• BVG lässt am 3. Advent historische U-Bahn fahren
    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/12/berlin-bvg-advent-historische-bahn.html

    9.12.23 - Am dritten Adventssonntag können Fans in Berlin mit einer historischen U-Bahn der Baureihe EIII fahren. Die AG U-Bahn, die die historischen Fahrzeuge pflegt, lädt an diesem Tag zu Sonderfahrten auf der Linie U5 ein, wie die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) am Freitag mitteilte.

    Die erste Fahrt beginnt am 17. Dezember um 9:06 Uhr ab Friedrichsfelde, die letzte Fahrt beginnt um 14:10 Uhr am Hauptbahnhof. Für die Mitfahrt reicht ein normales VBB-Ticket.

    Der letzte Zug fuhr 1994

    Die Wagen der Baureihe EIII, die ab 1963 im U-Bahnnetz im Osten Berlins unterwegs waren, hatten schon ein Vorleben. Im Frühjahr 1962 hatte das Verkehrsministerium der DDR beschlossen, ältere S-Bahnwagen der Baureihe ET168 für den Einsatz im U-Bahnnetz umzubauen. Insgesamt 86 Einheiten aus Trieb- und Beiwagen wurden letztlich gebaut. Damit begann ein Umbauprogramm, das praktisch bis zum Ende der DDR andauerte.

    Vier Baureihen von S-Bahnen wurden auf diesem Weg über mehr als zwei Jahrzehnte zu „Spenderwagen“ für die U-Bahn. Nötig wurde der Umbau der S-Bahnwagen, weil nach Kriegsende 1945 insgesamt 120 Wagen der U-Bahn-Baureihe C nach Moskau gebracht worden waren. Damit standen keine Großprofilwagen mehr für die damalige Linie E (heute U5) zur Verfügung.

    Es wurden stattdessen umgebaute Kleinprofilzüge eingesetzt. Sie waren noch bis Ende der 1960er Jahre im Einsatz, bis sie schließlich komplett durch die EIII-Züge ersetzt wurden. In ihrem „zweiten Leben“ blieben die Züge der Baureihe EIII bis nach dem Mauerfall im Einsatz. Der letzte reguläre Zug fuhr 1994.

    DR-Baureihe ET 165
    https://de.wikipedia.org/wiki/DR-Baureihe_ET_165


    Dieser Typ war 69 Jahre lang im Einsatz von 1928 bis 1997.

    Die ET 165, später Baureihe 275 (DR), ab 1993 475, waren elektrische Triebwagen, die von 1928 bis 1932 für die Berliner S-Bahn gebaut wurden. Sie waren bis 1997 im Einsatz und wurden bis 2004 mit Ausnahme einiger Museumsgarnituren verschrottet. Nach der Berliner Stadtbahn wurden sie auch Stadtbahner genannt.

    #Berlin #U-Bahn #Geschichte

  • Beyond borders, beyond boundaries. A Critical Analysis of EU Financial Support for Border Control in Tunisia and Libya

    In recent years, the European Union (EU) and its Member States have intensified their effort to prevent migrants and asylum seekers from reaching their borders. One strategy to reach this goal consists of funding programs for third countries’ coast guards and border police, as currently happens in Libya and Tunisia.

    These programs - funded by the #EUTF_for_Africa and the #NDICI-Global_Europe - allocate funding to train and equip authorities, including the delivery and maintenance of assets. NGOs, activists, and International Organizations have amassed substantial evidence implicating Libyan and Tunisian authorities in severe human rights violations.

    The Greens/EFA in the European Parliament commissioned a study carried out by Profundo, ARCI, EuroMed Rights and Action Aid, on how EU funding is linked to human rights violations in neighbouring countries, such as Tunisia and Libya.

    The study answers the following questions:

    - What is the state of EU funding for programs aimed at enhancing border control capacities in Libya and Tunisia?
    - What is the human rights impact of these initiatives?
    - What is the framework for human rights compliance?
    - How do the NDICI-Global Europe decision-making processes work?

    The report highlights that the shortcomings in human rights compliance within border control programs, coupled with the lack of proper transparency clearly contradicts EU and international law. Moreover, this results in the insufficient consideration of the risk of human rights violations when allocating funding for both ongoing and new programs.

    This is particularly concerning in the cases of Tunisia and Libya, where this report collects evidence that the ongoing strategies, regardless of achieving or not the questionable goals of reducing migration flows, have a very severe human rights impact on migrants, asylum seekers and refugees.

    Pour télécharger l’étude:
    https://www.greens-efa.eu/fr/article/study/beyond-borders-beyond-boundaries

    https://www.greens-efa.eu/fr/article/study/beyond-borders-beyond-boundaries

    #Libye #externalisation #asile #migrations #réfugiés #Tunisie #aide_financières #contrôles_frontaliers #frontières #rapport #trust_fund #profundo #Neighbourhood_Development_and_International_Cooperation_Instrument #droits_humains #gestion_des_frontières #EU #UE #Union_européenne #fonds_fiduciaire #IVCDCI #IVCDCI-EM #gardes-côtes #gardes-côtes_libyens #gardes-côtes_tunisiens #EUTFA #coût #violence #crimes_contre_l'humanité #impunité #Méditerranée #mer_Méditerranée #naufrages

  • Berlin Gesundbrunnen
    https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Gesundbrunnen

    Im Jahr 1861 wurden Gesundbrunnen und der benachbarte Wedding nach Berlin eingemeindet. Mit dem Groß-Berlin-Gesetz von 1920 gingen beide Orte im Bezirk Wedding auf. Der heutige Ortsteil Gesundbrunnen entstand mit anderer Abgrenzung im Rahmen der Verwaltungsreform 2001 durch Teilung des alten Bezirks Wedding.

    Die Reform fasste die ehemaligen Verwaltungsbezirke Wedding, Mitte und Tiergarten in einem neuen Bezirk Mitte zusammen, der aus den Ortsteilen Wedding, Gesundbrunnen, Mitte, Tiergarten, Moabit und Hansaviertel besteht.

    Karte von Gesundbrunnen
    https://www.openstreetmap.org/relation/28426
    Karte von Wedding
    https://www.openstreetmap.org/relation/28267


    Travemünder Straße Flohmarkt an der Panke, Juli 2019
    https://www.openstreetmap.org/way/1105274569


    Pankemühle, Juni 2016
    https://www.openstreetmap.org/way/36606093

    Berlin Britz
    https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Britz

    Britz gehörte zum Kreis Teltow der preußischen Provinz Brandenburg. Bei der Bildung Groß-Berlins im Jahr 1920 kam der Ort mit 13.475 Einwohnern zum Berliner Bezirk Neukölln. Auf dem Gelände des ehemaligen Ritterguts entstand in der Zeit ab 1925 die Großsiedlung Britz (früher: Fritz-Reuter-Stadt), bestehend aus der Hufeisensiedlung und der Krugpfuhlsiedlung.
    ...
    In den 1960er Jahren entstand die Großwohnsiedlung Britz-Buckow-Rudow, die seit 2002 den eigenen Ortsteil Gropiusstadt bildet.

    https://www.openstreetmap.org/relation/162901

    https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Britz


    Mehr Fifties-Idylle geht nicht. Oktober 2011
    https://www.openstreetmap.org/way/51095474

    Berlin Halensee
    https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Halensee

    Benannt 1880 nach dem gleichnamigen See, zur damaligen Kolonie Grunewald gehörig, und angetrieben durch die Eröffnung des Ringbahnhofs Berlin-Grunewald (heute: Bahnhof Halensee) entstand der Ortsteil als Villen- und Mietshaussiedlung Ende des 19. Jahrhunderts. Der Bereich Halensee entwickelte sich rasch zu einem bevorzugten Wohnort von pensionierten Militärs, Beamten, Literaten und Rentiers. Bis zum Jahr 1914 war die Bebauung praktisch abgeschlossen.
    ...
    Halensee wurde zusammen mit der Stadt Wilmersdorf im Jahr 1920 nach Groß-Berlin eingemeindet.

    https://www.openstreetmap.org/relation/55741


    Eduard-Winter-Haus, Kurfürstendamm 106 Ecke Karlsruher Straße, April 2010
    https://www.openstreetmap.org/node/6273647384

    Berlin Charlottenburg
    https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Charlottenburg

    Charlottenburg ist ein Ortsteil des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin.

    Im Jahr 1705 als Stadt gegründet, wurde Charlottenburg 1893 zur Großstadt. Bei der Eingemeindung 1920 nach Groß-Berlin wurde daraus der eigenständige Bezirk Charlottenburg. Zuvor war Charlottenburg zeitweise die Gemeinde mit dem höchsten Steueraufkommen pro Kopf in Deutschland gewesen.[1] Nach der Fusion mit dem damaligen Bezirk Wilmersdorf zum neuen Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf bei der Verwaltungsreform 2001 wurde der Bezirk Charlottenburg zum Ortsteil herabgestuft. Eine Neuordnung der Ortsteile des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf erfolgte 2004, wodurch das Gebiet des ehemaligen Bezirks Charlottenburg in die heutigen Ortsteile Westend, Charlottenburg-Nord und Charlottenburg aufgeteilt wurde.

    https://www.openstreetmap.org/relation/110126


    Hotel Kempinski, Mai 2010 (2023 Hotel Bristol),
    https://www.openstreetmap.org/node/3037805654
    https://www.openstreetmap.org/node/254307082

    Berlin Nikolassee
    https://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Nikolassee

    Nikolassee liegt im Südwesten Berlins zwischen den Ortsteilen Wannsee, Grunewald, Zehlendorf und Schlachtensee. Im Westen grenzt Nikolassee an die Havel mit dem Großen Wannsee.

    Die Villenkolonie Nikolassee wurde 1901 gegründet und 1910 zu einer selbstständigen preußischen Landgemeinde im Landkreis Teltow.
    Bei der Bildung von Groß-Berlin 1920 wurde Nikolassee ein Ortsteil des neu gegründeten Bezirks Zehlendorf. Südliche Grenze war die Dreilindenstraße, über die damals der Fernverkehr geführt wurde, angrenzende Gebiete kamen erst 1928 mit der Auflösung des Gutsbezirks Düppel zu Nikolassee und damit zu Berlin. In den 1930er Jahren kam am Ostrand von Nikolassee die Siedlung Wonnegauviertel hinzu.

    Seit 2001 ist Nikolassee Ortsteil des Bezirks Steglitz-Zehlendorf. Im Dezember 2020 gab Nikolassee einen größeren Gebietsteil an den neugebildeten Ortsteil Schlachtensee ab.

    https://www.openstreetmap.org/relation/409219
    https://www.openstreetmap.org/way/24747969


    Berliner Yacht-Club, Ansegeln April 2017

    Alle Bilder von https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Fridolin_freudenfett

    #Berlin #Mitte #Gesundbrunnen #Travemünder_Straße #Neukölln #Britz #Schlosserweg #Charlottenburg-Wilmersdorf #Halensee #Kurfürstendamm #Karlsruher_Straße ##Charlottenburg #Fasanenstraße #Nikolassee #Dreilindenstraße #Wannseebadweg #Fotografie
    #VW-Käfer

  • „Taxifahren war mein Leben – bis Uber nach Berlin kam und die Branche zerstörte“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/taxifahren-war-mein-leben-bis-uber-nach-berlin-kam-und-die-branche-

    Rumen Milkow ist eine Berliner Taxi-Legende. Mit seiner Radiosendung hat er mehrere Jahre lang die das Leben und die Entwicklung der Berliner Taxifahrer begleitet. Er gehört nicht zu den unfähigen Lobbyisten, die sich von Uner-Anwälten und Scheuerministerium haben über den Tisch ziehen lassen. Er ist eine ehrliche Haut, und sein Bericht ist menschlich und überzeugend. Dennoch entgeht ihm viel und er sitzt Legenden auf, die alle Versuche, Berliner Taxifahrer vor der Uber-Dumping-Konkurrenz zu schützen, bislang versanden ließen. Das kann hier nicht im Einzelnen herausgearbeitet werden. Es findet sich in diesem Blog an andrer Stelle.

    24.08.2022 von Rumen Milkow - 25 Jahre fuhr unser Autor durch Berlin, liebte seinen Job. Doch die unfaire Konkurrenz von Uber beendete seinen Traum. Eine persönliche Abrechnung.

    Anfang Juli 2022 hat der Whistleblower Mark McGann dem englischen Guardian mehr als 120.000 vertrauliche Unterlagen des Fahrdienst-Vermittlers Uber aus den Jahren 2013 bis 2017 zugespielt, die seither als „Uber Files“ bekannt sind. Obwohl sie schier Unglaubliches über das Geschäftsgebaren des Fahrdienstvermittlers aus dem Silicon Valley offenlegen, was die ehemalige Kommunikationschefin von Uber Catharina Felke mit „Wir sind verdammt noch mal illegal“ zusammenfasste, ist bereits jetzt der Tenor in Deutschland der, dass dies schon lange her und nun alles ganz anders sei.

    Der Uber-Whistleblower Mark McGann sagte über seinen Job: „Wir haben den Leuten in Wirklichkeit eine Lüge verkauft.“ Uber selbst bezeichnet sein eigenes Agieren heute als „unentschuldbar“, was praktisch ist, denn dann muss man sich auch nicht entschuldigen. Eine Entschuldigung blieb dementsprechend bis heute aus. Gleichzeitig bittet das Unternehmen darum, danach beurteilt zu werden, was es seither, also nach 2017, getan hat.

    Anfang März 2020 bin ich meine letzte Taxi-Schicht gefahren. Das ist jetzt mehr als zwei Jahre her. Zuvor bin ich 25 Jahre, ein halbes Leben, als Taxifahrer auf den Berliner Straßen unterwegs gewesen. Mein Chef löste seine Firma mit fast 30 Fahrzeugen auf, weil sich das Geschäft für ihn nicht mehr rechnete. Zusammen mit 50 ortskundigen Kollegen saß ich plötzlich auf der Straße, auf der wir zuvor über viele Jahre professionell Fahrgäste befördert hatten.

    Taxifahren war nicht einfach nur ein Job für mich. Taxifahren war mein Leben, das ist keine Übertreibung. Und das war jetzt einfach mal futsch, praktisch von einem Tag auf den anderen. Corona war dafür nur der Anlass, die Ursache ist Uber. Dass es bei Uber nicht mit rechten Dingen zugeht, nicht zugehen kann, war mir schon damals klar. So gesehen sind die „Uber Files“ für mich keine Überraschung, sondern eine Bestätigung.

    Denn das Unternehmen schreibt seit Jahren nur rote Zahlen. Es verliert mit jedem Tag so viel Geld wie kein Start-up jemals zuvor. In dem Zusammenhang von einem Geschäftsmodell zu sprechen, kann nur ein Euphemismus sein. In Berlin war das Taxigeschäft schon zuvor ausgepresst wie eine Zitrone. Nur, worum geht es Uber und seinen zahlreichen Geldgebern dann? Dass Uber Daten sammelt, sowohl von seinen Fahrgästen, darunter auch viele Prominente, als auch von seinen Fahrern, ist bekannt. Wozu sie eines Tages verwendet werden, darüber kann man bisher nur spekulieren. Beispielsweise die Information, welcher der Fahrgäste sich zu einem One-Night-Stand fahren ließ.

    Ein „One-Night-Stand“ im unternehmerischen Agieren in der Zeit nach 2017 war zweifellos der Umstand, dass man im Oktober 2019 in der europäischen Zentrale in Amsterdam einen Brief aus Deutschland nicht annehmen und dementsprechend nicht umsetzen konnte, da dieser in deutscher Sprache verfasst war. In der Uber-Zentrale war nach eigenen Angaben niemand der deutschen Sprache mächtig. Der Brief enthielt eine einstweilige Verfügung, laut der Uber seine App nicht mehr zur Mietwagenvermittlung in Deutschland einsetzen darf, die das Unternehmen damit ignorierte. Man fuhr einfach weiter.

    Anders verhielt es sich mit dem Urteil des Landgerichtes in Frankfurt am Main vom 19. Dezember 2019. Das konnte sogleich gelesen und auch umgesetzt werden. Nur vier Tage später, am 23. Dezember 2019, ließ Uber über die Medien wissen, dass man alle Auflagen erfüllt hätte, weswegen man der Ablehnung der eingelegten Berufung keine Beachtung mehr beimaß. Und so auch nicht dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), das im April dieses Jahres das Urteil in letzter Instanz bestätigt. Auch das höchste deutsche Gericht sieht Uber als Dienstleister und nicht als bloßen Vermittler.

    Geht es nach deutschen Gerichten, muss Uber, um gesetzeskonform zu sein, eigene Lizenzen beantragen, Niederlassungen vor Ort gründen und damit auch Steuern in Deutschland bezahlen. All dies ist nicht geschehen, weil Ubers „Geschäftsmodell“ jetzt angeblich gesetzeskonform ist. Zweifel sind angebracht, denn die Gesetzeskonformität hat nicht etwa ein unabhängiges Gericht beurteilt, sondern nur Uber selbst. In Berlin teilt uns das Unternehmen seine Eigeneinschätzung seit einiger Zeit mittels Werbung mit: „Uber ist Fahrtenvermittler, nicht selbst Beförderer.“ Aber stimmt das wirklich?
    Großer Taxischein? Nichtwissen war jetzt gefragt

    Die ersten für Uber-fahrenden Mietwagen tauchten im Sommer 2017 auf. Da gab es eine Gesetzesänderung, nach der Krankenwagen- und Mietwagenfahrer keiner Ortskunde mehr bedürfen. Ohne diese Gesetzesänderung wäre es Uber niemals gelungen, in so kurzer Zeit so viele Fahrer zu rekrutieren. Insbesondere nicht in Berlin, wo man selbst für den sogenannten kleinen Taxischein, also den für Kranken- und Mietwagenfahrer, mehrere Monate intensiv lernen musste. Für den „großen Taxischein“ mindestens ein halbes Jahr – einige schafften die anspruchsvolle Prüfung auch nie.

    Das Mantra des ewigen Dazulernens galt plötzlich nicht mehr, sondern das Gegenteil. Nichtwissen war nun chic, und Unwissenheit ist immer noch Stärke. Die offizielle Begründung für das Nicht-Dazulernen war damals, dass sowohl Kranken- als auch Mietwagenfahrer vor Fahrtantritt genug Zeit hätten, sich über ihre Fahrstrecke kundig zu machen, da diese im Voraus bekannt wäre.

    Als Taxifahrer, der auch schon Krankenwagen gefahren ist, weiß ich, dass dies keineswegs immer der Fall ist. Sondern dass es im Gegenteil genügend Einsätze gibt, wo dafür nicht nur keine Zeit bleibt, sondern es darüber hinaus um Leben und Tod geht. Das sage ich auch als gelernter Krankenpfleger. Ein Krankenwagenfahrer ohne Ortskenntnisse kann da das Todesurteil für den Patienten bedeuten.

    Meine persönliche Erfahrung als Taxi fahrender Radiomoderator sah so aus, dass ich am 5. April 2018 zu einer Sendung von „Hier spricht TaxiBerlin“ zum Thema „Uber“ ins Studio vom unabhängigen „Pi-Radio 88.4“ eingeladen hatte. Meiner Einladung waren damals Vertreter der Berliner Taxi-Innung und von „Taxi Deutschland“ (über dessen Vorstände hat laut „Uber Files“ das Unternehmen 2014 ein Dossier anlegen lassen), ein Taxiunternehmer und die Berliner „Taxi-Anwältin“ Alexandra Decker gefolgt.

    Auch der amerikanische Wirtschafts-Journalist Steven Hill aus dem Silicon Valley war meiner Einladung gefolgt. Das Handelsblatt hatte kurz zuvor einen Artikel mit dem Titel „Ubers neues Fahrdienstmodell sollte reguliert werden“, denn „ohne Regulierung wirkt es zerstörerisch“, von ihm veröffentlicht. Auch sein lesenswertes Buch „Die Start-up-Illusion: Wie die Internet-Ökonomie unseren Sozialstaat ruiniert“ beschäftigt sich mit dem Unternehmen Uber.

    Von mir ebenfalls eingeladene Berliner Politiker, Vertreter der zuständigen Kontroll-Behörden sowohl in Berlin als auch im Umland, Uber-Fahrer, Uber in Berlin und ein Berliner Mietwagenunternehmer, dessen Fahrzeuge für Uber fahren, haben allesamt abgesagt. Uber in Berlin hat gar nicht erst auf meine Einladung reagiert. Dies ist umso verwunderlicher, wenn man berücksichtigt, dass meine Sendung in die Zeit nach 2017 fiel, in der nach eigenen Angaben bei Uber alles mit rechten Dingen zugegangen sein soll.

    Die Suizide von Taxifahrern in New York

    Steven Hill sagte in dem Interview, das man hier nachhören kann, damals voraus, dass Uber auch versuchen wird, uns, die wir mit ihm im Studio saßen, aus dem Geschäft herauszudrängen. Und er sollte recht behalten. Keine zwei Jahre später war ich arbeitslos. Der Wirtschaftsjournalist erwähnte im Interview auch die Suizide von Taxifahrern in New York. Alleine im Jahre 2018 haben sich dort acht professionelle Fahrer das Leben genommen.

    Deutschland blieb zum Glück bisher von solchen Nachrichten verschont. Dafür sorgt ein aktueller Fall in Berlin für Aufregung, in dem ein Mietwagenunternehmer mit 160 Fahrzeugen in sieben Monaten 100.000 Fahrten für Uber & Co. ausgeführt hat. Das Mietwagenunternehmen agierte illegal. Möglicherweise genauso illegal wie Uber, denn die Gesetzeskonformität der aktuell genutzten Uber-App hat nur Uber selbst beurteilt. Das Urteil eines ordentlichen Gerichtes, das meine Vermutung bestätigen könnte, steht noch aus.

    Bisher ist nur die Spitze des Eisbergs bekannt, und zwar in Form des illegal auch für Uber fahrenden Mietwagenunternehmers. Das Unternehmen dürfte gut an den vielen Fahrten verdient haben, denn Uber kassiert 25 Prozent von jeder Fahrt. Eine Taxizentrale kostet ein Vielfaches weniger. Bei Mietwagen kommen 19 Prozent Mehrwertsteuer hinzu, im Taxi sind es nur sieben Prozent, die der Illegale offenbar wohl sparen wollte oder schon gar nicht mehr bezahlen konnte.

    Die Berliner Taxen sind nach einem vernichtenden Gutachten im Juli 2016 seit Jahren praktisch gläsern. Für das Mietwagengewerbe fehlt ein solches Gutachten bis heute. Kontrollen finden nur sporadisch statt. Entweder fehlen die Daten oder das Personal – im Normalfall beides. In Berlin sollen laut Taxi-Times keine 20 Leute für fast 10.000 Taxen und Mietwagen zuständig sein. Mehr Personal bei den Behörden und eine bessere Technik könnten Licht ins Dunkel bringen.
    Mir blieb nur die Auswanderung nach Bulgarien

    Solange gehe ich davon aus, dass Uber uns auch weiterhin eine Lüge verkauft. Nach 25 Jahren auf der Straße bin ich mir sicher, dass alleine die konsequente Einhaltung der Rückkehrpflicht den Uber-Spuk rasch beenden würde. Da zwei und zwei immer noch vier sind, kann es sich auch bei den Berliner Mietwagenfirmen nur um ein „Geschäftsmodell“ handeln, bei dem unterm Strich keine schwarzen Zahlen geschrieben werden können, genauso wie bei Uber seit vielen Jahren.

    Mir kann’s egal sein, ich bin raus aus dem Taxi und weg von der Straße. Ich bin jetzt freier Autor. Zuvor war ich ein halbes Jahr in Bulgarien, dem Herkunftsland meines Vaters, auf Arbeitssuche. Arbeit gibt es auch hier nicht, obwohl Uber in Bulgarien seit Jahren verboten ist. Meine Erfahrungen als Radiomoderator helfen mir nun bei meiner Arbeit. Und weil in Deutschland immer alles einen Namen haben muss, heißt mein schwarze Zahlen schreibendes Einzelunternehmen „Desillusionist“ – so, wie mich einmal ein Fahrgast liebevoll genannt hat.

    Dieser Beitrag unterliegt der Creative Commons Lizenz (CC BY-NC-ND 4.0).

    #Rumänien #Berlin #Taxi #Uber #Geschichte

  • Fewer boat crossings, visit to Frontex : EU and Tunisia implement migration pact

    Despite an alleged repayment of funds for migration defence, Tunisia is cooperating with the EU. Fewer refugees are also arriving across the Mediterranean – a decrease by a factor of seven.

    In June, the EU Commission signed an agreement on joint migration control with Tunisia. According to the agreement, the government in Tunis will receive €105 million to monitor its borders and “combat people smuggling”. Another €150 million should flow from the Neighbourhood, Development and International Cooperation Instrument (NDICI) in the coming years for the purposes of border management and countering the “smuggling” of migrants.

    Tunisia received a first transfer under the agreement of €67 million in September. The money was to finance a coast guard vessel, spare parts and marine fuel for other vessels as well as vehicles for the Tunisian coast guard and navy, and training to operate the equipment. Around €25 million of this tranche was earmarked for “voluntary return” programmes, which are implemented by the United Nations Refugee Agency and the International Organisation for Migration.

    However, a few weeks after the transfer from Brussels, the government in Tunis allegedly repaid almost the entire sum. Tunisia “does not accept anything resembling favours or alms”, President Kais Saied is quoted as saying. Earlier, the government had also cancelled a working visit by the Commission to implement the agreement.

    Successes at the working level

    Despite the supposed U-turn, cooperation on migration prevention between the EU and Tunisia has got off the ground and is even showing initial successes at the working level. Under the agreement, the EU has supplied spare parts for the Tunisian coast guard, for example, which will keep “six ships operational”. This is what Commission President Ursula von der Leyen wrote last week to MEPs who had asked about the implementation of the deal. Another six coast guard vessels are to be repaired by the end of the year.

    In an undated letter to the EU member states, von der Leyen specifies the equipment aid. According to the letter, IT equipment for operations rooms, mobile radar systems and thermal imaging cameras, navigation radars and sonars have been given to Tunisia so far. An “additional capacity building” is to take place within the framework of existing “border management programmes” implemented by Italy and the Netherlands, among others. One of these is the EU4BorderSecurity programme, which among other things provides skills in sea rescue and has been extended for Tunisia until April 2025.

    The Tunisian Garde Nationale Maritime, which is part of the Ministry of the Interior, and the Maritime Rescue Coordination Centre benefit from these measures. This MRCC has already received an EU-funded vessel tracking system and is to be connected to the “Seahorse Mediterranean” network. Through this, the EU states exchange information about incidents off their coasts. This year Tunisia has also sent members of its coast guards to Italy as liaison officers – apparently a first step towards the EU’s goal of “linking” MRCC’s in Libya and Tunisia with their “counterparts” in Italy and Malta.

    Departures from Tunisia decrease by a factor of seven

    Since the signing of the migration agreement, the departures of boats with refugees from Tunisia have decreased by a factor of 7, according to information from Migazin in October. The reason for this is probably the increased frequency of patrols by the Tunisian coast guard. In August, 1,351 people were reportedly apprehended at sea. More and more often, the boats are also destroyed after being intercepted by Tunisian officials. The prices that refugees have to pay to smugglers are presumably also responsible for fewer crossings; these are said to have risen significantly in Tunisia.

    State repression, especially in the port city of Sfax, has also contributed to the decline in numbers, where the authorities have expelled thousands of people from sub-Saharan countries from the centre and driven them by bus to the Libyan and Algerian borders. There, officials force them to cross the border. These measures have also led to more refugees in Tunisia seeking EU-funded IOM programmes for “voluntary return” to their countries of origin.

    Now the EU wants to put pressure on Tunisia to introduce visa requirements for individual West African states. This is to affect, among others, Côte d’Ivoire, where most of the people arriving in the EU via Tunisia come from and almost all of whom arrive in Italy. Guinea and Tunisia come second and third among these nationalities.

    Reception from the Frontex Director

    In September, three months after the signing of the migration agreement, a delegation from Tunisia visited Frontex headquarters in Warsaw, with the participation of the Ministries of Interior, Foreign Affairs and Defence. The visit from Tunis was personally received by Frontex Director Hans Leijtens. EU officials then gave presentations on the capabilities and capacities of the border agency, including the training department or the deportation centre set up in 2021, which relies on good cooperation with destination states of deportation flights.

    Briefings were also held on the cross-border surveillance system EUROSUR and the “Situation Centre”, where all threads from surveillance with ships, aircraft, drones and satellites come together. The armed “permanent reserve” that Frontex has been building up since 2021 was also presented to the Tunisian ministries. These will also be deployed in third countries, but so far only in Europe in the Western Balkans.

    However, Tunisia still does not want to negotiate such a deployment of Frontex personnel to its territory, so a status agreement necessary for this is a long way off. The government in Tunis is also not currently seeking a working agreement to facilitate the exchange of information with Frontex. Finally, the Tunisian coast guard also turned down an offer to participate in an exercise of European coast guards in Greece.

    Model for migration defence with Egypt

    Aiding and abetting “smuggling” is an offence that the police are responsible for prosecuting in EU states. If these offences affect two or more EU states, Europol can coordinate the investigations. This, too, is now to get underway with Tunisia: In April, EU Commissioner Ylva Johansson had already visited Tunis and agreed on an “operational partnership to combat people smuggling” (ASOP), for which additional funds will be made available. Italy, Spain and Austria are responsible for implementing this police cooperation.

    Finally, Tunisia is also one of the countries being discussed in Brussels in the “Mechanism of Operational Coordination for the External Dimension of Migration” (MOCADEM). This working group was newly created by the EU states last year and serves to politically bundle measures towards third countries of particular interest. In one of the most recent meetings, the migration agreement was also a topic. Following Tunisia’s example, the EU could also conclude such a deal with Egypt. The EU heads of government are now to take a decision on this.

    https://digit.site36.net/2023/11/01/fewer-boat-crossings-visit-to-frontex-eu-and-tunisia-implement-migrati

    #Europe #Union_européenne #EU #externalisation #asile #migrations #réfugiés #accord #gestion_des_frontières #aide_financière #protocole_d'accord #politique_migratoire #externalisation #Memorandum_of_Understanding (#MoU) #Tunisie #coopération #Frontex #aide_financière #Neighbourhood_Development_and_International_Cooperation_Instrument (#NDICI) #gardes-côtes_tunisiens #militarisation_des_frontières #retours_volontaires #IOM #OIM #UNHCR #EU4BorderSecurity_programme #Seahorse_Mediterranean #officiers_de_liaison #arrivées #départs #chiffres #statistiques #prix #Frontex #operational_partnership_to_combat_people_smuggling (#ASOP) #Mechanism_of_Operational_Coordination_for_the_External_Dimension_of_Migration (#MOCADEM)

    –—
    ajouté à la métaliste sur le Mémorandum of Understanding entre l’UE et la Tunisie :
    https://seenthis.net/messages/1020591

  • Neue Ausstellung: Berlinische Galerie zeigt Jeanne Mammens „Café Reimann“
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/berlinische-galerie-zeigt-jeanne-mammens-cafe-reimann-3889012.html

    Der Taxihalteplatz Kudamm-Leibnitz, auch als Leiku bekannt, hieß in der Nachkriegszeit „Reimann“ nach dem nahegelegen Cafe am Kurfürstendamm. Überliefert ist die Adresse Kurfürstendamm 62 Ecke Giesenrechtstraße.

    https://www.openstreetmap.org/node/3455613474#map=17/52.50053/13.31240

    Ebenfalls belegt ist die Lage in Fahrtrichtung rechts hinter der Einmündung der Konstanzer Straße beziehungsweise des Olivaer Platz im Eckhaus mit der Nummer 182, welches einem Neubau Platz.machen musste.

    25.10.2017 Andreas Conrad - Man darf wohl annehmen, dass die Zahl derer, denen das Geräusch eines Diesel-Motors wie Musik in den Ohren klingt, stark im Sinken begriffen ist. Aber an dem Haus in der Charlottenburger Kantstraße 153 hängt nun mal nur eine Gedenktafel, nach der dort der Ingenieur Rudolf Diesel 1893/94 gewohnt und gearbeitet habe.

    Kein Hinweis hingegen auf den von diesem Haus inspirierten Beitrag zur leichten Muse, dem unsere Großväter und Großmütter einen noch immer nachklingenden Ohrwurm verdankten: „In einer kleinen Konditorei / da saßen wir zwei bei Kuchen und Tee / Du sprachst kein Wort, kein einziges Wort / und wusstest sofort, dass ich Dich versteh!“

    Natürlich kam die Inspiration nicht vom Haus an sich, vielmehr von dem in Berlin einst wohlbekannten Café Reimann, das dort 1919 von dem aus Ostpreußen nach Berlin gezogenen Walter Reimann eröffnet worden war, Keimzelle einer hier bald florierenden Konditorei-Kette. Heute befindet sich dort das österreichische Restaurant Ottenthal, in den zwanziger Jahren aber verkehrte in dem Café neben Prominenten wie Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky auch der Schriftsteller und Liedtexter Ernst Neubach.
    „In einer kleinen Konditorei“

    Dem muss die anheimelnde Atmosphäre so gefallen haben, dass er zu den von Vico Torriani, Max Raabe und vielen anderen nach einer Melodie von Fred Raymond gesungenen Zeilen angeregt wurde. In den Erinnerungsstücken, die Walter Christian Reimann, in Schöneberg lebender Sohn des Konditors, zur Firmen- und Familiengeschichte besitzt, befindet sich auch eine Widmung Neubachs, des „Verfassers der ,Kleinen Konditorei’“, wie er schreibt – ein nachträgliches Dankeschön für die anregenden Mußestunden im Kaffeehaus.

    Man fand die Cafés Walter Reimanns in den zwanziger Jahren auch am Kurfürstendamm 35 und 182 sowie am Hausvogteiplatz 1, und 1931 wurde eine Filiale im Kaufhaus Nathan Israel eröffnet, das war ein imposanter Komplex gleich rechts neben dem Roten Rathaus, das älteste und zeitweise größte Kaufhaus Berlins. Nach dem Krieg gelang ein Neubeginn am Kurfürstendamm 62, nach Reimanns Tod 1957 wurde das zwischen Leibniz- und Giesebrechtstraße gelegene Café noch zehn Jahre von seiner Witwe weitergeführt.

    Lange versunkene Stadtgeschichte, nun aber durch die kürzlich eröffnete Ausstellung zur Malerin Jeanne Mammen wieder ein wenig dem Vergessen entrissen. Denn zu den in der Berlinischen Galerie gezeigten Werken gehört auch das um 1931 entstandene, in Berlin nie zuvor öffentlich gezeigte Aquarell „Café Reimann“. Es war 1931 in Curt Morecks „Führer durch das ,lasterhafte’ Berlin“ erschienen und befindet sich im Besitz der Morgan Library & Museum in New York. Wie berichtet, hatte das Museum zur Finanzierung des Transports einen erfolgreichen Spendenaufruf veröffentlicht.


    Kurfürstendamm 35 ?

    Koksöfen im Vorgarten

    Man sieht auf dem Aquarell ein etwas trist dreinblickendes Paar an einem Tisch vor dem Café Walter Reimann am Kurfürstendamm 35, wo sich heute das Hotel California befindet. Das Café ist auf dem Bild leicht identifizierbar an dem angeschnittenen Namenszug und einem der Koksöfen, Vorgängern der modernen Heizstrahler, die Reimann vor seinem damaligen Haupthaus aufgestellt hatte.

    Besonders diese Öfen, wie man sie von Pariser Cafés kannte, haben dem Publikum damals imponiert. Sie inspirierten sogar den Bühnenbildner des vom Komponisten Rudolf Nelson geleiteten Theaters am Kurfürstendamm 217 zu einer Kulisse für die Revue „Tombola“. In dem ehemaligen Astor-Kino, wo sich heute eine Tommy-Hilfiger-Filiale befindet, wärmte sich 1929 Hans Albers mit seinen Kollegen Otto Wallburg und Willi Schaeffers am Koksofen.


    Das erste Reimann-Kaffeehaus, an das das Lied „In einer kleinen Konditorei“ erinnert, befand sich aber in der Kantstraße 153

    ( heute / 2023 https://www.ottenthal.com )

    Auch Albers verkehrte bei Reimann, vom Theater zum Café hatte er es ja nicht weit: einmal quer über den Kurfürstendamm. Weiter zählten Prominente wie Alfred Kerr, Friedrich Hollaender, die noch unbekannte Marlene Dietrich und Camilla Spira zu den Gästen. Auch viele Juden waren darunter, was das Café am 12. September 1931, als der Boulevard zum Schauplatz massiver Krawalle der Nazis unter Gauleiter Joseph Goebbels wurde, zu einem heftig attackierten Angriffsziel machte. Das Mobiliar im Vorgarten wurde demoliert, die große Schaufensterscheibe zertrümmert, innen sollen sogar zwei Schüsse gefallen sein.

    „Onkel Emil“ leistet Widerstand

    Walter Reimann selbst war kein Jude. Den Nazis stand er ablehnend gegenüber, verweigerte sich der Ausgrenzung der Juden, solange es irgendwie ging, leistete später mit seiner Frau Charlotte aktiven Widerstand. Als Ullstein-Bildredakteurin hatte sie die Journalistin Ruth Andreas-Friedrich kennengelernt, bekam dadurch Kontakt zu der von dieser und dem Dirigenten Leo Borchard 1938 gegründeten Widerstandsgruppe „Onkel Emil“. Dieses nie aufgeflogene Netzwerk unterstützte die zunehmend verfolgten Juden mit Verstecken, Papieren und Essen.

    Gerade Walter und Charlotte Reimann hatten als Betreiber von Kaffeehäusern einige Möglichkeiten, Lebensmittel zu organisieren, halfen zudem Hilde Waldo, der späteren Sekretärin des emigrierten Schriftstellers Lion Feuchtwanger, bei ihrer Ausreise in die USA. Die Gruppe „Onkel Emil“ wurde auch in der Gedenkstätte „Stille Helden – Widerstand gegen die Judenverfolgung 1933 – 1945“ gewürdigt, die unlängst in der Rosenthaler Straße 39 in Mitte geschlossen wurde und im Januar in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in der Tiergartener Stauffenbergstraße 13/14 in erweiterter Form wiedereröffnet werden soll.

    Die Erinnerung an Walter und Charlotte Reimann wird also fortleben, wenn Jeanne Mammens „Café Reimann“ längst wieder nach New York zurückgekehrt ist. Und irgendwann dürfte sicher auch mal wieder das aus den späten Zwanzigern herüberwehende Lied von der kleinen Konditorei im Radio erklingen, melancholische Verse „von Liebesleid und Weh“.

    „Jeanne Mammen. Die Beobachterin. Retrospektive 1910 – 1975“, Berlinische Galerie, Alte Jakobstraße 124 – 128 in Kreuzberg, bis 15. Januar, mittwochs bis montags, 10 – 18 Uhr

    Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm, 1953
    https://www.flickr.com/photos/lautenschlag/8277548761

    Flickr

    "[...] Die vier Cafés, die W.alter Reimann vor dem Krieg betrieben hatte, waren alle zerstört worden. Doch noch im Jahre 1945 eröffnete er am Olivaer Platz, Kurfürstendamm 62, ein neues „Café Reimann“. Mit seiner guten Küche wurde es in den einfach eingerichteten aber großzügigen und freundlichen Räumen schnell wieder zu einem renommierten Haus. In den siebziger Jahren zogen die „Mozart-Terrassen“ in diese Räume, ein Café, das sich jedoch am recht unattraktiven Olivaer Platz nicht lange halten konnte. Eine unkonventionelle Gaststätte unternahm in den achtziger Jahren den Versuch, sich an dieser Stelle zu etablieren, konnte sich aber auch nicht lange halten. Seit einigen Jahren hat in dem renovierten, hellgelb gestrichenen Haus das Nobel-Schuhgeschäft „Magli“ eine Filiale. [...]"

    aus:
    Der Kurfürstendamm : Gesichter einer Straße / Regina Stürickow. - Berlin: Arani-Verl., 1995

    In dieser Version von In einer kleinen Konditorei (Georg Kober - 1929) geht es um den Boulevard des Capucines in Paris nicht um Kurfürstendamm oder Kantstraße. Die hat wohl eher Vico Toriani durch Weglassen der ersten Strophe in den Fünfzigern ins Spiel gebtacht.
    https://www.youtube.com/watch?v=BVw_7u29uA4

    Auch diese akkordeonlastige Version des Saxophonorchesters Dobbri von 1928 klingt eher nach Pariser musette als nach einem Berliner Gassenhauer .
    https://www.youtube.com/watch?v=uj7eQFfN8V4&pp=ygUgaW4gZWluZXIga2xlaW5lbiBrb25kaXRvcmVpIDE5Mjg%3D

    https://www.openstreetmap.org/way/68915107#map=17/48.87045/2.33105

    #Berlin #Charlottenburg #Kurfürstendamm #Konstanzer_Straße #Olivaer_Platz #Kantstraße #Geschichte #Gastronomie #Konditorei #Nazis #Widerstand #Taxihalteplatz

    #Boulevard_des_Capucines #Paris #Gassenhauer

  • La #gestion à l’affaire est une composante du quotidien de nombreuses #entreprises, en particulier celles qui opèrent dans des secteurs où les #projets s’étalent sur des périodes longues. Dans cette approche, la création d’échéanciers spécifiques liés à chaque #affaire revêt une importance capitale pour gérer le déclenchement de #facturation.
    https://michelcampillo.com/blog/3589.html

  • Was der Kaupert nicht weiß - Dunckerstraße in Grunewald
    https://m.kauperts.de/Strassen/Toni-Lessler-Strasse-14193-Berlin

    Der unsprüngliche Name Dunckerstraße erscheint nicht in der Geschichte der heutigen Toni-Lesser-Straße. Dabei ist sie gut dokumentiert. Was ist passiert?

    Details — Toni-Lessler-Straße
    PLZ 14193
    Ortsteil Grunewald
    ÖPNV Zone B Bus X10, M29
    Verlauf von Wernerstraße bis Hubertusbader und Kronberger Straße
    Falk Planquadrat O 10

    Zuständigkeiten — Toni-Lessler-Straße
    Arbeits­agentur Berlin Nord
    Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf
    Amts­gericht Charlottenburg
    Grundbuchamt Charlottenburg
    Familien­gericht Kreuzberg
    Finanz­amt Wilmersdorf
    Polizei­abschnitt A 22
    Verwal­tungs­bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf

    Geschichte — Toni-Lessler-Straße
    Alter Bezirk Wilmersdorf
    Alte Namen Seebergsteig (1936-2003)
    Name seit 1.9.2003

    Info Lessler, Toni, * 1874 Bückeburg, † 5.5.1952 New York, Pädagogin, Opfer des NS-Regimes.

    Die Umbenennung der mittigen Mohrenstraße war ein Verlust, geschuldet der Eulenspiegelei eines tansanischen Berliners und seiner fröhliche Wokistentruppe. Denen gelang es, die historisch nicht im Ansatz rassistische sondern im Gegenteil ehrend gemeinte Bezeichnung nach ihrem Verständnis umzudefinieren. Damit hat Berlin einen wichtigen Verweis auf Ereignisse und Topologie seiner Geschichte umd eine feste Orientierungsmarke im Stadtbild eingebüßt. Halb so schlimm, lustig war es anzusehen, wie die komplette BVV Mitte nach der Pfeife von ein paar selbsternannten Moralpredigern tanzte.

    Dem Seebergsteig hingegen trauert keine Menschenseele nach, abgesehen von 74 wegen der erforderlichen Adressänderung erzürnten Villenbewohnern. Die haben nur zähneknischend akzeptiert, dass Demokratie eben nicht die Ausweitung ihres Besitzrechts über den grunewalder Gartenzaun hinaus bedeutet. Das Regelwerk namens Demokratie, in dem alle ein bischen mitbestimmen können, haben sie dabei mit allem Nachdruck für die Beibehaltung des Nazinamens eingesetzt. Hat nicht geklappt, zum Glück.

    Über Straßennamen im Bezirk entscheidet das Bezirksamt und das wiederum wird von der Bezirksverordnetenversammung, der BVV kontrolliert. Dagegen kommt nur ein Senator oder der Regierende an, aber der wird den Teufel tun und es sich wegen einer Handvoll Villenbewihner aus dem noblen Grunewald mit der Öffentlichkeit verscherzen. Die mag keine Nazis mehr, zumindest nicht so offensichtliche.

    Sehr schön an der Geschichte ist die von der Villenfraktion ins Feld geführte Unterscheidung zwischen „kulturellen Antisemiten“, und „Vorbereitern des Holocaust“. Wer wenn nicht die deutschen „kulturellen Antisemiten“ kommt denn als „Vorbereiter des Holocaust“ in Frage? Ausschließlich die Teilnehmer der Wannseekonferenz? So hätten die Grunewalder Naziliebhager es wohl gern gehabt.

    In der ehemaligen Dunckerstraße stehen einige Villen aus der Zeit ihrer Umbenennung in den antisemitischen Seebergsteig. Die Erben ihrer Erbauer wollen sich anscheinend immer noch nicht eingestehen, worauf ihr heutiger Wohlstand beruht. Nazis, das waren immer die anderen, die Fanatiker. Man selber oder Opi war nur aus Pragmatismus dabei. Irgendwer musste ja das Geld von der Straße aufsammeln, seit die Juden das nicht mehr erledigten.

    Dunckerstraße
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stra%C3%9Fen_und_Pl%C3%A4tze_in_Berlin-Grunewald

    Die Straße wurde 1898 nach dem Verlagsbuchhändler, Publizist und Politiker Franz Duncker benannt. Mit der „Arisierung von Straßennamen“ in der NS-Zeit wurde am 14. April 1936 die Dunckerstraße nach dem NS-freundlichen Theologen in Seebergsteig umbenannt.

    Franz Duncker
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Franz_Duncker

    Franz Gustav Duncker (* 4. Juni 1822 in Berlin; † 18. Juni 1888 ebenda[1]) war ein deutscher Verleger, linksliberaler Politiker und Sozialreformer.

    Wieso wollten die Massenmörder aus ganz Deutschland, die Spree Killers United , eigentlich diesen ominösen Seeberg als einen der Ihren ehren?

    Reinhold Seeberg
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Reinhold_Seeberg

    Reinhold Seeberg (* 24. Märzjul. / 5. April 1859greg. in Pörrafer (Livland); † 23. Oktober 1935 in Ahrenshoop) war ein deutscher evangelischer Theologe.
    ...
    1918/1919 wurde er Rektor der Universität Berlin.
    ...
    Als Rektor initiierte Seeberg u. a. das Gefallenendenkmal der Berliner Universität[5], dessen lateinische Inschrift Invictis victi victuri („Den Unbesiegten die Besiegten, die siegen werden“) eine kaum verhüllte Aufforderung zur Revanche für die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg war.[6] Als Rektor trug er auch dazu bei, dass die Universität dem jüdischen Mediziner Georg Friedrich Nicolai die venia legendi aberkannte. Nicolai hatte ab 1914 kriegskritische Schriften publiziert.
    ...
    In seine radikale Modernitätskritik mischten sich zunehmend antiliberale Töne sowie ein rassentheoretisch begründeter Antisemitismus. Als erster akademischer Theologe griff er die These auf, Jesus sei ein Arier gewesen.

    Verstehe, Theologen gehen immer, sind halt die Guten, die man immer zu (!) Weihnachten und vielleicht (auch !) zu Ostern in ihrem Gotteshaus besucht. Man zahlt ihnen sogar Steuern, so gut sind die. Und dann ist der Mann Seeberg ja lange vor dem Holocaust gestorben, kann also nicht dabei gewesensein. Perfektes Alibi, Euer Ehren.

    Berlin: Entscheidung im Streit um den Seebergsteig, Der Tagesspiegel vom 12.12.2002
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/entscheidung-im-streit-um-den-seebergsteig-956095.html

    Die Umbenennung des Seebergsteigs wird heute voraussichtlich in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) CharlottenburgWilmersdorf besiegelt – gegen den Willen der CDU und der meisten Anwohner der Straße in Grunewald. SPD, Grüne, FDP und PDS wollen die Bezeichnung nach Reinhold Seeberg (1859 bis 1935) ändern, weil der Theologe ein Antisemit und „Wegbereiter“ des Nationalsozialismus gewesen sei. Der neue Name Toni-Lessler-Straße soll eine jüdische Pädagogin ehren, die bis 1939 die „Private Waldschule Grunewald“ geleitet hatte.

    Am Dienstagabend stritten darüber ein Dutzend Anwohner mit Bezirksverordneten im Rathaus Wilmersdorf. 74 der rund 100 Anwohner haben schriftlich die Beibehaltung des Straßennamens verlangt. Das Treffen kurz vor der Entscheidung nannten sie eine „Alibi-Veranstaltung“. Zum wiederholten Mal hielten sich Gegner und Befürworter der Umbenennung einige Zitate aus Seebergs Schriften vor, um ihre Standpunkte zu untermauern. Die Anwohner beriefen sich besonders auf den Historiker Günter Brakelmann. Dieser sieht in Seeberg einen „kulturellen Antisemiten“, aber „keinen Vorbereiter des Holocaust“. Zum Ärger von Mario Blochwitz, dem Initiator des Protestschreibens, war Brakelmann nicht zum Treffen eingeladen worden.

    FDP-Fraktionschef Jürgen Dittberner erinnerte daran, dass der Seebergsteig einst Dunckerstraße hieß. Erst 1936 hätten „die Nazis Seeberg aufs Schild gehoben, um den anderen Namen zu tilgen“. Das sei für die FDP der entscheidende Punkt.

    Die CDU erneuerte ihren Vorschlag, den Namen Seebergsteig einfach anders zu deuten: Zusatztafeln sollten auf den Ortsteil Seeberg in Altlandsberg hinweisen, hieß es.

    Verwirrung gab es um die Kosten der Umbenennung. Das Bezirksamt hat 1000 Euro für vier neue Schilder errechnet, jedoch übersehen, dass es acht Schilder gibt. Die CDU kritisierte den finanziellen Aufwand. Zugleich verlangte der CDU-Verordnete Joachim Dannert allerdings, den Anwohnern die Kosten einer Adressenänderung zu erstatten.

    Die Bürger erwägen gerichtliche Schritte. Schon Mitte der 90er Jahre hatten sie gegen einen Umbenennungsbeschluss der BVV geklagt. Nach einer Niederlage vor dem Verwaltungsgericht legten sie Berufung ein – bis die CDU vorübergehend die BVV-Mehrheit gewann und den alten Beschluss kippte. Trotz ihres Streits erklärten Anwohner und Politiker, einen Eklat wie bei der Rückbenennung der Jüdenstraße in Spandau vermeiden zu wollen. CD

    #Berlin #Grunewald #Toni-Lesser-Straße #Seebergsteig #Dunckerstraße #Mitte #Mohrenstraße #Antisemitismus #Straßenumbenennung #Geschichte #Nazis #Straßennamen #Bezirk #Bezirksamt #Bezirksverordnetenversammung #BVV

  • Taxi-Verbandschef Hermann Waldner: „Ich will nicht dabei zusehen, wie das Taxi vor die Hunde geht“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-taxi-verbandschef-hermann-waldner-ich-will-nicht-dabei-zuseh

    Die Welt ist schlecht. Dem Taxi geht es ebenso, und Waldi wird nostalgisch. War sooo ne schöne Zeit mit den Stasileuten vom VEB Taxi, nicht wahr?

    26.10.2023 von Peter Neumann - Der 9. November, Jahrestag des Mauerfalls, steht bevor. Hermann Waldner erinnert sich an die Zeit des Umbruchs. Als er den VEB Taxi erwarb und Markus Wolf, Chef der DDR-Auslandsspionage, zu seinen Kunden zählte. Als ehemalige Stasi-Mitarbeiter Fahrgäste chauffierten und die Polizei ein Taxi sicherstellte, dessen Kofferraum voll mit Waffen war. Waldner, der als Student in West-Berlin Taxi fuhr, kennt die Berliner Taxibranche wie kein anderer – als Unternehmer und Verbandschef. Doch heute gerät das Gewerbe immer stärker unter Druck. Im Interview mit der Berliner Zeitung erklärt Waldner, was die Politik unternehmen muss, um das Taxi zu retten – und warum das nötig ist.

    Herr Waldner, wie lange liegt Ihre jüngste Taxifahrt in Berlin zurück?

    Ich bin nicht so oft mit dem Taxi unterwegs, weil ich ein Privatauto habe. Aber vorgestern bin ich mal wieder Taxi gefahren. Vom Prenzlauer Berg, wo ich wohne, zum Hauptbahnhof.

    Wie war die Fahrt?

    Einwandfrei. Auch die Zahlung mit Apple Pay hat geklappt. Es ging so schnell wie mit keiner anderen Bezahlart. Das Trinkgeld konnte ich ganz einfach aufschlagen. Ich war sehr zufrieden.

    Taxis warten am Kurt-Schumacher-Platz im Nordberliner Bezirk Reinickendorf auf Fahrgäste. Im Dezember 2019 waren 8044 Taxikonzessionen vergeben, im September 2023 waren es laut Senat nur noch 5573.

    Taxis warten am Kurt-Schumacher-Platz im Nordberliner Bezirk Reinickendorf auf Fahrgäste. Im Dezember 2019 waren 8044 Taxikonzessionen vergeben, im September 2023 waren es laut Senat nur noch 5573.

    Gab es schon mal eine Taxifahrt in Berlin, bei der Sie sich geärgert haben?

    Nein, das ist mir schon lange nicht mehr passiert. Ich bin aber auch keine gute Testperson, weil ich in der Taxibranche bekannt bin. Da müsste ich mir schon einen falschen Bart ankleben.

    Aber andere Taxifahrgäste beschweren sich.

    Meine Zentrale vermittelt in Berlin täglich im Schnitt rund 20.000 Taxifahrten. Da kommt es natürlich vor, dass sich Fahrgäste beschweren, das ist normal bei dieser großen Zahl von Aufträgen. Doch es sind nur wenige Beschwerden pro Tag. Der allergrößte Teil der Fahrgäste ist zufrieden.

    Worum geht es bei Beschwerden?

    Sehr oft um den Fahrpreis. Die heutige Generation, die viel übers Internet bestellt, ist nicht daran gewohnt, dass die Kosten einer Taxifahrt nicht von vornherein auf den Cent genau feststehen. Bislang gibt es in Berlin keine Festpreise fürs Taxi, das verstehen viele Kunden nicht. Manche von ihnen fühlen sich betrogen, wenn plötzlich ein paar Euro mehr auf der Uhr stehen, weil das Taxi im Stau aufgehalten worden ist. Das ist aber kein Betrug, das ist der Taxitarif. Weil dieses Thema immer wieder zu Reibereien führt, finden wir es gut, dass der Senat Anfang 2024 Festpreise ermöglicht.

    Rund 90 Prozent der Berliner Taxis dürfen zwar Fahrgäste zum Flughafen bringen, aber sie müssen den weiten Weg nach Berlin leer zurückfahren. Aus klimapolitischen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen ist das ein Unding.

    Hermann Waldner

    Manchmal beschweren sich Fahrgäste auch, weil ein Taxifahrer eine unnötig lange Strecke ausgewählt hat.

    Es kommt vor, dass ein Fahrer einen Umweg fährt, weil der direkte Weg durch ein Wohnviertel mit schmalen Straßen und Tempo 30 führt. Wenn er dies stillschweigend macht, ohne sich vorher mit dem Kunden abzustimmen, kann das Anlass einer Beschwerde sein – in der Regel zu Recht, wie ich finde.

    Als der Flughafen Tegel noch in Betrieb war, gab es haarsträubende Fälle. Betrügerische Taxifahrer forderten von Touristen Mondpreise – von Tegel nach Tempelhof 400 Euro.

    Bei diesen eklatanten Fällen ging es um Fahrer, die nicht am Taxifunk teilgenommen haben oder den Funk ausgeschaltet haben. Normalerweise lässt sich jede Fahrt, die per Funk vermittelt wird, nachvollziehen. Die GPS-Daten, mit denen das möglich ist, müssen eine Zeit lang aufbewahrt werden.

    Taxis am Flughafen BER. Bis zu 500 Berliner Taxen können eine Ladeberechtigung für den Flughafen erhalten. Steigt die Zahl der Fluggäste, kann die Zahl auf bis zu 550 erhöht werden.

    Seit drei Jahren ist Tegel geschlossen. Der neue Flughafen BER liegt in Schönefeld, ziemlich weit vom Stadtzentrum entfernt. Spielt der BER für Taxis noch eine Rolle?

    Für unser Gewerbe ist es ein Trauerspiel. Eigentlich könnten wir mit Flughafenfahrten gute Geschäfte machen. Doch der Landkreis Dahme-Spreewald hat aus regionalem Egoismus durchgesetzt, dass nur 500 Berliner Taxis die Erlaubnis bekommen, am BER Fahrgäste aufnehmen zu dürfen. Rund 90 Prozent der Berliner Taxis dürfen zwar Fahrgäste zum Flughafen bringen, aber sie müssen den weiten Weg nach Berlin leer zurückfahren. Aus klimapolitischen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen ist das ein Unding. Wir versuchen seit Jahren, das zu ändern, sehen im Landratsamt in Lübben allerdings keinerlei Bereitschaft. Wir kommen da einfach nicht weiter.

    Müssen Fahrgäste am BER immer noch lange warten, bis sie ein Taxi bekommen?

    Das beobachten wir nur noch selten. Inzwischen ist es erlaubt, bei großem Andrang auch Taxis ohne BER-Zulassung nach Schönefeld zu rufen. Außerdem ist es so, dass viele Fluggäste die Bahn benutzen. Von meinem Büro in Friedrichshain ist es nicht weit zum Bahnhof Ostkreuz, von dort braucht der Flughafenexpress nur 18 Minuten zum BER. Das würde ich nicht einmal mit dem Hubschrauber schaffen, geschweige denn per Taxi.

    Wie geht es dem Berliner Taxigewerbe?

    Sehr schlecht. Es gab mal mehr als 8400 Taxis in Berlin, inzwischen sind es nur noch knapp 5600. Dagegen ist die offizielle Zahl der Mietwagen mit Fahrer, die man auf den Plattformen Uber, Bolt und FreeNow per App buchen kann, in Berlin auf fast 4500 gestiegen. Die wahre Zahl dürfte deutlich darüber liegen. Ein Mitarbeiter des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten hat mir mitgeteilt, dass er von rund 1000 gefälschten Konzessionsurkunden ausgeht. Hinzu kommen Mietwagen mit Fahrer, die im Land Brandenburg gemeldet sind, aber vor allem in Berlin unterwegs sind. Unterm Strich dürften es mehr als 6000 Fahrzeuge sein, die uns Konkurrenz machen.

    Die meisten Fahrgäste freuen sich. Mit Uber und Co sind sie preiswerter unterwegs als im Taxi.

    Nach unseren Erkenntnissen liegen die Fahrpreise um bis zu 40 Prozent unter unseren Tarifen. Angesichts solcher Dumpingpreise kann man es den Fahrgästen nicht verdenken, dass sie auf diese Angebote fliegen. Jeder versucht, Geld zu sparen – auch wenn dies dazu führt, Steuerhinterziehung und Sozialbetrug zu fördern. Denn anders können die Mietwagenunternehmen nach unserer Einschätzung nicht überleben. Ein Zollbeamter hat mir erzählt, dass sich die Einnahmen ungefähr so aufgliedern: Ein Drittel kassieren die Fahrer legal von den Fahrgästen, ein Drittel kommt schwarz cash auf die Hand, ein Drittel vom Arbeitsamt. Während im Taxigewerbe jede Bewegung, jede Einnahme mithilfe von Fiskaltaxametern erfasst und nachvollzogen werden kann, haben zwei Drittel der Mietwagen aufgrund von Ausnahmegenehmigungen nicht einmal geeichte Wegstreckenzähler. Damit ist der Manipulation Tür und Tor geöffnet.

    Uber dementiert, dass Gesetze verletzt werden. Die Fahrzeuge werden effizienter eingesetzt, deshalb seien niedrigere Fahrpreise möglich. Die Fahrdienste seien keine Konkurrenz fürs Taxi.

    Wir haben 35 bis 40 Prozent des Geschäfts verloren. Monat für Monat muss das Berliner Taxigewerbe auf immer mehr Kunden verzichten. Nachts machen Taxis in Berlin kaum noch Umsatz. Jüngere Leute, die zu später Stunde zu Bars und Clubs unterwegs sind, buchen bei Uber und Co.

    Was fordern Sie?

    Es ist allerhöchste Zeit, dass Politik und Verwaltung in Berlin einschneidende Maßnahmen ergreifen. An erster Stelle muss eine Anti-Dumping-Regelung stehen. Berlin muss Mindestfahrpreise für den Mietwagenverkehr einführen, damit das Kaputt-Dumping nicht mehr stattfinden kann.

    Festzuhalten ist, dass Taxikunden auch in Zukunft auf berechenbare Preise setzen können.

    Wie soll das in Berlin konkret funktionieren?

    Für Fahrpreise bei Uber und Co muss es eine verbindliche Untergrenze geben. Sie sollte sich an der Festpreisregelung orientieren, die Anfang des kommenden Jahres in Berlin in Kraft treten soll.

    Festpreise im Taxiverkehr – was ist damit gemeint?

    Wenn Fahrgäste eine Taxifahrt bestellen, können sie sich im Voraus den Tarif nennen lassen, der ihnen dann garantiert wird. Wie in München, wo es seit September Festpreise gibt, wird sich der Fahrpreis innerhalb eines Tarifkorridors bewegen. Je nach Tages- und Nachtzeit, Staus und Verkehrslage kann der genannte Festpreis um bis zu zehn Prozent unter oder um bis zu 20 Prozent über dem regulären Taxistreckentarif liegen. Wir stellen uns vor, dass auch die Fahrpreise für Mietwagen mit Fahrern in diesem Korridor liegen.

    Besteht da nicht die Gefahr, dass bei bestellten Taxifahrten immer ein Aufschlag von 20 Prozent verlangt wird?

    Es wird nicht so sein, dass in jedem Fall für eine bestellte Fahrt das Maximale gefordert wird. Sicher, am Silvesterabend, wenn viele Menschen unterwegs sind, wird man an den oberen Rand gehen – auch um sicherzustellen, dass am letzten Abend des Jahres viele Taxifahrer arbeiten. Doch festzuhalten ist, dass Taxikunden auch in Zukunft auf berechenbare Preise setzen können. Wer ein Taxi auf der Straße anhält, wird wie heute exakt den Streckentarif zahlen. Der geplante Tarifkorridor wird ausschließlich für bestellte Fahrten gelten. Bei den Plattformen kommt es vor, dass die Preisschwankungen viel größer sind. In München, wo es Taxifestpreise gibt, sind die Nachfrage und das Feedback der Kunden sehr gut. Ein wichtiger Beschwerdegrund ist weggefallen.

    In Barcelona wurde ein Mindesttarif eingeführt. Das führte dazu, dass sich Uber zeitweise zurückzog. Doch inzwischen hat der Europäische Gerichtshof die Regelung in Barcelona wieder aufgehoben, weil sie nicht mit dem EU-Recht vereinbar sei. Rechtsfragen führen in Berlin dazu, dass der Senat Ihre Forderung immer noch prüft.

    Es stimmt, die mittlere Ebene der Senatsverkehrsverwaltung unterstützt unseren Wunsch nicht. Hinzu kam, dass sich die bisherigen Senatorinnen, Regine Günther und Bettina Jarasch von den Grünen, für das Berliner Taxigewerbe leider nicht interessierten. Als wir ein Spitzentreffen verlangten, schob Frau Jarasch das Thema zu der damaligen Staatssekretärin ab. Der Wechsel im Senat hat das geändert. Kai Wegner von der CDU war bei uns im Taxizentrum in Friedrichshain, als er noch nicht Regierender Bürgermeister war. Er informiert sich aus erster Hand und schaltet nicht auf stumm. Wegner und die neue Verkehrssenatorin Manja Schreiner haben ein offenes Ohr für uns. Das zeigt die schnelle Bereitschaft, 2024 Taxifestpreise einzuführen. Aber auch der neue Senat muss mit dem Bedenkenträgertum in der Verwaltung umgehen. In Hamburg sind die Behörden mutiger. Da wird auch schon mal Mietwagenunternehmen die Konzession verweigert.

    In Österreich hat der Gesetzgeber einen radikalen Schritt vollzogen. Nicht, dass alle restlos zufrieden sind. Doch dort gibt es faire Bedingungen für alle.

    Die Plattformbetreiber entgegnen, dass eine Preisregulierung dem EU-Recht und dem Grundgesetz widerspricht. Mindesttarife für den Mietwagenverkehr seien rechtswidrig.

    Nein, dieser Auffassung bin ich nicht. Mietwagenunternehmen haben uns einen großen Teil des Geschäfts weggenommen. Dabei hat der Gesetzgeber eine klare Trennung vorgesehen, Mietwagen mit Fahrer sollen nicht wie das Taxi agieren. Sie sollen zum Beispiel in der Regel nach jeder Tour zum Betriebssitz zurückkehren. Das Mietwagengewerbe hat eine Sonderfunktion: Weite Fahrten, Limousinenservice – so hat es jahrzehntelang funktioniert. In Österreich hat der Gesetzgeber einen radikalen Schritt vollzogen: Er hat beide Gewerbe zusammengeführt. Dort sind nur noch Taxis unterwegs. Alle haben dieselben Bedingungen, der Tarifkorridor verhindert Dumpingpreise. Nicht, dass alle restlos zufrieden sind. Doch in Österreich gibt es faire Bedingungen für alle.

    Laut Senat sind in Berlin derzeit fast 4500 Mietwagen mit Fahrer unterwegs.

    Wäre es schlimm, wenn Berlin ohne Taxis auskommen müsste?

    Natürlich! Es wäre ein Verlust, wenn es in Berlin keine Taxis mehr geben würde. Zum Beispiel hat das Taxi eine Beförderungspflicht. Es muss auch fahren, wenn sich jemand nur kurz von der Apotheke oder dem Arzt nach Hause bringen lassen will. Unsere Konkurrenz darf solche Kurzfahrten ablehnen. In den USA gibt es bereits Städte ohne Taxis. Dort vermitteln Uber und Co nur noch lukrative längere Touren, oder sie fordern für Kurzfahrten hohe Fahrpreise. In Berlin sind Taxis verlässlich, sie fahren auch dann zu erschwinglichen Tarifen, wenn es regnet und stürmt.

    Stichwort Überalterung: Gibt es überhaupt noch junge Leute, die Taxifahrer sein wollen?

    Der Altersdurchschnitt in der Berliner Taxibranche ist relativ hoch. In Berlin sehen junge Leute meist keine Perspektive mehr im Taxigewerbe. In Hamburg, wo die Taxibranche verhältnismäßig gesund und die Zahl der Mietwagen gering ist, gibt es auch junge Taxifahrer und junge Taxiunternehmer.

    Wir sind damals wahnsinnige Risiken eingegangen. Anfangs machte das Unternehmen große Verluste, nur durch Glück haben wir überlebt.

    Ende 2022 wurden in Berlin die Taxitarife um durchschnittlich 20 Prozent erhöht. Hat sich das ausgewirkt?

    Die Fahrpreiserhöhung hat den Sog weg vom Taxi beschleunigt. Noch mehr Kunden sind zu den Mietwagen abgewandert.

    Sollte Berlin nicht erst einmal auf Fahrpreiserhöhungen verzichten?

    In dieser Frage ist das Taxigewerbe zerstritten. Einzelwagenunternehmer ohne Angestellte sehen Tarifanhebungen sehr skeptisch. Mehrwagenunternehmer, die ihren Fahrern den Mindestlohn zahlen müssen, sprechen sich meist dafür aus. Sie sind auf höhere Einnahmen angewiesen, um Kostensteigerungen tragen zu können. Auch wenn der eine oder andere Fahrgast wegbleibt.

    Ihnen gehört Taxi Berlin, die größte Taxizentrale in Berlin. Im Bundesverband Taxi und Mietwagen, kurz BVTM, sind Sie Vizepräsident. Nun wurden Sie zum Ersten Vorsitzenden von Taxi Deutschland Berlin, eines weiteren Branchenverbands, gewählt. Warum halsen Sie sich noch mehr Arbeit auf?

    Ich bin Jahrzehnte in der Branche tätig. Ich kann und will nicht dabei zusehen, wie das Taxi vor die Hunde geht. In Berlin ist die Not am größten. Hier haben wir die allergrößten Probleme.

    Nach dem Ende der DDR haben Sie in Ost-Berlin den Volkseigenen Betrieb (VEB) Taxi übernommen.

    Das war ein Riesenabenteuer. Ich war junger Unternehmer. In Berlin, Hauptstadt der DDR, gab es zuletzt 430 Taxis. Viel zu wenige für eine Stadt mit fast 1,3 Millionen Einwohnern. Kein Wunder, dass die Taxis im Osten immer ausgebucht waren. Der VEB Taxi hatte rund 1300 Beschäftigte. Davon waren 860 Taxifahrer und 130 Fahrlehrer in der zentralen Fahrschule in der Milastraße in Prenzlauer Berg. Hinzu kamen Heizer, Kantinenpersonal und fast 200 Werkstattbeschäftigte. Schließlich mussten die Ersatzteile zum Teil selber geschnitzt werden. Wir sind damals wahnsinnige Risiken eingegangen. Anfangs machte das Unternehmen große Verluste, nur durch Glück haben wir überlebt. Aus der Taxizentrale, die später in den Spreefunk überging, ist mein jetziges Unternehmen hervorgegangen.

    Der damalige Geschäftsführer des Autohauses begrüßte Markus Wolf als Genosse Minister, und dann duzte er ihn. Ich stand wie ein Statist da und fragte mich, was hier passiert. Über die Nachwendezeit in Berlin könnte ich ein Buch schreiben.

    Mir wurde erzählt, dass viele Taxifahrer mit der Stasi zu tun hatten.

    Davon wusste ich anfangs nichts. Ich war ein naiver Wessi, der von West-Berlin in den Osten gekommen war. Tatsächlich hatte der VEB Taxi mehr als 180 Fahrer, die vorher als hauptamtliche Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit tätig gewesen waren. Im April 1989, Monate vor dem Mauerfall, wurde damit begonnen, ihnen Personenbeförderungsscheine auszustellen. So waren sie nach ihrem Ausscheiden versorgt. Bis ins Jahr 1990 hinein ging das so weiter. Der Leiter des Verkehrskombinats war stolz. Das sind gute Leute, die kennen sich aus, sagte er. Damals gab es einen Witz in Ost-Berlin: Wenn Sie in ein Taxi einsteigen, muss man nur den Namen sagen. Der Fahrer weiß schon, wohin es geht.

    Sie haben berichtet, dass das Thema auch dunkle Seiten hat. Was meinen Sie damit?

    Anfang der 1990er-Jahre gab es drei Taxifahrermorde. Sie wurden nie so richtig aufgeklärt. Die Opfer gehörten zu den Fahrern, die ihren Personenbeförderungsschein 1989 oder 1990 bekommen hatten. Vielleicht ging es um Verteilungskämpfe, um Waffen oder anderes Vermögen. Ich kann mich daran erinnern, dass die Polizei vor der Taxizentrale ein Taxi sicherstellte, der Kofferraum war voll mit Handgranaten. Einige Taxifahrer waren an Waffenschiebereien beteiligt. Schließlich waren Taxis eine gute Tarnung. Die Polizei hat nach meiner Einschätzung oft nicht richtig ermittelt. Da dachte ich mir: Du als Outsider kannst Dich nur noch naiv stellen. Das war echt nicht ohne.

    Markus Wolf, den langjährigen Leiter des Auslandsnachrichtendienstes der DDR, haben Sie in der Wendezeit auch kennengelernt.

    Markus Wolf war Kunde in einem unserer Autohäuser, die wir gegründet haben, damit die Werkstattleute des VEB Taxi weiterhin eine Beschäftigung haben und unsere Taxis repariert werden. Er besaß einen gebrauchten 340er-Volvo und kam damit ganz bescheiden zu uns. Der damalige Geschäftsführer des Autohauses begrüßte Wolf als Genosse Minister, und dann duzte er ihn. Das war 1994. Ich stand wie ein Statist da und fragte mich, was hier passiert. Über die Nachwendezeit in Berlin könnte ich ein Buch schreiben.

    Aus der Vergangenheit in die Zukunft. Wie lange wird es in Berlin noch Taxis geben?

    Ich bin sehr pessimistisch, wenn ich mir die Lage in Berlin anschaue. Doch die Mobilitätswende wird auch dazu führen, dass Neues entsteht. Ich bin mir sicher, dass autonome Taxis, die ohne Fahrer auskommen, in 15 bis 20 Jahren die Regel sein werden. Erste Ansätze gibt es bereits in den USA. Wie heute werden diese Fahrdienste eine Beförderungspflicht haben, und es wird festgelegte Tarife geben. Aber Taxis in der jetztigen Form werden dann nicht mehr durch Berlin fahren.

    Branchenkenner und Unternehmer

    Hermann Waldner kennt die Taxibranche sehr gut. Als Vizepräsident des Bundesverbands Taxi und Mietwagen vertritt er ihre Interessen – und ruft bei Politikern und Verwaltungsleuten immer wieder in Erinnerung, wie wichtig das Taxi ist. Inzwischen wurde er auch zum Ersten Vorsitzenden von Taxi Deutschland Berlin gewählt.
    Als Student fing Hermann Waldner, der am Rand der Schwäbischen Alb aufgewachsen ist, in Berlin als Aushilfsfahrer an. Drei Jahre später wurde er Unternehmer. 1990 kaufte er den einstigen Volkseigenen Betrieb (VEB) Taxi in Ost-Berlin. Nach der Fusion mit der Genossenschaft Taxi Funk entstand die erste Gesamt-Berliner Taxizentrale. Taxi Berlin hat heute rund 150 Mitarbeiter und rund 5500 Taxis unter Vertrag.

    #Taxi #Berlin #Interview #Uber #Politik #Verbände #Geschichte

  • Le secteur des #services est fortement influencé par les disparités entre la #production et la #facturation. Comparé à l’ #industrie où l’on observe une relation plus directe et immédiate entre les deux, le contrôle de #gestion dans le domaine des services s’avère nettement plus complexe. Le défi essentiel réside dans le choix de la méthode de reconnaissance du chiffre d’affaires.
    https://michelcampillo.com/blog/6284.html

  • The EU-Tunisia Memorandum of Understanding : A Blueprint for Cooperation on Migration ?

    On July 16, 2023, a memorandum of understanding, known as the “migrant deal”, was signed between the EU and Tunisia, at a time when the EU is trying to find ways to limit the arrival of irregular migrants into its territory. The memorandum, however, raises some concerns regarding its content, form, and human rights implications.

    This past year, Tunisia became the primary country of departure for migrants attempting to reach the European Union via Italy through the Central Mediterranean route. With a sharp increase of arrivals in the first few months of 2023, which further accelerated during the summer, cooperation with Tunisia has turned into a key priority in the EU’s efforts to limit migration inflows.

    On July 16, 2023, after complicated negotiations, Olivér Várhelyi, the EU Commissioner for Neighborhood and Enlargement, and Mounir Ben Rjiba, Secretary of State to the Minister of Foreign Affairs, Migration and Tunisians Abroad, signed a memorandum of understanding (MoU) on “a strategic and global partnership between the European Union and Tunisia,” published in the form of a press release on the European Commission’s website. President Ursula von der Leyen labeled the deal as a “blueprint” for future arrangements, reiterating the commission’s intention to work on similar agreements with other countries. The MoU, however, in terms of its content, form, and the human rights concerns it raises, falls squarely within current trends characterizing EU cooperation on migration with third countries.
    The content of the agreement

    Known as the “migrant deal,” the MoU covers five areas of cooperation: macro-economic stability, economy and trade, green energy transition, people-to-people contacts, and migration and mobility. The EU agreed to provide €105 million to enhance Tunisia’s border control capabilities while facilitating entry to highly-skilled Tunisians, and €150 million in direct budgetary support to reduce the country’s soaring inflation. It further foresees an extra €900 million in macro-economic support conditioned on Tunisia agreeing to sign an International Monetary Fund bailout. In exchange, Tunisia committed to cooperate on the fight against the smuggling and trafficking of migrants, to carry out search and rescue operations within its maritime borders, and to readmit its own nationals irregularly present in the EU—an obligation already existent under customary international law. Much to Italy’s disappointment, and unlike what happened in the case of Turkey in 2016, Tunisia refused to accept the return of non-Tunisian migrants who transited through the country to reach the EU, in line with the position it has occupied since the onset of the negotiations.

    What was agreed on seems to be all but new, seemingly reiterating past commitments

    Overall, what was agreed on seems to be all but new, seemingly reiterating past commitments. As for funding, the EU had been providing support to Tunisia to strengthen its border management capabilities since 2015. More broadly, and despite its flaws, the MoU embeds the current carrot-and-stick approach to EU cooperation with third countries, systematically using other external policies of interest to these nations, such as development assistance, trade and investments, and energy—coupled with promises of (limited) opportunities for legal mobility—to induce third countries to cooperate on containing migration flows.
    The legal nature of the agreement

    The MoU embeds the broader trend of de-constitutionalization and informalization of EU cooperation with third countries, which first appeared in the 2005 “Global Approach to Migration” and the 2011 “Global Approach to Migration and Mobility”, and substantially grew in the aftermath of the 2015 refugee crisis, with the EU-Turkey Statement and the “Joint Way Forward on migration with Afghanistan” being the most prominent examples, in addition to several Mobility Partnerships. The common denominator among these informal arrangements consisted of the use of instruments outside the constitutional framework established for concluding international agreements, notably Article 218 on the Treaty of the Functioning of the European Union (TFEU), to agree on bilateral commitments that usually consist in the mobilization of different EU policy areas to deliver on migration containment goals.

    Recourse to informal arrangements can have its advantages, as they are capable of adapting quickly to new realities and allow for immediate implementation without requiring parliamentary ratification or authorization procedures, as highlighted by the EU Court of Auditors. However, they might fall short of constitutional guarantees, as they do not follow standard EU treaty-making rules. EU treaties are silent as to how non-binding agreements should be negotiated and concluded, and thus often lack democratic oversight, transparency, and legal certainty. They might also pose issues in terms of judicial review by the Court of Justice of the EU (CJEU), in accordance with Article 263 of the TFEU.

    In the much-debated judgment “NF”, the General Court—the jurisdiction of first instance of the CJEU—refused to assess the legality of the 2016 EU-Turkey Statement, which was published as a press release on the website of the European Council. Indeed, the Court concluded at the time that the deal was one of member states acting in their capacity as heads of state and government, and not as part of the European Council as an EU institution, rendering the deal unattributable to the EU. The Court did not specifically refer to the legal nature of the agreement, despite all EU institutions stressing that the document was “not intended to produce legally binding effects nor constitute an agreement or a treaty” (para. 27), it being “merely ‘a political arrangement’” (para. 29).

    Overall, it is apparent that the lack of clarity regarding the procedure to be followed and the actors to be involved when it comes to the conclusion of non-binding agreements by the EU is problematic from a rule of law perspective

    The EU-Tunisia MoU, on the other hand, was signed by the European Commission alone, making it fully attributable to the EU. This means that it could be potentially challenged before the CJEU, if there is reason to believe that the content of the agreement renders it a legally-binding one, infringing on the procedure foreseen by the EU treaties, or if the competencies of the Council and the Parliament, the two other EU institutions usually involved in the conclusion of international agreements, were otherwise breached. In another case, the CJEU indeed found that, while the treaties do not regulate the matter and thus Article 218 on the TFEU does not apply, the Commission should nonetheless seek prior approval of the Council before signing an MoU in the exercise of its competencies, pursuant to Article 17 (1) of the Treaty on the European Union (TEU), due to the Council’s “policy-making” powers provided by Article 16 of the TEU. The Court, however, did not clarify whether the Commission should have likewise involved the European Parliament in light of its power to exercise “political control,” provided by Article 14 TEU. With regard to the MoU with Tunisia, however, neither of the two institutions seemed to have been involved. Overall, it is apparent that the lack of clarity regarding the procedure to be followed and the actors to be involved when it comes to the conclusion of non-binding agreements by the EU is problematic from a rule of law perspective.
    Concerns over protection of fundamental rights

    The EU-Tunisia MoU has been harshly criticized by both civil society organizations and different members of the European Parliament (MEPs) in light of the Tunisian authorities’ documented abuses and hostilities against migrants, amidst a political climate of broader democratic crisis. While vaguely referring to “respect for human rights,” the MoU does not specify how the Commission intends to ensure compliance with fundamental rights. Concerns over the agreement led the European Ombudsman—a body of the EU that investigates instances of maladministration by EU institutions—to ask the EU’s executive arm whether it had conducted a human rights impact assessment before its conclusion, as well as if it intended to monitor its implementation, and if it envisaged the suspension of funding if human rights were not respected. This adds to the growing discontent over the EU’s prioritization of securing its borders over ensuring the protection of fundamental rights of migrants, through the externalization of border controls to third countries with poor human rights records and authoritarian governments, such as Libya, Turkey, Morocco, Egypt, and Sudan, among others.

    These episodes exemplify the paradox of externalization, with the EU trying to shield itself from the risk of instrumentalization of migration by third countries on one hand, and making itself dependent upon these actors’ willingness to contain migratory flows, and thus vulnerable to forms of repercussion and bad faith tactics, on the other

    In an unprecedented move, Tunisia denied entry to a group of MEPs who were due to visit the country on official duty on September 14. While no official explanation was given, the move was seen as a reaction for speaking out against the agreement. Despite this, and the fact that there is still a lack of clarity as to how compliance with fundamental rights will be guaranteed, the Commission announced that the first tranche of EU funding would be released by the end of September. However, Tunisia declared to have rejected the money precisely over the EU’s excessive focus on migration containment, although Várhelyi stated that the refusal related to budget support is unrelated to the MoU. These episodes exemplify the paradox of externalization, with the EU trying to shield itself from the risk of instrumentalization of migration by third countries on one hand, and making itself dependent upon these actors’ willingness to contain migratory flows, and thus vulnerable to forms of repercussion and bad faith tactics, on the other. Similar deals, posing similar risks, are currently envisaged with Egypt and Morocco. Moving forward, the EU should instead make efforts to create partnerships with third countries based on genuine mutually-shared interests, restoring credibility in its international relations which should be based on support for its founding values: democracy, human rights, and the rule of law.

    https://timep.org/2023/10/19/the-eu-tunisia-memorandum-of-understanding-a-blueprint-for-cooperation-on-mig
    #Tunisie #EU #Europe #Union_européenne #EU #externalisation #asile #migrations #réfugiés #accord #gestion_des_frontières #aide_financière #protocole_d'accord #politique_migratoire #externalisation #memorandum_of_understanding #MoU

    –—
    ajouté à la métaliste sur le Mémorandum of Understanding entre l’UE et la Tunisie :
    https://seenthis.net/messages/1020591

  • Mary Nolan – Blondes Gift in Berlin: Das turbulente Leben einer Schauspielerin
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/mary-nolan-blondes-gift-in-berlin-das-turbulente-leben-einer-schaus


    Ein Porträt Mary Nolans aus den 20er-Jahren

    13.10.2023 von Bettina Müller - Vor 75 Jahren starb die Schauspielerin Mary Nolan in Amerika. Als Imogene Robertson war sie zwei Jahre lang in Berlin erfolgreich.

    Es ist der 6. August 1927: Southampton in England. Das Passagierschiff „Mauretania“ verlässt den Hafen und erreicht sechs Tage später New York. Mit an Bord ist die 25-jährige Mary Nolan, deren richtiger Name Mary Imogene Robertson lautet.

    Schwer kriminell ist sie (noch) nicht, aber dennoch: Mary ist auf der Flucht. Hat Berlin überstürzt verlassen, nachdem sie in insgesamt 17 deutschen Stummfilmen zu sehen war – aber auch so einige unbezahlte Rechnungen, vor allem bei großen Modehäusern, angesammelt hatte. Sie galt als hoffnungsvolles Talent. Dass ihr eine große Karriere bevorstand, daran zweifelte eigentlich niemand.

    Filmausschnitte, die man bei YouTube ansehen kann, zeugen heute von ihrem darstellerischen Talent. Doch wie kam es dazu, dass aus Mary am Ende ein psychisches und physisches Wrack wurde und aus ihrem Leben ein Scherbenhaufen, der in einen viel zu frühen und einsamen Tod mündete?


    Mary Nolan in dem Film „West of Zanzibar“, 1928

    Entdeckt für die „Ziegfeld Follies“

    1902 als Tochter eines Zimmermanns im ländlichen Kentucky geboren, ist es dem reinen Zufall geschuldet, dass Mary Imogene Robertson als junge Frau für die „Ziegfeld Follies“ entdeckt wird, die erfolgreichste amerikanische Musical-Show, bei der die Damen schon mal die eine oder andere Hülle fallen lassen.

    Ihre Schwester Mabel ist bereits Schauspielerin, und Mary will es ihr gleichtun, aber vor allem in das ernstere Fach wechseln, nicht nur mit ihrem Äußeren gefallen, sondern auch mit ihrem darstellerischen Können.

    Zum Verhängnis wird ihr der wesentlich ältere Frank Tinney, ein Komiker, der ebenfalls über die Bühnen Amerikas tingelt. Dass Tinney verheiratet ist, hält Mary nicht davon ab, ein Verhältnis mit ihm einzugehen. Frank ist impulsiv und schlägt schon mal zu, wenn es zum Streit kommt.

    Es ist eine tumultuöse Beziehung, die geprägt ist von männlicher Gewalt, Selbstmordankündigungen Marys, Anzeigen bei der Polizei wegen Körperverletzung, intensiver Presseberichterstattung über das unmoralische „Ziegfeld Girl“. Konservative amerikanische Frauenvereine sind empört.

    Mary will nur noch weg, das Land verlassen, aber eigentlich auch wiederum nicht. Doch das ist ihre einzige Chance, von Frank loszukommen. Europa soll das Ziel sein, dort, wo niemand sie kennt, will sie Karriere beim Stummfilm machen. Einfach ihr altes Leben hinter sich lassen, und auch ihr großes Trauma, nur nach ihrem Aussehen bewertet zu werden.


    Mary Nolan 1923

    Dass ihre blonden Haare nicht echt sind, wissen nur die wenigsten, eigentlich hat sie rotes Haar. Doch Mary wird erneut schwach und reist Frank, der ein Engagement in England bekommen, aber auch wieder zu trinken angefangen hat, hinterher. In London angekommen ist es wie immer: Tumulte, Tränen und Streitereien in der Öffentlichkeit, Schlagzeilen in der Presse. Jetzt wird es selbst Herrn Ziegfeld zu viel mit seiner skandalumwitterten Tänzerin und er feuert Mary.

    Als Mary Nolan nach Berlin kommt, soll alles anders werden. Frank ist Geschichte, ein neues Kapitel soll geschrieben werden, möglichst mit Happy End. Und sie fasst tatsächlich Fuß, wird für ihren ersten in Deutschland gedrehten Film verpflichtet. Nolan verdrängt die umschwärmte, leicht bekleidete Tänzerin aus ihrem Gedächtnis und wird zu der damenhaften und eleganten Imogene Robertson.

    „Verborgene Gluten“ unter der Regie von Einar Brunn wird am 21. Januar 1925 in der Berliner Schauburg aufgeführt, der Film gilt jedoch als verschollen. Bei einem kurzen Abstecher nach München für ihren zweiten Film hat sie bereits eine der Hauptrollen.

    Welfolg in Europa

    Zurück in Berlin bemühen sich die verschiedenen Filmproduktionen, für die sie arbeiten wird – unter anderen die Nero Film GmbH und die Greenbaum Film –, ihr ein bestimmtes Image zu verleihen. 1926 ist Imogene daher „Das süße Mädel“ und: Sie spielt die Hauptrolle. Es wird das arbeitsreichste Jahr der Imogene Robertson in Berlin.

    Sie nimmt etwa unter der Regie von Reinhold Schünzel den „Fünf-Uhr-Tee in der Ackerstraße“ ein, bedient in „Wien, wie es weint und lacht“ rührselige Österreich-Klischees, spielt neben Heinrich George in „Das Panzergewölbe“, hat die Hauptrolle in „Die Königin des Weltbades“ mit Ida Wüst. Auch durch „Erinnerungen einer Nonne“, der am 24. Februar 1927 im Emelka-Palast in der Reichshauptstadt uraufgeführt wird, wird ihr ein unschuldiges und keusches Image angeheftet, das überhaupt nicht den Tatsachen entspricht.

    Die Kritiker sind begeistert, das „Tagblatt“ vergleicht sie sogar mit der gefeierten Elisabeth Bergner. Gefördert wird das durch die äußerst beliebten Starpostkarten, vor allem aus dem Ross-Verlag. Imogene gilt jedoch hinter den Kulissen zunehmend als schwierig, als launisch und unzuverlässig, zudem kann sie nicht mit Geld umgehen.

    1929 spielt Mary Nolan in „Desert Nights“.

    1929 spielt Mary Nolan in „Desert Nights“.Everett Collection/imago

    Bei mehreren großen Berliner Modehäusern hat sie Schulden, kauft exzessiv teure Kleider und „vergisst“ schon mal zu bezahlen. Möglicherweise nimmt sie zu dieser Zeit schon Drogen, die ihr später zum Verhängnis werden. Ihre Biografin Louise Carley Lewisson konnte in ihrem Buch „Mary Nolan. Ziegfeld Girl and Silent Movie Star“, das 2019 in den USA erschien, nur Vermutungen darüber anstellen, wann genau ihre Drogensucht begann. Sehr wahrscheinlich war das aber schon weit vor ihrer Berliner Zeit.

    Bei der Uraufführung des Films im Emelka-Palast glänzt Imogene durch Abwesenheit. Sie hat Deutschland bereits verlassen, und zwar „fluchtartig“, wie es diverse Tageszeitungen melden. Nun kommt auch zutage, dass bereits mehrere Strafverfahren gegen sie in der Schwebe sind; zumeist geht es dabei um nicht bezahlte Rechnungen, aber auch um Vertragsbruch.

    Im April 1926 habe sie einen Vertrag als Schauspielerin bei der Glashaus Film GmbH unterzeichnet, ihn aber nie erfüllt. Und wieder steht Imogene an der Reling eines Schiffes und träumt von einem anderen Leben. Sie kehrt in ihr Heimatland zurück, wo sie ein Jahr später von Universal Pictures unter Vertrag genommen wird und als Mary Nolan mehrere erfolgreiche Filme dreht.

    Doch die Sucht, vorzugsweise konsumiert sie Kokain, fordert im Laufe der nächsten Jahre dann endgültig ihren Tribut, als auch die Nebenwirkungen sich nicht mehr verbergen lassen. 1930 liegt sogar ein Haftbefehl gegen sie vor, weil sie gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen habe. Ihre Arme seien voller Einstiche, wird eine Krankenschwester vor Gericht aussagen.

    Zeughauskino: Manfred Krugs „Abgehauen“ läuft in der Filmreihe „Der Anfang vom Ende der DDR“

    Schwules Leben in der DDR: „Coming Out“ am Originaldrehort in Pankow
    Drogensucht und Schlagzeilen

    Ein Jahr später beherrscht Mary wieder die Schlagzeilen der amerikanischen Tageszeitungen, als sie einen reichen Börsenmakler heiratet. Die Ehe wird nur drei Jahre halten. Die 30er-Jahre werden dann Marys kompletter Niedergang. Sie ist bankrott, wird sogar verhaftet, weil sie die Löhne der acht Angestellten ihres kurzlebigen Mary Nolan Gown Shops nicht zahlen kann.

    Mindestens 14 Operationen liegen hinter der wegen eines Unterleibsleidens chronisch kranken Frau. 1932 dreht sie ihren letzten Film, „File No. 113“. Doch sie begehrt auf, will nicht aufgeben, träumt erneut von einem großen Comeback, kann vom Rampenlicht nicht lassen. Zurück nach Berlin kann sie nicht, dort hat sich längst der Tonfilm durchgesetzt, und sie spricht kein Deutsch.

    Sie kann nicht mehr in diese Zeit zurück, in der man sie dafür lobte, dass sie „ein deutsches Mädchen von idealer Holdseligkeit, vorbildlicher Charakterstärke“ gab, wie ein Kritiker 1926 über sie in „Die elf Schillschen Offiziere“ schrieb. Sie kann nicht zurück in die Zeit ihrer einstigen Popularität, als das Kinopublikum „Die Lieblinge Berlins“ in der Schauburg am Potsdamer Platz „täglich bewundern“ konnte, wie es in einer Zeitungswerbung über „Die Welt will betrogen sein“ hieß, wo sie als Imogene Robertson neben den heute ebenfalls vergessenen Filmstars Harry Liedtke und Mady Christians aufspielte.

    Im Jahr 1930 ist Mary Nolan in „Outside the Law“ zu sehen.

    Im Jahr 1930 ist Mary Nolan in „Outside the Law“ zu sehen.Everett Collection/imago

    So knüpft sie in ihrer Hilflosigkeit wieder an ihr altes Leben an und tingelt durch die Nachtclubs der amerikanischen Provinz. Aus der einst auch in Deutschland so viel gepriesenen „schönsten Frau der Welt“ ist eine grell geschminkte und verlebt aussehende Tänzerin geworden, die physisch und psychisch am Ende ist. Das junge, hoffnungsvolle Mädchen aus der Provinz gibt es nicht mehr.

    Dann wird es zunehmend still um sie, und der einst umschwärmte und gefeierte Star gerät in Vergessenheit. Am 31. Oktober 1948 nimmt sich Mary Imogene Robertson in ihrer Wohnung mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben. Sie wiegt 45 Kilogramm.

    Das ist ein Beitrag, der im Rahmen unserer Open-Source-Initiative eingereicht wurde. Mit Open Source gibt der Berliner Verlag freien Autorinnen und Autoren sowie jedem Interessierten die Möglichkeit, Texte mit inhaltlicher Relevanz und professionellen Qualitätsstandards anzubieten. Ausgewählte Beiträge werden veröffentlicht und honoriert.

    Dieser Beitrag unterliegt der Creative-Commons-Lizenz (CC BY-NC-ND 4.0). Er darf für nichtkommerzielle Zwecke unter Nennung des Autors und der Berliner Zeitung und unter Ausschluss jeglicher Bearbeitung von der Allgemeinheit frei weiterverwendet werden.

    Deutschland #Berlin #USA #Film #Geschichte

  • Mutiger Modernisierer – wie Karl Bürkli die Schweiz veränderte
    https://www.srf.ch/audio/kontext/mutiger-modernisierer-wie-karl-buerkli-die-schweiz-veraenderte?id=12468759

    Karl Bürkli begeistert sich für die Theorien des französischen Frühsozialisten Charles Fourier: Der entwickelt eine Utopie, die «Luxus für alle» verspricht.
    Vorreiter für die direkte Demokratie: Karl Bürkli ist der erste, der Initiative und Referendum zusammenbringt.
    1851 gründet Bürkli in Zürich den Konsumverein, eine Art Genossenschaft. Das Ziel: Die Menschen sollen günstig an Brot und andere Produkte kommen, ohne Zwischenhandel.
    Abenteuer in Texas: Mitte der 1850er-Jahre wandert Bürkli in die USA aus. Zusammen mit Gleichgesinnten will er dort die utopische Gesellschaft in die Tat umsetzen, von der Charles Fourier geträumt hatte.
    Bürkli eröffnet einen neuen Blick auf das 19. Jahrhundert. Viele meinen, vor allem liberale Politiker wie Alfred Escher hätten die Schweiz in dieser Zeit geprägt. Doch auch linksbürgerliche Kräfte und Sozialistinnen hinterliessen ihre Spuren.

    #Schweiz #Geschichte #Suisse #histoire

  • Die Affäre Conradi von 1923 – Ein Freispruch mit Folgen
    https://www.srf.ch/audio/zeitblende/die-affaere-conradi-von-1923-ein-freispruch-mit-folgen?id=12474195

    Offensichtlich ist nicht das Tötungsdelikt im Vordergrund des Prozesses gestanden, sondern die Russische Revolution und das Leid, das viele Russlandschweizerinnen und Russlandschweizer in deren Verlauf erlitten haben. Die junge Sowjetunion ist empört über den Freispruch Conradis und bricht ihre Beziehungen zur Schweiz ab. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstehen wieder diplomatische Kontakte zwischen Bern und Moskau.
    Die «Zeitblende» thematisiert die Affäre-Conradi 100 Jahre nach dem aufsehenerregenden Mord. Wie kam es zu diesem Verbrechen und wie zum Freispruch? Warum schafft es die Schweiz erst mehr als 20 Jahre später, wieder einen Botschafter nach Moskau zu schicken? Diese und weitere Fragen erörtern die Historiker Thomas Bürgisser und Sacha Zala von der Forschungsgruppe Diplomatische Dokumente der Schweiz auf Grund von Quellen aus der Online-Datenbank Dodis.

    #Schweiz #UdSSR #Geschichte #Suisse #URSS #histoire

  • Matthieu Amiech, Lettre ouverte aux organisatrices du rassemblement estival Les Résistantes, 2023 – Et vous n’avez encore rien vu…
    https://sniadecki.wordpress.com/2023/10/16/amiech-les-resistantes

    Suivi de deux textes sur l’autonomie des luttes, notamment alimentaire.

    L’organisation de ce rassemblement visait précisément à faire se rencontrer des gens qui n’en sont pas tous au même point, dont les objectifs ne concordent pas tout à fait et doivent être mis en discussion : à faire avancer un mouvement en construction. Mais ici, il ne s’agit pas de cela. Imaginons que, peu après l’atelier « Discussion et retours sur nos expériences d’autodéfense féministe », ou avant la table ronde « Reprendre les terres dans une perspective féministe », il y ait eu une formation « Être féministe et sexy, pour réussir », ou « Faire avancer l’émancipation des femmes par la filière nucléaire (ou l’armée) » : on peut penser qu’il y aurait eu à juste titre un malaise, voire un scandale. Sur la question du numérique, par contre, la contradiction ne pose pas de problème. On a beau savoir que ces technologies sont au cœur des phénomènes de surveillance, de précarisation du travail, d’isolement social, d’aggravation des problèmes écologiques, elles restent « un outil incontournable pour nos luttes » – qui visent pourtant plus de liberté et d’égalité, moins de violence et de destructions.

    […]

    De façon générale, il est temps pour cette écologie terrestre, pour l’ensemble des luttes contre les petits et grands projets qui pillent les ressources et dévastent les territoires, de faire un choix. Ou bien nous luttons avec les outils numériques, dans un souci de soi-disant efficacité et au nom de l’urgence absolue-permanente ; ou bien nous luttons, de plus en plus, sans eux, pour trouver une nouvelle consistance humaine, pour tisser quelque chose de réellement hétérogène au développement (économique), à la transition (énergétique), à la vie administrée et artificialisée. Ou bien on continue de laisser au second plan de la conscience collective – derrière les écrans – l’impact effrayant de la numérisation sur les milieux naturels, la consommation d’énergie et d’électricité qui explose, la course aux métaux et l’ouverture de mines partout dans le monde ; ou bien on met cette question au premier plan : on insiste sur le rôle essentiel des ordinateurs et d’Internet dans l’accélération des prédations, de la bétonisation des sols, de la confiscation des terres et de la pollution des eaux (ou vice versa).

    #Matthieu_Amiech #critique_techno #numérique #informatisation #qrcode #gestion #autonomie #luttes_sociales #organisation

  • In Kreuzberg liegen jetzt die ersten Stolpersteine für Schwarze NS-Opfer
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/in-kreuzberg-wurden-die-ersten-stolpersteine-fuer-schwarze-ns-opfer

    Vor der Alten Jakobstraße 134 liegen nun diese fünf Stolpersteine für die Familie Boholle. Photo : Emmanuele Contini

    Plan / Openstreetmap
    https://www.openstreetmap.org/node/2468915167

    9.10.2023 von Elizabeth Rushton - Das Verfahren zur Verlegung neuer Stolpersteine ist für den Künstler Gunter Demnig inzwischen Routine: Die Messingsteine werden behutsam in das Straßenpflaster eingefügt, sodass ihre golden glänzenden Oberflächen und die Geschichten der Opfer des Nationalsozialismus vor den Häusern, in denen diese einst lebten, zum Vorschein kommen. Mehr als 1000 solcher Steine befinden sich auf den Bürgersteigen in Berlin-Kreuzberg, mehr als 96.000 gibt es in ganz Europa.

    Doch als Gunter Demnig sich am Sonntagmorgen mit seinem vertrauten Werkzeug vor dem Haus Alte Jakobstraße 134 über fünf neue Stolpersteine beugte, war diese Verlegung anders als alle anderen im Bezirk zuvor: Damit wurden die ersten Stolpersteine in Kreuzberg für Schwarze Opfer des NS-Regimes verlegt. In dem Haus wohnte Joseph Bohinge Boholle, der 1880 in Kamerun geboren wurde und im Rahmen der Berliner Kolonialausstellung nach Berlin kam, zusammen mit seiner Frau Stefanie. Joseph und Stefanie brachten drei Kinder zur Welt – Josefa Luise, Rudolf Bohinge und Paul Artur. Im Jahr 1939 wurde der Enkel Peter, der Sohn Josefas und des niederländischen Varieté-Artisten Cornelis van der Want, geboren.

    Nachdem 1943 ein Bombenangriff der Alliierten das Familienhaus in der Alten Jakobstraße zerstört hatte, zogen Josefa, Cornelis, Peter und Stefanie nach Bromberg (heute das polnische Bydgoszcz). Ende 1944 wurden allerdings die drei Erwachsenen verhaftet. Stefanie Boholle kam entweder im Gestapo-Gefängnis in Bromberg oder im KZ Stutthof ums Leben. Josefa, ihre Brüder Paul und Rudolf sowie ihr Mann Cornelis und ihr Sohn Peter überlebten den Nationalsozialismus – Josefa wurde aber während ihrer Gefangenschaft zwangssterilisiert und starb 1955 an den chronischen Erkrankungen infolge ihrer Zeit im Konzentrationslager.


    Frank Boholle (M.) verfolgt mit seiner Familie die Stolpersteinverlegung für ihre Vorfahren. Photo : Emmanuele Contini

    Vor Nachbarn, Aktivisten und Kommunalpolitikern wie Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) sprach Frank Boholle, der Urenkel von Joseph und Stefanie, bei der Zeremonie am Sonntag von einer „großen Ehre“ für seine Familie. „Jetzt werden unsere nachfolgenden Generationen immer einen Ort haben, wo wir dieser Geschichte gedenken können“, sagte er. Er bedankte sich insbesondere bei dem Historiker Robbie Aitken, der nach der Verlegung eine Biografie der Familie Boholle vorlas, sowie bei Christian Kopp vom Verein Berlin Postkolonial, auf dessen Initiative die Verlegung erfolgt war.

    In ihrem Redebeitrag begrüßte Simone Dede Ayivi von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland den Schritt, der einen oft vergessenen Aspekt der NS-Geschichte näher beleuchtet. „Um die Verfolgungsgeschichte des Nationalsozialismus komplett zu erzählen, müssen alle betroffenen Gruppen miteinbezogen werden – und da sind wir noch lange nicht fertig“, sagte sie; es gebe noch große Wissenslücken zu füllen. Eine Erfahrung, die auch die Familie Boholle während der Vorbereitung auf die Stolpersteinverlegung gemacht hat. „Unsere Familiengeschichte bestand lange Zeit aus vielen Puzzlestücken“, sagte Frank Boholle. „Erst jetzt konnten wir sie zusammensetzen und die Lücken füllen.“


    https://de.m.wikipedia.org/wiki/N%C3%BCrnberger_Gesetze

    Siehe auch https://seenthis.net/messages/927660

    Berliner Kolonialausstellung 1896
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Berliner_Kolonialausstellung

    Kolonien des deutschen Kaiserreichs
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Kolonien

    #Deutschland #Kamerun #Berlin #Kreuzberg #Alte-Jakobstraße #Geschichte #Kolonialismus #Rassismus #Nazis

  • « Les #gestionnaires_d'actifs ont pris possession d’#infrastructures fondamentales de notre vie quotidienne » | Alternatives Economiques
    https://www.alternatives-economiques.fr/gestionnaires-dactifs-ont-pris-possession-dinfrastructures-fondament/00108262

    Géographe à l’université Uppsala en Suède, Brett Christophers a étudié ces poids lourds de la #finance dans son dernier livre Our Lives in Their Portfolios. Why Asset Managers Own the World (Verso, 2023, non traduit). Il a constaté notamment leur intérêt croissant pour l’acquisition de logements, de routes, d’antennes-relais, de parcs éoliens ou de réseaux d’eau, en somme pour toutes ces infrastructures dont dépendent les populations, au point que nous vivons, selon le chercheur, dans « une #société de gestionnaires d’actifs ».

    […]

    Cette société, est-elle une utopie ou une #dystopie ?

    B. C :
    En effet, on peut se demander : qu’est-ce que ça peut faire que les propriétaires de ces #infrastructures soient des #gestionnaires_d’actifs ? Ces dernières affirment que c’est mieux pour tout le monde quand les infrastructures sont entre leurs mains plutôt qu’entre celles d’autres propriétaires, notamment les #pouvoirs_publics : les usagers bénéficieraient de meilleurs services, les clients de meilleurs rendements et l’#Etat pourrait se focaliser sur ses missions. En réalité, aucun de ces arguments ne tient. Le livre consiste justement à les déconstruire.

    Concernant les usagers, des reportages ont documenté les dérives des gestionnaires d’actifs. Mais on pourrait se dire que ces histoires sont anecdotiques ou qu’ils ne font pas pire que les autres. Après tout, ce n’est pas parce que ces #infrastructures sont publiques qu’elles sont forcément bien gérées. Je viens du #Royaume-Uni et on ne peut pas dire que quand le gouvernement détient ces infrastructures ce soit un modèle à suivre…

    Mais, en réalité, plusieurs études ont montré que ce n’est pas anecdotique. Par exemple, les taux d’expulsion sont plus élevés pour les logements possédés par des gestionnaires d’actifs que pour ceux appartenant à d’autres propriétaires. De même, les maisons de retraite sont plus chères, alors que le nombre d’heures par patient des infirmières y est plus bas, ce qui explique probablement pourquoi la mortalité y est plus élevée.

    #rentabilité #profits

  • #Propriété_collective des #terres : « Des espaces de résistance face à l’agriculture industrielle et capitaliste »

    basta ! : Dans le secteur agricole, on compte seulement une installation pour deux à trois cessations d’activité, alors qu’un agriculteur sur quatre doit partir à la retraite d’ici 2030. L’accès à la terre est-il le frein principal à l’activité agricole en France ?

    Tanguy Martin : L’accès à la terre est clairement un frein, économique d’abord. La terre, selon les régions, peut coûter assez cher. S’y ajoutent les coûts des bâtiments, du cheptel, des machines, dans un contexte où les fermes n’ont cessé de grandir en taille depuis la fin de la Seconde Guerre mondiale.

    Il y a aussi un principe de défiance : c’est plus facile de vendre ses terres, ou de les louer à son voisin qu’on connaît depuis très longtemps, qu’à quelqu’un qu’on ne connaît pas, qui peut vouloir faire différemment, non issu du territoire... Or, 60 % des gens qui veulent s’installer aujourd’hui ne sont pas issus du milieu agricole. Les freins administratifs se combinent à ce parcours du combattant.

    Aujourd’hui l’accès à la terre se fait par le marché : les terres sont allouées aux gens capables de rentabiliser une ressource, et pas forcément aux gens capables de nourrir un territoire ou de préserver un environnement.

    À partir de quel moment la terre agricole est-elle devenue une marchandise ?

    Jusqu’à la fin de la Seconde Guerre mondiale, la terre est restée un bien de prestige et de pouvoir à travers lequel on maîtrise la subsistance de la population. Mais après 1945, l’agriculture est entrée dans le capitalisme : on commence à faire plus de profit avec la terre et la production de nourriture, voire à spéculer sur le prix de la terre.

    La terre est même depuis devenue un actif financier. Aujourd’hui, les sociétés dites à capitaux ouverts (financiarisées), dont le contrôle peut être pris par des non-agriculteurs, ont fait main basse sur 14 % de la surface agricole utile française. C’est plus d’une ferme sur dix en France [1]. Le phénomène a doublé en 20 ans !

    Peut-on vraiment parler de spéculation sur les terres en France alors même que le prix stagne en moyenne à 6000 euros par hectare depuis plusieurs années ? Il est quand même de 90 000 euros par hectare aux Pays-Bas !

    Depuis quelques années, le prix de la terre stagne et on pourrait en conclure qu’il n’y a pas de spéculation. En réalité, le prix de la terre a globalement augmenté en France sur les 20 dernières années.

    Actuellement, ce prix augmente dans certaines régions et baisse dans d’autres. Les endroits où l’on peut spéculer sur la terre sont globalement ceux où l’agriculture s’est industrialisée : les zones céréalières dans le centre de la France, de betteraves en Picardie, de maïs dans le Sud-Ouest... Là, le prix de la terre continue à augmenter.

    En revanche, il y a des endroits en déprise, notamment les zones d’élevage comme le Limousin, où le prix de la terre peut baisser. Les prix augmentent aussi à proximité des villes et des zones touristiques, où la terre risque de devenir constructible.

    En France, ce sont les Sociétés d’aménagement foncier et d’établissement rural (Safer) qui sont en charge de réguler le marché des ventes des terres agricoles. Elles sont très critiquées. Que faut-il faire de ces organisations ?

    Les Safer ont participé à limiter les inégalités d’accès à la terre et un prix de la terre relativement bas en France. C’est vrai, même s’il y a d’autres explications aussi, comme la plus faible valeur ajoutée produite par hectare en France.

    Pour autant, les Safer doivent encore évoluer pour pouvoir répondre aux enjeux alimentaires et agricoles du 21e siècle, il faut arriver à démocratiser leur gouvernance. Celles-ci restent aujourd’hui très liées aux décisions du syndicalisme majoritaire (de la FNSEA, ndlr). Les Safer doivent aussi devenir plus transparentes. Actuellement, les réunions de décision se tiennent à huis clos : c’est censé protéger les gens qui prennent les décisions pour qu’ils soient éloignés de certaines pressions, mais cela crée une opacité très délétère pour l’institution.

    Un autre élément à revoir, c’est la façon dont on fixe les objectifs politiques des Safer. Ces dernières, quand elles achètent une terre, doivent la revendre à la personne qui répond aux objectifs politiques qui sont notamment fixés dans des documents nommés « schémas directeurs régionaux des exploitations agricoles ».

    Ces documents, écrits par l’État et validés par arrêté préfectoral, décrivent quel type d’agriculture vont viser les Safer et d’autres instances de régulation foncière. Or, ces documents, du fait que le syndicat majoritaire est largement consulté, défendent plutôt la prolongation de l’agriculture vers son industrialisation. Il y a donc un enjeu à ce que ces documents soient écrits pour défendre une agriculture du 21e siècle qui défend l’agroécologie, et des paysannes et paysans nombreux sur les territoires. À ces conditions-là, il n’y a pas de raison de vouloir se passer des Safer.

    Le fait que nous ayons un système qui alloue la terre, non pas en fonction de l’offre et de la demande, mais en vertu d’un projet politique censé répondre à l’intérêt général, est un trésor inestimable en France qu’il faut absolument garder.

    En creux de votre ouvrage se pose la question du rapport à la propriété. Est-il possible de dépasser le modèle du paysan propriétaire ?

    Sur le principe, rien ne justifie le fait qu’à un moment, une personne ait pu dire « cette terre m’appartient ». La terre étant à la fois un lieu d’accueil du vivant et le lieu où l’on produit la nourriture, on peut estimer que la propriété de la terre doit être abolie. Sauf que, dans une société très attachée à la propriété privée, cela paraît utopique.

    Prenons donc le problème d’une autre façon, et voyons ce qu’on peut déjà faire à court terme. Il faut avoir en tête que les agriculteurs ne sont pas majoritairement propriétaires des terres qu’ils travaillent : 60 % de cette surface est louée dans le cadre du fermage. Il y a même des paysan·nes qui décident parfois de ne pas acheter la terre et préfèrent la louer pour éviter de s’endetter.

    D’autre part, on dispose d’une régulation foncière selon laquelle la terre n’est pas une marchandise comme les autres et ne doit pas être uniquement dirigée par le marché. Ces mécanismes juridiques permettent à l’État, aux collectivités locales et aux syndicats agricoles, de définir ensemble qui va accéder à la terre indépendamment du fait que ces personnes soient riches ou pas.

    On a là un embryon qui pourrait faire imaginer un droit de l’accès à la terre en France institué en commun. Il faut renforcer et orienter ces mécanismes – qui ont plein d’écueils ! – vers des enjeux d’alimentation, d’emploi, d’environnement... Chercher à démocratiser la question de l’accès à la terre et « le gouvernement des terres », c’est à la fois une capacité à se prémunir des effets mortifères du capitalisme, et cela permet de penser comment on pourrait gérer les terres autrement.

    Le capitalisme n’est pas une fatalité : il y a d’autres manières d’être au monde, de produire de l’alimentation, de vivre, de sortir d’un monde où le but n’est que la recherche du profit. C’est comme quand on milite pour la sécurité sociale de l’alimentation : la Sécurité sociale en 1946 n’a pas renversé le capitalisme, mais elle a créé des espaces de répits face au capitalisme, extrêmement importants pour que les gens vivent bien et envisagent de transformer la société.

    Le livre dresse un panorama des organisations qui travaillent au rachat des terres pour les mettre à disposition de paysan·nes répondant à des critères socio-environnementaux, avec des règles transparentes d’attribution de l’accès au foncier. Les surfaces acquises restent toutefois modestes. Peut-on uniquement compter sur ce type d’initiatives ?

    Les gens qui s’intéressent à la terre aujourd’hui ont bien compris qu’on n’allait pas abolir la propriété privée demain. Ils ont aussi compris que s’ils voulaient expérimenter d’autres manières de faire de l’agriculture et de l’alimentation, il fallait accéder à la propriété des terres.

    L’idée de la propriété collective, ce n’est pas l’abolition de la propriété privée, mais que des gens se mettent ensemble pour acheter de la terre. C’est ce que fait Terre de Liens en louant ensuite la terre à des paysan·nes qui mettent en œuvre des projets répondant aux enjeux de société, d’emploi, d’environnement, d’entretien du territoire... Mais c’est aussi ce que font d’autres structures de propriété foncière – la Société civile des terres du Larzac, la Terre en commun sur la Zad de Notre-Dame des Landes, Lurzaindia dans le Pays basque, la foncière Antidote, et bien d’autres.

    Tout un tas de gens essaient d’acheter des terres pour en faire des espaces de résistance face à l’agriculture industrielle et capitaliste. Cela permet d’imaginer d’autres rapports à la propriété. Ce sont des lieux d’expérimentation très importants pour susciter de nouveaux imaginaires, apprendre à faire autrement, créer de nouvelles manières d’être au monde.

    Le problème de ces lieux-là, c’est qu’ils ne peuvent pas permettre un changement d’échelle. Cela ne peut pas être la solution de sortie des terres du capitalisme. Comme elles n’abolissent pas la propriété, s’il fallait racheter toutes les terres, cela coûterait des centaines de milliards d’euros.

    Par ailleurs, ces terres ne sont pas à vendre à court terme – une terre se vend en moyenne tous les 75 ans. D’où la nécessité de faire à la fois des expérimentations de propriété collective, tout en ravivant la question de la régulation foncière pour sortir l’agriculture du capitalisme.

    En quoi la lutte de Notre-Dame des Landes, victorieuse en 2018, a reconfiguré les luttes, notamment anticapitalistes, autour des terres ?

    La question agricole et foncière, en France et même en Europe, était très peu investie par les milieux anticapitalistes. L’activisme des gens qui vont s’installer dans la Zad, les coopérations menées avec des syndicats agricoles comme la Confédération paysanne, ont – non sans débats houleux et conflits internes – mené à une lutte assez exemplaire sur un territoire.

    La répression peut être énorme, mais la capacité de résistance aussi. Cette lutte a produit des façons de faire sur le territoire – en termes d’habitat, d’agriculture collective, de vivre ensemble – inspirantes pour toute une génération militant contre le néolibéralisme et le capitalisme. Beaucoup de milieux politiques aujourd’hui parlent de subsistance, d’alimentation, de terres.

    Notre-Dame des Landes marque aussi le fait qu’avec de moins en moins d’agriculteurs dans la société (2,5 % des gens sont des travailleurs de la terre dont 1,9 % sont des agriculteurs au sens légal), les enjeux agricoles ne peuvent être uniquement du ressort des luttes paysannes. La centralité de ces luttes doit être partagée avec d’autres types d’acteurs politiques, notamment des gens qui habitent le territoire sans être forcément paysans.

    La dynamique des Soulèvements de la Terre est-elle un prolongement de Notre-Dame des Landes ?

    En effet, il me semble que Notre-Dame-des-Landes est une inspiration forte de la pensée qui s’agrège autour des Soulèvements, mouvement riche de sa pluralité. Les Soulèvements montrent que les espoirs nés de l’expérimentation à Notre-Dame-des-Landes sont possibles partout et qu’il va falloir faire différemment dans tous les territoires – chaque endroit ayant ses spécificités.

    Les questions de rapport à la terre ont aussi émergé dans l’espace politique des années 1990, avec les luttes au Chiapas, au Mexique, qui continuent d’inspirer les milieux politiques en Europe et en France. Cette circulation des imaginaires de luttes permet de penser des mondes différemment. Les Soulèvements arrivent à fédérer de manière assez importante et repolitisent très clairement ces questions de la terre. Ils portent ces questions sur tous les territoires qui ont envie de s’en emparer en disant : « C’est possible aussi chez vous ».

    Peut-on sortir l’agriculture du capitalisme ? Pour Tanguy Martin, auteur de Cultiver les communs, il faut combiner les expérimentations de propriété collective tout en s’attachant à la régulation foncière.

    https://basta.media/Propriete-collective-des-terres-des-espaces-de-resistance-face-a-l-agricult
    #agriculture #résistance #capitalisme #accès_à_la_terre #terre #financiarisation #spéculation #Sociétés_d’aménagement_foncier_et-d’établissement_rural (#Safer)

  • En #Tunisie, l’#UE refait la même erreur, toujours aussi dangereuse

    Alors que les représentant·e·s de la « Team Europe [2] » serraient la main du président tunisien Kaïs Saïed en juillet dernier, des centaines de réfugié·e·s et de migrant·e·s bloqués aux frontières terrestres désertiques du pays avec la Libye ont été rassemblés par ses forces de sécurité et abandonnés là, sans accès à de la nourriture ni à de l’eau, sans abri.

    Le président du Parti populaire européen (PPE) Manfred Weber a par la suite évoqué ces informations, y compris les multiples décès près de la frontière, en parlant de « vidéos prises dans le désert ou quelque chose comme ça [3] ».

    Les leaders européens se sont rendus en Tunisie pour signer un protocole d’accord visant à freiner l’immigration vers l’Europe. En échange, ils lui offrent environ 100 millions d’euros pour la « gestion des frontières » et près d’un milliard en prêts supplémentaires et soutien financier, dans le contexte de la crise économique sans précédent que traverse le pays.

    Cependant, pendant que la Tunisie et l’Union européenne débattent de la manière de mettre en place ce protocole d’accord, ses coûts humains sont déjà évidents. Tandis que l’Europe ferme les yeux sur la répression croissante des droits humains en Tunisie, la population, y compris les personnes demandeuses d’asile, réfugiées et migrantes, paient le prix fort.
    Les leaders de l’Europe et de l’Union européenne doivent tout de suite changer de cap.

    Tout d’abord, même une fois l’accord conclu, les autorités tunisiennes ont continué d’amener de force les migrant·e·s à la frontière libyenne, où beaucoup ont déjà besoin d’une aide humanitaire d’urgence, les médias internationaux [4] faisant état de nombreux morts. Fait choquant, les leaders de l’UE n’ont pas encore condamné publiquement ces violations.

    En revanche, la Commission européenne s’est engagée à coopérer avec les autorités tunisiennes pour empêcher les personnes demandeuses d’asile, réfugiées et migrantes d’atteindre l’Europe, sachant pertinemment que les mêmes violations se reproduiront – piégeant ces personnes dans des situations de violence et contribuant à l’hostilité qu’elles subissent en Tunisie.

    Plus inquiétant, cet accord a été signé sans aucune condition relative aux droits humains, sans évaluation ni suivi de son impact sur les droits, et en l’absence de mécanisme permettant de suspendre la coopération en cas d’abus. La médiatrice européenne a annoncé la semaine dernière [5] avoir demandé à la Commission européenne de clarifier [6] comment elle veillera à ce que la Tunisie respecte les droits humains.

    Il semble que personne n’ait tiré les leçons de la coopération de l’UE avec la Libye [7] : le soutien du bloc apporté aux forces de sécurité libyennes l’a rendu complice d’une infrastructure de violations infligées aux réfugié·e·s et migrant·e·s – actes de torture, viols, disparitions forcées, homicides illégaux et détentions arbitraires. Une récente enquête de l’ONU [8] a conclu que ces actes pouvaient s’apparenter à des crimes contre l’humanité.

    Les accords visant à contenir les personnes dans des pays ne faisant pas partie de l’UE ne sauvent pas des vies et ne les empêchent pas d’emprunter des itinéraires clandestins. Au contraire, les personnes en mouvement sont contraintes d’entreprendre des périples encore plus dangereux afin de ne pas se faire intercepter par les autorités, tandis que les passeurs en profitent puisqu’elles dépendent encore plus de leurs services. En outre, ces accords ne résolvent en rien les problèmes qui poussent les gens à émigrer en quête de sécurité, et qui vont de toute façon perdurer. Aussi est-il décevant que, dans son « Plan en 10 points pour Lampedusa [9] », la présidente Ursula Von der Leyen renforce l’accord avec la Tunisie.

    L’accord de l’UE avec la Tunisie risque aussi de légitimer l’attaque du président Kaïs Saïed contre l’état de droit et sa répression toujours plus forte de la dissidence. En amont de l’accord, le silence des leaders européens s’est épaissi tandis qu’il démantelait quasiment tous les contrôles institutionnels du pouvoir exécutif, publiait des décrets restreignant la liberté d’expression et s’octroyait des pouvoirs sur le système judiciaire. De très nombreux détracteurs, opposant·e·s, avocat·e·s, journalistes et juges ont fait l’objet de poursuites pénales arbitraires et de mesures restrictives, allant jusqu’à l’incarcération.

    La Tunisie a récemment refusé l’entrée à cinq députés européens qui devaient se rendre dans le pays dans le cadre d’une visite officielle. Parmi eux se trouvaient les eurodéputés Mounir Satouri et Michael Gahler qui avaient auparavant critiqué l’accord [10] en raison de la répression en Tunisie. Le refus de les laisser entrer sur le territoire a été largement perçu comme une mesure de représailles.

    Jadis saluée comme la réussite du mouvement du Printemps arabe et comme un refuge pour les défenseur·e·s des droits humains de toute l’Afrique du Nord, la Tunisie risque aujourd’hui d’emboîter le pas à l’Égypte, qui a vu son président Abdelfattah al Sissi transformer son pays en une prison à ciel ouvert, tout en supervisant l’appauvrissement de millions d’Égyptiens. Les leaders de l’UE ont majoritairement gardé le silence face à cette répression brutale, lorsqu’Abdelfattah al Sissi a bloqué les routes migratoires depuis l’Égypte vers l’Europe, forçant des milliers de personnes à emprunter l’itinéraire meurtrier via la Libye.

    Enfin, tout en sachant sans doute que l’accord augmenterait le risque de violations des droits humains à l’encontre des personnes migrantes et réfugiées, la Commission a choisi de négocier le protocole d’accord en secret. Les négociations se sont déroulées sans le regard aiguisé du Parlement européen et des Parlements nationaux, et loin de toute implication de la société civile.
    Ce manque de transparence sape la légitimité de la politique migratoire de l’UE.

    Pour éviter que l’UE ne se rende complice d’atteintes aux droits et de répression, son engagement avec des partenaires concernant la migration doit s’accompagner de conditions strictes, d’évaluations d’impact et de suivi en matière de droits humains. Nous avons besoin d’une approche équilibrée qui déploie un plus grand nombre d’itinéraires migratoires sûrs et s’attache à protéger plutôt que contenir.

    L’accord avec la Tunisie ne respecte aucune de ces conditions et doit donc être suspendu.
    L’UE doit promouvoir l’indépendance de la justice, la liberté de la presse et une société civile dynamique dans le pays.

    Notes

    [1] https://www.politico.eu/article/eu-lawmakers-parliament-fumed-by-the-european-commission-tunisia-migration-

    [2] https://www.politico.eu/article/eu-lawmakers-parliament-fumed-by-the-european-commission-tunisia-migration-

    [3] https://www.politico.eu/newsletter/brussels-playbook/weber-calls-on-tunisia-to-bring-down-migrant-numbers

    [4] https://www.nytimes.com/2023/07/20/world/africa/tunisia-african-migrants.html

    [5] https://www.politico.eu/article/eu-ethics-watchdog-ombudsman-question-commission-tunisia-migrant-deal

    [6] https://www.ombudsman.europa.eu/en/opening-summary/en/175102

    [7] https://www.theguardian.com/world/2023/aug/29/video-woman-dead-floor-migrant-detention-centre-libya

    [8] https://www.ohchr.org/en/press-releases/2023/03/libya-urgent-action-needed-remedy-deteriorating-human-rights-situation-un

    [9] https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/fr/ip_23_4503

    [10] https://www.theguardian.com/world/2023/jul/12/tunisia-should-not-get-1bn-on-a-silver-plate-in-migration-deal-says-mep

    https://www.amnesty.be/infos/blogs/blog-paroles-chercheurs-defenseurs-victimes/article/tunisie-refait-erreur-dangereuse

    ping @_kg_

    #Europe #Union_européenne #EU #externalisation #asile #migrations #réfugiés #accord #gestion_des_frontières #aide_financière #protocole_d'accord #politique_migratoire

    • Immigrazione: gli effetti degli accordi con la Tunisia

      l’Italia e l’Ue, all’aumento degli arrivi via mare dalla Tunisia, hanno risposto chiedendo maggiori controlli e promuovendo l’accordo del 16 luglio scorso tra Tunisia e Ue. I risultati, finora, sono una serie di violenze generalizzate contro i sub-Sahariani in Tunisia e l’ulteriore aumento degli arrivi sulle coste italiane.

      Il 16 luglio scorso la Tunisia e l’Unione europea hanno firmato un memorandum d’intesa che riguarda la cooperazione su diversi fronti ma che è stato motivato in particolare dal desiderio dei governi europei di limitare i crescenti arrivi non autorizzati sulle coste italiane di persone imbarcatesi dal territorio tunisino: cittadini tunisini ma anche – e in misura crescente – cittadini di altri paesi (in particolare sub-Sahariani). A distanza di due mesi l’intesa non sembra avere avuto l’effetto sperato dai suoi principali promotori, i capi di governo dei Paesi bassi Rutte e dell’Italia Meloni, i quali hanno accompagnato la presidente della Commissione europea von der Leyen a Tunisi nella missione preparatoria di giugno e in quella finale della firma.
      Tunisia, paese di imbarco

      La Tunisia era stato il principale paese nordafricano di imbarco verso l’Italia fino al 2004. Quell’anno, in seguito al nuovo accordo tra Italia e Tunisia del dicembre 2003, il regime di Ben Alì aveva adottato una serie di misure volte a limitare le partenze, e la Tunisia era stata superata dalla Libia come principale paese di imbarco. Il primato libico non era più stato messo in discussione per molto tempo: gli stessi tunisini preferivano spesso spostarsi nel paese vicino per partire da lì anziché rischiare l’imbarco dalle proprie coste. Unica eccezione: i primi mesi del 2011, coincidenti con la rivoluzione, quando il vuoto di potere aveva fatto venire meno i controlli lungo le coste tunisine, consentendo la fuga verso l’Italia di oltre 25.000 persone. Poi l’accordo del 5 aprile 2011 tra i due governi aveva pressoché azzerato le partenze.

      Solo la crisi economica e politica degli ultimi anni ha fatto riprendere in modo sensibile gli imbarchi dalla Tunisia, dal 2017 e soprattutto dal 2020, nonostante la conclusione della Mobility Partnership tra Unione europea e Tunisia nel 2014 e ulteriori accordi tra Tunisia e Italia nel 2017 e nel 2020. Nel 2022, in un contesto di aumento generalizzato degli arrivi in Italia via mare, continua a crescere non solo il numero delle partenze dalla Tunisia ma anche la componente dei cittadini stranieri sul totale dei viaggiatori – anche questa una tendenza visibile già da un paio d’anni (Tabella 1).

      Il 18 gennaio 2023 i ministri italiani dell’interno, Piantedosi, e degli esteri, Tajani, si recano a Tunisi per chiedere maggiore impegno nei controlli e maggiore collaborazione nelle riammissioni ma il risultato non è quello sperato. Il 21 febbraio il presidente tunisino Saïed, che tra il 2021 e il 2022 ha svuotato di sostanza la giovane democrazia tunisina sospendendo il parlamento, cambiando la costituzione, arrestando gli oppositori, limitando la libertà di stampa e assicurandosi un potere quasi illimitato, trae ispirazione dalle richieste europee per dichiarare pubblicamente la propria ostilità nei confronti degli immigrati sub-Sahariani. Saïed li definisce ‘orde’ che mirano a cambiare la composizione demografica della Tunisia. Seguono non solo arresti e deportazioni di massa operati dalle autorità, ma anche aggressioni, licenziamenti e sfratti indiscriminati operati da privati cittadini contagiati dalla deriva razzista.

      Per sottrarsi alle violenze c’è chi torna nel proprio paese, ma tanti altri fuggono in Europa. E così, se fino al 19 febbraio, prima del discorso di Saïed, le persone arrivate in Italia dalla Tunisia erano 6.529, di cui un migliaio tunisini, il loro numero al 30 aprile del 2023 è già arrivato a 24.379, di cui meno di tremila tunisini. Molti tra coloro che partono sono sub-Sahariani che risiedevano da anni in Tunisia e non avrebbero lasciato il paese se non fossero stati costretti a farlo dalle violenze generalizzate.
      Il memorandum d’intesa UE-Tunisia

      L’Europa persegue allora la strada dell’accordo, che sarà siglato il 16 luglio 2023. La firma è preceduta da una nuova e cruenta ondata di deportazioni verso i confini desertici con Algeria e Libia, che provoca morte e sofferenza.

      L’intesa delude le aspettative europee. In primo luogo, essa non prevede la riammissione in Tunisia dei cittadini di paesi terzi giunti in Europa dal paese nordafricano, che era uno degli obiettivi principali. In secondo luogo, il numero degli arrivi dalla Tunisia non diminuisce ma aumenta (tabella 2).

      Se nelle sei settimane precedenti la firma dell’accordo tale numero è pari a 17.596, esso sale a 29.676 (+ 168,65%) nelle sei settimane successive. Alla fine del secondo quadrimestre del 2023 il numero delle persone arrivate dalla Tunisia risulta più che triplicato (73.827 al 27 agosto) rispetto alle 24.379 del primo quadrimestre. Nei soli primi otto mesi del 2023 sono arrivate più del doppio delle persone contate nell’intero anno precedente.

      Le politiche europee volte a esternalizzare verso i territori di paesi terzi i controlli delle frontiere raggiungono solo raramente – e mai definitivamente – l’obiettivo di ridurre l’immigrazione. Più spesso esse finiscono per sostenere regimi autoritari e alimentare nei paesi vicini sentimenti razzisti, politiche discriminatorie e pratiche violente e disumane. La Tunisia ne è l’ennesima dimostrazione.

      https://www.neodemos.info/2023/09/26/immigrazione-gli-effetti-degli-accordi-con-la-tunisia

  • Stolpersteine für Holocaust-Opfer: Berliner Jüdin kehrt an den Ort ihres Schreckens zurück
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/stolpersteine-fuer-holocaust-opfer-eine-berliner-juedin-kehrt-an-de

    21.9.2023 von Anne-Kattrin Palmer - Es ist Mittagszeit, als sich vergangene Woche ein Trüppchen von Menschen vor einem Wohnhaus in Berlin-Mitte trifft. Die Sonne scheint, der ehemalige Architekt Thomas Schriever kniet sich mit seinem Eimer nieder und beginnt, die Pflastersteine aus dem Boden zu holen. Er geht langsam vor, bedächtig. Seine Augen sind gerötet. Später wird er sagen, dass es ihm sehr nahegegangen ist.

    Neben ihm sitzt eine zierliche, gebrechliche Frau mit rotem Haar in einem Rollstuhl. Ginger Lane ist 84 Jahre alt. Die einstige Balletttänzerin hat ihre Augen hinter einer großen orangen Sonnenbrille versteckt, weil das Licht so brennt, aber auch die Erinnerungen. Ihre schmalen Hände zittern, während der Mann im Blaumann einen Spachtel in die Erde haut, die Steine rausholt, Wasser auf das Loch schüttet und weitergräbt. Verwandte von Ginger Lane, wie ihre ebenfalls rothaarige Tochter Beth, eine Filmemacherin, die aber auch mal als Schauspielerin in einem Francis-Ford-Coppola-Streifen mitspielte, richten die Handys auf den ehrenamtlichen Stolperstein-Verleger Schriever, der sich langsam vorarbeitet.

    Bildstrecke

    Neun Rosen für die Eltern und die sieben Kinder der Familie Weber.

    Neun Rosen für die Eltern und die sieben Kinder der Familie Weber.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Beth Lane (v.M.) vor den Stolpersteinen ihrer Familie an der Max-Beer-Straße.

    Beth Lane (v.M.) vor den Stolpersteinen ihrer Familie an der Max-Beer-Straße.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Beth Lane mit ihrer Mutter Ginger Lane, die als Kind in Berlin-Mitte lebte.

    Beth Lane mit ihrer Mutter Ginger Lane, die als Kind in Berlin-Mitte lebte.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Der Architekt Thomas Schriever verlegt die Steine.

    Der Architekt Thomas Schriever verlegt die Steine.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Ginger Lane war drei Jahre alt, als ihre Mutter ermordet wurde.

    Ginger Lane war drei Jahre alt, als ihre Mutter ermordet wurde.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Musik begleitete die Zeremonie.

    Musik begleitete die Zeremonie.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    In Gedenken an die Familie Weber.

    In Gedenken an die Familie Weber.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Thomas Schriever arbeitet sich vor, nach 50 Minuten war es vollbracht.

    Thomas Schriever arbeitet sich vor, nach 50 Minuten war es vollbracht.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Mutter und Tochter: Ginger und Beth Lane leben in Amerika.

    Mutter und Tochter: Ginger und Beth Lane leben in Amerika.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Die neun Stolpersteine, bevor sie eingebettet wurden.

    Die neun Stolpersteine, bevor sie eingebettet wurden.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Ginger Lanes Redemanuskript.

    Ginger Lanes Redemanuskript.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Die Weber-Kinder gemeinsam mit weiteren jüdische Überlebenden vor ihrer Abfahrt nach Amerika, Ginger Lane steht vorne.

    Ginger Lane kämpft die nächsten 50 Minuten mit den Tränen, vor allem als Schriever einen Stolperstein nach dem nächsten in der Erde verschwinden lässt. Auf jedem einzelnen stehen die Namen ihrer jüdischen Familie – ihr Vater Alexander Weber, die Mutter Lina (Kosename von Pauline), der Bruder Alfons, die Schwestern Senta, Ruth, Gertrude, Renee, Judith und sie, Bela Weber. Bela heißt heute Ginger, sie spricht nur noch Englisch. „Deutsch habe ich nach meiner Flucht 1946 nicht mehr gesprochen“, erzählt sie später. In den USA habe man nach Hitler als Deutsche keinen guten Stand gehabt.

    Doch jetzt schaut sie andächtig auf den schmalen Gehweg vor dem Wohnhaus mit den 30 Klingelschildern in der Max-Beer-Straße 50, auf dem fortan die neun goldenen Steine an ihre Geschichte erinnern und auch mahnen sollen, dass die Schrecken der Vergangenheit nie wieder auferstehen dürfen. In Mitte liegen mehr als 2000 solcher Steine.

    1943 hieß die Straße noch Dragonerstraße, die Hausnummer war 48. Die gibt es nicht mehr und auch nicht das alte große, heruntergekommene Haus, in dem die Familie lebte, bis die Nazis sie verfolgten und die Mutter von Ginger Lane in Auschwitz ermordeten. Ein Musiker spielt jetzt „Sag mir, wo die Blumen sind“. Ginger Lane laufen Tränen über die Wangen.

    Die 84-Jährige ist 1939 in Berlin geboren, damals lebte die Familie noch in der Grenadierstraße (heute Almstadtstraße) im „Scheunenviertel“, das, bevor Hitler an die Macht kam, bevorzugter Ankunftspunkt für Tausende von Juden war, die aus den östlichen Gebieten Europas vor Gewalt und Pogromen flohen.

    Auch die Familie Weber war 1930 in das Arme-Leute-Quartier gezogen. Alexander Weber kam aus dem katholischen Paderborn. Er war der Spross einer gut situierten Familie, die eine Regenschirm-Manufaktur besaß. Als er geschäftlich nach Ungarn reiste, lernte er Pauline Banda kennen, Tochter eines Kantors der jüdischen Gemeinde in Rákospalota, und verliebte sich. Am 12. September 1926 heiratete er die hübsche Frau mit den braunen Haaren in Rákospalota und nahm sie mit nach Deutschland. Vorher war Weber sogar zum jüdischen Glauben konvertiert.

    Doch die jüdische Ehefrau war nicht willkommen im erzkatholischen Paderborn. „Sie haben ihn enterbt“, sagte eine der Töchter, Ruth, mal in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Alexander Weber brach vollständig mit seiner Familie, verließ Paderborn, zog nach Dortmund und dann, Anfang 1930, nach Berlin, zunächst in eine Zwei-Zimmer-Wohnung in der Grenadierstraße. Danach in die Dragonerstraße. Das Paar bekam sieben Kinder. Alfons war der Älteste, die Jüngste war Bela, heute Ginger.

    Ginger Lane war dreieinhalb Jahre alt, als die Gestapo vor der Tür stand. Es hat sich bis heute bei ihr eingebrannt, obwohl sie noch so jung war. Sie weiß genau, dass die Männer in Ledermänteln gegen die Tür hämmerten und ihre Mutter öffnete. Ginger selbst versteckte sich. Die Tür schlug wieder zu, ihre Mama war weg. Sie schaute aus dem Fenster, sah, wie die Männer ihre hilflose Mutter in ein schwarzes Auto schubsten. Sie ahnte damals nicht, dass sie Mutter nicht mehr wiedersehen würde. 1943 wurde Pauline Weber in Auschwitz ermordet. Jetzt, genau 80 Jahre danach, sitzt ihre Tochter vor dem Haus, in dem alles passierte. Sie konnte lange Jahre nicht hierhin zurückkommen.
    1943 in Berlin: Die Mutter, der Vater und der Bruder werden verhaftet

    Damals überschlugen sich die Ereignisse: Die Mutter war weg, noch in derselben Nacht wurde auch Alexander Weber verhaftet, am nächsten Morgen brachte man die sieben Kinder in das Krankenhaus der jüdischen Gemeinde in der Exerzierstraße. „Wir waren ganz allein, als sie uns holten“, erzählt Ginger an jenem Mittag in Berlin. Alfons sei noch mal abgehauen, er wollte irgendwelche Papiere in Sicherheit bringen, aber als er zurückkam, hätten sie ihn eingesperrt. Doch er sowie der Vater kamen auf wundersame Weise wieder frei. Alexander Weber rettete wohl, dass er seinen Austritt aus der jüdischen Gemeinde erklärte. Scheiden lassen aber wollte er sich nicht. Warum ihr Bruder Alfons gehen durfte? Ginger Lane weiß es bis heute nicht.

    Es war aber nur eine Frage der Zeit, bis man die Kinder abholen und in den Tod schicken würde. Das wusste Alexander Weber in jenen Jahren, da seine Kinder nach den Nürnberger Rassegesetzen als „Halbjuden“ galten. Hinzu kamen die Bombenangriffe, die Kinder saßen nur noch im Keller. Sie waren verschüttet. Er muss verzweifelt gewesen sein, erzählt eine Verwandte, die aus Paderborn für die Zeremonie angereist ist, an jenem Mittag vor dem Haus in der Max-Beer-Straße.

    It is an honor to share that 9 Stolpersteine bricks were laid outside of 48 Dragonerstrasse to honor the Weber family. Stolpersteine is the brilliant work of Gunter Demnig and stretches across Europe to honor and remember the victims and the persecuted of the Holocaust. pic.twitter.com/66AArWGJDF
    — beth lane (@bethlanefilm) September 21, 2023

    Doch dann sei etwas Unfassbares geschehen: Der Obst- und Gemüsehändler Arthur Schmidt aus Worin, einem Dorf etwa 60 Kilometer östlich von Berlin, bot dem Vater an, die Kinder bei sich zu verstecken. Schmidt hatte in dem Haus in der Dragonerstraße 48, in dem die Webers wohnten, einen Raum gemietet. Dort lagerte er seine Obstkisten und die Ware, die er in den Markthallen nicht verkauft hatte. Die beiden Männer kannten und mochten sich. „Oh ja!“, soll Alexander Weber damals erleichtert gerufen haben.

    So kam es, dass Schmidt die Geschwister eines Nachts abholte, und fortan wohnten sie auf seinem Grundstück „Grüner Wald“ an der B1. Fast zwei Jahre lang lebten die Kinder bei der Familie in der Waschküche, wurden von ihr versorgt. In Worin haben einige die Identität der Kinder gekannt, die sich auf dem umzäunten Hof frei bewegten oder manchmal in den Ort kamen und um etwas zu essen baten, erinnert sich Marlis Schüler, deren Mann, der damalige Dorfchronist, die längst vergessene Geschichte der Kinder 1985 aus den Archiven kramte.
    In Worin erinnert eine Messingtafel an die sieben Kinder

    Dabei kam vieles ans Tageslicht, auch dass der Bürgermeister Rudi Fehrmann eingeweiht gewesen war und die Kinder trotzdem nicht verriet, obwohl er Mitglied der NSDAP war. Noch im Mai 1945, unmittelbar nach dem Einmarsch der Roten Armee, wurde Fehrmann allerdings verhaftet und in das sowjetische Speziallager Ketschendorf bei Fürstenwalde gebracht. Dort starb er 1947. In der DDR war das Thema ein Tabu – die Geschichte der sowjetischen Speziallager wurde erst nach der Wende 1990 aufgearbeitet. Marlis Schüler sagt, dass bis 1989 auch kaum jemand über die Kriegszeiten mehr geredet hätte: „Das Ganze kam erst ins Rollen, nachdem mein Mann weiter in den Archiven geforscht hatte.“

    Wir waren so einsam und hatten immer Angst.

    Ginger Lane über die Zeit in Worin

    Die Rentnerin Marlis Schüler aus Worin ist auch an jenem Mittag dabei, als die Stolpersteine versenkt werden. Ihr Sohn hat sie nach Berlin gefahren, sie lebt inzwischen in Schleswig-Holstein, ihr Mann Herbert ist gestorben. „Er hätte das heute gerne miterlebt, aber auch Alfons, der älteste Bruder der Geschwister. Er ist 2016 gestorben“, erzählt sie. Sie und ihr Mann sind von Alfons Weber angeschrieben worden, es entwickelte sich eine Brieffreundschaft, ein gegenseitiger Austausch. Man traf sich, um sich zu erinnern.

    Nach Alfons folgten die Geschwister. Ginger Lane, die partout nicht nach Mitte wollte, besuchte dafür die Familie Schüler in Worin und dachte dort daran, wie sie im Krieg auf dem Land Kartoffeln geerntet hatten und vor allem daran, „dass wir so einsam waren und immer Angst hatten“.

    Weltkrieg und Nationalsozialismus: Diese Museen erklären, was in Berlin geschah

    Zwei Stolpersteine und ein schweres Versäumnis

    Auch Tochter Beth, die in Los Angeles lebt, kam immer wieder in das brandenburgische Dorf und drehte dort unter anderem den Dokumentarfilm „UnBroken“, der an die Geschichte ihrer Familie erinnern soll. Aber auch an die Helfer, die die Kinder retteten. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ehrte das Ehepaar Paula und Arthur Schmidt aus Brandenburg 2018 als „Gerechte unter den Nationen“ posthum. 2019 wurde in Worin an dem Grundstück eine Messingtafel angebracht.

    Es sind zwei Stunden vergangen, die Stolpersteine liegen nun an ihrem Platz. Seit 1992 gibt es diese Denkmale, entwickelt von dem Künstler Gunter Denning. Ihm ging es um individuelles Gedenken und die Mahnung: Die Nationalsozialisten wollten die verfolgten Menschen zu Nummern machen und ihre Identität auslöschen. Mit den Stolpersteinen wollte er diesen Prozess rückgängig machen und ihre Namen wieder in die Straßen und Städte zurückholen.

    It’s official! My documentary film UNBROKEN was selected for the Heartland International Film Festival! Tickets to watch in person are now available at https://t.co/shpYBnqLOl #HIFF32 @HeartlandFilm pic.twitter.com/BO0RVxwsu0
    — beth lane (@bethlanefilm) September 15, 2023

    Inzwischen finden sich die Steine in über 1800 Kommunen – insgesamt mehr als 100.000 Gedenksteine sind es in Deutschland und 25 weiteren europäischen Ländern, unter anderem in Österreich, Belgien, Frankreich, Polen, den Niederlanden und der Ukraine. In Berlin (Stand: August 2023) wurden bereits 10.287 Stolpersteine verlegt. Diese verteilen sich auf 76 von 97 Berliner Ortsteilen.

    Ginger Lane schaut auf ein beschriebenes Blatt Papier, auf dem sie sich notiert hat, was sie sagen möchte. Sie redet über ihren Vater, der Elektriker war und sich bestimmt mit ihrem Rollstuhl ausgekannt hätte, der oft den Geist aufgibt. Sie lächelt, als sie das sagt. Ihren Vater sah sie wieder, er folgte den Kindern nach Amerika. Dort starb er in den 1980er-Jahren.

    Dann spricht sie von ihrer Mutter, die in Berlin im Untergrund gegen die Nazis gearbeitet und immer anderen geholfen habe, auch wenn sie sich der Gefahr bewusst gewesen sei. Ginger Lane muss schlucken, als sie über ihren Bruder Alfons redet, an den sie täglich denke und der ihr fehle. „Er hat uns beschützt, als wir nach Amerika fuhren und auch später.“

    Alfons starb 2016, ebenso wie drei ihrer Schwestern. Heute leben nur noch Gertrude, Judith und Ginger.

    Auch ihre Geschichte wird noch einmal vorgelesen, diesmal von ihrer Tochter Beth, die gerade sechs Jahre alt war, als sie in den USA ankam und von der Künstlerin Rosalynde und dem Neurochirurgen Joshua Speigel adoptiert wurde. Beth Lane liest vor: „Ginger wuchs in einem künstlerischen Haushalt auf; sie wurde Ballerina, heiratete schließlich und bekam drei Kinder. Sie ist stolze Großmutter von sieben Enkelkindern und hat zahlreiche Auszeichnungen für ihren Beitrag zur Behindertenhilfe sowie für Tanz und Choreografie erhalten. Im Frühjahr 2022 wurde Gingers Bild zu Ehren des Women’s History Month an Bushaltestellen und Plakatwänden in Chicago angebracht!“

    Die Mutter lächelt ihre Tochter liebevoll an, sie drückt Beths Hand. Ginger Lane sagt: „Es gibt so viel Böses auf der Welt, das immer wieder von so viel Gutem überwältigt wird. Wir müssen uns immer daran erinnern, dass das Gute immer die Oberhand über das Böse behält.“ Sie schaut auf das Haus, in dem sie als Kind gelebt hat. Obwohl es nicht das alte ist, hat sie bisher den Blick gemieden. Jetzt wirkt es für einen Moment, als habe sie Frieden mit diesem Ort geschlossen.

    #Brandenburg #Worin #Berlin #Mitte #Scheunenviertel #Almstadtstraße #Grenadierstraße #Max-Beer-Straße #Dragonerstraße
    #Holocaust #Shoa #Geschichte

  • Coop ou pas coop de trouver une alternative à la grande distribution ?

    Un #magasin sans client, sans salarié, sans marge, sans contrôle, sans espace de pouvoir où la confiance règne vous y croyez ? Difficile, tant le modèle et les valeurs de la grande distribution, et plus largement capitalistes et bourgeoises ont façonnés nos habitus. Néanmoins, parmi nous certains cherchent l’alternative : supermarchés coopératifs, collaboratifs, épiceries participatives, citoyennes, etc. Des alternatives qui pourtant reprennent nombre des promesses de la grande distribution et de ses valeurs. Les épiceries “autogérées”, “libres” ou encore en “gestion directe” tranchent dans ce paysage. Lieux d’apprentissage de nouvelles habitudes, de remise en cause frontale du pouvoir pyramidal et pseudo-horizontal. Ce modèle sera évidemment à dépasser après la révolution, mais d’ici-là il fait figure de favori pour une #émancipation collective et individuelle.

    Le supermarché : une #utopie_capitaliste désirable pour les tenants de la croyance au mérite

    Le supermarché est le modèle hégémonique de #distribution_alimentaire. #Modèle apparu seulement en 1961 en région parisienne il s’est imposé en quelques décennies en colonisant nos vies, nos corps, nos désirs et nos paysages. Cette utopie capitaliste est devenue réalité à coup de #propagande mais également d’adhésion résonnant toujours avec les promesses de l’époque : travaille, obéis, consomme ; triptyque infernal où le 3e pilier permet l’acceptation voire l’adhésion aux deux autres à la mesure du mérite individuel fantasmé.

    Malgré le succès et l’hégémonie de ce modèle, il a parallèlement toujours suscité du rejet : son ambiance aseptisée et criarde, industrielle et déshumanisante, la relation de prédation sur les fournisseurs et les délocalisations qui en découlent, sa privatisation par les bourgeois, la volonté de manipuler pour faire acheter plus ou plus différenciant et cher, le greenwashing (le fait de servir de l’écologie de manière opportuniste pour des raisons commerciales), etc., tout ceci alimente les critiques et le rejet chez une frange de la population pour qui la recherche d’alternative devient motrice.

    C’est donc contre ce modèle que se (re)créent des #alternatives se réclamant d’une démarche plus démocratique, plus inclusive, ou de réappropriation par le citoyen… Or, ces alternatives se réalisent en partant du #modèle_dominant, jouent sur son terrain selon ses règles et finalement tendent à reproduire souvent coûte que coûte, parfois inconsciemment, les promesses et les côtés désirables du supermarché.
    Comme le dit Alain Accardo dans De Notre Servitude Involontaire “ce qu’il faut se résoudre à remettre en question – et c’est sans doute la pire difficulté dans la lutte contre le système capitaliste -, c’est l’#art_de_vivre qu’il a rendu possible et désirable aux yeux du plus grand nombre.”
    Le supermarché “coopératif”, l’épicerie participative : des pseudo alternatives au discours trompeur

    Un supermarché dit “coopératif” est… un supermarché ! Le projet est de reproduire la promesse mais en supprimant la part dévolue habituellement aux bourgeois : l’appellation “coopératif” fait référence à la structure juridique où les #salariés ont le #pouvoir et ne reversent pas de dividende à des actionnaires. Mais les salariés ont tendance à se comporter collectivement comme un bourgeois propriétaire d’un “moyen de production” et le recrutement est souvent affinitaire : un bourgeois à plusieurs. La valeur captée sur le #travail_bénévole est redistribuée essentiellement à quelques salariés. Dans ce type de supermarché, les consommateurs doivent être sociétaires et “donner” du temps pour faire tourner la boutique, en plus du travail salarié qui y a lieu. Cette “#coopération” ou “#participation” ou “#collaboration” c’est 3h de travail obligatoire tous les mois sous peine de sanctions (contrôles à l’entrée du magasin pour éventuellement vous en interdire l’accès). Ces heures obligatoires sont cyniquement là pour créer un attachement des #bénévoles au supermarché, comme l’explique aux futurs lanceurs de projet le fondateur de Park Slope Food le supermarché New-Yorkais qui a inspiré tous les autres. Dans le documentaire FoodCoop réalisé par le fondateur de la Louve pour promouvoir ce modèle :”Si vous demandez à quelqu’un l’une des choses les plus précieuses de sa vie, c’est-à-dire un peu de son temps sur terre (…), la connexion est établie.”

    L’autre spécificité de ce modèle est l’#assemblée_générale annuelle pour la #démocratie, guère mobilisatrice et non propice à la délibération collective. Pour information, La Louve en 2021 obtient, par voie électronique 449 participations à son AG pour plus de 4000 membres, soit 11%. Presque trois fois moins avant la mise en place de cette solution, en 2019 : 188 présents et représentés soit 4,7%. À Scopeli l’AG se tiendra en 2022 avec 208 sur 2600 membres, soit 8% et enfin à la Cagette sur 3200 membres actifs il y aura 143 présents et 119 représentés soit 8,2%

    Pour le reste, vous ne serez pas dépaysés, votre parcours ressemblera à celui dans un supermarché traditionnel. Bien loin des promesses de solidarité, de convivialité, de résistance qui n’ont su aboutir. Les militants voient de plus en plus clairement les impasses de ce modèle mais il fleurit néanmoins dans de nouvelles grandes villes, souvent récupéré comme plan de carrière par des entrepreneurs de l’#ESS qui y voient l’occasion de se créer un poste à terme ou de développer un business model autour de la vente de logiciel de gestion d’épicerie en utilisant ce souhait de milliers de gens de trouver une alternative à la grande distribution.

    #La_Louve, le premier supermarché de ce genre, a ouvert à Paris en 2016. Plus de 4000 membres, pour plus d’1,5 million d’euros d’investissement au départ, 3 années de lancement et 7,7 millions de chiffre d’affaires en 2021. À la création il revendiquait des produits moins chers, de fonctionner ensemble autrement, ne pas verser de dividende et de choisir ses produits. Cette dernière est toujours mise en avant sur la page d’accueil de leur site web : “Nous n’étions pas satisfaits de l’offre alimentaire qui nous était proposée, alors nous avons décidé de créer notre propre supermarché.” L’ambition est faible et le bilan moins flatteur encore : vous retrouverez la plupart des produits présents dans les grandes enseignes (loin derrière la spécificité d’une Biocoop, c’est pour dire…), à des #prix toujours relativement élevés (application d’un taux de 20% de marge).

    À plus petite échelle existent les épiceries “participatives”. La filiation avec le #supermarché_collaboratif est directe, avec d’une cinquantaine à quelques centaines de personnes. Elles ne peuvent généralement pas soutenir de #salariat et amènent des relations moins impersonnelles grâce à leur taille “plus humaine”. Pour autant, certaines épiceries sont des tremplins vers le modèle de supermarché et de création d’emploi pour les initiateurs. Il en existe donc avec salariés. Les marges, selon la motivation à la croissance varient entre 0 et 30%.

    #MonEpi, startup et marque leader sur un segment de marché qu’ils s’efforcent de créer, souhaite faire tourner son “modèle économique” en margeant sur les producteurs (marges arrières de 3% sur les producteurs qui font annuellement plus de 10 000 euros via la plateforme). Ce modèle très conforme aux idées du moment est largement subventionné et soutenu par des collectivités rurales ou d’autres acteurs de l’ESS et de la start-up nation comme Bouge ton Coq qui propose de partager vos données avec Airbnb lorsque vous souhaitez en savoir plus sur les épiceries, surfant sur la “transition” ou la “résilience”.

    Pour attirer le citoyen dynamique, on utilise un discours confus voire trompeur. Le fondateur de MonEpi vante volontiers un modèle “autogéré”, sans #hiérarchie, sans chef : “On a enlevé le pouvoir et le profit” . L’informatique serait, en plus d’être incontournable (“pour faire ce que l’on ne saurait pas faire autrement”), salvatrice car elle réduit les espaces de pouvoir en prenant les décisions complexes à la place des humains. Pourtant cette gestion informatisée met toutes les fonctions dans les mains de quelques sachant, le tout centralisé par la SAS MonEpi. De surcroit, ces épiceries se dotent généralement (et sont incitées à le faire via les modèles de statut fournis par MonEpi) d’une #organisation pyramidale où le simple membre “participe” obligatoirement à 2-3h de travail par mois tandis que la plupart des décisions sont prises par un bureau ou autre “comité de pilotage”, secondé par des commissions permanentes sur des sujets précis (hygiène, choix des produits, accès au local, etc.). Dans certains collectifs, le fait de participer à ces prises de décision dispense du travail obligatoire d’intendance qui incombe aux simples membres…

    Pour finir, nous pouvons nous demander si ces initiatives ne produisent pas des effets plus insidieux encore, comme la possibilité pour la sous-bourgeoisie qui se pense de gauche de se différencier à bon compte : un lieu d’entre-soi privilégié où on te vend, en plus de tes produits, de l’engagement citoyen bas de gamme, une sorte d’ubérisation de la BA citoyenne, où beaucoup semblent se satisfaire d’un énième avatar de la consom’action en se persuadant de lutter contre la grande distribution. De plus, bien que cela soit inconscient ou de bonne foi chez certains, nous observons dans les discours de nombre de ces initiatives ce que l’on pourrait appeler de l’#autogestion-washing, où les #inégalités_de_pouvoir sont masqués derrière des mots-clés et des slogans (Cf. “Le test de l’Autogestion” en fin d’article).

    L’enfer est souvent pavé de bonnes intentions. Et on pourrait s’en contenter et même y adhérer faute de mieux. Mais ne peut-on pas s’interroger sur les raisons de poursuivre dans des voies qui ont clairement démontré leurs limites alors même qu’un modèle semble apporter des réponses ?

    L’épicerie autogérée et autogouvernée / libre : une #utopie_libertaire qui a fait ses preuves

    Parfois nommé épicerie autogérée, #coopérative_alimentaire_autogérée, #épicerie_libre ou encore #épicerie_en_gestion_directe, ce modèle de #commun rompt nettement avec nombre des logiques décrites précédemment. Il est hélas largement invisibilisé par la communication des modèles sus-nommés et paradoxalement par son caractère incroyable au sens premier du terme : ça n’est pas croyable, ça remet en question trop de pratiques culturelles, il est difficile d’en tirer un bénéfice personnel, c’est trop beau pour être vrai…Car de loin, cela ressemble à une épicerie, il y a bien des produits en rayon mais ce n’est pas un commerce, c’est un commun basé sur l’#égalité et la #confiance. L’autogestion dont il est question ici se rapproche de sa définition : la suppression de toute distinction entre dirigeants et dirigés.

    Mais commençons par du concret ? À #Cocoricoop , épicerie autogérée à Villers-Cotterêts (02), toute personne qui le souhaite peut devenir membre, moyennant une participation libre aux frais annuels (en moyenne 45€ par foyer couvrant loyer, assurance, banque, électricité) et le pré-paiement de ses futures courses (le 1er versement est en général compris entre 50€ et 150€, montant qui est reporté au crédit d’une fiche individuelle de compte). À partir de là, chacun.e a accès aux clés, au local 24h/24 et 7 jours/7, à la trésorerie et peut passer commande seul ou à plusieurs. Les 120 foyers membres actuels peuvent venir faire leurs courses pendant et hors des permanences. Ces permanences sont tenues par d’autres membres, bénévolement, sans obligation. Sur place, des étagères de diverses formes et tailles, de récup ou construites sur place sont alignées contre les murs et plus ou moins généreusement remplies de produits. On y fait ses courses, pèse ses aliments si besoin puis on se dirige vers la caisse… Pour constater qu’il n’y en a pas. Il faut sortir une calculatrice et calculer soi-même le montant de ses courses. Puis, ouvrir le classeur contenant sa fiche personnelle de suivi et déduire ce montant de son solde (somme des pré-paiements moins somme des achats). Personne ne surveille par dessus son épaule, la confiance règne.

    Côté “courses”, c’est aussi simple que cela, mais on peut y ajouter tout un tas d’étapes, comme discuter, accueillir un nouveau membre, récupérer une débroussailleuse, participer à un atelier banderoles pour la prochaine manif (etc.). Qu’en est-il de l’organisation et l’approvisionnement ?

    Ce modèle de #commun dont la forme épicerie est le prétexte, cherche avant tout, à instituer fondamentalement et structurellement au sein d’un collectif les règles établissant une égalité politique réelle. Toutes les personnes ont le droit de décider et prendre toutes les initiatives qu’elles souhaitent. “#Chez_Louise” dans le Périgord (Les Salles-Lavauguyon, 87) ou encore à #Dionycoop (St-Denis, 93), comme dans toutes les épiceries libres, tout le monde peut, sans consultation ou délibération, décider d’une permanence, réorganiser le local, organiser une soirée, etc. Mieux encore, toute personne est de la même manière légitime pour passer commande au nom du collectif en engageant les fonds disponibles dans la trésorerie commune auprès de tout fournisseur ou distributeur de son choix. La trésorerie est constituée de la somme des dépôts de chaque membre. Les membres sont incités à laisser immobilisé sur leur fiche individuelle une partie de leurs dépôts. Au #Champ_Libre (Preuilly-Sur-Claise, 37), 85 membres disposent de dépôts moyens de 40-50€ permettant de remplir les étagères de 3500€ selon l’adage, “les dépôts font les stocks”. La personne qui passe la commande s’assure que les produits arrivent à bon port et peut faire appel pour cela au collectif.

    D’une manière générale, les décisions n’ont pas à être prises collectivement mais chacun.e peut solliciter des avis.

    Côté finances, à #Haricocoop (Soissons, 02), quelques règles de bonne gestion ont été instituées. Une #créditomancienne (personne qui lit dans les comptes bancaires) vérifie que le compte est toujours en positif et un “arroseur” paye les factures. La “crédito” n’a aucun droit de regard sur les prises de décision individuelle, elle peut seulement mettre en attente une commande si la trésorerie est insuffisante. Il n’y a pas de bon ou de mauvais arroseur : il voit une facture, il paye. Une autre personne enfin vérifie que chacun a payé une participation annuelle aux frais, sans juger du montant. Ces rôles et d’une manière générale, toute tâche, tournent, par tirage au sort, tous les ans afin d’éviter l’effet “fonction” et impliquer de nouvelles personnes.

    Tout repose donc sur les libres initiatives des membres, sans obligations : “ce qui sera fait sera fait, ce qui ne sera pas fait ne sera pas fait”. Ainsi, si des besoins apparaissent, toute personne peut se saisir de la chose et tenter d’y apporter une réponse. Le corolaire étant que si personne ne décide d’agir alors rien ne sera fait et les rayons pourraient être vides, le local fermé, les produits dans les cartons, (etc.). Il devient naturel d’accepter ces ‘manques’ s’il se produisent, comme conséquence de notre inaction collective et individuelle ou l’émanation de notre niveau d’exigence du moment.

    Toute personne peut décider et faire, mais… osera-t-elle ? L’épicerie libre ne cherche pas à proposer de beaux rayons, tous les produits, un maximum de membres et de chiffre d’affaires, contrairement à ce qui peut être mis en avant par d’autres initiatives. Certes cela peut se produire mais comme une simple conséquence, si la gestion directe et le commun sont bien institués ou que cela correspond au niveau d’exigence du groupe. C’est à l’aune du sentiment de #légitimité, que chacun s’empare du pouvoir de décider, de faire, d’expérimenter ou non, que se mesure selon nous, le succès d’une épicerie de ce type. La pierre angulaire de ces initiatives d’épiceries libres et autogouvernées repose sur la conscience et la volonté d’instituer un commun en le soulageant de tous les espaces de pouvoir que l’on rencontre habituellement, sans lequel l’émancipation s’avèrera mensongère ou élitiste. Une méfiance vis-à-vis de certains de nos réflexes culturels est de mise afin de “s’affranchir de deux fléaux également abominables : l’habitude d’obéir et le désir de commander.” (Manuel Gonzáles Prada) .

    L’autogestion, l’#autogouvernement, la gestion directe, est une pratique humaine qui a l’air utopique parce que marginalisée ou réprimée dans notre société : nous apprenons pendant toute notre vie à fonctionner de manière autoritaire, individualiste et capitaliste. Aussi, l’autogestion de l’épicerie ne pourra que bénéficier d’une vigilance de chaque instant de chacun et chacune et d’une modestie vis-à-vis de cette pratique collective et individuelle. Autrement, parce que les habitudes culturelles de domination/soumission reviennent au galop, le modèle risque de basculer vers l’épicerie participative par exemple. Il convient donc de se poser la question de “qu’est-ce qui en moi/nous a déjà été “acheté”, approprié par le système, et fait de moi/nous un complice qui s’ignore ?” ^9 (ACCARDO) et qui pourrait mettre à mal ce bien commun.

    S’affranchir de nos habitus capitalistes ne vient pas sans effort. Ce modèle-là ne fait pas mine de les ignorer, ni d’ignorer le pouvoir qu’ont les structures et les institutions pour conditionner nos comportements. C’est ainsi qu’il institue des “règles du jeu” particulières pour nous soutenir dans notre quête de #confiance_mutuelle et d’#égalité_politique. Elles se résument ainsi :

    Ce modèle d’épicerie libre diffère ainsi très largement des modèles que nous avons pu voir plus tôt. Là où la Louve cherche l’attachement via la contrainte, les épiceries autogérées cherchent l’#appropriation et l’émancipation par ses membres en leur donnant toutes les cartes. Nous soulignons ci-dessous quelques unes de ces différences majeures :

    Peut-on trouver une alternative vraiment anticapitaliste de distribution alimentaire ?

    Reste que quelque soit le modèle, il s’insère parfaitement dans la #société_de_consommation, parlementant avec les distributeurs et fournisseurs. Il ne remet pas en cause frontalement la logique de l’#économie_libérale qui a crée une séparation entre #consommateur et #producteur, qui donne une valeur comptable aux personnes et justifie les inégalités d’accès aux ressources sur l’échelle de la croyance au mérite. Il ne règle pas non plus par magie les oppressions systémiques.

    Ainsi, tout libertaire qu’il soit, ce modèle d’épicerie libre pourrait quand même n’être qu’un énième moyen de distinction sociale petit-bourgeois et ce, même si une épicerie de ce type a ouvert dans un des quartiers les plus défavorisés du département de l’Aisne (réservée aux personnes du quartier qui s’autogouvernent) et que ce modèle génère très peu de barrière à l’entrée (peu d’administratif, peu d’informatique,…).

    On pourrait aussi légitimement se poser la question de la priorité à créer ce type d’épicerie par rapport à toutes les choses militantes que l’on a besoin de mettre en place ou des luttes quotidiennes à mener. Mais nous avons besoin de lieux d’émancipation qui ne recréent pas sans cesse notre soumission aux logiques bourgeoises et à leurs intérêts et institutions. Une telle épicerie permet d’apprendre à mieux s’organiser collectivement en diminuant notre dépendance aux magasins capitalistes pour s’approvisionner (y compris sur le non alimentaire). C’est d’autant plus valable en période de grève puisqu’on a tendance à enrichir le supermarché à chaque barbecue ou pour approvisionner nos cantines et nos moyens de lutte.

    Au-delà de l’intérêt organisationnel, c’est un modèle de commun qui remet en question concrètement et quotidiennement les promesses et les croyances liées à la grande distribution. C’est très simple et très rapide à monter. Aucune raison de s’en priver d’ici la révolution !
    Le Test de l’Autogestion : un outil rapide et puissant pour tester les organisations qui s’en réclament

    À la manière du test de Bechdel qui permet en trois critères de mettre en lumière la sous-représentation des femmes et la sur-représentation des hommes dans des films, nous vous proposons un nouvel outil pour dénicher les embuscades tendues par l’autogestion-washing, en toute simplicité : “le test de l’Autogestion” :

    Les critères sont :

    - Pas d’AGs ;

    - Pas de salarié ;

    - Pas de gestion informatisée.

    Ces 3 critères ne sont pas respectés ? Le collectif ou l’organisme n’est pas autogéré.

    Il les coche tous ? C’est prometteur, vous tenez peut être là une initiative sans donneur d’ordre individuel ni collectif, humain comme machine ! Attention, le test de l’autogestion permet d’éliminer la plupart des faux prétendants au titre, mais il n’est pas une garantie à 100% d’un modèle autogéré, il faudra pousser l’analyse plus loin. Comme le test de Bechdel ne vous garantit pas un film respectant l’égalité femme-homme.

    Il faut parfois adapter les termes, peut être le collectif testé n’a pas d’Assemblée Générale mais est doté de Réunions de pilotage, n’a pas de salarié mais des services civiques, n’a pas de bureau mais des commissions/groupe de travail permanents, n’a pas de logiciel informatique de gestion mais les documents de gestion ne sont pas accessibles sur place ?
    Pour aller plus loin :

    Le collectif Cooplib fait un travail de documentation de ce modèle de commun et d’autogestion. Ses membres accompagnent de manière militante les personnes ou collectifs qui veulent se lancer (= gratuit).

    Sur Cooplib.fr, vous trouverez des informations et des documents plus détaillés :

    – La brochure Cocoricoop

    – Un modèle de Statuts associatif adapté à l’autogestion

    – La carte des épiceries autogérées

    – Le Référentiel (règles du jeu détaillées)

    – Le manuel d’autogestion appliqué aux épiceries est en cours d’édition et en précommande sur Hello Asso

    Ces outils sont adaptés à la situation particulière des épiceries mais ils sont transposables au moins en partie à la plupart de nos autres projets militants qui se voudraient vraiment autogérés (bar, librairie, laverie, cantine, camping,…). Pour des expérimentations plus techniques (ex : garage, ferme, festival,…), une montée en compétence des membres semble nécessaire.

    D’autres ressources :

    – Quelques capsules vidéos : http://fede-coop.org/faq-en-videos

    – “Les consommateurs ouvrent leur épiceries, quel modèle choisir pour votre ville ou votre village ?”, les éditions libertaires.

    https://www.frustrationmagazine.fr/coop-grande-distribution
    #alternative #grande_distribution #supermarchés #capitalisme #épiceries #auto-gestion #autogestion #gestion_directe #distribution_alimentaire

    sur seenthis :
    https://seenthis.net/messages/1014023

  • The Making of an SS Killer, The Life of Colonel Alfred Filbert, 1905 - 1990

    https://www.openstreetmap.org/way/120860377#map=19/52.42332/13.18798

    page 78

    In the second half of October, upon his return to Berlin from his stint in the east, Filbert was accused of having misappropriated RSHA funds. The affair impacted not only on Filbert but also on other senior members of Office VI, namely Jost – who had been fired by Heydrich as early as the beginning of September2 – and SS-Obersturmbannführer Friedrich Vollheim, head of Group VI C. The charges were used to remove the three of them from office.

    The specific charges against Filbert were twofold: first, it was claimed that Filbert had illegally retained 60,000 Reich marks in foreign currency in his office safe for his own personal use; second, he was accused of taking out ‘a dubious loan’ (einen zweifelhaften Kredit) for the purchase of a house. The interest rate agreed on for the mortgage was supposedly half a per cent lower than the rate generally applied.

    The house in question was a villa at 34 Waltharistraße in the Berlin suburb of Wannsee, which Filbert had moved into in 1941 (and would then ultimately purchase in 1943). Proceedings were initiated against him and he was questioned by an SS court in Berlin.

    He later disputed his guilt with the words: ‘Was it thinkable that I, a jurist and a soldier, would do such a thing?’ Filbert was only one of many Nazi criminals who admitted in their post- war testimony to having committed murder (albeit often on a scale much smaller than had actually been the case) but disputed having ever enriched themselves materially or financially. Franz Stangl, the former commandant of Treblinka extermination camp, endeavoured after the war to make it clear that no theft had taken place under his command.

    https://www.iwm.at/transit-online/brothers-the-ss-mass-murderer-and-the-concentration-camp-inmate

    During his four-month stint in the east, he proved to be one of the most radical executors of the genocide of Soviet Jewry. His commando was the very first to commence with the systematic murder of women and children at the end of July 1941. By the time he returned to Berlin on 20 October 1941 his commando had killed more than 16,000 Jews in Lithuania and Belarus.

    #Berlin #Nilolassee #Waltharistraße #Geschichte #Nazis #SS #Einsatzgruppen #Shoa

  • Kolumne Berliner Trüffel, Folge 34: Auf den Spuren einer Plastik ohne Namen
    https://www.tagesspiegel.de/kultur/kolumne-berliner-truffel-folge-34-auf-den-spuren-einer-plastik-ohne-nam

    12.8.2023 von Michael Bienert - Wer schwingt da den Taktstock? Beim Sonntagsradeln zwischen Kiefern und Villen öffnet sich plötzlich ein elliptischer Platz mit gepflegtem Rasen, in der Mitte die Bronzefigur eines Dirigenten. Ihr Sockel trägt keinen Namen, eingemeißelt sind vier Worte: Kunst. Kultur. Wissenschaft. Wirtschaft.

    Drei Alleen münden auf den Platz, vielleicht geben die Straßenschilder einen Hinweis? Der Oberhaardter Weg, steht da, hieß früher Joseph-Joachim Straße, nach dem berühmten Geigenvirtuosen, Komponisten und Gründungsdirektor der Berliner Musikhochschule. Wegen dessen jüdischer Herkunft wurde die Straße 1939 von den Nazis umbenannt.

    Es führen allerdings auch eine #Griegstraße und eine #Nikischstraße auf den Platz mit dem Musiker aus Bronze. Der norwegische Komponist oder der ungarische Maestro könnten auch gemeint sein. Na gut, das Netz wird es schon wissen. Denkste. Googlemaps verzeichnet an der Koordinate ein Grieg-Denkmal. Aber die weitere Recherche führt ins Nichts.

    Auf der Rückseite der Skulptur ist eine Signatur eingeritzt, schwer zu entziffern. Der Versuch mit dem Namen Andrej Irzykowski führt endlich zu einem Suchmaschinentreffer. Ein Bildhauer aus Lünen, dessen Website seit 2008 nicht aktualisiert worden ist. Aber er ruft zurück. Ein Kunstfreund, der aus Lünen in den #Grunewald gezogen sei, habe die Skulptur 2014 in Auftrag gegeben. Nein, sie stelle keine der drei genannten Personen dar, es sei dabei um etwas Universelleres gegangen, ums Dirigieren.

    Der gesenkte Taktstock ist verbogen, jemand hat versucht, ihn abzubrechen. Und ist gescheitert an dem Stahlstab, den der Bildhauer listig drin versteckt hat. Sonst ist die Figur hohl. Jedes Körperteil gibt beim Beklopfen einen anderen Glockenton. Die linke Hand der Figur scheint ein unsichtbares Orchester zu zügeln. Eingefroren in dem Moment, wo Musik in Stille übergeht.

    #Oberhaardter_Weg #Joseph-Joachim-Straße #Nazis #Geschichte #Straßenumbenennung

  • Berliner Trüffel, Folge 36: Enten und Jungschwäne in Charlottenburg
    https://www.tagesspiegel.de/kultur/berliner-truffel-folge-36-enten-und-jungschwane-in-charlottenburg-10368

    27.8.2023 - Michael Bienert - Die Enten fühlen sich auf dem Brunnenrand vor dem #Renaissance-Theater pudelwohl: Ein Exemplar döst vor sich hin, den Schnabel ins Gefieder gesteckt, eine andere putzt sich. Der laute Autoverkehr um den Ernst-Reuter-Platz stört die sechs Artgenossinnen nicht. Ihre glatt polierten, messingglänzenden Köpfchen beweisen, dass die Bronzevögel gerne gestreichelt werden. Große Kunst zum Anfassen von August Gaul, der um 1900 die Millionenstadt Berlin mit seinen Tierskulpturen bevölkerte, mit anmutigen Kreaturen, weitab von Bedeutungshuberei und wilhelminischem Bombast.

    Auf einem niedrigen Sockel ruht ein Brunnenbecken aus Muschelkalk, in der Mitte erhebt sich ein steinerner Pilz, über den Wasser in das Becken rinnt. Und an zwei Seiten des Beckenrands hocken je drei Entlein zusammen. Ein liebliches, ein märchenhaftes Arrangement.
    Geschenkt vom Stadtverordneten

    Es gibt Anwohner, die es verstimmt, dass der Brunnen derart harmlos plätschert, ohne Hinweis auf seinen Stifter. Der Straßenschmuck von 1908 war ein Geschenk des Industriellen, Berliner Stadtverordneten und ehrenamtlichen Stadtrates Max Cassirer an die Stadt Charlottenburg. Wie sein Neffe, der Kunsthändler Paul Cassirer, förderte er August Gaul. Max Cassirer besaß eine Villa an der #Kaiserallee, der heutigen #Bundesallee. In seinem Garten ließ er einen kleineren Brunnen errichten, ebenfalls mit sechs Vögeln von Gaul auf dem Rand. Damit die Proportionen passten, entschied man sich für Jungschwäne statt ausgewachsener Enten.

    Dieser zweite Brunnen steht seit 1962 am #Kurfürstendamm, Ecke #Leibnizstraße. Auch hier könnte an das Schicksal des jüdischen Stadtrates erinnert werden: Die Ehrenbürgerwürde von Charlottenburg wurde Cassirer 1933 aberkannt, seine Fabriken wurden arisiert. Die Villa an der Kaiserallee musste er verkaufen, um eine Zwangsabgabe an den NS-Staat aufzubringen. Ende 1938 rettete er sich der 82-jährige Mäzen ins Ausland, danach wurde er ausgebürgert, um sein Restvermögen und die Kunstsammlung zu beschlagnahmen.

    Im Foyer des Rathauses Charlottenburg erinnert ein etwas ramponierter Aufsteller an Max Cassirer und seine Ausplünderung. Der Weg zwischen dem Rathaus und den beiden Brunnen ist aber doch recht lang, und so bleibt es eine Herausforderung, das Schöne und Grausame zusammenzudenken.

    #Berlin #Charlottenburg #Wilmersdorf #Otto-Suhr-Allee #Hardenbegstraße #Knesebeckstraße #Geschichte #Nazis #Judenverfolgung #Kunst #Mäzenatentum