• En Grèce, IA, drones et exploitation des données privées alimentent un vaste système de contrôle des migrations

    En Grèce, l’utilisation des technologies de surveillance, des drones et de l’intelligence artificielle pour contrôler les mouvements migratoires gagne en popularité. Une enquête menée par Solomon, Tagesspiegel, Inkstick, El País et Woz révèle l’ampleur du système de surveillance déployé.

    https://voxeurop.eu/fr/grece-ia-drones-controle-migration

    #europe #migration

  • Penser la démocratie européenne

    Inventions et innovations démocratiques locales des municipalités kurdes de Turquie sous répression (1990-2016)

    Depuis les années 2000, malgré les obstacles politiques, des maires et mairesse kurdes de Turquie ont développé des formes de gestion municipale innovantes, suscitant la participation populaire. Ces initiatives ont transformé le local en centre politique et ont joué un rôle réparateur pour les populations victimes de violences. Aujourd’hui, beaucoup de ces élu·es sont emprisonné·es ou en exil, rendant invisibles ces expériences, pourtant inspirantes pour de nouveaux projets politiques en Europe.

    https://entreleslignesentrelesmots.wordpress.com/2025/04/17/penser-la-democratie-europeenne

    #europe

  • #guerre_commerciale : vers la dédollarisation et la mort de l’industrie européenne ?
    https://lvsl.fr/guerre-commerciale-vers-la-dedollarisation-et-la-mort-de-lindustrie-europeenne

    La guerre commerciale de #Trump remet en cause un demi-siècle de mondialisation. Si la #chine pourrait profiter de cette situation pour accélérer la fin du privilège du #dollar, l’Union européenne risque d’être la principale victime de cet affrontement. Incapable de remettre en cause son libre-échangisme, elle se retrouve prise au piège.

    #Économie #commerce #douane #euro #industrie #souveraineté #taxes #Union_Européenne

  • #EU to propose seven ‘#safe_countries’ for migrant returns

    The European Commission will propose seven “safe third countries of origin” to which EU countries can return asylum seekers, according to a document seen by Euractiv.

    The list includes Bangladesh, Colombia, Egypt, India, Kosovo, Morocco, and Tunisia.

    This move is expected to be followed by a fast-tracked review of the safe third country concept in EU law – first reported by Euractiv in February.

    The safe third country concept allows asylum seekers to be sent to a country where they can find protection, instead of staying in the country they applied to.

    In March, the Commission proposed new binding rules on migrant returns, which EU countries and MEPs are now debating.

    The list will be included as an amendment to the EU’s asylum procedure regulation, part of the migration pact adopted last year. It is set to be implemented in 2026.

    The final list is due to be published before June, Euractiv understands.

    https://www.euractiv.com/section/politics/news/exclusive-eu-proposes-seven-safe-countries-for-migrant-returns
    #pays-tiers_sûrs #UE #union_européenne #liste #renvois #expulsions #asile #migrations #réfugiés

    #Bangladesh, #Colombie, #Egypte, #Inde, #Kosovo, #Maroc, #Tunisie
    ping @karine4

  • Vom Niedergang des Westens zur Feindschaft mit Russland
    https://multipolar-magazin.de/artikel/niedergang-des-westens

    Quelques réflexions à propos de la disparition de la culture politique européenne et de son remplacement par l’idéologie états-unienne. L’article ne s’intéresse pas directement à l’exceptionnalisme américain et l’idéologoe du « manifest destiny » parce qu’il décrit la perspective européenne. Il est cependant utile de garder ces idées en tête pour se faire une idée de la signification des phénomènes décrits dans l’article.

    27.3.2025 von Hauke Ritz - Deutschland besaß zur Zeit des Mauerfalls kein öffentliches Bewusstsein von der Gestaltbarkeit der Welt. Ganz anders die USA, deren Hegemonie seither ausgebaut wurde und hierzulande als naturgegeben akzeptiert wird. Europäische Werte wie Diplomatie und Verständigung, die aus der eigenen kriegerischen Geschichte erwuchsen, gerieten unter die Räder. Hauke Ritz zeichnet in seinem aktuellen Buch den Niedergang des Westens – mit Deutschland an zentraler Stelle – nach. Er spricht von einem „kolonialisierten Bewusstsein der Europäer“ und einer „fast kindlichen Unreife“ der US-Außenpolitik. Multipolar veröffentlicht Auszüge .

    Liest man heute die verschiedenen Wahl- und Grundsatzprogramme der CDU, SPD, FDP und Grünen, die zwischen 1990 und 1994 – also in den ersten Jahren nach dem Epochenbruch von 1989 – verfasst wurden, so fällt einem als Erstes die nach Innen gerichtete Perspektive auf. Alle deutschen Parteien dieser Periode betreiben im Grunde Nabelschau. Ihre Wahlprogramme und Grundsatzpapiere sind zu über 90 bis 95 Prozent der Innenpolitik gewidmet. Es geht um Umweltschutz, Sozialstaat, Emanzipation der Frau, Vereinbarkeit von Beruf und Familie und viele ähnliche Themen. Im SPD-Wahlprogramm des Jahres 1990 kommen die Wörter Sowjetunion beziehungsweise Russland nicht einmal vor, stattdessen finden sich formelhafte Bekenntnisse zur transatlantischen Partnerschaft. Lediglich die Grünen fallen etwas aus dem Rahmen, insofern sich bei ihnen vereinzelt ein Problembewusstsein bezüglich des Fortbestands der NATO finden lässt. Sie sprechen von einer Überwindung der Blockordnung und beziehen damit die absolut gegenteilige Position zu ihrem heutigen Kurs. Doch letztlich ging es auch bei den Grünen vorrangig um Innenpolitik.

    Die Dominanz der Innenpolitik in allen Wahlprogrammen zeugt von einer Gesellschaft, die die Verantwortung über die Weltordnung an eine andere Macht abgetreten hat. Da helfen auch ein paar idealistische Bekundungen zum Kampf gegen den Hunger in der Welt nicht, solange solche Äußerungen ohne Kenntnis und Thematisierung der globalen ökonomischen Strukturen abgegeben werden. Deutschland besaß zur Zeit des Mauerfalls kein öffentliches Bewusstsein von der Gestaltbarkeit der Welt. Die damals existierende Weltordnung wurde als etwas an sich Gegebenes wahrgenommen und wie eine natürliche Ordnung verstanden. Dass diese Weltordnung von der damals dominanten Supermacht USA gestaltet worden war und daher auch anders geformt werden könnte, wurde in der Öffentlichkeit ausgeblendet. Dies waren denkbar schlechte Voraussetzungen, um der Sternstunde der europäischen Geschichte im 20. Jahrhundert – dem Fall der Berliner Mauer – mit einer eigenen Willensbekundung zu begegnen.

    Ganz anders in den USA. Als 1989 die Berliner Mauer fiel, begriff man dort sehr schnell, dass mit dem Wegfall des geopolitischen Konkurrenten sich eine einmalige Möglichkeit für eine amerikanische Expansion bot. Dies löste an amerikanischen Universitäten Euphorie, aber auch hitzige Diskussionen aus. Bald schon tauchte der Begriff einer unipolaren Welt auf. Die Welt des Kalten Krieges besaß eine bipolare Struktur. In ihr musste die internationale Ordnung stets mühsam ausgehandelt werden. In den amerikanischen Diskussionen begann nun der Gedanke Gestalt anzunehmen, die Welt nach dem Kalten Krieg könne eine unipolare Struktur annehmen. Darin wiederum war eine Vielzahl an Implikationen beschlossen, die fast jeden Bereich der modernen Zivilisation berührten und die schnell von einzelnen Wissenschaftlern ausbuchstabiert wurden.

    Was während des Mauerfalls als Diskussionen an Universitäten begonnen hatte, war sehr folgenreich. Es begann mit rein akademischen Debatten, in denen man verschiedene Begriffe zur Beschreibung einer noch unerhört wirkenden Vision bemühte. Man sprach abwechselnd vom „Ende der Geschichte“, von einer „neuen Weltordnung“, von einem „unipolaren Moment“, schließlich vom „neuen amerikanischen Jahrhundert“. In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre gewann man allmählich Sicherheit, trat zunehmend forsch und auch gut organisiert auf. Nach und nach trat das Ideal einer unipolaren Weltordnung in den Vordergrund, verdrängte alternative Konzepte und wurde zum strategischen Ziel der US-amerikanischen Außenpolitik.

    Die Europäer haben anfänglich gar nicht verstanden, dass die USA den Weg hin zu einer unipolaren Weltordnung eingeschlagen hatten. Sie machten sich nicht klar, was dies letztendlich beinhaltete. Nämlich, dass es fortan nur noch ein einziges modernes Zivilisationsmodell geben würde. Und dass dieses über wirtschaftliche, militärische oder ideologische Abhängigkeit und Verflechtungen für alle übrigen Kulturen der Welt Verbindlichkeit erlangen sollte. Das bedeutete zwar nicht, dass gänzlich andere Kulturen wie die chinesische und die indische sofort ihre Charakteristika verloren hätten. Aber es bedeutete schon, dass eine liberale internationale Kultur amerikanischer Prägung die globalen Entwicklungen so tief greifend prägen würde, dass die übrigen lediglich regional verankerten Kulturen die Möglichkeit verlieren würden, selbst eine Interpretation der modernen Welt zu entwickeln. Die USA strebten danach, über eine Kombination aus wirtschaftlicher, technologischer, kultureller und ideologischer Macht eine Weltordnung vorzugeben, deren strukturelle Macht letztlich eine Verwestlichung der gesamten Welt einleiten würde.

    Die unipolare Weltordnung beruhte somit auf einem unglaublich ehrgeizig gedachten Machtanspruch, dessen negative Konsequenzen entweder hingenommen oder nicht mitgedacht wurden. Die Architekten und Planer einer unipolaren Welt glaubten, dass es den USA sowohl als Staat als auch als Kultur vorbehalten sei, im Alleingang darüber zu befinden, in welche Richtung sich die moderne Welt im 21. Jahrhundert entwickeln sollte. Vor dem Hintergrund ihrer Geschichte hätten die Europäer einem solchen Machtanspruch niemals zustimmen können. Denn durch diesen werden einzelne Kulturen vor die Wahl zwischen massiver Schwächung oder Selbstbehauptung gestellt ; eine fatale Alternative, die schon einmal im Europa des 17. Jahrhunderts zahlreiche Bürgerkriege in Gang gesetzt hatte. Zur Vermeidung der Wiederholung derartiger Konflikte waren seinerzeit die Grundsätze des Westfälischen Friedens aufgerichtet worden, die bis heute das Fundament des Völkerrechts bilden.

    Doch die Europäer blieben hinsichtlich der Grundprinzipien der neuen Ära erstaunlich unbewusst. Sie merkten nicht einmal, dass alle strategischen Grundsatzentscheidungen der 1990er- und 2000er Jahre ohne sie vollzogen wurden. Die Europäer waren nicht beteiligt bei der Ausgestaltung der Globalisierung, bei der Wahl der ihr zugrunde liegenden Wirtschaftsphilosophie, bei der Architektur des modernen Finanzmarktes. (1) Die Europäer waren auch nicht beteiligt an der Entwicklung neuer Technologien, etwa des Internets. Sie entwickelten infolgedessen auch keine internetbasierten digitalen Konzerne, hatten keine Stimme bei der Frage, ob diese Konzerne eine Monopolstellung erwerben dürften und waren daher auch nicht in der Lage, europäische Werte im Bereich der Datensicherheit und Privatsphäre mit diesen neuen Technologien zu versöhnen. All diese Entwicklungen nahmen die Europäer wie Naturphänomene wahr, ohne die gestaltende amerikanische Macht dahinter zu erkennen, geschweige denn öffentlich zu thematisieren. (...)
    Das europäische Weltordnungskonzept

    Europa hatte das Völkerrecht auf der Grundlage seiner eigenen politischen Erfahrung geformt. Und diese war davon geprägt, dass seit dem Niedergang des Römischen Reiches Europa in mehrere Staaten und Einflusszonen zerfiel und nie wieder zu einer politischen Einheit zurückgefunden hatte. Seit über 1500 Jahren ist der Kontinent politisch zersplittert, was unter anderem auch an den geographischen Grenzen Europas, wie zum Beispiel den Alpen, den Pyrenäen, den Karpaten, dem Ärmelkanal oder der Ostsee liegt, die auf natürliche Weise verschiedene Völker und Sprachräume voneinander trennen. Doch obwohl ein neues Römisches Reich nicht mehr erstand, hat es doch eine Struktur hinterlassen, durch die die kulturelle Einheit des Kontinents trotz politischer Zersplitterung erhalten blieb.

    Dies lag vor allem am Wirken der Kirche, die nach dem Untergang des Römischen Reiches die Einheit Europas zumindest im religiösen und kulturellen Bereich aufrechterhalten konnte. Entscheidend hierbei war die Erhaltung und Weitergabe des antiken Wissens in den frühen Klöstern der Kirche, durch die ein einheitlicher europäischer Bildungskanon geschaffen wurde, auf dessen Grundlage dann mit dem Anbruch der Renaissance eine enorme Entfaltung und Differenzierung der europäischen Kultur stattfand, die nun, durch die gemeinsame christliche Prägung, über politische Grenzen hinweg sich vollzog. So konnte die Philosophie des Humanismus zusammen mit den Künsten die kulturelle Einheit Europas aufrechterhalten, als der Kontinent im Streit der Konfessionen zerrissen wurde. Später war es die Philosophie der Aufklärung und die wachsende Bedeutung der Literatur und Musik, die abermals über politische Grenzen hinweg eine ähnliche Rolle spielten. Vom 17. über das 18. und 19. Jahrhundert zeigte sich Europa immer mehr als ein einheitlicher kultureller Resonanzraum, in dem es zwar unterschiedliche nationale Kulturen gab, die aber über identische Formen und Merkmale verfügten und sich gegenseitig beeinflussten.

    Indem Europa seine politische Zersplitterung durch kulturelle Verbundenheit kompensieren konnte, bildete es eine Ausnahme unter den meisten übrigen Zivilisationen der Welt. Denn weit häufiger geschah es, dass sich eine politische Zentralmacht etablierte, die dann wie in der arabischen Welt in der Gestalt eines Kalifats, oder wie in China oder den USA mittels des Militärs und des Rechts einen umfassenden einheitlichen Machtbereich schuf. Dass dies in Europa nicht geschehen ist, zwang den Kontinent dazu, seine diplomatischen Fähigkeiten früh und umfassend zu entwickeln. Da in einem politisch zersplitterten Kontinent stets der Krieg ausbrechen konnte, musste der Diplomatie, der Verständigung, der Reflexion auf die Interessen des anderen, seiner Perspektive und Sichtweise eine entsprechend hohe Bedeutung beigemessen werden. In Europa bildete sich als Folge ein Völkerrecht aus, in dem die Reflexion auf die Verschiedenartigkeit des anderen Landes von vornherein mitberücksichtigt wurde. An die Stelle der manichäischen Sichtweise, die auf dem Gegensatz von Gut und Böse beruht, trat eine Sichtweise, die der Gegenseite das Recht zur Andersartigkeit zugestand. Damit vollbrachte Europa eine Zivilisationsleistung, hinter die es selbst zwar periodisch immer wieder zurückfiel, die aber bis heute von höchster Aktualität ist und der gerade in der anbrechenden multipolaren Welt eine enorme Bedeutung zukommt.

    Erstmals kodifiziert wurde dieser zivilisatorische Fortschritt im Westfälischen Frieden von 1648, durch den der 30-jährige Krieg beendet werden konnte, was später zur Grundlage des Völkerrechts wurde. Denn das aus dem Westfälischen Frieden hervorgegangene Völkerrecht basiert auf der Vorstellung, dass alle Staaten unabhängig von ihrer Größe und Macht gleichwertige Subjekte des Völkerrechts seien. Ihnen allen wurde daher Souveränität zugesprochen, auch wenn ihre Macht, diese zu verwirklichen, ganz unterschiedlich war. Mit anderen Worten : Das aus dem Westfälischen Frieden hervorgegangene Völkerrecht bindet die Starken zugunsten der Schwachen, es erkennt die Souveränität Frankreichs und Großbritanniens genauso an wie die Dänemarks. Es beruht auf dem Gedanken, dass die großen Staaten sich durch die Verrechtlichung der internationalen Beziehungen eine freiwillige Selbstbeschränkung auferlegen. Es versteht, dass dieser Geist der Selbstbeschränkung eine Voraussetzung für die Geltung zivilisatorischer Standards ist, die nur allzu leicht wegbrechen können, wenn der freien Konkurrenz Raum gegeben wird.

    In einer nach westfälischen Grundsätzen geordneten Staatenwelt sind alle Staaten, auch die kleinen, vor einer Einmischung anderer Mächte in ihre inneren Angelegenheiten geschützt. Im Gegenzug mussten diese Staaten im westfälischen System ihre Außenpolitik ebenfalls auf dem Respekt vor der Souveränität anderer Staaten begründen und von einer Einmischung in deren innere Angelegenheiten absehen. Ein auf den Grundsätzen des Westfälischen Friedens aufgebautes Völkerrecht garantiert sozusagen den verschiedenen Staaten das Recht, verschieden sein zu dürfen. Garantiert wird dieses Recht durch die bewusste Aufrechterhaltung eines Machtgleichgewichts zwischen den Staaten. Sollte ein Staat diese Grundsätze wiederholt missachten, konnten aufgrund der Prinzipien des Westfälischen Friedens Gegenkoalitionen entstehen, die diesen Missbrauch wiederum eindämmen würden.

    Durch Geltung dieser Grundsätze war es quasi ausgeschlossen, dass Wertgegensätze in der Außenpolitik eine allzu große Rolle spielen. Es kam zu einer Trennung zwischen einer wertorientierten Innen- und einer nur noch interessengeleiteten Außenpolitik. Dies war die Lehre, die Europa aus dem 30-jährigen Krieg gezogen hatte, einem Krieg, der gerade durch die Einmischung äußerer Mächte 30 Jahre gedauert hatte und selbst dann nicht endete, als die meisten Kriegsparteien längst erschöpft waren. Dieser Krieg hatte die destruktive Wirkung von Werten in der Außenpolitik offengelegt. Die Ausklammerung von Werten aus der Außenpolitik sollte in Zukunft die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten und damit weltanschauliche Kriege wie den 30-jährigen Krieg unmöglich machen.

    Indem Europa aus den Erfahrungen des Krieges gelernt hatte, entwickelte es eine Außenpolitik, die auf die Erhaltung des Friedens zielte. Dass dies in der praktischen Anwendung nicht immer gelang, ist zwar richtig. Doch kann auch dieses periodisch wiederkehrende Scheitern die Tatsache nicht aus der Welt schaffen, dass mit den Grundsätzen des Westfälischen Friedens ein erster Schritt unternommen wurde, die zerstörerische Wirkung einer rein subjektiven Macht zu brechen. Indem die Staaten gezwungen werden, in einem Mächtegleichgewicht zu existieren, werden sie zur Reflexion auf den anderen Staat und dessen Interessen gezwungen.

    Solange die USA im 20. Jahrhundert lediglich als informelles Imperium auftraten, so lange waren die amerikanischen Verbündeten in Europa formell souverän. Praktisch war zwar auch damals bereits der amerikanische Einfluss insbesondere auf die deutsche Politik erdrückend. Doch gab es zumindest noch Restbestände von Souveränität, insbesondere in der deutschen Wirtschaftspolitik. Solange dies der Fall war, strukturierten das Völkerrecht und damit auch die Grundsätze des Westfälischen Friedens die Beziehungen innerhalb der westlichen Staatengemeinschaft. Die USA mussten in ihrer Europapolitik einerseits auf die formale Souveränität ihrer Verbündeten Rücksicht nehmen und andererseits in einem Machtgleichgewicht handeln.

    Die amerikanischen Neokonservativen wandten sich in den 1990er Jahren gegen das westfälische Modell, weil sich nur so ihr Ideal einer Konsolidierung der eigenen Gesellschaft und letztlich auch der ihrer Verbündeten unter einem dominanten Narrativ durchsetzen ließ. Sie registrierten, dass die moderne Konsumgesellschaft im Gegensatz zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht mehr die gleiche Identifikation mit dem Gemeinwesen und eine daraus resultierende Opferbereitschaft hervorbrachte. Um dem abzuhelfen, zogen sie die Schaffung einer mythischen Weltsicht in Erwägung, die die Gesellschaft auf den Kampf zwischen Gut und Böse einschwören und mit dem Hass auf das vermeintlich Böse auch wieder die Liebe und Identifikation mit dem eigenen Land erzeugen würde. Werte sollten daher in der Außenpolitik wieder eine Rolle spielen und fortan als Türöffner für die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten dienen. Um eine solche Einmischung zu begründen, sollte die Verantwortung zum Schutz (Responsibilty to Protect) zu einem Pfeiler des Völkerrechts werden. Der Westfälische Frieden, der eine solche Einmischung aus guten Gründen untersagte, wurden von den Neokonservativen als „Westfailure“ (2) verhöhnt.

    Dass damit auch all die destabilisierenden Elemente in die Politik zurückkehren würden, die im 17. Jahrhundert den 30-jährigen Krieg und andere Bürgerkriege ausgelöst hatten, interessierte die Neokonservativen nicht. Denn ein Verantwortungsgefühl gegenüber der Welt und dem Frieden war ihnen unbekannt. Verantwortungsbewusstsein kannten sie nur gegenüber den USA, von deren Erhabenheit und Glorie sie träumten, wobei sie dabei hauptsächlich an ihre eigene privilegierte Klasse dachten und nicht unbedingt an die arbeitende Bevölkerung. Sie wollten mit den Werten der Demokratie sprichwörtlich einen Dschihad führen. Ihnen ging es vor allem darum, sich erneut wie die ersten Entdecker und Siedler zu fühlen, die in die Wildnis vordrangen und eine unklare Grenze nach Westen verschoben. Hinter der äußerst blutigen und aggressiven Außenpolitik stand eine fast kindliche Unreife. (...)
    Die kurze Phase des europäischen Widerstands

    Die Schattenseite des alleinigen amerikanischen Supermachtstatus wurde für die Europäer erst nach der Jahrtausendwende allmählich sichtbar. Im Zuge des Terroranschlags vom 11. September 2001, der im Einsturz des World Trade Centers kulminierte, begannen die USA nun offen als Imperium mit globalen Ansprüchen aufzutreten. Noch während des Kalten Krieges hatten sie sich ganz anders verhalten. Obwohl sie auch damals schon über ausländische Militärbasen verfügten, sich in die Innenpolitik zahlreicher Länder einmischten und ihre eigene Währung als Weltwährung etabliert hatten, stritten sie stets ab, ein Imperium zu sein und hielten nach außen den Anschein aufrecht, die Souveränität ihrer Verbündeten zu achten.

    Doch nach dem 11. September begann man in Washington Bündnistreue zu fordern, die Souveränität der Verbündeten wurden nun immer direkter beschnitten. Präsident W. Bush verkündete eine Woche nach den Anschlägen in seiner Rede an die Nation : „Jede Nation in jeder Region hat eine Entscheidung zu fällen. Ihr seid entweder mit uns oder mit den Terroristen.“ (3) In der Folge etablierten die USA eine Präventivkriegsdoktrin, die Angriffskriege der USA ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates legitimierte. An die Stelle der vom UN-Sicherheitsrat gewährleisteten Legitimität sollte nun das Recht der USA treten, Länder anzugreifen, von denen sie sich aus welchen Gründen auch immer bedroht fühlten. Dies bedeutete, dass die USA in Zukunft relativ willkürlich und ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrats handeln konnten.

    Zum ersten Mal war diese Doktrin im zweiten Jugoslawienkrieg 1999 angewendet worden. Nun, im Jahr 2003, sollte diese Doktrin erneut angewendet werden und so allmählich zum Gewohnheitsrecht werden. Der ebenfalls schon ohne UN-Mandat durchgeführte Jugoslawienkrieg war von den Europäern noch als Ausnahme gezählt worden, dem Afghanistankrieg hatte man unter dem Schock der Ereignisse vom 11. September 2001 zugestimmt. Doch beim Irakkrieg wurde den Europäern allmählich bewusst, wohin die USA die Welt führten, nämlich in eine Zukunft, in der die Prinzipien des Westfälischen Friedens nicht länger gelten würden. Erst jetzt schien man in Berlin und Paris die Konsequenzen zu begreifen. Es kam von europäischer Seite zu einer kurzen Phase des Widerstands. Diese manifestierte sich im gemeinsamen „Nein“ des damaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac, des deutschen Kanzlers Gerhard Schröder und des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Europäer setzten sich dafür ein, dass die Präventivschlagsdoktrin der USA nicht die Vereinten Nationen ersetzten würde.

    Doch letztlich blieb diese kurze Allianz zwischen Paris, Berlin und Moskau von einzelnen Politikern und konkreten Umständen abhängig. Sie konnte nicht in eine dauerhafte Weltsicht und einen etablierten Konsens übersetzt werden, weshalb es auch nicht zur Institutionalisierung dieser Ideen kam. Dies war auch schon alleine deshalb außerordentlich schwierig, weil die USA auch damals bereits über eine kulturelle und mediale Hegemonie in Europa verfügten und somit eine autonome europäische Selbstverständigung schon in der Frühphase stören konnten. Nach dieser kurzen Phase des eher spontan entstandenen Widerstands folgte dann mit Angela Merkel auf deutscher Seite und Nicolas Sarkozy und François Hollande auf französischer die Phase der Akzeptanz und Unterstützung des Konzepts einer unipolaren Weltordnung, die als „internationale regelbasierte Ordnung“ bezeichnet wurde.

    Warum trugen die Europäer die ehrgeizigen Pläne Washington mit ? Warum haben sie sich nicht nachhaltiger gewehrt und auch versucht, gegen amerikanische Widerstände eine Debatte über diese außenpolitischen Planungen durchzusetzen? Wäre es nicht gerade der wesentlich älteren europäischen Zivilisation zugekommen, die Amerikaner vor der Unvermeidlichkeit des Krieges zu warnen, der in ihrer Machtprojektion beschlossen lag ? Doch die europäische Politik bezog sich vor allem auf die Innenpolitik und besaß kaum ein Bewusstsein von der Möglichkeit eines eigenständigen europäischen Wegs.

    Darüber hinaus war in Europa eine Generation von Politikern an die Macht gekommen, die erstmals ohne große Weltanschauungen aufgewachsen war. Das Zerbrechen des Sozialismus löste auch die Abwicklung der Sozialdemokratie aus. Und Kommunismus, Nationalismus, Katholizismus und Konservativismus hatten schon in den Jahrzehnten zuvor eine fundamentale Kritik erfahren. Das Vakuum wurde durch neoliberale Sichtweisen und letztlich durch die Legitimierung von Egoismus in Bezug auf das eigene Fortkommen ersetzt. Infolgedessen kam eine Klasse an Politikern an die Macht, die sich nur noch für ihre eigene Karriere, aber nicht mehr für den Gang der Geschichte verantwortlich fühlte. Die Weltordnungskonzepte den Amerikanern zu überlassen, erwies sich nun als rationales Kalkül. (…)
    Abgleisung der Europäischen Union

    Im Jahr 2005 erschien Jeremy Rifkins Buch „The European Dream : How Europe’s Vision of the Future Is Quietly Eclipsing the American Dream“ (Der europäische Traum – Wie Europas Zukunftsvision den amerikanischen Traum leise in den Schatten stellt). In diesem Buch hebt der Autor deutlich hervor, dass, gemessen an den äußeren Daten, Europa weit besser zur globalen Supermacht geeignet wäre als die USA. Es hätte ein fortschrittlicheres Verständnis von Diplomatie, eine größere Wirtschaftsleistung, ein besseres Ausbildungsniveau und so weiter. Was der Autor allerdings übersah, war, dass der Europäischen Union eine wichtige Komponente für Selbstständigkeit und Souveränität fehlte. Und dies war ein Bewusstsein ihrer selbst.

    Europa war im 19. Jahrhundert das unangefochtene Zentrum von Wirtschaft, Technik, Fortschritt und Wissenschaft. Allerdings war es in Nationalstaaten unterteilt, von denen einige Imperien aufbauten, was wiederum Konflikte zwischen ihnen hervorrief, die letztlich das Jahrhundert der europäischen Kriege auslösten. Europa war mit dem Paradox konfrontiert, dass es gerade seine wirtschaftliche, technische und wissenschaftliche Überlegenheit war, die den Kontinent zwischen 1914 und 1945 zweimal hintereinander fast zerstörte. Hinzu kam, dass der Zweite Weltkrieg insbesondere für Deutschland eine moralische Niederlage darstellte und das Land mit dem eigenen Bösen konfrontierte. Deutschland, das noch wenige Jahrzehnte zuvor für seine Kultur und Zivilisation geachtet wurde, hatte die bis dahin größte Barbarei der Menschheitsgeschichte ins Werk gesetzt. Die weitreichende Zerstörung in Verbindung mit einer nicht nur militärischen, sondern auch moralischen Niederlage hat das Land nachhaltig traumatisiert. Aufgrund der führenden Rolle Deutschlands in der Europäischen Union übertrug es diese Haltung auf weitere Teile Europas. Das Resultat ist eine massive Unsicherheit Europas sich selbst gegenüber.

    Die Anwesenheit der Amerikaner nach 1945 bot hier einen leichten Ausweg. Anfangs war es die offensichtliche Niederlage, die die Deutschen zum Verzicht auf Souveränität zwang. Doch mit der Zeit wurden auch die Vorteile spürbar. Indem man seine Souveränität nach Übersee übertrug, übertrug man auch die Verantwortung und damit das Risiko, erneut schuldig zu werden. Insbesondere für die Westdeutschen stellte die amerikanische Hegemonie eine psychologische Garantie dafür dar. Die Erinnerung an die einstige Souveränität der einzelnen europäischen Staaten und das Mächtegleichgewicht, das sie untereinander bildeten, wurde mit den Erinnerungen an die Weltkriege verkoppelt und auf diese Weise als etwas Negatives bewertet, zu dem man nicht zurückkehren wollte. Angesichts der Scham und des Schmerzes über die Schuld am Zweiten Weltkrieg konnte man auf einer unbewussten Ebene fast Dankbarkeit für die verlorene Souveränität empfinden.

    Da Deutschland und mit ihm viele andere europäische Staaten vor allem in Fragen der Sicherheits- und Außenpolitik ihre Souveränität nach Washington übertragen hatten, verfügten die USA über die Freiheit, nach Belieben in europäische Belange eingreifen zu können. Während europäische Geheimdienste darauf achteten, dass weder Russland noch die Türkei oder der Iran Einflussnetzwerke in Europa installierten, drückte man bei den Amerikanern alle Augen zu. Ihnen war es erlaubt, zum Beispiel in Deutschland eine Atlantikbrücke zu betreiben, die Vertreter in allen Parteien ihre eigenen nannte und so auf den politischen Ausleseprozess in gleich mehreren Parteien Einfluss nehmen konnte.

    Auch die Fähigkeit der USA, medial in Europa Einfluss auszuüben, wurde von den Europäern nie unterbunden. Und so waren die USA in der Lage, das Streben der jungen Europäischen Union nach Souveränität abzugleisen. Hätte die Europäische Union ihr Versprechen von Frieden und Demokratie wirklich wahr machen wollen, so wäre es unumgänglich gewesen, die Union zunächst zu vertiefen, ihr im ersten Schritt Merkmale von Staatlichkeit zu verleihen, ehe man sie erweiterte. Doch die USA setzten sich in Politik und Medien für eine schnelle Erweiterung der Europäischen Union ein. Einmal um zwölf Staaten erweitert, war sichergestellt, dass jeder weiteren Diskussion über eine Vertiefung und damit verbundene Aneignung von Souveränität kein Erfolg beschieden sein konnte.

    Dies wurde den Europäern schmerzhaft bewusst, als sie sich in Paris, Berlin und Moskau im Jahre 2003 gerade zum gemeinsamen „Nein“ zum Irakkrieg durchgerungen hatten. Davon nicht sonderlich irritiert, erklärte Donald Rumsfeld, es gäbe jetzt ein „New“ und ein „Old Europe“. Die neu aufgenommenen Staaten Osteuropas seien das „New Europe“, dessen Außenpolitik sich in Zukunft eng an die Washingtons anlehnen würde. Damit war jeder Versuch verunmöglicht worden, eine eigene europäische Außenpolitik der EU zu definieren. Durch die schnelle Erweiterung, die an einen vorangegangenen NATO-Beitritt gekoppelt war, (4) waren die Europäer in eine transatlantische Falle getappt. Von nun an stand von vornherein fest, dass jede Initiative hin zu einer eigenständigen europäischen Außenpolitik von Polen, den baltischen Staaten sowie weiteren osteuropäischen Staaten wie Tschechien oder Rumänien verhindert werden würde. Die einzige Möglichkeit für die EU, als Ganzes einen außenpolitischen Konsens herzustellen, bestand darin, diesen zusammen mit den USA zu formulieren. Und das bedeutete, dass die EU ihr Friedensversprechen verraten und fortan bereit sein musste, die Funktion des amerikanischen Brückenkopfes in Eurasien zu spielen. Konkret bedeutete dies, dass die EU als Basis für eine zukünftige Destabilisierung Russlands dienen würde.

    Auch Versuche, den Euro in Konkurrenz zum Dollar als Weltwährung zu etablieren, scheiterten am konstanten Einfluss der USA auf die innereuropäischen Belange. Griechische Schulden, die mit Hilfe der amerikanischen Bank Goldman Sachs im griechischen Schattenhaushalt versteckt worden waren, lösten 2010 die bislang größte Währungskrise in der Europäischen Union aus. Die Sparpolitik, die daraufhin unter Führung von Angela Merkel den Staaten der Europäischen Union auferlegt wurden, stellte sicher, dass der Euro nicht mit dem Dollar konkurrieren konnte und bremste zudem das Wirtschaftswachstum für viele Jahre. War in den 2000er Jahren das Bruttosozialprodukt der EU noch etwas größer als das der USA, drehte sich dieses Verhältnis als Folge der Austeritätspolitik drastisch um. Nichts fiel der neokonservativen Fraktion in Washington so leicht, wie Europa als Konkurrenten auszuschalten. Denn Europa, das noch immer von den Traumata zweier Weltkriege belastet war, fürchtete sich auf einer unbewussten Ebene vor Souveränität und Selbstständigkeit und half daher den Amerikanern bei der eigenen Eindämmung. (…)

    Die deutsche Ausgabe von Brzezińskis berühmtem Buch „The Grand Chessboard“ („Die einzige Weltmacht“) enthält ein Vorwort von Hans-Dietrich Genscher. Genscher bemüht sich darin, Brzezińskis Deutung der Geographie europäisch zu interpretieren und entgegen der inhärenten Logik des Textes als Aufforderung zur Zusammenarbeit zu begreifen. Doch diese Deutung kommt einer Selbsttäuschung gleich, insofern der Text diese Interpretation einfach nicht stützt. Hier war eindeutig der Wunsch Vater des Gedankens. Und dieser Wunsch durchzieht die gesamte europäische Politik seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Europäer haben sich ein Amerika gewünscht, das bei Lichte betrachtet nicht existiert. Wie in einer Missbrauchsbeziehung haben sie die Fehltritte Amerikas entschuldigt und auf Besserung gehofft. Und so haben sie selbst dort nicht den amerikanischen Analysen widersprochen, wo diese wie im Fall Brzezińskis dramatisch hinter den Wissens- und Erfahrungshorizont der Europäer zurückfielen. (…)
    Deutschland mit zwei Identitäten

    (…) Egon Bahr, der Architekt der deutschen Ostpolitik unter Willy Brandt, [war] in den Umbruchsjahren eigens nach Moskau gereist, um die Russen davor zu warnen, zu naive Zugeständnisse zu machen und stattdessen eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur unabhängig von der NATO zu erarbeiten. (5) Er prognostizierte richtig, dass eine Aufrechterhaltung der NATO in einen neuen Kalten Krieg einmünden würde. Auch ließ sich Deutschland in den Amtszeiten Kohls und Schröders auf eine enge wirtschaftliche Kooperation ein, die beiden Seiten nützte. Hinzu traten Initiativen wie das Deutsch-Russische Forum oder der Petersburger Dialog, die den Willen der deutschen Gesellschaft nach Aussöhnung und dauerhafter Freundschaft zum Ausdruck brachten. Doch diesen positiven Ansätzen, die ihren Höhepunkt in der Amtszeit Gerhard Schröders fanden, standen auch negative gegenüber. Deutschland beteiligte sich an der Zerschlagung Jugoslawiens und übte in den 1990er Jahren zusammen mit den USA Druck auf Russland aus, wenn es darum ging, Moskau zum Verzicht auf eigene außenpolitische Positionen zu bewegen.

    Denn Deutschland besaß in all diesen Jahren zwei Identitäten, es begriff sich sowohl als europäisches als auch als westliches Land. Als europäisches Land strebte es die Aussöhnung mit Russland an und wollte die Lehren aus zwei Weltkriegen und einem Kalten Krieg ziehen; als Vertreter des Westens wirkte es daran mit, Russland aus Europa auszuschließen und die Gräben der Weltkriege und des Kalten Krieges erneut aufzureißen. Und so schwankte es beständig zwischen Kooperation und einer Übernahme des amerikanischen Siegestaumels.

    Mit dem Amtsantritt Merkels begann die letztere Haltung allmählich zu überwiegen. Nun beteiligte sich die deutsche Presse auch immer stärker an dem von den USA ausgehenden Informationskrieg gegen Russland. Damit wurde etwas möglich, was all die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland unmöglich erschien. Je feindseliger die deutsche Presse über Russland schrieb, desto leicht kamen im Berliner Konkurrenzkampf Politiker in führende Positionen, die heimlich von aus dem Zweiten Weltkrieg stammenden Revanchegelüsten gegenüber Russland getrieben waren. Immer größer wurde so der Kreis an deutschen Politikern, die alle Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg arrogant beiseiteschoben und aktiv auf eine Zerstörung der deutsch-russischen Beziehungen hinarbeiteten. Die politischen Grundsätze der Entspannungspolitik Brandts, Schmidts, Kohls und Schröders wurde in wenigen Jahren aufgelöst und dem Vergessen überantwortet. (…)
    Hegemonie über die moderne Welt

    Solange Russland als der östliche Teil Europas seine Souveränität nach ihrem kurzfristigen Verlust in den 1990er Jahren allmählich zurückgewann und sich der Schwächung der europäischen Identität widersetzte, so lange bestand für ganz Europa die Möglichkeit eines Vergleichs und damit auch einer Umkehr. Zwar war es den USA gelungen, während des Kalten Krieges die in der Neuzeit entstandene europäische Weltkultur neu zu interpretieren und in ein machtvolles Instrument ihrer eigenen globalen Einflussnahme zu verwandeln. Doch war ihre Hegemonie über die europäische Kultur nicht lückenlos. Solange Russland über Souveränität verfügte und sich unabhängig von den USA in der Welt und in der Geschichte orientieren konnte, so lange bestand auch für das übrige Europa die Chance, seine eigene Position zu erkennen und sich seiner eigenen Identität und Geschichte zu erinnern.

    Denn die amerikanische Interpretation der europäischen Kultur war nur unter der Bedingung wirklich stark und dominant, dass sie die einzige Interpretation der europäischen Kultur war. Sobald die Möglichkeit eines Vergleichs bestand, wurde sofort der synthetische Charakter der postmodernen Werte sichtbar. Kein Mensch, der die Schönheit und das Kulturniveau einer voll entwickelten bürgerlichen Kultur gesehen hat, könnte sich danach noch für die in lauter Lifestylegruppen zersplitterten postmodernen Gesellschaften erwärmen. Gerade weil die amerikanische Interpretation der europäischen Kultur letztlich auf einer manipulativen Umwertung ihrer tragenden Prinzipien beruhte, konnte sie den Vergleich mit dem Original nicht standhalten. Die bloße Tatsache, dass sich Russland der postmodernen Umwertung der europäischen Kultur nicht anschloss, stellte somit für die USA eine Bedrohung dar.

    Zugleich ging eine solche Bedrohung für die USA nicht von China, Indien oder dem Iran aus, die zwar den amerikanischen Supermachtstatus geographisch, militärisch und wirtschaftlich herausforderten, die auch in ihrer jeweiligen Region die amerikanischen Interessen durchkreuzen konnten, die aber als außereuropäische Mächte keine Möglichkeit besaßen, auf die Interpretation der europäischen Kultur selbst einzuwirken. Im „hermeneutischen Weltbürgerkrieg“ (6) besaßen China, Indien und Iran nur eine regionale, aber keine globale Stimme. So wie für Europäer die Kulturunterschiede zwischen China und Japan kaum wahrnehmbar sind, so schwierig ist es für Chinesen, die USA und Europa voneinander zu unterscheiden oder die Moderne von der Postmoderne zu trennen. Nur wer Teil eines Kulturkreises ist, kann dessen kulturelle Quellen erfühlen, kann dessen Entwicklungsrichtung beurteilen und kann die eigentliche Kultur von ihrer ideologischen Verformung trennen.

    Weil in der gesamten europäischen Welt heute nur noch Russland über Souveränität verfügt, kommt in der heutigen Welt diese Rolle nur Russland zu. Würde die Russische Föderation ihre Souveränität verlieren, so könnte die westliche Welt zwar immer noch wirtschaftlich und militärisch herausgefordert werden. Aber die dauerhaft amerikanische Hegemonie über die bestehende Weltkultur wäre dann wahrscheinlich kaum noch umzukehren. Diese Sonderrolle Russlands in der heutigen geopolitischen Auseinandersetzung erklärt, warum sich die USA von ihrer Gegnerschaft gegenüber Russland nie haben lösen können, warum sie bis zum heutigen Tag mehr Ressourcen für die Eindämmung Russlands ausgeben als für die Chinas, obgleich China der eigentliche wirtschaftliche Herausforderer der USA ist.

    Dieser Widerspruch wird aber schnell verständlich, wenn man versteht, dass in der heutigen Welt Macht zu einem ganz erheblichen Maße eine geistige und kulturpolitische Dimension angenommen hat. Haben sich die Weltmächte im 19. und 20. Jahrhundert noch vorrangig um die Kontrolle geographischer Räume und die dort gelagerten Rohstoffe gestritten, so ist seit der Mitte des 20. Jahrhunderts ein neuer Faktor hinzugetreten. Der neue geographische Raum, der nun im 21. Jahrhundert die Aufmerksamkeit aller militärischen Strategen verlangt, liegt im Bereich der Kultur und den kulturformenden Institutionen, also den Medien, den Universitäten, der Wissenschaft. Haben sich die Strategen des 19. Jahrhunderts um die Kontrolle von Meeresengen und Gegenküsten gestritten, so streiten sich die Strategen des 21. Jahrhunderts um die Frage, wer die Massenformation des Weltbewusstseins kontrolliert. Weil aber dieses Weltbewusstsein in den vergangenen 500 Jahren im ganz erheblichen Maße von Europa geformt worden ist, kann nun auch seine weitere Prägung kurzfristig nur von einer größeren Macht ausgehen, die in Europa beheimatet oder zumindest wie die USA von Europäern besiedelt worden ist. Langfristig wäre es zwar durchaus vorstellbar, dass auch China, Indien und Iran ihre eigenständige Interpretation der modernen Welt entwickeln und über diese globalen kulturpolitischen Einfluss gewinnen. Doch kurzfristig steht nur einer europäischen Macht und den USA diese Möglichkeit offen. (…)
    Der Westen – Eine Anomalie der Geschichte

    Allmählich stellte sich auf diese Weise ein kolonialisiertes Bewusstsein der Europäer her. Über die Jahrzehnte wurde dieser psychologische Einfluss der USA auf die Europäer zur Hauptsäule ihrer politischen Macht in Europa und war bald wichtiger als der direkte militärische und wirtschaftliche Einfluss. Die Tradition Europas, Frieden durch Herstellung eines Machtgleichgewichts zu suchen, wurde durch das amerikanische Denken in Feindbildern und das amerikanische Streben nach nackter Gewalt überschrieben. Von Krise zu Krise wurde es für die Europäer immer schwieriger, sich überhaupt noch als eigenständiges Subjekt wahrzunehmen und über die eigene Geschichte sowie daraus abgeleitete Interessen nachzudenken.

    Spätestens seitdem die USA mit Unterstützung der EU und Deutschlands 2014 einen Staatsstreich in der ukrainischen Hauptstadt Kiew durchführten, befindet sich der gesamte europäische Kontinent in einem Zustand der hypnotischen Starre. Dass die Ukrainepolitik allem widerspricht, wofür sowohl das Projekt der europäischen Einigung als auch die deutsche Außenpolitik seit 1949 eigentlich gestanden haben, konnte fortan nicht mehr öffentlich artikuliert werden. Fast die gesamte politische Klasse sowie alle maßgeblichen Institutionen reagieren fortan nur noch auf Signalwörter und bewegen sich reflexionslos in Richtung Krieg.

    Dieser den Europäern auferlegte Zustand einer unbewussten Orientierungslosigkeit schloss selbstverständlich aus, dass ein selbstbewusster Akteur wie Russland, der seine Geschichte kannte und über eine eigenständige Orientierung in der Welt verfügte, sich an den innerwestlichen Diskussionen beteiligt hätte. Russland besaß das Potenzial, die Europäer an das zu erinnern, was sie verloren hatten, insbesondere dann, wenn es zu gemeinsamen Strategiedebatten kommen sollte. Russland musste deshalb aus amerikanischer Sicht möglichst aus Europa herausgehalten werden, ja auch als Gesprächspartner möglichst isoliert werden. Denn bereits die Gespräche zwischen europäischen und russischen Diplomaten stellten für den amerikanischen Einfluss eine Gefahr dar.

    Russland hatte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Gestalt des Sozialismus ein eigenständiges Zivilisationsmodell entwickelt und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts den Status einer Supermacht eingenommen. Auch im 19. Jahrhundert war Russland neben Frankreich, Deutschland und Italien eine der prägenden Kulturnationen Europas gewesen, mit maßgeblichen Beiträgen im Bereich der Literatur, Musik und Philosophie. Vor dem Hintergrund dieser Vergangenheit betrachtete Russland die Verwestlichung Europas mit ganz anderen Augen. Russland war zwar in den 1990er-, 2000er- und 2010er Jahren bereit, eine Allianz mit dem Westen einzugehen. Und die Angebote Moskaus, Russland könne selbst der NATO beitreten (7) und immer engere wirtschaftliche Verflechtungen mit der EU eingehen, ja sogar akzeptieren, dass „irgendwann in der Zukunft Brüssel unsere gemeinsame Hauptstadt ist“, (8) waren durchaus ernst gemeint.

    Doch war von Anfang an klar, dass mit dem Eintritt Russlands sich die westliche Welt selbst hätte fundamental ändern müssen. Mit dem russischen Staat hätte ein Akteur am Tisch Platz genommen, der die Prozesse der kulturellen Transformation nicht wie die Politiker Deutschlands, Italiens und Frankreichs als natürliche Prozesse hinnahm und akzeptierte, sondern jemand, der sie aus eigener machtpolitischer Erfahrung kannte und entsprechend auch zur Diskussion gestellt hätte. Russland wäre deshalb nur in den Westen integrierbar gewesen, wenn die bis dahin verdeckt ausgeübte kulturpolitische Macht der USA zu einem gemeinsamen politischen Inhalt der gesamten Allianz geworden wäre, was wiederum Diskussionsprozesse angestoßen hätte, die zu einer veränderten Bewertung und damit auch Politik hätten führen müssen.

    Dies wiederum bedeutet, dass Russland nur in den Westen integrierbar gewesen wäre, wenn die USA Europa in die Unabhängigkeit entlassen hätten. Damit aber wären die USA nicht länger das administrative Zentrum des Westens gewesen. In gewisser Weise hätte dies die Auflösung beziehungsweise Neuschöpfung des Westens bedeutet. Statt einer unipolaren Struktur, deren Zentrum in den USA lag, wäre eine tripolare Struktur mit drei Zentren entstanden, deren Mitte allerdings Europa gebildet hätte. Mit diesem neuen Europa hätten sich sowohl Russland als auch die USA nur auf dem Weg einer partnerschaftlichen Beziehung verbinden können. Der Westen hätte sich in den größeren europäischen Kulturraum transformieren müssen, um Russland zu integrieren. In diesem größeren europäischen Kulturraum, der dann wirklich von Vancouver bis Wladiwostok gereicht und aus drei unabhängigen Zentren bestanden hätte, hätten die USA dann gleichberechtigte Beziehungen zur EU und zu Russland pflegen müssen.

    Bis zum 24. Februar 2022 war Russland ein Land gewesen, das sich der europäischen Kultur tief verbunden gefühlt hatte, in gewisser Weise einen europäischen Traum besaß und das Wohlergehen Europas wünschte, ja zu ihm beitragen wollte. Diesen Freund verstoßen und möglicherweise dauerhaft verloren zu haben, indem man wie einst die oberste Heeresleitung im Ersten Weltkrieg die Abtrennung der Ukraine von Russland plante, ist die vielleicht dramatischste Fehlentscheidung Europas in seiner gesamten Geschichte. Wie weit Russland jetzt durch seine Integration in das neue Bündnissystem der BRICS-Staaten sich von Europa entfernen wird, bleibt abzuwarten. Der in den letzten 300 Jahren vorherrschende ausschließliche Bezug Russlands auf Europa wird sich aber wohl so schnell nicht wieder herstellen. Allerdings lassen sich kulturelle Prägungen nur über Generationen und nicht kurzfristig verändern, weshalb die Möglichkeit einer erneuten, auf der gemeinsamen Kultur begründeten Allianz der Staaten der EU mit Russland immer noch denkbar ist.

    Hauke Ritz, Vom Niedergang des Westens zur Neuerfindung Europas, Promedia, 272 Seiten, 23 Euro

    Über den Autor: Hauke Ritz, Jahrgang 1975, studierte allgemeine und vergleichende Literatur- sowie Religions- und Kulturwissenschaften an der FU und HU Berlin. Er unterrichtete unter anderem an der Universität Gießen und der Lomonossow-Universität Moskau. Gemeinsam mit Ulrike Guérot veröffentlichte er 2022 das Buch „Endspiel Europa“.

    Titelfoto: Westliche Staatsschefs beim G7-Gipel in Italien im Juni 2024 | Bild: picture alliance / Anadolu | Baris Seckin
    ...

    Anmerkungen

    (1) Als Oskar Lafontaine 1998 als Finanzminister der damals noch jungen rot-grünen Regierung darauf hinwies und einen eigenen europäischen Weg vorschlug, wurde er von der britischen Presse als der gefährlichste Mann Europas tituliert. Kurze Zeit später reichte er seinen Rücktritt ein.
    (2) Susan Strange : The Westfailure System, The Review of International Studies 25, 1999, S. 345-354
    (3) The White House, Address to a Joint Session of Congress and the American People, 20. September 2001
    (4) Hannes Hofbauer, Europa – Ein Nachruf, Promedia Verlag, Wien 2020, S. 188
    (5) Wladimir Putin, Gastbeitrag : Offen sein, trotz der Vergangenheit, Die ZEIT, 22. 6. 2021
    (6) Jacob Taubes, Die Welt als Fiktion und Vorstellung, in : Funktionen des Fiktiven – Poetik und Hermeneutik, Bd. 10, München 1983, S. 421
    (7) Johannes Arends, Ex-NATO-Chef : „Putin wollte zu Beginn seiner Amtszeit beitreten“, Kurier.at, 04. 11. 2021
    (8) Vgl. : Moskau-Besuch : Schröder und Chirac besänftigen Putin, Spiegel Online, 04. 04. 2004

    #géopolitique #Europe #histoire #impérialisme #guerre_de_trente_ans #guerre_froide #Russie

  • La vulnérabilité militaire de l’Europe : un angle mort de la gauche occidentale

    Le paradoxe européen : puissance économique, faiblesse militaire

    Dans cet article, Hana Perekhoda, militante ukrainienne, examine ce qu’elle appele une contradiction fondamentale dans la pensée de la gauche européenne : l’opposition au réarmement de l’Europe basée sur son statut présumé de puissance impérialiste, alors que la réalité révèle une vulnérabilité militaire alarmante. Face à l’agression russe contre l’Ukraine et dans un contexte géopolitique de plus en plus instable, l’auteure nous invite à repenser notre conception de la défense européenne et les conséquences d’un abandon moral des pays d’Europe de l’Est. Elle lance un appel urgent à réconcilier la préservation du cadre démocratique européen avec une lutte intérieure pour sa transformation sociale. [AN]

    https://entreleslignesentrelesmots.wordpress.com/2025/02/18/la-lutte-pour-la-liberte-en-ukraine-est-intimement-liee-a-la-lutte-globale-contre-la-montee-des-forces-fascistes/#comment-66373

    #europe

  • 13 Millionen Euro : Wie Pharma-Anwälte mit Steuergeld über 1.000 Klagen von Corona-Impfgeschädigten abwehren
    https://multipolar-magazin.de/artikel/corona-haftungsfreistellung

    Dans un article scientifique une statistique montre que les vaccins européens contre le covid-19 ont fait plus de mal que du bien. Aujourd’hui les milliers de patients qui en ont souffert se trouvent face à un mur juridique érigé par les entreprises pharmaceutiques et financé par l’état allemand.

    Dans les contrats de livraison les politiciens et fonctionnaires ont garanti aux managers et entreprises de couvrir tous les frais juridiques et de leur rembourses les sommes de dédommagement en cas de jugements en leur défaveur.

    Je disais qu’on s’est fait avoir. Le soupçon se confirme.

    9.4.2025 von Karsten Montag - In den Kaufverträgen für die Corona-mRNA-Präparate hat sich die Bundesregierung auf eine Haftungsfreistellung für die Hersteller eingelassen: Klagen Geschädigte vor Gericht, übernimmt der Staat die Kosten der Pharma-Anwälte. In über 1.000 Gerichtsverfahren ist so bislang ein zweistelliger Millionenbetrag an Biontech & Co. geflossen. Die Gerichte verlassen sich bei ihren Entscheidungen auf Gutachter, die von der Regierung abhängig sind – ein gravierender Interessenkonflikt, der von den Richtern ignoriert wird. Die AfD spricht vom „größten Justizskandal“ in der Geschichte der Bundesrepublik.

    KARSTEN MONTAG, 9. April 2025, 7 Kommentare, PDF

    Am 11. November 2020 schloss die EU-Kommission mit Pfizer und Biontech Verträge über die Abnahme der zu diesem Zeitpunkt noch nicht zugelassenen Corona-mRNA-Präparate. Ähnliche Verträge wurden im gleichen Zeitraum auch mit den anderen Herstellern unterzeichnet. Bereits während der Verhandlungen war bekannt geworden, dass die Hersteller eine begrenzte Haftung forderten, falls die Präparate unerwartete Nebenwirkungen zeigen sollten. In den von der EU-Kommission veröffentlichten Verträgen sind die entsprechenden Passagen größtenteils geschwärzt. Mittlerweile sind jedoch vollständige Versionen aufgetaucht. So heißt es etwa im Vertrag mit Biontech/Pfizer unter Punkt I.12:

    „Die Kommission erklärt im Namen der teilnehmenden Mitgliedstaaten, dass die Verwendung der (…) Impfstoffe unter epidemischen Bedingungen erfolgt (…) und (…) daher unter der alleinigen Verantwortung der teilnehmenden Mitgliedstaaten durchgeführt wird. Daher entschädigt jeder teilnehmende Mitgliedstaat den Auftragnehmer, seine verbundenen Unternehmen, Unterauftragnehmer, Lizenzgeber und Unterlizenznehmer sowie die leitenden Angestellten, Direktoren, Mitarbeiter und sonstigen Beauftragten und Vertreter jedes dieser Unternehmen (…) und hält sie schadlos gegen alle entstandenen Verbindlichkeiten, Abfindungen (…) und angemessenen direkten externen Rechtskosten, die bei der Abwehr von Ansprüchen Dritter (einschließlich angemessener Anwaltshonorare und sonstiger Auslagen) im Zusammenhang mit Schäden und Verlusten (…) entstehen, die sich aus der Verwendung und dem Einsatz der Impfstoffe im Hoheitsgebiet des betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaates ergeben oder damit zusammenhängen.“

    Eine Haftungsfreistellung der Hersteller ist lediglich ausgeschlossen, wenn Impfschäden durch „vorsätzlich und wissentlich begangene unerlaubte Handlungen mit dem Vorsatz, schädliche Auswirkungen zu verursachen“ oder durch einen „wesentlichen Verstoß gegen die Gute Herstellungspraxis“ hervorgerufen wurden, gemäß den Anforderungen der EU nach Titel IV der Richtlinie 2001/83/EG. Betroffene können zwar weiterhin auf Basis der Gefährdungshaftung nach Paragraf 84 des Arzneimittelgesetzes von den Herstellern Schadensersatz fordern. Allerdings haben die EU-Mitgliedsstaaten hierfür größtenteils die Haftung übernommen. Die gleichen Regierungen sind jedoch auch für die Zulassung der Präparate verantwortlich. Hierdurch ist ein schwerwiegender Interessenkonflikt entstanden. Der Staat hat keinerlei Anreiz, die Risiken der Produkte zu durchleuchten, im Gegenteil.
    13,2 Millionen Euro für Anwälte in 1.118 Gerichtsverfahren

    Auf eine Anfrage der BSW-Politikerin Jessica Tatti, ob die Bundesregierung plane, die Haftungsfreistellung für die Hersteller der COVID-19-Impfpräparate zu beenden und in welcher Höhe sie bislang Anwaltskosten für die Hersteller übernommen hat, antwortete das Bundesgesundheitsministerium (BMG) Anfang Februar:

    „Mit Unterzeichnung der COVID-19-Impfstoffbeschaffungsverträge haben alle beteiligten Staaten, einschließlich der Bundesrepublik Deutschland, der jeweiligen Haftungsfreistellung zugestimmt. Sowohl auf Bundesebene als auch auf europäischer Ebene wird sichergestellt, dass die Hersteller ausschließlich zulässige und vertretbare Kosten gemäß der Haftungsfreistellung in den europäischen Impfstoffbeschaffungsverträgen ersetzt erhalten. Bisher sind durch die Bundesregierung entsprechende Auszahlungen in Höhe von 13,2 Millionen Euro brutto erfolgt.“

    Multipolar wollte daraufhin vom BMG erfahren, nach welchen Kriterien die Zulässigkeit und Vertretbarkeit der Kosten geprüft werde, in welchen Fällen zu übernehmende Kosten nicht zulässig und vertretbar wären, ob bisher alle angefragten Kosten übernommen wurden und ob auch nationale Vereinbarungen zur Haftungsfreistellung getroffen worden sind. Der Sprecher des Ministers antwortete darauf, letzteres sei nicht der Fall. Die eingereichten Anwaltskosten würden „vom Zentrum für Pandemie-Impfstoffe und -Therapeutika (ZEPAI) beim Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Zusammenarbeit mit einer unabhängigen Rechtsanwaltskanzlei“ überprüft. Zurückgewiesen würden Kosten, die etwa „durch die Beauftragung zweier Kanzleien durch nur einen Hersteller, die Beauftragung privatärztlicher Gutachten im außergerichtlichen Verfahren oder Übersetzungskosten für ausländische Anwälte der beauftragten (internationalen) Kanzlei entstanden sind“. Und weiter:

    „Mit Stand zum 12. Februar 2025 wurden Kosten im Zusammenhang mit insgesamt 1.118 Gerichtsverfahren, in denen Schadensersatz für Impfschäden geltend gemacht wird, übernommen. Hiervon sind 34 rechtskräftig abgeschlossen.“

    Das in der Antwort erwähnte ZEPAI wurde im September 2021 beim PEI eingerichtet und ist seit Mai 2022 zuständig für die „Steuerung der Versorgung der Bevölkerung mit Pandemie-Impfstoffen“. Aufgabe des ZEPAI ist es unter anderem, jederzeit „verfügbare Impfstoffherstellungskapazitäten (Anlagen, Personal, Rohstoffe, technische Verbrauchsmaterialien)“ bereitzuhalten und „die Lieferketten für alle kritischen Zulieferprodukte“ sicherzustellen. Des Weiteren übernimmt die Behörde eine „operative und eine überwachende Funktion“ in der flächendeckenden Verteilung der mRNA-Präparate in Deutschland und überwacht „die Beschaffung, Lagerung und gegebenenfalls Verteilung von pandemierelevanten Therapeutika“. Zu diesem Zweck wurden 2022 mit den Herstellern Biontech, IDT Biologika und Wacker/Corden Pharma so genannte Pandemiebereitschaftsverträge mit einer Laufzeit von maximal acht Jahren abgeschlossen. Die Verträge decken jährliche Herstellungskapazitäten im dreistelligen Millionenbereich ab.

    Eine Anfrage von Multipolar, welche Aufgaben das ZEPAI bei der Überprüfung der Anwaltskosten im Rahmen der Haftungsfreistellung der Hersteller übernimmt, welche Anwaltskanzlei an der Prüfung beteiligt ist und unter welchem Haushaltsposten die Erstattungen und Kosten dieser Kanzlei verbucht werden, beantwortete die Behörde nicht.
    Anwaltshonorare: Das Doppelte des Mindestsatzes

    Multipolar kontaktierte daraufhin Rechtsanwalt Tobias Ulbrich, der mit seiner Kanzlei „Rogert und Ulbrich“ circa 2.500 Mandanten vertritt, die Rechtsansprüche wegen Schäden durch die COVID-Präparate gegenüber Impfstoffherstellern und Versorgungsämtern geltend machen. Auf die Frage, ob die Anwälte der Hersteller aufgrund der staatlichen Finanzierung anders agieren, als dies ohne Haftungsfreistellung zu erwarten gewesen wäre, schildert Ulbrich, dass die Anwählte von Biontech und Moderna in der Regel mit zwei Anwälten zu Gerichtsterminen anreisen würden. Zu Vergleichen sei die Gegenseite generell nicht bereit.

    Ulbrich weist darauf hin, dass bei 1.118 Fällen nach der im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelten Mindestvergütung Anwaltskosten von schätzungsweise zwei bis drei Millionen Euro angefallen wären, nicht 13 Millionen. Er geht daher davon aus, dass die Anwälte der Hersteller nach Stundensatz bezahlt werden. Eine Stichprobe der bisher gefällten Urteile zeigt, dass die Anwaltsgebühren, wenn sie nach RVG abgerechnet würden, zwischen 2.800 und 8.600 Euro je Fall liegen und nicht – wie vom Bundesgesundheitsministerium finanziert – bei knapp 12.000 Euro je Fall. Auf Nachfrage von Multipolar zu den hohen Anwaltsgebühren antwortete das BMG nicht.
    Fast alle Klagen abgewiesen, nur drei Teilurteile zugunsten der Geschädigten

    Ulbrich erklärt des Weiteren, dass bisher noch kein einziges Verfahren zugunsten der Kläger ausgegangen sei. In circa 210 Verfahren wurden die Klagen abgewiesen. Lediglich in drei Fällen sei es zu einem Teilurteil gekommen: beim Landgericht Ravensburg, beim Oberlandesgericht Dresden und beim Oberlandesgericht Bamberg. Alle drei Urteile verpflichten die Hersteller, ihre Pharmakovigilanz-Daten hinsichtlich der ihnen vorgeworfenen Impfschäden offenzulegen und darzulegen, wie es zu den Schäden gekommen ist.

    Aus Sicht Ulbrichs sind die Teilurteile bereits die Vorstufe des Endurteils zugunsten der Geschädigten, denn er geht davon aus, dass die Hersteller dem Auskunftsanspruch nicht nachkommen werden. Konkret nennt er einen Vortrag zum Schadpotential von Biontechs Präparat Comirnaty, zu dem der Hersteller anhand seiner Daten Stellung beziehen soll. Wie im Abgasskandal, in dem Volkswagen die Daten seiner mutmaßlichen Abschaltvorrichtung nicht offengelegt hat, dürften die Richter demnach bei ausbleibender Auskunft auch bei den Schadensersatzklagen gegen die Impfstoffhersteller zugunsten der Kläger entscheiden, so der Anwalt.

    Doch nur in circa 30 Prozent der Verfahren würden die Gerichte überhaupt in die Beweisaufnahme gehen, so Ulbrich weiter. Diese Beweisaufnahmen seien „mehr oder weniger abhängig von den Sachverständigen“. Die Richter an den Landgerichten würden dazu neigen, Pharmakologen zur Beurteilung der Kausalität des Impfschadens und des Nutzen-Risiko-Verhältnisses der Präparate zu laden. Als Beispiele für derartige Sachverständige nannte er die Vizepräsidentin des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Julia Stingl, den Leiter der Abteilung Klinische Pharmakologie des Universitätsklinikums Tübingen, Klaus Mörike, sowie Gunther Hartmann, Professor für Klinische Pharmakologie am Universitätsklinikum der Universität Bonn und Gründer des biopharmazeutischen Unternehmens Rigontec.

    Das BfArM ist in Deutschland für die Zulassung und Registrierung von Arzneimitteln, worunter auch Impfstoffe fallen, zuständig und dem BMG direkt unterstellt. Zudem ist das Institut im Ausschuss der Europäischen Arzneimittelagentur für Humanarzneimittel (CHMP), vertreten. Das CHMP bereitet die Bewertungen der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) vor und beschäftigt sich mit der Zulassung und der Risikobewertung von Arzneimitteln. Klaus Mörike hat in der Corona-Zeit für die COVID-19-Impfung von Schwangeren geworben. Und Rigontec wurde 2017 für über 400 Millionen Euro von dem Biontech-Zulieferer Merck übernommen. Zudem habe Hartmann an Aufsätzen mitgewirkt, in denen Pfizer eine Rolle gespielt habe, wie Ulbrich erläutert.
    Arzneimittelgesetz „ins Gegenteil verkehrt“

    Der Rechtsanwalt, der einen großen Teil der mutmaßlich Impfgeschädigten in Deutschland vor Gericht vertritt, ist der Auffassung, dass die Gerichte, die ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufgrund von Zulassungsentscheidungen oder Auskünften von Gremien im Zulassungsverfahren annehmen und den Vortrag des Gegenteils nicht zuließen, den Gesetzestext des Arzneimittelgesetzes in sein Gegenteil verkehren würden. Allerdings seien die divergierenden Rechtsauffassungen bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt und auch die meisten Oberlandesgerichte hätten sich dazu noch nicht positioniert.

    So seien die Schadensersatzansprüche der Impfgeschädigten in zwei wesentlichen Abschnitten des Arzneimittelgesetzes festgelegt. In Paragraf 25, Absatz 10 heißt es: „Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt“. Und in Paragraf 84, Absatz 1: „Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn 1. das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder 2. der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist“. [Hervorhebungen durch den Verfasser]

    Laut Ulbrich würden die Gerichte argumentieren, dass zwar in den bedingten und unbedingten Zulassungen der Impfpräparate überhaupt nichts von einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis stehe, aber nach Paragraf 25 Absatz 2 Satz 5 Arzneimittelgesetz müsse ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis ja vorliegen, ansonsten hätte es keine Zulassung gegeben. Dies sei die erste „rechtliche Fiktion“, so der Rechtsanwalt. Nicht die tatsächliche Prüfung werde in den Verfahren zum Gegenstand gemacht, sondern sie werde durch eine Rechtsfiktion ersetzt.

    Diese werde durch eine weitere Fiktion gesteigert. Denn die Richter würden die Unterausschüsse der EMA wie das CHMP und den Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) sowie das dem BMG unterstellte PEI zum „Wissenschaftsolymp“ emporheben, um das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis der COVID-19-Impfpräparate als erwiesen anzusehen. Am Beispiel eines Urteils des Oberlandesgerichts Koblenz verdeutlicht Ulbrich, wie der Gesetzestext aus seiner Sicht in sein Gegenteil verdreht wird. So heißt es im Urteil:

    „Die Einschätzungen der genannten medizinisch-pharmazeutischen und damit wissenschaftlichen Fachgremien zur Arzneimittelsicherheit stehen einer sachverständigen Begutachtung gleich, da bereits die gesetzlichen Vorgaben für deren Besetzung sie als sachverständige Stellen qualifizieren. (…) Vor dem erläuterten Hintergrund des maximalen Fachwissens in den Expertengremien ist nicht zu erwarten, dass die Begutachtung durch einen einzelnen Virologen, Pharmakologen oder sonstigen Wissenschaftler als Sachverständigen im hiesigen Einzelfall zu anderen Erkenntnissen führen würde (…). Es wäre lebensfremd anzunehmen, ein einzelner Sachverständiger könnte über weitere Quellen, eine größere Datengrundlage und umfangreicheres Wissen verfügen als die aus jeweils mindestens 27 Personen bestehenden genannten Expertengremien.“

    Fast alle Mitglieder des CHMP unterstehen jedoch der Weisungsbefugnis der Regierungen ihrer Länder – die zugleich Vertriebspartner der Impfstoffhersteller sind und letztendlich für die Schäden haften. Da alle Vertragsstaaten gemeinsam für zweistellige Milliardenbeträge Impfstoffe bestellten, ziehe diese Beschaffungsentscheidung und Bezahlung eine Vorfestlegung für das Prüfergebnis nach sich, argumentiert Ulbrich.

    Eine unabhängige Überprüfung der Einschätzungen dieser Institutionen, die sich in einem Interessenkonflikt befinden, würde im Urteil nicht berücksichtigt, obwohl dies im Arzneimittelgesetz festgelegt sei. Denn die „Erkenntnisse der Wissenschaft“ bezögen sich auf die gesamte peer-reviewte Literatur zu diesem Thema und „gerade nicht“ auf die Expertise der Zulassungsstellen. Damit werde das Gesetz „um 180 Grad ins Gegenteil“ verkehrt – und zwar, so der Rechtsanwalt, „mit einer absoluten Schamlosigkeit“ allen Geschädigten gegenüber. Alle Landgerichte, die Klagen der Geschädigten auf diese Art und Weise abgewiesen haben, würden diesen „Wahnsinn“ mitmachen – ein Vorgehen, das jedoch dem Maßstab widerspreche, den das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein in einem 2013 gefällten Urteil gesetzt hätte.
    Vorsatz der Hersteller?

    Laut Ulbrich bestehen erhebliche Zweifel, ob die Präparate überhaupt ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweisen. So würde ein peer-reviewter Aufsatz im „International Journal of Vaccine Theory, Practice, and Research“ ein negatives Verhältnis bescheinigen. Ferner verweist er auf eine Re-Analyse der veröffentlichten Daten aus den Zulassungsstudien der Hersteller. Die Analyse wird von einem der Autoren – Robert Rockenfeller von der Universität Koblenz-Landau – in einem Vortrag näher erläutert. Daraus geht hervor, dass beim Präparat von Biontech 25 mal mehr schwere Impfnebenwirkungen aufgetreten seien, als schwere COVID-19-Krankheitsverläufe verhindert wurden. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis sei also deutlich negativ. Bei Moderna liege das Verhältnis bei eins. Das bedeute, so Rockenfeller, dass ungefähr genauso viele schwere Impfnebenwirkungen aufgetreten sind, wie schwere Krankheitsverläufe verhindert wurden.

    Rechtsanwalt Ulbrich geht daher davon aus, dass Biontech bereits vor der massenhaften Verabreichung Kenntnis vom negativen Nutzen-Risiko-Verhältnis hatte. Dies würde einen „bedingten Vorsatz“ bedeuten. Biontech habe auch als einziger Hersteller im Vorkaufvertrag mit der EU eine Haftung bei Vorsatz ausgeschlossen. Lediglich bei dem absichtlichem Vorsatz, schädliche Auswirkungen zu verursachen, sei das Unternehmen haftbar (siehe Punk I.12.3 des Vorkaufvertrags).

    Gegen die Haftungsfreistellung für vorsätzliches Handeln würde der so genannte Ordre public sprechen, den es in allen europäischen Staaten gebe. Letztendlich sei dies das Gleiche, als wenn man in eine Allgemeine Geschäftsbedingung einen Passus setze, wonach selbst bei einer sittenwidrigen Schädigung kein Anspruch auf Ersatz bestehe, so Ulbrich. Aufgrund der verhandelten Haftungsfreistellung für Vorsatz könne man dem Hersteller Biontech unterstellen, von dem Schädigungspotenzial gewusst zu haben.

    Ulbrich weist auch darauf hin, dass eine generelle Haftungsfreistellung den Artikeln 1 und 12 der EU-Richtlinie 85/374/EWG widerspricht. Dies sei auch in einer Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union (EuG) deutlich gemacht worden. Dort findet sich unter Randnummer 151 die Feststellung:

    „Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach den Art. 1 und 12 der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (…) der Hersteller eines Produkts für den Schaden haftet, der durch einen Fehler dieses Produkts verursacht worden ist und seine Haftung gegenüber dem Geschädigten nicht durch eine die Haftung begrenzende oder von der Haftung befreiende Klausel begrenzt oder ausgeschlossen werden kann. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, konnten daher weder die Kommission noch die Mitgliedstaaten mangels einer Änderung der Richtlinie 85/374 von deren Bestimmungen abweichen.“

    Was sagen die Parteien im Bundestag?

    Multipolar hat bei den Parteien im Bundestag nachgefragt, ob sie die Haftungsfreistellung für richtig halten, wie sie den Interessenkonflikt der Bundesregierung bewerten und was sie konkret unternehmen wollen, um Impfgeschädigte zu unterstützen. Da die bisherigen gesundheitspolitischen Sprecher von SPD und Linke in der aktuellen Legislaturperiode nicht mehr im Bundestag vertreten sind, hat Multipolar die beiden Parteien nach einem neuen Ansprechpartner gefragt. Nur die Fraktion der Linken hat geantwortet, dass ein neuer Sprecher noch nicht gewählt sei. Von den übrigen Fraktionen hat lediglich der gesundheitspolitische Sprecher der AfD, Martin Sichert, Stellung genommen.

    Sichert vertritt den Standpunkt, dass die Haftungsfreistellung vertraglich nie hätte vereinbart werden dürfen. Dass der Staat für Schäden bei einem experimentellen Präparat aufkomme, sei „hochgradig problematisch“, weil so staatliche Stellen ein besonderes Interesse daran hätten, „Schäden zu vertuschen oder herunterzuspielen“. Da der Staat die Zulassung prüfe und zugleich für Schäden aufkommen müsse, hätte dies eigentlich dazu führen müssen, dass keine staatliche Stelle in Verfahren über Impfschäden mehr angehört werden dürfe, da diese „betroffen vom Ausgang und damit befangen“ seien. Dass Zulassung und Vertrieb aus einer Hand kommen, bedeute, „dass es keinen Schutz der Patienten mehr gibt“. Das müsse dringend geändert werden, indem die „Prüfinstanzen unabhängig von der Regierung“ werden.

    Die Zahlungen an die Anwälte seien hoch, doch das passe zur Coronazeit. Impf-Ärzte hätten sich genauso „eine goldene Nase“ verdienen können wie Betreiber von Testzentren. Biontech habe 2021 und 2022 jeweils über zehn Milliarden Euro Gewinn gemacht – auf Kosten der Steuerzahler. Die Botschaft der Regierung dahinter sei laut Sichert eindeutig: Wer willfährig mitmache und die Regierung unterstütze, würde dafür „mit Steuerzahlergeld reich“. Des Weiteren sieht der AfD-Politiker das Hauptproblem bei den Gerichten, die zwar wüssten, dass RKI und PEI weisungsgebunden dem Gesundheitsminister unterstehen, aber so täten, als wären sie unabhängige Behörden. Es sei „der wohl größte Justizskandal“ in der Geschichte der Bundesrepublik, dass hunderte Gerichte ihre Urteile auf Basis politisch motivierter Einschätzungen von PEI und RKI oder von Sachverständigen der Regierung gefällt hätten, ohne diese als einseitig parteiisch anzusehen.

    Sichert forderte angesichts der „hunderttausenden Geschädigten durch die Corona-Impfungen“ eine Beweislastumkehr, so dass im Zweifelsfall nachgewiesen werden müsse, dass kein Impfschaden vorliegt. Nur so bekämen die Impfgeschädigten schnell Anspruch auf Entschädigungen. Zudem müssten die Kosten der Behandlungen der Impfgeschädigten vom Staat übernommen werden. Denn der Staat habe die Menschen mit Berufsverboten oder Regelungen wie 2G und 3G massiv zur Injektion mit den Präparaten genötigt, so der Politiker.

    CDU, SPD und Grüne äußerten sich auf Nachfrage gegenüber Multipolar nicht.

    Über den Autor: Karsten Montag, Jahrgang 1968, hat Maschinenbau an der RWTH Aachen, Philosophie, Geschichte und Physik an der Universität in Köln sowie Bildungswissenschaften in Hagen studiert. Er war viele Jahre Mitarbeiter einer gewerkschaftsnahen Unternehmensberatung, zuletzt Abteilungs- und Projektleiter in einer Softwarefirma, die ein Energiedatenmanagement- und Abrechnungssystem für den Energiehandel hergestellt und vertrieben hat. Seine bei Multipolar veröffentlichten Recherchen zu den Abrechnungsdaten der Krankenkassen mit Blick auf COVID-19 wurden von verschiedenen Medien aufgegriffen – und erschienen anschließend auch im International Journal of Epidemiology.

    Titelfoto: Biontech-Chef Ugur Sahin, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Biontech-Vorstand Özlem Türeci (2023) | Bild: picture alliance/dpa / Hannes P. Albert

    Weitere Artikel zum Thema:

    „Das Ergebnis entspricht nicht dem, was erwartet wurde – deswegen darf es nicht veröffentlicht werden“ (Interview mit Matthias Reitzner, 20.11.2024)
    Geburtenrückgang, Totgeburten und Impfung: Offene Fragen (Jana Kerac, 23.9.2024)
    „Wie ein Schweigekartell“: Covid-19-Impfschäden werden kaum gemeldet (Interview mit Ina Berninger, 18.9.2024)
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    Strüngmann, Sahin, Biontech: Wer hat wie viel mit den Corona-Injektionen verdient? (Karsten Montag, 29.9.2023)
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    Bedingt wirksam mit negativen Folgen (Karsten Montag, 1.3.2023)
    Kriminelles Behördenversagen: STIKO und Paul-Ehrlich-Institut ignorieren Nachweis der Schädigung von Kindern und Jugendlichen (Karsten Montag, 19.3.2022)
    Der Anstieg der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit den Impfungen: Ein Sicherheitssignal wird ignoriert (Christof Kuhbandner, 21.2.2022)

    #covid-19 #coronavirus #politique #Allemagne #Europe #justice #iatrocratie

  • Missing Link : « Der große Plan »
    https://www.heise.de/hintergrund/Missing-Link-Der-grosse-Plan-10349992.html?seite=all

    Sans mentionner Ayn Rand cet article décrit quelques notions essentielles à l’origine des projets des techno-fascistes de la Silicone Valley. Les idées farfelues de la vieille anticommuniste se dessinent dans l’ombre des multinationales géantes .

    13.4.2025 von Dr. Wolfgang Stieler, Dr. Volker Zota - Elon Musk gilt als Prototyp des egomanischen und skrupellosen Tech-Unternehmers. Doch hinter seinen Eskapaden steckt wahrscheinlich eine toxische Ideologie.

    – Die Rolle von Ideologie
    – Singularität durch Superintelligenz
    – Der digitale Erlöser
    – Intelligenz
    – Eugenik
    – Transhumanismus
    – Catastrophic Risk: Die Obsession mit dem Weltuntergang
    – Effektiver Altruismus und Earn to Give
    – Longtermism: Existenz der Menschheit sichern
    – Relevanz der Ideologie heute

    Den meisten Menschen wird das Akronym TESCREAL vermutlich nicht viel sagen. Dabei hat dieser Komplex aus Transhumanismus, Effektivem Altruismus, Singularität, Catastrophic Risk (Katastrophenrisiken), Eugenik, Artificial Intelligence und Longtermism die Eliten des Silicon Valley vermutlich entscheidend geprägt, allen voran Elon Musk. Es handelt sich um eine interpretative Perspektive auf verschiedene technologische und philosophische Strömungen, die zwar im Valley präsent sind, aber nicht zwangsläufig als einheitliche Weltanschauung verfolgt werden.

    Der Philosoph Émile Torres hat den Begriff TESCREAL gemeinsam mit der KI-Kritikerin Timnit Gebru entwickelt, um deutlich zu machen, dass viel der schillernden, angesagten Ideologien aus dem Silicon Valley einen gemeinsamen Kern haben: Den tief verankerten Glauben an die angebliche Überlegenheit einer technologischen Elite gegenüber den minderwertigen Massen. Und obwohl es so aussieht, als ob die Tech-Bros im Moment vollkommen damit ausgelastet sind, die USA auszuplündern, spielt diese Ideologie noch immer eine wichtige Rolle.

    Die Rolle von Ideologie

    Ideologie zu analysieren, mag auf den ersten Blick sehr akademisch wirken – zumal ein Teil der darin enthaltenen Konzepte ein wenig bizarr sind. Es ist jedoch aus zwei Gründen wichtig: Zum einen dient Ideologie immer der Selbstversicherung und Rechtfertigung des eigenen Tuns nach Außen. Zum anderen ist Ideologie auch immer eine Art geistiger Filter, der hilft, Sinn und Struktur in die Welt zu bringen und Unwichtiges von Wichtigem zu unterscheiden. Jemandes Ideologie zu verstehen, bedeutet also auch immer, zu verstehen, wie er oder sie „die Welt sieht“. Werfen wir also einen Blick auf die unterschiedlichen Elemente von TESCREAL.
    Singularität durch Superintelligenz

    Die Anhänger der Idee einer technischen Singularität gehen davon aus, dass der technische Fortschritt der Menschheit sich im Laufe der Geschichte immer weiter beschleunigt hat. Bereits in Kürze wären die Menschen also in der Lage, eine KI zu bauen, die sich selbst verbessern kann. Ab diesem Zeitpunkt – der Singularität – sei der weitere Verlauf der technischen Entwicklung nicht mehr vorherzusagen. Aus der KI werde sich dann eine übermenschliche „Superintelligenz“ entwickeln, die im schlimmsten Fall die Menschheit vernichtet.

    Die Idee der Singularität wurde in den 1990er Jahren durch einen Artikel des Mathematikers Vernor populär und später von Ray Kurzweil weiterentwickelt. Sie fand besonders im Silicon Valley Anklang, wo sie durch Organisationen wie das Singularity Institute (heute MIRI) institutionalisiert wurde. Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass die Singularitätstheorie zwar diskutiert wird, aber es keine empirischen Beweise für ihre unmittelbare Realisierbarkeit gibt.

    Timnit Gebru vermutet hinter dem Vorhaben keine technische, sondern eine politische Agenda. Gemeinsam mit Torres zieht sie eine historische Linie von den amerikanischen Eugenikern über die Transhumanisten zu den führenden Köpfen von OpenAI, in der es nie um die Zukunft und das Wohl der gesamten Menschheit ging, sondern darum, alles Unnütze und Überflüssige auszusortieren.

    Der digitale Erlöser

    Künstliche Intelligenz nimmt in der TESCREAL-Ideologie eine Doppelrolle ein: Sie ist gleichzeitig die größte Bedrohung und die ultimative Erlösung. Diese paradoxe Position erklärt sich aus dem fast religiösen Glauben an die transformative Kraft der Technologie im Silicon Valley.

    Bezeichnend ist, wie sich die KI-Sicherheitsforschung entwickelt hat: Statt sich auf konkrete Probleme wie Diskriminierung durch Algorithmen zu konzentrieren, beschäftigen sich prominente Forscher mit hypothetischen Szenarien einer Superintelligenz. Das von Musk mitgegründete OpenAI startete als Non-Profit-Organisation für „sichere KI“, verwandelte sich aber später in ein gewinnorientiertes Unternehmen mit Microsoft-Kooperation.

    Die Ironie: Unter dem Vorwand, eine sichere KI zum Wohle der Menschheit zu entwickeln, entsteht eine neue Machtkonzentration in den Händen derselben Tech-Elite. Wie Gebru betont, gehen die größten unmittelbaren Gefahren der KI nicht von einer hypothetischen Superintelligenz aus, sondern von ihrer Nutzung zur Verstärkung bestehender Ungleichheiten.
    Intelligenz

    Tatsächlich ist Gebru nicht die erste, die auf das schwierige Erbe der Intelligenzforschung verweist: Bereits 1981 kritisierte der Biologe Stephen Jay Gould in seinem Buch „Der falsch vermessene Mensch“ das Konzept „Intelligenz“ als objektive Messlatte für allgemeine kognitive Fähigkeiten. Dieses Konzept und die zugehörigen Tests wurde ganz wesentlich von Forschern wie Charles Spearman vorangetrieben, einem hochrangigen Mitglied der britischen Eugenischen Gesellschaft. Die statistischen Methoden, die Spearman entwickelte, entwickelte Frank Rosenblatt dann später für das erste künstliche neuronale Netz weiter.
    Eugenik

    Wie sein Lehrer, der britische Naturforscher Francis Galton war Spearman davon überzeugt, dass man durch politische Eingriffe dafür sorgen müsse, dass intelligente Menschen sich stärker vermehren als der Rest – eine Idee, die letztendlich zur Rassenlehre der Nazis führte. Doch auch nach dem Ende des zweiten Weltkriegs war die Eugenik nicht restlos diskreditiert.

    Transhumanismus

    In den 1990er Jahren entwickelte sich in den USA mit dem Transhumanismus eine Ideologie, die den Grundgedanken der Eugenik aufgriff, aber nicht mehr auf Biopolitik, sondern auf individuelle Verbesserungen durch KI oder Gentechnik setzte.

    Für Transhumanisten geht die Evolution des Menschen mithilfe von Technologie weiter. Sie glauben, dass Menschen immer stärker mit Technologie zusammenwachsen und schließlich auch ihren Geist in Computer hochladen können, um unsterblich zu werden. Viele moderne Transhumanisten distanzieren sich jedoch ausdrücklich von der Eugenik und betonen stattdessen individuelle Wahlfreiheit und ethische Verantwortung.

    Catastrophic Risk: Die Obsession mit dem Weltuntergang

    Die Beschäftigung mit existenziellen Risiken – im Jargon der Szene „xrisks“ genannt – hat sich seit den frühen 2000er Jahren zu einem eigenen Forschungsfeld entwickelt. Institutionen wie das Future of Humanity Institute in Oxford widmen sich ausschließlich der Frage, welche Ereignisse die Menschheit auslöschen könnten.

    Bemerkenswert ist die Priorisierung: Während der Klimawandel als „lediglich“ zivilisationsgefährdend eingestuft wird, gelten hypothetische Szenarien wie eine außer Kontrolle geratene KI als existenziell bedrohlich. Diese Gewichtung erklärt sich aus der Logik des Longtermism: Ein Ereignis, das die Menschheit auslöscht, verhindert die Existenz aller potenziellen zukünftigen Menschen.

    Diese Fokussierung hat konkrete Auswirkungen: Milliardäre wie Dustin Moskovitz oder Jaan Tallinn investieren Millionen in die Erforschung von KI-Risiken, während unmittelbarere Bedrohungen für lebende Menschen als weniger dringlich betrachtet werden.
    Effektiver Altruismus und Earn to Give

    Einige Transhumanisten, wie etwa Nick Bostrom, entwickelten die Philosophie des „Effektiven Altruismus“ (EA). Der Name leitet sich daraus her, dass es im Kern darum geht, so zu handeln, dass der Nutzen für die gesamte Menschheit maximiert wird — allerdings unter der Prämisse einer neoliberalen Ökonomie. Die Grundannahme: Das „knappe Gut“ Hilfe muss möglichst „gewinnbringend“ eingesetzt werden.

    Daraus folgt unter anderem das Prinzip „Earn to Give“: Weil jeder Mensch nur begrenzte Zeit und Energie hat, ist es ethisch geboten, so schnell wie möglich viel Geld zu machen, um einen Teil davon zu spenden. Traditionelle ethische Überlegungen werden von diesem Prinzip übergeregelt.

    Ein prominentes Beispiel ist Sam Bankman-Fried, der Gründer der kollabierten Kryptowährungsbörse FTX. Er folgte explizit dem „Earn to Give“-Prinzip und wurde zum Milliardär, bevor sein Unternehmen unter Betrugsverdacht zusammenbrach.

    Es sollte jedoch angemerkt werden, dass die EA-Bewegung vielfältiger ist, als oft dargestellt. Während einige Vertreter existenzielle Risiken priorisieren, konzentrieren sich viele EA-Initiativen auf aktuelle Probleme wie globale Gesundheit oder Armutsbekämpfung.

    Longtermism: Existenz der Menschheit sichern

    Während sich die EA-Bewegung zunächst auf „evidenzbasierte“ Hilfsprojekte konzentrierte, gewann zunehmend ein ideologischer Zweig an Bedeutung, der „Longtermism“ genannt wird. Die Idee: Weil in der Zukunft bedeutend mehr Menschen leben werden als bisher, bedeutet die Maximierung des menschlichen Glücks zunächst mal, die Existenz der Menschheit zu sichern.

    Longtermism darf jedoch nicht mit langfristigem Denken verwechselt werden. Wer glaubt, dass sich aus dem Nachdenken über existenzielle Risiken ein entschiedener Kampf gegen den Klimawandel ableiten lässt, der irrt. Da der Klimawandel voraussichtlich nicht zum Aussterben der Menschheit führen wird, gilt er in EA-Kreisen nicht als existenzielle Bedrohung. Ein Atomkrieg, eine von Menschen verursachte Pandemie, der Ausbruch eines Supervulkans, kaskadierendes Systemversagen und natürlich auch eine außer Kontrolle geratene Super-Intelligenz gehören dagegen ganz sicher zu den existenziellen Krisen, und sind somit auf jeden Fall zu vermeiden – wenn die Menschheit es denn schafft. Laut KI-Pionier Geoffrey Hinton könne und werde eine entsprechend intelligente KI Menschen so manipulieren, dass sie mehr Autonomie erlangt, eine Idee, die aus dem sogenannten AI-Box-Experiment stammt, das in xrisk-Kreisen seit den 2000ern diskutiert wird.

    Daraus folgt – wenig überraschend: EA hat sich seit Anfang der 2000er vorwiegend im Silicon Valley zu einer Bewegung entwickelt, die über viel Geld und Einfluss verfügt, weil sie Tech-Bros wie Peter Thiel, Elon Musk oder Sam Bankman-Fried angezogen hat. Thiel hat öffentlich erklärt, dass er nicht mehr glaube, Freiheit und Demokratie seien miteinander vereinbar – eine persönliche politische Überzeugung, die jedoch nicht notwendigerweise die Haltung aller mit TESCREAL assoziierten Personen darstellt.

    Befürworter dieser Ideologien argumentieren, dass sie rational versuchen, die größten Herausforderungen der Menschheit zu bewältigen. Kritiker wie Gebru und Torres hingegen weisen darauf hin, dass diese scheinbar rationalen Ansätze oft bestehende Machtverhältnisse reproduzieren und drängende Probleme wie Klimawandel oder soziale Ungerechtigkeit vernachlässigen.

    Relevanz der Ideologie heute

    Auf den ersten Blick scheint es so, als ob all dieser ideologischen Elemente keine Rolle mehr spielen würden. Stattdessen konzentrieren sich die Tech-Eliten jetzt auf die neoliberale Erzählung vom unfähigen und ineffizienten Staat, den man abschaffen und durch eine dynamische Struktur nach dem Vorbild eines Hightech-Unternehmens ersetzen müsse.

    Die praktischen Auswirkungen dieser Ideologie sind weitreichend: Sie beeinflussen Investitionsentscheidungen in Milliardenhöhe und prägen die Entwicklungsrichtung von Zukunftstechnologien. In der Praxis führt sie oft zu einer Privatisierung gesellschaftlicher Zukunftsfragen, bei der demokratische Prozesse durch die Visionen einzelner Tech-Milliardäre ersetzt werden. Diese Einschätzung spiegelt allerdings eine bestimmte kritische Perspektive wider, die nicht universell anerkannt ist.

    Musks Engagement spiegelt diese Ideologie in vielfältiger Weise wider: Seine Raumfahrtfirma SpaceX verfolgt mit dem Mars-Kolonisierungsprojekt die transhumanistische Vision einer multiplanetaren Menschheit, Neuralink zielt auf die direkte Verbindung von Gehirn und Computer ab, und seine KI-Aktivitäten folgen der Logik des Longtermism.

    „Was hat Musk wirklich vor?“, fragt Torres. „Ich denke, dass die offensichtlichen Antworten zwar wahr, aber unvollständig sind. Offensichtliche Antworten sind zum Beispiel: Man wird nicht zum Milliardär, wenn man nicht diese Art von größenwahnsinniger Selbstwahrnehmung hat, in der man sich in jeder Hinsicht überlegen fühlt. Und diese Leute sind extrem gierig. Wenn sie sich mit der Trump-Regierung anfreunden, ist das gut für das Geschäft, für die weitere Festigung ihrer Macht.“

    "Aber ich denke, für Leute wie Musk, und ich würde wahrscheinlich dasselbe für Jeff Bezos sagen, gibt es ein höheres Ziel. Musk hat so viele Hinweise darauf gegeben, dass Macht nicht das Endziel ist. Sogar in dieser Rede, die er gehalten hat, der sehr kurzen Rede nach der Amtseinführung von Trump, in der er den Hitlergruß zeigte. In dieser kleinen Rede sagt er: „Dank Ihnen ist die Zukunft der Zivilisation gesichert.“ Und so denke ich, dass es ein sehr starkes Argument dafür gibt, dass hinter all dem sein tieferes Ziel steht, seine transhumanistischen Projekte zu verwirklichen."

    #USA #TESCREAL #impérialisme #technocratie #fascisme #eugénisme #singularité #transhumanisme

  • La visite d’un génocidaire en Europe met l’UE à l’épreuve

    La surprise, le choc et la perplexité de la mal nommée « ommunauté » internationale à la suite du séisme mondial déclenché par les mesures tarifaires de la Saison II de Trump éclipsent un autre événement grave qui se déroule sur le sol européen : la visite de Benjamin Netanyahou en Hongrie.

    Il ne s’agissait pas d’une visite de routine. Le premier ministre israélien a été formellement inculpé le 21 novembre 2024 pour crimes de guerre et crimes contre l’humanité « présumés » contre la population civile palestinienne de la bande de Gaza par la Cour pénale internationale (CPI) et la CPI a ordonné à ses 125 États membres de l’arrêter et de le remettre à la Cour si Netanyahou pénètre sur leur territoire.

    https://entreleslignesentrelesmots.wordpress.com/2025/02/08/communique-de-la-coalition-francaise-pour-la-cour-penale-internationale-cfcpi/#comment-66367

    #international #cpi #Europę

  • Contre le « réarmement » de l’Europe

    1. En réaction à la position de Trump vis-à-vis de l’Ukraine et de l’OTAN, des plans concrets sont élaborés pour « réarmer » l’Europe, étendre considérablement les armées européennes et préparer la population à la guerre – y compris en Europe occidentale. Cette évolution est très préoccupante, et les arguments avancés à cet effet sont incorrects et hypocrites.

    2. La « sécurité » est l’étiquette sous laquelle la militarisation de l’Europe est mise en œuvre. Mais la sécurité de la population européenne est avant tout menacée par la crise écologique, qui provoque déjà des centaines de morts et d’énormes dégâts en Europe et conduira à des catastrophes encore plus graves dans les années à venir, ainsi que par le démantèlement des dispositifs sociaux et médicaux, entraînant une augmentation de la pauvreté, de l’insécurité alimentaire et des maladies (épidémiques), une nouvelle pandémie étant loin d’être exclue.

    https://entreleslignesentrelesmots.wordpress.com/2025/04/11/aux-armes-citoyens-valmy-2-0/#comment-66325

    #europe

  • ETXARRIREN DESALOJOA GELDITU ! GAZTETXEAK DEFENDATU !
    https://radioblackout.org/2025/04/etxarriren-desalojoa-gelditu-gaztetxeak-defendatu

    Il pomeriggio del 3 aprile l’Ertzaintza è arrivata in forze per sgomberare il gaztetxe Etxarri II, occupato dal 2014, nel quartiere di Errekalde, a Bilbao. La resistenza non si è fatta attendere: nel giro di un’ora dalla chiamata, le persone erano già un migliaio e hanno dato vita ad una manifestazione spontanea, finita in parecchie […]

    #L'informazione_di_Blackout #centri_sociali #Euskadi #euskal_herria #movimenti #scontri #Sgomberi
    https://cdn.radioblackout.org/wp-content/uploads/2025/04/Euskadi.mp3

  • #Europe_puissance : aux origines de l’illusion
    https://lvsl.fr/europe-puissance-aux-origines-de-lillusion

    « Europe puissance » : tel est le mot d’ordre dans les sphères dirigeantes du Vieux continent, à droite et à gauche, depuis la réélection de Donald Trump. Le 7 novembre 2024, Emmanuel #Macron déclarait : « Le monde est peuplé d’herbivores et de carnivores. Si l’on décide de rester des herbivores, les carnivores gagneront ». Ou bien les Européens […]

    #International #De_Gaulle #Europe_de_la_défense #Von_der_Leyen

  • „Die Tesla-Files“ – das Buch über Elon Musk : „In Grünheide herrscht die pure Angst“
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/die-tesla-files-das-buch-ueber-elon-musk-in-gruenheide-herrscht-die

    Depuis l’installation de Tesla sur le sol allemand nous sommes entrés dans un nouvel age des sectes totalitaires qui ressemble à une version accélérée high-tech de l’ère du déclin de l’empire romain.

    Il n’y a pas que le sous-empire privé de l’Ironman Musk qui menace notre existence puisque les élites ouest-européennes misent sur la victoire du bloc états-unien. Se débarasser des fanatiques de l’ultra-libéralisme nécessitera une campagne de reconquête humaniste unissant la majorité des forces populaires européennes.

    Avec le nouvel élan nationaliste états-unien sous Trump s’ouvre une fenêtre pour la création d’alliances et de coalitions humanistes européennes.

    8.4.2025 von Lena Reich - Ein Interview mit Sönke Iwersen und Michael Verfürden, die hinter die Fassade der Tesla-Gigacity geblickt und dabei zum Teil Verstörendes entdeckt haben.

    Dies ist ein Open-Source-Beitrag. Der Berliner Verlag gibt allen Interessierten die Möglichkeit, Texte mit inhaltlicher Relevanz und professionellen Qualitätsstandards anzubieten.

    Das nennt man eine glückliche Fügung. Während Elon Musk in diesen Tagen mit seinem Wirken ohne Unterlass Anlass zur Berichterstattung gibt und sich alle Welt fragt, was der reichste Mann der Welt im Schilde führt, erscheint in gebundener Form das, was die Journalisten Sönke Iwersen und Michael Verfürden in monatelanger Recherche über den einerseits gefeierten, andererseits kritisch beäugten Tech-Milliardär in Erfahrung gebracht haben. „Die Tesla-Files: Enthüllungen aus dem Reich von Elon Musk“ lautet der Titel des Buches. Es liest sich so spannend wie ein Wirtschaftskrimi.

    Herr Verfürden, Herr Iwersen, Sie haben gemeinsam ein Buch über Tesla veröffentlicht und sind jetzt Elon-Musk-Experten. Wieso hat sich der Tech-Milliardär überhaupt dazu entschlossen, den Wahlkampf von Donald Trump zu unterstützen?Verfürden: Musk hat Trump mit 250 Millionen US-Dollar unterstützt, weil sich die Schlinge um seinen Hals enger gezogen hat. Im Oktober hat er in einem Interview mit dem US-Journalisten Tucker Carlson gesagt, wie schlimm es für ihn wäre, sollte Kamala Harris die Präsidentschaftswahlen gewinnen. Musk sagte, er sei am Ende, wenn Donald Trump verliert. In seinen Worten: „If he loses, I’m fucked.“ Seit dem Amtsantritt von Trump hat Musk dann mit seinem Doge-Team alles dafür getan, dass seine Feinde verschwinden. Das waren in erster Linie Beamte, die verschiedene Ermittlungen gegen ihn und seine Unternehmen führten. Wegen Zweifel am Autopiloten, wegen des Verdachts auf Kursmanipulation, wegen Untätigkeit bei der Kontrolle von Hatespeech. Lina Kahn, die Chefin der US-Verbraucherschutzbehörde, ist zurückgetreten. Auch Gary Gensler, der Chef der US-Börsenaufsicht, ist nicht mehr im Amt.

    Musk während einer Kabinettssitzung im Weißen Haus

    Musk während einer Kabinettssitzung im Weißen HausSamuel Corum/imago

    Ihr 14-köpfiges Rechercheteam ist bei der Auswertung der Daten auf Probleme beim autonomen Fahren gestoßen. Wie sind Sie an die Daten gekommen?

    Iwersen: Der ehemalige polnische Tesla-Mitarbeiter Lukasz Krupski hat mich im November 2022 aus heiterem Himmel angerufen und mir erzählt, dass in dem Unternehmen sensible Daten einfach ungeschützt im Intranet rumliegen. Das konnte ich anfangs gar nicht glauben, aber nach einer Weile hatte ich über 100 Gigabyte. Privatadressen und Gehälter von 100.000 Mitarbeitern. Geheime Entwicklungsprojekte. Verträge. Tausende von Kundenbeschwerden zum Autopiloten.

    Was haben Sie mit den Daten gemacht?

    Iwersen: Wir haben Monate damit zugebracht, die Daten zu überprüfen. Am Ende hat Teslas eigene Rechtsabteilung bestätigt, dass sie echt sind. Wir sollten die Daten zurückschicken, bei uns löschen und Tesla dann die Löschung bestätigen. Außerdem schrieb uns der Anwalt, wir dürften die Daten nicht verwenden. Wir sind allerdings zu einer anderen Rechtsauffassung gekommen und haben gedruckt – erst einen Artikel und seither viele Dutzend mehr. Und wir haben nie wieder etwas von Teslas Anwälten gehört.

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    Sie haben Musk niemals selbst getroffen, sind ihm aber über die Datenauslesung sehr nahegekommen. Was hat Sie am meisten überrascht?

    Verfürden: Mich hat es überrascht, dass Musks System seit so langer Zeit funktioniert. Für ihn arbeiten weltweit über 100.000 Menschen, aber für Außenstehende ist Tesla eine Blackbox. Die Gewerkschaften können schwer Fuß fassen. Die Medien haben keinerlei Kontakte in die Werke, was völlig ungewöhnlich ist bei einem Unternehmen dieser Größe und Relevanz. Dass allgemein so wenig nach draußen ging, das ist wirklich total irre.
    Iwersen: Mir war nicht klar, seit wie viel Jahren Musk schon verspricht, dass man in einen Tesla einsteigen kann, sich auf die Rückbank legt und das Auto einen dann im Schlaf von A nach B fährt. Das geht schon zehn Jahre so. Wenn Leute Fragen stellen, warum es denn so lang dauert, gibt Musk einfach das nächste große Versprechen ab. Und alle glauben ihm. Er ist wirklich ein sehr guter Verkäufer.

    Sie schreiben in Ihrem Buch: „Uns fallen wenig andere Unternehmen ein, bei denen Wahrnehmung und Realität derart weit auseinanderklaffen wie bei Tesla.“ Wie meinen Sie das?

    Verfürden: Es gibt diese superlangen Excel-Tabellen mit Beschwerden von Kunden, die eigentlich nur den Schluss zulassen, dass das autonome Fahren noch sehr weit weg ist von dem, was Musk verspricht. In Gerichtsakten konnten wir sehen, was passiert, wenn jemand Musk für seine falschen Versprechen zur Verantwortung ziehen will. Dann sagen seine eigenen Anwälte, dass es doch klar sei, dass Musk nur übertrieben habe. Und dass diejenigen, die ihm geglaubt haben, selbst schuld seien.

    2022: Bundeskanzler Olaf Scholz (l.) und Elon Musk nehmen an der Eröffnung der Tesla-Fabrik in Grünheide teil.

    2022: Bundeskanzler Olaf Scholz (l.) und Elon Musk nehmen an der Eröffnung der Tesla-Fabrik in Grünheide teil.Patrick Pleul/dpa

    Musk gilt als Genie, als Revolutionär, als Arbeitstier. Er selbst nennt sich Weltverbesserer. Was ist das für eine Faszination, die von Elon Musk also ausgeht?

    Iwersen: Als wir mit der Recherche begannen, da war er noch total ikonisch. Ein Tech-Pionier, ein Rebell, ein Mann, der besessen ist von seiner Mission. Aber im guten Sinne. Seit seinem Einstieg in die Politik hat sich Musks Image dramatisch geändert. Viele halten ihn für gefährlich. Uns ist wichtig zu betonen, dass wir nicht bezweifeln, dass Musk ein Ausnahmeunternehmer ist. Ohne ihn wäre die Elektromobilität heute nicht da, wo sie ist. Ich kann mich erinnern, als die Gigafactory eingeweiht wurde. Die Fabrik sah aus wie ein Raumschiff, das gerade in Brandenburg gelandet ist. Es war ein Tempel der Technologie – ein absolutes Vorbild. Und es war Musk, der sein Raumschiff hier in Deutschland gelandet hat.

    Er ist schon ein sehr talentierter Mann …

    Iwersen: Musk hat alles neu erfunden. Seine Autos sind keine Autos, sondern Computer auf Rädern. Als Kind hat er viel gelesen, besitzt große mathematische Fähigkeiten, hat seine eigenen Computerspiele programmiert und viele seiner Ideen entstammen der Science Fiction. In Interviews kommt er immer wieder auf Isaac Asimov zu sprechen …

    … ein russisch-amerikanischer Biochemiker und Schriftsteller, der als Ur-Vater der Science Fiction gilt …

    Iwersen: … aus seiner Feder stammt „Foundation, I-Robot“. Musk hat die Bücher verschlungen. Auch Comics über Superhelden. Das betont er immer wieder. Jeder kann sehen, dass er sich irgendwie auch selbst für einen Superhelden hält. Er will, wie Spiderman und Thor, die Welt verbessern. Er braucht aber keinen Spinnenbiss oder einen Hammer. Er ist sehr intelligent und er hat sehr viel Geld. Er ist Ironman. Er nimmt die Sachen selber in die Hand und rettet die Welt. Und wenn der Superschurke nicht von der Nato oder von den US-Streitkräften gebändigt werden kann, dann klärt er das mit seiner Roboter-Flotte. Elon Musk schaltet seine Satelliten an, damit die ukrainische Armee wieder sehen kann. Weil das eben niemand anders kann. Von dieser Macht sind sehr viele Menschen angezogen, die ihn dafür bewundern. Darunter sind auch viele der Menschen, die für ihn arbeiten. Auch der Whistleblower Lukasz Krupski hat uns gesagt, er sei anfangs nicht einfach Mitarbeiter von Musk gewesen, sondern sein Jünger. Das gilt auch für Menschen in seinen anderen Unternehmen. Mit SpaceX will Musk den Weltraum erobern. Mit Neuralink will er Chips in unsere Gehirne einpflanzen, damit wir in Zukunft mit der Künstlichen Intelligenz mithalten können. Wenn man für Musk arbeitet, ist man nicht einfach bei ihm angestellt. Man ist Teil seiner Mission.

    Es ist erstaunlich, wie viel Macht Musk über jeden einzelnen seiner Mitarbeiter hat. Wie genau ist das System Tesla aufgebaut?

    Verfürden: Es gibt zwei Säulen in diesem System: Loyalität und Angst. Viele Mitarbeiter haben bei Tesla angefangen, weil sie Fans von Elon Musk oder der Technik sind. Sie wollen Teil der Mission sein und bekommen ständig eingebläut, dass alle um sie herum böse Absichten haben. Die Ölkonzerne. Die etablierten Autokonzerne. Die Medien. Die Politik. So entsteht eine Wagenburg – und in dieser Wagenburg eine ungeheure Loyalität. Das andere Führungsprinzip: Angst. Fast alle, die dort arbeiten, haben uns gesagt: „Du musst wahnsinnig gut aufpassen, was du im Werk sagst. Alles kann gegen dich verwendet werden.“ Wir wissen, dass Tesla Zehntausende von Lizenzen Code 42 erworben hat. Eine Spionagesoftware zum Schutz gegen die eigenen Mitarbeiter. Das legt einen Überwachungsstaat nahe. Und trotzdem ist es uns inzwischen gelungen, das Vertrauen der Leute zu gewinnen.

    Im Tesla Security Team in den USA arbeiten ehemalige CIA- und FBI-Leute. Gibt es etwas Vergleichbares auch in Deutschland?

    Verfürden: Ja. Tesla sucht gezielt ehemalige Polizisten, Soldaten und Geheimdienstler. In einer Stellenbeschreibung stand sogar, dass die Bewerber nicht nur innerhalb der Werksmauern Informationen sammeln sollten, sondern auch außerhalb.

    Die AfD war stark dagegen, dass Tesla nach Brandenburg kommt …

    Iwersen: Eigenartig, nicht? Die AfD war immer gegen Elektromobilität, weil sie das als Angriff auf die deutsche Mobilindustrie gesehen hat. Wenn die Betriebsratschefin Michaela Schmitz sagt, dass Tesla stolz darauf ist, 150 Nationen unter einem Dach zu beschäftigen, und nur wenige Zeit später der CEO sagt, die einzige Partei, die Deutschland retten kann, ist die AfD und Alice Weidel, müsste es doch einen Aufschrei im Betrieb geben oder die Chats im Intranet heiß laufen. Aber nichts passiert. In Grünheide herrscht die pure Angst. Informanten, die wir mittlerweile haben, haben uns gesagt: „Niemand will sich hier den Mund verbrennen. Du musst immer gewahr sein, dass jemand mitliest.“

    Erinnert Sie das auch an totalitäre Systeme?

    Verfürden: Es gibt jedenfalls Mitarbeiter, die von einer Diktatur, von Big-Brother-Tesla oder einer Art Sekte sprechen. Angestellte bekommen indoktriniert, sie sollten Elons DNA annehmen und müssten mehr so werden wie ihr Chef. Gleichzeitig leben sie in ständiger Angst, dass ihre Projekte scheitern könnten, weil Musk ihnen dazwischenfunkt.

    Immer wieder gab es Unfälle, auch in Brandenburg, bei denen der Verdacht besteht, dass der Autopilot nicht richtig agiert hat. Wie verhält sich der Konzern dazu?

    Iwersen: Fakt ist, dass es weltweit viele Kunden gibt, die sich über abruptes Beschleunigen oder Abbremsen beschweren. Die Service-Mitarbeiter sind angehalten, dazu keine schriftlichen Aussagen zu machen. Obwohl Tesla immer wieder betont, alle Daten zu sammeln, fehlen genau die zu den entscheidenden Zeitpunkten der Unfälle: Wenn also die Autos ungebremst gegen eine Mauer oder einen Baum fahren. Und das Deprimierende für die Hinterbliebenen: Ohne Daten kann man nicht beweisen, dass vielleicht der Autopilot an dem Unfall schuld war und nicht der Fahrer.

    Warum ist ein System wie Tesla im supersicheren Deutschland überhaupt möglich?

    Verfürden: Oft fehlt die Möglichkeit für die deutschen Behörden zu agieren. Ein Beispiel: Teslas versenkte Türgriffe sollen bei mehreren tödlichen Unfällen eine zentrale Rolle gespielt haben. Ersthelfer konnten Opfer nicht aus brennenden Fahrzeugen retten. Das stört offenbar auch das Kraftfahrt-Bundesamt. Aber die Genehmigung für den europäischen Markt erteilt das niederländische Pendant der Behörde. Diese Ohnmacht führt zu der absurden Situation, dass der Automobilklub ADAC Tesla-Fahrern auf seiner Homepage empfiehlt, stets einen Notfallhammer mitzuführen, um im Ernstfall die Fenster einschlagen zu können.

    Zu den Personen

    Sönke Iwersen ist Leiter des Investigativ-Ressorts beim Handelsblatt. Er ist dreifacher Träger des Wächterpreises, erhielt 2017 den Kurt-Tucholsky-Preis für Literarische Publizistik und 2019 den Deutschen Reporterpreis.

    Michael Verfürden ist seit 2020 Redakteur im Ressort Investigative Recherche beim Handelsblatt. Aufmerksamkeit erregte er insbesondere mit seinen Enthüllungen über den Skandalkonzern Wirecard.

    Lena Reich ist freie Autorin, arbeitet u.a. für arte journal und Junge Welt. Seit 2018 leitet Reich das Müll Museum in Berlin Gesundbrunnen.

    #Europe #Allemagne #technologie #libéralisme #nationalisme #sectes #disruption

  • #Données_personnelles : l’#Europe va assouplir sa réglementation dans “les semaines à venir”
    https://www.politico.eu/article/donnees-personnelles-leurope-va-assouplir-sa-reglementation-dans-les-semain

    Longtemps considéré comme intouchable à #Bruxelles, le #RGPD est le prochain sur la liste de la croisade de l’#UE contre la surréglementation.

    Quand tu es journaliste ds un journal de droite, tu as le droit de ne pas être tout à fait sans idéologie dans tes papiers.

  • Theo Boer, professeur d’éthique néerlandais : « J’ai cru qu’un cadre rigoureux pouvait prévenir les dérives de l’euthanasie : je n’en suis plus si sûr »
    https://www.lemonde.fr/idees/article/2025/04/07/theo-boer-professeur-d-ethique-neerlandais-j-ai-cru-qu-un-cadre-rigoureux-po


    Tribunal à La Haye où se tenait le procès d’une médecin accusée d’avoir donné la mort à une patiente atteinte de la maladie d’Alzheimer, sans s’être suffisamment assurée de son consentement. A La Haye, aux Pays-Bas, le 26 août 2019. ALEKS FURTULA / AP

    Depuis plus de vingt ans, les Pays-Bas expérimentent l’#euthanasie dans un cadre présenté comme strict, balisé, #éthique. Pourtant, les chiffres publiés dans le dernier rapport du comité d’examen, daté du 24 mars, racontent une autre histoire. Celle d’un élargissement constant, d’une banalisation progressive et d’un basculement culturel silencieux.

    En 2024, le nombre d’euthanasies a connu une nouvelle hausse de 10 %. On aurait pu penser que le phénomène atteindrait un plateau, surtout après une croissance modeste de 4 % en 2023. Il n’en est rien. La dynamique repart de plus belle, et le président du comité, Jeroen Recourt, prévoit que la courbe poursuivra sa montée dans les années à venir. Ce n’est plus une fluctuation : c’est une tendance structurelle.

    On objectera peut-être que cette augmentation suit le vieillissement de la population. Mais, même en proportion des décès globaux, le phénomène continue de s’amplifier : de 5,4 % des morts en 2023 à 5,8 % en 2024. En 2017, dans certaines régions, ce pourcentage atteignait déjà 15 %, et on s’attend à ce qu’il ait augmenté depuis lors. L’euthanasie n’est plus exceptionnelle : elle devient, dans bien des cas, une #fin_de_vie parmi d’autres.

    Pression accrue

    Mais, au-delà des statistiques brutes, d’autres évolutions suscitent une profonde inquiétude. L’émergence de l’« #euthanasie_à_deux », qui permet à des couples ou à des fratries de mourir ensemble, en est une. En un an, le nombre de ces morts planifiées en tandem a bondi de 64 %, pour atteindre 108 décès en 2024. Surtout, les euthanasies pour troubles psychiatriques ont progressé de 59 % , touchant des personnes parfois très jeunes. Des patients physiquement en bonne santé, mais plongés dans des souffrances mentales que la médecine peine à soulager, demandent désormais à mourir – et obtiennent gain de cause.

    Le nombre de cas liés à la démence augmente également rapidement. Ici, une demande d’euthanasie est souvent fondée sur la crainte d’une dépendance, d’une perte de dignité ou sur un testament de vie signé bien avant les premiers symptômes. Nous entrons là dans un champ où la volonté actuelle du patient est parfois floue, et l’acte médical repose sur des interprétations.

    Dans mes échanges avec de nombreux médecins néerlandais, une constante revient : la pression s’accroît. Ce n’est plus seulement une demande individuelle, mais une attente sociale. Du fait d’une « normalité » croissante, le personnel soignant se demande : « Jusqu’où irons-nous ? A quel moment cela cessera-t-il d’être un acte de compassion pour devenir une réponse automatique aux patients qui refusent d’accepter un refus ? » Pour de bonnes raisons, le gouvernement a maintenant lancé une enquête sur les raisons de cette augmentation.

    Et pourtant, face à ces doutes, le mouvement législatif continue. Le Parlement néerlandais étudie prochainement une proposition de loi visant à accorder le suicide assisté à toute personne de plus de 74 ans, même en l’absence de pathologie grave. Le seul critère serait l’âge . Un basculement symbolique majeur : on ne meurt plus parce qu’on souffre, mais parce qu’on estime avoir assez vécu. C’est une vision radicalement nouvelle de la #vieillesse, et de la valeur que nous accordons à notre société.

    En tant qu’ancien membre d’un comité d’examen de l’euthanasie, j’ai cru, à l’époque, qu’un cadre rigoureux pouvait prévenir les dérives : je n’en suis plus si sûr. Ce que je constate, c’est que chaque ouverture du champ de l’euthanasie crée de nouvelles attentes, de nouvelles demandes, une nouvelle #normalité. La logique interne du système pousse toujours à élargir. Une souffrance jugée « insupportable » aujourd’hui l’est parfois moins que celle d’hier, mais l’issue reste la même.

    Un pari risqué

    Dans l’Hexagone, certains assurent que « la France n’est pas la Hollande », et que ces évolutions ne s’y produiront pas. C’est un pari risqué. Car, dans tous les pays où l’euthanasie ou le #suicide_assisté ont été légalisés, on observe une croissance continue du nombre de cas. Ce n’est pas une exception néerlandaise. C’est une dynamique à l’œuvre partout où la mort médicalement provoquée devient une option.

    Je ne suis pas un adversaire acharné de l’euthanasie. Dans certains cas extrêmes, elle peut être un recours ultime. Mais je suis convaincu que sa légalisation n’apaise pas la société : elle l’inquiète, la transforme, la fragilise. Elle modifie notre rapport à la vulnérabilité, à la vieillesse, à la dépendance. Elle introduit l’idée que certaines vies, dans certaines conditions, ne valent plus la peine d’être vécues – ni même d’être soignées.

    Je m’adresse ici aux Français, non pour donner des leçons, mais pour partager l’expérience de mon pays. Regardez ce qui se passe chez nous. Ecoutez les voix, même discrètes, de ceux qui doutent. Avant d’ouvrir cette porte, posez-vous une question simple mais fondamentale : sommes-nous prêts à ce que tuer devienne une #option_médicale parmi d’autres, même en présence de soins palliatifs de pointe, et même en l’absence de maladie ? Sommes-nous prêts à faire peser sur les #soignants le poids d’un tel choix ?

    Apprenez de notre expérience. Il est encore temps.

    Theo Boer est professeur d’éthique de la santé à l’université théologique protestante de Groningue (Pays-Bas) et ancien membre d’un comité de contrôle de l’euthanasie du gouvernement néerlandais.

    La question est vite répondue à dire que la liberté individuelle se fout de la théologie. C’est louper les enjeux du soin, de ce que serait une solidarité consistante, louper l’emprise de normes sociales évolutives, comme le souligne l’article, d’un ensemble de dimensions qui viennent compliquer le fier présupposé du libre-arbitre.

    #vulnérables #malades #vieux #psychiatrie

  • « Nous pompons ensemble ! » : la rébellion étudiante s’étend à travers les Balkans

    « Tout le monde au plénum ! » ont lancé les étudiant·es macédonien·nes qui, quelques jours seulement après la tragédie de Kočani, ont commencé à s’organiser. A cette occasion, nous avons discuté avec deux groupes d’étudiants·e qui ont attiré une grande attention du public en peu de temps : l’Union étudiante indépendante de l’Université de Skopje et le site Internet « Student Plenum ».

    Des milliers de personnes ont assisté au dernier rassemblement commémoratif à Skopje le 18 mars. Dans les rues, à côté de la tristesse, il y a de la colère. On parle de plénums, des manifestations sont annoncées et le soutien vient également des étudiant·es en grève en Serbie. Un nouveau mouvement émerge de la tragédie qui a frappé la Macédoine du Nord – et il est mené par les étudiant·es.

    https://entreleslignesentrelesmots.wordpress.com/2025/04/01/nous-pompons-ensemble-la-rebellion-etudiante-s

    #europe #étudiant·e

  • Ce que la menace de la #Guerre fait à nos #Libertés
    https://radioparleur.net/2025/04/01/ce-que-la-menace-de-la-guerre-fait-a-nos-libertes

    Nous sommes entré·es dans une nouvelle ère, celle de la guerre… Emmanuel Macron en est certain. Il nous faut un parapluie nucléaire européen. Plus d’armes. Plus de budget pour la défense. Les sénateur·ices sont d’accord, et ont voté fin janvier un budget en hausse de plus de 3 milliards d’euros pour la défense. La […] L’article Ce que la menace de la guerre fait à nos libertés est apparu en premier sur Radio Parleur.

    #Carousel_1 #Penser_les_luttes_-_L'émission #Europe #Penser_les_luttes

  • Bahnbrechendes Urteil aus Griechenland : Ende des EU-Türkei-Deals ?
    https://www.proasyl.de/pressemitteilung/bahnbrechendes-urteil-aus-griechenland-ende-des-eu-tuerkei-deals
    Pour une fois des bonnes nouvelles de Grèce. Dans und décision de la plus haute cour des justice de Grèce la Turquie est déclarée pays tiers pas sûr pour réfugiés. On verra les conséquences de cette décision pour l’Europe entière.

    28.3.2025 - Der Obers­te Gerichts­hof Grie­chen­lands hat in einem weg­wei­sen­den Urteil ver­kün­det: Die Tür­kei ist kein “siche­rer Dritt­staat” für Flücht­lin­ge. Das hat Signal­wir­kung für ganz Euro­pa, bedeu­tet ver­mut­lich gar das Ende des EU-Tür­kei-Deals. Auch bei den deut­schen Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen soll­te das Urteil beach­tet werden.

    Grie­chen­lands obers­tes Ver­wal­tungs­ge­richt hat am 21. März 2025 die Ein­stu­fung der Tür­kei als “siche­ren Dritt­staat” gekippt. Das Gericht stell­te klar: Grie­chen­land darf Schutz­su­chen­de aus Syri­en, Afgha­ni­stan, Paki­stan, Soma­lia und Ban­gla­desch nicht wie bis­lang üblich ohne Prü­fung ihrer indi­vi­du­el­len Asyl­grün­de im Asyl­ver­fah­ren ableh­nen, weil die Tür­kei für sie angeb­lich sicher sei.

    „Das ist ein ful­mi­nan­ten Erfolg für die Men­schen­rech­te und wird sich posi­tiv auf die Zukunft vie­ler schutz­su­chen­der Men­schen aus­wir­ken, die nicht län­ger im Unge­wis­sen aus­har­ren müs­sen. Das Urteil ist ein kla­res Signal an die Poli­tik, dass sie nicht nach Belie­ben Dritt­staa­ten als ‚sicher‘ dekla­rie­ren darf“, erklärt Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL.

    Geklagt gegen den grie­chi­schen Minis­te­ri­al­erlass, über den das Gericht nun ent­schied, haben Refu­gee Sup­port Aege­an (RSA), die Schwes­ter­or­ga­ni­sa­ti­on von PRO ASYL, und der grie­chi­sche Flücht­lings­rat. Für sie bedeu­tet das Urteil einen Erfolg auf gan­zer Linie.

    Ein Urteil mit Signal­wir­kung für ganz Europa

    „Die ent­schei­den­de Bot­schaft lau­tet: Gerech­tig­keit hat das letz­te Wort. Auch die Poli­tik und Politiker*innen müs­sen das gel­ten­de Recht respek­tie­ren und kön­nen nicht ein­fach Geset­ze außer­halb des recht­li­chen Rah­mens ver­ab­schie­den und umset­zen. Das gilt für Grie­chen­land eben­so wie für die gesam­te EU“, sagt Ele­ni Spatha­na, Anwäl­tin von RSA.

    Mit dem Urteil dürf­te eine Neu­auf­la­ge des EU-Tür­kei-Deals, wie sie jüngst wie­der im Gespräch war, in wei­te Fer­ne rücken. Das Urteil zeigt ein­mal mehr: Deals mit Dritt­staa­ten, um Flücht­lin­ge los­zu­wer­den, funk­tio­nie­ren nicht. Trotz­dem hat eine sol­che Poli­tik gra­vie­ren­de Kon­se­quen­zen: In Grie­chen­land wur­de über Zehn­tau­send geflüch­te­ten Men­schen rechts­wid­rig Schutz ver­wei­gert. Vie­le sind nach Aus­kunft von RSA auf der Stra­ße oder in Abschie­bungs­haft gelan­det, sie har­ren in einem Zustand qual­vol­ler Per­spek­tiv­lo­sig­keit unter unmensch­lichs­ten Bedin­gun­gen auf grie­chi­schen Inseln oder auf dem Fest­land aus. Damit muss jetzt Schluss sein.

    Das Urteil aus Athen muss auch bei den Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen gehört wer­den. „Das Urteil macht deut­lich: Ver­ant­wor­tung für Geflüch­te­te lässt sich nicht abschie­ben“, erklärt Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL. „Wir erwar­ten, dass das bei den Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen berück­sich­tigt wird. Die Aus­la­ge­rung von Asyl­ver­fah­ren, die die Uni­on in den Koali­ti­ons­ver­trag schrei­ben will, muss mit dem Urteil aus Grie­chen­land ein für alle Mal vom Tisch sein.“

    Hin­ter­grund

    Die Umset­zung des EU-Tür­kei-Deals star­te­te im März 2016 auf den grie­chi­schen Inseln. Kern­ele­ment des Deals war: In Grie­chen­land wer­den syri­sche Flücht­lin­ge im Asyl­ver­fah­ren abge­lehnt, weil die Tür­kei für sie “sicher” sei und sie sol­len in die Tür­kei abge­scho­ben wer­den. Die Abschie­bun­gen wur­den nie effek­tiv umge­setzt, denn seit März 2020 wei­gert die Tür­kei sich grund­sätz­lich, Flücht­lin­ge aus Grie­chen­land zurück­zu­neh­men. Trotz­dem wei­te­te Grie­chen­land die Pra­xis des EU-Tür­kei-Deals mit einem neu­en Minis­te­ri­al­erlass in 2021 auf Asyl­su­chen­de aus Afgha­ni­stan, Paki­stan, Soma­lia und Ban­gla­desch aus. Darf in der Euro­päi­schen Uni­on ein Nicht-EU-Land als „siche­rer Dritt­staat“ bezeich­net wer­den, auch wenn die­ses die Rück­nah­me von Asyl­su­chen­den sys­te­ma­tisch ver­wei­gert? Die­se Fra­ge hat­te der obers­te grie­chi­sche Gerichts­hof dem Euro­päi­schen Gerichts­hof (EuGH) in einem Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren vor­ge­legt. Der EuGH ent­schied dies am 4. Okto­ber 2024.

    PRO ASYL berich­te­te regel­mä­ßig über den Vor­gang und die prak­ti­schen Fol­gen des EU-Tür­kei-Deals und dem ent­spre­chen­den grie­chi­schen Minis­te­ri­al­erlas­ses für Geflüch­te­te, etwa in einem Inter­view mit der Anwäl­tin Yio­ta Massou­ri­dou. PRO ASYL und RSA haben zudem ein Gut­ach­ten (in eng­li­scher Spra­che) zum Kon­zept der „siche­ren Dritt­staa­ten“ und sei­ner Anwen­dung im grie­chi­schen Rechts­sys­tem vorgelegt.
    https://rsaegean.org/wp-content/uploads/2024/02/PROASYL_RSA_SafeThirdCountry-1.pdf

    Hier fin­den Sie in den nächs­ten Tagen ein Inter­view mit Ele­ni Spatha­na von RSA zum aktu­el­len Fall.

    #Grèce #Europe #Turqie #asile_politique

  • L’Ukraine, la guerre et l’Union européenne

    Entretien avec Daria Saburova et Denys Gorbach réalisé par Clément Petitjean

    Avec les aimables autorisations de l’autrice et de l’auteur

    Avec l’invasion russe de l’Ukraine en février 2022, la guerre est réapparue aux frontières d’une Union européenne qui s’enorgueillissait d’avoir assuré la pacification d’une partie du continent depuis la fin de la Seconde guerre mondiale. Les revirements étatsuniens depuis l’investiture de Donald Trump ont remis le sujet du soutien à l’Ukraine et de l’issue de la guerre au centre des préoccupations diplomatiques de l’Union européenne. Se calant sur l’agenda qu’impose Trump, la couverture médiatique a pour l’instant peiné à prendre du recul sur la situation actuelle afin d’en éclairer les tenants et aboutissants : quels enjeux la guerre soulève-t-elle pour la société ukrainienne et pour l’Union européenne ? Quelles tensions et contradictions vient-elle mettre en lumière ? Prendre le temps de l’analyse et de la réflexion, c’est ce que Mouvements propose de faire dans cet entretien croisé avec Daria Saburova, docteure en philosophie, autrice, et membre du Réseau européen de solidarité avec l’Ukraine, et Denys Gorbach, chercheur franco-ukrainien travaillant à l’université de Lund et qui participe à l’animation du site militant Spilne/Commons.

    https://entreleslignesentrelesmots.wordpress.com/2025/03/31/lukraine-la-guerre-et-lunion-europeenne

    #international #ukraine #europe

  • Fin de soirées pour le Dock des Suds, lieu mythique de la nuit à Marseille
    https://www.lemonde.fr/m-le-mag/article/2025/03/29/a-marseille-fin-de-soirees-pour-le-dock-des-suds_6587445_4500055.html


    Le Dock des Suds, à Marseille, le 6 mars 2025. GEOFFROY MATHIEU POUR M LE MAGAZINE DU MONDE

    Cet espace de concerts, d’expositions, de soirées sans fin et de bringues débridées fermera ses portes le 31 mars sur une ultime fête, improvisée dans l’urgence.

    Roi des terrains vagues dans les années 1990, le Dock semble aujourd’hui minuscule à l’ombre de la tour de la compagnie d’affrètement #CMA_CGM de Rodolphe Saadé. Des résidences aux façades banales ont poussé alentour ; sur le trottoir d’en face, la cité scolaire internationale Jacques-Chirac, toute neuve, accueille près de 700 élèves. Pour #Euromeditérranée, le Dock des Suds est désormais « un bunker » inadapté à son environnement. L’aménageur espérait y installer la Cité du cinéma, mais le conseil régional a lâché le projet, préférant financer les Jeux olympiques d’hiver 2030.
    « La carte culturelle a été un outil de marketing territorial utilisé par de nombreuses villes, avant qu’elles se tournent vers un modèle plus rentable. Euroméditerranée a profité de cette image de movida marseillaise. Aujourd’hui, elle passe à l’étape suivante », analyse le sociologue Nicolas Maisetti, maître de conférences à Paris-VIII. Une étape qui, pour une partie de #Marseille, marque aussi la fin d’une époque.

    https://archive.ph/tU8cd

    #culture #espace_interstitiel (c’est-à-dire provisoire) #Mairie_de_Marseille #restructuration_urbaine

  • Les boycotts de détaillants se propagent à travers l’Europe du Sud-Est : Un combat pour des prix équitables

    Les consommateurs à travers l’Europe du Sud-Est ont atteint leur point de rupture. La flambée des prix des produits de première nécessité a poussé les budgets des ménages à leurs limites, déclenchant une vague de boycotts qui s’est rapidement propagée dans toute la région, de la Croatie à la Bulgarie. Ce qui a commencé comme des protestations localisées s’est transformé en un mouvement régional unifié exigeant la justice économique et des prix équitables. Les cibles sont les chaînes de supermarchés d’Europe occidentale et les entreprises franchisées qui dominent les marchés locaux.

    Le mouvement de boycott s’est enflammé en Croatie en janvier 2025, lorsque l’office des statistiques a confirmé une inflation de 5%, la plus élevée de la zone euro. Un groupe Facebook appelé « Hé, Inspecteur » (« Halo, Inspektore ») a lancé le premier boycott d’une journée le vendredi 24 janvier. Il a reçu un soutien massif des citoyens, avec une baisse de 43% du nombre de clients et une chute de 50% des ventes dans les principales chaînes de distribution, par rapport au vendredi précédent. De nombreux magasins à travers la Croatie étaient presque vides, les acheteurs ayant répondu à l’appel au boycott. Fort de ce succès, le groupe tente de faire du vendredi un jour régulier de boycott du commerce de détail.

    https://entreleslignesentrelesmots.wordpress.com/2025/03/30/les-boycotts-de-detaillants-se-propagent-a-tra

    #europe

  • En Europe, les migrants premières victimes de l’intelligence artificielle

    Alors que se tient à Paris cette semaine le Sommet pour l’action sur l’intelligence artificielle (IA), chefs d’État, chefs d’entreprise, chercheurs et société civile sont appelés à se prononcer sur les #risques et les #limites de ses usages. Des #biais_discriminatoires et des #pratiques_abusives ont déjà été observés, en particulier dans la gestion européenne de l’immigration.

    Un #détecteur_d’émotions pour identifier les #mensonges dans un #récit, un #détecteur_d’accent pour trouver la provenance d’un ressortissant étranger, une analyse des #messages, des #photos, des #géolocalisations d’un #smartphone pour vérifier une #identité… voici quelques exemples de systèmes intelligents expérimentés dans l’Union européenne pour contrôler les corps et les mouvements.

    « Ici, les migrations sont un #laboratoire_humain d’#expérimentation_technologique grandeur nature », résume Chloé Berthélémy, conseillère politique à l’EDRi (European Digital Rights), un réseau d’une cinquantaine d’ONG et d’experts sur les droits et libertés numériques. « Les gouvernements et les entreprises utilisent les environnements migratoires comme une phase de #test pour leurs produits, pour leurs nouveaux systèmes de contrôle. »

    Des détecteurs de mensonges à la frontière

    L’un des plus marquants a été le projet #iBorderCtrl. Financé partiellement par des fonds européens, le dispositif prévoyait le déploiement de détecteurs de mensonges, basés sur l’analyse des #émotions d’un individu qui entrerait sur le sol européen. « Les #visages des personnes, en particulier des demandeurs d’asile, étaient analysés pour détecter si, oui ou non, ils mentaient. Si le système considérait que la personne était un peu suspecte, les questions devenaient de plus en plus compliquées. Puis, éventuellement, on arrivait à un contrôle plus approfondi par un agent humain », explique-t-elle.

    Expérimenté dans les #aéroports de Grèce, de Hongrie et de Lettonie, il ne serait officiellement plus utilisé, mais l’EDRi émet quelques doutes. « Dans ce milieu-là, on est souvent face à une #opacité complète et il est très dur d’obtenir des informations. Difficile de dire à l’heure actuelle si cette technologie est encore utilisée, mais dans tous les cas, c’est une volonté européenne que d’avoir ce genre de systèmes aux frontières. »

    Drones de surveillance, caméras thermiques, capteurs divers, les technologies de surveillance sont la partie émergée de l’iceberg, la face visible de l’intelligence artificielle. Pour que ces systèmes puissent fonctionner, il leur faut un carburant : les #données.

    Les bases de données se multiplient

    L’Europe en a plusieurs en matière d’immigration. La plus connue, #Eurodac – le fichier des #empreintes_digitales – vise à ficher les demandeurs et demandeuses d’asile appréhendés lors d’un passage de frontière de manière irrégulière. Créée en 2002, la nouvelle réforme européenne sur l’asile étend considérablement son pouvoir. En plus des empreintes, on y trouve aujourd’hui des photos pour alimenter les systèmes de #reconnaissance_faciale. Les conditions d’accès à Eurodac pour les autorités policières ont également été assouplies. « Elles pourront le consulter pour des objectifs d’enquêtes criminelles, on retrouve donc cette idée que de facto, on traite les demandeurs d’asile, les réfugiés, avec une présomption d’illégalité », conclut Chloé Berthélémy.

    Or, ces collectes d’informations mettent de côté un principe clef : celui du #consentement, condition sine qua non dans l’UE du traitement des données personnelles, et clairement encadré par le Règlement général de protection des données (#RGPD). Les politiques migratoires et de contrôles aux frontières semblent donc faire figures d’#exception. Lorsqu’une personne pose le pied sur le sol européen, ses empreintes seront collectées, qu’il soit d’accord ou non. Selon l’EDRi, « l’Union européenne est en train de construire deux standards différents. Un pour ceux qui ont les bons papiers, le bon statut migratoire, et un autre pour ceux qui ne les ont pas ».

    Un nouveau cadre juridique qui a d’ailleurs été attaqué en justice. En 2021, en Allemagne, la GFF, la Société des droits civils (qui fait partie du réseau de l’EDRi) triomphe de l’Office allemand de l’immigration, condamné pour pratiques disproportionnées. Textos, données de géolocalisation, contacts, historique des appels et autres #fichiers_personnels étaient extraits des #smartphones des demandeurs d’asile à la recherche de preuve d’identité.

    Automatisation des décisions

    Une fois les frontières passées, l’intelligence artificielle continue à prendre pour cible des étrangers, à travers sa manifestation la plus concrète : les #algorithmes. Examiner les demandes de #visa ou de #naturalisation, attribuer un #hébergement, faciliter l’organisation des #expulsions, prédire les flux migratoires… la multiplication des usages fait craindre aux chercheurs une administration sans guichet, sans visage humain, entièrement automatisée. Problème : ces systèmes intelligents commettent encore beaucoup trop d’#erreurs, et leur prise de décisions est loin d’être objective.

    En 2023, l’association La Quadrature du Net révèle que le code source de la Caisse nationale d’allocations familiales (Cnaf) attribue un « score de risque » à chaque allocataire. La valeur de ce score est ensuite utilisée pour sélectionner ceux qui feront l’objet d’un contrôle. Parmi les critères de calcul : avoir de faibles revenus, être au chômage, ou encore être né en dehors de l’Union européenne. « En assimilant la précarité et le soupçon de fraude, l’algorithme participe à une politique de #stigmatisation et de #maltraitance institutionnelle des plus défavorisés », estime Anna Sibley, chargée d’étude au Gisti. Quinze ONG ont d’ailleurs attaqué cet algorithme devant le Conseil d’État en octobre 2024 au nom du droit à la protection des données personnelles et du principe de non-discrimination.

    Autre exemple : l’IA a déjà été utilisée par le passé pour soutenir une prise de décision administrative. En 2023, le ministère de l’Intérieur a « appelé à la rescousse » le logiciel #Google_Bard, un outil d’aide à la prise de décision, pour traiter la demande d’asile d’une jeune Afghane. « Ce n’est pas tant le fait que l’intelligence artificielle ait donné une réponse négative qui est choquant. C’est plutôt le fait qu’un employé du ministère de l’Intérieur appuie sa réponse sur celle de l’IA, comme si cette dernière était un argument valable dans le cadre d’une décision de justice », analyse la chercheuse.

    #Dématérialisation à marche forcée

    En 2024, un rapport du Défenseur des droits pointait du doigt les atteintes massives aux droits des usagers de l’ANEF, l’administration numérique des étrangers en France. Conçue pour simplifier les démarches, l’interface permet le dépôt des demandes de titres de séjour en ligne.

    Pourtant, les #dysfonctionnements sont criants et rendent la vie impossible à des milliers de ressortissants étrangers. Leurs réclamations auprès du Défenseur des droits ont augmenté de 400% en quatre ans. Des #plaintes allant du simple problème de connexion aux erreurs de décisions de la plateforme. Un casse-tête numérique contre lequel il est difficile de se prémunir. « Les services d’accompagnement déployés sont trop limités », constate Gabrielle de Boucher, chargée de mission numérique droits et libertés auprès du Défenseur des droits. Selon elle, il est important que la France reconnaisse aux étrangers le droit de réaliser toute démarche par un canal humain, non dématérialisé, un accueil physique.

    Le biais discriminatoire

    Autre écueil de la dématérialisation croissante des administrations : le biais discriminatoire. Puisque les systèmes intelligents sont entraînés par des êtres humains, ces derniers reproduisent leurs biais et les transmettent involontairement à l’IA. Illustration la plus concrète : les erreurs d’#identification.

    En 2023, un homme a été arrêté aux États-Unis après que les logiciels de reconnaissance faciale l’ont désigné par erreur comme l’auteur de vols. « On peut légitimement avoir des craintes sur le respect des droits, puisqu’on sait, par exemple, que le taux d’erreur est plus élevé pour les personnes non blanches », s’inquiète Gabrielle du Boucher. Comme elles sont sous représentées dans les #bases_de_données qui nourrissent l’apprentissage de l’IA, celle-ci sera moins fiable que lorsqu’elle devra, par exemple, se concentrer sur les personnes blanches.

    https://www.infomigrants.net/fr/post/62762/en-europe-les-migrants-premieres-victimes-de-lintelligence-artificiell
    #IA #AI #intelligence_artificielle #migrations #réfugiés #victimes #frontières #technologie #contrôle #surveillance #accent #langue #discrimination

  • EU liefert weiteres Patrouillenboot an Mauretanien

    Überwachungstechnik könnte zur Sicherung eines Offshore-Gasfelds sowie Migrationsabwehr genutzt werden.

    Der Rat der Europäischen Union hat am Montag erneut eine Finanzspritze für das mauretanische Militär beschlossen: 20 Millionen Euro fließen in mobile Landüberwachungsanlagen und ein weiteres Patrouillenboot. Damit steigt die Unterstützung für die Regierung in Nouakchott unter der »Europäischen Friedensfazilität« (EPF) auf insgesamt 47 Millionen Euro. Finanziert werden darüber auch Dienstleistungen und die technische Ausbildung an den Geräten.

    Offiziell heißt es, die Maßnahmen dienten der Stabilität in der Sahelzone und der Bekämpfung von Bedrohungen für die territoriale Integrität des Landes. Gemeint ist womöglich auch die Bewachung eines Offshore-Gasfelds an der Seegrenze zum Senegal im Atlantischen Ozean. Es gehört zu den größten Erdgasfunden in Westafrika und wird von den Regierungen Mauretaniens und Senegals gemeinsam entwickelt.

    Jedoch könnten die Mittel auch zur Migrationsabwehr im Sinne der EU genutzt werden. Denn Mauretanien ist mit dem Senegal ein Hauptabfahrtsland für Migrant*innen aus Subsahara-Staaten, die meist in kleinen Booten über den Atlantik in Richtung der Kanarischen Inseln und damit nach Spanien übersetzen.

    Die Lieferung eines ersten Patrouillenbootes hat die EU bereits 2024 beschlossen, es soll in Mauretaniens Hoheitsgebiet und seiner Meereszone operieren. Mauretanien könnte die Fähigkeiten an Land auch nutzen, um potenzielle Flüchtlinge bereits in der Sahelzone festzusetzen.

    Nach Informationen von »nd« ist das Thema auch in einer Entschließung des Rates zugunsten von Mauretanien explizit genannt. Darin heißt es: »Mauretanien ist ein wichtiger Partner für regionale, europäische und internationale Initiativen zur Stärkung von Frieden und Entwicklung in der Sahelzone. Das Land setzt sich nachdrücklich für die Bekämpfung der irregulären Migration über die westafrikanische Route ein.«

    Ebenfalls zur Migrationsabwehr hat die Europäische Union im Februar 2024 ein Finanzpaket in Höhe von 210 Millionen Euro für Mauretanien freigegeben, um die Zahl der Migrant*innen zu verringern, die auf den spanischen Inseln ankommen. Die Mittel sind Teil einer breiteren Migrationspartnerschaft zwischen der EU und Mauretanien. Damit soll auch die Grenze zu Mali besser gesichert werden. Ein Teil des Geldes soll zur Unterstützung bei der Aufnahme von Flüchtlingen eingesetzt werden. Zusätzlich zu den 210 Millionen Euro aus Brüssel stellt Spanien weitere 64 Millionen Euro zur Verfügung.

    Die EU hat in der Vergangenheit bereits andere afrikanische Staaten zu Vorposten ihrer Migrationspolitik gemacht, darunter etwa Marokko, Tunesien, Algerien und Ägypten. Die Zusammenarbeit mit Libyen und Niger erfolgt weniger direkt, beide Regierungen erhalten aber ebenfalls finanzielle und organisatorische Unterstützung zur Überwachung ihrer See- oder Landgrenzen. Diese Abschottungspolitik geht im Falle Libyens mit massiven Menschenrechtsverletzungen einher. Auch in Mauretanien gibt es Berichte über Misshandlungen von Migrant*innen und willkürliche Inhaftierungen.

    Die EU-Entscheidung für die Spende eines zweiten Patrouillenbootes an Mauretanien könnte auch US-amerikanischen Sanktionen geschuldet sein. Die Regierung in Nouakchott musste Anfang des Jahres einen Vertrag mit einer Tochtergesellschaft des chinesischen Staatskonzerns Poly Group über den Kauf von Patrouillenbooten kündigen. Laut einem Bericht von Africa Intelligence erfolgte dieser Schritt unter dem wachsenden Druck aus Washington, das eine Tochterfirma der Poly Group wegen angeblicher Unterstützung des russischen Kriegs in der Ukraine auf eine Sanktionsliste des Finanzministeriums gesetzt hat. Die US-Regierung hat deshalb eine Zahlung von 40 Millionen Euro aus Mauretanien an das chinesische Unternehmen blockiert.

    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190008.europaeische-friedensfazilitaet-eu-liefert-weiteres-patrouillenbo

    #bateaux #Mauritanie #externalisation #EU #UE #union_européenne #migrations #réfugiés #militarisation_des_frontières #surveillance_des_frontières #route_atlantique

    • European Peace Facility: Council adopts third assistance measure in support of the Armed Forces of Mauritania

      The Council today adopted a third assistance measure worth €20 million under the European Peace Facility to provide the Mauritanian armed forces with military equipment.

      This decision comes in addition to two other assistance measures worth €12 million and €15 million, adopted on 1 December 2022 and 22 July 2024 respectively. They support the efforts of the Mauritanian armed forces to promote stability in the Sahel, counter the risk of destabilisation and protect the territorial integrity and sovereignty of Mauritania and its civilian population against internal and external aggression.

      The EU’s overall support for Mauritania under the European Peace Facility now totals €47 million.

      As part of this package, the EU is already providing the Mauritanian armed forces with capacities needed to carry out military activities on land and at sea, whether in terms of surveillance, deterrence or operations.

      The newly adopted assistance measure will complement the existing package and will equip the army with mobile land surveillance assets and the navy with a second patrol boat, identical to the one expected under the assistance measure adopted in 2024.

      This equipment will support the Mauritanian Armed Forces’ efforts to increase situational awareness on national territory. They will also contribute to a permanent presence at sea, in support of maritime security and in cooperation with the existing Yaoundé architecture.

      Background:

      The European Peace Facility was established in March 2021 to finance EU external actions with military or defence implications, with the aim of preventing conflict, preserving peace and strengthening international security and stability. In particular, the EPF allows the EU to finance actions designed to strengthen the capacities of third states and regional and international organizations as regards military and defence matters.

      https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2025/03/24/european-peace-facility-council-adopts-third-assistance-measure-in-

  • En #Algérie, la France coloniale a aussi détruit la #nature

    L’accaparement colonial de la terre en Algérie a détruit des modes d’organisation et de gestion de la terre en commun. Le développement des monocultures et d’une agriculture d’exportation a aussi bouleversé l’environnement.

    Après avoir été suspendu de RTL début mars pour avoir évoqué les massacres français en Algérie au XIXe siècle, Jean-Michel Apathie a décidé de quitter la station. En pleine surenchère du ministre Bruno Retailleau avec l’Algérie et face à une extrême droite qui clame les bienfaits de la colonisation, le flot de réactions hostiles aux propos de l’éditorialiste rappelle que nombre de Français ne connaissent pas l’ampleur des crimes coloniaux commis par la France en Algérie.

    Face aux tentatives de révisionnisme historique, Reporterre s’est intéressé à un pan méconnu de la colonisation française en Algérie : ses dégâts sur la nature. À l’aube de la colonisation, le socle de la société algérienne reposait sur la paysannerie, l’agriculture était la principale source de richesse et rythmait la vie des populations qui alternait entre le travail de la terre et les transhumances saisonnières. Mais de 1830 jusqu’à la fin de la Première Guerre mondiale, l’accaparement des terres par les colons a complètement bouleversé cet équilibre.

    « L’arrivée des colons en Algérie signe l’accaparement des ressources environnementales et celle du foncier. C’était une pratique d’expropriation sans explication, sans excuse et avec une grande brutalité. Pour les Algériens, c’est un monde qui s’effondre littéralement », relate Antonin Plarier, maître de conférence à l’université Lyon 3 et spécialiste de l’histoire environnementale des sociétés coloniales.

    Au total, d’après ses calculs, plus d’1,2 million d’hectares ont été transférés aux Européens entre 1830 et 1917 : soit l’équivalent de 1 000 fois la superficie de Paris, et trois fois celle de la Belgique.

    Pour réquisitionner des terres algériennes, la France a développé un arsenal juridique légalisant un paradoxe : celui d’une société qui défendait le droit à la propriété et d’une colonisation qui foulait au pied celle des Algériens. L’administration coloniale pouvait ainsi s’emparer de n’importe quelle propriété algérienne, qu’elle soit celle d’un individu comme d’une tribu entière.
    Détruire la paysannerie pour « soumettre le pays »

    La doctrine coloniale et militaire se lit à travers les écrits du maréchal Bugeaud, le militaire qui a permis d’étendre la conquête de l’Algérie. Voici notamment ce que précise cette violente figure de la colonisation, spécialiste des enfumades (pratique consistant à asphyxier des personnes réfugiées ou enfermées dans une grotte en allumant devant l’entrée des feux) : « J’y ai réfléchi bien longtemps, en me levant, en me couchant ; eh bien ! Je n’ai pu découvrir d’autre moyen de soumettre le pays que de saisir l’intérêt agricole ». Il faut donc empêcher les populations « de semer, de récolter, de pâturer », pour les priver des moyens d’existence, souligne l’historien Hosni Kitouni, chercheur en histoire à l’université d’Exeter.

    En filigrane, il s’agissait de punir tous ceux qui tentaient de se révolter, et de dissuader ceux qui en avaient l’intention. En 1838, l’ordonnance royale du maréchal Bugeaud indiquait que toute tribu s’insurgeant contre la domination française pouvait voir ses terres séquestrées. Cette politique monta encore d’un cran en 1871 à la suite d’une insurrection initiée contre la puissance coloniale.

    Cette « tempête des spoliations », selon l’expression d’Hosni Kitouni, a non seulement dispersé les populations, contraintes d’abandonner leurs maisons, leurs cultures, leur bétail, mais a également entraîné leur paupérisation, voire pire, leur famine, puis leur mort. En parallèle, la violence des razzias, ces opérations militaires menées dans des campements, a détruit les habitations et les récoltes. Les arbres fruitiers étaient rasés dans les zones de guerre.
    Spoliation de l’eau et des forêts

    « Devenus des paysans sans terre, sans bétail, sans abris, n’ayant que la force de leurs bras à vendre, ils vont alimenter la masse des candidats à toutes les servitudes », écrit Hosni Kitouni. D’anciens propriétaires algériens sont alors parfois revenus sur leurs terres louer leur force de travail aux colons français. « Des paysans algériens vont revenir cultiver la terre, fournir les semences, et les instruments agraires, en échange de quoi ils vont pouvoir récupérer un ou deux cinquièmes de la récolte, le reste revenant au propriétaire », raconte à Reporterre Antonin Plarier.

    Au-delà des terres, la colonisation s’est emparée des communs que sont les forêts et l’eau. Au XIXe siècle, plusieurs opérations de maîtrise des cours d’eau ont fleuri, toujours dans le but d’irriguer les terres des colons. Dans les années 1860, un projet de barrage a vu le jour dans le département d’Oran. Antonin Plarier pointe ainsi ce qui tient de l’évidence : « Lorsqu’une source en eau est maîtrisée, elle l’est uniquement au bénéfice des colons, et donc au détriment des agriculteurs algériens qui en sont de fait dépossédés. »

    La question de l’eau a entraîné plusieurs conflits, tout comme celle des forêts. Dès les années 1830, l’imposition du Code forestier par les colons a restreint peu à peu aux Algériens l’artisanat, le passage du bétail, le ramassage du bois de chauffe, et la coupe de bois pour les diverses constructions.

    Résultat : entre un tiers et la moitié des ressources économiques de la paysannerie algérienne a été menacée par ce nouveau cadre légal, estime Antonin Plarier. Il faut dire que l’administration coloniale y a très vite vu un filon : l’exploitation des forêts en vue de leur commercialisation.

    Dans la montagne de Beni Khalfoun, dans la vallée de l’Isser, l’administration octroya par exemple une concession d’environ 1 000 hectares de chênes-lièges, un bois cher et prisé pour la fabrication de bouchons, à un exploitant français. Difficile de donner un chiffre précis, mais cet accaparement de ressources essentielles n’a pas été sans conséquences sur l’écosystème algérien.

    « C’est toute une série d’éléments liés à la colonisation qui vont contribuer à dégrader l’environnement algérien. En asséchant les sols via la déforestation, l’État colonial a par exemple favorisé l’érosion des sols », dit l’historienne Hélène Blais, professeure d’histoire contemporaine à l’ENS et autrice de L’empire de la nature. Une histoire des jardins botaniques coloniaux.
    Monocultures et rentabilité

    En Algérie, comme ailleurs, la colonisation s’est accompagnée de l’introduction de nouvelles espèces jugées plus rentables, et d’un bouleversement dans les pratiques agricoles tournées vers une pratique intensive et exportatrice correspondant davantage aux besoins de la métropole.

    Ce qui fait dire à Alain Ruscio, historien spécialiste de la période coloniale, que « la totalité de l’écosystème algérien a été affectée par la colonisation » : « Au fur et à mesure que l’armée française considérait qu’une région était complètement contrôlée, des monocultures étaient rapidement mises en place. D’où aussi la construction de routes servant à acheminer ces marchandises vers la France », nous explique-t-il.

    C’est l’exemple de la vigne et de sa vinification, qui priva une partie de la population d’un accès à la culture de céréales, et entraîna la disparition de terres en jachères — qui fournissaient des pâturages jusqu’ici essentiels pour le bétail des paysans algériens. Mais aussi de l’introduction massive de l’eucalyptus, cette plante endémique d’Australie, dès les années 1860 pour tenter d’assainir les zones humides dans lesquelles le paludisme décimait des colons.

    « Des millions d’arbres ont ainsi été plantés. Dans certains endroits, cela a asséché plus qu’il était nécessaire, au détriment d’autres espèces endémiques qui ont été abattues ou abandonnées dans ce cadre », analyse Hélène Blais. L’historienne a également observé des tentatives d’introduction de moutons mérinos, apporté pour sa laine prisée en Europe.
    Chasses coloniales

    Sans oublier les chasses coloniales qui attiraient des Français originaires de tout l’Hexagone venus traquer hyènes, panthères, lions et autres animaux sauvages. Considérés comme des animaux nuisibles, leurs têtes furent mises à prix via une circulaire du général Bugeaud de 1844 offrant une récompense pour tout animal tué « proportionné à la puissance de chaque bête ». D’après les recherches d’Hosni Kitouni, rien qu’en 1860, ce ne furent pas moins de 61 panthères et 38 lions qui avaient été abattus. Si bien qu’à la fin du XIXe siècle, le plus gros de la faune sauvage avait disparu. Le dernier lion fut abattu en 1958.

    « L’ordre colonial s’accommode peu avec la différence biologique, écologique, humaine qui résiste à sa domination, conclut l’historien auprès de Reporterre. D’où la politique de mise en ordre à force de violence et de juridictions d’exception, empêchant la société autochtone de se développer à son rythme selon ses lois naturelles. »

    Au-delà des crimes commis sur les Algériens, peu d’historiens se sont jusqu’ici emparés des destructions des écosystèmes. L’ampleur d’un éventuel écocide lié à la colonisation française reste à quantifier et est un angle de mort de la recherche.

    https://reporterre.net/En-Algerie-la-France-coloniale-a-aussi-detruit-la-nature
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