwa für die Nutzung einer seiner erweiterten KI-Dienstleistungen – und das Unternehmen zugleich das nationale Gesundheitssystem betreibt? Hieße das dann, dass man keinen Zugang zu medizinischer Versorgung mehr hätte, solange man seine Schulden nicht begleicht?

    Es gibt einiges, was für technoutopische Narrative spricht. Und da sich der Kapitalismus derzeit in einer schweren Krise befindet, sollten wir alternative Visionen davon, wie wir unser Leben organisieren, nicht einfach von vornherein verwerfen. Das Problem ist, dass die meisten der aus dem Silicon Valley stammenden technoutopischen Narrative sich des Wesens der gegenwärtigen Krise weder vollständig bewusst sind noch Ehrlichkeit walten lassen im Hinblick auf die Frage, wie ihre eigenen sich wandelnden Geschäftspolitiken ihre soziale und politische Rhetorik beeinflussen. Eine postkapitalistische Welt ist definitiv etwas, für das es sich zu kämpfen lohnt – aber nicht, wenn in ihr die schlimmsten Auswüchse des Feudalismus zu neuem Leben erweckt werden.

    Dieser Artikel erschien in Ausgabe 49/2017 vom 07.12.2017

    #disruption #économie #société

  • Facebook Delays Home-Speaker Unveil Amid Data Crisis
    https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-03-28/facebook-is-said-to-delay-home-speaker-unveil-amid-data-crisis

    Facebook Inc. has decided not to unveil new home products at its major developer conference in May, in part because the public is currently so outraged about the social network’s data-privacy practices, according to people familiar with the matter. The company’s new hardware products, connected speakers with digital-assistant and video-chat capabilities, are undergoing a deeper review to ensure that they make the right trade-offs regarding user data, the people said. While the hardware (...)

    #Amazon #Facebook #domotique #Home #facial #BigData #profiling #biométrie

  • Mitschuld an der Manipulation durch Cambridge Analytica
    https://diasp.eu/p/6890287

    Mitschuld an der Manipulation durch Cambridge Analytica

    Mir ist noch nicht ganz klar, was #Cambridge-Analytica nun konkret im Falle von Facebock gemacht hat, aber vielleicht kann mir hier ja jemand weiterhelfen.

    Ich sehe momentan folgenden Ablauf:

    CA hat über eine App Daten von #Facebook Nutzern gesammelt. Wie weit hier FB dazu sein Einverständnis gegeben hat, sei einmal dahingestellt. CA entwickelt aus diesen Daten Persönlichkeitsprofile von Millionen FB-Nutzern. CA schaltet Anzeigen, die bestimmte FB-Nutzer manipulieren sollen, damit sie Trump wählen.

    Die Datenmengen, über die FB verfügt, dürften einzigartig in der Geschichte der Menschheit sein. Allerdings trägt jeder FB-Nutzer dazu bei, diese #Datenkonzentration aufzubauen. Insofern ist auch jeder FB-Nutzer – zumindest in bestimmter (...)

  • Eine Frau mit Kopftuch steigt vor der Tafel in #Landau aus einem Me...
    https://diasp.eu/p/6890639

    Eine Frau mit Kopftuch steigt vor der Tafel in #Landau aus einem Mercedes. Die Folge: Tausende Hasskommentare bei Facebook. Bloß: Die Tafel macht nun klar, dass die Frau zu einer Gruppe hilfsbereiter Nachbarn gehört, die Rentner*innen zur Tafel fährt... https://www.stern.de/digital/online/wenn-ein-mercedes-vor-einer-tafel-parkt---und-alle-gegen-muslime-hetzen-790693 …

    Eine Frau mit Kopftuch steigt vor der Tafel in #Landau aus einem Mercedes. Die Folge: Tausende Hasskommentare bei Facebook. Bloß: Die Tafel macht nun klar, dass die Frau zu einer Gruppe hilfsbereiter Nachbarn gehört, die Rentner*innen zur Tafel fährt... https://www.stern.de/digital/online/wenn-ein-mercedes-vor-einer-tafel-parkt---und-alle-gegen-muslime-hetzen-790693 … (...)

  • ver.di: Uber überleben
    http://publik.verdi.de/2018/ausgabe-02/gewerkschaft/international/seite-8/A0

    App-Unternehmen wie Uber und die Politik sind für den Niedergang des Taxigewerbes verantwortlich. Die Gewerkschaften konzentrieren sich auf Schadensbegrenzung.

    Von Dorothea Hahn

    Uber sei die neue Form von Sklaverei schrieb der New Yorker Taxifahrer Douglas Schifter auf Facebook

    Douglas Schifter liebte seinen Beruf. Er war stolz auf seine „fünf Millionen Meilen auf der Straße“, auf seine „fünf Hurrikane und über 50 Schneestürme“ und auf die „mehr als 100 internationalen Prominenten“, die er durch New York kutschiert hat. Aber in den letzten Jahren musste er immer länger arbeiten und verdiente doch immer weniger Geld. Zum Schluss reichte es nicht einmal mehr, um seine Wohnung, Autoreparaturen und Arztrechnungen zu bezahlen. Im morgendlichen Berufsverkehr des ersten Montags im Februar fuhr der 61-Jährige in einem schwarzen Mietwagen vor das Tor des Rathauses in Manhattan und schoss sich eine Kugel in den Kopf. In einer letzten Botschaft auf Facebook machte er das App-Unternehmen Uber und die Politiker, die Uber den Weg bereitet haben, für den Niedergang des Taxigewerbes verantwortlich: „Wir leiden“, schrieb er: „Dies ist eine neue Sklaverei.“

    Drei Selbstmorde in drei Monaten
    Es war der dritte Selbstmord eines Taxifahrers in New York binnen drei Monaten. Nur wenige Wochen zuvor war ein Kollege von Schifter vom Dach seines Wohnhauses in Harlem gesprungen. Auch er sah keinen anderen Ausweg aus der finanziellen Not. „Schifter hat die Realität beschrieben“, sagt die Chefin der Gewerkschaft New York Taxi Workers Alliance (NYTWA), Bhairavi Desai. Sie hat nie so viel Verzweiflung gespürt. An manchen Tagen sitzen weinende Kollegen in ihrem Büro.

    Seit 2013 ist die Konkurrenz für die Fahrer der grünen und gelben Taxen und der schwarzen Limousinen jeden Monat ­härter geworden. Statt der 48.000 Fahrer, die bis dahin in der Stadt unterwegs waren, bemühen sich jetzt mehr als 130.000 Fahrer um eine Kundschaft, deren Zahl sich nur unwesentlich verändert hat. „Die Politiker haben unsere Straßen mit Taxen überschwemmt“, schrieb Schifter, „jetzt gibt es nicht mehr genug Arbeit für alle. Das wird Tausende von Familien zerstören.“

    Fast alle Neuankömmlinge arbeiten für App-Unternehmen wie Uber und Lyft, die auf den spielerischen Fingerstrich übers Smartphone reagieren und ihre Kundschaft für weniger Geld transportieren. Ihr Erfolg beruht auf einer Deregulierung der Branche, die nur für App-Unternehmen gilt: Sie zahlen keine Taxilizenzen und geringere Steuern. Vor allem aber betrachten sie ihre Fahrer als "unabhängige Geschäftspartner", die für ihre gesamten Kosten - inklusive ­Autokauf und Wartung - komplett selbst verantwortlich sind.

    Wie andernorts hat Uber auch seine Ankunft in New York, dem größten Taximarkt der Welt, als „dynamische Störung“ und als Verbesserung für die Verbraucher gefeiert. Um die gewünschten Deregulierungen durchzusetzen, jonglierte es mit einer Mischung aus großen Namen und Geld. Es warb prominente Mitarbeiter an, von denen einer - Barack Obamas’ ehemaliger Kampagnenchef David Plouffe - direkt aus dem Weißen Haus kam. Andere hatten zuvor in den Aufsichtsbehörden für den Taxiverkehr gearbeitet und die Regeln, die sie nun kippen wollten, teilweise selbst verfasst.

    In der Anfangsphase gab Uber zudem mehr Geld für das Lobbying von Politikern aus als die meisten Großkonzerne der USA. Mit dieser Mischung hat Uber nicht nur New York, sondern auch die meisten anderen US-Städte erobert. Wo das nicht ausreichte, wandte das Unternehmen zusätzlichen Druck an. So stoppte es im texanischen Austin jeden Uber-Transport, bis der Gouverneur ein Gesetz unterschrieb, das die gewünschte Deregulierung garantierte.

    Am empfindlichsten aber spüren die Fahrer der grünen und gelben Taxen und der schwarzen Limousinen in New York die Veränderung. Nach Angaben der ­NYTWA ist ihr durchschnittliches Jahreseinkommen von 88.000 Dollar im Jahr 2013 auf jetzt nur noch 69.000 Dollar gesunken. Haben sie Versicherungen und Steuern sowie die Gebühren für die Taxi-Lizenz gezahlt, bleibt den Fahrern davon in der teuersten Stadt der USA nicht genug zum Leben übrig. Um ihre Verluste gering zu halten, arbeiten die Taxifahrer immer länger.

    Schifter, der am Anfang seiner Karriere in 40 bis 50 Arbeitsstunden pro Woche genug verdiente, arbeitete am Ende seines Lebens „100 bis 120 Stunden die Woche“, schrieb er.

    Auch für die Gewerkschaft NYTWA, die seit ihrer Gründung im Jahr 1998 an der Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Taxifahrer gearbeitet hat, bedeutete die Ankunft der neuen Konkurrenz eine radikale Kursveränderung. Seit fünf Jahren konzentriert sie sich darauf, den Schaden zu begrenzen. Mehrfach organisierte sie auch Demonstrationen und Streiks von Taxifahrern gegen die Deregulierung.

    Doch inzwischen spüren auch die Uber-Fahrer, dass sie in eine teuflische Spirale nach unten geraten sind. Als die nationale Transportgewerkschaft Amalgamated Transport Union (ATU) im Jahr 2016 versuchte, Mitglieder unter ihnen zu werben, meldeten binnen Kürze 14.000 Uber-­Fahrer in New York Interesse an. Erwartungsgemäß machte Uber klar, dass es die Gewerkschaft nicht anerkennen werde, weil seine Fahrer keine Beschäftigten seien. Und die New Yorker Aufsichtsbehörde Taxi and Limousine Commission (TLC) erklärte sich nicht zuständig dafür, das Beschäftigungsverhältnis zu defi­nieren.

    Zu diesem Zeitpunkt hatte Uber bereits die Transportgebühren gekürzt, seinen Fahrern genaue Anweisungen für ihre ­Arbeit und ihre Kommunikation gegeben und festgelegt, dass bar gezahltes Trinkgeld unerwünscht sei. Für die Fahrer war klar, dass ihre Verdienstmöglichkeiten bei Uber unter dem Mindestlohn lagen. Manche von ihnen arbeiten jetzt für mehrere App-Unternehmen, um ein Ein­kommen zu erzielen, von dem sie leben können.

    Nur für Investoren ist Uber weiter attraktiv. Seit sich der Wert des Unternehmens in der zweistelligen Milliarden-­Dollar-Höhe bewegt, sind zahlreiche Wallstreet-Unternehmen eingestiegen. „Uber existiert, um das Einkommen der Fahrer zu senken“, ist Chris Townsend von der Gewerkschaft ATU überzeugt, „das ist es, was die Investoren anzieht“.

    Nächste Katastrophe
    Den New Yorker Taxifahrern droht indes die nächste Katastrophe. Und die würde sie arbeitslos machen: selbstfahrende ­Autos. Uber hat angekündigt, dass es bei den selbstfahrenden Autos wieder Trendsetter sein will. Falls es dazu kommen sollte, könnte das die Kosten für Fahrer gen Null senken.

    In seinem Abschiedsbrief hat Douglas Schifter seine Kollegen auch zum Widerstand aufgefordert. Bei einer Mahnwache am New Yorker Rathaus haben Taxifahrer versichert, dass sie seinem Rat folgen wollen. Auch die Vorsitzende der NYTWA will sich nicht geschlagen geben. Bhairavi Desai glaubt, dass die Branche überleben kann. Voraussetzung dafür sind nach ­ihrer Ansicht drei Dinge: Die Stadt New York muss wieder eine Obergrenze für Taxizulassungen einführen. Sie muss feste Tarife für alle Taxen festlegen - unabhängig davon, ob sie gelb, grün, schwarz oder Uber sind. Und der Anteil der Fahrtkosten, der an die Fahrer geht, muss auf jeden Fall steigen.

    #Uber #Gewerkschaft

  • Soziale Medien - Facebook sperrt Trumps Datenrechercheunternehmen
    https://diasp.eu/p/6878535

    Soziale Medien - Facebook sperrt Trumps Datenrechercheunternehmen

    Cambridge Analytica wurde im Wahlkampf 2016 für Datenoperationen angeheuert – das Unternehmen soll laut Facebook unrechtmäßig an Daten hunderttausender Nutzer gelangt sein

    https://derstandard.at/2000076330182/Facebook-sperrt-Trumps-Datenrechercheunternehmen?ref=rss #News

  • Berliner Geschichten, Geschichtenwegweiser - Nante verabschiedet sich
    http://nanteberlin.de
    Nett war’s. Hoffentlich bleibt die Website noch ein bischen online. Aber komisch ist es doch, wer und was so alles dichtmacht im Augenblick. Tritt da die pre-facebook-generation ab? Und was kommt jetzt? Sehen wir uns noch mal im freien Internetz oder wird es nur noch eingemauerte Populistenmeinung beim Einheizanbieter geben?

    Heute ist der kalendarische Sommeranfang. Damit ist nun auch Nantes eigene Zielvorgabe verstrichen, im Frühjahr auf diesem Blog wieder aktiver zu werden. An den Gründen hat sich nicht viel geändert, es ist schlicht die Muße, die mir fehlt. Da ich nicht glaube, dass sich daran in nächster Zeit etwas ändert, lege ich Nante Berlin erstmal auf Eis. Das ist auch nicht weiter wild, denn schließlich gibt es viele andere, gute Berlin-Blogs. So zum Beispiel das großartige Berlin Street oder die schöne Stadtspaziergangseite Flanieren in Berlin oder der spannende, englischsprachige Blog Kreuzberged Berlin.

    #Berlin #Blog

  • „Das Radio hat sein Monopol verloren“: Wie Sprachsteuerung und Audio-Formate den Medienmarkt revolutionieren › Meedia
    http://meedia.de/2018/01/29/das-radio-hat-sein-monopol-verloren-wie-sprachsteuerung-und-audio-formate-den

    Audio-Formate und Sprachassistenten befinden auf dem Vormarsch und werden auch 2018 eines der Trendthemen in der Medienbranche sein. Neben dem Smartphone machen so genannte Smart Speaker wie Amazons Echo oder Google Home das Feld der Audio-Inhalte für Redaktionen und Content-Produzenten interessanter. MEEDIA zeigt, welche Werkzeuge notwendig sind, um sich als Medienanbieter durchzusetzen.

    Von Marvin Schade

    In der Redaktion von T-Online in Berlin hat man unter Umständen nicht einmal auf dem stillen Örtchen seine Ruhe. Ein kurzer Sprachbefehl reicht aus und schon erklingt eine Stimme, die das Wetter für die Mittagspause vorträgt, die aktuelle Nachrichtenlage vorliest oder die eigene Lieblingsmusik auflegt. In den Redaktionsräumen in der Torstraße kann man der letzte Mitarbeiter im Büro sein und Selbstgespräche führen, eine hört immer mit: Alexa, die smarte Sprach-Assistentin von Amazon. Selbst in den Toiletten der Redaktion warten ihre Mikrofone darauf, die Wünsche der Belauschten zu erfüllen. Im Zweifel ließe sich mit ihr sogar Klopapier nachbestellen.

    Die überall in der Redaktion verbauten Mikrofone sind Teil eines Raumkonzeptes, mit dem T-Online den „modernsten Newsroom“ in Deutschland betreiben will. Ob Amazons Alexa, Google Home oder der bald in Deutschland verfügbare Home Pod von Apple: Sprachassistenten und deren Steuerung zählen auch in diesem Jahr zu den großen Trendthemen, auf die sich Medien einstellen, um ihren Konsumenten noch ein Stückchen näher kommen.

    „In zehn Jahren wird man mit Wehmut und Belustigung auf die Phase schauen, als in der digitalen Sphäre schriftliche Interaktion der Standard war“, hielt erst vor einigen Tage Spiegel-Online-Kolumnist und Digital-Philosoph Sascha Lob fest. Smart Speaker sind „Einstiegsdroge“ und zugleich „Brückentechnologie“, die das gesellschaftliche Leben verändern könnten, wie es zuletzt das iPhone getan hat. Kurz: Smart Speaker sind der neue heiße Scheiß.

    Verlässliche Angaben gibt es zwar nicht, Schätzungen zufolge verkauft aber allein Google seit Oktober vergangenen Jahres sekündlich mindestens einen Google-Home-Speaker, Amazon setzte allein im Weihnachtsgeschäft mindestens 20 Millionen Geräte mit Sprachassistenten-Funktion ab. Mit der Sprachsteuerung und entsprechenden Audio-Formaten sind durchaus Visionen verbunden. Ausgehend von wachsenden Datenvolumina auf mobilen Endgeräten, wird nicht nur Video- sondern auch Audiostreaming voraussichtlich zunehmen, Sprachassistenten werden nicht nur in der heimischen Küche beim Morgenkaffee die Nachrichten vorlesen, sondern auch während der Autofahrt zur Arbeit Befehle ausführen und für Unterhaltung sorgen.

    Geräte wie Amazons Echo-Modelle verfolgen in erster Linie natürlich eigene kommerzielle Ziele. Ein unbedachter Befehl reicht aus und in den Regalen des nächsten Logistiklagers wird bereits nach der neuen Waschmaschine gesucht, die Alexa eben bestellt hat. Um im Alltag des Nutzers eine hohe Akzeptanz zu erlangen, müssen die Geräte aber sehr viel mehr leisten als ein verlängerter Arm des E-Commerce zu sein. Deshalb konzipieren Hersteller ihre Smart Speaker als Plattformen, auf denen sich künftig viele Akteure aus Handel und Medien zusammenfinden und um die Aufmerksamkeit des Nutzers kämpfen werden.

    Für Medien bedeutet das, dass es eine weitere Plattform gibt, für die sie Inhalte aufbereiten können. Etabliert hat sich dafür der Begriff der „Homeless Media“. Losgelöst von der eigenen Homepage spielen Medienanbieter ihre Inhalte mittlerweile auf Plattformen wie Facebook Instant Articles oder Googles AMP aus, Fernsehsender machen ihre Mediatheken nicht mehr nur im Web verfügbar, sondern auch mit Hilfe von TV-Erweiterungen wie Google Chrome oder Amazon Fire TV, für Podcasts haben sich Plattformen wie iTunes, Soundcloud oder Spotify etabliert. Mit Audible ist derzeit ebenfalls wieder Amazon dabei, eine weitere Plattform zu schaffen. Die ARD hat gar eine eigene App entwickelt, die all ihre Audioformate bündelt. Und die Hör-Inhalte werden mehr angenommen denn je. Erstmals seit Jahren liegt die Nutzung laut ARD-/ZDF-Onlinestudie wieder fast gleichauf mit Video. Denn Audio ist jederzeit und überall verfügbar: beim Kochen, Joggen, im Auto. 13 Prozent der Nutzung entfallen auf Podcasts.
    “Audio ist der Text der mobilen Generation“

    Mit Smart Speakern kommen neue Endgeräte hinzu, die wieder eigene Anforderungen mitbringen. Sie locken Inhalte-Produzenten an, für die Audio-Inhalte bislang kaum beziehungsweise gar keine Rolle gespielt haben. „Das Radio hat sein Monopol verloren. Das Internet hat die Art und Weise verändert, wie wir Audio-Inhalte konsumieren“, sagt Marc Krüger. Er ist gelernter Radiojournalist und bislang einer der wenigen, die innerhalb der Branche zu einem Publisher gewechselt sind, um dort voranzutreiben, was er am besten kann: Als „Voice Redakteur“ soll er bei T-Online nicht nur über Sprachsteuerung schreiben, sondern Audio-Formate entwickeln und Inhalte produzieren. Im Team von Chefredakteur Florian Harms sind Audio-Inhalte ein neuer, aber wichtiger Bestandteil der Strategie zur publizistischen Aufwertung des Portals. Aktuell arbeite die Redaktion daran, erste „Leuchttürme“, wie Harms es nennt, zu bauen. Mit der audiovisuellen Aufbereitung des „Tagesanbruch“-Newsletters wolle man probieren und zeigen, was geht.

    Dass Audio-Inhalte in Zukunft eine dominierende Rolle in der Medienlandschaft einnehmen, glaubt nicht nur Sascha Lobo. “Audio ist der Text der mobilen Generation“, sagt Michael Bröcker. Seine Rheinische Post hat als eines der ersten regionalen Medienhäuser den Audiotrend erkannt Mitte 2017 richtig losgelegt.. Begonnen haben die Audio-Aktivitäten sogar ein Jahr früher, als die Redaktion begann, WhatsApp-Nachrichten nicht nur zu texten, sondern auch als Sprachnachrichten an die Nutzer zu verschicken. „Reden ist das neue Schreiben und Hören das neue Lesen“, lautet seine These. Auch deshalb gehe es darum, Inhalte für neue Audio-Plattformen möglichst schnell zu professionalisieren. Die Rheinische Post bietet mittlerweile sechs unterschiedliche Podcast-Formate an, mit denen sie eigenen Angaben zufolge mehr als 300.000 Zugriffe pro Monat verzeichnet. Den morgendlichen „Aufwacher“-Podcast vertreiben sie auch via Amazon Echo.

    Mit den neuen Playern wächst die Konkurrenz im ohnehin schon großen Wettbewerbsfeld. Radio- wie auch TV-Sender bringen bereits professionell produzierte audiovisuelle Inhalte mit, ohne zusätzlichen Aufwand zu betreiben. Vor allem im Umfeld der Kurznachrichten heben sich Marken wie „Tagesschau“ oder n-tv mit ihren prägnanten Senderstimmen auf der Alexa-Plattform vom Umfeld ab, das größtenteils auf die noch blecherne Alexa-Stimme setzt, ab.

    Auch wenn die RP in ihrem Echo-Skill (Skills sind so etwas wie programmierte Audio-„Apps“ für die Alexa-Plattform) News noch vom Computer vorlesen lässt, ist für Bröcker klar: “Kein Mensch braucht die vorgelesene Zeitung; das plumpe Vertonen von Nachrichten kann und wird nicht ausreichen.“ Der Hörer habe den Anspruch, informativ unterhalten zu werden, weshalb das Interesse an Podcasts sehr viel größer sei. Deshalb, glaubt Bröcker, ist der Markt trotz der Vielzahl an klassischen Anbietern noch nicht gesättigt. „Zeitungen haben sich über viele Jahre als Marken etabliert und treue Leser und Nutzer aufgebaut. Diese hören vielleicht klassisches Radio. Sie würden sich aber gerne auch Neuigkeiten von ihrer Lieblingszeitung anhören.”

    Sprachassistenten eröffnen freilich nicht nur für Nachrichtenmedien neue Möglichkeiten. Medienanbieter zielen darauf ab, zukünftig Ansprechpartner für zahlreiche Interaktionen zu werden. Während sich beispielsweise Programmies noch darauf beschränken, Alexa und Co. das TV-Programm aufsagen zu lassen, könnten Anbieter wie TV Spielfilm zukünftig auch für die Interaktion mit dem Endgerät verantwortlich sein. Erweiterungen wie Echo-Show, ein Alexa-Lautsprecher mit Bildschirm, geben den Inhalte-Produzenten die Möglichkeit, auch Video-Material zu zeigen.

    Um sich im Kampf um die Aufmerksamkeit aus der Masse hervorzuheben, ist das Herausarbeiten der eigenen Marke von großer Bedeutung. “Der Sprachsteuerung eine individuelle und unverkennbare Stimme zu geben, zählt derzeit zu den Hauptaufgaben – womöglich ist es sogar die wichtigste“, sagt T-Online-Mann Krüger. Während in Podcasts die Aufgabe von Moderatoren und Redakteuren übernommen werden kann, überlegt seine Redaktion – wie auch die Rheinische Post – für das Vertonen von Nachrichten eine eigene Stimme zu casten.
    Monetarisierung: „Einen komplizierten Prozess wollen wir vermeiden“

    Während die RP laut Bröcker zumindest ihren Aufwecker-Podcast mittlerweile sehr erfolgreich vermarkte, sind die Möglichkeiten der Monetarisierung insgesamt noch nicht weit gediehen. Seit die ARD-Werbetochter A&S begonnen hat, Podcasts in ihr Vermarktungsprogramm aufzunehmen, habe sich in der Branche aber schon einmal etwas bewegt, berichtet Krüger.

    Für Medienanbieter können übergreifende Vermarkter von Bedeutung sein. Die Einzelvermarktung gestaltet sich aufgrund nicht allzu hoher Reichweiten unter Umständen schwierig. Hinzu kommt, dass sich Podcast-Konkurrenten ohne Medienunternehmen im Hintergrund durchaus flexibler in der Produktpräsentation zeigen. Wenn Podcast-Moderatoren zugleich Werbeansager sind und unter Umständen noch die Vorzüge eines Produktes loben, ist das medienethisch zumindest diskussionswürdig. Medienanbieter verfahren hier selbst innerhalb der eigenen Formate durchaus unterschiedlich. Während Spiegel Online in seinem Politik-Podcast „Stimmenfang“ die Moderatorin ebenfalls die Werbung sprechen lässt, wird Sascha Lobos Debatten-Podcast bei SpOn von einer Werbestimme begleitet.

    Bei T-Online fange man derzeit an, sich mit dem Thema der Monetarisierung zu befassen, sagt Chefredakteur Harms. „Es soll natürlich erkennbar sein, dass es sich dabei um Werbekunden handelt, eine klare Kennzeichnung ist wichtig. Einen komplizierten Prozess, wie er beim Radio vorkommt, wollen wir aber vermeiden.“ Bröcker erklärt, bei der RP laufe vor allem die Vermarktung des morgendlichen Podcasts äußerst zufriedenstellend. Als Vorteil erweist sich derzeit, dass die Plattformbetreiber keine Einschränkungen in der Darstellung vornehmen und die Formate abspielen, wie sie angeboten werden. Also inklusive Werbung.

    Über Smart Speaker könnten bald weitere Monetarisierungsmöglichkeiten hinzukommen. Wenn Amazon selbst unter die Vermarkter geht und, wie ein CNBC-Bericht zuletzt andeutete, auch Werbung innerhalb der Skills plant, könnten die Betreiber entsprechend davon profitieren. Amazon hatte entsprechende Vorhaben zwar dementiert, der US-Sender beruft sich aber auf Insider.

    In der Monetarisierung hilfreich wäre auch mehr Transparenz, berichtet Krüger. Zwar stelle Amazon bereits Grunddaten wie Skill-Installationen und Abrufzahlen bereit. „Es ist aber nicht so, dass wir morgens eine Tabelle öffnen und alle Zahlen ausgewiesen bekommen.“ Angaben zur Verweildauer, Abruchsquoten, Abrufzeiten oder zur Wiederkehr, gebe es noch nicht. Er sei allerdings nicht pessimistisch: “Als Apple bei iTunes nach Jahren plötzlich mehr Daten zur Verfügung gestellt hat, ging ein Ruck durch die Podcastszene. Wenn andere Anbieter nun erkennen, dass dies die Inhalte auf ihrer Plattform besser macht, kann ich mir vorstellen, dass Amazon in Sachen Transparenz nachlegt.“

    Unterdessen befassen sich Redaktionen mittlerweile auch damit, wie smarte Geräte und Sprachsteuerung die eigene Arbeit erleichtern können. Die verbauten Alexa-Mikrofone bei T-Online mögen derzeit noch eher als Gag verstanden werden. Auch geht es sicher darum, sich selbst an die Nutzung zu gewöhnen, mit der Technik zu spielen und zu lernen. Innerhalb Harms‘ Redaktion hat Alexa aber bereits Aufgaben übernommen und erfüllt eine Berichtsfunktion. „Dazu zählt – wie für die Nutzer – die aktuelle Nachrichtenlage, Alexa kennt aber auch unsere Analytics-Daten und kann uns sagen, welche Themen am Vortag gut gelaufen sind und über welche Kanäle wir welche Reichweiten erzielt haben“, erklärt Harms.

    Das mag erst der Anfang sein. “Vorstellen kann ich mir eine ganze Menge. Vielleicht kommen wir irgendwann in die Situation, dass Alexa mit unserem CMS gekoppelt ist und Eilmeldungen für uns anlegt“, so eine Vision von Harms. „Natürlich auf Befehl eines Redakteurs.“

    #medias #radio

  • Projekt Gedächtnis - Informationsdienst zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten
    https://www.nadir.org/nadir/archiv/Medien/Broschueren/projekt-gedaechtnis/gedaechtnis_000.html


    Service pour la publication d’informations qui n’ont pas eu lieu - c’est un nom long et rempli de signification que choisirent les fondateurs du projet qui devint le prédecesseur du du journal de gauche Die Tageszeitung (TAZ). Ce partenaire de Libération et du Monde Diplomatique prit la même direction que ses confrères de France et abandonna la résistance anti-système afin de survivre et de prospérer. Il serait temps de renouer avec l’esprit post-68 qui pour la première fois depuis 1933 apporta des infos indépendantes à ses nombreux lecteurs allemands.

    C’est une collection de textes sur l’histore du projet ID .

    Im Jahre 1988 werden viele der Aktivisten aus den 70er Jahren den ID als Relikt vergangener Jugendzeiten sehen und die meisten der heute 20 - 25jährigen politisch Arbeitenden, soweit ihnen die Zeitung überhaupt noch ein Begriff ist, den ID als Mythos der Altlinken betrachten.

    Gerade angesichts des weitverbreiteten Kurzzeitgedächtnisses in der Linken meinen wir, daß es nicht nostalgische Ambitionen sein müssen, 15 Jahre nach Gründung und 7 1/2 Jahren nach Beendigung des Projekts, wieder damit in die Öffentlichkeit zu gehen. Denn trotz vieler Schwächen, Widersprüche und dem letztendlichen Einstellen - der ID war während der Jahre 1973 - 1981 Dokumentator und Barometer der linken undogmatischen Bewegung. Aus diesem Grund wäre ein vollständiger Reprint der 371 Ausgaben mit ca. 10.000 Seiten wünschenswert, in näherer Zukunft erscheint uns dieses Vorhaben jedoch unrealisierbar. Mit dieser Dokumentation haben wir uns auf das Thema »Gegenöffentlichkeit« beschränkt. Der ID, als deren Bestandteil und Multiplikator, berichtete regelmäßig über Entstehungen, Treffen und Schließungen von Alternativzeitungen, Buchläden-/ Verlagsgründungen und -pleiten, er veröffentlichte brancheninterne Auseinandersetzungen und dokumentierte ausführlich die staatlichen Zensur- und Repressionsmaßnahmen.

    Aus der Fülle des Materials haben wir repräsentative Berichte ausgewählt und diese in verschiedene Themenbereiche unterteilt, die auch für heutige Diskussionen noch interessant sind.

    Die Anmerkungen und Literaturhinweise* am Schluß des »Projekt Gedächtnis« geben in Kürze zusätzliche (Hintergrund-)Informationen zu einzelnen Artikeln und weisen auf die zahlreichen Publikationen hin, die sich ausführlicher mit den jeweiligen Themen beschäftigen.
    Die Vorbemerkungen zu den einzelnen Kapiteln erheben nicht den Anspruch einer tiefergehenden Analyse zur Entwicklung der letzten 20 Jahre linker Mediendiskussion, dies müßte an anderer Stelle ausführlicher geschehen.

    zu I: ID-HAUSMITTEILUNG

    Vom Anfang bis zum Ende

    1973 war der Medienalltag der Linken bestimmt von der UZ (Unsere Zeit, DKP) bis zu den verschiedensten Roten Fahnen
    der KPDs. Im Mai 1973 unternahm die Initiativgruppe SPA eine Rundreise durch die BRD, stellte ihr Medienprojekt interessierten Gruppen vor und suchte noch weitere Mitarbei- terlnnen für den ab Herbst ’73 wöchentlich erscheinenden »Informationsdienst zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten«. Es war einer der ersten Versuche nach 1968, Informationen außerparlamentarischer Bewegungen (Hausbesetzer, Frauen, Ausländer, Knast, Anti-AKW...) einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen und nicht, wie damals üblich, die Textfahnen so lange zu redigieren, bis sie der Realität des Zentralkomitees entsprachen.

    Die anfängliche Auflage betrug 500 Ex., zu Hochzeiten (1976/ 77) wurden ca. 7000 Ex. des ID verkauft. Zu jener Zeit war der ID wichtigstes Sprachrohr und Diskussionsforum der undogmatischen Linken und Keimzelle vieler regionaler Zeitungen. Von Beginn an war der ID keine homogene Gruppe, unterschiedliche Vorstellungen innerhalb der Redaktion und Differenzen zwischen Redaktion und ID-Städteinitiativen bestimmten neben der kollektiven Arbeit den Zeitungsalltag. Im Sommer 1977 begannen die ersten größeren Auseinandersetzungen zur Konzeption des Blattes, die in immer kürzeren Abständen bis zum Schluß in ihrer Heftigkeit zunahmen.

    Mehrere Versuche, den ID konzeptionell umzugestalten, scheiterten. Für ein Magazin (mehr Fotos, mehr Farbe) fand sich keine Mehrheit. Auch gelang es nicht, die nach 1977 oft widersprüchlichen Entwicklungen der Linken - von der Auseinandersetzung um den bewaffneten Metropolenkampf über die Entstehung der Grünen bis zur Diskussion um die Landkommunebewegung - wöchentlich auf 32 Seiten zu dokumentieren. Die Frage der politischen Relevanz und die Existenzberechtigung des IDs verstärkte sich in der Redaktion durch das immer größere Desinteresse der Leserlnnen. Das Erscheinen der taz forcierte die langanhaltende Talfahrt, die am 20.2.1981 mit der 371. Nummer endete. Die in der letzten Nummer angekündigte Denkpause wurde zum endgültigen Aus.
    Die in chronologischer Reihenfolge dokumentierten ID- Hausmitteilungen beschreiben in Kürze (das Material alleine hätte für einige Dokumentationen gereicht) die Entwicklung des Projekts »Informationsdienst zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten« - vom Anfang bis zum Ende.
    Wir wollen hier nicht die mancherorts verbreitete ID-Legendenbildung untermauern, aber eine Zeitung wie der ID, welche jahrelang die Funktion des Sprachrohrs für eine breitere undogmatische linke Bewegung inne hatte, existiert heute nicht mehr.

    Doch muß es ein solches Organ überhaupt noch im Jahre 1988 geben? Ist die Konzeption mittlerweile überholt? Die Zersplitterung der Linken hat sich in den letzten Jahren fortgesetzt und trotzdem hat es im Bereich der Printmedien einiges an Bewegung gegeben. Mitte der 70er Jahre waren es ein paar Dutzend Zeitungen, die »Nachrichten von unten« verbreiteten, heute erscheinen Hunderte von Zeitungen und Zeitschriften aus den verschiedenen Bereichen (Internatio- nalismus, Knast, Philosophie, Musik, Literatur...) und unterschiedlichen Bewegungen (Anti-AKW, Autonome, Frauen, Antimilitarismus...), die versuchen, »unterbliebene Nachrich- ten unter’s Volk zu bringen.«

    En 2007 déjà on a eu cette idée, mais j’ignore ce qu’a obtenu cette initiative. Son site web existe mais le dernier article date de l’an 2016. Pourtant à l’époque des Facebook, Whatsapp et des bots il ne faut pas ceder l’espace d’information indépendant aux monopolistes du web.

    DER ID IST TOT - ES LEBE DER ID ! | Informationsdienst :
    http://www.idmedienpraxis.de/?q=node/107

    Vom 3. April 2007. Autor Das ID-Team

    Der Informationsdienst für kritische Medienpraxis in Berlin braucht neue Impulse! Um den Generationswechsel zu vollziehen, brauchen wir Eure/ Ihre Beteiligung. Ob an laufenden Projekten oder mit neuen Ideen – wir sind offen dafür!
    Daneben ist eine Ressource – leider schon selbstverständlich – unverzichtbar: Geld.

    Wir, die verbliebenen MitarbeiterInnen, betrachten den ID Medienpraxis zum Einen als eine zu bewahrende Institution der Geschichte der links-alternativen Bewegung. Zum Anderen halten wir Medienkritik und kritische Medienpraxis nach wie vor für dringend notwendig.

    Wir möchten den „Informationsdienst: für kritische Medienpraxis“ wiederbeleben, wobei die bestehenden Schwerpunkte und Themen weitestgehend erhalten und das Angebot erweitert werden soll.

    Insbesondere für diese Aufbauphase benötigen wir jetzt dringend Eure/Ihre Spende!

    INFORMATIONSDIENST: FÜR KRITISCHE MEDIENPRAXIS e.V.
    Bank für Sozialwirtschaft Berlin
    BLZ 10020500
    Konto 3099300

    Der gespendete Betrag kann auch zweckgebunden sein. Da die Arbeit als gemeinnützig anerkannt ist, lässt sich der Betrag steuerlich absetzen.
    Auf Wunsch können wir Material von uns per Post zuschicken.

    In jedem Falle Vielen Dank! Das „ID-Team“

    Der „Informationsdienst: für kritische Medienpraxis“ – seine Geschichte und wie es weitergehen soll:

    Geschichte

    Am 20. Juni 1973 erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift des „Informations-Dienst zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten“ in Frankfurt am Main. Es war einer der ersten Versuche in West-Deutschland, nach 1968 Informationen außerparlamentarischer Bewegungen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die tausendfache Alternativpresse, die Freien Radios und Videogruppen, die „tageszeitung", sie wären ohne den ID nicht möglich gewesen. Heute ist eine weltweite Internet-Szene mit Bezug auf die neuen sozialen Bewegungen dieser Tage auf dem Weg. Auch diese bezieht sich in Deutschland ganz explizit auf den ID.

    Der „Informationsdienst: für kritische Medienpraxis e.V.“, Berlin

    1999 wurde in Berlin der „Informationsdienst: für kritische Medienpraxis“ als gemeinnütziger Verein gegründet. Medienkritik, also die Kritik an etablierten, emanzipatorischen Bestrebungen entgegenstehenden Prozessen und Strukturen innerhalb der Medienwelt gehört zu den Kernpunkten seiner Arbeit.

    Was verstehen wir unter kritischer Medienpraxis

    Kritische Medienpraxis beinhaltet in unserem Verständnis:

    Rechercheunterstützung
    Repräsentation alternativer Gruppierungen
    Schaffung von Medienzugang für benachteiligte gesellschaftliche Gruppen
    Verbreitung unterdrückter Nachrichten / Zensurbekämpfung
    Thematisierung der Rolle der Intellektuellen im Medienfeld

    Rechercheunterstützung

    Der ID Medienpraxis besitzt ein umfangreiches Archiv links-alternativer Medien, welches den Zeitraum von den 90er Jahren bis heute abdeckt. Dieses kann von Medienschaffenden aller Couleur, WissenschaftlerInnen und kritischen BürgerInnen genutzt werden. Auf Wunsch helfen wir bei der Erstellung von Recherchestrategien und bei Recherchen in Archiven, in Datenbanken sowie im Internet.
    Darüber hinaus bieten wir einen Recherchedienst an, welcher in Zukunft um einen Profildienst erweitert werden soll.

    Repräsentation alternativer Gruppierungen

    Es ist geplant einen Newsletter zu etablieren, welcher Nachrichten und Stellungnahmen von medial unterrepräsentierten emanzipatorischen Gruppen als auch Berichte über solche Gruppen im europäischen Raum (und soweit möglich international) enthalten soll. Daraus soll mit der Zeit ein Überblick über die Landschaft linker, system-kritischer und alternativer Gruppen sowie den emanzipatorischen Diskurs insgesamt entstehen.

    Schaffung von Medienzugang für benachteiligte gesellschaftliche Gruppen

    Ein Problem das im Kontext der Medienkritik zentral thematisiert werden muss, betrifft den Ausschluss so genannter Minderheiten vom Zugang zu den Medien bzw. von der Präsentation ihrer Anliegen innerhalb dieser.
    Um diesem skandalösen Tatbestand etwas entgegenzusetzen, hält der ID Medienpraxis seit dem Sommersemester 2003 ein Hauptseminar am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin ab, welches sich vor allem mit den Möglichkeiten der Nutzung der Neuen Medien durch benachteiligte Bevölkerungsgruppen beschäftigt
    Ein weiteres medienkritisches Projekt des Berliner IDs, beschäftigt sich damit, so genannten Querulanten Ohr und Stimme zu leihen, damit auch deren Anliegen im großen Medienrauschen Gehör finden.

    Verbreitung unterdrückter Nachrichten / Zensurbekämpfung

    Regelmäßig einmal pro Jahr bieten wir eine Veranstaltung zu den „10 unterbliebensten Nachrichten im deutschsprachigen Raum“ des Vorjahres an, die auf den Ergebnissen von „Initiative Nachrichtenaufklärung“ aus Dortmund beruht.
    Darüberhinaus steht der ID Medienpraxis in Kontakt mit internationalen Einrichtungen, die sich mit direkter und indirekter Zensur beschäftigen, so z.B. „Project Censored“, oder „Fairness and Accuracy in Reporting“ (F.A.I.R.) aus den USA , zu deren Erkenntnissen wir in Zukunft Veranstaltungen abhalten wollen.
    Auch der Berliner ID selbst wird zukünftig die hiesige Medienlandschaft verstärkt beobachten und über Fälle von direkter bis indirekter Zensur berichten.

    Thematisierung der Rolle der Intellektuellen im Medienfeld

    Ein weiteres Anliegen des ID Medienpraxis besteht darin, die Rolle der sozio-professionellen Kategorie der Intellektuellen, innerhalb des gesellschaftlich-medialen Diskurses zu thematisieren. Intellektuelle werden hierbei als Professionelle der gesamtgesellschaftlich relevanten Kommunikation und damit einhergehend als Katalysatoren des sozialen Fortschritts angesehen.
    Diese, die globale Medienstruktur insgesamt betreffenden Gedankengänge werden von unseren MitarbeiterInnen mit Hilfe von Publikationen und Vorträgen in wissenschaftliche, und mediale Diskurs-Öffentlichkeiten eingespeist und innerhalb dieser diskutiert.
    Berlin, 03.04.2007

    Informationsdienst: für kritische Medienpraxis

    #Allemagne #journalisme #gauche #censure #histoire

  • Der Suizid in der schwarzen Limousine
    Douglas Schifter erschoss sich aus Protest: New Yorker Taxifahrer können vom Verdienst nicht leben
    https://www.taz.de/!5483250

    Aus New York Dorothea Hahn, 7.2.2018

    Zwei Stunden bevor Douglas Schifter am Montagmorgen seine schwarze Limousine vor das Osttor des Rathaus von New York steuerte, dort parkte und sich erschoss, veröffentlichte er einen letzten Text auf seiner Facebook-Seite. Darin macht er drei Politiker – Republikaner und Demokraten – sowie den Uber-App-Unternehmer – „ein bekannter Lügner, Betrüger und Dieb“ – für den Niedergang des Taxigeschäfts in seiner Stadt verantwortlich. Statt 40 Stunden die Woche, wie in den Anfangszeiten seiner Karriere, musste der 62-Jährige zuletzt „zwischen 100 und 120 Stunden“ arbeiten. Er verlor dennoch seine Wohnung und seine Krankenversicherung und verschuldete sich. „Ich bin kein Sklave“, schrieb Schifter. Er hofft, dass sein „öffentliches Opfer ein Schlaglicht auf die Not der Fahrer“ wirft.

    Schifter war stolz auf seine Erfahrung mit „fünf Millionen Meilen auf der Straße“, mit „fünf Hurrikanen und über 50 Mal Tiefschnee und Schneestürme“ und mit „mehr als 100 internationalen Prominenten im Wagen“. Er war seit 44 Jahren im Geschäft. Seit die Politiker der Stadt und des Bundesstaats dem Drängen von „App-Unternehmen“ wie Uber und Lyft nachgegeben und die Branche dereguliert haben, ist die Zahl der FahrerInnen binnen weniger Jahre von rund 50.000 auf jetzt fast 130.000 explodiert. „Es gibt nicht mehr genug Arbeit für uns alle“, schrieb Schifter in seinem Facebook-Abschied.

    Bei New Yorker TaxifahrerInnen machte das dramatische Ende des livrierten Fahrers in Windeseile die Runde. Am Tag danach hielten KollegInnen eine Mahnwache vor dem New Yorker Rathaus ab und verlangten politische Konsequenzen. Eine Fuhrunternehmerin schlug vor, seine Beisetzung am Mittwoch gemeinsam zu finanzieren. Und Bhairavi Desai von der New Yorker Taxi Workers Alliance (NYTWA) sagte: „Er hat die Realität beschrieben.“ Die langjährige Sprecherin der NYTWA hat nie zuvor so viele TaxifahrerInnen in schierer Panik gesehen.

    Vorerst Hauptbetroffene der Verelendung sind die Fahrer der traditionellen gelben Taxis und schwarzen Limousinen. Denn für sie gelten Sicherheitsauflagen, Ausbildungs- und Ausstattungsregeln und Strafen, von denen die börsennotierten App-Unternehmen Ausnahmen ausgehandelt haben. „Uber und das andere App-Unternehmen Lyft geben mehr Geld für das Lobbying von Politikern aus als Großkonzerne wie Walmart und Amazon“, beschreibt Desai, „wann immer sie in eine neue Stadt kommen, stellen sie als Erstes ehemalige Spitzenleute von den Aufsichtsgremien der Taxi-Branche ein.“

    Zuletzt arbeitete er 100 bis 120 Stunden pro Woche. Das Geld reichte trotzdem nicht

    Laut NYTWA sind die Jahreseinkommen von hauptberuflichen FahrerInnen der New Yorker Yellow Cabs von 88.000 Dollar im Jahr 2013 auf nur noch 69.000 Dollar im Jahr 2016 geschrumpft. Doch auch die FahrerInnen der neuen App-Unternehmen leiden. Während Uber – dessen Boss ursprünglich zum Beraterteam von Donald Trump gehörte – Höhenflüge an der Börse macht, verdienen die FahrerInnen nicht genug zum Leben. Viele geben nach wenigen Monaten am Steuer auf.

    In New York war Schifters Tod der dritte Selbstmord eines Taxifahrers binnen weniger als drei Monaten. Im Dezember sprang ein Kollege von ihm vom Dach seines Wohnhauses in Harlem, weil er nicht mehr wusste, wie er seine Schulden zahlen sollte. Während nur wenige US-Medien die Krise der Branche würdigen, fühlen sich KollegInnen von Schifter an den Gemüseverkäufer in Tunesien erinnert, der 2010 mit seiner Selbstverbrennung in Sidi Bouzid den Arabischen Frühling mit ausgelöst hat.

    #USA #New_York #Taxi

  • Digitale Migrationskontrolle: Geflüchtete als Versuchskaninchen neuer Ermittlungsmethoden | CILIP Institut und Zeitschrift
    https://www.cilip.de/2017/12/25/digitale-migrationskontrolle-gefluechtete-als-versuchskaninchen-neuer-ermittlu

    Sprachanalyse-Software, Überwachung von Finanztransaktionen, Satellitenaufklärung – das sind nur einige der digitalen Maßnahmen, mit denen Behörden MigrantInnen auf die Pelle rücken. Hinzu kommen die massenhafte Handydatenauswertung und die Nutzung von Geodaten in Asylverfahren. In Europa angekommen, landen Asylsuchende in riesigen Fingerabdruckdatenbanken, die jetzt mit Gesichtserkennung aufgerüstet werden. Längst wird die Migrationskontrolle auch auf das Internet ausgeweitet. Facebook, WhatsApp und Google Maps spielen auf der Flucht eine besondere Rolle, was die Ausforschung der Sozialen Netzwerke auch für Polizei und Geheimdienste interessant macht. Doch auch antirassistische Initiativen nutzen digitale Medien zur Verbreitung unabhängiger Informationen.

    Freitag, 26. Januar 2018, 19.30 Uhr in der c-base, Rungestraße 20, Berlin-Mitte (S- und U-Bhf Jannowitzbrücke, Zugang auch entlang der Spree )

    Die Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP widmet ihre Ausgaben immer wieder der Migrationskontrolle. Im aktuellen Heft resümiert Anna Biselli von Netzpolitik.org neue technischen Maßnahmen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Asylverfahren. Britta Rabe vom WatchTheMed-Alarmphone erläutert in der Veranstaltung die Bedeutung von Mobiltelefon und Internet auf der Flucht und die Begehrlichkeiten zu ihrer Überwachung.

    Veranstaltet vom Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V.

  • Crowdwork: Selbstständig? Abhängig! | ZEIT Arbeit
    http://www.zeit.de/arbeit/2018-01/crowdwork-selbststaendigkeit-digitale-arbeit-arbeitsbedingungen-interview/komplettansicht

    Es gibt noch üblere Jobs als Taxifahren. Solche, von denen man nicht einmal seine Miete zahlen kann.

    Klickarbeiter bekommen Aufträge über Onlineplattformen und werden dort auch von ihren Kunden bewertet. Wie beeinflusst dieser Arbeitsmarkt künftig traditionelle Berufe?

    Interview: Johanna Ritter 18. Januar 2018, 9:33 Uhr 26 Kommentare

    Schätzungsweise arbeiten zwischen 1.000 bis 5.000 Menschen hauptberuflich auf Plattformen, zeigt eine neue ver.di-Studie.

    Christine Gerber erforscht am Wissenschaftszentrum Berlin die Arbeitsbedingungen in der Plattformökonomie. Für ihr Projekt „Zwischen digitaler Bohème und Prekarisierung. Arbeit und Leistung in der Crowd“ hat sie Plattformbetreiber und Crowdworker interviewt.

    Christine Gerber: Unsere Forschung knüpft an die populäre Annahme an, dass gerade junge Arbeitnehmer flexibel, selbstbestimmt und unabhängig von einem festen Arbeitsplatz arbeiten wollen – ohne sich starren Hierarchien zu fügen. Vor allem die Internet- und Start-up-Branche zelebriert die sogenannte digitale Bohème und verspricht so arbeiten zu können, wie es einem passt. Die digitalen Technologien ermöglichen diese Form der Arbeit und befördern sie. So kann man sich auf Crowdwork-Plattformen einfach anmelden und dann Jobs bearbeiten, die Auftraggeber auf der Plattform anbieten. Manchmal kann man die Jobs in wenigen Minuten abarbeiten und hat ein bisschen was dabei verdient. 

    ZEIT ONLINE: Sie beschäftigen sich aber auch mit den Gefahren dieser Arbeit. Wie sehen die aus?

    Gerber: Die Jobs sind prekär. Die digitalen Arbeiter haben nicht den arbeitsrechtlichen Schutz wie abhängige Beschäftigte. Sie haben keinen Kündigungsschutz, keinen bezahlten Urlaub, keinen Mutterschutz und keinen Lohn, wenn sie krank werden. Die Crowdworker sind als Selbstständige registriert. Gleichzeitig bestimmen aber die Plattformen darüber, wie die Arbeit organisiert und strukturiert ist: Sie definieren die Aufgaben und Vergütung, sie legen fest, über welche Kanäle man kommunizieren kann und nach welchen Kriterien die Arbeiter oder ihre Arbeit bewertet und bezahlt werden. Vieles bleibt für die Crowdworker selbst intransparent.

    ZEIT ONLINE: Sie nennen das deshalb auch abhängige Selbstständigkeit.
    Gerber: Genau, das ist das neue an diesen Plattformen: Es ermöglicht den Auftraggebern, auf Arbeitskraft für ganz kurze Zeiten und überall auf der Welt zuzugreifen, ohne jemanden dafür einstellen zu müssen. Und gleichzeitig wird die Arbeit mit neuen Technologien bewertet, kontrolliert und kommuniziert, auf die die Crowdworker selbst wenig Einfluss haben. 

    ZEIT ONLINE: Wie funktioniert die Vergabe von Jobs genau?
    Gerber: Auf Mikroplattformen werden Jobs erledigt, die schnell gemacht sind und für die man kaum professionelles Vorwissen braucht. Man schreibt etwa kurze Texte über Produkte, kategorisiert Bilder oder sucht Fehler in Apps. Pro Job gibt es immer nur ein paar Euro oder Centbeträge. Die Arbeit wird danach mit Sternen oder in Prozent bewertet. Nur wer eine hohe Bewertung hat, bekommt besser bezahlte Jobs.

    „Für Aktivität in der Community gibt es Belohnungen: kein Geld, aber zum Beispiel einen virtuellen Award.“ Christine Gerber

    ZEIT ONLINE: Es gibt aber auch Plattformen, auf denen größere Jobs vermittelt werden.

    Gerber: Auf den sogenannten Makroplattformen gibt es vor allem Arbeit im Bereich Design oder Softwareentwicklung. Da kann man mehrere Hundert Euro verdienen oder sogar Zehntausende, wenn man einen Wettbewerb gewinnt. Die Mitglieder bilden hier eine Community, die sich gegenseitig bewertet. Das funktioniert zum Teil ganz ähnlich wie auf Facebook oder anderen sozialen Netzwerken, mit Likes und Kommentaren. Für Aktivität in der Community gibt es Belohnungen: kein Geld, aber zum Beispiel einen virtuellen Award. Das kann indirekt dazu führen, dass man bessere Aufträge bekommt, weil man sichtbarer wird. Einerseits entsteht hier also eine Gemeinschaft, andererseits stehen die Mitglieder dieser Community im Wettbewerb zueinander.

    ZEIT ONLINE: Bewertungen setzen die Arbeiter unter Druck. Ist das der einzige Grund, warum Sie Crowdworking problematisch finden?

    Gerber: Nein. Viele Crowdworker stört, dass sie nicht wissen, nach welchen Kriterien sie bewertet werden. In der Offlinewelt kann man bei schlechtem Feedback den Chef oder den Kunden ansprechen und herausfinden, was los ist. Wenn aber auf der Plattform eine Arbeit abgelehnt wird oder eine Person im Gesamtranking fällt, wissen die Crowdworker oft nicht, warum. Mit dem eigentlichen Auftraggeber haben sie nie Kontakt. Manchmal kann man sich nicht einmal beschweren, wenn man einen Job gemacht hat, der dann doch nicht bezahlt wird. Und während man ein schlechtes Praktikum einfach vom Lebenslauf streichen kann, ist es nicht möglich, eine schlechte Bewertung zu streichen. Das ist wie bei Airbnb oder Tripadvisor, so was wird man nicht mehr los.

    ZEIT ONLINE: Wie es zu einer schlechten Bewertung kommt, weiß man also nicht? 

    Gerber: Die Bewertung nach jeder Aufgabe sieht der Crowdworker. Wichtig ist in einer solch kompetitiven Umgebung, wer eigentlich bewertet und inwiefern sich gegen unfaire Bewertungen gewehrt werden kann. Zudem fließen oftmals andere Kriterien in die Bewertung ein, die für die Crowd häufig nicht transparent sind. Es gibt aber ein paar Kriterien, die wir kennen. Zum Beispiel fließt auf einigen Plattformen in die Bewertung ein, wie aktiv man auf der Plattform ist und wie schnell man antwortet. Man muss also ständig online und arbeitsbereit sein, sonst sinkt die Reputation und damit auch die Chance auf besser bezahlte Jobs.

    Auf diesem Arbeitsmarkt interessiert niemanden, wie lange man vorher arbeitslos war

    ZEIT ONLINE: Auf einer Plattform begegnen sich Auftraggeber und Auftragnehmer meist anonym. Niemand weiß bei der Vergabe eines Jobs, ob man zum Beispiel Mann oder Frau ist oder welche Hautfarbe man hat. Ist das nicht ein Vorteil?

    Gerber: Tatsächlich geben viele Crowdworker an, dass sie auf den Plattformen arbeiten, weil der Zugang zu diesem Arbeitsmarkt so einfach ist. Anders als sonst interessiert beispielsweise niemanden, wie lange man vorher arbeitslos war. Aber es liegt eben auch wieder in der Hand der Plattformen, was über die einzelnen Crowdworker preisgegeben wird. Manchmal erfährt man auch das Geschlecht oder den Arbeitsort. Und auf einigen Plattformen können wir schon beobachten, dass Auftraggeber nach Geschlecht oder Herkunft auswählen und etwa Frauen bei IT-Aufträgen benachteiligen. Ähnlich ist es mit Design-Aufträgen, da möchten Auftraggeber dann oft doch lieber eine Arbeit aus Italien als aus Indien.
    Flaschensammeln im Internet

    ZEIT ONLINE: Warum arbeiten Menschen auf den Plattformen?
    Gerber: Manche verdienen sich neben einem Hauptberuf, der Kindererziehung oder dem Studium ein Taschengeld hinzu, andere finanzieren sich auf diese Weise die Sozialversicherung, die sie als Freiberufler selbst organisieren müssen. In Deutschland verdienen sich die meisten wohl nicht ihr Haupteinkommen darüber. Dennoch zeigt sich ein zentrales gesellschaftliches Problem: Der erste Job reicht heute oft gar nicht mehr als Einkommensquelle. Viele sagen, dass sie nur übergangsweise auf der Plattform arbeiten. Umfragen von Gewerkschaften zeigen auch, dass die Meinung über diese Art von Arbeit sinkt, wenn die Leute erst einmal ein bis zwei Jahre auf den Plattformen aktiv sind.

    ZEIT ONLINE: Wie alt sind die Menschen, die so arbeiten?

    Gerber: Es gibt noch nicht sehr viele und sichere Zahlen über die Crowdworker in Deutschland. Die Plattformen schätzen, dass die Leute meist zwischen 20 und 35 Jahre alt sind. Wir haben aber auch mit älteren Arbeitern gesprochen.

    ZEIT ONLINE: Und was kann man verdienen?

    Gerber: Wir schätzen, dass die meisten auf den Mikroplattformen etwa zehn Stunden pro Woche arbeiten und zwischen 100 und 500 Euro im Monat verdienen. Nicht miteingerechnet ist allerdings, dass man auch mal umsonst arbeitet. Das passiert vor allem am Anfang vielen, weil sie nicht schnell genug einen Fehler in einer App finden oder sich erst einmal einarbeiten müssen, um einen Text nach den Kriterien des Auftraggebers schreiben zu können. Außerdem schwankt die Auftragslage häufiger.
    Crowdworking ist wie Flaschensammeln im Internet

    ZEIT ONLINE: Sie haben viele Interviews mit Crowdworkern geführt für Ihr Forschungsprojekt Zwischen digitaler Bohème und Prekarisierung. Arbeit und Leistung in der Crowd. Wie sehen Crowdworker denn selbst ihre Situation?

    Gerber: Ein Crowdworker hat mir im Gespräch gesagt, seine Arbeit sei wie Flaschensammeln im Internet. Aber es gibt auch ganz andere Meinungen. Wer zum Beispiel erfolgreich auf einer Makroplattform ist oder wer sich eben nur ein paar Euro dazuverdient, der sieht sich sicher nicht als prekär oder abhängig. In Niedriglohnländern mit ohnehin schlechter Arbeitsmarktlage wird Crowdwork oftmals als Chance betrachtet. Die Gruppe ist sehr heterogen. Interessant ist, dass viele sich nicht als Crowdworker bezeichnen, sondern eher als Kreative oder Freelancer. Auch die Plattformen sprechen lieber von User als von Crowdworker. Es gibt also bislang keine gemeinsame Klassenidentität als „digitales Proletariat“.

    ZEIT ONLINE: In London haben im vergangenen Jahr die Fahrradkuriere eines Essenslieferdiensts gestreikt. Auch in deutschen Städten organisieren sich die Fahrer von Lieferdiensten. Sehen sich auch die Crowdworker auf den Onlineplattformen als Gemeinschaft?

    Gerber: Ich sehe zu den Kurieren einen großen Unterschied. Diese Fahrer sehen sich auf der Straße und die erkennen sich auch. Aber die Crowdworker, die nur im Netz arbeiten, kennen einander kaum. Ein Problem ist auch, dass ihre Motive so unterschiedlich sind, da entsteht selten das Gefühl, gemeinsame Interessen zu haben. In den USA gibt es verschiedene Netzwerke, auf denen sich Crowdworker untereinander austauschen können. In Deutschland gibt es bislang kaum Ansätze der Selbstorganisierung. 

    ZEIT ONLINE: Wie könnten sich die Arbeitsbedingungen verbessern?

    Gerber: Die Gewerkschaften sind daran interessiert, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Man kann etwa bei ver.di und der IG Metall auch als Soloselbstständiger Mitglied werden, sie bieten Beratungsmöglichkeiten für Crowdworker und sind auch im Gespräch mit den Plattformen. Bisher kamen dabei aber nur freiwillige Selbstverpflichtungen der Plattformen heraus. In den sogenannten Grundsätzen für bezahltes Crowdsourcing/Crowdworking verpflichten sich acht große deutsche Plattformen beispielsweise auf faire Bezahlung und Möglichkeit zur Kommunikation mit der Plattform.

    „Die Gefahr ist, dass ein freier Fernsehabend oder die Zigarettenpause auf der Arbeit selbst zur Arbeit wird.“ Christine Gerber

    ZEIT ONLINE: Bislang arbeiten in Deutschland laut einer neuen ver.di-Studie schätzungsweise nur 1.000 bis 5.000 Menschen hauptberuflich auf Plattformen. Ist das Phänomen einfach zu klein?

    Gerber: Momentan spielt Crowdwork in der ganzen Debatte um Industrie 4.0 in Politik und Wirtschaft eher eine untergeordnete Rolle. Ich denke auch, dass das Phänomen limitiert ist, viele Arbeiten von den Mikroplattformen werden sicher bald automatisiert von Rechnern erledigt. Zudem sind die Aufgaben und Informationen, die Unternehmen an Externe preisgeben, begrenzt. Die Gefahr liegt aber darin, dass Arbeit immer weiter entgrenzt und durch die digitalen Technologien ein freier Fernsehabend oder die Zigarettenpause auf der Arbeit selbst zur Arbeit wird. Zudem beeinflusst Crowdwork auch traditionelle Beschäftigungsverhältnisse.

    ZEIT ONLINE: Inwiefern sind andere Jobs betroffen?
    Gerber: Es könnten Tarifbereiche unter Druck geraten, weil die Crowdwork günstiger angeboten wird. Aber diese neuen Arten Arbeit zu organisieren und zu bewerten, färbt auch auf traditionelle Beschäftigungsverhältnisse ab. So können die in der Crowd erprobten Ansätze der Jobvergabe und Rankings beispielsweise auch in normalen Betrieben Einzug erhalten. Crowdwork ist ein Experimentierfeld für die Arbeit der Zukunft.

    #clickworking #Tagelöhner #Gewerkschaft #disruption

  • Zerstörte Lebensfreude | Telepolis
    https://www.heise.de/tp/features/Zerstoerte-Lebensfreude-3935295.html?seite=all

    Unverschleiert: Mit einer Fotogruppe bei Facebook soll vor einer Ausbreitung des Scharia-Islams in Europa gewarnt werden

    Es führt kein Weg mehr an ihnen vorbei. In der Werbung hielten sie Einzug, in der Modewelt, bei politischen Kampagnen dürfen sie nicht fehlen, als Sportlerin deswegen - und zwar nur deswegen - gefeiert, sogar als Puppe kommen sie in die heimischen Kinderzimmer: verschleierte Frauen und Mädchen.

    Unter dem Schlagwort „neue Vielfalt“ wurden sie als Zeichen der Toleranz und der Selbstbestimmung etabliert. Der Schleier ist das „Neue“ an dieser Vielfalt. Damit ist dann das Thema „muslimische Frau“ abgefeiert. Doch Überraschung: Auch Musliminnen wachsen keine Tücher auf dem Kopf - sondern Haare.
    Frauen aus allen Schichten und jeden Alters

    Das beweisen die vielen Fotos aus den verschiedensten, heute streng islamischen Ländern, bzw. der Türkei, die aktuell in Lichtgeschwindigkeit islamisiert wird, die in der Facebook-Gruppe „Before Sharia spoiled everything“ (Bevor die Scharia alles verdarb, Gruppengründer Emrah Erken bevorzugt allerdings die Übersetzung: „Bevor die Scharia die Lebensfreude wegnahm“) zur Schau gestellt werden.

    Darauf sind berühmte Frauen zu sehen, aber auch „ganz normale“ Frauen, Bäuerinnen, Arbeiterinnen, Lehrerinnen mit ihren Schulklassen, feiernde Frauen, Schwimmerinnen, Frauen aus allen Schichten und jeden Alters; darunter viele private Fotos, die von den Mitgliedern hochgeladen wurden.

    Darauf zu sehen sind indes nicht nur Frauen, sondern es sind Hochzeitsbilder der eigenen Eltern oder Großeltern, Aufnahmen von Schulklassen, tanzenden Paaren, etc.. Der Fokus liegt allerdings auf unverschleierten Frauen. Die Fotos verdeutlichen, dass die dortigen heute streng muslimischen Gesellschaften noch vor einigen Jahrzehnten von westlichen kaum zu unterscheiden waren.
    Eine Debatte über das Tabu-Thema anstoßen

    Es werden nicht nur Fotos gezeigt in der Gruppe, sondern es wird auch diskutiert - und das durchaus kontrovers. Emrah Erken möchte mit diesen Fotos herausfordern und eine Debatte über das Tabu-Thema (fundamentaler) Islam in Europa anstoßen.

    Innerhalb von 24 Stunden wuchs die Gruppe auf mehr als 1.000 Mitglieder an, die meisten davon in Europa lebende Menschen mit familiären Wurzeln in heutigen muslimischen oder muslimisch geprägten Staaten. So auch der Gründer der Gruppe, der türkisch-stämmige Schweizer Anwalt und Islam-Kritiker Emrah Erken. Sie alle sind in Sorge wegen der rasanten Ausbreitung des fundamentalen Islams auch in Europa.

    Es werden Fotos gezeigt, die genauso gut in New York, Berlin oder London aufgenommen worden sein könnten. Da es sich um historische Aufnahmen handelt, sind es schwarz-weiß Fotos und die darauf abgebildeten Personen nicht als Musliminnen und Muslime zu erkennen.

    Waren sie vielleicht auch gar nicht, denn bevor der Islam zur Staatsreligion wurde, gab es durchaus andere Konfessionen. Oder auch - Inshallah! - Konfessionslose, also Ungläubige! Sie alle konnten unbehelligt leben, lieben, lachen, feiern …

    Die Frauen auf einigen Fotos sehen aus wie meine Mutter - Textilarbeiterin und streikerprobte Gewerkschafterin - und ihre Kolleginnen. Andere wie meine Mutter und meine Tanten, wenn sie sich schick machten, um auszugehen. Vorbilder, hier wie dort, waren vermutlich zeitgenössische US-amerikanische weibliche Filmstars. Das heißt nicht, dass diese Frauen keine Probleme gehabt hätten - vermutlich dieselben, die auch unsere Mütter und Tanten hatten, und die wir heute noch haben.

    Auch Nicht-Verschleierung ist kein Garant für ein Frauenleben ohne Benachteiligung, Diskriminierung und Gewalt. Aber ein Problem hatten diese Frauen damals definitiv nicht: Religiösen Zwang. Sie mussten somit nicht unter permanenter Bedrohung an Leib und Leben von Staats wegen leben. Denn das ist der fundamentale Islam: Eine Bedrohung an Leib und Leben für Frauen, ethnische Minderheiten, Angehörige anderer Konfessionen, Homosexuelle und Oppositionelle.
    Eine politische Macht

    Jede Frau in islamischen Staaten ist an Leib und Leben bedroht, sobald sie es wagt, das eng gesteckte Korsett, in das sie qua Geschlecht gepresst wird, zu lockern - und sei es unwillentlich oder versehentlich. Diese Bedrohung von Frauen, Homosexuellen, Angehörigen von ethnischen und religiösen Minderheiten muss in Europa als politische Verfolgung anerkannt und den Betroffenen umstandslos Asyl gewährt werden.

    Denn der fundamentale Islam ist keine Religion, sondern eine politische Macht - und zwar mit Weltmacht-Ambitionen. Alle entsprechenden Tendenzen in Europa müssen rigoros unterbunden werden.

    Um jene zu schützen, die aus den islamischen Staaten geflohen sind, um der Verfolgung zu entkommen, und um die europäischen Gesellschaften zu schützen. Wir müssen nicht so tun, als ob europäische Gesellschaften perfekt wären - insbesondere für Frauen - aber wir sollten aufhören, so zu tun, als ob wir nichts zu verlieren hätten.
    Das seidene Band des Dschihad

    Die muslimischen Gesellschaften haben sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Das deutlichste Zeichen dafür ist der Hijab (muslimisches Kopftuch) sowie andere und strengere Formen der Verschleierung, die in den vormals säkularen Gesellschaften den Wandel zum islamischen Staat markieren.

    Je mehr verschleierte Frauen, desto strenger das religiöse Regiment. Der Schleier dient im fundamentalen Islam dazu, Frauen in zwei Klassen einzuteilen: Die züchtig verhüllte, devote Heilige und die Hure, die zum Freiwild freigegeben ist. Eine Sicht auf Frauen, die streng islamisch sozialisierte Männer auch in der europäischen Gesellschaft haben oder in diese hineintragen.

    Eine Veränderung also, die aktuell auch in westlichen Gesellschaften zu beobachten ist. Jede verschleierte Frau, jedes verschleierte Mädchen ist zugleich Sieges-Trophäe und Markenzeichen des fundamentalen Islams. In bundesdeutschen Großstädten sind Grundschülerinnen im Niqab längst keine Seltenheit mehr.

    Der Schleier ist das seidene Band des Dschihad, an das die Frauen und Mädchen gebunden sind. Ein kluger Schachzug, denn wer wird es wagen, eine Frau mit Kopftuch oder gar Vollverschleierung zu kritisieren? Die Rechnung geht auf.

    Statt diese „Geschlechter-Apartheid“, wie sie muslimische Kritikerinnen und Kritiker nennen, entrüstet abzulehnen, wird sie, wie gesagt, als Vielfalt und Fortschritt gefeiert. Feministinnen feiern als Zeichen der Solidarität Verschleierungs-Feste, möglichst am Internationalen Frauentag; und alle, die die mobilen Stoffgefängnisse kritisieren, die einzig und allein dazu dienen, Frauen von der Gesellschaft zu separieren, müssen sich den Vorwurf „Rassismus“ gefallen lassen.

    Selbst jenen, denen die Entwicklung Unbehagen bereitet, gelten die verschleierten Frauen als sakrosankt. Die Organisation Terre des Femmes (TdF) erntete einen Sturm der Entrüstung, nachdem beschlossen wurde, ein generelles Verbot der Verschleierung für minderjährige Mädchen in Deutschland zu fordern.

    Die Frauen dürften nicht Gegenstand politischer Debatten, geschweige denn Ziel politischer Kampagnen sein, heißt es. Warum nicht? Verschleierte Frauen sind keine unzurechnungsfähigen Wesen - im Gegenteil, diejenigen, die uns als „muslimische Feministin“ mit Hijab oder Vollverschleierung in den Talkshows und auf Podien politischer Parteien vorgeführt werden, wissen genau, was sie tun.

    Sie sind keine Feministinnen, sondern Missionarinnen. Propagandistinnen einer repressiven Ideologie. Genauso wie Frauen dafür kritisiert werden können, wenn sie Mäntel aus echtem Tierfell tragen, können sie für Verschleierung kritisiert werden.

    Schließlich signalisieren sie damit, dass sie die Unterdrückung von Zig-Millionen Frauen in den muslimischen Gesellschaften in Kauf nehmen. Ein Verstoß gegen das Verschleierungs-Gebot kann z. B. im Iran oder in Saudi-Arabien drastische Folgen für die Frauen haben, bis hin zum Verlust ihrer physischen Existenz.
    Rückschritt wird als Fortschritt gefeiert

    In der Diskussion über den fundamentalen Islam, insbesondere über die Verschleierung, höre ich immer wieder: „Unsere Großmütter trugen auch ein Kopftuch.“

    Stimmt, meine Großmütter trugen auch Kopftuch. Beide. Aber nicht als religiöses Zeichen, denn dann wären sie Nonnen geworden und nicht meine Großmütter, schon gar nicht als Markenzeichen des religiös-politischen Fundamentalismus mit Weltmacht-Ambitionen und auch nicht als Zeichen der (Selbst)Unterwerfung. Sondern sie trugen es als Schutz gegen Wind und Wetter, wie es auch heute viele Frauen überall auf der Welt tun.

    Meine Mutter und meine Tanten trugen Kopftuch. Ebenfalls als Wetterschutz, aber auch, weil es als „mondän“ galt. Die bereits erwähnten US-Schauspielerinnen trugen sie, es kennzeichnete Damen mit Stil, also benutzten meine Mutter und meine Tanten bunte Tücher, wenn sie sich schick machen wollten.

    Auch mir wurde als Kind ein Kopftuch umgebunden, sobald ich das Haus verließ. Später, selbst Mutter, habe ich verstanden, wie wichtig dieser Schutz gerade für Kleinkinder ist.

    Meine Großmütter trugen also beide Kopftuch. Meine Großmütter haben beide zwei Weltkriege erlebt, den Ersten Weltkrieg selbst als Kind, den Zweiten Weltkrieg als Mutter. Die eine war allein mit zwei kleinen Töchtern und ziemlich auf sich selbst gestellt, die andere war Mutter sieben eigener Söhne plus zweier Stieftöchter. Als der jüngste Sohn - mein Vater - eingeschult wurde, musste der Älteste als Flakhelfer in den Krieg ziehen. Mit 16 Jahren gehörte er unfreiwillig zu des „Führers letztem Aufgebot“.

    Ob meine Großmütter sich den Mann selbst aussuchen durften, mit dem sie bis zu dessen Tod zusammenlebten und mit dem sie Kinder bekamen, oder aus irgendwelchen Erwägungen, die mit ihnen als Person nichts zu tun hatten, mit diesem verheiratet wurden, weiß ich nicht. Was ich aber weiß, ist, dass zu Zeiten als unsere Großmütter Kopftuch trugen, Zwangsheiraten durchaus üblich waren. „Arrangierte Ehen“ ist das wohlklingendere Wort dafür.

    Als meine Großmütter heirateten und auch später, als meine Mutter und meine Tanten Kopftuch trugen, durften sie kein eigenes Konto besitzen, durften ohne Zustimmung des Vaters, später des Ehemannes, nicht berufstätig sein und keinen Führerschein machen. Das galt bis 1977 - ein Jahr, nachdem ich selbst meine Berufsausbildung begonnen habe.

    Meine Großmütter, meine Mutter und Tanten und auch die jungen die Frauen meiner Generation mussten, wenn sie ungewollt schwanger wurden und das Kind nicht austragen wollten, es sich von Quacksalbern auf dem Küchentisch in Hinterzimmern heruntergekommener Etablissements „wegmachen“ lassen. Erst 1992 verabschiedete der Bundestag die sogenannten „Fristenlösung“, nach der ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten 12 Wochen straffrei ist.

    Bis 1975 hatten Mütter kein Sorgerecht für ihre Kinder, auch nicht nach der Scheidung. Dieses wurde automatisch dem Vater zugesprochen, obwohl die Kinder zu fast 100% bei der Mutter lebten. Ledige Mütter galten als „gefallene Mädchen“.

    Bis 1997, da waren unsere Großmütter bereits verstorben, unsere Mütter trugen schon lange keine Kopftücher mehr und die Frauen meiner Generation bereits wieder geschieden, war Vergewaltigung in der Ehe kein Straftatbestand, sondern die „ehelichen Pflichten“, zu denen auch der „Beischlaf“ gehörte, waren gesetzlich festgeschrieben.

    Unsere Großmütter trugen also Kopftuch. Jede, die dieses Argument in die Kopftuch-Debatte wirft, sollte sich überlegen, ob sie wirklich das, was unsere Großmütter und die Frauen ihrer Generation sonst noch (er)trugen, Frauen und Mädchen, die das Pech haben, in streng muslimische Gesellschaften oder Familien hineingeboren zu werden, zumuten möchten.

    Geschweige denn, ob sie das als Zukunftsmodell für die gesamte Gesellschaft erachten. Wie gesagt, wir sollten nicht so tun, als ob unsere Gesellschaft perfekt wäre, aber wir sollten aufhören, so zu tun, als ob wir nichts zu verlieren hätten.
    Keine Macht den religiösen Institutionen

    (Nicht nur) Frauen meiner Generation haben erlebt, wie der Einfluss der Kirchen zurückgedrängt werden konnte. Wenn er auch für meinen Geschmack noch viel zu groß ist. Aber wir haben die Kruzifixe rausgeschmissen aus unseren Klassenzimmern, haben rebelliert gegen Schulgottesdienst, das Gebet vor dem Essen abgeschafft, auf die kirchliche Trauung gepfiffen und unsere Kinder nicht taufen lassen.

    Wir können uns über Religionen lustig machen, ohne dafür hart, eventuell sogar mit dem Tod, bestraft zu werden. Wenn alle Kinos in Nordrhein Westfalen z. B. am Karfreitag den Monty-Python-Klassiker „Das Leben des Brian“ vorführen würden, müssten sie mit einer Ordnungsstrafe rechnen, weil es dort auch im Jahre 2017(!) noch verboten ist, nicht aber mit einer Armee Sittenwächter, die die Vorführung mit brachialer Gewalt abbrechen.

    Wir können sogar an Karfreitag, dem höchsten christlichen Feiertag, tanzen, obwohl auch das immer noch strikt verboten ist, ohne uns in Lebensgefahr zu begeben.

    Wollen wir das alles, was wir so mühselig erkämpft haben, und das auf mehr als wackeligem Boden steht, wirklich aufs Spiel setzen? Schon jetzt ist zu beobachten, dass im Windschatten des fundamentalen Islams die christlichen Verbände wieder Aufwind bekommen. Es ist kein Zufall, dass im vergangenen Jahr wieder eine Ärztin wegen ihrer Haltung zu Schwangerschaftsabbrüchen vor den Kadi gezerrt wurde.

    Nicht nur in den muslimischen Ländern gilt: Je mehr Macht Religion und religiöse Instanzen in einer Gesellschaft eingeräumt wird, desto mehr werden die Menschenrechte - zuerst die Rechte der Frauen, Minderheiten und Angehörigen anderer Konfessionen oder Konfessionslosen - eingeschränkt.

    Je mehr Macht die Kirchen/Konfessionen haben, desto trister und eintöniger wird eine Gesellschaft. Wer sich das nicht vorzustellen vermag, ist herzlich eingeladen, sich die Fotos in der Facebook-Gruppe „Before Sharia spoiled everything“ anzusehen und sie mit aktuellen Aufnahmen aus Bagdad, Kabul oder auch der Türkei zu vergleichen.

    #femmes #religion