• Berliner Privatdetektiv über seinen Job: „Es geht tricky zu wie im Film“
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    13.10.2022 von Birgit Walter -Privatdetektive haben einen miesen Ruf und keine Rechte. Dabei arbeiten sie loyal. Unterwegs in Berlin mit einem Erfolgreichen, seit 40 Jahren in der Branche.

    Die einsamen Spaziergänge des Ehemanns dauerten drei Stunden und führten angeblich immer durch den Park. Meine Freundin bemerkte es im Homeoffice während der Pandemie. Ihr Mann trug keine Joggingsachen und verließ die Wohnung stets gut gelaunt. Als die Spaziergänge anhielten, wollte sie genauer wissen, was von ihrer jahrzehntelangen Ehe noch zu halten war. Sie suchte sich einen Privatdetektiv. – Echt jetzt? Wie im Krimi? Obwohl er vielleicht nur gestresst herumspaziert!? Ja, genau.

    Die Freundin berichtet, dass sie die Auswahl an Detektiven in Berlin eher übersichtlich findet, erst zum dritten Kandidaten überhaupt Vertrauen fassen konnte. Der sei nun allerdings Spitze, ein Berliner Original, von der Arbeit besessen. Das kostenlose Vorgespräch mit ihm dauert Stunden und ist in ihrer Erinnerung ein ausführliches Abraten von dem anstehenden Auftrag.

    Sie erfährt, was einem Detektiv beim Verfolgen und Aufdecken verboten ist: alles. Alles, was auch die hintergangene Ehefrau besser lässt. Der Detektiv darf also nicht bei Rot über die Straße eilen, keine Waffe nutzen, keinen Autobesitzer ermitteln oder Peilsender anbringen, kein Gespräch abhören – nichts. Ja, er darf nicht mal den Ehemann beschatten und fotografieren, solange nicht ein „berechtigtes“ Interesse vorliegt. Was ist das denn für ein Beruf? Eigentlich gar keiner, resümiert die Freundin, bewundert zugleich, was ihr Ermittler trotzdem alles rausbekommen hat. So viel mehr, als sie gehofft hatte. Dazu später, erst mal sehen wir uns diesen interessanten Typen an.

    Stefan Dudzus mit der Kamera im Anschlag

    Stefan Dudzus mit der Kamera im AnschlagEmmanuele Contini
    In Deutschland kann jeder Privatdetektiv werden

    Privatdetektiv werden kann in Deutschland jeder – ohne Abschluss, ohne Erlaubnis, ohne Nachweis, irgendwas zu können.

    Er meldet ein Gewerbe an und fertig. Der Verband Deutscher Detektive beklagt das, bietet Fortbildung an, wünscht Sachkundenachweise, aber verpflichtend wie in anderen Ländern ist nichts. Den wachsenden Aufklärungsbedarf in der Wirtschaft decken eher Wirtschaftsprüfer ab, im Privatbereich gehen die Aufträge zurück. Seit 1977 das Verschuldensprinzip im Scheidungsrecht kippte, bringt Fremdgehen keine finanziellen Nachteile mehr und die Zahl privater Detekteien sinkt stetig. Heute sind bundesweit noch etwa 900 angemeldet. Dem Beruf fehlt es an Attraktivität, Anerkennung und einem anständigen Image.

    Stefan Dudzus, 62, seit 40 Jahren in dieser Branche unterwegs, darunter kurz für meine Freundin, liebt diesen Beruf. Er beschäftigt bei Bedarf bis zu zwölf Kollegen auf Honorarbasis, ist weltweit vernetzt, residiert in einem schwer verrauchten Büro mit riesigen Computermonitoren in seiner Tempelhofer Wohnung. Er ist ein großer stämmiger Mann mit wenig Haupthaar, nach eigenen Angaben 24 Stunden täglich erreichbar.

    Er spricht schnell und viel, schläft selten, raucht immer und bezeichnet seinen Beruf als asozial: „Aber es ist auch der beste der Welt, sehr fordernd. Du musst alles können: deine Auftraggeber einschätzen und ihre Gegner, die Gesetze kennen, ihre Auslegung, Umgehungsmöglichkeit, nicht zu vergessen, die teuren Kommentare von Haufe.“ Haufe bringt, salopp gesagt, Erklärstücke zu juristischen Themen heraus.

    Der Autodidakt Dudzus verfällt gelegentlich in Anwaltssprache: „Nach dem HKÜ wäre die Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen verpflichtet. Was ich erlebe, grenzt oft an Arbeitsverweigerung.“ HKÜ meint das Haager Abkommen über Kindesentführungen, mit dem sein aktueller Fall zu tun hat – theoretisch nichts für Detektive. Praktisch aber war Stefan Dudzus die letzte Hoffnung für Alexander Herrmann, nachdem sein dreijähriger Sohn Erik entführt wurde.

    Er lebte von der Mutter getrennt, sie war mit dem Kind offensichtlich überfordert. Als Jugendamt und Kita den Eltern im März ein Hilfsangebot unterbreiten wollen, bekommt die aus Italien stammende Mutter Angst, nimmt das Kind und verschwindet. Zurück bleiben der Vater und Eriks geliebte Großeltern in permanenter Aufregung. Die Rechtslage ist klar: Das Sorgerecht haben beide Eltern, Gerichtsstand ist Deutschland – nur, was nutzt das? Der Vater schaltet Anwälte in Berlin und Italien ein, wo er Erik und seine Mutter bei deren Familie vermutet. Als dort niemand gefunden wird, klappt der Staatsanwalt die Akte zu, „bis sich etwas Neues ergibt“.

    Privatermittler sind teuer, Stundensätze von 70 bis 150 Euro sind üblich

    Von selbst ergibt sich gar nichts. Die Herrmanns haben schon 14.000 Euro für Anwälte in Berlin und Italien ausgegeben, als sie in ihrer Not im Sommer die Detektei mit der Suche betrauen. Dudzus fährt nach Süditalien, findet raus, dass Mutter und Kind längst in Albanien sind, wo die Wurzeln der migrantischen Familie liegen. Er mobilisiert Kontakte, setzt mit der Fähre nach Albanien über, wo Straßen keine Hausnummern haben, findet den Aufenthaltsort von Mutter und Kind. Doch als er eintrifft, sind beide verschwunden.

    Da hatten ihn die Herrmanns in Berlin schon zurückbeordert, weil sie der Fall finanziell zu ruinieren drohte. Privatermittler sind teuer, zahlen Sozialabgaben und Versicherungen selbst, Tagessätze von 500 bis 2000 Euro sind daher üblich, Stundensätze von 70 bis 150 Euro auch. Weil es um ein Kind geht, hat Dudzus versucht, den Fall auf eigene Rechnung zu Ende zu bringen – vergeblich. Immerhin ist nun der Aufenthaltsort bekannt. Indessen verlangt die Mutter das alleinige Sorgerecht in Albanien – aussichtslos, doch die Kostenlawine für die Herrmanns nimmt erst richtig Fahrt auf. Dudzus schätzt sie auf bis zu 70.000 Euro, richtet für die Familie einen Spendenaufruf auf YouTube ein.

    Dann stürzt er sich in neue Arbeit. Eine weitere länderübergreifende Kindesentführung steht an. Einfacher laufen Überwachungen, die zu den häufigsten Aufträgen zählen. Der jüngste Fall ließ sich zügig lösen. Der Vorstandschef einer mittelgroßen Firma bezweifelt, dass seine Ehefrau, Mutter gemeinsamer Kinder, regelmäßig bei ihrer Freundin übernachtet. Er wird erfahren, dass sich die Gattin nicht wie vermutet bei einem Liebhaber aufhält, sondern schon lange lustvoll als Prostituierte arbeitet. Ein Ergebnis, das Dudzus seinem Kunden eher schonend vermitteln muss.

    Aber ist das reizvoll, den Scheinwerfer auf Verborgenes zu richten, statt intime Geheimnisse friedlich schlummern zu lassen? Oh, oh, da komme es doch sehr auf den Standpunkt des Betrachters an, so Dudzus, in der Regel sehe er sich als Aufklärer, dem Recht verpflichtet, oft genug der Gerechtigkeit. Man könne Kosten der Rechtsverteidigung sogar steuerlich absetzen. Und wenn er Erfolg hat, ein entführtes Kind zurückbringt und die Mutter heult vor Glück, dann macht das auch ihn froh.

    Die Detektiv-Klassiker – es geht um Unterhalt und Betrug

    Er erzählt aus der Praxis. Eine Direktorin wurde von ihrem geschiedenen Mann auf 3000 Euro Unterhalt verklagt, weil der nach der Trennung einkommenslos bei seinen Eltern wohnen müsse. Die Detektei stellt fest, dass der Mann längst bei einer Freundin lebt und dazu schwarzarbeitet. Er wird vom Richter wegen Prozessbetrugs angezeigt. Die Direktorin überweist 15.000 Euro an die Detektei und spart 3000 Euro monatlich an den Ex – für immer.

    Der Klassiker läuft ähnlich: Ein Vater zahlt keinen Unterhalt für seine Kinder, denn er ist arbeitslos gemeldet. Sein neues großes Auto gehört angeblich einem Kumpel. Ermittlungen ergeben, dass der Vater tagsüber als Lieferant arbeitet und abends in einem Restaurant, alles schwarz. Daraufhin streicht die Richterin die Prozesskostenhilfe, pfändet den Unterhalt und klagt wegen Sozialleistungsbetrugs.

    Wie kommt ein Detektiv denn nun an seine Informationen, wenn das Gesetz selbst bei der Observation von Eheleuten ein „berechtigtes“ Interesse vorschreibt? Darauf antwortet der redselige Dudzus ganz schmallippig: Er habe seine Methoden. Früher, schwärmt er, also vor der Datenschutzgrundverordnung, hatte er beste Beziehungen überall hin, auch zur Polizei. Einen Fahrzeughalter zu ermitteln war keine Sache. Alles vorbei. Und natürlich sind illegal erstellte Fotos vor Gericht als Beweismittel nicht zulässig. Aber meist schaut der Richter trotzdem gern rauf und kann dann die Information ja schlecht vergessen. Peilsender, für ein Bewegungsprofil unerlässlich, würde er seinen Mandanten vermieten. Es gehe tricky zu wie im Film.

    Stefan Dudzus, 62, ist seit 40 Jahren in dieser Branche unterwegs. Zwischendurch ließ er sich zum Berufspiloten ausbilden. Den Beruf fand er dann aber zu langweilig.

    Niederlagen gehören zum Beruf des Detektivs

    Niederlagen gehören dazu. Stadtbekannt ist Dudzus kurze Zeit, als er 1987 die geklauten Instrumente aus dem Tourbus der Berliner Band Penny Lane hurtig wiederbeschafft. Als angeblicher Interessent für die Ware gelangt er in eine Wohnung, randvoll mit Diebesgut, legt dem Hehler Handschellen an, was bei Fluchtgefahr erlaubt ist, ruft die Polizei und die Konzerte sind gerettet. Die Presse schreibt anerkennend. Aber der Hehler zeigt den Detektiv an wegen Freiheitsberaubung. Das Urteil beläuft sich zunächst auf eine Strafe von 40 Tagessätzen, denn Hehlerei ist tatsächlich eine „straflose Nachtat“. Strafbar ist nur der Diebstahl, die frische „Vortat“. Dudzus’ Verurteilung erschüttert damals das Rechtsvertrauen seines jüngeren Bruders Olaf so, dass der vom Jurastudium ins Steuerrecht wechselt.

    Der Detektiv selbst lässt sich nur einmal richtig erschüttern. Er hatte 1990, als bei ihm wäschekörbeweise Bewerbungen früherer Grenzer, Polizisten, Stasileute aus der DDR eingingen, die Sicherheitsfirma Preußen-Wacht gegründet mit Niederlassungen in ganz Ostdeutschland. Er schaffte Uniformen an, Fahrzeuge, wurde Chef von 500 Mitarbeitern, wie er sich erinnert. Als ab 1994 eine Pleitewelle im Baugewerbe einsetzt und Zahlungen für die Wachleute ausbleiben, als sich selbst die Treuhand mit Überweisungen oft sechs Monate Zeit lässt, legt er einen klassischen Anschlusskonkurs hin. Es folgt ein gesundheitlicher Zusammenbruch. Seine erste Frau verlässt ihn, seinen Vermögensverlust mit Anwaltskosten schätzt er auf 1,5 Millionen D-Mark.

    Stefan Dudzus will plötzlich was Richtiges machen, was „Anständiges“. Er hatte zum Entsetzen seines Vaters, ein Oberstudiendirektor, einst das Abitur geschmissen, um Geld zu verdienen. Er erlebt schnelle Erfolge in der Versicherungsbranche, überführt Betrüger, macht sich mit 21 als Detektiv selbstständig, studiert die Gesetze von Fall zu Fall. Nun also erfüllt er sich einen alten Wunsch, macht 1997 den Pilotenschein, lässt sich in den USA zum Berufspiloten ausbilden. Dann nimmt er eine Anstellung an und transportiert Frachtgut in einer Boeing 747.

    Der Berliner Detektiv klagt nie über das Warten beim Observieren

    Es ist spät geworden. Stefan Dudzus hat den ganzen Abend sein außerordentliches Gedächtnis malträtiert, nun besteht er darauf, mich nach Hause zu fahren. In seinem großen bequemen Wagen beobachtet er drei Bildschirme und den Verkehr, hält in einer Hand die Zigarette und das Steuer, mit der anderen macht er vor, wie man ein Flugzeug auf der Stelle wendet. Ich bekomme es mit der Angst zu tun. Er sagt: „Pah, das ist doch nichts gegen wirkliches Multitasking, wie es in einer Pilotenprüfung verlangt wird! Ich kann das, hatte nie einen Unfall.“

    Pilot bleibt er nicht lange, findet die Arbeit „stinklangweilig!“ Er wird wieder Detektiv, will aufklären, Pläne schmieden, Lügen entlarven, Probleme lösen, Erfolg haben. Dazu, sagt er, bringt er Zähigkeit mit, Ideen und Durchhaltekraft. Er hat Judo gelernt und Tanzen, um sich in viele Milieus einschleichen und auf jedem Parkett bewegen zu können. Nie redet er von der Ödnis des Wartens beim Observieren. Urlaub lehnt er ab, die zweite Ehefrau ist das gewohnt. Aber dieses Leben, ungesund und erfolgreich, das will er genau so.

    Die Ehe meiner Freundin befindet sich längst in dramatischer Auflösung, ungekannte Charakterzüge tauchen auf. Der Mann ist ausgezogen, Anwälte haben übernommen. Hätte die Ehe ohne Detektiv vielleicht gehalten? Niemals, sagt sie, nie! Im Gegenteil, so habe sie ihren Mann wenigstens am Ende ihrer Ehe noch kennengelernt.

    #Berlin #Gesellschaft #Familie #DSGVO

  • Wie Europa geflüchtete Kinder einsperrt

    Zehntausende werden an den EU-Grenzen festgehalten: in Gefängnissen, die nicht so heißen dürfen. Kinder einzusperren, verstößt gegen internationale Abkommen.

    Unweit der Landebahn des Flughafens Schönefeld endet die Bundesrepublik. Ein Gitterzaun umgibt das Haus, das zwar in Brandenburg steht, sich aber rechtlich außerhalb Deutschlands befindet. Zwei Sicherheitskräfte bewachen die Räume, in denen dicht an dicht einfache Betten stehen. Wenn Familien ohne gültige Papiere die Ankunftshalle erreichen und um Asyl bitten, bringen die Grenzer sie hierher und halten sie so lange fest, bis die Behörden über ihren Antrag entscheiden.

    Im vergangenen Jahr wurde laut Innenministerium neun Menschen die Einreise verweigert, darunter ein Kind, im Jahr 2018 waren es 13 Personen, darunter eine Mutter aus Armenien mit ihrer achtjährigen Tochter sowie ihrem zehnjährigen und ihrem zwölfjährigen Sohn, gibt die Zentrale Ausländerbehörde Brandenburg an. Mit Buntstiften haben sie Herzen und Blumen an die Wand eines Aufenthaltsraums gemalt. Die Zeichnungen blieben, die Familie wurde nach drei Wochen abgeschoben. Anwälte kritisieren diese Zustände als unzulässige Haft für Kinder.

    Neben Berlin-Schönefeld findet das sogenannte Flughafenverfahren in Düsseldorf, Hamburg, München und Frankfurt am Main statt. Auch dort müssen Menschen im Transitbereich bleiben, auch dort soll binnen zwei Tagen über ihren Asylantrag entschieden werden. Wird dem stattgegeben oder brauchen die Behörden mehr Zeit, dürfen die Menschen einreisen. Lehnen die Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) den Antrag hingegen als „offensichtlich unbegründet“ ab, können die Menschen klagen. So werden aus diesen zwei Tagen leicht Wochen oder Monate, erklärt der Hannoveraner Anwalt Peter Fahlbusch, der seit Langem Menschen betreut, die sich im Flughafenverfahren befinden.
    Abgeschottet von der Öffentlichkeit: das Flughafenverfahren

    Mitte der 90er Jahre entschied das Bundesverfassungsgericht, dass es sich bei dem Festhalten von Menschen im Transit nicht um Freiheitsentziehung im Sinne des Grundgesetzes handelt. Pro-Asyl-Sprecher Bernd Mesovic hält das für irreführend: „Der Gesetzgeber sagt, auf dem Luftweg können die Betroffenen jederzeit das Land verlassen. Wir meinen, das ist eine haftähnliche Situation, und die ist für Kinder sehr belastend.“ Rechtsanwalt Fahlbusch beschreibt die Situation ebenfalls als bedrückend: „Kinder im Frankfurter Transitbereich mussten erleben, wie ein Mitgefangener versuchte, sich im Innenhof zu erhängen.“

    Das Flughafenverfahren findet abgeschottet von der Öffentlichkeit statt. Mitarbeiter der Caritas und Diakonie, die Menschen am Frankfurter Drehkreuz betreuen, sagen zunächst ein Gespräch zu, verweigern es dann aber doch.

    „Das örtliche Amtsgericht meint, die Unterkunft ist jugendgerecht. Nichts davon ist jugendgerecht“, sagt Anwalt Fahlbusch. „Minderjährige dort einzusperren, ist der Wahnsinn.“ In den vergangenen zehn Jahren hat es mehr als 6000 solcher Verfahren in Deutschland gegeben, jedes vierte betraf ein Kind.

    Während das Flughafenverfahren im Transitbereich von Flughäfen durchgeführt wird und sowohl Asylantrag als auch Rückführung umfasst, findet die Abschiebehaft auf deutschem Staatsgebiet statt. Hier werden Menschen eingesperrt, deren Asylantrag abgelehnt wurde und die in ihr Herkunftsland oder in den Staat, in dem sie zuerst Asyl beantragten, zurückgeführt werden.
    Viele Regierungen sammeln wenige Daten

    Fast überall in der EU wurden in den vergangenen Jahren mehrere Tausend Kinder in Haft oder haftähnlichen Zuständen festgehalten. Ob in Polen oder Portugal, in Ungarn oder Deutschland, in Italien oder Griechenland: Wenn Kinder allein oder in Begleitung Asyl brauchen und beantragen oder es ihnen nicht gewährt wird, dann sperren die Behörden sie ein oder halten sie in Lagern fest.

    Das Team von „Investigate Europe“ konnte in den vergangenen Monaten recherchieren, dass die Regierungen damit jedes Jahr vielfach die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen brechen, in denen es heißt: „Festnahme, Freiheitsentziehung oder Freiheitsstrafe darf bei einem Kind im Einklang mit dem Gesetz nur als letztes Mittel“ verwendet werden.

    Um einen Überblick über das Problem zu bekommen, beauftragte der damalige UN-Generalsekretär Ban Ki Moon einen Bericht, für den eine Arbeitsgruppe um den österreichischen Soziologen Manfred Nowak mehrere Jahre forschte. Das fertige, 789 Seiten umfassende Werk mit dem Titel „UN Global Study on Children Deprived of Liberty“ wurde vergangenes Jahr präsentiert. Die Studie basiert auf lückenhaftem Zahlenmaterial, denn viele Regierungen sammeln nur unzureichende oder gar keine Daten.
    „Ausreisesammelstelle“ am Flughafen Schönefeld.Foto: picture alliance/dpa

    Wie viele Kinder exakt betroffen sind, lässt sich daher nicht verlässlich sagen. Allein in Frankreich waren im Jahr 2017 laut mehreren Nichtregierungsorganisationen mehr als 2500 Flüchtlingskinder in Haft. In Deutschland haben zwischen 2009 und 2019 nach Angaben der Bundesregierung fast 400 Kinder in Abschiebehaft gesessen. Dabei käme natürlich keine europäische Regierung auf die Idee, Kinder unter 14 Jahren der eigenen Nationalität einzusperren.

    Migrationshaft für Kinder sei ein politisch sehr sensibles Thema, sagt Nowak, dessen Arbeitsgruppe feststellte, dass Migrationshaft „nie eine letzte Maßnahme und nie im besten Interesse der Kinder“ sein könne. Fast alle Experten stimmen ihm zu. Nowak fordert, dass jede Form der Migrationshaft für Kinder verboten werden müsse.

    Bei der Namenswahl für die De-facto-Gefängnisse wählen die Behörden Begriffe wie Transitzone, Familieneinheit oder Safe Zone. Als Reporter von „Investigate Europe“ Zugang bekommen wollten, wurden ihre Anfragen in vielen Ländern abgelehnt.
    Minderjährig oder nicht?

    Überall auf der Welt fliehen Menschen vor Bürgerkriegen oder Hunger, viele von ihnen nach Europa. Nicht immer ist klar, ob die Menschen, die kommen, wirklich minderjährig sind oder nicht. Dann müssen sie sich häufig einer Altersprüfung unterziehen. Zum Beispiel Jallow B. aus Gambia. Seit mehr als einem Monat sitzt er in Gießen in Abschiebehaft. Am Telefon klingt seine Stimme hoffnungsvoll. Im Jahr 2018 hatte B. alleine Italien erreicht. Dahin wollen ihn die deutschen Behörden nun zurückbringen. Doch ist das nur möglich, wenn er volljährig ist. „Ich bin im Jahr 2002 geboren, aber niemand glaubt mir“, sagt B. am Telefon. Laut seiner Anwältin setzte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach einer Inaugenscheinnahme B.s Geburtsdatum auf den 31. Dezember 2000 fest.

    Während sich das Alter des Gambiers nicht zweifelsfrei klären lässt, musste in einem anderen Fall kürzlich ein Jugendlicher aus der Abschiebehaft im nordrhein-westfälischen Büren entlassen werden. Er konnte nachweisen, dass er noch nicht 18 Jahre alt war.

    Im vergangenen Jahr nahmen Polizisten in Passau die 30-jährige hochschwangere Palästinenserin Samah C. fest. Die Behörden wollten sie, ihren Mann und ihren sechs Jahre alten Sohn nach Litauen abschieben, wo sie erstmals Asyl beantragt hatten. Um das zu verhindern, tauchte der Mann unter. Die Beamten trennten Samah C. und ihren Sohn Hahmudi, der in ein Kinderheim gebracht wurde. Auf Nachfrage teilte die Zentrale Ausländerbehörde Niederbayern damals mit: „Die Verantwortung für die vorübergehende Trennung von Eltern und Kind liegt ausschließlich bei den Eltern.“

    Nach zwei Wochen wurde die Mutter vorübergehend aus der Abschiebehaft entlassen. Mit ihrem Sohn und ihrem inzwischen fünf Monate alten Baby lebt sie in Passau. Doch zuletzt zitierte die „Passauer Neue Presse“ eine Beamtin der Zentralen Ausländerbehörde, die nahelegte, dass die Mutter und ihre Kinder bald abgeschoben werden sollen.
    Europa kritisiert die US-Einwanderungspolitik

    2018 dokumentierten US-Medien, wie entlang der mexikanischen Grenze Kinder unter der Anti-Einwanderungspolitik von Präsident Donald Trump litten. Der ließ die Minderjährigen von ihren Eltern trennen. Europäische Regierungen kritisierten die drastischen Zustände. „Wir haben nicht das gleiche Gesellschaftsmodell“, sagte ein Sprecher der französischen Regierung. „Wir teilen nicht die gleichen Werte.“ Auch der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert mahnte damals zur „Beachtung des Rechts“ und der „Beachtung der Würde jedes einzelnen Menschen“. Das müsste ebenso für die deutschen Behörden gelten. Doch auch hierzulande wird die Würde der Menschen nicht immer geachtet.

    Die Bundesregierung gibt an, dass im Jahr 2018 nur ein Minderjähriger in Abschiebehaft genommen wurde. Dabei handelte es sich um den 17-jährigen Afghanen K., den die Behörden als volljährig beurteilt hatten. Erst nachdem K.s Eltern Dokumente aus Afghanistan übermittelten, wurde er freigelassen. Im Jahr 2009 hatte die Bundesregierung noch 147 Fälle aufgelistet.

    2014 hatte der Europäische Gerichtshof die deutsche Haftpraxis verurteilt und die Bundesregierung aufgefordert, ihr System für die Abschiebung unerwünschter Migranten zu reformieren. Menschen in Abschiebehaft dürfen nicht länger gemeinsam mit Strafgefangenen untergebracht werden. Doch vor allem für minderjährige Geflüchtete gab es in Deutschland keine speziellen Hafteinrichtungen, deshalb „war ein Großteil der bisherigen Abschiebehaft Geschichte, vor allem für Minderjährige“, erklärt der Geschäftsführer des Hessischen Flüchtlingsrates, Timmo Scherenberg. In Hessen waren zuvor nach Bayern die zweitmeisten Jugendlichen festgehalten worden.
    Hinter Gittern und Stacheldraht. Geflüchtete Familien auf Lesbos.Foto: picture alliance/dpa

    Doch auch, wenn es sich nach offizieller Definition nicht um Haft handelt, kann das Kindeswohl bedroht sein. Im vergangenen Sommer stimmten im Bundestag die Abgeordneten dem Migrationspaket der Regierung zu. Seitdem können Familien bis zu sechs Monate in einer Erstaufnahmeeinrichtung bleiben. Die dürfen sie zwar tagsüber verlassen, doch meist befinden sich die Einrichtungen fern der Innenstädte mit ihrer Infrastruktur. Zudem leben Eltern und Kinder hier mit Menschen zusammen, deren Asylanträge abgelehnt wurden und die nun vor ihren Augen aus den Unterkünften abgeschoben werden.

    Ein solches Leben sei eine schlimme Belastung für Kinder, berichten Ärzte. „Wer nicht schon traumatisiert ist, wird hier traumatisiert“, sagt etwa die Psychiaterin Ute Merkel, die Menschen in der Dresdner Erstaufnahmeeinrichtung betreut. Merkel behandelte unter anderem ein elfjähriges Mädchen aus Eritrea, das in Dresden aufgehört habe zu sprechen. Auf der Flucht durch die Wüste sei der kleine Bruder des Mädchens verdurstet. Sie habe begonnen zu schweigen, um sich zu schützen, sagt Merkel. „Das Mädchen hat ihre traumatisierte Mutter nicht mehr ausgehalten, die mit einer Kinderleiche durch die Wüste gelaufen ist.“

    Eine Kollegin Merkels berichtet von dem Fall eines 16-jährigen Tschetschenen, dessen Vater von Milizen erschossen worden sei. Als er in der Erstaufnahmeeinrichtung, die eine „gefängnisähnliche Situation“ darstelle, Sicherheitsmitarbeiter in Trainingsanzügen gesehen habe, sei der Junge wieder mit dem konfrontiert worden, was ihn traumatisiert hatte.

    „Was Kinder brauchen, sind Schutz und Eltern, die sie vor der bösen Welt schützen“, sagt Merkel. Doch in den Erstaufnahmeeinrichtungen neuen Typs, den sogenannten Ankerzentren, würden die Kinder erleben, dass dies nicht möglich sei. „Es gibt keine Privatsphäre, alle müssen gemeinsam essen und duschen. Die Zimmer können nicht abgeschlossen werden.“
    Ankerzentren können sich nicht durchsetzen

    Nahe der Erstaufnahmeeinrichtung in Dresden befinden sich die Büros mehrerer Behörden, darunter das Bamf und die Zentrale Ausländerbehörde, gemeinsam bilden sie als Teil einer Testphase des Bundesinnenministeriums diese neue Form der Unterkunft, das Ankerzentrum. Auf die hatten sich CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt. In Ankerzentren arbeiten mehrere Behörden zusammen, so sollen Menschen in den Unterkünften ankommen, und wenn ihr Asylantrag abgelehnt wird, umgehend abgeschoben werden. Neben Sachsen beteiligen sich auch Bayern und das Saarland an dem Test, nach dem, so hatte es das Bundesinnenministerium gehofft, bundesweit Ankerzentren eröffnet werden sollen.

    Doch Recherchen von „Investigate Europe“ zeigen, dass dieser Plan offenbar scheitert. Lediglich Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern planen ähnliche Zentren. Alle anderen Bundesländer wollen keine solchen Einrichtungen eröffnen – auch aus humanitären Gründen. Aus dem Thüringer Innenministerium heißt es: „Die Landesregierung hält es für inhuman und nicht zielführend, geflüchtete Menschen zentral an einem Ort unterzubringen.“ Die Bremer Senatorin für Integration teilt mit, dass Erwachsene ohne Kinder und Familien weiterhin getrennt werden sollen. „Wichtiger Beweggrund ist das Interesse an der Sicherung des Kindeswohls in der Jugendhilfe.“ Im Klartext: Diese Bundesländer finden die Pläne des Bundesinnenministeriums unmenschlich und falsch.

    Sachsens neue Landesregierung will nun die Unterbringung etwas menschlicher regeln. Im Koalitionsvertrag vereinbarten CDU, Grüne und SPD im Dezember, dass Familien nur noch drei Monate in den Unterkünften bleiben sollten. Doch Kinder- und Jugendpsychiaterin Merkel hält diesen Schritt nicht für ausreichend. „Es ist nicht ratsam, dort Kinder auch nur für drei Monate unterzubringen.“ Denn es bleibe dabei, die Grundbedürfnisse für eine gesunde Entwicklung seien nicht erfüllt.
    Experten: Die Lage an den EU-Außengrenzen ist furchtbar

    In Deutschland ist die Situation besorgniserregend, an den Außengrenzen der Europäischen Union ist sie noch schlimmer.

    Kurz vor Weihnachten in Marseille unweit des Hafens, der Frankreich mit der Welt verbindet, erzählt der 16-jährige Ahmad*, wie er aus Nordafrika hierherkam. „Meine Eltern starben vor sechs Jahren. Meine Tante misshandelte mich. Sie ließ mich nicht schlafen, nicht essen. Ich musste weg.“ Versteckt an Bord eines Containerschiffes reiste er nach Marseille. Doch statt in Sicherheit kam er ins Gefängnis. Das heißt hier Wartezone. Ahmad, so erzählt er es, habe dort mehr als zwei Wochen bleiben müssen. „Das kam mir vor wie 15 Jahre. Ich wusste nicht mehr, welcher Wochentag war.“ Das Gebäude habe er nicht verlassen können. „Die Polizei sprach nicht mit mir, keiner kümmerte sich um mich.“ Dann sei er freigekommen: „Wenn du das Gefängnis verlässt, fühlt sich das an, als ob du endlich Licht siehst.“
    Griechische Inseln mit großen Flüchtlingslagern.Grafik: Fabian Bartel

    Wenige Tage später, Anfang Januar, beging der 17-jährige Iraner Reza* ein trauriges Jubiläum: Seit einem Jahr darf er die Transitzone in Röszke nahe der Grenze zu Serbien nicht in Richtung Ungarn verlassen. Zäune samt Stacheldraht umziehen das Containerdorf, an dessen Ein- und Ausgang bewaffnete Sicherheitskräfte patrouillieren. Sie wachen auch darüber, dass niemand in das Lager kommt. Reporter von „Investigate Europe“ sprachen Reza am Telefon. Der junge Iraner floh mit seinem Onkel über Serbien hierher, um Asyl zu beantragen. Warum sie flohen, will Reza nicht sagen, aus Angst um seine restliche Familie, die noch im Iran lebt. Ungarische Beamte trennten ihn und seinen Onkel, dieser bekam einen Schutzstatus zugesprochen, Rezas Asylantrag wurde kürzlich ein zweites Mal abgelehnt. „Es ist schwer für mich hier“, sagt der Teenager am Telefon. „Jeden Morgen wache ich auf und sehe dasselbe.“

    Nachts liege er wach, nur am Morgen könne er etwas dösen. Die Wachleute hätten ihn in einen Bereich für unbegleitete Minderjährige gesperrt, seit Monaten sei er dort der einzige Insasse. Jeden Tag dürfe er für wenige Stunden zu den Familien gehen, die in dem Lager leben. „Aber wenn ich zurückkomme, habe ich nichts zu tun. Dann denke ich wieder nach, und zu viel nachzudenken ist wie eine Bombe im Kopf.“
    Provisorische Unterkunft im Camp Moria.Foto: REUTERS

    Die Nichtregierungsorganisation Helsinki Commission schätzt, dass sich in den beiden ungarischen Transitlagern an der serbischen Grenze derzeit zwischen 300 und 360 Menschen aufhalten. Genau weiß das kaum jemand. Zugang haben nur wenige. Darunter ungarische Parlamentsabgeordnete wie Bernadett Szél. Sie sagt: „Es ist sehr schlimm für die Kinder da drin.“ Manche seien krank und bräuchten medizinische Hilfe, die sie nicht bekämen. „Es ist wie in einem Gefängnis.“

    Für ihre Praxis in den Transitlagern hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die ungarische Regierung wiederholt verurteilt. Allein seit November 2018 entschieden die EGMR-Richter in 17 Fällen, die ungarische Regierung habe Menschen unrechtmäßig hungern lassen, nachdem diese gegen die Ablehnung ihrer Asylbescheide geklagt hatten. Gewinnen die Kläger ihren Prozess vor dem EGMR, erhalten sie wieder Lebensmittel. Wer nicht klagt, muss weiter hungern.

    Auch im 1000 Kilometer südlich gelegenen Flüchtlingslager Moria müssen Minderjährige leiden. Im Winter klingt hier, auf der griechischen Insel Lesbos, aus den dicht gedrängten Zelten das Husten kleiner Kinder. Sie schlafen meist auf Matten, die vom Boden nur mit Paletten erhöht sind. Auch hier umziehen zweieinhalb Meter hohe Zäune das Lager. An die hat jemand große Plakate gehängt, die wohl den tristen Lageralltag aufhellen sollen. Auf einem davon stolziert ein Löwe, der vorgibt: „Ich bin stark.“ Doch so fühlt sich hier kaum jemand mehr. Die Neurologin Jules Montague, die für Ärzte ohne Grenzen auf der Insel arbeitete, berichtet von Fällen, in denen Kinder wie in Dresden nicht mehr sprechen und ihre Augen kaum öffnen.
    Das Camp fasst 2840 Menschen ausgelegt. Momentan leben dort 19000

    Die Kinder dürfen die griechischen Inseln nicht verlassen. Dabei sind dort die Lager längst überfüllt. Das Camp Moria ist für 2840 Menschen ausgelegt. Doch den Jahreswechsel erlebten dort rund 19 000 Menschen, jeder Dritte ein Kind. Für deren Sicherheit kann kaum garantiert werden.
    Grafik: Fabian Bartel

    In der sogenannten Safe Zone des Lagers, in der unbegleitete Minderjährige leben, erstach im vergangenen August laut UNHCR ein 15-jähriger Afghane einen Gleichaltrigen. Einen Monat später, im September, überrollte ein Lkw einen fünfjährigen Afghanen, berichteten Reuters und der griechische Rundfunk. Und Ärzte ohne Grenzen meldete, dass im November ein neun Monate altes Baby aus der Republik Kongo an den Folgen einer Dehydrierung starb.

    Die Zustände an den EU-Außengrenzen haben offenbar System. Im Jahr 2015 waren mehr als 1,2 Millionen Asylanträge in Europa gestellt worden, mehr als doppelt so viele wie noch im Jahr 2014. Um zu verhindern, dass weiter viele Menschen nach Europa fliehen, unterzeichnete die EU im März 2016 einen Pakt mit der Türkei. Der half in den folgenden Jahren allerdings vor allem den Staaten im Zentrum Europas. Hatten im März 2016 in Deutschland 58 000 Menschen ihren Asylerstantrag gestellt, waren es drei Jahre später nur noch 11 000. Im selben Zeitraum verdoppelte sich in Griechenland die Zahl der Asylerstanträge auf 5300. Für die zentraleuropäischen Staaten ergibt sich so eine komfortable Lage: Wo weniger Menschen ankommen, können diese besser behandelt werden. Für die Staaten an der Außengrenze gilt dies nicht.
    Experte: Zustände in den Flüchtlingslagern dienen der Abschreckung

    Nun übt der Vordenker des Türkei-Deals, der Migrationsforscher Gerald Knaus, offen Kritik an dem Pakt. Er sagte „Investigate Europe“: „Was auch immer die Motivation der EU und Griechenlands ist, sie betreiben eine Politik, die unmenschlich und illegal ist und trotzdem niemanden abschreckt.“ Der migrationspolitische Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Erik Marquardt, sagt: „Wir stehen vor der Situation, dass die EU-Kommission und der Europarat von einer erfolgreichen Asylpolitik sprechen, wenn die Zahl der Menschen sinkt, die nach Europa fliehen. Dabei nimmt man dann Zustände wie auf den griechischen Inseln in Kauf, auf diese Weise will man bessere Statistiken erreichen.“

    So sei das Abkommen mit der Türkei längst nicht die einzige Maßnahme, um Flüchtlinge davon abzuhalten, nach Europa zu kommen, sagt Marquardt. „Die europäische Politik versucht, die Situation an den Außengrenzen so schlecht wie möglich zu gestalten, damit die Menschen lieber in Kriegsgebieten bleiben, als zu kommen.“ Alle Staaten Europas seien verantwortlich für die Situation an den Außengrenzen, weil sie diese finanzieren, sagt der frühere UN-Berichterstatter für Willkürliche Inhaftierung, Mads Andenæs und fügt hinzu: „In ein paar Jahren können Taten, die heute als politische Notwendigkeiten betrachtet werden, als willkürliche Haft und grobe Verletzung des Rechts und der Menschlichkeit beurteilt werden.“

    Dass Migrationshaft für Kinder unumgänglich sei, gibt EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos indirekt auch zu. So sagte er „Investigate Europe“ zwar, dass sich die EU-Mitgliedsstaaten um Haftalternativen kümmern sollten. Wo es diese aber noch nicht gebe, sei es notwendig, Kinder in Gewahrsam zu nehmen, „um die Verpflichtung zu erfüllen, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, eine Rückführung zu ermöglichen“.
    Geflüchtete Kinder auf Lesbos.Foto: Sebastian Wells/Ostkreuz

    An einem Herbsttag an der ungarisch-serbischen Grenze im Flüchtlingslager Röszke schlägt der zehnjährige Armin mit den Armen, als wolle er fliegen. Sein Vater, der iranische Regisseur Abouzar Soltani, filmt seinen Jungen dabei. Es wäre eine Szene voller Leichtigkeit, wäre da nicht der Stacheldraht, der hinter beiden in den Himmel ragt. „Ich wollte die Träume meines Sohnes wahr werden lassen“, sagt Soltani über die Aufnahmen später.

    Der Vater und sein zehnjähriger Sohn leben in dem eingezäunten Containerdorf, das sie nicht verlassen dürfen. Wie den 17-jährigen Iraner Reza hält die ungarische Regierung die beiden fest – und das inzwischen seit über einem Jahr. Kontaktleuten gelang es, Soltanis Aufnahmen aus dem Lager zu bringen. Sie zeigen auch, wie Armin im kargen Bett auf einer dünnen Matratze liegt, wie er Fische ans Fenster malt. Einfach wegfliegen, das ist für ihn nur ein Spiel.

    Für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen betreut die Psychologin Danae Papadopoulou Kinder, die in Moria leben. „Das Camp ist nicht sicher für Kinder und die Situation wird immer schlimmer“, sagt sie. Viele Kinder könnten das Leben im Lager zwischen den dicht gedrängten Zelten, die Kälte und die Hoffnungslosigkeit nicht mehr ertragen. „Wir hatten zuletzt einige Notfälle, in denen Kinder und Heranwachsende versucht haben, sich aus Schock und Panik zu töten.“

    * Die vollständigen Namen sind der Redaktion bekannt.

    https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/ich-wusste-nicht-mehr-welcher-wochentag-war-wie-europa-gefluechtete-kinder-einsperrt/25406306.html

    #migration #asylum #children #minors #detention #Europe #Germany #BAMF #Berlin #Schönfeld #Düsseldorf #Hamburg #München #Frankfurt #deportation #trauma #traumatization #retraumatization #mental_health

    #Flughafenverahren (= term for detention procedure at German airports)

    German terms for child/minor/family airport detention zone : #Transitzone #Familieneinheit #Safe_Zone [sic]

    @cdb_77 , y a-t-il un fil sur la détation des personnen mineures ?

    • Children Deprived of Liberty - The United Nations Global Study

      Children deprived of liberty remain an invisible and forgotten group in society notwithstanding the increasing evidence of these children being in fact victims of further human rights violations. Countless children are placed in inhuman conditions and in adult facilities – in clear violation of their human rights - where they are at high risk of violence, rape and sexual assault, including acts of torture and cruel, inhuman or degrading treatment or punishment.

      Children are being detained at a younger and younger age and held for longer periods of time. The personal cost to these children is immeasurable in terms of the destructive impact on their physical and mental development, and on their ability to lead healthy and constructive lives in society.

      The associated financial costs to governments can also have a negative impact on national budgets and can become a financial drain when their human rights obligations are not upheld with regard children deprived of liberty.

      To address this situation, in December 2014 the United Nations General Assembly (UNGA) adopted its Child Rights Resolution (A/RES/69/157), inviting the United Nations Secretary-General (SG) to commission an in-depth global study on children deprived of liberty (§ 52.d). On 25 October 2016, the Secretary General welcomed the appointment of Professor Manfred Nowak as Independent Expert to lead the Study. By Resolution 72/245, the UNGA invited the Independent Expert to submit a final report on the Study during its seventy-fourth session in September 2019.

      Based on the over-all mandate established by the UNGA Resolution, the following core objectives of the Global Study have been identified:

      Assess the magnitude of the phenomenon of children being deprived of liberty, including the number of children deprived of liberty (disaggregated by age, gender and nationality), as well as the reasons invoked, the root-causes, type and length of deprivation of liberty and places of detention;

      Document promising practices and capture the view and experiences of children to inform the recommendations that the Global Study will present;

      Promote a change in stigmatizing attitudes and behaviour towards children at risk of being, or who are, deprived of liberty;

      Provide recommendations for law, policy and practice to safeguard the human rights of the children concerned, and significantly reduce the number of children deprived of liberty through effective non-custodial alternatives, guided by the international human rights framework.

      –-> Full study here:
      https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/CRC/StudyChildrenDeprivedLiberty/Pages/Index.aspx

    • How Europe detains minor migrants

      Under international and European law, migrant children should be given protection and humanitarian assistance. Detention must only be used as a last resort. But how do European governments really treat this most vulnerable group? Our new investigation shows that migrant children are detained en masse, with seemingly little regard for their well-being.

      https://www.youtube.com/watch?v=G_Tyey4aFEk&


      feature=youtu.be

  • Wie die #Sozialversicherung #Kinderarmut produziert - norberthaerin...
    https://diasp.eu/p/8097464

    Wie die #Sozialversicherung #Kinderarmut produziert - norberthaering.de

    Die grassierende Kinderarmut ist einer der größten Schandflecken #Deutschland s. Viele machen die #Hartz-Reformen dafür verantwortlich, nicht ganz zu Unrecht. Aber der Hauptverantwortliche wird selten genannt: das System der Sozialversicherungen, das entscheidend zur #Verarmung von #Familien mit Kindern beiträgt. Sozialrichter a.D. Jürgen Borchert erklärt in diesem Gastbeitrag* worin der eklatante Konstruktionsfehler besteht.

    http://norberthaering.de/de/27-german/news/1073-borchert

  • #unten – Wenn Armut sichtbar und zum Aufschrei wird
    https://diasp.eu/p/8020866

    #unten – Wenn Armut sichtbar und zum Aufschrei wird

    Unter dem Hashtag #unten erzählen Userinnen und User auf Twitter, wie es ist, in #Armut oder #Familien mit wenig #Geld aufzuwachsen. Und wie es sich anfühlt, ausgegrenzt bis verspottet zu werden. Armut ist ein gesellschaftliches Problem – doch es wird den einzelnen Betroffenen übergewälzt. Veronika Bohrn-Mena hat Geschichten gesammelt und beschreibt, was Armut in #Österreich mit Menschen anrichtet.

    Im November 2018 wurde auf Twitter ein neuer Hashtag geboren: #unten. Darunter sammeln sich abertausende Tweets, in denen #Menschen von ihren Erfahrungen und ihrem #Leben in Armut berichten. Sie schildern unzählige kleine Momente und Erinnerungen. Sie machen spürbar, wie prägend Armut und unser gesellschaftlicher Umgang damit sind. Armut macht etwas (...)

  • Das Gift des Geldes: Wie ein Erbstreit vier Leben zerstörte | Berliner Zeitung
    https://www.berliner-zeitung.de/berlin/polizei/das-gift-des-geldes-wie-ein-erbstreit-vier-leben-zerstoerte-3051602


    „Wenn ich raus bin, kann ich alles für dich machen“: Doris A., noch verhandlungsfähig, vor dem Kriminalgericht Moabit. Foto: BLZ

    Tragische Geschichten sind unser tägliches Geschäft. In Mitte macht die gute Gesellschaft Kasse, im Rest der Stadt steckt sie in der Krise. Panische Taxifahrten aus Eifersucht. Schnell noch mit dem Gummi Schaps holen. Das alte Westberlin geht an Demenz zugrunde.

    Sie wollen verstehen, mit wem Taxifahrer zu tun haben? Lesen Sie diesen Artikel. Der Titel ist irreführend. Um Erbstreitigkeiten geht es nur am Rande. Es ist alles viel schlimmer.

    Zum Schluss sitzt Wolfgang S.* im Berliner Landgericht allein auf der Anklagebank, zusammengesunken, den Blick in sich gekehrt. Sein Gesicht ist rot. Verzweifelt reibt der 73-jährige Steuerberater seine Hände über die Stirn, so als könne er nicht glauben, dass er jetzt ins Gefängnis gehen soll. Dabei ist er doch derjenige, der beinahe ermordet worden wäre. Er ist das Opfer! Das Opfer seiner Frau Doris.

    Dahlemer Weg 227
    https://www.openstreetmap.org/way/278466178

    #Berlin #Zehlendorf #Dahlemer_Weg #Verbrechen #Familie

  • Altersheim „Casa Verdi“: Ihre Familie bleibt die Musik (https://ww...
    https://diasp.eu/p/7139147

    Altersheim „Casa Verdi“: Ihre Familie bleibt die Musik

    In Mailand können Musiker und Musikerinnen ihrer Leidenschaft zeitlebens treu sein. Giuseppe Verdi hat dort ein Altersheim für sie gegründet. Was für ein lebendiger Ort.

    #altersheim #verdi #kultur #casa #familie #musik #mailand #musiker #musikerinnen #leidenschaft #giuseppe #ort #news #bot #rss

  • Bildungssystem: Private Schulen sind nicht besser als öffentliche (...
    https://diasp.eu/p/6864927

    Bildungssystem: Private Schulen sind nicht besser als öffentliche

    Privatschüler zeigen zwar bessere Leistungen, doch das liegt laut einer Studie nicht an den Schulen. Sie sind im Vorteil, weil sie aus gut situierten Familien stammen.

    #schulen #schule #bildungssystem #private #privatschüler #leistungen #studie #vorteil #familien #news #bot #rss

  • Die 10 besten Berlin-Blogs im Test
    http://www.kaeuferportal.de/ratgeber/wohnen-wohlfuehlen/extras-wohnen-wohlfuehlen/die-10-besten-berlin-blogs
    Hier kommt die Stiftung Warentest für Blogs, könnte man meinen. Ich finde das prätentiös, aber was tut man nicht alles für die Räpjutäischn .

    Um für Sie die besten unter den zahllosen Blogs aus und über Berlin zu finden, haben wir nach unterschiedlichen Qualitätskriterien ausgewählt.
    In erster Linie sollte sichergestellt werden, dass es sich bei den Autoren um reale und authentische Personen handelt. Eine Seite, auf der die Autoren sich und ihren Blog persönlich vorstellen sowie ein Impressum waren deshalb Auswahlkriterien. Die Qualität der Texte war uns natürlich ebenso wichtig. Das Geschriebene sollte informativ aber auch einzigartig sein und der Mehrwert für Sie als Leser deutlich erkennbar. Die Autoren unserer Top 20 Blogs haben sich allesamt, wenn nötig, auf weiterführende Links und Quellen gestützt, um die Richtigkeit ihrer Aussagen zu gewährleisten. Eine rege Beteiligung über die Kommentarfunktion sowie die Präsenz und den Zuspruch in sozialen Netzwerken waren ein weiteres Qualitätskriterium.

    Was die Seiten wirklich taugen, wofür man sie gebrauchen kann, muß man nur selbst herausfinden, die Bewertungen sagen fasct nichts.

    Die Liste

    http://www.mitvergnuegen.com #Essen #Lifestyle #Magazin
    http://weddingweiser.wordpress.com #Wedding
    http://berlinmittemom.com #Familie #Kinder
    http://www.ostkreuzblog.de #Friedrichshain #S-Bahn #Stadtentwicklung
    http://www.masha-sedgwick.com #Mode
    http://berlinlovesyou.com #Lifestyle #Blabla
    http://blog.inberlin.de #Nachrichten #Veranstaltungen #Geschichte
    http://www.hauptstadtblog.de #Wartung
    http://gestern-nacht-im-taxi.de/wordpress #taxi

    und ...

    http://www.bioberlin.wordpress.com
    http://www.lebeberlin.net
    http://www.piecesofberlin.com
    http://www.haraldboettger.wordpress.com
    http://www.blog.kunstleben-berlin.de
    http://www.kalinkakalinka.de
    http://eichiberlin.com
    http://www.berlin-du-bist-wunderbar.de
    http://www.greatest-berlin.de
    http://www.sanzibell.com

    #Berlin #Blog

  • Families of Lebanese civil war missing to celebrate first major victory against the state
    http://english.al-akhbar.com/node/22901

    On Tuesday, the Lebanese people will celebrate an important achievement attained by a civil movement in a long time. The Committee of the Families of the Kidnapped and Missing has proved that there is no room for despair if there is a quest for change. The struggle that started in 1982 resulted this year in an achievement that challenges the system.

    #Articles #Beirut_Bar_Association #Families_of_the_Kidnapped_and_Forced_Disappeared #Lebanon #State_Shura_Council #Culture_&_Society

  • Modes de vie : ces (gros) mots dont les Européens s’entichent
    http://fr.myeurop.info/2014/01/06/gros-mots-des-europ%C3%A9ens-tendance-2014-12825

    Grégory Noirot Hélène Bienvenu Camille Guillot Christelle Granja Effy Tselikas Marie-Line Darcy

    « C’est clair, putain ! » : les Français ne sont pas les seuls à s’enticher de mots familiers et passe-partout. Ils ponctuent nos phrases sans qu’on sache vraiment pourquoi. Du pá portugais au malakas grec, tour d’Europe des tics de langages -pas toujours polis.

    Les sociétés évoluent, les (...)

    #CULTURES #Espagne #anglicisme #argot_en_Europe #Expressions_en_Europe #familier #jargon #linguistiques #mots_tendances #vocabulaire_d'entreprise