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  • 21. und 22. April 1945: Die Schlacht um Berlin geht in ihre Endphase
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/21-und-22-april-1945-die-schlacht-um-berlin-geht-in-ihre-endphase-l

    22.4.2025 von Ingar Solty - Heute vor 80 Jahren wurde bitterlich um die Hauptstadt gekämpft. Eine Rekonstruktion.

    Bei dieser historischen Rekonstruktion der letzten Phase des Zweiten Weltkriegs, von Ingar Solty verfasst, handelt es sich um eine vierteilige Reihe. Dies ist der dritte Teil.

    Es ist der 21. April 1945 und die Schlacht um Berlin erreicht die Innenstadtbezirke. Der „Völkische Beobachter“ lügt noch am selben Tag, dass „in der Zeit von 9 bis 16 Uhr ein Übungsschießen einer Flakbatterie im Norden Berlins“ stattfinden werde. Als dann um 11.30 Uhr Artilleriefeuer russischer Kanonen bereits den Hermannplatz in Neukölln und damit erstmalig Innenstadtboden erreicht, löst dies eine Massenpanik aus. Am Ende des Tages ist der Ring um Berlin fest geschlossen. „Angenagelt zwischen Müggelsee und Havel, zwischen den sandigen Heideflächen des Barnim im Norden und den Kiefernwäldern des Teltow im Süden“, schreibt später der Kriegsschriftsteller Theodor Plivier, „blieben Million Frauen und Männer und Kinder und warteten auf die Sintflut.“

    Am Folgetag, als im Telegrafenamt in der Oranienburger Straße das letzte Telegramm eintrifft (aus Tokio: „Viel Glück für euch alle“), erklärt Goebbels, dass „alle, die weiße Fahnen hissen, erschossen werden“. Am Abend desselben Tages wird im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt noch einmal die „Zauberflöte“ aufgeführt, während die Ostfrontlinie durch das Vorrücken der Roten Armee nun mittlerweile bereits entlang der Linie Lichtenberg – Niederschönhausen – Frohnau verläuft. Die Innenstadtbezirke werden nun unter direkten Dauerbeschuss genommen, erwidert mit Dauerfeuer vom Flakturm im Friedrichshain. „Fontänen aus Pflastersteinen, aus Asphaltstücken, aus Dreck stiegen aus den Berliner Straßen auf. Schwere Granaten aus Fernkampfgeschützen rissen Breschen in ganze Häuserfluchten. Die Bevölkerung saß in den Kellern mit Koffern und Betten und ihrer ganzen Habe und konnte die Keller eigentlich nicht verlassen und mußte es doch tun, und wenn schon zu keinem anderen Zweck, als um Wasser zu holen. Man konnte das Leben riskieren, aber ohne Wasser konnte man nicht leben“, schreibt Plivier. Einen Tag später schiebt sich die Front im Osten nach Friedrichshain vor.

    Die Rote Armee ist bis dahin auf der östlichen Verlängerung der Frankfurter Allee vorgerückt, die zum 30. Jahrestag des Kriegsendes den Namen „Straße der Befreiung“ erhalten, nach 1990 dann aber wieder in das zuvor kaum gebräuchliche „Alt-Friedrichsfelde“ umbenannt wird. Seit 2015 bemüht sich die Linke um eine Rückumbenennung.
    Von Teilen der Bevölkerung kann die Rote Armee Unterstützung erwarten

    Jetzt, am 23. April, liegt der Frontverlauf entlang der Linie Tegel – Humboldthain – Wollankstraße – S-Bahnhof Schönhauser Allee – Friedrichshain, entlang des S-Bahn-Ringes vom Bahnhof Landsberger Allee bis Frankfurter Allee – Teltow-Kanal. Während nördlich von Berlin die Rote Armee bei Oranienburg das KZ Sachsenhausen mit etwa 3000 zurückgelassenen Kranken, aber auch Pflegern und Ärzten befreit und in Berlin-Mitte in der Invalidenstraße die SS Widerstandskämpfer erschießt, beginnen nun die Kämpfe der 5. Stoßarmee um den Zentral-Vieh- und Schlachthof an der Storkower Straße und – am S-Bahn-Ring an der Frankfurter Allee liegend – rückte die Rote Armee am selben Tag in Richtung Wilhelmstraße und Berliner Machtzentrum vor, allerdings auf die parallele Scharnweberstraße ausweichend, um dem Beschuss der Frankfurter Allee durch SS-Verbände im Flakbunker auszuweichen.

    8. Mai 1945, Berlin, sowjetische Panzer: nach Tagen heftiger Kämpfe kapitulierte die deutsche Armee

    8. Mai 1945, Berlin, sowjetische Panzer: nach Tagen heftiger Kämpfe kapitulierte die deutsche ArmeeWorld History Archive/imago

    „Sie gingen in voller Breite durch die Häuser und schossen sich die Giebel frei – Haus für Haus“, notiert der kommunistische Widerstandskämpfer Erwin Reisler in sein heimlich geführtes Tagebuch.

    Während der sowjetische Frontkorrespondent Boris Polewoi die strategische Orientierung so beschreibt: „Die Gefechte in Berlin, unter den spezifischen Bedingungen der Stadt, erforderten eine neue Taktik unsererseits. Jedes Haus wurde ein Bunker, jede Straße eine Verteidigungslinie. Ob man sie umging, ob man gegen ihren rückwärtigen Raum vorstieß, jedes Objekt mußte einzeln genommen werden, denn es gab keinen Platz, auf den der Gegner hätte zurückgehen können. So bildeten wir an der Front eine neue Art von Einheiten, sogenannte Sturmabteilungen: Truppenteile aus Schützeneinheiten, Panzern, Selbstfahrlafetten, mitunter auch ‚Katjuschas‘, und immer eine Pioniergruppe; die Panzer, sozusagen organisatorisch, verschmolzen mit der Infanterie. Sie wirkten nicht nur zusammen, sondern unterstützten sich aktiv im Gefecht.“

    „Der Straßenkampf“, schreibt der Oberbefehlshaber der 8. Gardearmee W.I. Tschuikow, „hat seine eigenen Gesetze, die man immer beachten muß (…). Der Gegner hockt in Kellern und Gebäuden. Kaum zeigt man sich, schon krachen Schüsse, detonieren Handgranaten.“

    Von Teilen der Bevölkerung kann die Rote Armee Unterstützung erwarten. Der deutsche Antifaschist Ernst Kehler, der als Soldat der 1. Belorussischen Front und Frontbevollmächtigter des Nationalkomitees „Freies Deutschland“ in seine Heimat zurückkehrt, beschreibt das Kriegsende so: „[Auf dem Weg] zu meinem neuen Einsatzbereich [in] Berlin-Mitte (…) waren neben weißen Fahnen in Riesenbuchstaben noch die faschistischen Losungen ‚Berlin bleibt deutsch‘, ‚Siegen oder Sibirien‘ zu erkennen. Entfernte sich der Gefechtslärm, kamen einzelne Gestalten auf die Straßen. Elend, Kriegsmüdigkeit und Verzweiflung beherrschten die Menschen. Aber ebenso unvergeßlich ist es mir, daß wir in der Uniform der Roten Armee auf unserem langen Weg von Berliner Frauen und Männern wiederholt Hinweise und Warnungen erhielten. … ‚Geht hier nicht weiter, drüben im Eckhaus liegt noch ein Schützennest.‘ Oder: ‚Nehmt den Weg durch die Hauseingänge über die Höfe. Auf der Straße ist noch kein Weiterkommen.‘“
    Das Vorrücken der Roten Armee

    Mit vielen antifaschistischen Widerstandskämpfern, die aus ihren Keller- und Laubenkolonieverstecken auftauchen, kommt es zu Verbrüderungsszenen. In Arbeiterbezirken, wie dem Wedding, macht die Rote Armee sehr schnelle Vorstöße, weil die Bevölkerung sich sicher genug fühlt, weiß und vielfach rot zu flaggen. Andernorts gelingt es deutschen kommunistischen Widerstandskämpfern in der Verkleidung von Wehrmachts- und SS-Uniformen, ganze Truppenteile zu entwaffnen oder zur Kapitulation zu bringen und außerdem Munitionsdepots zu sprengen, hohe SS-Funktionäre aus dem Reichssicherheitshauptamt in die Falle zu locken und zu erschießen und die Bevölkerung mit Lebensmitteln zu versorgen. Eine von diesen Gruppen ist die „Kampfgruppe Osthafen“, die, wie Heinz Müller in „Kampftage in Berlin“ beschreibt, aus Wohnungen in der Simon-Dach-Straße 32 und der Boxhagener Straße 22 heraus agiert. Manche der Antifaschisten bezahlen diese gefährliche Mission noch in den letzten Kriegstagen mit dem Leben.

    Die Nacht vom 23. zum 24. April verläuft ruhig. Aber dann, so schreibt Heinz Rein im Dokumentarroman „Finale Berlin“, „als das Licht des neuen Tages durchdringt, wird die Stille durch eine ungeheure Kanonade zerrissen. Es ist 5 Uhr 15 Minuten: das Trommelfeuer der rings um Berlin in den Vororten aufgefahrenen russischen Artillerie hat begonnen. Das Trommelfeuer dauert 45 Minuten, dann treten die russischen Infanterie- und Panzerverbände zum Angriff an. Vom Süden her überschreiten sie den Teltow-Kanal und dringen in Neukölln, Britz, Lichterfelde, Zehlendorf und Neubabelsberg ein, von Tegel und Reinickendorf stoßen Panzerverbände bis zum Wedding vor und stoppen ihren Vormarsch erst am Nordhafen und an der Ringbahn in unmittelbarer Nähe des Lehrter Bahnhofes, andere Panzerverbände dringen von Norden her durch den Tegeler Forst und über die Jungfernheide an den Spandauer Schiffskanal vor, überschreiten ihn trotz der Sprengung aller Brücken und dringen in Siemensstadt ein, um Fürstenbrunn, zwischen Westend und Spandau, entbrennt ein heftiger Kampf, ebenso um den Damm der Stichbahn nach Gartenfeld.“

    30. April 1945: Sowjetische Kanoniere kämpfen auf Berlins Straßen.

    30. April 1945: Sowjetische Kanoniere kämpfen auf Berlins Straßen.Ryumkin/imago
    Das Angriffsziel wird befehlsgemäß angeflogen und bombardiert

    Der Widerstand ist unterschiedlich intensiv. Die SS-Verbände, die die Parole „Pardon wird nicht gegeben!“ ausgeben, sind die einzigen, die gut ausgerüstet sind und erbitterten Widerstand leisten. Die Zivilbevölkerung wird auf dem Altar des Faschismus geopfert. „Als der Friedrichshain Kampfgebiet und die Schultheiss-Patzenhofer-Brauerei in der Landsberger Allee Ecke Tilsiter Straße (heute Richard-Sorge-Straße) verteidigt wird“, schildert Rein eine vielfach bezeugte, besonders scheußliche Episode aus der Schlacht um Berlin, „wird – um das Leben der Zivilbevölkerung zu schonen – von den Russen die Räumung des Viertels zwischen Friedrichshain und Zentralviehhof befohlen. Tausende entsteigen den dunklen Katakomben (…). Durch die Landsberger Allee und Landsberger Chaussee zieht der endlose Zug der Flüchtlinge ostwärts, mit Kinderwagen, kleinen Transportkarren, Leiterwagen, Greise und Greisinnen an Stöcken, Beinamputierte in Selbstfahrern, Kinder auf den Armen und an den Händen der Mütter, abgezehrte, verhärmte, übermüdete Menschen, ausgebrannt von Angst, geschüttelt von Entsetzen, aber bewegt von dem Willen zum Leben. Sie alle begeben sich in den Schutz der russischen Etappe, um sich vor den Granaten der eigenen Landsleute in Sicherheit zu bringen (…). – Die Landsberger Chaussee ist eine breite Straße, sie stößt zwischen Lauben, Gärten, Feldern und Neubausiedlungen aus der Enge der Stadt ins offene Land hinaus. Nicht nur die Flüchtlinge sind auf ihr, auf der nördlichen Straßenseite rollt der Nachschub der russischen Armee stadteinwärts (…). So wälzen sich zwei Ströme durch die Landsberger Chaussee, ostwärts die Frauen, Greise und Kinder des geschlagenen, westwärts die Söhne des siegreichen Volkes. – Da tönt von irgendwo, noch von weit her, ein Brummen, es klingt, als sei ein Schwarm von Bienen unterwegs, aber das Geräusch schwillt unheimlich schnell an, wird zum Dröhnen und Donnern. Die Menschen auf der Straße blicken verwundert auf den anfliegenden Verband, zehn, zwölf, fünfzehn, zwanzig Maschinen scheinen es zu sein, sie halten geraden Kurs auf die Straße … Russische Flugzeuge, die vom Fronteinsatz zurückkehren? Nein, das sind deutsche Maschinen vom Typ Ju 87, sie wachsen riesengroß heran, die schwarzen Kreuze auf den Tragflächen sind schon zu erkennen. Die Flüchtlinge ziehen unbekümmert weiter. Was haben sie von deutschen Flugzeugen zu befürchten? Da geschieht das Unerwartete, Unwahrscheinliche, Unglaubliche – die deutschen Sturzkampfflugzeuge stürzen sich mit aufheulenden Motoren auf den Nachschub der Russen, es kümmert sie nicht, daß auf der gleichen Straße Zehntausende von deutschen Menschen in die Zone des Hinterlandes ziehen. Das Angriffsziel wird befehlsgemäß angeflogen und bombardiert. Immer wieder stürzen sich die Stukas auf die Straße, ziehen die Maschinen singend in die Höhe und stoßen wieder wie gierige Raubvögel herab. Als sie abfliegen, bleiben an den Rändern der Landsberger Chaussee Hunderte von Toten und Verletzten zurück, deutsche Menschen, niedergemetzelt von deutschen Fliegern mit deutschen Bomben und deutschen Bordkanonen (…)“.
    Einnahme des Schlesischen Bahnhofs gestaltet sich als äußerst schwierig

    Der am Petersburger Platz aufgewachsene, spätere Bauingenieur Werner Lindner erinnert sich an diese Mordaktion: „Dann kamen andere Russen. Es waren Kampftruppen. Die schrien: ‚Alles raus, Germanski-Flieger Bombardement!‘ Alle Leute ergriffen ihr Handgepäck und flüchteten über den Viehhof, und weiter über den Bahnhof Landsberger Allee, durch die Lauben in Richtung Steuerhaus und weiter. Tatsächlich gerieten sie in einen deutschen Bombenangriff auf sowjetische Artilleriestellungen. Unterwegs sahen sie tote Menschen und Pferde liegen.“

    In Friedrichshain dringt noch am selben Tag die Rote Armee im Häuserkampf entlang der Frankfurter Allee vor, während zugleich unter schweren Gefechten am Bahnhof Wedding der Innere Verteidigungsring durchbrochen wird und das 7. Korps mit geringerem Widerstand vom Prenzlauer Berg in Richtung Alexanderplatz durchbricht sowie die 301. Schützendivision auf der Höhe Treptower Park die Spree überwindet und das Kraftwerk Rummelsburg unzerstört und betriebsfähig unter ihre Kontrolle bringt. Am frühen Nachmittag erscheint zum vorletzten Mal die Nazi-Zeitung „Der Angriff vereinigt mit Berliner illustrierter Nachtausgabe“ und titelt: „Berlins heroischer Widerstand ist ohne Beispiel“.

    Am 25. und 26. April, als sich bei Torgau an der Elbe bereits US-Soldaten und Rotarmisten begegnen, macht die 5. Stoßarmee im Berliner Osten nur geringe Fortschritte. Vor allem die Einnahme des Schlesischen Bahnhofs (heute Ostbahnhof) gestaltet sich als äußerst schwierig. Am 27. April, während Heinrich Himmler gegen den Willen Hitlers noch versucht, mit den Westmächten über eine Teilkapitulation zu verhandeln, ist jedoch auch der Bahnhof vollständig erobert und bis zum Folgetag sind auch die Gebiete um den Alexanderplatz, die Flughäfen Tempelhof und Gatow sowie Spandau, Teile von Schöneberg, Tempelhof und Kreuzberg befreit. Die Schlinge um das Regierungsviertel, Hitlers Machtzentrum, zieht sich zu. Während in Italien am 28. April Hitlers Bündnispartner Benito Mussolini mit seiner Geliebten am Comer See aufgestöbert, erschossen und seine Leiche öffentlich zur Schau gestellt wird, reduziert sich in Berlin bis zum 29. April Hitlers Machtbereich auf 25 Quadratkilometer zwischen Regierungsviertel und Tiergarten. Am selben Tag erscheint die letzte Ausgabe von „Der Panzerbär: Kampfblatt für die Verteidiger Gross-Berlins“. Am Vorabend hatte er noch getitelt: „Wir halten durch! Die Stunde der Freiheit wird kommen“.

    Ein deutscher Soldat sitzt in den Ruinen des Reichstags in Berlin, nachdem die russische Armee 1945 in die Stadt einmarschiert war.

    Ein deutscher Soldat sitzt in den Ruinen des Reichstags in Berlin, nachdem die russische Armee 1945 in die Stadt einmarschiert war.United Archives/imago
    „Alle Räume und Gänge sind belegt und verstopft mit Schwerverwundeten“

    Am 30. April bzw. am 1. Mai stehlen sich Hitler und Goebbels aus ihrer Verantwortung und nehmen sich im Führerbunker das Leben, um, so Hitler in seinem Testament vom 29. April, „der Schande des Absetzens oder der Kapitulation zu entgehen“. Hitlers Leiche wird, wie testamentarisch verfügt, „an der Stelle verbrannt“, wo er „den größten Teil meiner täglichen Arbeit im Laufe eines zwölfjährigen Dienstes an meinem Volke geleistet habe (…)“. Die Staatsführung lügt jedoch und vermeldet erst am 2. Mai, dem Tag der Kapitulation Berlins, „der Führer“ sei „beim Kampf um Berlin gefallen“. Am selben Tag hisste der Rotarmist Michail Petrowitsch Minin schon die rote Fahne auf dem Reichstagsgebäude, aufgenommen in einer berühmten Fotografie von Jewgeni Chaldej.

    „DEM DEUTSCHEN VOLKE, so leuchtete es in goldenen Lettern über dem Hauptportal des Gebäudes“, schreibt später Theodor Plivier. „Die deutschen Stämme hatten nach der Reichsgründung im Jahre 1871 hier ein gemeinsames Dach gefunden. An dem Rednerpult dieses Hauses hatten ein Bismarck, ein Bethmann Hollweg, ein Prinz Max von Baden gestanden, aber auch ein Liebknecht, senior und junior, ein Bebel und Ledebour und eine Rosa Luxemburg. Hier, aus einem Fenster der Westfassade heraus, hatte Philipp Scheidemann am 9. November 1918 die Republik ausgerufen. Es hat auch einen Reichstagsbrand und einen Reichstagsbrandprozeß gegeben. Im Qualm dieses Brandes, der den großen Sitzungssaal zerstörte und die Glaskuppel durchschlug, hatte das Dritte Reich seinen Anfang genommen, und es sah so aus, als ob es auch hier in Qualm und Feuer sein Ende nehmen sollte (…).“

    Der deutsche Schauspieler Günter Lamprecht, bekannt aus Rainer-Werner-Fassbinder-Filmen, dem „Tatort“ und der Fernsehserie „Babylon Berlin“, war als 15-jähriger Hitlerjunge beim Kampf um die Reichsbank am Werderschen Markt, wo heute das Auswärtige Amt untergebracht ist, dabei. An den 27. April erinnert er sich: „Alle Räume und Gänge sind belegt und verstopft mit Schwerverwundeten, mit Sterbenden. Das unaufhörliche Trommelfeuer und die Bombardements der letzten Tage, das widerliche Sausen der Stalinorgeln richtete sich jetzt nur noch auf den Kern, Berlin-Mitte.“ In einem Kasinoraum des Gebäudes stößt Lamprecht, der als Kurier eingesetzt war, auf „eine Theke voller Sektflaschen, auf Schinken, Würste und andere Delikatessen“, und an einem Tisch lagen sieben oder acht Menschen, darunter fünf Waffen-SS-Offiziere, „vornübergebeugt auf der Tischplatte oder hingen aus den stattlichen Sitzmöbeln seitlich heraus, fast alle Köpfe waren zerschmettert. Hier hatte der Krieg schon sein Ende gefunden. So feige Hunde, sich einfach zu verdrücken! Tags zuvor hatten solche noch Fahnenflüchtlinge, einfache Landser, an den Laternen und Bäumen aufgehängt.“

    Sowjetische Soldaten zeigen auf einen Trümmerhaufen im Hof <br><br>des Reichskanzleramts in Berlin, wo die sterblichen Überreste von Adolf Hitler (1889–1945) und seiner Frau Eva Braun (1912–1945) nach ihrem Selbstmord begraben sind.

    Sowjetische Soldaten zeigen auf einen Trümmerhaufen im Hof

    des Reichskanzleramts in Berlin, wo die sterblichen Überreste von Adolf Hitler (1889–1945) und seiner Frau Eva Braun (1912–1945) nach ihrem Selbstmord begraben sind.
    World History Archive/imago

    Sexualisierte Gewalt

    Stalin hat Wert darauf gelegt, Berlin am 1. Mai, zum symbolträchtigen internationalen Kampftag der Arbeiterklasse, zu erobern. Er ist auch getrieben von der Angst, dass sich die Berichte über Verhandlungen zwischen Hitler und den Westalliierten und gar einem gemeinsamen Krieg gegen die Sowjetunion bewahrheiten könnten. Viele Rotarmisten bezahlen dies mit dem Tod. In Teilen Berlins wird jedoch trotzdem noch am 2. Mai gekämpft, u.a. rund um die Flaktürme im Friedrichshain, die erst im Mai 1946 gesprengt werden sollen und seither unter dem Großen und Kleinen Bunkerberg („Mont Klamott“ und „Hoher Schrott“) begraben liegen, als solche 1968 von Wolf Biermann und 1983 von Tamara Danz mit der Band Silly besungen. Viele Flakhelfer sind dabei minderjährig, nicht wenige von ihnen Mädchen. Zuletzt wird auch in der Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg noch gekämpft, wo sich die SS-Einheiten in den Kellerräumen verschanzt haben. In der Nacht vom 8. zum 9. Mai unterzeichnen aber schließlich Generalfeldmarschall Keitel für die Wehrmacht, Generaladmiral von Friedeburg für die Kriegsmarine und Generaloberst Stumpff für die Luftwaffe in Karlshorst die Kapitulationserklärung. Daran erinnern wird später das „Deutsch-Russische Museum“, das aber 2022 nach Beginn des Ukrainekriegs in „Museum Berlin-Karlshorst“ umbenannt werden wird.

    Die Zivilbevölkerung zahlt für die Schlacht um Berlin einen hohen Preis. Aus Sorge um Racheaktionen seitens der russischen, ukrainischen, belarussischen usw. Soldaten für das durch den deutschen Vernichtungskrieg im Osten erlittene Leid erlässt der sowjetische Marschall Rokossowski den Befehl, dass Plünderungen und Vergewaltigungen mit Kriegsrecht oder unverzüglicher Erschießung zu ahnden seien. Wie Miriam Gebhardt in „Als die Soldaten kamen“ aufgearbeitet hat, kommt es auch zu zahlreichen standrechtlichen Erschießungen und später dann Gerichtsurteilen zu fünfjähriger Lagerhaft. Auch berichten viele, so wie Ursula Spaltowsky in ihrem Tagebuch, von ihrer Überraschung, wie wenig die sowjetischen Soldaten dem Bild der „Menschenfresser“ entsprachen, das man von ihnen gezeichnet hatte. Trotzdem sollen nach der Befreiung von Berlin bis zu 100.000 Frauen vergewaltigt worden sein, wie Helke Sander und Barbara Johr in ihrem Buch „BeFreier und Befreite“ schätzen. „Die Faktoren, die sexuelle Gewalt begünstigen“, schreibt Gebhardt, „waren offensichtlich stärker als die abschreckenden oder disziplinierenden Maßnahmen.“

    Gisela Schulz musste als Siebenjährige im Keller der Grünberger Straße 63 im Ortsteil Friedrichshain die Vergewaltigung ihrer Mutter miterleben: „Ich wusste nicht, was das war. Ich schrie und schrie und schrie. Dann hatte sie wieder eine Pistole auf der Brust, es sollte weitergehen. Aber ein Offizier schickte die Soldaten weg. Die durften das ja nicht, aber sie taten es. Die wollten sich rächen, die haben uns Deutschen nie vergessen, was wir mit denen gemacht haben. Meine Mutter war dann schwanger. Ein Arzt nahm ihr das Kind ab.“

    #Berlin #Prenzlauer_Berg #Prenzlauer_Allee #Danziger_Straße
    #Geschichte #Krieg #Befreiung #Rote_Armee

  • Der geheime SEZ-Architekt Günter Reiß: „Mir blutet das Herz, wenn ich mein Werk heute sehe“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/der-geheime-sez-architekt-guenter-reiss-li.2175883


    Für unseren Fotografen hat Günter Reiß noch einmal vor dem Gebäude posiert, das er einst entworfen hat. Leicht fiel ihm das in Anbetracht des Zustands des SEZ nicht. Foto Emmanuele Contini

    14.1.2024 von Anne Vorbringer - Dass Günter Reiß die einstige DDR-Badeberühmtheit SEZ geplant und geprägt hat, durfte lange niemand wissen. Jetzt erzählt er seine Geschichte.

    „Der Großstadtbürger verfügt heute über ausreichend Freizeit, die er zunehmend zur Erholung und Entspannung bei sportlicher Betätigung nutzt. Dem Ziel, Einrichtungen für Publikumssport und Freizeitbetätigung im Stadtzentrum von Berlin (DDR) zu schaffen, diente ein im Sommer 1977 erarbeitetes Rahmenprogramm zur Errichtung einer großzügigen Freizeitanlage.“ Dieser Text steht in einem Magazin des Bauunternehmens Hochtief aus dem Jahr 1982. Es geht darin um das SEZ an der Kreuzung Leninallee/Dimitroffstraße (heute Landsberger Allee/Ecke Danziger Straße) in Friedrichshain, das ein Jahr zuvor mit großem Pomp eröffnet worden war.

    Weiter heißt es im Heft: „Kommerzielle Überlegungen standen im Hintergrund, die erholende, entspannende, sportlich-spielerische Wirksamkeit war entscheidend. Das Sport- und Erholungszentrum wurde am 20. März 1981 nach dreijähriger Planungs- und Bauzeit fertiggestellt. Berlin wurde um ein Stück künstlerisch gestalteter Wasser- und Erholungslandschaft reicher.“

    All das ist lange her – und um das SEZ ist es inzwischen schon seit vielen Jahren schlecht bestellt. Jetzt hat der Senat als Wiedereigentümer entschieden, dass der gesamte Komplex abgerissen werden soll. Auf unseren Social-Media-Kanälen und in zahlreichen Leserbriefen, die die Berliner Zeitung in den letzten Tagen erreichten, zeigt sich jede Menge Unverständnis, Traurigkeit, Wut über die Abrisspläne.

    Es hat sich aber auch ein Mann bei uns gemeldet, der in ganz besonderer Weise mit dem SEZ verbunden ist. Günter Reiß, heute 83 Jahre alt, hat das SEZ damals als Architekt bei Hochtief maßgeblich geplant und entworfen. Sein Name ist auch im oben genannten Heft als einer der Entwurfsverfasser genannt. Offiziell aber durfte Reiß lange nicht auftauchen, besonders auf der DDR-Seite nicht. Bis heute ist häufig von schwedischen Architekten die Rede, die das SEZ geplant hätten. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, wie uns Günter Reiß beim Besuch in der Redaktion erzählt.

    Er hat die Pläne von damals mitgebracht, die Originalentwürfe für das SEZ, die seinen Namen tragen. Er breitet sie vor sich auf dem Tisch aus, dann erzählt er seine Geschichte.


    Die Entwürfe sind alle noch da: Günter Reiß zeigt Skizzen und Originalpläne vom SEZ.

    Herr Reiß, wann haben Sie zum ersten Mal von den Plänen für ein neues Sport- und Erholungszentrum in Ost-Berlin gehört?

    Das war 1977, damals arbeitete ich als Architekt bei Hochtief in West-Berlin. Dort erreichte uns ein Schreiben von der Aufbauleitung Sondervorhaben Berlin, die in der DDR prominente Bauprojekte wie den Palast der Republik organisiert hat. Der dortige Chef, Erhardt Gißke, wollte Hilfe von Hochtief bei der Planung eines multifunktionalen Zentrums für Sport und Erholung, eben das spätere SEZ. Also malten wir Pläne, warfen Kreise und Linien aufs Papier, entwarfen die einzelnen Bereiche, schickten Skizzen hin und her, von Ost nach West und zurück. Immer alles schön doppelt, damit in den DDR-Dokumenten nur die Aufbauleitung Sondervorhaben stand, und im Westen eben der West-Konzern Hochtief.

    Als Anfang 1978 die offizielle Ausschreibung vom zuständigen Außenhandelsunternehmen Limex kam, haben unsere Chefs bei Hochtief gesagt, jetzt müssen wir auf den Putz hauen. Also zeichnete ich los, Tag und Nacht, im Büro und zu Hause. In unserer Küche habe ich sogar Gardinenmuster gefärbt. Schließlich bekamen wir den Auftrag, aber mein Name durfte bei den DDR-Offiziellen nicht auftauchen.

    Warum denn nicht, schließlich waren das doch Ihre Entwürfe?

    Ich bin 1972 aus dem Ostteil der Stadt nach West-Berlin geflüchtet. Wenn herausgekommen wäre, dass ein DDR-Flüchtling beteiligt ist, hätte unser Entwurf in dem Wettbewerb keine Chance gehabt. Also wurde der Name nicht genannt. Ich war auch nie auf der Baustelle, war bei der Eröffnung nicht dabei. Ich habe das SEZ, mein Herzensprojekt, erst viel später gesehen.

    Wie konnten Sie, ohne vor Ort zu sein, so ein Prestigeprojekt planen?

    Ich kannte die Ecke sehr gut. In meiner Ost-Berliner Zeit habe ich in der Heinrich-Roller-Straße gewohnt, also nur einen Steinwurf von der Leninallee entfernt. Ein weiterer Vorteil: Als in der DDR ausgebildeter Architekt und Ingenieur kannte ich die Technischen Normen, Gütevorschriften und Lieferbedingungen (TGL), also sozusagen die DIN-Normen des Ostens.

    Warum haben Sie sich damals entschieden, die DDR zu verlassen?

    Ich hatte Freunde in West-Berlin, die uns geholfen haben. Sie haben mit einem österreichischen Spediteur die Fluchtroute über die Tschechoslowakei und Österreich nach West-Berlin organisiert. Ein Jahr später gelang es dann auch, meine Frau nachzuholen. Was soll ich sagen, uns ging es eigentlich gut in der DDR, wir wurden nicht verfolgt oder so was. Ich wollte nicht zur Armee, hatte Bedenken, doch noch eingezogen zu werden. Aber sicher waren wir auch ein wenig arrogant. Wir dachten, auf der anderen Seite der Mauer wartet bestimmt Größeres, Besseres auf uns.

    Und mit dem SEZ haben Sie dann vor der Wiedervereinigung sozusagen schon ein deutsch-deutsches Projekt geplant.

    Ja, nur dass das damals niemand wissen sollte. Doch die eigentliche architektonische Leistung, vom Entwurf über die Ausführungsplanung bis hin zur Statik, die lag bei uns, bei Hochtief. Eine schwedische Baufirma bekam dann den Auftrag für die Ausführung der Stahlbetonarbeiten – nach unseren Entwürfen.

    Jedenfalls habe ich mich damals richtig reingekniet. Als Planer hatte ich das Areal genau vor mir, und auch die Ideen flossen nur so aus mir heraus. Besonders wichtig war mir das Kaskadenbecken. Meine Frau und ich sind viel gereist und waren immer begeistert von Wasserfällen in der Natur. Im SEZ bot sich dieser Geländesprung an: Die Wasserkaskade folgte dem Höhengefälle zwischen dem Wellenbad und der anderen, weiter unten gelegenen Badehalle über verschiedene Becken.

    Wenn man ehrlich ist, war das ein sehr avantgardistischer Entwurf, den die DDR allein nicht hätte umsetzen können. Schon beim Palast der Republik kam ja zum Beispiel der Stahl der Grundkonstruktion aus Schweden. Und so ist im SEZ eben neben Materialien aus Meißen oder vom VEB Stuck und Naturstein, neben organisatorisch-planerischer Expertise aus dem Osten, auch viel Know-how aus dem Westen eingeflossen. Die großen Glasfronten zum Beispiel: Die Scheiben dafür kamen aus Westdeutschland.


    Große Fensterfronten, prismatische Glasdächer, leichte Materialien und ein Außenbecken, in dem man auch im Winter schwimmen konnte: Das SEZ war State of the Art. Fito Peter Meissner

    Was ist aus Ihrer Sicht neben dieser wenig bekannten Zusammenarbeit das Besondere an der SEZ-Architektur?

    Es ist ein offener, moderner Bau mit einer damals sehr fortschrittlichen Wärmerückgewinnungstechnik. Überhaupt haben wir alles auf dem neuesten Stand der Technik geplant, die Eingangsautomatik, die Duschen, die Trennwände, das Beleuchtungskonzept. Die DDR hat sich nicht lumpen lassen, wenn es um ihre Vorzeigeprojekte ging.

    Als das SEZ eröffnet wurde, verglich man es in den Zeitungen mit einem Ufo, das auf einmal gelandet war. Die Entstehung war für DDR-Verhältnisse ungewöhnlich, weil es vorher nicht die üblichen jahrelangen Planungen gegeben hatte. Das lag daran, dass es praktisch eingekauft wurde. Und so war es dann auch nach zwei Jahren Bauzeit schon fertig.

    Nach der Eröffnung wollten alle DDR-Bürger rein, die langen Schlangen vor dem SEZ waren legendär.

    Es war ein Bad für die Bevölkerung. Und es war einfach schön, weil es so viel zu bieten hatte. Nicht nur Badespaß, sondern Eislaufen, Rollschuhlaufen, Gymnastik, Ballsport, Bowling, Restaurants, Kneipen, Theater … Hier wurde gefeiert und geträumt. Das SEZ war so eine Art Karibik-Ersatz.


    Weit mehr als eine Schwimmhalle: Hier sitzen Freundinnen 1988 mit ihren Rollschuhen auf einer Bank und warten auf die nächste Runde.

    Weit mehr als eine Schwimmhalle: Hier sitzen Freundinnen 1988 mit ihren Rollschuhen auf einer Bank und warten auf die nächste Runde.Pemax/Imago

    Dass Sie trotz Ihrer Planung nicht beim Bau und der Eröffnung dabeisein konnten, dass Ihr Name nicht auftauchte, wie war das für Sie?

    Da ich all mein Herzblut für das SEZ aufbrachte, war das sicher nicht immer einfach. Aber ich habe mir von meinen Kollegen immer berichten lassen, wie es auf der Baustelle aussah, habe Fotos vom Rohbau gesehen, wie der VEB Ausbau Berlin nach unseren Skizzen den Innenausbau richtig toll umgesetzt hat.

    Besonders stolz war ich darauf, dass wir für den Brandschutz ohne Asbest auskamen. Als man später nach der Wende nach einem Grund für den SEZ-Abriss suchte, kam Asbest zumindest nicht in Frage, so wie beim Palast der Republik. Wir haben das SEZ mit einem anderen System geschützt, da habe ich mich schon drüber gefreut.

    Ansonsten taucht ja mein Name inzwischen in Architekturführern über die sogenannte Ostmoderne auf – und auch im Wikipedia-Artikel über das SEZ werde ich genannt.

    Wann haben Sie Ihr Werk zum ersten Mal live und in Farbe gesehen?

    Das war 1988, als mein Vater starb. Damals durfte ich zu seiner Beerdigung nach Dresden fahren, und auf der Rückfahrt hielten meine Familie und ich am SEZ. Es war 18 Uhr und wir aßen etwas unten in der Bowlingbahn. Ich fand’s toll, endlich dort zu sein. Es war so, wie ich es geplant hatte.

    Kurz danach fiel die Mauer, nach und nach wurden der Betrieb der Sportstätten und der Veranstaltungsbetrieb eingestellt und fast die gesamte SEZ-Belegschaft entlassen. Auch der Badebetrieb lief nach der Wende nicht mehr so gut. Haben Sie eine Erklärung dafür?

    Die Menschen wollten raus aus Berlin, sie wollten reisen oder in eines der neu erbauten Freizeit- und Thermalbäder nach Brandenburg fahren. Wirtschaftlich war das SEZ nicht mehr zu betreiben. Das war es ja in der DDR schon nicht: Die Eintritts- und Restaurantpreise waren hochsubventioniert und es gab ehrlicherweise viel zu viele Mitarbeiter.


    Den Spaß im Wellenbad ließ sich die DDR was kosten: Die Eintrittspreise waren hochsubventioniert.

    Nun verfällt das Gebäude schon seit Jahren.

    Der Senat wollte es damals einfach nur loswerden. Ich habe die Geschichte natürlich verfolgt. Nachdem das SEZ 2003 für einen Euro an den Leipziger Investor verkauft wurde, bin ich sogar an Herrn Löhnitz herangetreten, habe ihm meine Hilfe angeboten. Aber er wollte davon nichts wissen. Ich glaube, er hatte immer nur das Grundstück und nie das SEZ im Sinn.

    Mitte der Neunzigerjahre habe ich sogar mal Entwürfe gemacht für den Bezirk und den Senat. Es gab Investoren, die ein Kino im SEZ installieren wollten oder ein Sportkaufhaus. Daraus ist leider nie etwas geworden. Es ist schon sehr komisch, dass das Areal damals an Herrn Löhnitz ging.

    Und nun kommt die Nachricht, dass der Senat den Abriss des SEZ plant. Was geht da in Ihnen vor?

    Zunächst einmal ist es keine Überraschung, wenn man den Bebauungsplan kennt, der ja schon seit ein paar Jahren existiert. Es ist eine traurige Geschichte, die sich aber wohl nicht mehr verhindern lässt. Ich jedenfalls habe keine Macht, ich habe alles getan, was ich konnte.


    €Verfall hinterm Bauzaun: Seit Jahren schon bietet das einstige Vorzeigebad einen traurigen Anblick._

    Was meinen Sie: Ist das SEZ wirklich nicht mehr zu retten?

    Es ist immer alles möglich, wenn genug Menschen da sind, die etwas wollen. Die ganzen Anlagen auf Vordermann zu bringen, würde sehr viel Geld kosten. Und es fehlt der politische Wille. Das SEZ wird abgerissen, weil man jetzt halt viele Wohnungen braucht. Die könnte man natürlich auch am Rande des Tempelhofer Feldes bauen, und zwar sehr viel mehr als auf dem SEZ-Areal.

    Viele unserer Leser schreiben, die Abrissentscheidung sei typisch für den Umgang mit Gebäuden, die für Ostdeutsche von Bedeutung waren.

    Ich verstehe diesen Eindruck. Am SEZ hängen viele Erinnerungen, aber den Planern und Politikern fehlt in dieser Hinsicht oft jegliches Feingefühl. Ich jedenfalls war zur Ostpro-Messe vor vier Jahren das letzte Mal im SEZ und musste da sofort wieder raus. Alles war zerfleddert, überall lag Schrott herum, die neuen Farbanstriche waren furchtbar, es fehlten Decken und Böden. Mir blutete das Herz, als ich sah, was aus meinem SEZ geworden ist.

    Zur Person

    Günter Reiß, geboren 1940 in Dresden, studierte an der dortigen Technischen Universität Architektur und arbeitete dann noch zwei Jahre als Assistent an der Uni. In dieser Zeit war er an Planungen in der Leipziger Ostvorstadt und diversen Wohnungsbauprojekten beteiligt. 1969 wechselte er nach Ost-Berlin zu Hermann Henselmann an die Bauakademie.

    Drei Jahre später flüchtete er aus der DDR und lebte fortan in West-Berlin, wo er zunächst beim Hochtief-Konzern angestellt war. Seit 1981 ist er als selbstständiger Architekt tätig und arbeitet mit seiner Frau, die ebenfalls Architektin ist, noch immer an Bauprojekten in und um Berlin. Günter Reiß plante noch weitere Schwimmhallen und Kinos in der Stadt, so leitete er unter anderem einen Umbau des Filmpalastes Berlin, der heutigen Astor Film Lounge am Kurfürstendamm.

    #DDR #Berlin #Friedrichshain #Dimitroffstraße #Leninallee #Landsberger_Allee 77 #Danziger_Straße #Sport #Schwimmen #Freizeit #Sozialismus #SEZ #Architektur

  • Exklusiv: Der Senat will das SEZ an der Landsberger Allee komplett abreißen
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/sez-an-der-landsberger-allee-der-senat-will-das-alte-ddr-bad-abreis


    Und Tschüß, Berlin hat wieder ein Wellenbad weniger. Dabei war die schicke SEZ-Anlage besser als alle Westbäder zusammen.

    Blub-Britz (abgerissen) und Spreewaldbad-Kreuzberg (kalt, bibber...) waren und sind Mist im Vergleich zum SEZ Leninallee Ecke Dimitroffstraße. Aber da wollnwa ja nich wieda hin, Sozialismus, igittigitt ! Könnte ja als Virus beim Schwimmen übertragen werden. Dann lieba jejen Kowitt impfen. Wirkt aba och nich jejen Sozialismus.

    4.1.2024 von Anne Vorbringer - Wie aus einer Antwort auf eine Anfrage der Linken im Abgeordnetenhaus hervorgeht, plant Schwarz-Rot „den Abriss des gesamten Gebäudebestands“. Im Dezember hörte sich das noch anders an.

    Als die Berliner Zeitung Anfang Dezember bei der Senatsfinanzverwaltung zur Zukunft des SEZ und einem möglichen, drohenden Abriss des einstigen DDR-Vorzeigespaßbades nachfragte, gab sich eine Sprecherin noch vage: „Die Details der Rückgabe des Grundstücks und dessen weiterer Entwicklung werden zeitnah geklärt. Deshalb kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Details nennen.“

    Man verwies auf die Pressemitteilung zum Thema, die nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs darauf verwies, dass das Land Berlin nun wieder über das Grundstück des Sport- und Erholungszentrums (SEZ) an der Landsberger Allee verfügen und dieses neu entwickeln könne.

    Finanzsenator Stefan Evers (CDU) ließ verlauten: „Das SEZ geht zurück an das Land Berlin und kommt damit endlich wieder den Berlinerinnen und Berlinern zugute. Das ist eine großartige Nachricht. Ich danke allen Beteiligten, die sich in diesem viel zu langen Rechtsstreit mit viel Herzblut für die Interessen der Allgemeinheit eingesetzt haben. Jetzt geht es darum, aus dieser Fläche gemeinsam das Beste für Berlin zu machen.“
    Zukunft des SEZ-Areals: gemischt genutzter Standort mit hohem Wohnanteil

    Nun scheint klar zu sein, wie es um die Zukunft des SEZ wirklich bestellt ist. Der Berliner Zeitung liegt eine Anfrage des Linke-Politikers Damiano Valgolio vor, der als direkt gewählter Abgeordneter im Friedrichshainer Westen die aktuelle Berichterstattung zum Anlass genommen hat, beim Senat selber mal nachzufragen.

    In der Antwort der Senatsverwaltung für Finanzen auf die schriftliche Anfrage Valgolios heißt es zunächst: „Der Senat beabsichtigt, den vom Abgeordnetenhaus am 13. Dezember 2018 beschlossenen und durch Frau Senatorin Lompscher festgesetzten Bebauungsplan umzusetzen. Es soll ein gemischt genutzter Standort mit hohem Wohnanteil entstehen, zudem werden Flächen für einen dringend erforderlichen Schulstandort mit gedeckten und ungedeckten Sportanlagen geschaffen. Zudem ist u.a. der Bau von ca. 500 Wohnungen vorgesehen. Der Bebauungsplan schreibt auch vor, dass mindestens 30 Prozent der zu errichtenden Wohnungen für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen vorzusehen sind.“

    Zu den Fragen, ob es ein Gutachten zur Bausubstanz des SEZ geben werde und ob der Senat einen Abriss oder Teilabriss der Gebäude beabsichtige, heißt es: „Die Umsetzung des Bebauungsplans wird den Abriss des gesamten Gebäudebestands erfordern. Es ist beabsichtigt, die Bausubstanz auf dem Grundstück so weit wie möglich wiederzuverwerten, um die CO₂-Belastung durch den Neubau so gering wie möglich zu halten. Hierzu ist eine differenzierte Untersuchung des Gebäudebestandes erforderlich.“

    Der Senat argumentiert weiter, der Erhalt des SEZ als Sport- und Freizeitstätte sei Ziel der vor 20 Jahren erfolgten Privatisierung gewesen. „Zwischenzeitlich sind keine Investitionen erfolgt, die einen dauerhaften Erhalt des im März 1981 eröffneten Gebäudekomplexes hätten sicherstellen können. Der Bebauungsplan widerspräche zwar nicht dem Bestandsschutz der bestehenden Gebäude. Ein dauerhafter Sportbetrieb dürfte aber ausgeschlossen sein. Keines der Gebäude steht unter Denkmalschutz. Die frühere öffentliche Sportnutzung ist durch eine spezialgesetzliche Regelung bereits Ende 2002 aufgegeben worden. Die Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark ist fußläufig ca. 650 Meter vom SEZ entfernt.“

    Damiano Valgolio kritisiert die Abriss-Entscheidung: „Unsere Anfrage hat ergeben, dass der Senat die SEZ-Gebäude ohne Prüfung der Bausubstanz abreißen will. Das ist ein Fehler, das SEZ ist ein wichtiges Stück Ost-Berliner Stadtgeschichte. Stattdessen muss der Senat nun als Erstes ein Baugutachten in Auftrag geben, um festzustellen, welche Teile des Gebäudes weiter für Sport- und Freizeitbetrieb genutzt werden können. Ziel muss es sein, einen möglichst großen Teil des historischen Ensembles zu erhalten und schnell ein Freizeitangebot zu schaffen, das der Tradition des SEZ gerecht wird.“

    Das Grundstück an der Ecke Landsberger Allee/Danziger Straße war 2003 vom Land Berlin an einen Investor verkauft worden. Seit 2016 wurde vor Gericht verhandelt, ob der damalige Käufer seine vertraglichen Pflichten eingehalten hat. Das Kammergericht hat im Jahr 2022 entschieden, dass der Investor das SEZ-Gelände an das Land zurückgeben muss. Eine hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des Investors hat der Bundesgerichtshof kürzlich abgewiesen. Das Land Berlin kann wieder über das Grundstück verfügen.

    #DDR #Berlin #Friedrichshain #Dimitroffstraße #Leninallee #Landsberger_Allee 77 #Danziger_Straße #Sport #Schwimmen #Freizeit #Sozialismus #SEZ

  • SEZ an der Landsberger Allee gehört jetzt wieder Berlin: Das ist geplant
    https://www.berliner-zeitung.de/news/sez-an-der-landsberger-allee-gehoert-jetzt-wieder-berlin-das-ist-ge

    Na wunderbar, das SEZ ist wieder in Berliner Hand und zugleich auch nicht. Freibad, Wellenbad, Sportplatt und Partylocation wird es nicht wieder geben. Die „Stadt“ hat Angst daran wie die DDR pleite zu gehen und wird nun wohl das Gelände für Immobilienprojekte ausschreiben. Eklig.

    1.12.2023 - Der jahrelange Rechtsstreit um die Nutzung des früheren Sport- und Erholungszentrums (SEZ) in Berlin-Friedrichshain ist nach Angaben von Finanzsenator Stefan Evers (CDU) beendet.

    Das Land könne nun wieder über das vor 20 Jahren verkaufte Grundstück an der Landsberger Allee verfügen und dieses neu entwickeln, teilte Evers am Freitag mit. Laut aktuellem Bebauungsplan sind dort rund 500 Wohnungen und eine neue Schule vorgesehen.
    Das SEZ in Berlin-Friedrichshain musste 2002 schließen

    Das SEZ, 1981 eröffnet, war mit seinen verschiedenen Sport und Freizeitangeboten ein Prestigeobjekt in der ehemaligen DDR. Nach der Wende wurde der Betrieb zu teuer. 2002 musste das SEZ schließen.

    Das Grundstück war 2003 vom Land an einen Investor verkauft worden. Seit 2016 wurde vor Gericht darüber gestritten, ob der damalige Käufer seine vertraglichen Pflichten eingehalten hat. Das Kammergericht hatte 2022 entschieden, dass der Investor das SEZ- Gelände an das Land zurückgeben muss. Seine dagegen gerichtete sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde wies der Bundesgerichtshof nach Angaben der Finanzverwaltung nun ab. Damit bleibe das Urteil des Kammergerichts bestehen. Die Details der Rückgabe des Areals und dessen weitere Entwicklung würden zeitnah geklärt.

    „Das SEZ geht zurück an das Land Berlin und kommt damit endlich wieder den Berlinerinnen und Berlinern zu Gute“, erklärte Evers. „Das ist eine großartige Nachricht. Ich danke allen Beteiligten, die sich in diesem viel zu langen Rechtsstreit mit viel Herzblut für die Interessen der Allgemeinheit eingesetzt haben. Jetzt geht es darum, aus dieser Fläche gemeinsam das Beste für Berlin zu machen.“

    #Berlin #Friedrichshain #Landsberger_Allee #Danziger_Straße #SEZ #Sport #Wohnen #Politik #DDR

  • Ausbeuter unter sich - Mieterhöhung für Kosmetiksalon in Berlin-Prenzlauer Berg
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/mieterhoehung-fuer-kosmetiksalon-in-berlin-prenzlauer-berg-berliner-gruene-sauer-ueber-verhalten-von-oezcan-mutlu/13420778.html


    Marxismus und Kretscherismus trennen nur 30 Jahre. Der Grüne Mittelstand hat in der Partei auf voller Linie gesiegt.

    Der grüne Bundestagsabgeordneten Özcan Mutlu bekommt wohl Ärger mit seinen Berliner Parteifreunden. Denn das Ehepaar Mutlu hat im Jahr 2015 eine Gewerbeimmobilie in Prenzlauer Berg gekauft und dem Mieter, einem Kosmetikstudio, nun die Miete verdoppelt.

    Es heißt seit alters her pecunia non olet , Penunzen stinken nicht, wie wir Lateiner wissen. Mit diesen Worten hat der olle Römerkaiser Vespasian die Kritik an seiner neuen Scheißhausteuer abgebügelt. Der Anspruch auf Nutzungsentgelte ist inzwischen, auch das nichts Neues, von den Adligen auf die Bürger übergegangen. Und bürgerlich sind die Grünen spätestens, seit sie sich gegen das Vok gestellt und die Hartz-4-Gesetze eingeführt haben.

    Jetzt hören wir mal die Gegenseite :

    Die Inhaberin des Kosmetikstudios, Gyöngyi Blank, widerspricht der Darstellung Mutlus teilweise. Sie habe das Gewerbe nicht aufgeben wollen, das sei „völliger Quatsch“. Der Verdoppelung der Mietzahlung habe sie inzwischen zugestimmt, im Gegenzug aber eine Verlängerung des Mietvertrages gefordert. Blank spricht von einem „skrupellosen“ Vorgehen der Mutlus über Makler und Anwälte, das sie von einem grünen Bundestagsabgeordneten nicht erwartet hätte. „Das hätte man auch anders regeln können.“ Jetzt sucht sie für das Studio und ihre acht Angestellten eine neue Bleibe in der Umgebung. Bis zum Spätsommer muss sie fündig werden - oder ihren Angestellten kündigen und das Geschäft aufgeben.

    Arme Frau. Wenn Mutlu Kasse macht, kann sie keine Kosmetikerinnen mehr ausbeuten. Kriegen die Mindestlohn? Eigentlich ist das nicht branchenüblich. Vielleicht muß Frau B. dann ihren SUV wieder abgeben oder womöglich selber zu Salbe und Pinzette greifen.

    Es sei ihr gegönnt. Ebenso wie Herrn und Frau Mutlu die Knete aus der teuren Immobilie. Es lebe der #Kretscherismus.

    #Berlin #Prenzlauer_Berg #Danziger_Straße #Stargarder_Straße #Wirtschaft #Immmobilien #Mindestlohn #Kosmetik

    Was man so braucht ...
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