• Wo einst ein Karl Marx gearbeitet hat: Union renoviert seine Geschäftsstelle
    https://www.berliner-zeitung.de/sport-leidenschaft/1-fc-union-berlin/berlin-fussball-bundesliga-forsthaus-neugestaltung-des-klubgelaende

    4.6.2023 von Andreas Baingo - Die Arbeitstische, es sind gleich mehrere, liegen voller Unterlagen. Es sind Kopien darunter von uralten Bauzeichnungen, Schreiben von Ämtern an andere Ämter sind dabei, abgefasst in einer deutschen Sprache von vorvorgestern, wieder andere Zeichnungen, eine älter als die andere, Fotos aus längst vergangenen Zeiten, alle schwarz-weiß, manche schon ein wenig vergilbt, dazu historische Einordnungen des Ganzen mit dem Blick und dem Wissen von heute.

    Derjenige, der fast allein den Durchblick bewahrt und in dem manchmal kleineren, manchmal auch größeren Durcheinander eine nahezu strenge Ordnung erkennt, ist Gerald Karpa, Archivar und Historiker des 1. FC Union Berlin in einer Person und von manchem als Sucher nach dem eisernen Gestern bezeichnet. Denn es geht immer wieder nur um einen Ort und um ein Thema: das Forsthaus, das der Bundesligist als Geschäftsstelle nutzt und nun auf Vordermann gebracht wird. Ja, im Zuge der Neugestaltung des Klubgeländes inklusive Stadionumbau ist die voraussichtlich drei Monate dauernde Renovierung des Gebäudes die erste größere Baumaßnahme. Vorübergehend sieht sich die Belegschaft deshalb zu einem Umzug in mobile, auf einem nahen Parkplatz aufgestellte Büro-Container gezwungen.
    Eine herzerwärmende Episode

    Karpa hat sich in die lange Geschichte dieses Ortes, der Mauern und Bauten, hineingelesen und hineingedacht. Er kann erzählen, wie alles einst ausgesehen und wie es sich verändert hat. Außerdem weiß er, dass dieses Gelände, das seit historisch noch gar nicht langer Zeit dem 1. FC Union Berlin gehört, etliches erlebt hat. Deshalb hat Karpa ganz viel Verständnis dafür, dass mit dem Forsthaus etwas geschehen muss, und er sagt: „Es hat ganz schön was auf dem Buckel und es hat jedes Recht, alt und gebrechlich zu sein.“
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    Andererseits hat der Vereinsarchivar viel Erbauung daran, die Geschichte ganz genau zu erforschen, Puzzleteilchen für Puzzleteilchen zusammenzufügen und daraus etwas Ganzes zu machen. Außerdem stößt Karpa ab und an auf lustige Begebenheiten und Anekdoten, die sonst verlorengehen würden. Zum Beispiel die mit Karl Marx, dem einstigen Revierförster im Revier Wuhlheide, einer von neun Revierförstereien im Forstamtsbereich Köpenick.

    „Mit Vornamen hieß er eigentlich Karl-Heinz“, sagt Karpa, „aber Karl Marx hat vor allem bei denen, die in der DDR aufgewachsen sind, einen ganz anderen Klang.“ Wohl auch deshalb, weil dieser Marx mit dem großen Philosophen aus Trier so schön zu verwechseln war, haben sie manches Mal ihren Spaß mit ihm gemacht und ihn auf den Arm genommen. Den Heinz hinter dem Karl haben sie deshalb gern mal verschluckt oder besser gleich ganz weggelassen. Auch weil er ihnen etliche Steine in den Weg gelegt und es nicht immer oder fast nie gut mit ihnen gemeint hat. Manches Mal war der Weg durch den Forst zum Stadion gesperrt, hin und wieder hatte es andere Schikanen gegeben.

    Schön und herzerwärmend ist auch folgende Episode. „Eines Tages“, erzählt Karpa, „kam ein alter Herr zu mir, Bernd Schlosser hieß er. Er wollte in seinen späten Jahren zurück an den Ort seiner Jugend. Er war im Forsthaus, die obere Etage war vermietet, geboren. Das Zimmer, in dem er 1934 zur Welt gekommen ist, wollte er noch einmal sehen.“ Fußball, so erzählte der alte Herr, habe ihn nicht so sehr interessiert, schon in seiner Kinderzeit nicht, „trotzdem sei er durch den Zaun ins Stadion geschlüpft“, sagt Karpa, „um mit den Zuschauern Zigarettenbildchen zu tauschen oder welche von ihnen abzustauben“. Auch waren im Forsthaus einst französische Kriegsgefangene, die zum Roden eingesetzt wurden, untergebracht.
    Seit 2007 als Geschäftsstelle genutzt

    Lange ist das her, eine wechselvolle Geschichte liegt über und hinter dem Areal und es hat ebenso lange gedauert, bis die Eisernen ihren Frieden mit Karl Marx geschlossen hatten. Das passierte genau dann, nachdem der 1. FC Union Berlin das Forsthaus übernommen, es auf Vordermann gebracht, bei einem Tag der offenen Tür seinen Mitgliedern vorgestellt hatte und am 12. Februar 2007 mit Mann und Maus in das historische Gebäude eingezogen ist, um es fortan als Geschäftsstelle zu nutzen.

    Trotzdem: Das Gemäuer ist in die Jahre gekommen. Es ist, kein Wunder nach all der Zeit, in der Tat gebrechlich und altersschwach. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß und muss baulich in einen Jungbrunnen getaucht werden. Modern und frisch soll es werden, luftig und hell. Noch nicht ganz ausgegoren sind die Pläne, aber Großes haben sie vor. Auch weil die Zahl der Mitarbeiter steigt und steigt und die Räumlichkeiten aus allen Nähten platzen.

    Eine neue Heimat soll es werden, dieses Machtzentrum, in dem viele gute, nahezu weise Entscheidungen getroffen wurden, die aus einem Regionalligisten einen Dritt-, Zweit- und nun Erstligisten machten und den Verein in Europa sowohl salon- als auch konkurrenzfähig werden ließen. Diese neue Heimat soll sich öffnen und den Kontakt zu Sympathisanten, Anhängern und Fans noch enger knüpfen. Wobei die Verantwortlichen die Idee, im Forsthaus mit einem Museum einen öffentlichen Ort für die Heiligtümer des Klubs zu schaffen, inzwischen wieder verworfen haben.

    Tatsache ist: So supermodern sich der Verein inzwischen aufstellt, so gut er sich unter den deutschen und mittlerweile auch internationalen Schwergewichten behauptet, so historisch angehaucht ist sein Zuhause. Das ist schön für Nostalgiker und es unterstützt das Kultige des Vereins. Nur hält es nicht mehr Schritt mit den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts und erst recht nicht mit der rasanten Entwicklung der Eisernen.
    Spuren reichen bis ins 18. Jahrhundert zurück

    Es stammt, den ersten Erwähnungen und Eintragungen nach zu urteilen, aus einer Zeit, als in Europa Napoleon Bonaparte gerade besiegt war und in Preußen die Hohenzollern regierten. Die „Königliche Regierung, Abteilung für direkte Steuern, Domänen und Forsten“ informierte im Juli 1912 in einem Schreiben den Amtsvorsteher von Berlin-Schöneweide wie folgt: „Baupolizeiakten der Oberförsterei sind nach Ausweis der Amts-Registratur beim Amt nicht vorhanden gewesen, da zur Zeit des Neubaus der Oberförsterei, vor ca. 100 Jahren, Bauakten wohl nicht angelegt wurden.“ Auch gibt es den lapidaren Zusatz: „Unterlagen dazu befinden sich vielleicht auf der Regierung.“ So weit zur preußischen Gründlichkeit …

    Die Spuren zurück reichen jedenfalls bis ins 18. Jahrhundert. Da kann schon mal die eine oder andere Akte abhandenkommen. Damals war die Wuhlheide einer der Waldteile, die das Schlossamt Cöpenick erworben hatte und die seit ungefähr 1700 als Schutzbezirk den Namen „Alte Scheune“ führte. Für die Betreuung war ein Landjäger-Forstbeamter zuständig, der mit den Jahren ein eigenes Dienstgehöft im Waldgebiet zugewiesen bekam, um ständig vor Ort zu sein. Es ist, wenn man so will, die Geburtsstunde der Alten Försterei. In Karten vom Ende des 18. Jahrhunderts findet sich dieses Gehöft als „Landjägerey“. Es ist an exakt der Stelle des Forsthauses eingezeichnet.

    Historisch überliefert ist weiterhin, dass die Alte Försterei als „Preußische Staatsförsterei und späteres Stadtforstamt“ 1865 erbaut worden und nun ein Teil der Oberförsterei Cöpenick sei. An eine sportliche Betätigung in unmittelbarer Nähe ist nicht gedacht und mit Fußball ist dieses neue Gebäude erst recht nicht in Verbindung zu bringen. Das dauert noch mindestens 50 Jahre und noch einmal ein halbes Jahrhundert, bis das Gelände, es umfasst gut 5000 Quadratmeter, 1951 zum Bodenrichtwert von 2 Mark pro Quadratmeter in Volkseigentum übergeht.

    Nach weiteren Jahrzehnten ist die Zeit also reif, gründlich Hand anzulegen für ein Facelifting. Gemäß dem Motto: Allet schick für die Zukunft.

    Die neue kultige Adresse der Eisernen, An der Wuhlheide 263, 12555 Berlin.

    Dieser Text ist zuerst im Eisern Magazin Nr. 7 erschienen, erhältlich im Aboshop der Berliner Zeitung (aboshop.berliner-zeitung.de), im Union-Zeughaus und natürlich am Kiosk.

    #Berlin #Teptow-Köpenick #Obetschöneide #An_der_Wuhlheide #Stadtentwicklung #Sport #Fußball

  • Kein Heimspiel / pas de match à domicile | WDR 2014-05-19

    http://www1.wdr.de/fernsehen/information/sport_inside/sendungen/ddr-wm104.html

    Un reportage documentaire de 10 minutes tout autour des conditions tensionées du match BRD-DDR à Hambourg pendant le championnat du monde en 1974 - le match fut gagné par l`équipe de la DDR avec 0:1.

    Die Fußball-WM 1974 in der Bundesrepublik war für die Auswahlmannschaft der DDR ein besonderer Auslandsaufenthalt. Dass das Team auch in West-Berlin spielen musste, sorgte bei den DDR-Sportpolitikern für helle Aufregung. Das deutsch-deutsche Duell in Hamburg mit dem Sieg der DDR war nur ein Highlight einer besonderen Dienstreise der Ost-Fußballer ins Bruderland.

    1974 war die Fußball-Auswahlmannschaft der DDR zum ersten und einzigen Mal für eine Weltmeisterschaft qualifiziert. In der Gruppenphase traf sie auf die Elf des Gastgebers Bundesrepublik. In Hamburg besiegten die DDR-Kicker die Westdeutschen mit 1:0 und besiegelten mit diesem Erfolg gleichzeitig ihr späteres WM-Aus. Durch den Sieg gegen die Bundesrepublik gewann das DDR-Team zwar die Gruppe, traf anschließend aber in der Zwischenrunde auf die übermächtigen Gegner aus Brasilien, Argentinien und den Niederlanden – und schied aus. Der „#Klassenfeind“ dagegen schaffte es gegen leichtere Gegner ins Finale und wurde Weltmeister.

    Dennoch war die Reise zur WM ’74, bei der die DDR-Auswahl insgesamt sechs Spiele bestritt, ein ganz besonderer Auslandsaufenthalt – auch für die Funktionäre, die ihre Spieler zunächst politisch schulten, bevor sie in den Westen reisten. Die DDR-Sportpolitiker befürchteten Abwerbeversuche aus dem Westen und Fluchtversuche der Spieler auf eigene Faust. Besonders das zweite Gruppenspiel gegen Chile, das in West-Berlin stattfand, sorgte für helle Aufregung bei den Funktionären. Für die Spieler blieben eher die sportlichen Aspekte und der Kontakt zu den Fans im Westen im Gedächtnis. Bei „sport inside“ erinnern sich die beiden DDR-Nationalspieler Gerd Kische und Jürgen Croy an die Weltmeisterschaft vor 40 Jahren im „anderen Deutschland“.

    #auf_deutsch
    #Fußball #football

    #championnat_du_monde
    #Weltmeisterschaft
    #Allemagne #Germany #Deutschland
    #ennemi_de_la_classe_ouvrière #class_enemy

    #guerre_froide #cold_war #kalter_krieg

  • Ils chassent les garçons. J’ai honte de cette ville

    "Die machen Jagd auf die Jungs. Ich schäme mich für diese Stadt"

    http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Politik/d/3693564/tuersteher-bewacht-fluechtlinge.html

    Hotte passt auf die Flüchtlinge auf. Er schlichtet Streit, schließt ihnen das Eisentor auf und hinter ihnen wieder zu, kontrolliert die „Clubausweise“. Er taxiert die Neugierigen am Eisentor des Kirchenplatzes, beobachtet Passanten. Er behält die Autos im Blick. 55 Jahre alt, ziemlich groß, Glatze, großer Kopf und dicker Hals auf breiten Schultern, Zigarette, Taschenlampe. Hier kommt niemand vorbei.

    Seine Schützlinge sind die „Lampedusa-Flüchtlinge“, die meisten kommen über Libyen aus Ghana und Mali. Männer, die Angst vor Hubschraubern haben, weil sie an den Krieg erinnern, erzählt er. Männer, die in Panik geraten, wenn sie von Polizisten an eine Wand gestellt werden, dann eingesperrt und befragt. Ein Zimmer, ein Deutschkurs und Liebe, sagt Hotte. Das fehlt ihnen zum guten Leben. „Hamburg verschwendet ein riesengroßes Potenzial“, findet er. „Die machen Jagd auf die Jungs. Ich schäme mich für diese Stadt“, sagt er mit Blick auf die Polizeikontrollen der vergangenen Tage.

    via https://joindiaspora.com/p/3186026
    #LampedusaHH

    #Hamburg #Hambourg #Lampedusa #Flüchtlinge #refugees #réfugiés
    #Kirchenasyl #asile

    FC St. Pauli: Den Flüchtlingen gerecht werden

    http://www.fcstpauli.com/website/var/tmp/thumb_1662__auto_27578fad68dc8fa56f720dc126efa586.jpeg

    Der FC St. Pauli ruft zur Besonnenheit bezüglich #LampedusaHH auf. Es muss gemeinschaftlich nach einer Lösung gesucht werden.

    Offizielle Homepage des FC St. Pauli von 1910 e. V.
    http://www.fcstpauli.com/home/verein/news/4079

    Mit großer Betroffenheit haben wir die Ereignisse der letzten Tage rund um die Lampedusa-Flüchtlinge verfolgt. Das Schicksal der rund 80 Menschen, die in unserem Stadtteil unter anderem in der St. Pauli-Kirche Zuflucht gefunden haben, hat uns vom ersten Tag an bewegt, und wir haben schnell und unbürokratisch mit Sachspenden geholfen.

    via https://joindiaspora.com/p/3185843
    #LampedusaHH

    cf.: sur le FC St. Pauli ici: http://seenthis.net/messages/170031

    #Hamburg #Hambourg #Lampedusa
    #Flüchtlinge #refugees #réfugiés
    #Kirchenasyl #Asyl #asile #gardien #Türsteher
    #Fußball #football #foot