• Rund um die Rigaer

    Die Konstruktion ‚gefährlicher Orte‘. Eine Problematisierung mit Beispielen aus Berlin und Leipzig | sozialraum.de
    http://www.sozialraum.de/die-konstruktion-gefaehrlicher-orte.php
    Das Problem

    Die offizielle Ausweisung eines Ortes als Kriminalitätsschwerpunkt oder ‚gefährlicher Ort‘ ermöglicht in der Bundesrepublik Deutschland polizeiliche Maßnahmen gegen Personen ohne das Bestehen eines konkreten Tatverdachts. Bereits die Kennzeichnung des Ortes generiert einen personenübergreifenden Verdacht und rechtfertigt polizeiliche Eingriffe. Damit sind die Hürden für Eingriffe gegenüber anderen Orten deutlich herabgesenkt. Der Aufenthalt an entsprechenden Orten ist in den Polizeigesetzen der deutschen Bundesländer als Grund zur Identitätsfeststellung und Durchsuchung verankert. Entsprechende Regelungen sind vor allem in den 1990er und 2000er Jahren eingeführt oder konkretisiert worden, auch wenn sie in einigen Bundesländern zum Teil schon zuvor bestanden. Generell haben sich in den letzten Jahren die technischen und rechtlichen Möglichkeiten von Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen im öffentlichen Raum ausgeweitet; insbesondere die Videoüberwachung ist ein vielfach genutztes polizeiliches Mittel geworden. Der Einsatz solcher Maßnahmen stellt einen wesentlichen Eingriff in bestehende Rechte dar und muss gegenüber Datenschutzbehörden und nicht zuletzt gegenüber der öffentlichen Meinung gerechtfertigt werden. Hierbei wird wiederum auf die scheinbar objektive Eigenschaft von Orten als besonders gefährlich verwiesen. Die Ausweisung eines Ortes als ‚Kriminalitätsbrennpunkt‘ stellte, beispielsweise in Sachsen, auch eine konkrete juristische Voraussetzung (Ermächtigungsgrundlage) für die Einführung von Kameras [2] in Verbindung mit anderen Maßnahmen (vermehrte Bestreifung und Personenkontrollen) dar (Müller 1997; 2000; 2003).

    Wo bleiben die Grundrechte im Gefahrengebiet?
    http://m.heise.de/tp/news/Wo-bleiben-die-Grundrechte-im-Gefahrengebiet-3250018.html

    Die Bewohner der ehemals besetzten Häuser haben längst Mietverträge, aber viele von ihnen halten noch an den politischen Idealen der Anfangsjahre fest, engagieren sich gegen Nazis, unterstützen Geflüchtete und mischen sich auch in die Diskussion um die Gentrifizierung ein und bekommen dabei durchaus Unterstützung von Nachbarn. Jüngstes Beispiel ist das Nobelprojekt Carré Sama-Riga, das im Stadtteil viele Kritiker hat und unterschiedliche Bewohner zusammenbrachte.

    „Wir leben wie im Gefängnis“

    Doch seit knapp einer Woche wird im Friedrichshainer Nordkiez statt über Gentrifizierung wieder über Repression und Staatsgewalt diskutiert. Letzten Mittwoch stürmte die Polizei die Rigaer Straße 94 und verließ sie seitdem nicht mehr. Damit wiederholt sich ein Szenario, das Mitte Januar 2016 das Gebiet für mehrere Wochen zu einer Zone minderen Rechts machte.

    Geschichte Teil 1 / 80ger / Westberlin

    Wie Gewalt in der Mainzer Straße die Koalition zerbrechen ließ
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/eskalation-bei-hausbesetzungen-in-berlin-wie-gewalt-in-der-mainzer-strasse-die-koalition-zerbrechen-liess/13834630.html

    07.07.2016
    Für Besetzer wie Politik in West-Berlin war der 22. September 1981 eine Zäsur. Mit brutalem Einsatz der Hundertschaften ließ der Innensenator die neun Häuser räumen. In denen hielten sich nicht nur die Besetzer auf, auch hunderte Menschen waren zuvor als Ausdruck ihrer Solidarität zeitweise eingezogen. Innensenator Lummer präsentierte sich in Siegerpose auf dem Balkon eines geräumten Hauses in der Bülowstraße, während unten auf der Straße die Polizei massiv gegen Demonstranten vorging. In den chaotischen Szenen wurde der vor der Polizei flüchtende Klaus-Jürgen Rattay von einem BVG-Bus erfasst und getötet.

    Richard von Weizsäcker greift durch

    Erst der Schock über den Tod des 18-Jährigen ließ den Senat innehalten und nach einer politischen Lösung suchen. Der Regierende Bürgermeister Richard von Weizsäcker setzte sich gegen Lummer durch, den „Mann fürs Grobe“, wie er durchaus respektvoll in der CDU genannt wurde. Statt Besetzer als Kriminelle zu behandeln, wurden diese nun als Verhandlungspartner akzeptiert. Innerhalb von drei Jahren wurden von den 165 besetzten Häusern 105 legalisiert – zumeist als Wohnbaugenossenschaften oder Selbsthilfeprojekte.

    Geschiichte Teil 2 / 90ger / ehemaliges Ostberlin

    Als am 14. November 1990 der Regierende Bürgermeister Walter Momper (SPD) 13 besetzte Häuser in der Mainzer Straße räumen ließ, bedeutete das nicht nur den Bruch der rot-grünen Koalition in Berlin. Es war auch der Tag einer so massiven Gewalt, wie sie Berlin bis dahin nicht erlebt hatte. Die Bürgerkriegsatmosphäre mit Bildern von riesigen Barrikaden, ausgebrannten Autos und Bussen sowie der Anblick von blutenden Polizisten und verletzten Demonstranten schockierte die Öffentlichkeit.

    Heute / Status Quo

    Nach der Schlacht um die Mainzer Straße wurden Räumungen gestoppt. In allen bis Ende Juli 1990 besetzten Häusern in Ost-Berlin wurde die Nutzung legalisiert und Bewohnern Mietverträge angeboten, ohne dass die CDU dem widersprach. Nur spätere Besetzungen wurde innerhalb von 24 Stunden beendet. Auch in der Rigaer Straße 94 gibt es seit 1992 teilweise reguläre Mietverträge. Ein Schutz vor Räumung bedeutete dies nicht unbedingt. Neuen Hausbesitzern gelang es vor Gericht mehrfach, die alten Mietverträge für ungültig zu erklären und zu räumen. Und ein Schutz sind Verträge auch dann nicht unbedingt, wenn wie aktuell Innensenator Frank Henkel (CDU) glaubt, an einem angeblichen Zentrum autonomer Gewaltbereitschaft polizeiliche Härte demonstrieren zu müssen.

    #Berlin #Friedrichshainn #Geschichte #Hausnbesetzer