Un voyagen en Chine est toujours une expérience mémorable. Sur le continent une chose est sûre, en tant que dabize (long nez) tu ne risques pas de te perdre. Tu éveilleras toujours l’intérêt des habitants et on fera attention à ce que tu ailles bien, dans les limites du raisonnable.
Dans le mégapoles et surtout à Taiwan les choses ont changé. C’est un peu comme en Europe où un touriste sans attaches particulières peut disparaitre sans que personne ne s’en rende compte.
C’est ce qui vient d’arriver à l’invité berlinois d’une université de Taiwan. Voyageur solitaire il a disparu du jour au lendemain sans trace. La réaction des autorités allemandes et taiwanaises est marquée par l’indifférence totale.
12.8.2024 von Marlies und Hans Peter Klausnitzer - Der Berliner Ralf Klausnitzer reiste im März nach Taipeh. Kurz nach seiner Ankunft verschwand er. Bis heute gibt es kein Lebenszeichen. Hier berichten seine Eltern.
Mehrere Nächte lang hat sich unser Sohn damit gequält, all seinen termingebundenen Aufgaben als Dozent für Literaturwissenschaft noch nachzukommen, alle Termine seiner Korrekturverpflichtungen exakt einzuhalten … und dazu noch eine sehr komplizierte Vorlesung für die Universität in Taipeh, Taiwan, vorzubereiten.
Ein Experte berät ihn und hilft beim fehlerlosen Übersetzen ins Englische, die Dienstreise – ohne Kosten für die Berliner Dienststelle – ist nun auch genehmigt. So kann er beruhigt am 18. März nach München reisen, sein Flug von dort aus mit EVA Air, BR-072 nach Ostasien dauert über 14 Stunden. Am nächsten Abend trifft er am TPE-Terminal in Taipeh ein und nimmt Quartier im Gästehaus der Tamkang-Universität.
In der Universität Taipeh erhält er noch eine Ehrenurkunde
Eingeladen von der taiwanesischen Professorin Zhang Xiujuan hält er am 22. März einen Vortrag vor den Studentinnen und Studenten des Departements für deutsche Sprache und Literatur. Tags darauf leitet er eine umfangreiche Diskussion mit den taiwanesischen Kolleginnen und Kollegen und vielen weiteren Zuhörerinnen und Zuhörern. Der Rektor der Universität lässt es sich nicht nehmen, dem deutschen Gast eine Ehrenurkunde zu überreichen.
Nach getaner Arbeit nutzt er die Gelegenheit, mit seiner Kollegin einen Ausflug ans nahe gelegene Meer zu unternehmen und erklärt ihr, dass die Insel Taiwan ein von ihm besonders geliebtes Urlaubsziel ist. Er hatte vor zwölf Jahren schon einmal für mehrere Monate erfolgreich an einer Universität im Süden der Insel gearbeitet.
Zwei Tage später setzt er seine Dienstreise fort, nimmt Quartier im Wow Hostel in der Stadt Hualin. Was er dort vorhat, mit wem er sich beraten will, welche Verabredungen für weitere wissenschaftliche Projekte seiner Universität mit taiwanesischen Partnern er treffen will – wir wissen es nicht genau.
Am 26. März wird er mehrfach von Videokameras erfasst: Er steigt in den Taiwan-Travel-Bus zum Taroko-Nationalpark, verlässt in TianXiang den Bus, geht über die ZhiHui-Brücke und betritt wenig später den Xiang-De-Tempel. Nach exakt 23 Minuten zeigt eine Kamera, wie er den Tempel wieder verlässt. Aber was hat er im Tempel getan, wen hat er vielleicht getroffen?
Von dem Honorar, das ihm die Universität in Taipeh für seine Arbeit und die Reisekosten bar auf die Hand gezahlt hat, hat er wohl 10.000 Taiwan-Dollar bei sich, dazu ein Smartphone und sonst nichts, woraus man schließen könnte, was er vorhat.
Die Polizei beschreibt ihn mit blondem Haar (was ihn wohl von Einheimischen unterscheiden soll), 1,70 m groß (es sind eigentlich zehn Zentimeter mehr), schlank und mit Brille, bekleidet mit schwarzem T-Shirt und blauen Shorts.
Das letzte Lebenszeichen auf WhatsApp
Man hat noch herausgefunden, dass er ans Meer fahren wollte, dort wohl auch kurz gewesen ist – aber wann genau das geschah, mit wem er vielleicht unterwegs war, das ist nicht bekannt. Das späteste Einloggen auf WhatsApp erfolgt am siebten Tag seiner genehmigten Dienstreise um 16.11 Uhr. Es ist das vielleicht letzte Lebenszeichen eines Mannes, der von nun an einfach unauffindbar sein wird.
Am darauffolgenden Tag bemerkt man im Hostel das Fehlen eines Gastes, sein Reisegepäck und sein Laptop sind zwar vorhanden, vom Besitzer fehlt aber jede Spur. Als Erstes wird das Gepäck nach Hinweisen zum Verbleib des Ausländers durchsucht – ohne Erfolg. Selbst im amtlich geöffneten Laptop findet sich kein Anhaltspunkt über Ziele und Absichten des Vermissten.
Aus den nun folgenden Tagen sind sonderbarerweise keine weiteren gezielten Such-Aktionen bekannt. Weil auch der gebuchte Rückflug nach Deutschland nicht stattfindet, erstattet die gastgebende Universität am 2. April eine Vermisstenanzeige bei der Tamsuni-Branch-Zhongshan-Road-Polizeistation, und erst jetzt startet die Hualin-County-Polizeistation ihre Suchmaßnamen: Eine Abfrage in umliegenden Krankenhäusern oder anderen Beherbergungsstätten hat keinen Erfolg.
Dass der nahe gelegene Nationalpark eine so große Anziehungskraft ausgeübt haben mag, dass sich ein Mensch – nur in Shorts und T-Shirt, ohne Verpflegung und Getränke, ohne Landkarte oder eine ortskundige Begleitung – in die sehr unwirtliche Landschaft „verirrt“, erscheint eigentlich unwahrscheinlich. Trotzdem will die Polizei ein Telefonsignal aus dem Nationalpark empfangen haben.
Am 3. April wird das Suchgebiet von einem schweren Erdbeben erschüttert. Von da an ist eine Suche nach dem vielleicht gerade dort Vermissten so gut wie unmöglich. Auch alle weiteren und forcierteren Sucheinsätze sind ohne Erfolg.
Das Auswärtige Amt erklärt sich für nicht zuständig
Die Angehörigen des Gesuchten erfahren per Internet vom spurlosen Verschwinden ihres Sohnes, Bruders und Vaters. Wir, die total geschockten Eltern, brechen sofort unseren Urlaub auf Teneriffa ab und nehmen das erste Flugzeug nach Berlin, koste es, was es wolle. Die Schwester reist sogleich von ihrer ärztlich verordneten Kur nach Hause, um den Eltern und dem traumatisierten Sohn des Gesuchten beizustehen.
Bei dem Vorhaben, umgehend auch in Berlin eine Vermisstenanzeige aufzugeben, stoßen Schwester und Sohn auf so niemals erwartete Hindernisse: Im Auswärtigen Amt erklärt man sich „nur für Diplomaten zuständig“ (so wörtlich ein Mitarbeiter), verweist auf die Polizei. Zugleich erfahren die enttäuschten Angehörigen, dass Deutschland auf Taiwan keine Botschaft unterhält, sondern ein Deutsches Institut die Interessen unseres Landes wahrnimmt. Dass von dessen Beamten auch Hilfe im Vermisstenfall zu erwarten sein wird, stellt sich zuerst als Irrtum, nach geharnischten Hilferufen aber als erfreulich heraus.
Bei der Berliner Polizei wird nach mehreren Anläufen und stundenlangem Warten ein Vordruck „bearbeitet“, der oberflächlicher nicht sein kann, weil er nicht einmal Vornamen und Geburtsdatum des Vermissten aufweist. Aber wenigstens die so notwendige, weil amtliche, Vorgangsnummer können die um Hilfe Suchenden nun vorweisen.
Tags darauf meldet sich eine Oberkommissarin des Landeskriminalamtes in der Wohnung des Gesuchten, zeigt sich aber – absichtlich? - völlig uninformiert über die Sachverhalte und die inzwischen auf Taiwan stattgefundene Naturkatastrophe, die vielleicht das Vermisstsein erklären könnte. Nach einer Woche ohne weitere Nachrichten an die Angehörigen gibt sie den Vorgang an eine Urlaubsvertretung weiter, hinterlässt aber dankenswerterweise eine „Sachstand/Verlaufsprotokoll-Nachricht des taiwanesischen Verbindungsbeamten vom 23.04.2024 – beim LKA 124 am 24.04.24 eingegangen“ (aus dem in diesem Text mehrfach zitiert wird).
Die Universität tilgt ihn aus der Liste der Mitarbeiter
In Berlin hat sich inzwischen im Briefkasten des Vermissten ein Schreiben seiner Krankenkasse gefunden, die mitteilt, dass sein Arbeitgeber ihn per 1. April nicht mehr als Mitarbeiter führt und damit die Zahlung von Krankenkassenbeiträgen eingestellt hat.
In seinem Institut herrscht wegen des Verschwindens eines geschätzten Kollegen größte Betroffenheit. Hat er doch für das beginnende Semester eine Vorlesungsreihe mit dem fast schon prophetischen Titel „Was bleibt“ konzipiert, die nun von anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in seinem Namen wahrgenommen wird.
Eine spontane Spendenaktion für die hinterbliebenen beiden Söhne soll es denen ermöglichen, nach Taiwan zu fliegen, um die Habseligkeiten des vermissten Vaters heimzuholen und sich von der Polizei in den Nationalpark führen zu lassen. Auch der Dekan der sprach- und literaturwissenschaftlichen Fakultät der Universität hat in einem sehr einfühlsamen Brief an die Eltern des Vermissten seine große Wertschätzung für seinen Kollegen zum Ausdruck gebracht.
Was aber haben sich die Mitarbeiter für Haushalt und Personal der Universität dabei gedacht, einen seit fast 30 Jahren erfolgreich und überaus engagiert arbeitenden Dozenten so mir nichts, dir nichts einfach aus der Liste der Mitarbeiter zu tilgen und die Angehörigen über diese unglaubliche Entscheidung erst Wochen später und nur auf dringende Anfrage zu informieren?
Um der Ratlosigkeit in der Familie etwas entgegenzusetzen, fliegen beide Söhne für fünf Tage nach Taiwan. Dort erhalten sie die Hinterlassenschaften des Vaters zurück, der PC mit der Rede vor der Universität ist auf Chinesisch umprogrammiert. Ein vor der Reise zugesicherter Besuch des Ortes, an dem der Vermisste zuletzt von einer Überwachungskamera erfasst wurde, wird aber zur größten Enttäuschung: Nicht wie angekündigt der Polizeichef selbst, sondern zwei Beamte, mit denen kaum eine Verständigung möglich ist, quälen die sehr weit angereisten Besucher mit unnötigen erkennungsdienstlichen Maßnahmen. Sie stecken ihnen gleich mehrere DNA-Test-Stäbchen in den Mund und fertigen dazu laut lachend Fotos an.
Danach wird sogar die Fahrt zur vermuteten Unfallstelle unterbunden (es bestünde vielleicht noch Nachbebengefahr), obwohl andere Autos und Mopedfahrer auf gleicher Straße weiterfahren dürfen. Alles endet mit dem – fast zynisch empfundenen – Hinweis, sie könnten ja in ein oder zwei Jahren wiederkommen.
Obwohl sich die taiwanesische Professorin Su Chen sehr aufmerksam um die Söhne bemühte, kommen die mit gemischten und sogar unguten Gefühlen nach Deutschland zurück und stellen die Frage: Wird da etwas verschwiegen, was soll nicht bekannt werden?
Doch alle Vermutungen, Hoffnungen und Tränen bringen bisher den Sohn, den Vater, den Freund und Kollegen nicht zurück.
Vor einer großen Gedenktafel in seinem Institut stehen täglich frische Blumen, die Studierenden und seine Mitarbeiter bringen auf bunten Bildern und mit anrührenden Worten ihre Sympathie und Hochachtung für den beliebten und nun vermissten Dozenten zum Ausdruck: „Uns fehlt seine Umtriebigkeit, sein Fachwissen und sein stetiges Engagement für die Belange des Instituts so sehr!“
Und alle eint nur ein Wunsch: Das Rätsel um sein Verschwinden möge doch gelöst werden!
Marlies und Hans Peter Klausnitzer sind die Eltern von Ralf Klausnitzer. Sie leben in Berlin.