• Explodierende Betriebskosten – warum viele Berliner Museen immer öfter geschlossen bleiben
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/explodierende-betriebskosten-warum-viele-berliner-museen-immer-oeft

    Geld ist reichlich da bei den SMPK für ganz viel Selbstbeschäftigung und Tourismusoptimierung. Nur an der Zugänglichkeit wird ein bischen gespart. Was solls, das merkt doch keiner, ohne Besuchergewerkschaft.

    15.4.2024 von Harry Nutt - Von dieser Woche an bleiben einige Häuser der Stiftung Preußischer Kulturbesitz montags und dienstags geschlossen. Warum das ein dramatisches Warnsignal ist.

    Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) hat viel vor in diesem Jahr. In einer beinahe gehetzt wirkenden Veranstaltung präsentierten Hermann Parzinger und Co vergangene Woche stolz ihre Pläne. In der Abfolge von Ausstellungen, Konzerten und Einzelevents schien die geplante Eröffnung des Zentraldepots der Staatlichen Museen in Friedrichshagen fast unterzugehen.

    In Köpenick gelangt ein 100-Millionen-Projekt zum baulichen Abschluss, mit dem die Depots und Werkstätten, die sich bislang an verschiedenen Standorten befanden, auf einer Nutzungsfläche von 13.000 Quadratmetern zusammengeführt werden sollen. 2014 waren dort das Speichermagazin für die Staatsbibliothek, das Ibero-Amerikanische Institut und die bpk-Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte in Betrieb genommen worden. Unmittelbar daneben ist zwischenzeitlich das Zentraldepot entstanden, ein imposanter Funktionsbau des Architekturbüros AV1 aus Kaiserslautern.

    Zahlreiche Häuser bleiben einen weiteren Tag geschlossen

    Die Stimmung ist allerdings gedämpft. Unmittelbar nach der Eröffnung, so hieß es hinter vorgehaltener Hand, müsse man womöglich wieder schließen. An allen Standorten explodieren die Betriebskosten. Vor diesem Hintergrund darf man die nun angekündigte Kürzung der Öffnungszeiten in vielen Museen auch als Warnschuss betrachten. Von diesem Dienstag an bleiben zahlreiche Häuser für einen weiteren Tag pro Woche geschlossen, die täglichen Öffnungszeiten werden verkürzt.

    Betroffen sind auf der Museumsinsel das Alte Museum und das Bode-Museum. Neue Regelungen gelten für Kunstbibliothek, Kupferstichkabinett und Kunstgewerbemuseum am Kulturforum sowie die Friedrichswerdersche Kirche, das Museum Europäischer Kulturen in Dahlem, die Sammlung Scharf-Gerstenberg in Charlottenburg und das Schloss Köpenick. Diese Häuser bleiben nach Angaben der SPK montags und dienstags geschlossen und reduzieren zudem teilweise ihre Öffnungszeiten zu den auch bisher weniger frequentierten Tageszeiten. Zugleich wolle man flexibler auf Besucherströme reagieren, sagte Hermann Parzinger gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Bei der in dieser Woche in der Alten Nationalgalerie eröffnenden Caspar-David-Friedrich-Ausstellung ist mit einer Ausdehnung der Zeiten bis in die Abendstunden zu rechnen.

    Zum SPK-Verbund gehören einige der bedeutendsten Museen der Welt. Nun jedoch könnte es immer häufiger heißen: vorübergehend geschlossen. Bei der von allen Beteiligten als Meilenstein beschworenen Reform der Preußenstiftung bleibt derweil die Finanzausstattung des Kulturtankers SPK weiterhin ausgespart.

    #Berlin #Museum #Kultur #Inflation

  • Protest-Performance im Knast-Look: Taxifahrer demonstrieren in Berlin-Friedrichshain gegen die Uber-Konkurrenz
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/protest-performance-im-knast-look-taxifahrer-demonstrieren-in-berlin-fr


    Taxifahrer wurden am Freitagabend zu Schauspielern: Sie protestierten gegen die Umbenennung des Mercedes-Platzes und der beiden Veranstaltungsorte in Berlin-Friedrichshain.

    22.3.2024 von Alexander Conrad

    Die wohl skurrilste Demonstration der vergangenen Woche bot am Freitagabend das Berliner Taxigewerbe anlässlich der an diesem Tag vollzogenen Umbenennung der Friedrichshainer Mercedes-Benz-Arena in Uber-Arena. In Kostümen führten dabei Taxifahrer eine kurze Theaterperformance auf, die Message war klar: „Uber raus!“

    So tönte es immer wieder per Lautsprecher aus dem ersten Wagen einer Reihe von etwa 20 Taxis, die in der Mühlenstraße aufgefahren waren. Ursprünglich waren 50 Fahrzeuge auf dem Mercedes-Platz angekündigt worden, der an diesem Tag ebenfalls in Uber-Platz umbenannt wurde. Auch heißt die Verti-Music-Hall jetzt Uber-Eats-Music-Hall. Die Umbenennungen hatte eine Woche zuvor der Eigentümer der Arena, die Anschutz Entertainment Group, zusammen mit Uber angekündigt.

    Trotz Regenschauern war der Platz vor der Arena gut gefüllt. Johlende Jugendliche, die in der Schlange auf ein Konzert eines Rappers warteten, und Fans der Berliner Eisbären, die am Abend in der Arena spielten, bekamen jedoch wenig von dem Trubel mit, der sich einige Meter weiter an der Straße abspielte.

    Klaus Meier, der federführende Mann hinter der Performance, setzte seine Ziele für den Abend hoch: „Ich will die Welt vor der Uber-nisierung retten.“ Nachdem einige Powerpoint-Slides, die mit dramatischen Übergangseffekten über eine im Wind wehende Leinwand geflimmert waren, garniert mit Sprüchen wie „Wer muss sich da nicht Uber-geben“ oder durchgestrichenen Logos von Weltkonzernen, kam es zum Höhepunkt der Veranstaltung.

    Als Sträflinge verkleidete Taxifahrer zogen an einem Tau ein mit Uber-Eats-Tüten zugekleistertes Fahrzeug über den Bürgersteig, aus der Menge kam eine ältere Frau zu rockiger Musik in einem kurzen schwarzen Lederoutfit mit Batmansymbol, schmiss einen Hammer auf den Boden und machte sich daran, das Fahrzeug von dem grünen Verpackungsmaterial zu befreien. Gestalten in Regenbogenanzügen oder mit Fellkostümen samt Mäuseohren kamen ihr zu Hilfe.

    Die bunten Klamotten sollten wohl für Vielfalt stehen, die Schriftzüge „Taxi Lobby“,„IHK“ oder „LABO“, die improvisiert mit Tape auf den Rücken geklebt wurden, für die Verbände, die das Taxigewerbe unterstützen – so deutete es ein beteiligter Mitarbeiter des Unternehmens Taxi Berlin.

    Als der letzte Uber-Schriftzug entfernt worden war, kam darunter ein Taxi zum Vorschein. Auf dem Fahrersitz hatte wohl seit Stunden ein Mann in Handschellen ausharren müssen, der nun unter Beifall von der als Heldin agierenden Frau befreit wurde und mit dem Taxi davonfuhr. „Taxi ist Kultur“ zierte die Seite des in die Freiheit fahrenden Vehikels.

    Das sah auch der SPD-Abgeordnete Tino Schopf so, der vor Ort seine Solidarität mit dem Berliner Taxigewerbe ausdrücken wollte. „Wenn’s nach mir ginge, hätte ich den Platz nach Marlene Dietrich benannt“, sagte er. „Das ist ein Platz mit zwei großen kulturellen Veranstaltungsorten, der nun nach einem Konzern benannt wurde.“ Dessen Geschäftsmodell beruhe auf Sozialdumping, das sei eine Schande. „Wir müssen die Berliner Kultur beschützen.“ Ob das gebotene Taxi-Theaterstück auch unter seinen Kulturbegriff fällt, blieb offen.

    #Berlin #Friedrichshain #Mühlenstraße #Uber #Taxi #Theater #Kultur

  • Adé, Mercedes-Benz: Berlin hat jetzt eine Uber Arena
    https://www.morgenpost.de/bezirke/friedrichshain-kreuzberg/article241950290/Ade-Mercedes-Benz-Berlin-hat-jetzt-eine-Uber-Arena.html
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    Der neue Schriftzug ist angebracht: Seit Freitag gibt es in Berlin die Uber Arena.

    22.3.2024 von Patrick Goldstein, Jessica Hanack - Berlin. Die Mercedes-Benz Arena in Berlin ist Geschichte. Am Freitag wurden neue Schilder montiert. Taxifahrer protestieren gegen neuen Namen.

    Nach rund achteinhalb Jahren ist die Zeit der Mercedes-Benz Arena in Berlin zu Ende gegangen. Seit Freitag heißt die größte Veranstaltungshalle der Hauptstadt offiziell Uber Arena. Das Heimspiel der Eisbären Berlin gegen die Adler Mannheim war das erste Event, das in der Halle mit neuem Namen stattfand. Dass der amerikanische Fahrtenvermittler die Namensrechte erworben hat, hatte Uber-Deutschland-Chef Christoph Weigler im Januar in der Berliner Morgenpost bekanntgegeben. Umbenannt wurden in dem Zusammenhang auch die bisherige Verti Music Hall in Uber Eats Music Hall sowie der Mercedes-Benz Platz in Uber Platz. Uber Eats ist der Essenslieferdienst des Unternehmens.

    Die Umbauarbeiten hatten bereits in den vergangenen Tagen begonnen, der neue Uber-Schriftzug wurde am Freitag an der Veranstaltungshalle montiert. Knapp 34 Meter breit, fünf Meter hoch und 5,7 Tonnen schwer ist dieser dem Unternehmen zufolge. Auch der gesamte Internetauftritt der Arena samt Adresse der Website ist bereits an den neuen Namensgeber angepasst. Am Freitagnachmittag war die Stimmung auf dem Platz geprägt von Baulärm. Zwei Kräne und ein Mann in einer Hubarbeitsbühne waren für die Installationsarbeiten am neuen Schriftzug im Einsatz. Neben dem Eingangsbereich war indes ein Handwerker lautstärk und Funken sprühend mit der Flexsäge am Werk. Es galt, einen passenden Rahmen für einen Geldautomaten zu schneiden – der noch vor der Veranstaltung am Abend fertig werden sollte.

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    Die Buchstaben für den neuen Namen „Uber Arena“ wurden am Freitag zur Veranstaltungshalle gebracht und montiert. © Uber

    Passantin in Berlin: „Mercedes-Benz Arena gefiel mir besser“

    Die 30-jährige Lisa eilte am Freitag mit einer englischsprachigen Begleiterin vorbei, auf dem Weg zurück zum Arbeitsplatz in einer der Zalando-Niederlassungen in der Nähe des Uber Platz. Kurz blieb sie stehen, um ein Bild vom neuen Schriftzug zu machen. Was sie mit der Halle verbindet? „Hier habe ich die Backstreet Boys, Shirin David und Kendrik Lamar gesehen“, so die Frau aus Tiergarten. Sie hängt dem alten Namen des Veranstaltungsorts nach. „Dieser Uber-Schriftzug ist irgendwie hässlich“, findet sie. „Mercedes-Benz Arena gefiel mir besser.“

    Die bisherige Verti Music Hall trägt bislang noch keinen neuen Schriftzug. Dafür ist aber die alte Bezeichnung noch auf einem Betonpfahl installiert. Drei Dutzend Fans standen am Freitagnachmittag vor dem Eingang, um die ersten zu sein, die ins abendliche Konzert des kasachischen Rappers Scriptonit kommen. An den Türen hinter stand da bereits der neue Name des Veranstaltungsorts: Uber Eats Music Hall.

    Uber kündigte auch ein neues Mobilitätskonzept für die Arena an

    Uber-Deutschland-Chef Christoph Weigler hatte zur Motivation, weshalb die Namensrechte erworben wurden, gesagt, dass man in der Hauptstadt weiter wachsen und bekannter werden wolle. Gleichzeitig soll auch ein neues Mobilitätskonzept entwickelt werden, um den Verkehr rund um die Arena besser zu lenken. Am Freitag sagte Weigler: „Wir sind überzeugt, dass wir mit unseren Services das Eventerlebnis in der Hauptstadt über viele Jahre bereichern werden.“

    Dass die Arena einen neuen Namen bekommt, hat seit dem Bekanntwerden der „langfristigen Partnerschaft“ zwischen Uber und der Anschutz Entertainment Group (AEG) als Eigentümerin der Veranstaltungshalle für Kritik gesorgt. Aus dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gab es schnell ablehnende Äußerungen. Der verkehrspolitische Sprecher der Berliner SPD-Fraktion, Tino Schopf, hat diese anlässlich der erfolgten Umbenennung erneuert.

    Er verweist auf „Lohndumping, Sozial- und Steuerbetrug im Mietwagengewerbe“ und dass sich das Geschäft für Mietwagenunternehmen auf der Vermittlungsplattform kaum wirtschaftlich betreiben lasse. Fahrerinnen und Fahrer seien so, trotz Vollzeit-Arbeit, auf staatliche Leistungen angewiesen. „Dass sich nun sowohl die Arena als auch die Music Hall, also zwei große Event-Aushängeschilder der Stadt, ausgerechnet mit dem Namen eines solchen Unternehmens schmücken, sollte sowohl beim Eigentümer der Locations als auch bei den Berlinerinnen und Berlinern kein Grund zur Freude sein“, so Schopf.

    Taxifahrer protestieren in Häftlingskleidung gegen „Uberisierung Berlins“

    Am Freitagabend haben auch Berliner Taxifahrer gegen die Umbenennung der Halle protestiert. Für Taxifahrer ist die Umbenennung der Mercedes-Benz-Arena in Uber-Arena ein Affront gegen ihre Branche. Kriminelle Machenschaften und Lohndumping sind die Hauptvorwürfe, die sie dem Fahrtenvermittler Uber machen. Ihren Frust demonstrierten sie am Freitagabend mit einer Art Theater-Performance. In Häftlingskleidung und mit Eisenkugel am Fußgelenk zogen Protestierende ein Taxi-Auto über den Gehweg an der Mühlenstraße vor der Konzerthalle. Das Fahrzeug war über und über mit Müllsäcken bedeckt und wurde erst von den Demonstranten mit theatralischen Gesten davon befreit. „Taxi ist Kultur“ war auf den Autotüren zu lesen.
    Berliner Taxifahrer protestierten in Häftlingskleidung vor der Uber-Arena.

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    Berliner Taxifahrer protestierten in Häftlingskleidung vor der Uber-Arena. © Julia Lehmann

    „Wir finden es unzulässig, dass sich ein Konzern mit organisierter Kriminalität derart im öffentlichen Raum verankern darf“, sagte Taxifahrer und Sprecher für die Aktion Klaus Meier. „Und dabei wollen wir uns aber gleichzeitig blendend amüsieren.“ Unterstützt wurde er von etwa 40 Teilnehmern aus der Taxi-Branche. Die Demonstration war angemeldet und wurde von der Polizei begleitet.
    Klaus Meier erläuterte vor Ort, dass die günstigen Preise, die Uber für seine Fahrten anbiete, nur auf illegalem Wege möglich seien. „Die Fahrer verdienen schwarz dazu und Uber schafft dafür die Voraussetzungen“, so Meier. So sei es auch möglich, dass viele weiterhin Sozialleistungen bekämen.

    Unterstützung kam vom Taxi- und Mietwagenverband Deutschland (TMV). „Die Uberisierung Berlins muss gestoppt werden. Es ist höchste Zeit, dass der Senat dem regellosen Treiben von Uber und Co. in der Hauptstadt Einhalt gebietet und ein Mindestbeförderungsentgelt beschließt“, erklärte Thomas Kroker, Präsident des TMV in einer Mitteilung.

    Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) kündigte vor einigen Wochen an, dass solche Mindestpreise für den Mietwagen-Verkehr geprüft werden. Gemeint sind damit also Fahrten, die etwa über Uber vermittelt werden. Das Festlegen von Mindestpreisen wurde durch eine Novelle des Personenbeförderungsgesetzes möglich, Berlin hat – wie die meisten Kommunen in Deutschland – bislang aber keinen Gebrauch davon gemacht.

    #Berlin #Friedrichshain #Mühlenstraße #Uber #Taxi #Theater #Kultur

  • Taxifahrer demonstrieren gegen Berlinale-Sponsor Uber
    https://www.morgenpost.de/berlin/article241696598/Taxifahrer-demonstrieren-gegen-Berlinale-Sponsor-Uber.html
    https://img.sparknews.funkemedien.de/241697278/241697278_1708197371_v16_9_1200.webp
    Bild:

    17.2.2024 von Andreas Gandzior - Berlin. Uber stellt den Fahrdienst der Berlinale. Berliner Taxifahrer protestieren gegen den US-Fahrdienstleister mit dem „TaxiFilmFest“.

    Es ist eine Mischung aus Kulturerlebnis und Protest: das „TaxiFilmFest“, das zeitgleich zur Berlinale an der Potsdamer Straße in Mitte stattfindet. In einem Großraumtaxi zeigt Filmliebhaber und Taxifahrer Klaus Meier täglich Taxifilme. Fest steht der Termin für den Kultfilm „Taxidriver“ von Martin Scorsese am 20. Februar.

    Doch neben der Unterhaltung geht es Meier auch um den übermächtigen Konkurrenten Uber. Das US-amerikanische Dienstleistungsunternehmen bietet Online-Vermittlungsdienste zur Personenbeförderung an. „Wir wollen zeigen, wir sind da und wollen mit den Menschen ins Gespräch kommen“, sagt Meier. „Taxis sind ein wichtiger Teil des kulturellen Stadtlebens.“

    Auch in diesem Jahr ist Uber zum zweiten Mal Hauptsponsor der Berlinale. „Das Taxi als Teil des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) und der Stadtkultur ist bedroht. Die Leitung der Berlinale positioniert sich im Jahr 2024 bereits zum zweiten Mal gegen das Taxi und bietet dem größten Feind von guter Arbeit, von Taxi- und Filmkultur eine Werbefläche als Hauptsponsor“, heißt es in der Ankündigung der Berliner Versammlungsbehörde.

    Dagegen wehrt sich Meier gemeinsam mit den Unterstützern von Taxi Deutschland, Taxi-Innung, Ver.di und dem Arbeitslosenzentrum Evangelischer Kirchenkreise. Man wolle auf dem „TaxiFilmFest“ mit Filmschaffenden und dem Publikum der Berlinale ins Gespräch kommen. Die Kundgebungen, sprich das Filmfest, finden bis zum Sonntag, 25. Februar, täglich von 17 bis 22 Uhr statt.

    Berlinale: Berliner Taxifahrer laden Regisseur Martin Scorsese auf einen Kaffee ein

    Dann rollt Meier täglich den roten Teppich vor seinem Großraumtaxi aus. Aus rechtlichen Gründen darf er die Taxifilme aber nicht öffentlich zeigen. Lediglich Freunde können Platz nehmen und die Film sehen. Sein Event am Boulevard der Stars sieht der Taxi-Soziallotse als „Form des künstlerischen Protests“.

    Nach mehr als 30 Jahren im Taxigewerbe fährt er jetzt nur noch nebenberuflich, hauptberuflich kümmert sich der Taxi-Soziallotse um die Sorgen und Nöte der Angestellten und selbstständigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Berliner Taxi- und Mietwagenbetriebe. Sein größter Wunsch wäre ein Besuch von Regisseur Martin Scorsese in seinem Taxi. „Wir feiern natürlich den Film „Taxidriver“ von Martin Scorsese“, sagt Meier der Berliner Morgenpost. „Da Scorsese auf der Berlinale mit dem Goldenen Ehrenbär ausgezeichnet wird, würden wir uns sehr freuen, wenn er auf einen kurzen Besuch und einen Kaffee bei uns am Boulevard der Stars vorbeikommen würde.“

    #Taxi #Kultur #Film #Kino #Berlin #Mitte #Potsdamer_Straße #Eichhornstraße #TaxiFilmFest #Berlinale #Boulevard_der_Stars #Journalismus #Presse #TaxiFilmFest #Medienecho

  • Berlin: Taxifahrer veranstalten Anti-Berlinale – Protest gegen Uber mit eigenem Filmfestival
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/berlin-taxifahrer-veranstalten-anti-berlinale-protest-gegen-uber-mi


    Klaus Meier ist ehemaliger Taxifahrer und Veranstalter des Protest-Festivals bei der Berlinale. Foto Gerd Engelsmann

    16.2.2024 von José-Luis Amsler - Erneut wird die Berlinale vom US-Mietwagenkonzern Uber gesponsert. Berliner Taxifahrer protestieren dagegen – mit einem eigenen Filmfestival.

    Während Filmstars im Blitzlichtgewitter über den roten Teppich schreiten, geht für Klaus Meier ein Stück Berlin verloren. Unweit des Berlinale-Palasts steht der 63-Jährige mit seinem Großraumtaxi. An diesem Donnerstag beginnt mit der Eröffnungsgala am Potsdamer Platz die 74. Berlinale. Hauptsponsor ist, wie schon im letzten Jahr, das US-Mietwagenunternehmen Uber. Für Meier ist das ein Skandal.
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    #pawall

    #Taxi #Kultur #Film #Kino #Berlin #Mitte #Potsdamer_Straße #Eichhornstraße #TaxiFilmFest #Berlinale #Boulevard_der_Stars #Journalismus #Presse #TaxiFilmFest #Medienecho

    • :-) @monolecte

      Taxifahrer veranstalten Anti-Berlinale: Protest gegen Uber mit eigenem Filmfestival

      Erneut wird die Berlinale vom US-Mietwagenkonzern Uber gesponsert. Berliner Taxifahrer protestieren dagegen – mit einem eigenen Filmfestival.

      Während Filmstars im Blitzlichtgewitter über den roten Teppich schreiten, geht für Klaus Meier ein Stück Berlin verloren. Unweit des Berlinale-Palasts steht der 63-Jährige mit seinem Großraumtaxi. An diesem Donnerstag beginnt mit der Eröffnungsgala am Potsdamer Platz die 74. Berlinale. Hauptsponsor ist, wie schon im letzten Jahr, das US-Mietwagenunternehmen Uber. Für Meier ist das ein Skandal.

      „Uber steht für die Zerstörung einer Branche, für Ausbeutung, Lohndumping und das systematische Brechen von Gesetzen“, sagt er der Berliner Zeitung am Telefon. Um auf den drohenden Niedergang des Taxigewerbes aufmerksam zu machen, will Meier während des gesamten Festivals in Sichtweite des roten Teppichs protestieren – mit einem eigenen Filmfestival.
      Taxi-Protest bei der Berlinale: „Uber zerstört Existenzen“

      Meier hatte schon im vergangenen Jahr eine kleine Demonstration gegen das Uber-Sponsoring organisiert. Mit der Partnerschaft habe sich das Festival auf die Seite eines „Zerstörers von Existenzen“ gestellt. „Das darf sich nicht wiederholen“, sagte Meier damals der Berliner Zeitung. Die Demo habe die Festivalleitung ignoriert. Anfang Dezember habe er dann erfahren, dass Uber erneut als Hauptsponsor bei der Berlinale eingeladen wird.

      Statt nun erneut mit Schildern und Parolen für das Anliegen der Taxifahrer zu streiten, setzt der 63-Jährige in diesem Jahr selbst auf die Kunst der bewegten Bilder. Das „TaxiFilmFest“ soll ein eigenständiges Festival auf vier Rädern sein, eine Gegen-Berlinale im Großraumtaxi.

      Die Idee für das Filmfest hatte Meier bei der Mitarbeit an einem Nachbarschaftsprojekt. Mit Filmen habe der gebürtige Berliner bereits seit seiner Kindheit zu tun. „Mein Vater hat während des Zweiten Weltkrieges beim Trickfilm in Babelsberg gearbeitet“, erzählt Meier am Telefon. „Ich bin quasi im Filmstudio großgeworden“. Auch mit Veranstaltungen kennt sich der ehemalige Taxifahrer aus. Mitte der Neunzigerjahre arbeitete Meier als Freischaffender für Film- und Fernsehproduktionen, organisierte das Berliner „VideoFest“ und später die „Transmediale“ mit.
      Draußen Demo, drinnen Filmfest

      Mit seinem mobilen Festival will Meier nicht nur auf die prekären Arbeitsbedingungen der Berliner Taxifahrer aufmerksam machen. Ebenso gehe es darum, ein positives Bild des Gewerbes zu vermitteln. Den Menschen „auch mal was anderes zu zeigen, als den griesgrämigen Taxifahrer, der immerzu wütend ist, weil er kein Geld mehr verdient.“ Formal handelt es sich bei dem Festival trotzdem um eine Demonstration, die auch bei der Berliner Versammlungsbehörde angemeldet ist.

      „Wir sind zwei in einem, Protest und Filmfest“, erklärt Meier. „Das Taxi hat eine harte Schale und einen weichen Kern – so wie wir Berliner halt. Draußen ist die Kundgebung mit Forderungen an die Politik. Drinnen findet das Festival unter Freunden statt.“ Auf dem Programm stehen dabei ausschließlich Filme, in denen Taxis eine wichtige Rolle spielen: „Hallo Taxi“, „Das fünfte Element“ und – natürlich – Martin Scorseses New-Hollywood-Klassiker „Taxi Driver“.

      Damit soll auch die kulturelle Bedeutung des Taxis für die Stadt hervorgehoben werden. „Das Taxi war immer schon Seismograf für die gesellschaftliche Entwicklung in Berlin“, sagt Meier. „Das ging schon in der Nachkriegszeit los. Dann gab es die Studentenbewegung und das studentische Taxi, später dann das migrantische Taxi.“ Letztlich leiste die Branche weit mehr, als nur das Fahren von Gästen von A nach B. „Taxifahrer kennen ihre Stadt, wissen in welchen Lebenssitutationen die Menschen stecken und haben immer ein offenes Ohr“, sagt Meier. All das werde durch Unternehmen wie Uber bedroht.
      Kritik gegen Uber: „Organisierte Schwarzarbeit“

      Die Liste der Vorwürfe gegen den US-Konzern ist lang. Anfang der 2010er-Jahre wurde die Mietwagen-App noch als vielversprechendes Start-Up gefeiert, dass den Personenverkehr revolutionieren sollte. Schnell häuften sich Berichte über schlechte Arbeitsbedingungen und eine aggressive Unternehmenskultur, sogar von Gewalt gegenüber Mitarbeitern war die Rede. 2022 veröffentliche die britischen Zeitung The Guardian eine Auswertung von 124.000 internen Dokumenten, laut der Uber im Zuge seiner weltweiten Expansion gezielt Gesetze gebrochen, Behörden getäuscht und Regierungen beeinflusst haben soll.

      In Deutschland gelten für den Mietwagenkonzern zwar strengere Regeln, doch auch hier steht Uber in der Kritik. In einer Recherche des RBB wird das Geschäftsmodell des Unternehmens als „organisierte Schwarzarbeit“ beschrieben. Uber selbst tritt dabei nur als Vermittler auf. Aufträge, die über die App ankommen, werden an kleinere Mietwagenfirmen weitergeleitet, die wiederum die Fahrer beschäftigen. Werden dort gesetzliche Standards missachtet, fällt das nicht auf Uber zurück.

      Kristian Ronneburg, verkehrspolitischer Sprecher der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus, begleitet die Situation seit längerem kritisch. „Das Taxigewerbe ist durch die Öffnung des Marktes und Deregulierung seit Jahren durch unlautere Konkurrenz mit Mietwagenvermittlern wie Uber enorm unter Druck geraten“, sagte Ronneburg der Berliner Zeitung. Auch in Deutschland sei immer wieder deutlich geworden, „wie Uber offen und verdeckt Rechtsbrüche begeht“.
      „Die Menschen werden von Uber bewusst in eine Falle gelockt“

      TaxiFilmFest-Veranstalter Klaus Meier erzählt, dass es sich bei den Fahrern oft um Bürgergeldempfänger oder Geflüchtete handele, die für einen Stundenlohn von vier oder fünf Euro angestellt werden. Was für angehende Fahrer zunächst wie ein unkomplizierter Weg aussehe, unter der Hand etwas dazuzuverdienen, führe schnell in eine Sackgasse: Lange Schichten, fehlender Arbeitsschutz, keine Weiterbildungsmöglichkeiten. „Diese Menschen werden von Uber bewusst in eine Falle gelockt“, sagt Meier.

      Gerade in Berlin sollen Partnerfirmen von Uber konsequent den gesetzlichen Mindestlohn missachten. Die Fahrpreise für Kunden variieren, werden je nach Tageszeit und Nachfrage in der App bestimmt – sind aber fast immer billiger, als dieselbe Fahrt mit dem Taxi gekostet hätte. Meier ist sich sicher: „Rein rechnerisch ist es nicht möglich, dass Uber zu diesen Fahrpreisen den Mindestlohn zahlt.“

      Das bestätigt auch Kristian Ronneburg von den Linken. „Es sind bereits viele Fälle dokumentiert, bei denen Fahrerinnen und Fahrer Umsatzprovisionen bekommen, die umgerechnet auf geleistete Arbeitsstunden, unterhalb des Mindestlohns liegen“, so der Verkehrsexperte. „Dumping-Löhne führen dann wiederum zu einem Dumping-Wettbewerb und der hat ganz reale strukturelle Folgen für das Gewerbe – er macht es kaputt.“
      Uber reagiert auf Kritik: Gesetzliches Handeln hat „oberste Priorität“

      Ein Sprecher des Uber-Konzerns erklärt auf Anfrage der Berliner Zeitung, gesetzeskonformes Handeln habe für das Unternehmen „oberste Priorität“. Auch die Partnerunternehmen seien vertraglich dazu verpflichtet, sich an alle rechtlichen Vorgaben zu halten. „Sofern sie sich nicht an die Regeln halten und wir davon Kenntnis erlangen, ziehen wir entsprechende Konsequenzen, bis hin zu einer Sperrung auf unserer Plattform“, versichert der Sprecher.

      Nach Ansicht des Unternehmens hätten die Probleme der Taxibranche nicht nur mit dem gestiegenen Wettbewerb zu tun. Auch in Städten, in denen Uber gar nicht vertreten sei, leide das Taxi-Gewerbe.

      Zugleich bemühe man sich um ein partnerschaftliches Verhältnis mit der Branche. Tatsächlich arbeiten einige Taxi-Unternehmen angesichts schwindender Umsätze inzwischen mit Uber zusammen, lassen sich Aufträge über die App vermitteln. Allein in Berlin betreffe dies mehr als 1000 Fahrzeuge, erklärt der Uber-Sprecher. Durch eine Partnerschaft könnten sich Taxifahrer „zusätzliche Erlösquellen erschließen und von der hohen Nachfrage der internationalen Uber-Community profitieren“.

      Klaus Meier kritisiert diese Zusammenarbeit. Dass sich Taxifahrer aus Angst vor dem Existenzverlust mit Uber zusammentun – sich dem Unternehmen unterordnen – sei zwar nachvollziehbar, beschleunige aber nur die Übernahme des Marktes durch den Konzern. „Die begreifen nicht, dass es eine Solidarität innerhalb des Gewerbes braucht, wenn man überleben will“, so Meier.
      Mehr Wettbewerb, weniger Regeln

      Bis 2019 war der 63-Jährige noch selbst auf den Straßen Berlins unterwegs. Seit einigen Jahren kümmert sich Meier als „Taxi-Soziallotse“ um die Sorgen und Nöte seiner Kollegen. Er berät Taxifahrer in prekären Arbeitsverhältnissen, hilft bei Behördengängen, vermittelt Rechtsbeistände. „Ich helfe den Fahrern, Orientierung in schwierigen Lebenslagen zu finden“, beschreibt Meier seinen Beruf.

      Immer öfter gehe es dabei um die Folgen der Verdrängung durch Uber – die von der Bundespolitik maßgeblich vorangetrieben wurde. Tatsächlich ist der Konzern erst seit einigen Jahren in Deutschland aktiv, lange verhinderten gesetzliche Bestimmungen den Markteintritt. 2021 lockerte dann der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) das Personenbeförderungsgesetz. „Mehr Wettbewerb, weniger Regeln“, war die Devise. Erst dadurch konnten sich Uber und Co. mit ihrem Geschäftsmodell in Deutschland etablieren, sagt Meier. „Für die Taxifahrer war das eine Katastrophe“.

      Was für die Berliner Taxibranche zum existentiellen Problem wird, trifft bei den Verbrauchern bislang auf überwiegend positive Resonanz. Seit Jahren wächst die Zahl der Uber-Kunden, 2022 hatten weltweit über 130 Millionen Menschen die App installiert. Das dürfte vor allem daran liegen, dass die Fahrten mit dem Mietwagenservice deutlich günstiger sind, als die Konkurrenz – laut Angaben des Unternehmens zwischen 30 und 40 Prozent pro Fahrt. Gerade jüngere Menschen und Menschen mit geringem Einkommen wählen immer öfter die App, auch als Alternative zum ÖPNV.
      Mindestpreise für Uber-Fahrten? „Das Problem ist ein anderes“

      Aufgrund der immensen Preisunterschiede wurde 2021 die Möglichkeit einer Mindestbepreisung gesetzlich verankert. Demnach wäre es auch in Berlin möglich, eine Untergrenze für Uber- und Taxifahrten festzulegen. Dass der Senat von dieser Regelung Gebrauch machen könnte, gilt jedoch als unwahrscheinlich. „Leider gibt es bei den Genehmigungsbehörden bisher noch Unsicherheiten bezüglich der rechtssicheren Durchführung“, erklärt Linken-Politiker Kristian Ronneburg. Der Vorschlag werde vom Senat geprüft.

      Klaus Meier steht einer Mindestbepreisung kritisch gegenüber. Letztlich seien es nicht die Gesetze, die für die Verarmung des Gewerbes sorgten, sondern deren mangelhafte Durchsetzung. „Wo die Behörden darauf achten, dass Gesetze eingehalten werden, kriegt Uber keinen Fuß auf den Boden“, sagt Meier. „In Hamburg gibt es praktisch keine Uber-Fahrzeuge. Wer die Bedingungen nicht erfüllt, bekommt keine Zulassung.“ In Berlin sei das anders. Hier interessierten sich die Behörden schlichtweg nicht für die Arbeitsbedingungen der Fahrer, vermutet Meier. „In dem Moment wo der Mindestlohn in Berlin konsequent durchgesetzt werden würde, könnte Uber sein Lohndumping nicht mehr aufrechterhalten.“

      Infolge der gestiegenen Konkurrenz müssten derweil auch viele Taxifahrer unter Mindestlohn arbeiten, um mithalten zu können. „Als ich 1985 angefangen habe, konnten Taxifahrer noch gut von ihrem Beruf leben“, sagt Meier. „Heute ist das ein Armutsjob.“ Die Betriebe, die faire Löhne zahlen, würden wiederum ihre Aufträge verlieren. Meier: „Alle Taxibetriebe, die ehrlich arbeiten, stehen gerade kurz vor der Insolvenz.“
      Linken-Politiker: Kooperation mit Uber „politisch höchst fragwürdig“

      Dass die Berlinale als kulturelles Aushängeschild der Hauptstadt mit Uber zusammenarbeitet, trifft auch bei Politikern auf Kritik. Die Linke-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus fordert in einer Beschlussempfehlung von Ende Januar die Landesregierung auf, der Kooperation einen Riegel vorzuschieben.

      Kristian Ronneburg hat den Antrag mit ausgearbeitet. Dass die Berlinale als öffentlich bezuschusstes Festival ausgerechnet dem „größten und finanzstärksten Gegenspieler der Taxen“ den Vorzug gibt, sei „politisch höchst fragwürdig“, sagt Ronneburg. Laut dem Antrag seiner Fraktion soll bei der nächsten Berlinale im Jahr 2025 der Transport der Gäste „ausschließlich mit dem Berliner Taxigewerbe“ erfolgen. Dadurch entgangene Sponsorengelder sollen entweder durch andere Partner kompensiert, oder aus dem Berliner Haushalt bezahlt werden.

      Der Sprecher des Uber-Konzerns erklärt auf Nachfrage, man könne die Forderungen der Linke-Fraktion nicht nachvollziehen. „Mit unserem Engagement bei der Berlinale unterstützen wir die Kultur- und Filmszene in der Hauptstadt“, so der Sprecher.
      Berlinale sieht mögliche Partnerschaft mit Taxifahrern skeptisch

      Auch die Festivalleitung reagiert auf Nachfrage eher zurückhaltend auf den Vorschlag der Linken. „Die Berlinale arbeitet seit vielen Jahren mit unterschiedlichen Partnern beim Fahrdienst zusammen“, erklärt eine Berlinale-Sprecherin der Berliner Zeitung. Diese Partner würden nicht nicht nur die Kosten und Organisation des Fahrdienstes übernehmen, sondern auch die Fahrzeuge selbst stellen.

      Dass die Berliner Taxifahrer diese Aufgabe stemmen könnten, sei bislang nicht ersichtlich. „Eine Partnerschaft mit Taxiunternehmen würde Fahrzeuge, Lohnkosten der Fahrer, sowie alle Betriebsmittel (inkl. Sponsoring) beinhalten“, so die Sprecherin. „Ein entsprechendes tragfähiges Angebot aus dem Umfeld der Taxi-Unternehmen liegt uns nicht vor.“ Dennoch arbeite man im Hintergrund an einer Lösung, sei seit längerem mit Taxivertretern im Austausch.

      Die scharfe Kritik an den Geschäftspraktiken ihres Hauptsponsors weist die Berlinale zurück. „Wir wählen unsere Partner im Vorfeld sorgfältig aus und unterziehen sie einer Prüfung mit umfangreichen Recherchen“, so die Sprecherin. Laut geltender Rechtslage dürfe Uber in Berlin legal operieren, danach richte man sich. Zudem habe Uber der Festivalleitung „glaubwürdig versichert, dass die Geschäftspraktiken ihrer Anfangsjahre nicht mehr existieren und sie sich klar davon distanziert haben.“ Informationen verschiedener Medien, sowie der Berliner Linken, zeichnen ein anderes Bild.
      „Mit Martin Scorsese würden wir gerne mal einen Kaffee trinken“

      Wenn Klaus Meier ab Donnerstag an jedem Berlinale-Abend mit seinem Großraumtaxi in Berlin-Mitte steht, will er von all dem erstmal nichts mehr hören. Ihm gehe bei seinem „TaxiFilmFest“ darum, die Freude an dem Beruf nach außen zu tragen, trotz des ernsten Hintergrundes. Auch gegen die Berlinale hege man grundsätzlich keinen Groll. „Niemand von uns hat etwas gegen das Festival“, sagt Meier. „Ohne die Berlinale wäre unsere Stadt um einiges Ärmer. Aber dieses Sponsoring von Uber haben die wirklich nicht nötig.“

      Kommende Woche wird es dann doch nochmal politisch: Am 21. Februar soll Meier bei einer Sitzung des Mobilitätsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus die Interessen der Taxifahrer vertreten. Auch ein Abgesandter von Uber wird dort für das Unternehmen vorsprechen. „Das wird ein Spaß“, sagt Meier lachend.

      Bevor es an diesem Abend zur Eröffnung seines Festivals geht – auf dem Programm steht ein Überraschungsfilm – muss der 63-Jährige noch einen wichtigen Anruf tätigen. „Ich wollte mich noch bei der Berlinale-Leitung melden, damit die dem Martin Scorsese mal einen netten Gruß von uns ausrichten“, sagt Meier. „Mit dem würden wir gerne mal einen Kaffee trinken und uns für seinen tollen Film bedanken. Am liebsten hier bei uns im Taxi.“

  • Berlinale: Taxifahrer von Uber-Shuttle genervt – “Wir haben alte, abgewrackte Taxen”
    https:// www.berlin-live.de /berlin/aktuelles/berlinale-taxifahrer-uber-shuttle-fahrer-protest-berlin-festival-id130220.html

    Es kommt immer wieder vor, dass Exemplare der schreibenden Zunft nicht verstehen, was sie erfahren, nicht zuhören oder derart in ihren eigenen Stimmungen und Weltbildern gefangen sind, dass sie anstelle von Berichtstattung nur Quatsch verzapfen. Dieser Artikel ist ein trauriges Beispiel für diese Art Realitätsferne.

    Vom ersten Satz bis zum letzten Wort enthält dieser Bericht ausschließlich Erfundenes, Unverstandenes und Missinterpretiertes.

    JW ist kein FoT, dafür mangelt es ihr an aufrichtigem Interesse für ihr Thema. Gehört sie auf den EoT-Zettel? Man weiß es nicht. Ist auch egal, wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr. Schade, schade, die junge Frau machte einen so netten Eindruck.

    Infos zum TaxiFilmFest gibt es in zahlreichen anderen Berichten.

    Jana Wengert - Die Berlinale startet mit ungewöhnlichem Auftakt: Weil das Filmfestival seine Gäste mit Uber anreisen ließ, gab es Ärger mit den Taxifahrern.

    Am 15. Februar 2024 feiert die diesjährige Berlinale ihren Auftakt. Und die Hauptstadt steht Kopf – zumindest was die Fans der internationalen Filmfestspiele angeht. Während die Vorfreude bei den Besuchern steigt, kommen bei den Taxifahrern der Metropole jedoch ganz andere Emotionen auf.

    Die Lenker der gelben Limousinen sind genervt – und das aus einem bestimmten Grund: Die Berlinale lässt Promi-Gäste nämlich mit dem Shuttle-Service des Unternehmens Uber anreisen anstatt auf die berühmt berüchtigte Taxe zurückzugreifen. Die Taxi-Fahrer starteten deshalb eine Protestaktion.
    Berlinale zum Trotz: Taxifahrer starten eigenes Festival

    Weil die Berlinale ihnen keine Plattform bieten wollte, entschieden sich unter anderem Unterstützer von Taxi Deutschland, Taxi-Innung, Ver.di und Co. dazu, einfach ein eigenes Festival zu starten: das „TaxiFilmFest“. Pünktlich um 17 Uhr erstrahlte dafür am Donnerstag ein hell erleuchtetes Taxi auf dem ehemaligen Boulevard der Stars. Es soll als Autokino mit wechselndem Filmangebot samt Popcorn und Getränken dienen. Wenn nichts dazwischen kommt, bis zum 25. Februar sogar täglich von den frühen Abendstunden bis 22 Uhr.
    Berlin

    Pünktlich zum Auftakt der Berlinale veranstalteten die Taxifahrer ihr eigenes „Festival“. Bild von der Autorin

    Doch mit dieser Aktion möchte man nicht nur Aufmerksamkeit erlangen und gleichzeitig Unterhaltung bieten – die Verantwortlichen erhoffen sich dadurch auch, mit Filmschaffenden und dem Publikum der Berlinale ins Gespräch zu kommen. Denn die Entscheidung, Uber als Fahrdienstleister zu wählen, lässt die Taxifahrer nicht kalt.

    Berliner Taxifahrer bedrückt: „Sind alte Männer“

    „Die Frage ist halt, warum wir uns das gefallen lassen“, fragte Danielo Baltrusch, Beauftragter der Innung des Berliner Taxigewerbes e.V. in die Runde. Eine Antwort hatte niemand. Doch mit dem „finanzstarken Unternehmen“ könne man eben nicht mithalten, wie sich im Gespräch mit BERLIN LIVE herausstellte: „Die haben ihre Limousinen, wir haben alte, abgewrackte Taxen, sind alte Männer und wenn man noch zwei Jahre wartet, sind wir als Dienstleister tot.“

    Könnte überhaupt infrage kommen, in den kommenden Jahren wieder für die Berlinale zu fahren? „Wenn man das mit Geld unterstützen würde, dürfte man auch auf der Liste stehen und Leute fahren“, vermutete Taxifahrerin Irene Jaxtheimer. Doch es muss auch einen anderen Weg geben. Bleibt zu hoffen, dass diese Lösung nicht zu spät gefunden wird.

    #Taxi #Kultur #Film #Kino #Berlin #Mitte #Potsdamer_Straße #Eichhornstraße #TaxiFilmFest #Berlinale #Boulevard_der_Stars #Journalusmus #Presse

  • Berlinale 2024 - mit spannendem (kostenlosen) Rahmenprogramm
    https://www.gratis-in-berlin.de/component/flexicontent/13-festivals/2064802-berlinale-2024-mit-spannendem-kostenlosen-rahmenprogramm

    Donnerstag 15.02.2024 bis Sonntag 25.02.2024 - Anfangszeit: :00 Uhr
    Kategorie: Festivals
    Berlinale 2024 - mit spannendem (kostenlosen) Rahmenprogram...

    Auch die Berlinale 2024 kostet zwar Eintritt, aber dabeisein lohnt sich schon wegen der Cineasten-Atmosphäre, besonderen Filme und der Live-Auftritte und Nach-Film-Gesprächsrunden mit Filmteams und Stars. Das einmalige Berliner Publikums-Filmfestival bietet traditionell aber auch immer ein spannendes kostenloses Rahmenprogramm.

    Das Taxifilmfest (Fettschrift = Link) sicher einer der spannendsten Rahmenangebote.

    Die Nordic Film Music Days mit Filmvorführungen.

    Der Manifesto Market in den Potsdamer Platz Arkaden veranstaltet am 19. und 20.2.24 Podiumsdiskussionen mit Berlinale-Künstlern

    Spannend klingt auch der Berlinale Edit-a-thon 2024

    Bei diesen außergewöhnlichen (Parallel-)Programmteilen rund um die Berlinale ist der Eintritt frei:
    ... Hier haben wir allgemeine Promi-Hot-Spots in Berlin zusammengestellt.

    Natürlich gibts auch wieder viele Berlinale Stars auf dem roten Teppich. (wir aktualisieren während Berlinale möglichst jeden Morgen). Martin Scorsese erhält Ehrenbär etc.

    Termin der Berlinale & genaues Datum 15. bis 25. Februar 2024.

    Das war letztes Jahr, wird noch gecheckt:
    – Forum Expanded: Ausstellung und Screenings im Rahmen der Berlinale im Savvy Contemporary, Gerichtstr. 35, 13347 Berlin-Wedding?
    – Berlinale Social Bus mit Impulsen, Kunst, Musik und Diskussionen in der Potsdamer Straße, gibts das noch? Gerne Kommentar.
    – Bei der Weltzeituhr am Potsdamer Platz kann man sich in einem temporären Shuttle gegen Vornanmeldung filmreif schminken lassen. gibts das noch? Gerne Kommentar.
    - die Street Food Trucks vor den Potsdamer Platz Arkaden (Joseph-von-Eichendorff-Gasse/Ecke Alte Potsdamer Straße) bieten täglich von 11 bis 22 Uhr einen außergewöhnlichen Anblick und frischgekochtes Essen in „regionaler, saisonaler und pestizidfreier“ Qualität.
    Täglicher Berlinale Nighttalk aus der XXL Bar des Cinemaxx leider nicht mehr.

    von: Andrea

    Im Einzelnen
    https://www.gratis-in-berlin.de/kino/item/2065517-taxifilmfest-parallel-zur-berlinale

    #Taxi #Kultur #Film #Kino #Berlin #Mitte #Potsdamer_Straße #Eichhornstraße #TaxiFilmFest #Berlinale #Boulevard_der_Stars #Journalismus #Presse #TaxiFilmFest #Medienecho

  • Uber ist Partner der Berlinale: Warum Taxifahrer während der Berlinale ihr eigenes Filmfest starten
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/festival-der-ausgeschlossenen-warum-taxifahrer-wahrend-der-berlinale-ih

    16.2.2024 von Marlon Saadi - Die Berlinale kooperiert seit einem Jahr mit Uber. Taxifahrer sehen darin ein weiteres Symbol für ihre Verdrängung. Aus Protest haben sie ein eigenes Filmfest organisiert.
    ...

    #Taxi #Kultur #Film #Kino #Berlin #Mitte #Potsdamer_Straße #Eichhornstraße #TaxiFilmFest #Berlinale #Boulevard_der_Stars #Journalismus #Presse #TaxiFilmFest #Medienecho

  • Taxi Berlin - Hier spricht Tiffany Taxi - Programm 88,4 MHz
    https://fr-bb.org/programm/sendung/60948.html#Taxi%20Berlin-Hier%20spricht%20Tiffany%20Taxi

    «Taxi Berlin» Hier spricht Tiffany Taxi: Taxifilmfest #92
    Donnerstag, 01. Feb 2024, 19:00 bis 20:00 Uhr
    Übers Taxifahren in Berlin und seine Nebenwirkungen. Taxi Berlin

    Geschichten und Informationen aus dem Taxi, über das Taxi und um das Taxi herum. Mit Tiffany und Gästen, mit Musik zum Taxifahren.
    88,4 MHz - Pi Radio

    https://www.txsl.de/taxifilmfest-piradio.html

    Sendetermin
    Donnerstag, 01. Feb 2024, 19:00 bis 20:00 Uhr
    88,4 MHz in Berlin
    90,7 MHz in Potsdam
    DAB+ Kanale 7D in Berlin
    DAB+ Kanale 12D in Brandenburg
    Stream : 192 kbit/s, 128 kbit/s http://ice.rosebud-media.de:8000/88vier

    #Taxi #Kultur #Film #Kino #Berlin #Mitte #Potsdamer_Straße #Eichhornstraße #TaxiFilmFest #Berlinale #Boulevard_der_Stars #Journalismus #Presse #TaxiFilmFest #Medienecho

  • Mehrzweckhalle in Berlin umbenannt: Wie wär’s mit „Rotkäppchen Forum“?
    https://taz.de/Mehrzweckhalle-in-Berlin-umbenannt/!5984202
    Danke Tino, Du hast ja soo Recht. Aber eigentlich macht das alles nichts, denn es wird dazu kommen, dass „Uber“ für Massenkarambolagen, vergewaltigte Fahrgäste und viele andere schreckliche Dinge steht, die niemand haben will. Dann wird sich die Uber-Reklame gegen die dummen Marketing-Fuzzis und ihr Produkt wenden. Das gibt dann einen schönen Uber-Bankrott.

    21.1.2014 von Andreas Hergeth - Die Mercedes-Benz-Arena wird in „Uber Arena“ umbenannt. Muss das sein? Was wird als Nächstes in Berlin umbenannt? Wir hätten da ein paar Vorschläge.

    Namen sind eben nicht Schall und Rauch. Namen sind wichtig, vor allem dann, wenn sie uns alle angehen, weil es sich um Plätze oder öffentliche Gebäude handelt. Gerade gibt es ein verrücktes Beispiel einer solchen Umbenennung aus Friedrichshain. Schlimmer geht nimmer? Von wegen.

    Am Freitag gab die Anschutz Entertainment Group (AEG) bekannt, dass die „Mercedes-Benz Arena“ in Friedrichshain vom 22. März an „Uber Arena“ heißen wird. Darauf hätten sich die AEG und das für seine Taxi-App bekannte Unternehmen aus den USA verständigt.

    Ja, noch mehr: Uber hat auch die Namensrechte an der benachbarten „Verti-Music-Hall“ (benannt nach einem Kfz-Direktversicherer) erworben, sie firmiert nun als „Uber Eats Music Hall“. Beide Gebäudekomplexe liegen am unwirtlichen Mercedes-Platz in Friedrichshain, auch der wird in „Uber Platz“ umbenannt. Auf den entsprechenden Webseiten sind die Namenszüge schon mal digital an Gebäudefotos zu sehen. Über den Preis, den die Firma für diese Werbecoup hinblätterte, wurde zunächst nichts bekannt.

    Ja, geht’s noch? Schnell regte sich erster Protest. Tino Schopf (SPD), Mitglied im Abgeordnetenhaus und Sprecher für Mobilität und Verkehr, hat am Samstag seinen Unmut in einer Presseerklärung kundgetan: „Mit dem Wechsel übernimmt ein Unternehmen die Namenshoheit, dass in den letzten Jahren in Berlin vor allem durch seine unrühmliche Rolle in Bezug auf Lohndumping, Sozial- und Steuerbetrug im Mietwagengewerbe von sich reden gemacht hat.“

    Schon der dritte Namensgeber

    Immerhin geht es hier um die größte Sport- und Konzerthalle Berlins, die nun unter neuem Namen firmiert. Hier treten Weltstars auf. Hier spielen die Eisbären Berlin in der Deutschen Eishockey Liga und die Basketballer von Alba Berlin ihre Heimpartien. Die Arena mit bis zu 17.000 Plätzen wurde 2008 unter dem Namen „O2 Arena“ eröffnet. 2015 hatte es zuletzt eine neue Namenspartnerschaft mit der Umbenennung zur „Mercedes-Benz Arena“ gegeben.

    Aber mal sehen, was in Berlin als Nächstes umbenannt wird. Wir hätten da ein paar Beispiele parat: Das Humboldt Forum könnte „Rotkäppchen Forum“ (eine kleine Reminiszenz an den verschwundenen Palast der Republik) heißen, das Rote Rathaus vielleicht „Volkswagen Rathaus“, die Deutsche Oper eventuell „Amazon Oper“ – und wie wäre es mit dem „Berliner Luft Flughafen“ statt BER?

    Aber okay, unliebsame Namen lassen sich ja locker umgehen. Ganz einfach, indem man den links liegen lässt. In diesem Fall lässt sich weiterhin von der Mehrzweckhalle am Ostbahnhof sprechen. Niemand zwingt einen dazu, den offiziellen Namen zu verwenden.

    Oder, um noch einmal Tino Schopf zu zitieren: „Dass sich nun sowohl die Arena als auch die Music Hall, also zwei große Event-Aushängeschilder der Stadt, ausgerechnet mit dem Namen eines solchen Unternehmens schmücken, sollte sowohl beim Eigentümer der Locations als auch bei den Berlinerinnen und Berlinern kein Grund zur Freude sein“, so Schopf in seiner Pressemitteilung.

    Und weiter: „Für die Fahrgäste, deren Sicherheit nicht gewährleistet ist und für die unterdurchschnittlich entlohnten Fahrerinnen und Fahrer des Vermittlers, ist die jüngste Meldung vielmehr ein Schlag ins Gesicht. Dem Eigentümer sei gesagt: Augen auf bei der Partnerwahl – nicht nur im Privaten, sondern auch in der Wirtschaft. Ein gutes Angebot allein rechtfertigt nicht jeden Deal.“

    #Berlin #Uber #Kultur

  • Kampf um Steglitzer Kreisel: Das lange Warten auf die Wohnung mit Blick zum Sonnenuntergang
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/kampf-um-steglitzer-kreisel-das-lange-warten-auf-die-wohnung-mit-bl

    24.12.2023 von Ulrich Paul - André Gaufer erwarb vor fünf Jahren eine Wohnung im Steglitzer Kreisel, die spätestens Ende Juni 2022 fertiggestellt sein sollte. Doch daraus wurde nichts.

    Wenn André Gaufer an der Baustelle des Steglitzer Kreisels vorbeikommt, wird er immer etwas wehmütig. „Dann stelle ich mir vor, wie ich mit meiner Tochter in unserer neuen Wohnung Weihnachten feiere“, sagt der 58-Jährige. „Doch leider ist das bis jetzt nur ein Traum, der durch gebrochene Vertragsversprechen verhindert wird“, fügt er hinzu. „Hätten meine Vertragspartner ihr Wort gehalten, würden wir jetzt unser zweiter Silvester dort oben feiern“, sagt Gaufer.

    Dort oben, das ist im 19. Obergeschoss des ehemaligen Bürohauses, das zum Wohnturm umgebaut werden soll. Im Jahr 2018 hat Gaufer eine knapp 70 Quadratmeter große Wohnung erworben. „Mit Blick zum Sonnenuntergang“, sagt er. Spätestens Ende Juni 2022 hätte die Wohnung mit der Nummer 256 fertig werden sollen. Genauso wie die übrigen der insgesamt 330 Eigentumswohnungen, die im Kreisel geplant sind. Doch die Bauarbeiten sind ins Stocken geraten. Der Kreisel präsentiert sich seit Jahren weithin sichtbar als Gerippe aus Stahl und Beton, auch wenn die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unter Berufung auf Angaben aus dem Bezirk zwischenzeitlich von „Maurer- und Stahlbetonarbeiten“ berichtete.

    Gaufer hat den Kaufvertrag vor fünf Jahren für die Wohnung sowie für einen Stellplatz im Parkhaus auf den Namen seiner Firma Profinance unterzeichnet. Kaufpreis: 623.900 Euro. Damals wollte die CG-Gruppe des Unternehmers Christoph Gröner das Projekt realisieren. Doch dann gab es einen Wechsel bei den Projektverantwortlichen. Inzwischen ist die Adler Group Eigentümer des Steglitzer Kreisels. Sie legte Gaufer wie anderen Erwerbern Nachträge zu den Kaufverträgen vor, mit denen die Vereinbarungen im Nachhinein geändert werden sollten.

    So sollte für Gaufer der mit dem notariellen Kaufvertrag erworbene Stellplatz als Kaufgegenstand entfallen. Stattdessen wurde ihm nur noch „die Möglichkeit zum Erwerb eines Stellplatzes in der Tiefgarage des künftigen Bürogebäudes“ zugesagt, das anstelle des alten Parkhauses geplant ist. Darüber hinaus sollte es weitere bauliche Abweichungen vom ursprünglichen Kaufvertrag geben. Zudem wurde der Fertigstellungstermin von 2022 auf 2024 verschoben und Gaufer sollte einen höheren Miteigentumsanteil erhalten, was zum Beispiel eine stärkere finanzielle Beteiligung an künftigen Instandhaltungen mit sich brächte.

    Gaufer lehnte eine Unterschrift unter die nachträglichen Änderungen ab und pochte auf Vertragserfüllung. Die Gegenseite erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag – mit Verweis auf einen angeblichen Verstoß Gaufers gegen das „Kooperationsgebot“. Vor dem Landgericht konnte sich die Adler Group damit aber nicht durchsetzen. Das Gericht entschied im Sommer dieses Jahres, dass die Adler Group mangels Rücktrittsgrund nicht den Rücktritt vom Vertrag habe erklären können. Damit bleibe es bei der ursprünglichen Vereinbarung.

    Erstrittenes Urteil ist noch nicht rechtskräftig

    Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Die Adler Group ist in Berufung gegangen. Sie argumentiert unter anderem, dass sich die Klage Gaufers an die falschen Adressaten gerichtet habe: an die Steglitzer Kreisel Turm GBR sowie die Steglitzer Kreisel Parkhaus GBR. Diese seien zu dem Zeitpunkt aber bereits in GmbHs umgewandelt gewesen. Die Auffassung des Landgerichts, Gaufer habe ersichtlich seine Kaufvertragspartner in Anspruch nehmen wollen, sei „rechtsfehlerhaft“ gewesen. Die nachträgliche Änderung der Miteigentumsanteile führt der Rechtsanwalt der Adler Group darauf zurück, dass bei der Ermittlung der ursprünglichen Miteigentumsanteile „ein Fehler unterlaufen“ sei, woraufhin die Anteile auf Veranlassung des Grundbuchamts noch mal neu berechnet werden mussten.

    Gaufers Anwalt weist die Argumentation zurück. Die Klage sei „keineswegs gegen eine nicht existierende Partei geführt worden“. Die Änderung von einer GBR zu einer GmbH sei „identitätswahrend“ geschehen. Deswegen habe die Bezeichnung berichtigt werden können. Die Miteigentumsanteile könnten noch geändert werden, wie im Kaufvertrag vereinbart worden war. Das Kammergericht muss den Fall nun entscheiden. Ein Termin wurde bisher aber noch nicht festgesetzt, berichtet Gaufer.

    Die Adler Group macht auf Anfrage keine Angaben zum Baufortschritt und zum geplanten Fertigstellungstermin. Im März dieses Jahres hatte das Unternehmen noch davon gesprochen, „dass große Teile des Komplexes im Jahr 2024 fertiggestellt werden, unter anderem auch die Wohnungen.“ Die gesamte Fertigstellung des Projekts wurde für 2025 in Aussicht gestellt. Das Land Berlin hat, wie berichtet, wegen der Bauverzögerungen bereits eine Strafzahlung verhängt. Diese wurde nach Angaben der Adler Group „vollständig geleistet“. Dass der Turm des Steglitzer Kreisel wieder an das Land Berlin zurückfällt, falls die Bauarbeiten überhaupt nicht fertig werden sollten, ist im Privatisierungs-Kaufvertrag nicht vorgesehen.
    Grundschuld in Höhe von 4,3 Milliarden Euro eingetragen

    Die Adler Group schafft unterdessen neue Tatsachen. So ließ sie im Grundbuch für etliche ihrer Immobilien in Berlin, darunter die von André Gaufer im Steglitzer Kreisel, eine Grundschuld in Höhe von 4,3 Milliarden Euro eintragen. Auf Anfrage erklärt die Adler Group die Eintragung damit, dass im Rahmen ihrer „finanziellen Restrukturierung Grundschulden als Sicherheit für unsere Kreditgeber hinterlegt worden sind“.

    Gaufers Problem: Er hat zwar im Jahr 2018 einen Kaufvertrag für eine Wohnung und einen Stellplatz im Kreisel unterschrieben, doch gibt es zu seinen Gunsten keine sogenannte Auflassungsvormerkung im Grundbuch, also keine Vormerkung für ihn als Eigentümer. Denn Gaufer hat den Kaufvertrag unterschrieben, als die Grundbuchblätter für die geplanten Wohnungen noch nicht angelegt waren. Als sie angelegt waren, sollte er den nachträglichen Änderungen am Kaufvertrag zustimmen, was er nicht tat. Deswegen gibt es im Grundbuch bis heute keine Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten.

    Wäre Gaufer per Auflassungsvormerkung als künftiger Eigentümer der neuen Wohnung im Grundbuch eingetragen worden, hätte die Adler Group die Wohnung nicht mit einer Grundschuld belasten können. Denn eine Auflassungsvormerkung sichert die Rechte eines Käufers gegenüber dem Verkäufer – auch, damit der Verkäufer zum Beispiel eine Wohnung nicht ein zweites Mal verkaufen kann. Gaufer steht nun vor dem Problem, dass er seinen eigenen Kredit, sobald er ihn abruft, kaum per Grundschuld im Grundbuch absichern lassen kann, solange seine Immobilie durch die Globalgrundschuld der Adler Group belastet ist.

    Vorwürfe gegen den beurkundenden Notar erhoben

    Gaufer sieht im Verhalten des Notars, der 2018 den Kaufvertrag beurkundete, eine Pflichtverletzung. Er habe den Notar im Jahr 2021 gebeten, seinen „Pflichten bei der Umsetzung des Kaufvertrages nachzukommen“, berichtet Gaufer. Er habe gegenüber dem Notar betont, dass er auf die „Einhaltung des Vertrages vom 18. Oktober 2018“ bestehe. Doch der Notar habe trotzdem keine Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten eingetragen, „sondern sein weiteres Handeln vom Abschluss“ des geforderten Nachtrags abhängig gemacht, so Gaufer. „Da ich einer solchen Regelung nicht zugestimmt habe, wurde mein Kaufvertrag nicht vollzogen“, so Gaufer.

    Gaufer hat Beschwerde bei der Notarkammer und beim Landgerichtspräsidenten eingereicht, der als Dienstaufsicht für Notare fungiert. Was aus der Beschwerde geworden ist, hat Gaufer bisher nicht erfahren. Die Notarkammer teilte ihm vor kurzem mit, dass die Beschwerdeabteilung „das in standesrechtlicher Hinsicht erforderlich Erscheinende veranlasst“ habe – und wies zugleich darauf hin, dass sie aufgrund der sie „bindenden Verschwiegenheitspflicht“ weitere Einzelheiten nicht mitteilen dürfe. Was das Landgericht unternommen hat, weiß Gaufer ebenfalls nicht. Die für seine Dienstaufsichtsbeschwerde zuständige Richterin habe ihm am 27. Juni mitgeteilt, dass die „Prüfung des Vorgangs“ noch andauere. Sie versprach, sie werde „unaufgefordert auf die Angelegenheit zurückkommen“. Gaufer: „Dies ist bis heute nicht geschehen.“ Der 58-Jährige ist unzufrieden. Er sei enttäuscht, dass er „als Beschwerdeführer“ keine Informationen darüber erhalte, wie seine Beschwerde behandelt werde, sagt er.

    Der Notar verweist auf Anfrage der Berliner Zeitung auf die „Verschwiegenheit“, der er unterliege. Den Vorwurf der Pflichtverletzung weist er zurück. „Eine Pflichtverletzung in Zusammenhang mit der nicht erfolgten Eintragung von Eigentumsübertragungsvormerkungen habe ich nicht begangen“, erklärt er. „Auch hat wegen der nicht erfolgten Eintragung von Eigentumsübertragungsvormerkungen weder die Notarkammer noch die Dienstaufsicht dienst- oder aufsichtsrechtliche Konsequenzen ergriffen.“
    Einstweilige Verfügung beantragt, um Rechte zu sichern

    Gaufer versucht unterdessen alle rechtlichen Möglichkeiten auszunutzen, um die Erfüllung seines Kaufvertrages durchzusetzen. Über seinen Anwalt hat er einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt, um die Auflassungsvormerkung im Grundbuch zu erwirken. Die Entscheidung steht aus.

    Der Bauherren-Schutzbund (BSB), der sich für die Rechte von Erwerbern von Wohneigentum einsetzt, fordert eine bessere gesetzliche Absicherung für Käufer von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern. „Bauträger müssen akzeptieren, dass die geschlossenen Verträge einzuhalten sind“, sagt BSB-Sprecher Erik Stange. „Nur in besonderen Ausnahmefällen sind Abweichungen von den getroffenen Vereinbarungen ohne Zustimmung des Erwerbers zulässig“, sagt er. Um die Position der Erwerber zu stärken, setzt sich der Bauherren-Schutzbund seit langem für die Schaffung einer verpflichtenden Rückabwicklungssicherheit ein, sagt Stange. Die Erwerber könnten dann wenigstens vom Bauträgervertrag zurücktreten und erhielten die schon gezahlten Raten zurückerstattet.

    Gaufer sind bereits hohe Kosten entstanden. Er musste Grunderwerbssteuer in Höhe von sechs Prozent auf den Kaufpreis bezahlen, rund 37.000 Euro. Zudem fielen Notarkosten und Ausgaben für den Rechtsstreit an. Hinzu kommen Bereitstellungszinsen für den Kredit, den er aufgenommen, aber noch nicht abgerufen hat.

    André Gaufer zeigt sich kämpferisch. „Ich werde nicht aufgeben, bevor ich zu meinem Recht gekommen bin“, sagt er. „Wie lange es auch dauern mag: irgendwann werde ich in meiner Wohnung im Steglitzer Kreisel zusammen mit meiner Tochter Weihnachten feiern.“

    #Berlin #Steglitz #Hermann-Ehlers-Platz #Kuligkhofstraße #Schloßstraße #Kreisel #Immobilien #Spekulation

  • Hart reglementierte Kunst in Deutschland: Das Lied der Straße
    https://taz.de/Hart-reglementierte-Kunst-in-Deutschland/!5946760

    Potsdam, 27.7.2023 von Andreas Hartmann - Für Straßenmusik herrschen strenge Regeln. In Potsdam etwa müssen Musikanten nach einer halben Stunde umziehen und die nächste volle Stunde abwarten.

    Man braucht nicht lange, um auf der Brandenburger Straße, der beliebten Fußgängerzone in der Innenstadt Potsdams, auf die ersten Straßenmusiker zu treffen. Es ist zwar brüllend heiß an diesem Donnerstagnachmittag, aber da sitzt trotzdem einer in der Sonne und spielt sein Akkordeon.

    Niemand beachtet ihn groß. Die Brandenburger Straße ist eine hochfrequentierte Einkaufsstraße, in der sich Laden an Laden reiht. Die Passanten sind auf Shoppingtour, und wer hier öfter unterwegs ist, registriert irgendwelche Akkordeonspieler oder andere Instrumentalisten, die in Scharen unterwegs sind, schon gar nicht mehr. Denn die Fußgängerzone ist der Hotspot für Straßenmusiker schlechthin in Potsdam. Man kommt kaum drum herum, nach ein paar Metern vom ersten Ständchen beglückt zu werden.

    Als Konstantin Skripariu stellt sich der Mann mit dem Akkordeon vor, der ursprünglich aus Rumänien stammt und derzeit in Berlin lebt. Drei bis vier Mal in der Woche komme er nach Potsdam, berichtet er, um hier zu musizieren – immer in der Brandenburger Straße. 30 bis 40 Euro könne er danach im Durchschnitt aus seinem Hut fischen, manchmal auch 50. Sein Deutsch ist nicht besonders gut, aber was man so herausfindet im Gespräch, ist, dass er ganz zufrieden damit ist, wie es so läuft zwischen ihm und den Potsdamern.

    Und dass es so unkompliziert sei, hier zu spielen, im Vergleich zu Berlin. Sich umständlich eine Genehmigung besorgen muss er nicht. Einzige Auflage in Potsdam: Nach einer halben Stunde an einem Ort muss er verschwinden und darf sein Instrument erst an einer anderen, mindestens 300 Meter entfernten Stelle wieder auspacken.

    Man hört das oft von Straßenmusikern in Berlin, dass in der deutschen Hauptstadt, eigentlich ein äußerst beliebtes Pflaster bei diesen, alles überreguliert sei. Wer in der U-Bahn spielen will, braucht dafür eine Genehmigung von der BVG. Und wer auf bestimmten Plätzen auftreten möchte, muss sich das vom jeweils zuständigen Bezirk erlauben lassen. Aber jeder Bezirk hat andere Regeln, Dauer und Höhe der Gebühr für eine Genehmigung sind unterschiedlich. Vielen ist das zu kompliziert, und so stellen sich viele einfach ohne amtlichen Segen auf die Straße, in der Hoffnung, dass niemand vom Ordnungsamt auftaucht.

    Dagegen klingt das Verfahren in Potsdam tatsächlich vergleichsweise simpel. Allerdings wurde es erst vor ein paar Wochen auch hier verkompliziert. Musikdarbietungen mit Verstärker beispielsweise waren auch bislang schon verboten, nun aber wird zusätzlich die „Benutzung von lauten Rhythmus- und Blasinstrumenten“ untersagt.

    Und vor allem ist jetzt neu, dass nur noch in der ersten Hälfte jeder vollen Stunde gespielt werden darf. Um demnach auf seine halbe Stunde Spielzeit an einem Ort zu kommen als Straßenmusiker in Potsdam, muss man also eigentlich immer genau auf seine Uhr schauen und pünktlich zur vollen Stunde loslegen.

    Einer, der gerade seine Gitarre ausgepackt hat und schon bald damit beginnt, „Working Class Hero“ von John Lennon zu klampfen, sagt, dass er bisher noch nie Probleme hatte bei seinen Auftritten in der Brandenburger Straße. Er komme regelmäßig aus dem eine halbe Stunde Zugfahrt entfernten Bad Belzig hierher und hat sogar einen Künstlernamen: Eskinth. Er hoffe, irgendwann von seiner Musik ­leben zu können. Wenn sich erst einmal eine Menschentraube um ihn gebildet habe und alle begeistert zuhören würden, hätte ihm noch nie jemand gesagt, dass nun die halbe Stunde rum sei und er verschwinden solle.

    Schon seit Jahren beschweren sich neben Geschäftsleuten vor allem Anwohner darüber, dass es zu viel und zu laut mit der Musik vor ihren Haustüren geworden ist

    Einen Massenauflauf erregt er mit seinem Spiel aber in den nächsten Minuten an diesem Donnerstagnachmittag nicht. Eher achtlos laufen auch diejenigen vorbei, die ihm eine Münze zustecken. Gefragt, warum er etwas gebe, obwohl er gar nicht zuhöre, antwortet ein Passant, der gerade aus dem nahe gelegenen Luckenwalde zu Besuch sei: „Weil die Musik in einer Fußgängerzone einfach mit dazugehört.“
    Beschwerden gibt’s überall

    Dass nun in Potsdam versucht wird, die Straßenmusik stärker zu regulieren, kommt nicht von ungefähr. Schon seit Jahren beschweren sich neben ein paar Geschäftsleuten vor allem Anwohner der Brandenburger Straße darüber, dass es einfach zu viel und zu laut mit der Musik vor ihren Haustüren geworden sei. Auch andere Kommunen überall im Land haben mit ähnlichen Sorgen zu kämpfen.

    In diesem Spannungsfeld, einerseits die Menschen mit Musik zu unterhalten und Freude zu bereiten, dabei aber andererseits auf allerlei Widerstände zu stoßen, bewegt sich die Straßenmusik schon seit jeher. In dem Buch „Musikalische Volkskultur in der Stadt der Gegenwart“ beschreibt der Musikwissenschaftler Günther Noll, welchem Argwohn bereits die „Spielleute“ im frühen Mittelalter ausgesetzt waren. Diese zogen von Dorffest zu Dorffest und spielten dort zum Tanz auf.
    Eine Frau legt geld in den Instrumentenkasten eines Straßenmusikers

    Dabei wurden auch gerne zotige Trink- und Liebeslieder vorgetragen, was der Obrigkeit und vor allem dem Klerus nicht so gut gefiel, und man begann damit, die umherreisenden Musikanten durch allerlei Erlasse zu ächten. Ihre soziale Stellung war sowieso ziemlich niedrig, sie wurden als „wurzellos“ diffamiert und zu den „Unehrlichen“ gezählt. Und als „Unehrlicher“ hatte man damals nicht viel zu melden. In eine Handwerkszunft durfte man nicht eintreten, und es war üblich, dass man am Abend nach seiner Darbietung auf einer Festivität wieder vor die Tore der Stadt gejagt wurde.

    Bänkelsänger, Dudelsackpfeifer, Maultrommelspieler und Tanzgeiger spielten dennoch in großer Zahl bis zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts in Städten und Dörfern auf, auch wenn durch immer mehr Regularien und teils auch schlichtweg Verbote versucht wurde, das Musizieren auf öffentlichen Straßen und Plätzen einzuhegen oder ganz zu unterbinden.

    Karrieresprungbrett Straße

    Von der Straße direkt in die Charts – von solch einem Werdegang kann man ja wenigstens mal träumen als Straßen­musiker:in. Ein paar bekannte Beispiele für eine derartige Erfolgsgeschichte gibt es ja. Vorneweg das der Kelly Family, die Jahre lang mit Sack und Pack durch die Lande zog und von ihrer Straßenmusik mehr schlecht als recht lebte. Bis dann ein findiger Labelmanager auf die Idee kam, die ganze Truppe eine Platte aufnehmen zu lassen. Die Nummer mit der ungebundenen Hippie-Familie, die auf den Straßen dieser Welt ihre Freiheit fand, zog ungemein und machte die Kellys zu Superstars.

    Ebenfalls ursprünglich von der Straße kommt Ed Sheeran, der im Alter von 18 Jahren auf Plätzen in London auftrat und heute als König des Normcores global bekannt ist. Die Liste weiterer Musiker:innen, die zu Beginn ihrer Karriere für Einnahmen in den Hut spielten, ist lang und vielfältig. Sie reicht vom österreichischen Liedermacher Wolfgang Ambros bis zum Jazzer Steve Coleman aus den USA.

    Im 19. Jahrhundert soll es beispielsweise, davon weiß der Publizist Ernst Weber zu berichten, der sich viel mit der Volksmusikkultur Wiens beschäftigt hat, einen regelrechten Harfen-Boom auf den Straßen der österreichischen Hauptstadt gegeben haben. Überall griffen demnach die Leute in die Saiten ihrer Harfen, und wohl nicht jeder mit engelsgleichem Geschick. Man wollte weniger von diesen Harfenspielern, verlangte deswegen irgendwann eine Lizenz und stellte daraufhin immer noch striktere Regeln für das Harfenistentum auf.

    Während des Nationalsozialismus verstummte die Straßenmusik nicht bloß in Wien und nicht nur die der Harfenisten so gut wie vollständig. Zu hören gab es jetzt nur noch die Marschkapellen der Braunhemden. Straßenmusiker wurden Bettlern gleichgesetzt und als „Arbeitsscheue“ und „Asoziale“ verfolgt. Ihnen drohte die Haft und die Einlieferung in ein Konzentrationslager.

    Eine Wiederbelebung und bald auch eine neue Hochphase erlebte die Straßenmusik in der Bundesrepublik dann mit der Verbreitung der Fußgängerzonen in den Städten im Laufe der 1970er Jahre. Das war auch die Zeit, in der peruanische Volksmusikgruppen in Scharen durch die autofreien Bereiche deutscher Kleinstädte zogen und „El Condor Pasa“ trällerten. Nach der Wende und in der Folge eines Europas der offenen Grenzen machten sich vor allem osteuropäische Straßenmusiker auf, teilweise regelrecht den Kontinent zu bereisen. Darunter auch viele akademisch ausgebildete Instrumentalisten, die das Niveau der Straßenmusik auf ein neues Level brachten.

    Staatliche Repression mit Tradition

    Und die dann endlich auch überhaupt in einer Stadt wie Potsdam auftreten konnten, was ihnen vorher so nicht möglich war. Denn in der DDR lief es wie unter den Nazis: Man versuchte, die Musik – solange sie nicht irgendwie vom Staat etwa in Aufmärschen organisiert war – von der Straße fernzuhalten. Sich irgendwo auf einen öffentlichen Platz zu stellen und zu musizieren war offiziell nicht erlaubt. Bei Zuwiderhandlung drohten Strafen bis hin zur Inhaftierung.

    Mit Musik wurde sowieso extrem restriktiv umgegangen im selbsternannten Arbeiter-und-Bauern-Staat. Es wurde darauf geachtet, dass in der Disco immer ein bestimmter Anteil von DDR-Musik aufgelegt wurde und nicht bloß die Beatles und die Rolling Stones – zu viel von diesem angloamerikanischen Kulturimperialismus hätte ja der geistigen Gesundheit der Jugend schaden können. Die Zensurbehörden arbeiteten auf Hochtouren und es wurde versucht, auf allen Ebenen ständig das Musiktreiben einzuhegen. Wer spielt was und wann, das musste man alles ganz genau wissen (war letztendlich aber gar nicht zu schaffen, gerade auf dem Lande, Stichwort Dorfdisco).
    Menschen gehen an einem Cellisten vorbei, der in einer Fußgängerzone musiziert

    Es durften sowieso nur staatlich genehmigte Musiker auftreten oder staatlich geprüfte „Schallplattenunterhalter“ – Funktionärssprache für Disk­jockey –, auflegen. Ohne die sogenannte Pappe, die amtlich beglaubigte Spielerlaubnis, ging nichts. Und wer aufmuckte, bekam Auftrittsverbot oder wurde gar ausgebürgert, wie das bei Bettina Wegner, Wolf Biermann und anderen der Fall war.

    Teilweise wurde versucht, das Verbot von Straßenmusik zu umgehen, indem man sich auf die Hinterhöfe von Mietshäusern stellte, hoffentlich unbeobachtet von der Stasi, und dann musizierte, in der Hoffnung, es würde ein paar Münzen aus den oberen Stockwerken regnen. Auf manchen Volksfesten wiederum nahm der Staat seine eigenen Regeln nicht so genau und gab die Erlaubnis, auf öffentlichen Plätzen aufzuspielen.

    Und die Folkszene in den 1970ern war auch in der DDR aufmüpfig genug, dass sich so mancher aus dieser einfach ohne Erlaubnis mit seiner Gitarre auf die Straße stellte. Die Konsequenzen waren mal empfindliche Strafen, manchmal wurde ein Folkie von ­einem Ordnungsbeamten aber auch einfach ignoriert und durfte weiterspielen.

    Aber prinzipiell hätte die Erlaubnis, dass Musiker und Musikerinnen einfach am Straßenrand drauflosspielen dürfen, einen ziemlichen Kontrollverlust zur Folge gehabt, und davor hatten die Staatsorgane der DDR eine riesige Angst. In einem Video aus dem Archiv der Deutschen Nationalbibliothek (www.dnb.de/stoerenfriede) beschreibt der Musikwissenschaftler Steffen Lieberwirth, der damals als Dramaturg im Gewandhaus in Leipzig arbeitete, was passierte, als sich die Bürger der DDR die Straßenmusik dann endlich im großen Stil nicht länger verbieten lassen wollten und im Sommer 1989 in Leipzig ein Straßenmusikfestival organisiert wurde. Die Namen der Veranstalter waren geheim, alles andere wäre lebensgefährlich gewesen, so Lieberwirth, und eine Genehmigung gab es nicht.

    Trotzdem versammelten sich in der Leipziger Innenstadt an einem schönen Tag im Juni Musiker und Musikerinnen von überallher und spielten auf verschiedenen Plätzen auf. Und die Staatsmacht schritt tatsächlich ein, zerschlug Instrumente, zog die Leute an den Haaren weg. Sogar ein Trabbi mit Lautsprechern auf dem Dach fuhr herum, aus denen Schlager plärrten, um das Treiben zu stören.

    „Die Partei hatte Angst vor Texten“, glaubt Lieberwirth, und natürlich wurde auch „We Shall Overcome“ auf diesem Straßenmusikfestival intoniert, der Klassiker aus der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, der in den ­Ohren der DDR-Staatsobrigkeit wie eine Drohung wirken musste.

    In den deutschen Fußgänger­zonen wird Straßenmusik so eingehegt, dass sie eben nicht stört und im besten Fall den Konsum sogar durch Steigerung einer Wohlfühl­atmosphäre anregt

    Lieberwirth glaubt, die Menschen hätten damals begriffen, dass ein Staat, der so mit der Musik und denen, die sie machen, umgeht, keine Zukunft haben kann. Der Moment, in dem die unregulierte Musikdarbietung mit aller Macht auf die Straßen in der DDR drängte, sei für ihn die „Generalprobe der Revolution von 1989“ gewesen.
    Subversive Kräfte

    Diese subversive Kraft hat die Straßenmusik heute auch in Potsdam nicht mehr. Nicht mit Verboten, sondern mit den oben beschriebenen Regularien wird sie im Kapitalismus der BRD domestiziert. In den deutschen Fußgängerzonen wird sie so eingehegt, dass sie eben nicht stört und im besten Fall den Konsum sogar durch Steigerung einer Wohlfühlatmosphäre durch möglichst nicht weiter störende Klänge anregt und dazu beiträgt, das System noch besser am Laufen zu halten.

    In München geht man sogar so weit, dass man erst vor einem Gremium vorspielen muss, wenn man als Straßenmusiker eine Genehmigung bekommen möchte. Dahinter scheint wie schon im Mittelalter und später in der DDR ein weiterhin vorhandenes grundsätzliches Misstrauen gegenüber der Straßenmusik zu stecken und der Wunsch, diese zu kontrollieren.
    Geld im Instrumentenkasten eines Straßenmusikers, der auf einem Horn bläst

    Nicht alle Geschäftsleute in der Brandenburger Straße in Potsdam sollen ja nur Freude empfinden, wenn bei ihnen ums Eck jemand sein Instrument auspackt. Aber in den Läden, in denen man sich selbst so umhört, ist man ziemlich gelassen. Im Blumenladen „Blume 2000“, gegenüber dem gerade ein Mann mit Gitarre, eine singende Frau und ein auf eine selbstgebastelte Trommel klopfender Junge nebeneinander stehen und musizieren, sagen die beiden Mitarbeiterinnen, dass die Darbietungen auch schon mal nerven können, wenn sie zu laut seien und man beim Gespräch mit Kunden sein eigenes Wort nicht mehr verstehen könne. Aber im Großen und Ganzen seien sie eher eine willkommene Abwechslung im Arbeitsalltag.

    In einem Shop, in dem allerlei Accessoires und alles von Geldbeuteln bis Socken­ verkauft wird, spricht die Frau hinter dem Ladentresen sogar mit großer Begeisterung von der Straßenmusik. „Das sind teilweise echte Künstler, die hier spielen“, sagt sie, „viele von ihnen wollen mehr, als bloß ein paar Cents zu verdienen.“ Tolle Cellisten, sogar Leute, die ihr Klavier mit zur Brandenburger Straße geschleppt haben, all das habe sie bereits erlebt. Und das findet sie großartig. Zu denjenigen, denen es manchmal zu viel wird mit der Musik im öffentlichen Raum, fällt ihr nur ein: „Wer eh schon nicht mit seinem Leben zurechtkommt, der fühlt sich auch von der Musik gestört.“

    #Berlin #Potsdam #Kultur #Musik

  • Quand la montagne est politique


    –-> À propos de : Catherine Roth, Naturaliser la montagne ? Le Club carpatique transylvain, XIXe-XXIe siècle, PUR

    L’étude du #Club_carpatique_transylvain, du XIXe siècle à nos jours, permet de comprendre comment la chaîne montagneuse a rejoint le mouvement d’appropriation nationale de la nature, qui a mis aux prises Allemands, Hongrois et Roumains.

    https://laviedesidees.fr/Catherine-Roth-Naturaliser-la-montagne
    #montagne #politique #nationalisme #nature #Carpates #Balkans #guides #Siebenbürgischer_Karpatenverein (#SKV) #communisme #Kulturnation #Naturenation #Transylvanie

    • Naturaliser la montagne ? Le Club Carpatique Transylvain, XIXe - XXIe siècles

      Le projet de cette étude est double : 1) retracer la passionnante histoire de la montagne dans les Carpates, des premiers alpinistes aux mutations sportives et identitaires du Club Carpatique Transylvain ou de ses avatars, jusqu’à l’immédiat contemporain ; 2) montrer comment la création du club en 1880, par la minorité allemande des Saxons de Transylvanie, s’adosse secrètement à un processus de naturalisation sociale. Par d’habiles métaphores et sous-entendus, il s’agit de faire passer les institutions humaines pour des phénomènes naturels aussi incontestables qu’une chaîne de montagne. C’est au décryptage de cette illusion qu’est consacré Naturaliser la montagne ? Sous ce titre étonnant et paradoxal, l’ouvrage s’inscrit dans l’entreprise d’élucidation critique que l’auteur a commencée dans La Nation entre les lignes (PUR, 2022). D’un livre à l’autre, par-delà leur objet propre, s’éclairent et se démystifient ainsi les processus souterrains par lesquels se forge une identité collective.

      https://pur-editions.fr/product/9096/naturaliser-la-montagne
      #livre

  • Gericht: Berliner Mohrenstraße darf umbenannt werden
    https://www.berliner-zeitung.de/news/gericht-urteilt-ueber-umbenennung-der-berliner-mohrenstrasse-li.366

    Und wieder kriegen wir eine ins unmerkbare umbenannte Straße verpasst. Aus der Mohrenstraße hätte eine Amostraße werden können. Nun sollen die Mohren doch zum
    Anton-Wilhelm-Amo-Straßen-Sprachmonster erhoben werden. So be it , heute merkt sich sowieso niemand mehr Namen von Stadtorten. Geokoordinaten herrschen hinter PR-Verballhornungen fürs gemeine Volk. Heil Amo, Ami go home, oder so.

    6.7.2023 von Anja Reich - Am Ende der Verhandlung über die Mohrenstraße, kurz vor der Urteilsverkündung, sieht es für einen Moment so aus, als würde das Bezirksamt doch einlenken, auf die Gegner der Umbenennung zugehen. Gerade hatten sie ihre Argumente vorgetragen, sich beschwert, nie von den Politikern in ihrem Bezirk angehört worden zu sein, und ihnen vorgeworfen, immer nur die Umbenennungsaktivisten zu unterstützen. Sogar ein Büro werde ihnen bezahlt, ein Büro, das immer leer steht!

    Ein starker Vorwurf, findet der Richter. „Der Bezirk sponsort die Umbenennungsräume?“, fragt er den juristischen Vertreter vom Bezirksamt Mitte. „Können Sie dazu etwas sagen?“

    Nein, sagt der Justiziar. Mehr sagt er nicht. Aber dann wendet er sich doch noch an die Männer auf der anderen Seite des Ganges, die Kläger, und sagt in versöhnlichem Ton, er werde „den Wunsch nach mehr Dialog mitnehmen“ und dafür sorgen, „dass das, was ich heute gehört habe, an der richtigen Stelle ankommt“.

    Er hat kaum zu Ende gesprochen, da ruft einer der Kläger: „Heißt das, das Verfahren wird ausgesetzt, bis die Bezirksverordnetenversammlung die Sache neu bewertet?“ Nein, sagt der Justiziar, so sei das nicht gemeint gewesen.

    „Dann ist das also für uns gelaufen“, stellt der Kläger fest, empört, resigniert. Und fügt hinzu: Egal was man sage, es helfe ja doch nichts.

    So ist sie, die Stimmung im Berliner Verwaltungsgericht, als hier am Donnerstag die 1. Kammer unter Vorsitz von Richter Wilfried Peters darüber verhandelt, ob die Mohrenstraße in Berlin-Mitte umbenannt werden darf oder nicht. Und damit einen drei Jahre währenden Streit um Kolonialismus, Rassismus und Willkür von Bezirkspolitikern beendet.
    Mohrenstraße: Sechs Anwohner hatten geklagt

    Im Jahr 2020 hatte die Bezirksverordnetenversammlung die Umbenennung auf Antrag von Grünen und SPD beschlossen. In der Begründung hieß es: „Nach heutigem Demokratieverständnis ist der bestehende rassistische Kern des Namens belastend und schadet dem internationalen Ansehen Berlins.“

    Sechs Anwohner hatten dagegen geklagt, darunter der Historiker Götz Aly, der Bücher über den Nationalsozialismus und über den deutschen Kolonialismus geschrieben hat. Er finde durchaus, dass an den deutschen Kolonialismus in kritischer Weise erinnert werden solle, erklärte er. Aber der Beschluss zur Umbenennung der Mohrenstraße sei „überstürzt und wenig begründet“. Seinen Widerspruch habe das Bezirksamt nicht inhaltlich geprüft, sondern ein standardisiertes Ablehnungsschreiben verschickt.

    Es ist heiß und stickig im Gerichtssaal in Moabit, vorne links sitzen die Kläger, sechs Männer mit schütteren Haaren und dunklen Anzügen. Rechts hat das Bezirksamt Mitte Platz genommen, zwei Männer aus der Rechtsabteilung. Vorne das Gericht, vier Männer, eine Frau. Unter den Zuschauern sieht die Geschlechterverteilung ähnlich aus. Und schnell ist klar: Die Männer sind gegen die Umbenennung, die Frauen dafür. Götz Aly formuliert es so: „Die eine Gruppe ist zivilgesellschaftlich, die andere sind alte weiße Männer.“

    Aly kennt sich aus mit Straßennamen und Berliner Stadtgeschichte. Seine Klagebegründung klingt wie ein historischer Vortrag. Umbenennungen, sagt er, hätten immer etwas Totalitäres. Er erinnert an den Nationalsozialismus, die DDR, die Nachwendezeit, sagt, dass es ihm schon einmal gelungen sei, einen Namen zu retten, den von Nikolai Bersarin, des ersten sowjetischen Stadtkommandanten von Berlin nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Viele Namen, vor allem in Mitte, erinnerten an eine andere Zeit: Zimmerstraße, Hugenottenstraße, Hirtenstraße, Jüdenstraße. Und nein, die Taubenstraße habe nichts mit Vögeln zu tun, sondern mit Menschen, die nichts hören. Und keiner käme auf die Idee, den Gendarmenmarkt in „Platz der Bundespolizei“ umzubenennen, nur weil das zeitgemäßer sei.
    Historiker Götz Aly warnt vor Spaltung der Gesellschaft

    Der Richter hört lächelnd zu, er scheint es zu genießen, den Vortrag, Alys leise ironische Art, die Argumente seiner Gegner auseinanderzunehmen. Aktivisten, die sich in Vereinen versammelt haben, die Decolonize Berlin, Afrika-Rat Berlin Brandenburg e.V. oder Amo Kollektiv Berlin heißen und sogar Alys türkische Familiengeschichte recherchiert haben.

    Leider falsch, wie der Historiker dem Gericht nun mitteilt. Als Beweis hat er seinen Stammbaum mitgebracht, hält ihn hoch, erklärt, dass Mohren im 17. Jahrhundert, als die Straße ihren Namen bekam, sogar mehr Ansehen genossen und zu Hofe besser bezahlt worden wären als Türken. Natürlich habe es Sklaverei gegeben, natürlich bestreite er nicht, wie schlimm das gewesen sei, aber wenn das Bezirksamt inhaltlich argumentiere, tue er das auch.

    Er warnt davor, sich auf „das geänderte Demokratieverständnis einer Gesellschaft“ zu berufen, weil sich das sehr schnell ändern könne. Und vor der Spaltung der Gesellschaft warnt er auch, gerade komme da etwas ins Rutschen, sagt der Historiker. Spätestens jetzt ist klar: Es geht im Gericht um die Frage, ob eine Straße in Berlin-Mitte umbenannt werden darf, aber es könnte auch um die Wärmepumpe oder die LNG-Terminals auf Rügen gehen. Darum, dass Menschen sich ausgeschlossen fühlen, wenn sie das Gefühl haben, Beschlüsse werden über ihre Köpfe hinweg gefällt.

    Am Ende seines Vortrags sagt Götz Aly, ob die Umbenennung justiziabel sei, sei ihm egal. Wichtig sei, dass sie nach demokratischen Prinzipien erfolge. Da ahnt er wohl bereits, dass seine Klage kaum Chancen haben wird. Der Vorsitzende Richter hatte „aus Fairness gegenüber den Beteiligten“ gleich zu Beginn der Verhandlung auf das „eingeschränkte Handeln des Gerichts“ hingewiesen. Der Grund: eine „einheitliche Rechtsprechung nicht nur in Berlin“, das „weite Ermessen der Kommune, in unserem Fall des Bezirksamts Mitte“. Es klang, als entschuldige er sich bei Götz Aly und seinen Mitstreitern dafür, dass er ihnen nicht weiterhelfen kann.

    Sätze wie aus einem Kafka-Roman

    Immer wieder spricht der Richter vom „staatsbürgerlichen Dialog“, betont, wie wichtig der sei. „Für uns ist aber nur maßgeblich, ob hier eine willkürliche Benennung erfolgt ist, außerhalb jeder sachlichen Erwägung und völlig unvertretbar.“ Bei allem Für und Wider „dränge sich das nicht auf“. Es sei nicht abwegig zu sagen, die sprachliche Wahrnehmung habe sich geändert. „Es gibt eben keine Sarotti-Mohren und Negerküsse mehr.“

    Der Vertreter des Bezirksamts erklärt, die Prinzipien der repräsentativen Demokratie seien alle eingehalten worden, gibt später aber zu, sich mit dem Widerspruch der Anwohner gar nicht auseinandergesetzt zu haben. Wegen Personalmangels. Er sagt: „Das in den Verwaltungsvorgang aufzunehmen, kann die Verwaltung nicht leisten, weil die Verwaltung zu knapp besetzt ist, deshalb haben wir uns in der Verwaltung auf das Wesentliche konzentriert.“ Sätze, die auch in einem Kafka-Roman stehen könnten.

    Ein Kläger liest eine E-Mail des Bezirksamts vor als Beweis für die „willkürliche Behandlung“ der Anwohner und fragt, wo das denn alles hinführen solle. „Eines Tages ist die Friedrichstraße weg, weil Friedrich nicht unser demokratisch gewählter Fürst war.“ Ein anderer weist darauf hin, dass er Mitglied der deutsch-arabischen Gesellschaft sei, und behauptet: „Keiner von denen, die den Namen ändern wollen, wohnen auch dort.“ Zustimmendes Gemurmel. Nur hinten in der letzten Reihe sagt eine Frau leise: „Doch.“

    Die Frau heißt Regina Römhold und erzählt in der Pause, dass sie am Institut für Europäische Ethnologie arbeitet, das sich in der Mohrenstraße Nummer 40 befindet. Eine Adresse, an der sie nicht länger ihre Studenten und internationalen Gäste empfangen möchte. Deshalb hat sie eine Initiative zur Umbenennung der Mohrenstraße gegründet und öffentliche Stadtrundgänge organisiert. Sie arbeite viel mit Südafrikanern zusammen, sagt sie. „Die wundern sich schon, wenn sie nach Deutschland kommen und diesen Namen aus der Sklaverei hier vorfinden.“ Götz Aly habe ein gutes Buch über koloniale Raubkunst geschrieben. Sein Festhalten am alten Berliner Geschichtsbild verstehe sie nicht.

    Aber Aly scheint selbst nicht mehr so richtig von seiner Klage überzeugt zu sein und kündigt an, bei Ablehnung nicht unbedingt in Berufung gehen zu wollen. „Ich möchte mich nicht in eine Sache verbeißen, mich jahrelang damit beschäftigen. Das kann ich meinen Mitklägern nicht versprechen.“

    Dann wird das Urteil gesprochen, die Klage – wie erwartet – abgelehnt, eine Berufung nicht zugelassen. Götz Aly sagt, das sei „in Ordnung so“. Er akzeptiere die Entscheidung des Gerichts, das Verfahren sei fair abgelaufen, der Richter habe seine Sache gut gemacht. Die Anhörung, die es nie gab im Bezirk, hier habe sie endlich stattgefunden. Er werde sich nun bald neue Visitenkarten drucken lassen. Auf denen steht: Anton-Wilhelm-Amo-Straße, der Name des ersten Gelehrten afrikanischer Herkunft an einer preußischen Universität.

    #Berlin #Mitte #Mohrenstraße #Anton-Wilhelm-Amo-Straße #Politik #Geschichte #Kultur #Rassismus #Straßenumbenennung

  • Und Meyer sieht mich freundlich an – Wikipedia
    https://de.wikipedia.org/wiki/Und_Meyer_sieht_mich_freundlich_an

    In den Roaring Twenties und danach gin es in Berliner Kneipen hart zu. Humor war alles, was sich weit jenseits heutiger Wokeness bewegte. Lieder über legendäre „Schlachten“ der Unter- und Nachtwelt wurden von Bier und Schnapsbrüdern fröhlich mitgegrölt. Vergessen Sie #Berlin_Alexanderplatz. Die Realiät war härter als der gute Doktor Döblin es seinen Lesern zumuten wollte. Ab jetzt folgen schwere Straftaten. Was tut man nicht, um sich zu amüsieren.

    Los geht unser Zug durch die Nacht mit Suff und Ehebruch.

    https://www.youtube.com/watch?v=ZqdsVDkCG3s


    https://de.wikipedia.org/wiki/Und_Meyer_sieht_mich_freundlich_an

    Und Meyer sieht mich freundlich an ist ein Couplet aus dem Jahre 1901. Von Kurt Tucholsky wurde es als das „klassische“ Berliner Couplet bezeichnet.

    Die Musik stammt von dem Wiener Operetten-Komponisten Leo Fall, der damals Hauskomponist des Berliner Kabaretts „Die bösen Buben“ war.

    Dessen Gründer, Rudolf Bernauer, schrieb den Text, in dem ein junger Mann in der Kneipe mit der hübschen und offenbar vernachlässigten Ehefrau eines reichen Industriellen anbändelt, der daneben sitzt und ihn dabei – anscheinend nichts ahnend – freundlich ansieht. Dies bleibt auch bei den sich hieraus ergebenden Schäferstündchen so – nur hängt der gehörnte Ehemann Meyer dabei als gemaltes Porträt an der Wand.

    https://www.youtube.com/watch?v=cPNVb96EqMM

    Die Erstinterpretation stammt von dem Wiener Komiker und Operettensänger Joseph Giampietro. Eine frühe Plattenaufnahme wurde von Robert Koppel gesungen. Aus den 1970er Jahren stammen Versionen von Entertainer Peter Frankenfeld (1975) und Schlagersänger Graham Bonney.

    Schon damals scherte man sich einen feuchten Kehricht um alles, was heute noch verboten ist.
    Mord und Totschlag. Ein hoch auf alle Messerstecher !

    Licht aus, Messer raus! (Otto Kermbach, Alexander Fleßburg; 1931)
    https://www.youtube.com/watch?v=g-YUaszw4gs

    (#393) GEORGE GROSZ | Licht aus, Messer raus! (Light Out, Knife Out!)
    https://www.sothebys.com/en/auctions/ecatalogue/2019/impressionist-modern-art-day-n10148/lot.393.html

    Licht aus, Messer raus! (Light Out, Knife Out!)Signed Grosz and dated(lower left); signed Grosz, Watercolor and pen and ink on paper, Executed in 1920.

    Wir schalten jetzt mal nen Gang runter und begnügen uns mit Beleidigung und übler Nachrede.

    Pump mir dein Gesicht, ich will die Großmama erschrecken Odeon Tanz Orchester mit Robert Koppel
    https://www.youtube.com/watch?v=ltWmoDCh-j4

    Und zu guter Letzt eine Prise aggressiver Rassismusfür alle in fröhlicher Schnapslaune. Sowas ging damals runter wie Butter. Wir wissen, was draus wurde und was davor war.

    Der Neger hat sein Kind gebissen / Odeon-Tanz-Orchester mit Refraingesang
    https://www.youtube.com/watch?v=8YwaUQktiBI

    Der Deutsche Schhellackplatten- und Grammophonforum e.V. kennt den Text des Machwerks und noch viele andere Zumutungen für den guten Geschmack.
    https://grammophon-platten.de/page.php?338

    Gassenhauer des Jahres 1926

    Der Neger hat sein Kind gebissen

    Refrain
    Der Neger hat sein Kind gebissen - o-o-ho,
    warum nur tat er uns nicht küssen - o-o-ho!
    Denn wenn man nennt zehn Weiber sein,
    wollen auch geküsst sie sein,
    wollen auch geküsst sie sein.

    Im dunkelsten Landes düsterstem Urwald liegt Jumbo, der Neger, ermattet vom Streit.
    Die Frauen des Negers schimpften und zankten, weil Jumbo verletzt ihre Eitelkeit.
    Er hatte zehn Schöne gefreit nach dem Brauch, doch liebt er ein anderes Mägdelein auch -
    die küßt er stets heimlich und küßt sie so wild -
    bis rot ihr das Blut aus der Lippe quillt;
    das haben die Weiber des Jumbo geseh´n und wütend schreien nun alle zehn:

    Der Neger hat sein Kind gebissen - o-o-ho,
    warum nur tat er uns nicht küssen - o-o-ho!
    Denn wenn man nennt zehn Weiber sein,
    wollen auch geküsst sie sein,
    wollen auch geküsst sie sein.

    Das tut richtig weh. Fast so wie dieser Bericht über den Zustand der Deutschen Bahn heute (9.6.2023).
    https://www.youtube.com/watch?v=jTDtoVql4hc

    It’s not easy having a good time.
    https://www.youtube.com/watch?v=6eo-zQrLxtE


    Sagt der Mann, nachdem er sich Kannibalismus, Entführung und Vergewaltigung allerlei biologischer und konstruierter Geschlechter hingegeben hat. Wo er Recht hat hat er Recht.

    #Berlin #Kultur #Musik #Geschichte #Eisenbahn #Rassismus #Gewalt

  • Berliner Verlag kehrt an den Alexanderplatz zurück
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/in-eigener-sache-berliner-verlag-kehrt-an-den-alexanderplatz-zuruec

    10.2.2023 BLZ, Tomasz Kurianowicz - Der Berliner Verlag kehrt in das „Haus des Berliner Verlages“ am Alexanderplatz zurück und markiert damit nicht nur symbolisch ein Comeback ins Herz der Stadt.

    Der Berliner Verlag kehrt in das „Haus des Berliner Verlages“ am Alexanderplatz zurück. Dort, wo seit 1973 das ikonische Rondell mit dem Namen des Hauses über der Stadt zu sehen ist, wird bald wieder Journalismus „von Berlinern für Berliner“ und darüber hinaus gemacht.

    „Wir stehen für unabhängigen, meinungsoffenen und kritischen Journalismus. Deshalb freuen wir uns außerordentlich, mit unserem neu ausgerichteten Medienhaus zu unseren Wurzeln im Zentrum der Stadt zurückzukehren“, sagt Dr. Mirko Schiefelbein, Geschäftsführer im Berliner Verlag. „Damit schlagen wir ein neues Kapitel in der Geschichte des Berliner Verlages auf – das ist unser Weg zurück in die Zukunft“.

    Das „Haus des Berliner Verlages“ wurde zwischen 1970 und 1973 als Ost-Berliner Antwort auf das damals in West-Berlin neu entstandene Axel-Springer-Haus errichtet. 2016 wurde das Gebäude durch die damaligen Eigentümer DuMont veräußert und anschließend kernsaniert. Der Berliner Verlag war seitdem an der Grenze von Mitte und Kreuzberg untergebracht.

    Ab dem 01. März 2023 ist der Berliner Verlag an seiner neuen Anschrift Karl-Liebknecht-Straße 29 in Berlin-Mitte anzutreffen.

    Die Postleitzahl des Haus des Berliner Verlags lautet 10178 .

    Impressum mit temporärer Adresse
    https://www.berliner-zeitung.de/impressum.88593

    Berliner Verlag GmbH

    Registergericht: Amtsgericht Berlin-Charlottenburg

    Handelsregisternummer: HRB 101192 B

    USt.-Ident.-Nr.: DE 136 666 390

    Geschäftsführer: Dr. Mirko Schiefelbein, Christoph Stiller

    Alte Jakobstraße 105, 10969 Berlin

    presserecht@berlinerverlag.com

    Telefon: +49 30 2327-9

    Herausgeber: Dr. Michael Maier

    Verantwortlich i.S.d. § 18 Abs. 2 MStV: Margit J. Mayer (Mitglied der Chefredaktion).

    „Die Europäische Kommission stellt unter http://ec.europa.eu/consumers/odr eine Plattform zur außergerichtlichen Online-Streitbeilegung (sog. OS-Plattform) bereit. Wir weisen darauf hin, dass wir an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherstreitschlichtungsstelle nicht teilnehmen.“

    #Berlin #Mitte #Karl-Liebknecht-Straße #Alte_Jakobstraße #Kultur #Zeitung #Verlag #Adresse

  • Mehr als 2 Millionen Euro zusätzlich für die Berlinale
    https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/mehr-geld-fuer-die-berlinale-2155958

    Die Internationalen Filmfestspiele Berlin gehören zu den bedeutendsten Filmfestivals weltweit. Der Bund fördert die „Berlinale“ jährlich mit rund 10,7 Millionen Euro. Dazu kommen nun weitere 2,2 Millionen Euro, damit das Festival auch 2023 „in vollem Umfang“ durchgeführt werden kann, so Kulturstaatsministerin Roth.

    PER E-MAIL TEILEN, MEHR ALS ZWEI MILLIONEN EURO ZUSÄTZLICH FÜR DIE BERLINALE

    „Die Berlinale ist das wichtigste deutsche Filmfestival, das eine große internationale Ausstrahlung und Anziehungskraft hat und ein echter Publikumsmagnet ist“, erklärte Roth. Bereits in diesem Jahr seien zusätzliche Anstrengungen unternommen worden, um die Berlinale trotz schwieriger Pandemielage möglich zu machen.

    Auch die Rahmenbedingungen der kommenden Ausgabe sind in mehrerer Hinsicht von einer außergewöhnlichen Krisensituation geprägt. Deshalb wird die Staatsministerin für Kultur und Medien das Festival einmalig mit bis zu 2,2 Millionen Euro zusätzlich unterstützen. „Damit möchten wir dazu beitragen, dass die Berlinale auch 2023 zu einem vollen Erfolg werden kann.“ Das stärke auch den Filmstandort Deutschland, so Roth.

    Die Berlinale ist neben Cannes und Venedig nicht nur eines der bedeutendsten europäischen, sondern auch international eines der wichtigsten Filmfestivals. Der Bund fördert die Filmfestspiele mit 10,7 Millionen Euro aus dem Haushalt der Kulturstaatsministerin. Die nächste Ausgabe findet vom 16. bis 26. Februar 2023 statt. Weitere Informationen finden Sie hier.

    Freitag, 30. Dezember 2022

    #Berlin #Bundesregierung #Film #Kultur #Berlinale #2023

  • Der „Ball der Bälle“: Eine kurze Geschichte des Berliner Presseballs
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/der-ball-der-baelle-die-lange-geschichte-des-berliner-presseballs-l

    Presseball Berlin im ICC

    Ehepaar Helmut und Hannelore Kohl auf dem Bundespresseball 1987

    Presseball Berlin, Palais am Funkturm, Januar 1958

    14.1.2023 von Alexander Kulpok -Am Sonnabend findet in Berlin der 150. Presseball statt. Unser Autor blickt zurück auf die bewegte Geschichte des Balls, der Luxus in die Stadt bringen sollte.

    2023 ist für Berlin ein Jahr der Medienjubiläen. Vor 100 Jahren – am 29. Oktober 1923 – wurde in Berlin der deutsche Rundfunk geboren („Achtung! Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin im Vox-Haus auf Welle 400 Meter!“). Und am 14. Januar 2023 geht in Berlin der 150. Presseball übers Parkett. Gern wird in Berlin versucht, an die Tradition jener Bälle anzuknüpfen, die am 9. März 1872 als Charity-Veranstaltung ihren Anfang nahm und über Jahrzehnte und Generationen, politische Systeme und weltpolitische Ereignisse hinweg ihren Reiz bewahrte. Ein Ball als Hauch von Luxus mit Prominenten aus Politik und Kultur.

    Der erste Presseball in Berlin nahm sich den Schriftsteller- und Journalistenball in Wien zum Vorbild und diente der Unterstützung notleidender Kolleginnen und Kollegen. Ein Prinzip, an dem bis in die West-Berliner Tage der Jahrtausendwende festgehalten wurde. Nicht der Journalisten-Verband veranstaltete den Presseball, sondern ein Tochterunternehmen, der Sozialfonds, der auf die Hilfe für nicht so erfolgreiche Journalisten und auf die Ausbildung von journalistischem Nachwuchs ausgerichtet war. Ein Umstand, der – weil ihn die Öffentlichkeit und die Medien nicht so recht einzuordnen wussten – wesentlich zum Niedergang des Berliner Presseballs am Anfang des Jahrtausends beitrug.

    Ab 2009 versuchte dann Mario Koss, der Tausendsassa und erfolgreiche Erfinder der Shape-CD, die in West-Berlin verankerte Presseball-Tradition neu zu beleben. Für den 14. Januar lädt er zum 150. Ball ins Hyatt-Hotel am Potsdamer Platz. In mancher Weise gleichen sich die Bilder zu den Ball-Anfängen in den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts. Die eigenwilligen Verbandsfunktionäre der Journalisten verhedderten sich 1872, als es um die Frage ging, ob der Reichskanzler Otto von Bismarck eingeladen werden sollte oder nicht.

    Durch das Argument, mit einer Einladung an Politiker würde die parteipolitische Neutralität der Journalisten beeinträchtigt, zerstritten sich die Männer im „Ball-Comitee“ und konnten zum zweiten „Ball mit Festsouper“ erst sieben Jahre später einladen. Der „Eiserne Kanzler“ besuchte nie einen Presseball. Ihm waren Journalisten ohnehin suspekt und nur willkommen, wenn sie seine Regierungsarbeit publizistisch unterstützten. Daher richtete er schon 1869 den berühmt gewordenen „Reptilienfonds“ ein, aus dem er regierungsfreundliche Zeitungen bis zum Jahr 1892 bezahlte.

    Aus dem Presseball Berlin wurde sehr schnell der „Deutsche Presseball“ als alljährliches gesellschaftliches Ereignis in der Reichshauptstadt. Veranstaltungsorte waren das Concerthaus am Dönhoffplatz, die Alte Philharmonie in der Bernburger Straße und die Festsäle am Zoologischen Garten. Erklärtes Ziel der Veranstalter war die Verbesserung des Ansehens der Journalisten, die nicht erst nach 1945 in der Bonner Republik als „angepasste Außenseiter“ herabgesetzt wurden.

    Als ab 1909 regelmäßig auch der Reichskanzler zu den Ballgästen zählte, schien der gesellschaftliche Rang der Journalistenbranche gesichert. Nach dem Ersten Weltkrieg, mit dem Beginn der ach so goldenen Zwanzigerjahre, war Kurt Tucholsky einer der humorvollsten und treffsichersten Ballchronisten: „Die Regierung war, soweit man hier von Regierung sprechen kann, vollzählig vertreten. Die Gesandten und Botschafter aller zivilisierten Staaten, sowie Bayerns, waren anwesend ... In einer Loge saßen die leitenden Männer der deutschen Presse, darunter auch ein Redakteur.“ Bissige Beobachtungen eines Top-Journalisten beim Ball des Jahres 1920.

    Schlimmer kam es 1933. Einen Tag vor seiner Machtübernahme ließ Adolf Hitler das Ballereignis ansetzen. Und die BZ am Mittag schrieb später: „Das Pressefest war ganz auf die neue Gestaltung des großen gesellschaftlichen Lebens gestimmt.“ Gleichschaltung war auch hier die Devise, akribisch organisiert von Propagandaminister Joseph Goebbels. Nach 1945 etablierte sich in der provisorischen Bundeshauptstadt Bonn die Bundespressekonferenz, die erst in Bad Neuenahr, ab 1990 ins Bonner Hotel Maritim zu Tanz und Spaß mit der politischen, kulturellen und sportlichen Prominenz bat. Eine geschlossene Veranstaltung, zu der die Mitglieder der Bundespressekonferenz Gäste einladen konnten.

    1970 im November, am Beginn der Brandt-Ära, hieß das Motto in der Bonner Beethovenhalle „Bonnjunktur“ – mit einem Hundertmarkschein im Hintergrund und dem Brandt-Zitat „Wir stehen nicht am Ende unserer Demokratie, wir fangen erst richtig an !“. Meine bleibenden Erinnerungen an diesen Bundespresseball sind ein Interview auf der Bühne mit der damals 23-jährigen Olympiasiegerin Heide Rosendahl und eine peinliche Auseinandersetzung mit Hannelore Kohl, der ich beim Radiointerview mit Helmut Kohl unabsichtlich ein Glas Rotwein aufs Ballkleid gegossen hatte. Frau Hannelore erregte sich verständlicherweise über alle Maßen. Ehegatte Helmut machte sich in Windeseile aus dem Staub. Mit Blick auf seine politischen Ziele als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident wollte er sich mit Journalisten offenbar nicht gern anlegen.
    Presseball in den 1980ern: Ballkleider verhakten sich in Rolltreppen

    Die 70er-Jahre brachten die Hochzeit der West-Berliner Pressebälle. Veranstaltet im Palais am Funkturm, gegenüber dem Haus des Rundfunks, fühlte sich der nicht unbedingt ballaffine SFB-Intendant Franz Barsig wohl zu besonderer Unterstützung verpflichtet (wahrscheinlich hatten ihn aber seine Unterhaltungsexperten Dieter Finnern und Peter Lichtwitz beraten). Wiens Altmeister Robert Stolz wurde nach Berlin geholt (wo er übrigens 1975 auch starb) und dirigierte im Palais am Funkturm nicht nur „Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“, sondern auch zum Gesang von Udo Jürgens und Mireille Mathieu.

    Presseball Berlin im ICC

    Presseball Berlin im ICCPresseball Berlin

    Als das bombastische ICC erbaut war, zog in den 1980er-Jahren der Berliner Presseball – eines der Aushängeschilder der westlichen Welt, zu dem Bundespräsidenten, Bundeskanzler und Bonner Minister erschienen – um in das riesige Nebengebäude. Dort beklagten sich vor allem die Frauen darüber, dass sie sich mit ihren langen Ballroben immer wieder in den zahlreichen Rolltreppen des ICC verhakten. Mit der Vereinigung von BRD und DDR 1990 schien das allerletzte Stündlein des West-Berliner Presseballs geschlagen.

    Autor, Anarchist, Alkoholiker: Vor 100 Jahren starb „Schwejk“-Erfinder Jaroslav Hasek

    Die aus Ost-Berlin hinzugekommenen Mitglieder des Berliner Journalisten-Verbandes fühlten sich keiner Balltradition verbunden und plädierten für ein jährliches „Pressefest“ im Sommer, wie es das SED-Zentralorgan „Neues Deutschland“ zu DDR-Zeiten veranstaltet hatte. Der Bundespresseball zog konsequenterweise in die wiedergewonnene deutsche Hauptstadt um, eine Zusammenlegung beider Bälle scheiterte an der Engstirnigkeit des von Kontroversen und Intrigen geschüttelten Berliner Verbandes und zwei fulminante Bälle in der Staatsoper Unter den Linden, die Friedrich der Große hatte für derartige Ereignisse erbauen lassen, bildeten einen bunten Schwanengesang.

    Italien und Lateinamerika waren die Themen der beiden Pressebälle in der Staatsoper – mit internationalen Staatsgästen und Prominenz von Gina Lollobrigida bis Antonio Skarmeta. Im Grunde ein würdiger Abschluss einer lieb gewonnenen Tradition. Doch wenn es um den einstigen Ball der Bälle in Berlin geht, hört die Liebe nimmer auf. In Mario Koss fand sich einer, der bereit war, Geduld und Geld in ein Projekt zu investieren, das bereits dem Tod geweiht schien.

    Dieser Beitrag unterliegt der Creative Commons Lizenz (CC BY-NC-ND 4.0).

    #Berlin #Geschichte #Kultur #Journalismus #Ortskenntnis

  • Das kleine Grosz Museum
    https://www.daskleinegroszmuseum.berlin

    Öffnungszeiten
    Mo: 11:00 – 18:00 Uhr
    Di: geschlossen
    Mi: geschlossen
    Do: 11:00 – 18:00 Uhr
    Fr: 11:00 – 18:00 Uhr
    Sa: 11:00 – 18:00 Uhr
    So: 11:00 – 18:00 Uhr

    Regulär: 10€
    Ermäßigt: 6€
    Gruppen & Führungen: auf Anfrage

    Expertenführung:
    Am 1. und 3. Montag im Monat (à 20€ / erm. 10€ p. P.) nur mit Anmeldung per E-Mail

    #Bülowstraße 18
    10783 #Berlin #Schöneberg

    Kontakt:
    +49 (0) 30 224 396 34
    info@daskleinegroszmuseum.berlin

    #Kultur #Museum

  • Linke Hausprojekte in Berlin : Geräumte Träume
    https://taz.de/Linke-Hausprojekte-in-Berlin/!5894992

    26.11.2022 von Marie Frank, Erik Peter - Ausgerechnet unter einer rot-rot-grünen Regierung wurden zahlreiche linke Projekte geräumt. Welche Zukunft haben Freiräume in der Stadt?

    Aus berlin, 26.11.2022, 16:46 Uhr

    Die Fenster und die Tür zur einstigen Neuköllner Kiezkneipe Syndikat sind verbarrikadiert. Seit mehr als zwei Jahren, seit der durch viel Protest begleiteten polizeilichen Räumung im August 2020, hat sich hier nichts getan. Außer für die Nach­ba­r*in­nen oben drüber im Haus. Die beschweren sich inzwischen häufiger über den Gestank, der aus den vor sich hin schimmelnden ehemaligen Kneipenräumen aufsteigt, weiß der einstige Betreiber und Wirt Christian, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will, zu berichten.

    Im November 2019, als sich schon abzeichnete, dass für Berlins alternative Infrastruktur schwierige Zeiten anbrechen würden, trat die Initiative „Kein Haus weniger“ auf den Plan. 200 Projekte und ehemals besetzte Häuser und mehr als 100 Prominente überwiegend aus dem Kulturbereich schlossen sich zusammen, um sich dem Ausverkauf der Stadt entgegenzustellen. Sie schrieben: Ohne seine alternativen Haus- und Kulturprojekte wäre Berlin „sozial, politisch und kulturell um vieles ärmer“.

    Doch es nützte alles nichts. Das Syndikat machte im darauffolgenden Sommer nur den Anfang. Ihm folgten die Räumungen des queerfeministischen Hausprojekts Liebig34 in Friedrichshain im Oktober 2020, der Kreuzberger Kneipe Meuterei im März und des Köpi-Wagenplatzes in Mitte im Oktober vergangenen Jahres. Unmittelbar davor musste auch der selbstverwaltete Jugendclub Potse seine angestammten Räume in Schöneberg verlassen.

    wochentaz

    Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

    „Rein rechtlich mögen die Räumungen vollkommen korrekt sein, aber an sich stimmt irgendwas am System nicht“, sagt Christian heute im Rückblick. Immerhin waren das Syndikat und die Meuterei mehr als nur Kneipen, in denen das Bier trotz gentrifizierter Innenstadtlage noch bezahlbar war. Es waren für die Nachbarschaft auch wichtige Orte für Vernetzung, Austausch, politische Organisierung und soziales Miteinander.
    Ein Mann steht vor einem Haus mit verammeltem Fenster

    Ausgeräumt: Christian vor der nun leer stehenden Kiezkneipe Syndikat Foto: André Wunstorf

    Gemein ist allen Räumungen, dass sie für private Eigentümer durchgeführt wurden – und auf großen Protest stießen. Jeweils mehr als 2.000 Po­li­zis­t*in­nen wurden bei den Räumungen der langjährigen linken Symbolprojekte eingesetzt – entstandene Kosten für die Steu­er­zah­le­r*in­nen jeweils im siebenstelligen Bereich.
    Der neue Leerstand

    Obwohl inzwischen doch reichlich Zeit vergangenen ist, steht heute nicht nur das Syndikat leer, sondern auch die Meuterei und der ehemalige Wagenplatz auf dem Gelände des autonomen Wohn- und Kulturprojekts Köpi. 20 Jahre lang lebten hier mitten in Berlin rund 40 Menschen in kleinen Bauwagen ihren Traum vom alternativen Leben jenseits von bürgerlichen Konventionen. Als kleines Dorf mit vielen verschiedenen Kulturen und Sprachen, in dem sich alle gegenseitig helfen und voneinander lernen, bezeichnen die Be­woh­ne­r*in­nen ihr einstiges Zuhause.

    Eine von ihnen ist Mollie. Fünf Jahre lang hat die junge Frau auf dem Köpi-Wagenplatz gewohnt – bis dieser geräumt wurde. „Wir waren wie eine große internationale Familie“, sagt sie der taz. Mit dem Leben in einer normalen Wohnung könne man das nicht vergleichen. „Du hattest deinen eigenen Raum und hast gleichzeitig in einer großen Community gelebt, die sich gegenseitig hilft, Konzerte organisiert und sich in unterschiedlichen Kollektiven organisiert.“ Freiräume wie der Wagenplatz bedeuten für sie vor allem eins: eine andere Art zu Leben, kollektiv, selbstverwaltet und solidarisch.

    Dass dieser Raum nun verloren ist, ist für sie ein schwerer Verlust. „Am schlimmsten ist für mich, dass unsere Familie getrennt wurde“, sagt Mollie. Zwar haben viele Wagenplätze den ehemaligen Be­woh­ne­r*in­nen einen Platz angeboten, auch Mollie ist in einem untergekommen. Allerdings hat kaum einer der rund 20 Berliner Wagenplätze eine langfristige, vertraglich gesicherte Bleibeperspektive.

    Vom Köpi-Wagenplatz ist nur eine große Baugrube geblieben, verborgen hinter einem mit Stacheldraht gesicherten Bauzaun. Der Security-Mitarbeiter, der je­de*n misstrauisch beäugt, der*­die sich dem Gelände nähert, bewacht hier jedoch kein Bauprojekt, sondern eine Brache. Bagger oder andere Baustellenwerkzeuge sind nicht zu sehen.

    Bezirk und Eigentümer sind sich uneins darüber, ob die Baugenehmigung noch gültig ist. Die Bauaufsicht sieht diese jedenfalls seit Ende November 2021 wegen des „nicht erfolgten realen Baubeginns“ als erloschen an – also seit nur sechs Wochen nach der Räumung. Der Besitzer, die Sanus AG, hinter der der umstrittene Immobilieninvestor Siegfried Nehls steht, will das Gelände laut taz-Informationen verkaufen. Die Sanus AG dementiert das.
    Spekulieren auf Wertsteigerung

    Sollte ein Verkauf gelingen, würde sich Nehls sein Immobilienpoker vergolden lassen – schließlich dürfte sich der Grundstückswert wesentlich gesteigert haben, seit die widerständigen Be­woh­ne­r*in­nen weg sind. Die hatten schon vor der Räumung spekulativen Leerstand prophezeit. „Wir haben das erwartet, aber es ist trotzdem enttäuschend. So eine Verschwendung“, sagt Mollie über das brachliegende Gelände, das einst ihr Zuhause war.

    Einige Kilometer entfernt befindet sich die Friedrichshainer Liebigstraße. 30 Jahre lang bot hier das feministische Hausprojekt Liebig34 einen sicheren Rückzugsort für Frauen*. Zwar steht das Gebäude im Gegensatz zu den anderen geräumten Projekten nicht leer, dafür verfällt es seit zwei Jahren zusehends. Die Zustände im Haus gelten als katastrophal: kaputte Rohre, nicht funktionierende Heizungen, Müllberge im Hinterhof, überteuerte Mietverträge. Mittlerweile hat sich wegen der Mängel auch die Bau- und Wohnungsaufsicht eingeschaltet, wie eine Sprecherin des Bezirksamts auf taz-Anfrage mitteilte.
    Eine Frau mit umgehängtem Protestplakat

    Gegen den Ausverkauf: bei einer Demo für den Erhalt von linken Projekten im März 2021 Foto: Stefan Boness/Ipon

    Wie auch in vielen anderen seiner rund 50 Immobilien in Friedrichshain soll der Besitzer, der umstrittene Immobilienunternehmer Gijora Padovicz, auch hier die Not von geflüchteten Menschen auf dem angespannten Wohnungsmarkt der Hauptstadt systematisch ausnutzen. Das System ist dabei weder neu noch beispiellos: Für heruntergekommene Wohnungen wird der Höchstbetrag verlangt, den das Jobcenter oder Landesamt für Flüchtlinge übernimmt. Für die Vermittlung sollen zudem teils vierstellige Summen fließen. Die Be­woh­ne­r*in­nen des benachbarten linksradikalen Hausprojekts Rigaer94 vermuten, dass Padovicz auf diese Weise noch ordentlich Profit aus dem Gebäude schlagen will, bevor er es in teure Eigentums- oder Luxusmietwohnungen umwandelt. Für sie ist die Räumung der Liebig34 – ebenso wie die Angriffe auf das eigene Hausprojekt – der Versuch, den Widerstand gegen Gentrifizierung im Kiez zu brechen.

    Was die Eigentümer mit den umkämpften Objekten vorhatten, spielte für die Unterstützung des Staates bei der Vollstreckung der Räumungstitel keine Rolle. Dass jedoch in den vergangenen zwei Jahren ausgerechnet unter einer rot-rot-grünen Landesregierung zahlreiche linke Projekte zerstört wurden, um die Profitinteressen privater Im­mo­bi­li­en­be­sit­ze­r*in­nen durchzusetzen, gilt in der außerparlamentarischen Linken als schwerer Verrat. Insbesondere Ver­tre­te­r*in­nen der Linkspartei zeigten sich zwar solidarisch, betonten jedoch immer wieder ihre Machtlosigkeit angesichts der gerichtlich angeordneten Räumungstitel.
    Häuser dem Markt entziehen

    Moritz Heusinger ist seit vielen Jahrzehnten Anwalt für linke Projekte, auch die Liebig34 gehörte zu seinen Klient*innen. „Bei Häusern in Privatbesitz hat das Land nicht so große Einflussmöglichkeiten“, sagt er zur taz. Machtlos sei es allerdings nicht. „Der Staat kann zum einen als Kaufinteressent auftreten und so die Häuser dem Markt entziehen.“ Auch könne das Land Anreize für Eigentümer setzen, um diese zu Zugeständnissen zu bewegen. Dies war etwa in den 90er Jahren der Fall, als an Runden Tischen die Legalisierung von rund 100 besetzten Häusern verhandelt wurde.

    Berliner Häuserkampf

    Besetzte Häuser gehören in Berlin seit den 70er Jahren zum Stadtbild dazu. Während sich in Westberlin Be­woh­ne­r*in­nen mit Besetzungen gegen den systematischen Abriss von Altbauten wehrten und An­ar­chist*in­nen, Künst­le­r*in­nen und Hippies alternative Lebensformen erprobten, war in Ostberlin die Praxis des „Schwarzwohnens“ zwar weniger sichtbar, aber durchaus verbreitet: Allein in Prenzlauer Berg gab es vor der Wende Hunderte besetzte Wohnungen.

    1980/81 kam es in Westberlin zu einer großen Besetzungswelle. Innerhalb weniger Monate wurden rund 160 Häuser besetzt. Die In­stand­be­set­ze­r*in­nen erfuhren dabei viel Unterstützung in der Bevölkerung. Der Senat reagierte mit Repression: Bis 1984 wurde fast die Hälfte der Häuser gewaltsam von der Polizei geräumt. Die Be­woh­ne­r*in­nen leisteten militanten Widerstand und es kam zu regelrechten Straßenschlachten.

    Zu einer weiteren großen Besetzungswelle kam es dann 1990 nach der Wende, bei der rund 120 Häuser besetzt wurden. Das durch den Zusammenbruch der DDR entstandene machtpolitische Vakuum bot im Osten der Stadt gute Voraussetzungen, sich leer stehende Räume anzueignen. In Mitte, Friedrichshain und Prenzlauer Berg entstanden zahlreiche Haus- und Kulturprojekte. Einen Wendepunkt markierte die Räumung von zwölf besetzten Häusern in der Mainzer Straße im November 1990, die zu einer Straßenschlacht mit zahlreichen Verletzten eskalierte.

    In beiden Besetzungswellen gab es immer wieder Bemühungen, die Häuser zu legalisieren. In den 80er Jahren wurden die Verhandlungen durch die immer wieder stattfindenden Räumungen zwar erschwert, dennoch konnten bis 1984 rund 100 Häuser durch Miet- oder Kaufverträge „vertragsbefriedet“ werden. In den 90er Jahren war die Bewegung stark in verhandlungsbereite Be­set­ze­r*in­nen und Nicht­ver­hand­le­r*in­nen gespalten. Nach der Räumung der Mainzer Straße orientierte sich dann die Mehrheit an Verhandlungslösungen. An runden Tischen konnten rund zwei Drittel der Häuser Nutzungsvereinbarungen abschließen.

    Seit den 90ern kommt es nur noch vereinzelt zu Besetzungen. Das änderte sich zwischenzeitlich im Zuge der Mie­te­r*in­nen­pro­tes­te, die Wohnungen wurden jedoch schnell geräumt.

    Heusinger konnte damals für viele Projekte dauerhafte Miet- und Pachtverträge zu günstigen Konditionen rausholen. Eines dieser Projekte ist die ehemals besetzte Brunnenstraße 6/7 in Mitte. Nachdem Ende der 90er Jahre ein Immobilienunternehmer den Gebäudekomplex übernahm und die rund 100 Be­woh­ne­r*in­nen rausklagen wollte, konnten an einem runden Tisch mit Senat und Bezirk Mietverträge verhandelt werden. Dies war laut Heusinger auch deshalb möglich, weil der Senat als Anreiz die Sanierung des Hauses finanziell unterstützte. Auch im nahe gelegenen Kultur- und Wohnprojekt Schokoladen konnte 2012 noch vor dem Räumungstermin eine Einigung erzielt werden, indem der Senat dem Eigentümer im Tausch ein anderes Grundstück in der Straße vermachte. Beide Hausprojekte gibt es nach wie vor und haben eine langfristige Perspektive.

    Das Hauptproblem sieht Heusinger darin, dass das Land Berlin jahrelang zu Schleuderpreisen Grundstücke verkauft hat – die es heute für ein Vielfaches des Verkaufspreises zurückzukaufen versucht. Die Bereitstellung von Ersatzgrundstücken sei dadurch zwar schwieriger geworden, es bleibe jedoch der Hebel des Bauplanungsrechts. „Man könnte sagen, du verkaufst mir das Grundstück, dafür bekommst du woanders eine Bauerlaubnis“, so der Rechtsanwalt.

    Auch das Hausprojekt Liebig34 befand sich auf einem der verscherbelten Grundstücke. Als es dann vom neuen Eigentümer rausgeschmissen wurde, habe sich der Senat weggeduckt, kritisiert Heusinger. „Im Fall der Liebig34 wurde politisch nichts unternommen, um es zu retten.“ Beim Köpi-Wagenplatz war das anders: Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Howoge verhandelte bis zum Schluss intensiv mit dem Eigentümer, um das Areal zu erwerben. Als dann jedoch die Räumung anstand, hatte der Eigentümer kein Interesse mehr an einer Einigung.

    Statt an sozialen Maßstäben orientiert sich Stadtpolitik heute vor allem an privatrechtlichen und ökonomischen Kriterien. „Stadtpolitik wird von Eigentümern definiert“, meint der Stadtsoziologe Andrej Holm

    Auch hier sieht Heusinger politischen Handlungsspielraum: „Man muss die polizeiliche Unterstützung für Gerichtsvollzieher nicht so schnell gewähren, sondern kann die Räumung hinauszögern.“ Und so Verhandlungen in letzter Minute ermöglichen. Dazu fehle in der SPD-geführten Innenverwaltung jedoch der politische Wille. „Der Wind hat sich für politische Projekte verschärft“, beobachtet der erfahrene Anwalt. Nicht nur würden in Berlin immer mehr langjährige Projekte verschwinden, auch Neubesetzungen würden gnadenlos geräumt. Tatsächlich wurden in den vergangenen Jahren so gut wie alle Besetzungen gemäß der Berliner Linie – Hausbesetzungen innerhalb von 24 Stunden räumen zu lassen – innerhalb kürzester Zeit von der Polizei beendet.

    Der Stadtsoziologe Andrej Holm sieht in der Räumung der zahlreichen Projekte ein „über die Jahre aufgebautes Versagen“. In den 90er Jahren habe man vereinbart, dass Hausprojekte und andere alternative Freiräume zu Berlin dazu gehören und ihre Legalisierung auf den Weg gebracht. Über die Jahre habe sich der Senat dann aus seiner Verantwortung zurückgezogen und es versäumt, ihre Existenz zu sichern. Heute fühle sich die Landesregierung nicht mehr an die Vereinbarung gebunden und verstecke sich hinter Gerichtsurteilen, kritisiert Holm, der 2016/17 selbst kurzzeitig Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen der rot-rot-grünen Berliner Landesregierung war.

    Mittlerweile sind die Spielräume für linke Freiräume und nachbarschaftliche Begegnung angesichts des steigenden Preisdrucks immer enger geworden. Dabei seien diese für die Gesellschaft wichtig, sagt Holm. „Es sind Möglichkeiten zur Selbstverwaltung und Selbstgestaltung alternativer Lebensstile jenseits des Konformitätsdrucks.“ Daran sollte auch die Berliner Landesregierung ein Interesse haben. „Die Stadt muss für alle da sein und allen Entfaltungsmöglichkeiten bieten.“ Der Kiezcharakter, der die Hauptstadt vielerorts noch ausmacht und durch eine Mischung an vielfältigen Lebensstilen geprägt ist, gehe verloren, wenn einem Teil dieser Vielfalt die Räume genommen werden.

    Statt an sozialen Maßstäben orientiert sich Stadtpolitik heute vor allem an privatrechtlichen und ökonomischen Kriterien. „Stadtpolitik wird von Eigentümern definiert“, meint Holm. Die Konsequenz sei eine Einschränkung von Entfaltungsmöglichkeiten: „Ökonomische Rationalität kann soziale und kulturelle Vielfalt niemals abbilden“, so Holm. Der Druck durch immobilienwirtschaftliche Profitinteressen werde in Berlin und anderen Städten in absehbarer Zeit jedoch nicht abnehmen – im Gegenteil. Durch die steigenden Zinsen seien Eigentümer noch stärker als bisher gezwungen, ihre Gewinne aus den Immobilien selbst zu erzielen, also durch Mieterhöhungen. Dadurch könnten weitere unkommerzielle Projekte verdrängt werden.

    Gleichzeitig werde der Wunsch nach subkulturellen Freiräumen nicht verschwinden, meint der Stadtsoziologe. Holm glaubt daher, dass es immer wieder neue Initiativen geben wird, die sich leer stehende Räume aneignen – die es in Berlin nach wie vor gibt. Ein Beispiel dafür ist die Habersaathstraße 40-48: In dem jahrelang leerstehenden Gebäudekomplex wurde nach Besetzung ein Hausprojekt für rund 50 Obdachlose geschaffen, das nach Verhandlungen zwischen Bezirk und Eigentümern seit einem Jahr geduldet wird.

    Was also kann Berlin tun, um solche Projekte zu schützen und die Stadt nicht privaten Immobilienunternehmen zu überlassen? Zuallererst brauche es einen „Artenschutz für bestehende Projekte“, sagt Holm. Und eine Politik, die die Entstehung neuer Freiräume als wichtigen Impuls für die Stadtpolitik begreift und diese unterstützt – statt sie als Störung zu begreifen.

    #Berlin #Köpenicker_Straße #Mitte #Hausbesetzung #Stadtentwicklumg #Miete #Kultur #Wohnen #Immobilien #Kapitalismus

  • Energieverbrauch von Denkmälern: Giffeys ewige Flamme der Ignoranz - taz.de
    https://taz.de/Energieverbrauch-von-Denkmaelern/!5883997

    12. 10. 2022 von Marie Frank - Auf Wunsch der Regierenden lodert die „Ewige Flamme“ wieder. Dabei ist das Mahnmal für die deutschen Heimatvertriebenen ein unnötiger Energiefresser.

    Eine ewige Flamme, bezahlt vom Energieversorger – das würden sich angesichts der unaufhaltsam steigenden Gaspreise derzeit viele Ber­li­ne­r*in­nen wünschen. Immerhin lassen breite Teile der Gesellschaft aus Sorge vor der nächsten Nebenkostenabrechnung selbst bei niedrigen Temperaturen ihre Heizung aus.

    Da kommt eine Gasflamme, die rund um die Uhr das ganze Jahr über in einer Eisenschale sinnlos vor sich hin lodert, nicht besonders gut an. Nach Beschwerden von Bür­ge­r*in­nen über diese Energieverschwendung in Zeiten knapper Ressourcen schaltete die Gasag vor rund zwei Wochen dann auch folgerichtig dem Mahnmal „Ewige Flamme“ in Charlottenburg-Wilmersdorf, das an die Opfer von Flucht und Vertreibung erinnern soll, das Erdgas ab.

    Doch Berlins Energieversorger hatte seine Rechnung ohne die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey gemacht. Denn während ihre Kol­le­g*in­nen aus der Politik nicht müde werden, die Menschen tagein tagaus zum Energiesparen anzuhalten, pfeift die SPD-Politikerin auf Energie- und Klimakrise und sorgte durch ihre Senatskanzlei dafür, dass die Flamme des Mahnmals am Mittwoch wieder in Betrieb genommen wurde.

    Dabei verfeuert die symbolische Opferschale laut Gasag pro Jahr rund 210.000 kWh – das entspricht dem Verbrauch von rund 15 Einfamilienhäusern oder fast 40 Ein-Personen-Haushalten.

    Doch Franziska Giffey, die in der Energiekrise im Fall der Fälle auch mal ganzen Stadtteilen für mehrere Stunden den Strom abstellen will, ficht das nicht an. Energiesparen schön und gut, aber wenn es um ein Denkmal für die deutschen Heimatvertriebenen geht, hört für die SPD-Politikerin der Spaß offenbar auf. Man muss schließlich Prioritäten setzen. Sollen sich die Armen doch an der „Ewigen Flamme“ wärmen!

    Wenn das Mahnmal künftig nicht auch noch an die Opfer von Ignoranz und Misswirtschaft erinnern soll, wird das mit dem auf dem Sockel beschworenen Frieden so jedenfalls nichts.

    #Berlin #Charlottenburg #Westend #Theodor-Heuss-Platz #Kultur #Politik #Denkmal #Energiekrise #SPD #WTF

  • Der Flow der Straße: Schöneberg-Tipps von Calla Henkel und Max Pitegoff
    https://www.monopol-magazin.de/der-flow-der-strasse

    Das Künstlerpaar Calla Henkel und Max Pitegoff zeigt seine Nachbarschaft im Berliner Stadtteil Schöneberg

    The artist duo Calla Henkel and Max Pitegoff show off their Schöneberg neighborhood in Berlin

    TV Bar

    Gemeinsam leiten wir die Künstlerbar TV, die Freitag und Samstag von sieben bis spät in die Nacht geöffnet hat. Die Toiletten dort sind mit Graffiti von Karl Holmqvist versehen, ein Kronleuchter von Klara Lidén baumelt im Hauptraum von der Decke. Es ist ein Projektraum und Performance-Space, in dem es noch relativ günstige Drinks gibt – serviert von Künstlerinnen oder Musikern oder beidem. Für unsere Empfehlungen haben wir uns auf das Drumherum unserer Bar fokussiert und Orte rausgesucht, die wir lieben und ohne die diese Nachbarschaft und diese Straße nicht so lebendig wären.

     

    We run TV Bar, open Thursday, Friday, and Saturday from 7pm until late. There, you’ll find graffiti by Karl Holmqvist in the bathroom, a lamp by Klara Lidén hanging in the main space, occasional events and performances, and cheapish drinks made by bartenders, who are all artists or musicians or both. For our recommendations here, we’ve chosen the places near the bar which we love, the ones which keep this neighborhood, and street, alive.

    TV Bar, Potsdamer Str. 151, 10783 Berlin

     

    Atlantik Fischladen

    Wenn man genug Zeit auf der Potsdamer Straße verbringt, werden die rhythmischen Wellen des Verkehrs zu ozeanischen Geräuschen. Es gibt keinen anderen Ort, der den mediterranen Heavy-Metal-Flow der Straße so gut aufnimmt wie der Atlantik Fischladen. Bestell hier auf jeden Fall die Sardinen und Pommes frites.

    If you spend enough time on Potsdamer Strasse, the rhythmic waves of traffic become oceanic. And there is no other place that embraces the heavy metal Mediterranean flow of the street like Atlantik Fischladen. Order the sardines and French fries.

    Atlantik Fischladen, Potsdamer Str. 166, 10783 Berlin

     

    Khan Aljanub

    Wir verabscheuen den Begriff „verstecktes Juwel“, aber es ist die einzig passende Art, diese Buchhandlung, die sich in der Remise im Hinterhof der TV Bar befindet, zu beschreiben. Angesichts eines Mangels an arabischen Büchern in Deutschland eröffnete Fadi Abdelnour die Buchhandlung Khan Aljanub im Herbst 2020. Dort findet sich eine große Auswahl arabischer Bücher für Kinder und Erwachsene, einschließlich Übersetzungen ins Englische und Deutsche. Es ist eine wunderschöne Leseoase mit Garten und freundlichen Gastgebern.

    We loathe the term “hidden gem”, but it is the only fitting way to describe this bookstore, nestled in the carriage house of TV Bar’s back courtyard. Recognizing there was a lack of places to buy Arabic books in Germany, Khan Aljanub opened in 2020 with a wide selection for children and adults, including translations into English and German. It is a beautiful oasis for reading, replete with garden and gracious hosts.

    Khan Aljanub, Potsdamer Str. 151, 10783 Berlin

     

    Malakeh

    Malakeh Jazmati ist eine aus Syrien stammende Starköchin. Sie zog 2015 nach Berlin und serviert nun gemeinsam mit ihrem Mann wahnsinnig köstliches Essen in ihrem Restaurant in der Potsdamer Straße. Das Mosa’a mit Auberginen ist weltbewegend. Da das kleine Restaurant oft überfüllt ist, kann man sich, wenn man keinen Tisch bekommt, einfach nebenan in die TV Bar setzen – die Bestellung wird gebracht.

    Malekeh Jazmati, a celebrity chef from Syria, moved to Berlin in 2015 and now, together with her husband, serves deliriously delicious food at her beloved namesake restaurant on Potsdamer Strasse. The mosa’a with eggplant is earth shattering. The place is often packed, so if you can’t get a table, you can sit next door at TV Bar and they will bring over your order.

    Malakeh, Potsdamer Str. 153, 10783 Berlin

     

    Begine

    Diese Empfehlung ist nur für Frauen: Begine ist ein lesbisch geprägtes Café, das seit 1986 in einem besetzten Gebäude betrieben wird und eine Vielzahl von Filmvorführungen, Vorträgen und Spieleabenden veranstaltet. Es ist der perfekte Ort für einen Kaffee oder ein Bier am frühen Abend. Gleichzeitig ist es ein generationenübergreifender Treffpunkt für Lesben in der Gegend und eine Erinnerung daran, dass der Aufbau einer gemeinsamen Welt möglich ist.

    This recommendation is for women only. Begine is a lesbian-centered café operating from a squatted building since 1986, and hosts a variety of screenings, talks, and game nights. It is the perfect place for an early evening beer or coffee, an intergenerational meeting place for lesbians in the area, and a reminder that collective world building is possible.

    Begine, Potsdamer Str. 139, 10783 Berlin

     

    Hopscotch Reading Room

    Im Hopscotch herrscht ein konstantes Brummen: ein Ort vollgepackt mit Büchern, aber auch mit Menschen, Veranstaltungen, Lesungen und sogar einer Bar. Das Geschehen erstreckt sich meistens bis in den Innenhof. Siddhartha Lokanandi dirigiert alles und kennt sich bestens mit den nicht westlichen und diasporischen Perspektiven aus, die die Regale füllen. Er hat immer eine Empfehlung parat, die sich in der Regel als genau das herausstellt, was man will (und vielleicht auch braucht).

    There is a constant hum of electricity at Hopscotch, packed with books, but also people, events, readings, and even a bar, all of which spill out into the courtyard. Siddhartha Lokanandi orchestrates all of it, and is deeply knowledgeable on the non-Western and diasporic perspectives that line their shelves, always quick with a recommendation which usually turns out to be exactly what you wanted (and maybe needed).

    Hopscotch Reading Room, Kurfürstenstr. 13/14, Aufgang B, 10785 Berlin❞

    #Berlin #Schöneberg #Tiergarten #Potsdamer_Straße #Kurfürstenstraße #Kultur #Gastronomie #Tourismus

  • Bedrohtes Kulturzentrum „Zukunft“ : No Future in Friedrichshain
    https://taz.de/Bedrohtes-Kulturzentrum-Zukunft/!5820380

    4.12.2021 von Andreas Hartmann - Die Verdrängung des alternativen Kulturzentrums „Zukunft am Ostkreuz“ hat Symbolcharakter für ganz Friedrichshain. Der Kiez wandelt sich radikal.

    Von sowas kommt sowas: Hinten Mediaspree, vorne Obdachlosigkeit Foto: Dirk Sattler/imago

    “Keine Zukunft ohne Zukunft“ steht auf den Protestplakaten, die gerade an diversen Friedrichshainer Szeneorten zu finden sind. Sie beziehen sich auf das alternative Kulturzentrum Zukunft am Ostkreuz im Rudolfkiez, dem der Mietvertrag seitens des Eigentümers nicht verlängert wurde und dem Ende März nächsten Jahres das Aus droht.

    Es macht Sinn, das wahrscheinliche Schicksal des Ortes “Zukunft“ nun mit der Frage nach der Zukunft des ganzen Bezirks zu verknüpfen. Und sich mal näher anzusehen, was denn so kommt nach dem Aus des “Zukunft“. Nicht nur direkt auf dessen Areal, denn darüber lässt sich nur spekulieren, schließlich lässt sich der Eigentümer bislang nicht in seine Karten blicken, sondern in der ganzen direkten Umgebung.

    Denn die voraussichtliche Verdrängung des “Zukunft“ hat großen Symbolcharakter für den radikalen Wandel eines ganzen Kiezes. Die Gegend zwischen Ostkreuz und Warschauer Straße wird sich nämlich in den nächsten Jahren – also schon in unmittelbarer Zukunft – so dermaßen ändern, dass man sie kaum wiedererkennen wird.

    Noch ist man im Pandemiemodus und hat ein wenig das Gefühl, die Zeit sei eingefroren und das einzige, was sich wirklich bewegt, sind die Viren im Raum. Aber in Wahrheit werden hier gewaltige Bebauungspläne vorangetrieben. Links und rechts neben dem “Zukunft“ wird das “A Laska“-Projekt entstehen, hochwertige Co-Working-Spaces. Löblich geplant mit nutzbarer Solarenergie vom Dach und viel Grün auf den Terrassen.
    Eine Zukunft nur mit sehr viel Kapital

    Aber wer sich die Animationen des Projektentwicklers dazu ansieht, weiß sofort: leisten können wird sich diese Büroflächen nur jemand mit wirklich sehr viel Kapital in der Tasche. Das gleiche gilt für den Ostkreuz Campus ums Eck, wo 10.000 Quadratmeter Bürofläche im Luxussegment entstehen werden.

    Bewegt man sich dann weiter in Richtung Warschauer Straße, kommt man am RAW-Gelände vorbei, das so schön ranzig und kiezmäßig wirkt mit dem Graffiti überall und dem netten Kulturangebot. Doch auch hier gilt: Aufwachen, liebe Friedrichshainer!

    Schon im Februar nächsten Jahres soll der Öffentlichkeit das Konzept für die Umgestaltung des Geländes präsentiert werden. Der Großteil der bestehenden Gebäude soll abgerissen werden, satte 150.000 Quadratmeter Geschossfläche neu entstehen und nebenbei noch ein 100 Meter hoher Büroturm. Der freilich wird dann im Schatten des Gebäudes nebenan stehen. Der Amazon-Tower an der Warschauer Brücke, der bereits gebaut wird, darf sich sogar 140 Meter in die Höhe strecken. Der Versandriese wird seinen Berliner Hauptsitz hierhin verlegen.

    Friedrichshain, der Kiez der Hausbesetzer und Studenten, wird dann ein ganz anderer sein. Die Zukunft von heute ist dann Gegenwart und man wird sich wahrscheinlich fragen, ob man sich diese wirklich so gewünscht hat.

    #Berlin Friedrixhshain #Kultur #Immobilien #gentryfication