• Medienkolumne : Grußwort zum Ende der https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/tv-medien/grusswort-zum-ende-der-meinungsfreiheit-li.2326058Meinungsfreiheit

    Lorsqu’on constate un déclin de la liberté d’expression en Allemagne ce n’est pas une opinion mais une conclusion des faits et développements. Cet article cite des exemples et fournit des source.

    19.5.2025 21 von Ole Skambraks - Jeder dritte Deutsche hat schon mal die eigene Meinung nicht gesagt, aus Angst vor den Folgen. Das gilt auch für Redakteure im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

    Im Mai wird in Deutschland die Meinungsfreiheit mit einer besonderen Woche zelebriert. Rund um den Tag der Pressefreiheit und dem Gedenken an die NS-Bücherverbrennungen feiern der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Stiftung Freedom of Expression die Freiheit des Wortes bundesweit.

    Haben Sie etwas bemerkt?

    Je ferner die Praxis, desto größer der moralische Anspruch.

    76 Prozent der Befragten einer aktuellen Insa-Umfrage sind überzeugt, dass „manche Personen“ in Deutschland ihre politische Meinung nicht sagen, weil sie Angst vor den Konsequenzen haben.

    Jeder Dritte hat selbst schon einmal die eigene Meinung nicht gesagt, aus Angst vor den Folgen. In einer Allensbach-Studie vom letzten Jahr sind es sogar 41 Prozent, die angeben, sie seien eher vorsichtig, die eigene Meinung mitzuteilen.

    Die Grenzen des Sagbaren sind heutzutage fein säuberlich abgesteckt. Bibliotheken versehen unliebsame Bücher neuerdings mit einem Warnhinweis: „Dies ist ein Werk mit umstrittenem Inhalt. Der Inhalt dieses Werks ist unter Umständen nicht mit den Grundsätzen einer demokratischen Gesellschaft vereinbar. Dieses Exemplar wird aufgrund der Zensur-, Meinungs- und Informationsfreiheit zur Verfügung gestellt.“
    Staatlich gefördertes Denunziantentum

    Ist doch alles in Ordnung, argumentieren die Fans der Cancel Culture, ähnlich wie Dunja Hayali: „Man kann in Deutschland eigentlich alles sagen. Man muss dann halt manchmal mit Konsequenzen rechnen.“ (ZDF Morgenmagazin, 29.01.2021)

    Nein, hält Journalist und Blogger Norbert Häring entgegen, der die Praxis deutscher Bibliothekare publik gemacht hat. Wir seien nur noch ein paar Schritte entfernt von der Liste verbotener Werke der Katholischen Kirche oder den verfemten Büchern der Klassenfeinde in der DDR.

    Wer unsere Regierenden als Schwachköpfe bezeichnet, kann in Konsequenz mit einer Hausdurchsuchung rechnen. Ein Faeser-Meme bringt sieben Monate Haft auf Bewährung inklusive Anordnung einer schriftlichen Entschuldigung bei der Ministerin.

    Beim „Antifeminismus“-Meldeportal der Amadeu-Antonio-Stiftung, beim „Berliner Register“ oder bei „MIRa.NRW“ können Sie Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze melden: zum Beispiel, dass Ihr Nachbar queerfeindlich ist, wo Sie einen israelkritischen, antisemitischen Aufkleber entdeckt haben oder wer verschwörungsideologisches Gedankengut verbreitet. Das Ganze soll anonymisiert dabei helfen, „Dunkelfelder auszuleuchten“, so NRW-Integrationsministerin Josefine Paul (Grünen).
    Man kann das alles gutheißen im Sinne eines achtsameren Miteinanders. Doch ist auch hier der Schritt zum staatlich geförderten Denunziantentum klein.

    So schreibt der damalige Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, 2024 in einem Gastbeitrag für die FAZ: „Auch die Meinungsfreiheit hat Grenzen (…) auch unterhalb der strafrechtlichen Grenzen und unbeschadet ihrer Legalität können Meinungsäußerungen verfassungsschutzrechtlich von Belang sein.“

    Die Politik ist dünnhäutig geworden. Sie spürt die Erosion der bestehenden Verhältnisse. Daher wird nun mehr Zensur ausprobiert. Wie bei zahlreichen modernen Phänomenen sind die Vereinigten Staaten von Amerika hierbei die Pioniere. Der Direktor der Foundation For Freedom Online, Mike Benz, beschreibt dies in einem vielsagenden Interview mit dem Podcaster Joe Rogan.

    Demnach sind es US-Sicherheitsbehörden, die seit den 1980er-Jahren Schritt für Schritt einen modernen Zensurapparat aufgebaut haben. Ab 2016, dem Jahr, das die Wahl von Donald Trump, den Brexit und das Erstarken rechtspopulistischer Parteien in Europa sah, wurde dieser Apparat hochgefahren. Ziel laut Benz: die Wahrung des Status quo, nicht der Schutz des demokratischen Prozesses, der den Wählerwillen respektiert. Die Wahl von Trump sei für das Establishment auf demokratischer sowie republikanischer Seite ein No-Go gewesen – ein Fehler, den man ein zweites Mal unbedingt verhindern wollte.

    Der Regulierungsbereich zur Bekämpfung von Desinformation, Hass und Hetze hat in den vergangenen Jahren ein einzigartiges Wachstum erlebt. Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) war Deutschland dabei nach den USA in einer Führungsrolle.

    Abweichende Meinungen zensiert

    Das Unternehmensfeld für digitale Zensur ist kolossal groß. Es umfasst zahlreiche neue Gesetze, Organisationen aus der Zivilgesellschaft (NGOs), private Akteure, Medien und die Wissenschaft. Am Ende dieses Artikels finden Sie eine unvollständige Auflistung.

    Auch die neue Bundesregierung plant, den Kampf gegen das allzu freie Wort in Deutschland weiterzuführen. Eine Medienaufsicht soll „die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen“ unterbinden.

    Das Orwell’sche Wahrheitsministerium lässt grüßen. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie weitreichend Zensurmaßnahmen gehen können. Bis vor kurzem wurde die Laborthese zum Virusursprung noch als Verschwörung abgetan. Mittlerweile ist sie das plausibelste Szenario, bekräftigt von zahlreichen Geheimdiensten. Genauso verhielt es sich mit möglichen Nebenwirkungen der „Corona-Schutzimpfungen“, die Faktenchecker als falsche Tatsachenbehauptung dargestellt haben. Indes sind diese leider zahlreich dokumentiert.

    Millionenfach wurden während der Pandemie kritische Inhalte zu Corona-Themen gelöscht, hat die Journalistin Laurie Clarke im British Medical Journal gezeigt.

    Wie das Corona-Narrativ geformt, geframt und abweichende Meinungen zensiert wurden, ist auch in einer Studie des Springer-Fachmagazins Minerva ersichtlich: „Unsere Ergebnisse weisen auf die zentrale Rolle hin, die Medienorganisationen und insbesondere Technologieunternehmen gespielt haben, beim Versuch, die Debatte über Covid-19-Politik und -Maßnahmen zu unterdrücken.“

    Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) stellt die Corona-Berichterstattung die größte journalistische Verfehlung seit seiner Gründung dar. Dies dokumentieren unter anderem zahlreiche anonyme Stellungnahmen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf der Website „Meinungsvielfalt.jetzt“. Ein Statement aus dieser Zeit liest sich so:

    „Tatsachen und Indizien, die den offiziellen Erzählungen widersprechen, werden vielmehr nach dem Motto ‚Das kann doch nicht wahr sein!‛ ausgeblendet. In der Konsequenz habe ich seit vielen Monaten den Eindruck, an einer Dauerwerbe­sendung für die Impfstoffindustrie mitzuwirken, in die sich die Mehrheit meiner Kollegen mit großem persönlichen Eifer einbringt. Diese Kollegen sind – glaube ich – tatsächlich felsenfest davon überzeugt, das Richtige zu tun. Dabei versäumen sie allerdings nach meiner Auffassung ihre journalistischen Aufgaben – Widersprüchen auf den Grund zu gehen und Skandale aufzudecken – und verwechseln scheinbar neutrale Bericht­erstattung mit der Missionierung und Erziehung der Bevölkerung in eine bestimmte Richtung, die sie persön­lich für die einzig Richtige halten.“

    Lust und Zeit, die Fehler von damals aufzuarbeiten, gibt es nicht beim ÖRR. Die Kollegen befinden sich schon in ihren nächsten Missionen.

    Ole Skambraks war insgesamt zwölf Jahre als Redakteur und redaktioneller Mitarbeiter für den MDR, WDR und SWR tätig. In einem Offenen Brief kritisierte er 2021 die Corona-Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Daraufhin wurde ihm vom SWR fristlos gekündigt. Er ist Mitgründer der Initiative „Meinungsvielfalt.jetzt“ und setzt sich für eine Renaissance des Journalismus ein.

    Redaktionsleiter und Chefredakteure betonen gerne, wie vielseitig und kontrovers Themen und Standpunkte in den Häusern diskutiert würden. Doch eine interne Umfrage des SWR zeigt ein anderes Bild. Programminhalte werden zum Großteil von freien Mitarbeitern ohne festen Vertrag produziert. Jeder dritte Mitarbeiter hat erklärt: „Ich habe meine Meinung innerhalb der Redaktion nicht vertreten, aus Sorge, es könnte sich negativ auf die Vertragsverlängerung auswirken.“

    Gar 62 Prozent erklärten: „Ich habe das Gefühl, innerhalb meiner Redaktion vertreten andere nicht ihre Meinung, aus Sorge, es könne sich negativ auf die Vertragsverlängerung auswirken.“

    Die prekären Zustände von freien, programmgestaltenden Mitarbeitern sind in anderen Sendern ähnlich wie beim SWR. Vielleicht helfen diese Zahlen, das journalistische Trauerspiel, das uns seit einigen Jahren vom ÖRR geboten wird, teilweise zu erklären. Rechtfertigen können sie es nicht. Denn gerade Journalisten sollten sich nicht anbiedern, offizielle Narrative kritisch hinterfragen und sich trauen, gegen den Strom zu schwimmen.

    „Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit.“ Leider trifft die alte Journalistenweisheit auch auf unsere Zeit zu – im Krieg gegen ein Virus, im Krieg gegen den ewigen Feind Russland und im Kulturkampf für „unsere Demokratie“.
    Meinungsfreiheit – „Grundlage jeder Freiheit“

    Übrigens: Der europäische Digital Services Act (Gesetz über digitale Dienste) beinhaltet auch einen „Krisenreaktionsmechanismus“: Im Falle einer Pandemie oder eines Krieges, kann die EU direkt eingreifen und von den Digitalkonzernen sofortige Maßnahmen verlangen, um Beiträge, die eine schwerwiegende Bedrohung darstellen „zu verhindern, zu beseitigen oder zu begrenzen“ (Artikel 36).

    Das Schwinden der Meinungsfreiheit scheint kein drängendes Thema zu sein. Doch „es hilft der offenen Gesellschaft nicht, wenn man sie abschafft“, erklärt die Schriftstellerin Eva Menasse in einem Gespräch, das die Fliehkräfte aufzeigt, die in diesem Prozess wirken. Meinungsfreiheit ist das Gut, das laut Bundesverfassungsgericht „die Grundlage jeder Freiheit überhaupt“ darstellt.

    Beleben wir es, dann beleben wir die Demokratie.

    Voici un liste de règlements, associations et conventions contenant aux éléments liberticides et de censure.

    Hier, wie versprochen, ein stichpunktartiger, unvollständiger Überblick zum Regulierungsbereich von Informationsvielfalt, Meinungsfreiheit und freier Rede:

    Netzwerkdurchsetzungsgesetz (Deutschland, 2017)
    https://www.bundesjustizamt.de/SharedDocs/Downloads/DE/Hasskriminalitaet/20220721_NetzDG.pdf?__blob=publicationFile&v=2
    Meldestelle für Hassrede Respect! (Deutschland, 2017)
    Verhaltenskodex zur Desinformation (EU, 2018)
    https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/library/2018-code-practice-disinformation
    Agentur „Hate Aid“ (2018)
    https://hateaid.org
    Partnerschaft gegen Desinformation von Facebook & Atlantic Council (2018)
    https://www.atlanticcouncil.org/news/press-releases/atlantic-councils-digital-forensic-research-lab-partners-with-faceb
    Sonderausschuss zur Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der Europäischen Union (EU, 2020)
    https://www.europarl.europa.eu/committees/de/disinformation-and-conspiracy-theories-v/product-details/20211111CHE09681
    Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland (2020)
    https://www.ard-media.de/mediaperspektiven-themenwelten/medienrecht-politik/1-1-2
    Aktionsplan für Demokratie (EU, 2020)
    https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/new-push-european-democracy/protecting-democracy_de
    Novelle NetzDG (Deutschland, 2021)
    https://www.bmjv.de/SharedDocs/Artikel/DE/2020/040120_NetzDG.html
    Ausweitung Straftatbestand § 188 StGB, Ehrschutzdelikte gegen Personen des politischen Lebens (Deutschland, 2021)
    https://dejure.org/gesetze/StGB/188.html
    Programm „Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte, Werte“ (EU, 2021)
    https://ec.europa.eu/info/funding-tenders/opportunities/portal/screen/programmes/cerv
    Gesetz über digitale Dienste (EU, 2022)
    https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/europe-fit-digital-age/digital-services-act_de
    Gesetz über digitale Märkte (EU, 2022)
    https://digital-markets-act.ec.europa.eu/index_en?prefLang=de
    Verstärkter Verhaltenskodex zur Desinformation (EU, 2022)
    https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/library/2022-strengthened-code-practice-disinformation
    Neuer Straftatbestand Verhetzende Beleidigung, StGB § 192a (Deutschland, 2022)
    https://dejure.org/gesetze/StGB/192a.html
    Ausweitung von § 130 StGB, Volksverhetzung, um einen neuen Absatz zu Äußerungen bezüglich Konflikte der Gegenwart
    https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/volksverhetzung-voelkermord-kriegsverbechen-groeblich-verharmlosen-billigen-leug
    „So Done“ GmbH (2022)
    https://www.sodone.de
    Europäische Beobachtungsstelle für digitale Medien (EU, 2020)
    https://germany.representation.ec.europa.eu/news/gemeinsam-gegen-desinformation-europaische-beobacht
    Paket zur Verteidigung der Demokratie (EU, 2023)
    https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/new-push-european-democracy/protecting-democracy_de
    EU-Instrumentarium zur Bekämpfung ausländischer Informationsmanipulation und Einflussnahme (EU, 2023)
    https://www.disinfo.eu/publications/fimi-towards-a-european-redefinition-of-foreign-interference
    Medienfreiheitsgesetz (EU, 2024)
    https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32024R1083
    Einsatz von Trusted Flagger für die Löschung von „unzulässigen Inhalten“ (Deutschland, 2024)
    https://www.dsc.bund.de/DSC/DE/4TrustedF/leitfaden.pdf?__blob=publicationFile&v=3
    Forschungsprojekt „Hatedemics“ (EU, 2024)
    https://hatedemics.eu
    Außergerichtliches Beschwerdezentrum „Appeals Center Europe“ (EU, 2024)
    https://www.oversightboard.com/news/statements-from-the-oversight-board-trust-and-oversight-board-member

    #liberté_d_expression #Allemagne #censure #démocratie_illibérale

  • „Froh, die Bundesrepublik verlassen zu können“
    https://www.unsere-zeit.de/froh-die-bundesrepublik-verlassen-zu-koennen-4800731

    Francesca
    UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese am 18. Februar 2025 in der Maigalerie der „jungen Welt“ (Foto : Anna Jörke / junge Welt)

    En Allemagne la fin de la liberté d’expression est proche. Franceska Albanese constate que nulle part ailleurs en Europe l’état tente de l’empêcher de parler en public comme en Allemagne. Les participants de ses soirées sont étroitement surveillés et risquent d’être persécutés par la justice pour leurs contributions au débat.

    Mit behördlichen Maßnahmen gegen Auftritte einer Repräsentantin der Vereinten Nationen erreichen die staatlichen Vorstöße gegen die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland einen neuen Höhepunkt. In den vergangenen Tagen wurden mehrere Auftritte der UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Territorien, Francesca Albanese, in München und in Berlin auf Druck staatlicher Stellen kurzfristig abgesagt – unter dem Vorwand, gegen Antisemitismus vorgehen zu wollen. Eine ersatzweise in den Räumlichkeiten der Tageszeitung „junge Welt“ abgehaltene Veranstaltung mit Albanese wurde am Dienstag von bewaffneten Polizisten überwacht, die gegen den erklärten Willen der Veranstalter in das von zahlreichen Mannschaftswagen umstellte Gebäude eingedrungen waren. Parallel nimmt die Repression gegen Demonstrationen zum Gaza-Krieg zu. Mittlerweile werden Kundgebungen schon gewaltsam aufgelöst, wenn dort nur in einer anderen Sprache als Deutsch oder Englisch gesprochen wird – etwa auf Hebräisch. Mit dem Oktroy einer umstrittenen Antisemitismus-Definition schränkt Berlin inzwischen faktisch auch die Freiheit der Wissenschaft ein. Renommierte Wissenschaftler protestieren – vergeblich.

    Die Antisemitismus-Resolution

    Die Auseinandersetzungen um staatliches Vorgehen gegen tatsächlichen oder angeblichen Antisemitismus waren zuletzt im Herbst vergangenen Jahres eskaliert, besonders im Umfeld der Verabschiedung einer Antisemitismus-Resolution durch den Bundestag am 7. November 2024. Die Resolution legt für die Definition von Antisemitismus die international äußerst umstrittene Definition der IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance) fest, die es ermöglicht, Kritik am Staat Israel als angeblich antisemitisch zu brandmarken. Zudem sucht sie Meinungen, die sich laut IHRA-Definition als angeblich antisemitisch einstufen lassen, auszugrenzen und repressiv zu bekämpfen – ganz besonders Kritik an Israel. Amnesty International hatte im November – wie diverse weitere Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaftler, Künstler und viele andere – gewarnt, bei der Umsetzung der Resolution seien „unverhältnismäßige Eingriffe in die Meinungs-, Kunst-, Wissenschafts- und Versammlungsfreiheit zu befürchten“. Das bestätigt sich. Ein aktuelles Beispiel bietet eine weitere Bundestagsresolution vom 30. Januar 2025, die vorgibt, gegen Antisemitismus an Schulen und Hochschulen vorzugehen. Auch sie legt die IHRA-Definition zugrunde und sieht umfassende repressive Maßnahmen „bis hin zur ggf. Exmatrikulation“ vor.

    „Einfallstor für Bevormundung“

    Die neue Resolution hat ebenfalls heftigen Protest ausgelöst. Weithin ist auf Verwunderung gestoßen, dass staatliche Stellen nun von der Wissenschaft die Anerkennung einer speziellen, nach wissenschaftlichen Kriterien – auch international – äußerst umstrittenen Definition einfordern. In Staaten, in denen Wissenschaftsfreiheit herrscht, ist derlei nicht der Fall. Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Walter Rosenthal, konstatierte, zumindest einige Forderungen der Resolution könnten „auch bei besten Absichten als Einfallstor für Einschränkungen und Bevormundung etwa in der Forschungsförderung verstanden werden“. Der Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Ralf Michaels, urteilte, die Resolution setze „wesentlich auf Mittel, die in autoritären Staaten beliebt sind: Überwachung, Repression, Sicherheitskräfte“. Die jüdische Historikerin Miriam Rürup, Direktorin des Moses Mendelssohn Zentrums für Europäisch-Jüdische Studien an der Universität Potsdam, wies darauf hin, beide Resolutionen seien auch mit den Stimmen der AfD verabschiedet worden. Sie fragte, wie man Antisemitismus mit einem Papier bekämpfen wolle, das klare Zustimmung einer extrem rechten Partei finde. Michaels stufte die Resolution gar als „Steilvorlage“ für die AfD ein, „um Kontrolle über Schulen und Hochschulen zu erlangen, sollte sie einmal Regierungspartei werden“.

    Hier wird Deutsch gesprochen!

    Zur faktischen Einschränkung des in Wissenschaft und Lehre möglichen Meinungsspektrums, mit der sich Deutschland international zunehmend isoliert und zum Provinzstandort wird, kommt kontinuierlich zunehmende Repression hinzu. Bereits im Sommer vergangenen Jahres hatte Amnesty International der Bundesrepublik sowie 20 weiteren europäischen Staaten vorgeworfen, das Recht auf Protest empfindlich einzuschränken, insbesondere bei Protesten, die sich gegen Israels Kriegsführung im Gazastreifen richten, und beklagt, selbst friedliche Demonstranten müssten in Deutschland in wachsendem Maß damit rechnen, „stigmatisiert, kriminalisiert und angegriffen“ zu werden. Die Lage spitzt sich inzwischen weiter zu. Betroffen sind vor allem Demonstrationen zum Gaza-Krieg, die insbesondere in Berlin häufig nur noch als stationäre Kundgebungen mit strengen Auflagen abgehalten werden dürfen, so etwa einem Trommelverbot, das verhängt wird, damit die Polizei strafbewehrte Parolen besser identifizieren kann. Videos, die brutale Polizeigewalt gegen Demonstranten zeigen, gehen auf sozialen Medien inzwischen regelmäßig um die Welt. Auf einer Kundgebung am 8. Februar erklärten die Berliner Behörden Rede- und Musikbeiträge sowie Parolen in anderen Sprachen als Deutsch oder Englisch für verboten. Nach einer Stunde wurde die Versammlung gewaltsam aufgelöst; unter anderem hatte ein Redner Hebräisch gesprochen.

    Unfreie Universität

    In den vergangenen Tagen sind deutsche Stellen dazu übergegangen, im Hinblick auf Kritik an Israels Kriegsführung im Gaza-Streifen auch gegen Repräsentanten der Vereinten Nationen vorzugehen. Konkret betroffen war die UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Territorien, Francesca Albanese, eine ausgewiesene Juristin, die, basierend auf ihrer jahrelangen Tätigkeit für die Vereinten Nationen, eine prononcierte Kritik an Israels Kriegsführung entwickelt hat. Sie war zu Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen an zwei deutschen Hochschulen eingeladen worden, an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität und an der Freien Universität Berlin. Beide wurden, offenkundig auf politischen Druck hin, abgesagt. In München war von einem zu erwartenden „Meinungskampf“ die Rede, den man unterbinden wolle. In Berlin wurde auf angebliche Sicherheitsprobleme verwiesen. Die Freie Universität Berlin folgte mit der Absage einer offiziellen Forderung des Bürgermeisters der deutschen Hauptstadt, Kai Wegner (CDU), der vorab erklärt hatte, er „erwarte“ von der Hochschule, „dass sie die Veranstaltung umgehend absagt und ein klares Zeichen gegen Antisemitismus setzt“. Die Veranstaltung mit Albanese konnte letztlich an einem anderen Ort durchgeführt werden.

    Ein deutscher Sonderweg

    Das traf auch auf eine zweite Veranstaltung mit Albanese am Dienstag in Berlin zu, für die die Räumlichkeiten ebenfalls unter massivem politischen Druck kurzfristig gekündigt worden waren, die dann aber noch in die Räume der Tageszeitung „junge Welt“ verlegt werden konnte. Die Umstände belegen, dass nicht nur die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit in der Bundesrepublik inzwischen spürbar eingeschränkt werden, sie zeigen auch, dass die Freiheit der Medien kein Tabu mehr ist. In den Veranstaltungsraum drangen gegen den erklärten Willen der Veranstalter bewaffnete Polizisten ein. Bis zu fünf von ihnen, begleitet von einem Arabisch-Dolmetscher, überwachten das Event von seinem Beginn am frühen Nachmittag bis zu seinem Ende kurz vor Mitternacht. Das Gebäude war zeitweise von mehr als 20 Mannschaftswagen der Polizei umstellt. Zur Begründung für den Einsatz hieß es, man müsse nicht nur Albaneses Äußerungen kontrollieren, sondern auch, ob im Publikum Straftaten begangen würden. Gemeint waren offenkundig Parolen, die in Deutschland strafbewehrt sind und an dieser Stelle lieber nicht ausgeführt werden sollen. Wie eine massive, bedrohliche Präsenz bewaffneter Polizisten in den Räumen einer unabhängigen Tageszeitung gegen deren erklärten Willen mit der Pressefreiheit vereinbar sein soll, erschließt sich nicht. Albanese teilte mit, sie habe in den vergangenen Wochen und Monaten als UN-Sonderberichterstatterin viele europäische Länder bereist, behördliche Repressalien wie in Deutschland allerdings in keinem einzigen erlebt. Sie sei nervös und froh, die Bundesrepublik in Kürze verlassen zu können.

    #Allemagne #état_policier #fachisation #liberté_d_expression #Israel #IHRA #censure #antisemitisme #philosemitisme

  • „Deutschland raus aus der Nato“ ? Und schon war die Webseite gehackt !
    https://overton-magazin.de/dialog/deutschland-raus-aus-der-nato-und-schon-war-die-webseite-gehackt

    Raus aus der NATO ! Birasuegi, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

    Si tu a l’intention de publier un site contre l’OTAN n’utilise pas #Wordpress, un site statque s’impose, et fais plutôt confiance à un prestataire professionnel européen indépendant pour héberger ta pétition.

    Sinon la MI6 (http://www.sis.gov.uk) ou l’un des collègues d’outre mer tueront ton site dans l’instant. C’est qui vient d’arriver au pacifiste allemand dans l’article suivant.

    10.1.2015 von Marcus Klöckner - „Deutschland raus aus der Nato!“: Das forderte der Autor Fred Schumacher auf einer eigens für das Anliegen aufgebauten Webseite. Aber nicht lange …

    Im Interview mit Marcus Klöckner berichtet Schumacher davon, was passierte, als die Webseite an den Start ging. Innerhalb weniger Stunden wurde sie gehackt, so Schumacher. Was ist da passiert? Schumacher, der gerade das Buch Waffen für die Welt: Rheinmetall und das Geschäft mit dem Krieg veröffentlicht hat, erzählt was seiner Seite widerfahren ist.

    Herr Schumacher, Sie haben eine Webseite aufgebaut, die fordert, dass Deutschland raus aus der Nato geht. Wann ging die Webseite an den Start? Und was ist dann passiert?

    Am 11. November 2024 um die Mittagszeit ging die Seite offiziell online – mit der URL http://rausausdernato.com . Sie lief stabil und es hatten sich die ersten sieben Unterstützer der Forderung „Deutschland raus aus der Nato!“ eingetragen, darunter Autoren und Filmschaffende.

    Wie lange hat es denn insgesamt gedauert, bis die Webseite, wie Sie sagen, gehackt wurde?

    Gegen 20:30 Uhr, also nach etwa acht Stunden, wurde die Seite professionell gehackt und die Namen der Unterzeichner samt ihren Kommentaren etc. gelöscht. Ab diesem Moment war der Zugang für mich und dem Programmierer zu unserem Admin-Bereich gesperrt.
    »Es gibt einen Hinweis besonderer Art«

    Das ist aber eine sehr kurze Zeit. Normalerweise würde man denken, dass so eine Webseite ja erst einmal wahrgenommen werden muss. Und dann muss sie auch als ein großes Problem verstanden werden, so dass ein Hackerangriff ins Auge gefasst wird. All das braucht Zeit.
    Wie erklären Sie sich das?

    Eine Webseiten-URL muss man ja erst mal auf sich selbst registrieren, um dann unter der Adresse eine Seite aufzubauen. Die Registrierung habe ich vier Wochen vorher, um den 10. Oktober herum, erledigt. Es ist gut möglich, dass interessierte Kreise einen Weg gefunden haben, wie sie schnell auf URLs aufmerksam gemacht werden, die Schlüsselbegriffe wie zum Beispiel Nato enthalten. Ich gehe davon aus, dass diese Leute nicht zum ersten Mal eine ihnen unangenehme Seite angegriffen haben, sie haben also bestimmt fertige Codes und wissen genau, wie sie diese über eventuell vorhandene Sicherheitslücken von Programmierungssystemen, von denen wir auch eines genutzt haben, zum Einsatz bringen.

    Wenn Sie sagen, dass es einen Hackerangriff gab: Wie ist das zu verstehen? Wie schwer war der Angriff? Und: Wer könnte es gewesen sein?

    Wie wir dann schnell nachvollziehen konnten, waren überaus professionelle Hacker am Werk, die in unsere Codes sogar Systeme eingebaut haben, welche sofort eine erneute Löschung vorgenommen haben, wenn wir die Seite mit Hilfe unserer Backups neu erstellt haben. Das geht automatisiert innerhalb von weniger als einer Minute. Wenn wir nach Säuberung unserer Codes auf einem anderen Server neu aufgesetzt haben, dauerte es maximal eine Stunde. Ich kann nur sagen, dass da Spezialisten am Werk waren, vermuten kann ich vieles; beweisen, wer dahintersteckt, nicht. Es gibt allerdings einen Hinweis der besonderen Art.

    Welchen?

    Ich arbeite mit einem mir seit Jahren persönlich bekannten Programmierer in Indien zusammen. Dieser erhielt einen oder zwei Tage nach dem Angriff Telefonanrufe aus England (Ländervorwahl 0044) Einmal hat er angenommen und es stellte sich ein Mann vor mit dem Hinweis, er käme von einem sogenannten European Security Council. Er fragte, ob der Programmierer denn wisse, an welcher Seite er da arbeite. Dann wurde ihm zu verstehen gegeben, dass er damit etwas Illegales unterstützen würde.
    »Brauche Zusammenarbeit und Knowhow – und einen sicheren Server«

    Was werden Sie nun tun?

    Es kommt jetzt darauf an, das System neu aufzubauen ohne Verwendung eines der weltweit gängigen Systeme wie WordPress oder Joomla … Also freies Coding von einem Informatiker, welcher die Ziele der Friedensbewegung und ihre zentrale Forderung „Deutschland raus aus der Nato!“ unterstützt. Ich brauche die Zusammenarbeit und das Knowhow in Verbindung mit einem sicheren Server. Wer mich dabei unterstützen kann, sollte mich gerne kontaktieren, z.B. über meine Facebook-Seite fred.schumacher1

    Was glauben Sie: Was könnte die Motivation hinter so einem Angriff sein? Die Forderung, dass Deutschland aus der Nato soll ist ja alt, sie gibt es seit vielen Jahrzehnten. Man hört sie immer wieder. Selbst wenn über eine Webseite viele Unterstützer zusammenkommen sollten: Was würde sich ändern? Fordern lässt sich viel. Wie sehen Sie das?

    Mein Ziel ist eine Unterstützerseite für die Forderung, auf der nach Möglichkeit Hunderttausende sich eintragen, wenn möglich Millionen. Die Friedensbewegung muss so viel politisches Gewicht in die Waagschale werfen, dass ihr Ziel erreicht wird, und das ist der im Statut der Nato vorgesehene Austritt Deutschlands aus dieser Einrichtung. Genau das will der hinter der Nato stehende militärisch-industrielle Komplex der USA verhindern.

    Was ist Ihre Motivation für die Webseite? Warum fordern Sie den Austritt Deutschlands aus der Nato?

    Ich zitiere hier den Text, der auf der Homepage steht: Die fast siebzig Jahre alte Forderung der Friedensbewegung ist aktueller denn je. Momentan hat mancher den Eindruck, beim Verfassen von Aufrufen zu Aktionen für Abrüstung und Frieden werde von Verantwortlichen taktiert bis die notwendige Klarheit und Entschlossenheit auf der Strecke bleiben. Hier gehen wir einen anderen Weg. Es gibt genauso viele Gründe für die Unterstützung dieser zentralen Forderung der Friedensbewegung wie es Menschen gibt, die mit ihrer Verwirklichung ihr eigenes Leben und das ihrer Verwandten und Freunde in Europa und der Welt vor einem Atomkrieg retten wollen. Unterstützen Sie diese Forderung durch ihren Eintrag hier auf der Webseite und schreiben Sie einfach auf, warum sie Ihnen wichtig ist.
    »Wir müssen gemeinsam gegen den Krieg aufstehen«

    Wie betrachten Sie die aktuellen Entwicklungen in Sachen Ukraine-Krieg? Gerade ist von einem möglichen Einsatz von Bodentruppen die Rede.

    Meine drei Kinder und zwei Enkelkinder leben in Deutschland, ich selbst in Spanien. Die aktuelle Situation mit dem von der Nato seit 1998 vorbereiteten Krieg gegen Russland ist sehr viel gefährlicher als während des gesamten Kalten Krieges. Insbesondere macht mir die Kriegstreiberei in der Politik Angst. Und dann gibt es da ja noch Profite von BlackRock und einem Friedrich Merz, der von gleichgeschalteten Medien zum zukünftigen Bundeskanzler hochgejubelt wird. Wenn uns das Leben unserer Familien und unser eigenen etwas wert ist, müssen wir gemeinsam gegen den Krieg aufstehen, den solche Leute herbeiwünschen.

    Was wollen Sie nun im Hinblick auf Ihre Webseite machen?

    Es muss neu programmiert werden, wie ich schon gesagt habe – und dazu brauche ich Unterstützung. Die neue Programmierung und die dauernde Abwehr von weiteren Angriffen, ist eine große Herausforderung und dazu wird es zum Erreichen des Ziels noch einer Menge an Einsatz von Kämpfern für den Frieden geben müssen. Packen wir es an!

    Fred Schumacher: Waffen für die Welt: Rheinmetall und das Geschäft mit dem Krieg. Das Neue Berlin. 9. September 2024. 112 Seiten. 10 Euro.

    #internet #site_web #intrusion #sécurité #liberté_d_expression #services_secrets

  • Holger Friedrich in Görlitz : „Wir machen einen großen Fehler“

    Daniel Morgenroth (links), Intendant des Theaters in Görlitz, im Gespräch mit Holger Friedrich, Verleger der Berliner Zeitung. Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Holger Friedrich, sa femme et son journal sont intéressants parce qu’ils tentent de réaliser l’idéal bourgeois de liberté que sa classe est en train de détruire. On est encore loin de la Gleichschaltung nazie qui soumet toute expression organisée à une autorité centrale, mais son journal Berliner Zeitung et l’hebdomadaore Der Freirag sont les seules publications bourgeoises qui osent encore prendre des points de vue différents du consensus officiel partagé par les partis politiques et les médias fondés en RFA avant 1989 .

    Pour le moment l’éditeur du Freitag Augstein ne se troyve pas aussi souvent dans le colimateur des organes de la classe hégémoniale comme son confrère Friedrich. Ce nest pas étonnant quand on sait que le capital d’Augstein fait partie du"vieil argent" d’une dynastie éditoriale alors que Friedrich n’est aux yeux des élites capitalistes qu’un nouveau riche au passé douteux. Friedrich a grandi en RDA, il n’y a pas fait partie des cercles religieux protestants alimentés par la très riche église ouest-allemande proche du pouvoir depuis Luther.

    L’éditeur du Berliner Zeitung est devenu riche après la déstruction de l’état socialiste allemand par les représentants des industriels, des banques et des fortunés occidentaux. Ce n’est pas un éditeur tradionnel mais un homme qui croit apparamment en l’idéal de démocratie, de réussite et d’ascension sociale que la plupart des puissamts membres de sa classe considèrent comme un modèle de société dépassé parce qu’il ne sert plus leurs intérêts.

    Dans une série d’articles et d’événements publiques l’éditeur Friedrich défend sa place de membre solidaire d’une élite qui a échangé les idées démocratiques historiques contre le néolibéralisme sans merci des Pinochet et Reagan. A cause de ses sujets et positions exceptionnels son journal connaît un succès impressioinnant auprès de la couche sociale qui se tourne vers le Bùndnis Sarah Wagenknecht (BSW) parce qu’elle voudrait préserver ses acquis de petit bourgeois et de fonctionnaire.

    L’existence historiquement éphémère du journal et de Holger Friedrich sont un bon signe pour le prolétariat et les publications qui lui sont proches. Il représente la fraction de la bourgeoisie qui est encore prête a négocier alors que les grands de sa classe ne font plus de prisonniers depuis un moment.

    22.11.2024/von Tomasz Kurianowicz - Die Welt verändert sich, doch Deutschland will am Alten festhalten. Holger Friedrich diskutierte mit Intendant Daniel Morgenroth über Medienfreiheit im Theater in Görlitz.

    Der Spiegel musste seinen Bericht über die Berliner Zeitung korrigieren – und Holger Friedrich saß am gestrigen Donnerstag auf der Bühne in Görlitz, um über Meinungs- und Pressefreiheit zu diskutieren.

    So in etwa könnte man die beiden markantesten Schlagzeilen zusammenfassen, die für die Redaktion der Berliner Zeitung in den vergangenen Tagen besonders wichtig waren. Und beide Ereignisse sind eng miteinander verknüpft.

    Denn dem gestrigen Auftritt von Holger Friedrich, dem Verleger der Berliner Zeitung, ging im September 2024 ein einseitiger Bericht des Spiegel über den Berliner Verlag voraus. Daniel Morgenroth, Intendant des Gerhart-Hauptmann-Theaters in Görlitz, hatte den diffamierenden Spiegel-Text gelesen und den Mut aufgebracht, den meinungsstarken Verleger nach Ostdeutschland einzuladen, um offen über Presse- und Medienfreiheit zu diskutieren.

    Der Schlagabtausch hatte Morgenroths Interesse geweckt, auch nachdem die Chefredaktion der Berliner Zeitung einen offenen Brief veröffentlicht hatte, um gegen die unfaire Berichterstattung des Hamburger Magazins zu protestieren. In den vergangenen Tagen kam Bewegung ins Spiel: Im Zuge eines Gerichtsverfahrens hat sich der Spiegel dazu verpflichtet, den Text über die Berliner Zeitung zu korrigieren.

    Von diffamierender Kritik darf man sich nicht einschüchtern lassen

    Als am gestrigen Donnerstag Holger Friedrich auf der Görlitzer Theaterbühne neben dem Intendanten Daniel Morgenroth saß, erinnerte er die zahlreichen Zuhörer und die Zuschauer im Livestream daran, dass eigentlich ein dritter Gast hätte hier sitzen müssen: der Chefredakteur des Spiegel, Dirk Kurbjuweit. Doch der Journalist hatte Holger Friedrichs Einladung ausgeschlagen. Also musste Morgenroth zuerst ohne Sidekick den Verleger mit Fragen löchern.

    Wenig verwunderlich ging es im ersten Teil des Gesprächs um den Konflikt zwischen Berliner Verlag und dem Spiegel. Holger Friedrich verwies darauf, dass sich viele Leitmedien immer häufiger als Diskreditierungsorgane in den Vordergrund spielten, anstatt ihre eigentliche Rolle als vierte Gewalt auszuüben. Immer häufiger schauten Medien den Mächtigen nicht mehr auf die Finger, sondern agierten als verlängerter Arm der Macht. Die Berliner Zeitung konnte darüber berichten, als das Blatt vom ukrainischen Botschafter für seine nuancierte Berichterstattung über den Ukrainekrieg angegriffen wurde – das sei ein Beispiel gewesen, wie staatliche Organe die Funktion von Presse missverstanden hätten, so Friedrich. Der Spiegel hatte anschließend den Vorgang unkritisch und einseitig dargestellt. Friedrich versicherte den Zuhörern, dass die Prinzipien der freien Presse für ihn als Verleger unverrückbar seien. Er lasse sich von diffamierender Kritik nicht einschüchtern.

    „Wie können wir unsere Erfahrungen nutzen?“

    Morgenroth wies darauf hin, dass die Berliner Zeitung Themen mit eigener Perspektive aufgreifen würde, die bei anderen Medien nur kaum oder gar nicht vorkämen. Ostdeutsche Themen seien ein besonderer Schwerpunkt der Berichterstattung, so Morgenroths Beobachtung. „Warum braucht es die Berliner Zeitung dafür?“, wollte der Theatermann wissen. Friedrich erwiderte, dass es einen Ort geben müsse, wo ein offener und breit ausgelegter Diskurs ermöglicht werde und wo auch der Erfahrungsraum der Ostdeutschen seinen Platz habe. Das sei besonders in Zeiten notwendig, in denen Gewissheiten erodierten und alte Akteure an mächtigen Positionen verunsichert seien. Anstatt zu diskutieren, würden Medienmenschen, die sich um ihre Macht und ihren Einfluss sorgten, viel zu oft Andersdenkende diskreditieren.

    Mit Blick auf Ostdeutschland erinnerte Morgenroth daran, dass es auch andere Medienhäuser gäbe, die den Osten als interessanten Resonanzraum für sich entdeckt hätten – wie ‚Die Zeit‘ mit ihrer Beilage ‚Die Zeit im Osten‘. Dies ließ Friedrich, Deutschlands einziger ostdeutscher Verleger, als Argument nicht gelten und äußerte einen provokanten Gedanken: Für ihn seien solche Projekte wie ‚Die Zeit im Osten‘ zu vergleichen mit einem Kolonialladen – nett gemeint, aber nicht authentisch. Die Berliner Zeitung würde aus Friedrichs Sicht einen ungefilterten Blick auf den Osten bieten, der nicht durch westdeutsch normierte Filter vorgeprägt sei. Der Blick der Berliner Zeitung würde daran erinnern, dass viele Ostdeutsche bereits eine einschneidende Transformationserfahrung gemacht hätten, die heute – in einer Zeit des radikalen Wandels – fruchtbar gemacht werden könnte. „Wie können wir unsere Erfahrungen nutzen?“, fragte Friedrich.
    Grundrechte müssen verteidigt werden

    Diese Frage bekam auch im geopolitischen Kontext eine besondere Relevanz. Im nächsten Teil des Gesprächs erinnerte nämlich der Verleger daran, dass Deutschlands Wohlstand in Gefahr sei – etwa durch wachsende wirtschaftliche Konkurrenz in China – und sich die Bevölkerung auf weitere Zäsuren einstellen müsse. Friedrich mahnte an, dass eine uninspirierte Politikerriege es verpassen würde, die notwendige Kreativität aufzubringen, um auf die wachsenden Herausforderungen zu reagieren. Ostdeutsche hätten die denkbar radikalste Staatskrise bereits mitgemacht – den Untergang der DDR –, würden also mit einem profunden Rüstzeug für weitere Krisen gewappnet sein. Dennoch käme man heute, 35 Jahre nach dem Mauerfall, nicht an der Frage herum, mit welchen Maßnahmen sich der Wohlstand in Deutschland erhalten ließe, ohne dass es zu gesellschaftlichen Konflikten kommt. Darüber werde zu wenig diskutiert.

    Friedrich wollte nicht pessimistisch sein, sondern verwies auf die wichtigste Soft Power, über die der Westen verfügte: Pressefreiheit, Kunstfreiheit, das Recht auf eine eigene Meinung. Wenn diese Soft Power dann auch noch auf Innovationskraft, technologischen Fortschritt, kluges Wirtschaften treffen würde, dann wäre der Westen kaum zu schlagen. Daher würde Friedrich auch sensibel darauf reagieren, wenn die wichtigste Soft Power – die Presse- und Meinungsfreiheit – im freien Deutschland einer größeren Bedrohung ausgesetzt sei. Die hart erkämpften Grundrechte gelte es, mit aller Kraft zu verteidigen, so Friedrich.

    Man muss jetzt die richtigen Fragen stellen

    Die Diskussion bezog sich auch auf das deutsch-chinesische Verhältnis, das sich in den vergangenen Monaten verschlechtert hätte. Obwohl Deutschland „den eigenen Hof“ nicht sauber halten würde, zeigten deutsche Außenpolitiker im Ausland großes Engagement im Belehren und Zurechtweisen ihrer Gegenüber, besonders mit Blick auf China. „Der Westen ist unsensibel gegenüber dem Osten, und Deutschland unsensibel gegenüber China“, sagte Friedrich. Anstatt Win-Win-Situationen zu kreieren, würden sich jetzt lauter Lose-Lose-Situationen ergeben. Deutschland könne am Zustand der Menschenrechte in China mit Beleidigungen nichts bewirken, verliere aber zugleich einen attraktiven Handelspartner. Dabei könnte es doch möglich sein, der Supermacht China im Dialog und auf Augenhöhe zu helfen, um in allen Bereichen eine positive Entwicklung zu nehmen. „Wir machen einen großen Fehler.“

    Morgenroth stimmte einerseits zu, erinnerte aber andererseits daran, dass er kein Land gutheißen könne, in dem keine Meinungsfreiheit herrsche und Menschen in Lagern eingesperrt würden. „Lager sind nirgendwo in Ordnung“, sagte Friedrich und fügte hinzu, dass die Frage jetzt sei, wie man Einfluss darauf nehmen könne, damit solche Lager erst gar nicht entstünden und der Rechtsstaat, den Friedrich für eine große zivilisatorische Errungenschaft hält, sich überall entfalten könne. Diese Fragen müsse man sich jetzt stellen.
    Wissen für ein besseres Morgen

    Abschließend sprach Holger Friedrich mit Daniel Morgenroth über die Corona-Zeit und warum es notwendig wäre, die pandemischen Jahre und das daraus folgende Krisenmanagement der Politik aufzuarbeiten. Die Presse sei ihrem kritischen Anspruch in dieser Zeit nicht gerecht geworden, sagte Morgenroth. In der Berliner Zeitung habe er aber schon früh kritische Stimmen wahrgenommen und sei so auf das Medium überhaupt erst aufmerksam geworden. Seiner Meinung nach sei es problematisch, dass Journalisten, aber eben auch Satiriker die Rolle der Staatshüter übernehmen würden – wie Jan Böhmermann –, statt die Mächtigen auf die Schippe zu nehmen. Auch beim Thema Ukraine-Krieg habe es in Deutschland lange an öffentlichkeitswirksamen Stimmen gefehlt, die eine andere Meinung eingenommen hätten als die Bundesregierung. Dabei sei dies gut für den demokratischen Diskurs.

    Am Ende der Veranstaltungen konnten Besucher kritische Fragen stellen. Eine junge Zuhörerin zeigte sich angetan von der Veranstaltung, sagte aber, dass sie als Görlitzerin mit dem Ost-West-Diskurs nichts anfangen könne. „Ich fühle mich deutsch.“ Friedrich stimme ihr zu und sagte, dass dieser Diskurs bald keine Rolle mehr spielen würde, es aber jetzt umso notwendiger sei, einerseits aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen – wie etwa den Fehlern aus der Zeit nach 1990 – und andererseits das Erbe der Ostdeutschen ins Produktive und Zukünftige zu wenden. Denn so könnte man in ein Morgen schreiten, das besser wird als die Vergangenheit – aus der Überzeugung heraus, dass sich Konflikte und Krisen vermeiden ließen, wenn man frühzeitig für einen Interessensausgleich sorgt. Die Medien könnten hierbei ein konstruktiver Moderator sein – wenn sie denn wollten.

    #Allemagne #ptesse #liberté_d_expression #Gleichschaltung #lutte_des_classes

  • Mit Ruhe, Witz und Streisand
    https://www.unsere-zeit.de/mit-ruhe-witz-und-streisand-4798006

    Comment se défendre en tant que syndicaliste ou journaliste contre les agressions juridiques par le patronat.

    15.11.2024 von Valentin Zill - Aktion gegen Arbeitsunrecht berät auf Konferenz, wie Betriebsräte, Gewerkschafter und Journalisten sich gegen SLAPP-Klagen wehren können

    Immer häufiger versuchen Konzerne, kritische Beschäftigte, Betriebsräte oder Journalisten mittels SLAPP-Klagen mundtot zu machen. Die Abkürzung steht für „strategic lawsuits against public participation“, etwa „strategische Klagen gegen die Beteiligung der Öffentlichkeit“, und lehnt sich an „slap“ an, das englische Wort für „Ohrfeige“.

    Mit welchen Tricks Union-Busting-Kanzleien dabei arbeiten, wie man sich gegen solche Klagen wehrt und welche politischen Maßnahmen dagegen sinnvoll wären – um diese Fragen drehte sich die „4. juristisch-politische Fachkonferenz für Betriebsräte, Gewerkschafter, Arbeitsrechtler & konzernkritische Publizist*innen“ der Aktion gegen Arbeitsunrecht am 9. November in Köln. Knapp 50 Teilnehmer, darunter viele aktive Betriebsräte, Gewerkschafter und Journalisten, diskutierten darüber mit Betroffenen.

    Die Journalistin Nora Noll etwa weiß, wie es sich anfühlt, von einer Rechtsanwaltskanzlei zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert zu werden. Ein „totaler Schock“ sei das gewesen. Das Schreiben der Kanzlei Schertz Bergmann habe Selbstzweifel an ihren Fähigkeiten als Journalistin ausgelöst. Noll hatte Ende April im „nd“ über erbärmliche Zustände in einem Ankunftszentrum für Geflüchtete in Berlin-Tegel berichtet. Für ihren Bericht hatte sie mit Beschäftigten des Ankunftszentrums gesprochen, die aus Sorge um ihre Arbeitsplätze anonym bleiben wollten. Sie hatte die DRK Sozialwerk Berlin gGmbH, die Trägerin des Zentrums, mit ihren Erkenntnissen konfrontiert, darauf aber keine Antwort bekommen.

    Noll entschied sich, keine Unterlassungserklärung abzugeben. Das DRK Sozialwerk Berlin klagte. In erster Instanz unterlag das Unternehmen teilweise: Acht der zwölf Äußerungen, die Noll und das „nd“ unterlassen sollten, seien nicht zu beanstanden. Das Unternehmen – finanziert aus öffentlichen Mitteln! – ging in Berufung.

    Immerhin habe die Klage zu Berichterstattung über das Vorgehen des DRK Sozialwerks in anderen Medien geführt, erzählte Noll. Diesen Streisand-Effekt – er bezeichnet den ungeschickten Versuch, eine unliebsame Information zu unterdrücken, wodurch die erst richtig bekannt wird – griff auch Walter Brinkmann auf. Der Vorsitzende des Aktionsbündnisses Klinikum Lippe hat 17 Jahre lang als Betriebsrat gewirkt. Er engagiert sich heute für bessere Arbeitsbedingungen an dem Klinikum und damit für die bessere Versorgung der Patienten. Brinkmann erzählt, der Geschäftsführer der Klinik habe zeitweise den Verkauf der Lokalzeitung am Klinik-Kiosk untersagt, nachdem das Blatt über die Zustände in der Klinik berichtet hatte. „Seitdem klappt unsere Zusammenarbeit mit der Lokalpresse ziemlich gut“, grinst Brinkmann. Die Klinikleitung geht mit zwei SLAPP-Klagen gegen ihn vor. Sie möchte Brinkmann Äußerungen untersagen, die er in Interviews mit „junge Welt“ und Aktion gegen Arbeitsunrecht getätigt hat.

    Der Kölner Rechtsanwalt Eberhard Reinecke vertritt Mandanten, die sich gegen SLAPP-Klagen wehren. In seinem Vortrag erläuterte er die juristischen Kniffe, auf denen SLAPP-Klagen häufig basieren, und gab konkrete Tipps zur Gegenwehr. Bekomme man eine Abmahnung, solle man ruhig bleiben. Häufig würden Reaktionsfristen von 48 oder gar nur 24 Stunden gesetzt, was „regelmäßig nicht angemessen“ sei. Man könne dann eine Frist von einer Woche nutzen und das dem Abmahnenden mitteilen.

    Reinecke empfiehlt, die Abmahnung sorgfältig zu lesen und zu überprüfen. Komme man zu dem Ergebnis, berichtete Tatsachen seien zutreffend und trügen entsprechende Meinungsäußerungen, könne es sinnvoll sein, eine kurze Stellungnahme zu verfassen. Sei die Abmahnung berechtigt, müsse man die Berichterstattung ändern – und weiterführen, um zu demonstrieren, dass man sich durch SLAPP-Klagen nicht stoppen lasse. Reinecke hat auch einen Tipp parat für den Fall, dass man den Ausgang eines eventuellen Gerichtsverfahrens nicht sicher prognostizieren kann. In diesem Fall könne man eine Unterlassungserklärung abgeben, die Begleichung der geforderten Kosten aber verweigern, „da eigentlich kein Unterlassungsanspruch besteht“. Dafür rät der Anwalt zu der Formulierung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich“. Das Unternehmen, das die SLAPP-Klage in Auftrag gegeben hat, muss seine Anwaltskosten dann selbst bezahlen – oder sie einklagen. Dann müsse der Unterlassungsanspruch gerichtlich festgestellt werden. Das erhöht das Risiko des Klägers zu scheitern und senkt die Kosten des Beklagten selbst dann, wenn der unterliegt: Weil der Streitwert sinkt. Gewinne der Beklagte ein solches Verfahren, sei er allerdings weiter an seine Unterlassungserklärung gebunden.

    Für wohlwollende Heiterkeit sorgten Reineckes Vorschläge zum kreativen Umgang mit Richtigstellungen. Die könne man etwa ergänzen um den Hinweis, selbst die Juristen des Klägers hätten „an den übrigen Teilen des Beitrags nichts Beanstandenswertes gefunden“. Habe man beispielsweise ein Mitglied der Partei „Die Rechte“ fälschlicherweise der AfD zugeordnet, könne man bedauern, den Rechten als „zu harmlos“ eingeschätzt zu haben und versprechen, die frühere Äußerung nicht zu wiederholen.

    Falko Blumenthal wird in seinem Arbeitsalltag ständig mit Union-Busting konfrontiert. Blumenthal ist Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall München und dort für Betriebsratsgründungen in Start-ups zuständig. Er kritisiert die „Mentalität der Selbstaufopferung“, die oft in solchen Betrieben herrsche. Mitbestimmung werde belächelt – nicht nur von der Geschäftsführung, sondern auch von Beschäftigten. In einem bayerischen Start-up habe er zu hören bekommen: „Wir gehen in den Weltraum, und ihr kommt uns mit dem Betriebsverfassungsgesetz.“

    In seinem Schlusswort riet Elmar Wigand, Pressesprecher der Aktion gegen Arbeitsunrecht, Union-Busting-Aktivitäten von Anfang an klar zu dokumentieren. Darauf spezialisierte Kanzleien schreckten teils nicht einmal davor zurück, Detektive oder Provokateure gegen Menschen einzusetzen, die einen Betriebsrat gründen wollten. Deren Methoden gehörten geoutet, forderte Wigand. Solche Kanzleien betrieben Rechtsmissbrauch und bewegten sich an der Grenze zur organisierten Kriminalität.

    #lutte_des_classes #justice #droit #liberté_d_expression #SLAPP

  • Richterin zum Fall CJ Hopkins : Mit Nazi-Vergleichen gegen die Coronapolitik – ist das erlaubt ?
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/richterin-zum-fall-cj-hopkins-mit-nazi-vergleichen-gegen-die-corona

    Plusieurs couts de justice allemandes ont jugé en faveur d’accusés que l’état a poursuivi pour avoir critiqué les mesures contre le covid. Par ces procédures on a appris l’absence de preuves scientifiques pour la nécessité de plusieurs mesures et le caractère politique de la prise de décision dans l’ensemble des cas.

    Une histoire particulièrement absurde est le cas de l’utilisation d’un symbole nazi dans un tweet qui critiquait la qualité liberticide de l’imposition de mesures hygiéniques. L’article du Berliner Zeitung propose une analyse juridique de ce cas.

    21.9.2024 von Clivia von Dewitz - Unsere Autorin hat zum NS-Kennzeichenverbot promoviert und meint: Der erstinstanzliche Freispruch von Hopkins war richtig. Warum geht die Staatsanwaltschaft trotzdem in Revision?

    Am 30. September soll vor dem Kammergericht Berlin in der Sache CJ Hopkins die Revisionsverhandlung stattfinden. Dem gebürtigen Amerikaner, verheiratet mit einer Jüdin, seit fast 20 Jahren in Berlin lebend, wird von der Staatsanwaltschaft Berlin vorgeworfen, durch zwei Tweets auf X gegen das seit 1968 in Deutschland geltende NS-Kennzeichenverbot verstoßen zu haben. Stein des Anstoßes waren Abbildungen, die eine weiße medizinische Mund-Nasen-Bedeckung zeigen, auf denen jeweils mittig ein ebenfalls weißes Hakenkreuz durchschimmert. Dazu veröffentlichte er unterschiedliche Begleittexte, was für den Prozessverlauf relevant sein wird. Doch dazu später mehr.

    Das Zeigen von NS-Kennzeichen löst in Deutschland bis heute bei einem Großteil der Bevölkerung Unbehagen aus. Zu Recht – stehen diese Kennzeichen doch für ein Unrechtsregime unvorstellbaren Ausmaßes, das insbesondere für den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg und damit für Millionen Tote verantwortlich ist.
    Das Kennzeichenverbot

    Bereits unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg machte man sich daher verständlicherweise Gedanken, wie mit NS-Kennzeichen umzugehen sei. Die ersten Strafvorschriften, die nationalsozialistisches Gedankengut, somit auch NS-Kennzeichen, zum Inhalt hatten, waren Besatzungsrecht der Militärregierung Deutschland für die amerikanische Zone (wie das Gesetz Nr. 154). Das Gesetz sah hohe Strafen für den Gebrauch von NS-Symbolen auf Fahnen, Bannern und Ähnlichem vor.

    Nach 1949 enthielt zunächst allein das Versammlungsgesetz von 1953 das Verbot des Verwendens nationalsozialistischer Kennzeichen. Erst 1960 mit dem 6. Strafrechtsänderungsgesetz fand das Verbot des Zeigens von Kennzeichen ehemaliger nationalsozialistischer Organisation als § 96a StGB Eingang in das Strafgesetzbuch. 1968 wurde das Kennzeichenverbot dann als § 86a StGB im Rahmen der Parteienverbotsbestimmungen in der im Wesentlichen bis heute geltenden Fassung eingeführt und somit die Normierung des NS-Kennzeichenverbots in den allgemeineren Kontext des Parteienverbotsrechts gestellt.

    Strafbar macht sich nach dem Kennzeichenverbot (§ 86 Abs. 1 Nr. 4, 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB) nur, wer NS-Kennzeichen verbreitet oder öffentlich verwendet, „die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen“. Somit fällt nicht schon jede Verwendung eines NS-Kennzeichens unter das Verbot. Im Gegenteil, das Gesetz bekräftigt, dass als Propagandamittel nur solche Schriften gelten, deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind (§ 86 Abs. 3 StGB).

    Urteil über Lauterbach-Bildmontage: Sind Kunst- und Meinungsfreiheit in Gefahr?

    Und nach dem Strafgesetz (§ 86 Abs. 4 StGB) scheidet eine Strafbarkeit auch dann aus, wenn das Propagandamittel bzw. Kennzeichen der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient (sog. Sozialadäquanzklausel).

    Erst in den 70er-Jahren wurden NS-Kennzeichen auch in kritischer oder ironisierender Form verwendet. Die Rechtsprechung hat die Strafbarkeit in diesen Fällen entweder schon auf der Tatbestandsebene oder durch Anwendung der Sozialadäquanzklausel scheitern lassen. Denn eine kritische und distanzierte Verwendung von NS-Kennzeichen ist insbesondere mit Blick auf Artikel 5 des Grundgesetzes nicht strafbar. Das dort festgeschriebene Grundrecht der Meinungs- bzw. Kunstfreiheit ist konstituierend für eine Demokratie.

    Das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten: Freispruch

    Vor dem Hintergrund der geschilderten Gesetzeslage sprach das Amtsgericht Tiergarten daher völlig zu Recht CJ Hopkins am 23. Januar 2024 frei. In seinem Urteil kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte sich mit seinen zwei Posts auf X nach dem Kennzeichenverbot (§§ 86 Abs. 1 Nr. 4, 86a Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB) nicht strafbar gemacht hat. Denn, so das Urteil, beide von der Staatsanwaltschaft Berlin beanstandeten Posts ließen „bei Berücksichtigung des mit der Verwendung der Maske verbundenen Texts ohne Weiteres erkennen, dass die Verbindung zum Nationalsozialismus in einem nachdrücklich ablehnenden Sinn hergestellt wird“.

    Auch liege den Posts jegliche Eignung fern, einer Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankengutes oder gar ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen zu dienen. Denn Personen mit neonazistischer Zielsetzung würden die Kennzeichen nationalsozialistischer Organisationen niemals in einer deren Ablehnung zum Ausdruck bringenden bildlichen Zusammenstellung verwenden. Daher sei eine Wirkung der Posts in einer dem Symbolgehalt nationalsozialistischer Kennzeichen entsprechenden Richtung von vornherein ausgeschlossen. Kurzum: Das Gericht befand, hier hatte ein amerikanischer Staatsbürger NS-Symbolik verwendet, ohne damit in irgendeiner Weise das NS-Regime verherrlichen zu wollen.


    Screenshot eines der beiden Posts von CJ Hopkins auf X privat

    Nun drängt sich die Frage auf, wie die Staatsanwaltschaft Berlin dazu kommt, gegen diesen Freispruch weiter vorzugehen und CJ Hopkins am 30. September 2024 erneut vors Gericht zu zitieren. Nach dem Wortlaut des Kennzeichenverbots und der besonderen, nach dem Bundesverfassungsgericht schlechthin konstituierenden Bedeutung der Meinungs- und Kunstfreiheit für eine Demokratie kann kein anderes Ergebnis als eine Straflosigkeit derartiger Posts herauskommen.

    Das Bundesverfassungsgericht hat gerade erst wieder in seinem Beschluss vom 11. April 2024 auf eine Verfassungsbeschwerde von Julian Reichelt hin auf die besondere Bedeutung der Meinungsfreiheit hingewiesen und klargestellt, dass der Staat auch scharfe und polemische Kritik aushalten müsse. Nichts anderes muss gelten, wenn NS-Kennzeichen verwendet werden, um staatliche Anordnungen zu kritisieren. Dies unabhängig davon, ob die Kritik berechtigt ist oder nicht.

    Die Argumentation der Staatsanwaltschaft

    Nicht überzeugend ist die in der Verhandlung vor dem Amtsgericht Berlin vorgetragene Argumentation der Staatsanwaltschaft, wonach „nicht erst beim Lesen des Bildtextes oder bei der Reflexion“ eine Distanz zur NS-Zeit deutlich werden dürfte. Die in den beiden Posts durch die Verwendung des Hakenkreuzes zum Ausdruck kommende Kritik am Staat verherrlicht ganz offensichtlich nicht das NS-Regime. Im Gegenteil, der Angeklagte will, unter Zuhilfenahme von NS-Symbolik, vor einem totalitären Regierungsstil warnen. Das mag extrem erscheinen, betrachtet man jedoch das Regierungshandeln während der Corona-Zeit, ist scharfe Kritik zumindest nachvollziehbar.

    Die Protokolle des Robert-Koch-Instituts (RKI) legen nahe, dass die Regierung wesentliche Teile der grundrechtseinschränkenden Maßnahmen von 2020 bis 2022 nicht auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern aus politischem Kalkül heraus angeordnet hat, sodass sich eine neue Bewertung des Regierungshandelns von 2020 bis 2022 aufdrängt.

    Das gilt auch und gerade für das Tragen von Masken. So heißt es etwa im RKI-Protokoll vom 4. November 2020: „Fremdschutzmaßnahme von FFP2-Masken ist sehr unwahrscheinlich. Hinzu kommt: ohne begleitende Anwendung kein sicherer Schutz beim Laien!“ Und später, im Protokoll vom 16. November 2020, heißt es: „Kann noch interveniert werden? Es ist ungünstig und gefährlich, wenn Masken von Laien benutzt werden. Deutsche Gesellschaft für Mikrobiologie und Hygiene hält FFP2-Masken, wenn sie nicht gut sitzen, für ein ungünstigeres Mittel als MNS (Mund-Nasen-Schutz, Anmerkung der Redaktion), da sie Scheinsicherheit vermitteln. (…) Einflussnahme eher nicht mehr möglich, die Beratungen finden zeitgleich statt, RKI wurde im Vorfeld nicht gefragt.“ Und gleich im nächsten Satz heißt es: „Falls so entschieden wird, sollte auf die Herausforderungen hingewiesen werden und eine Ausgabe mit Rezept nach vorheriger Beratung durch den Hausarzt empfohlen werden. Der Hausarzt kann prüfen, ob ein kardiales oder pulmonales Risiko besteht, und kann im Gebrauch unterweisen.“

    Politische Justiz?

    Wie sollen vor dem Hintergrund dieser Aussagen von Wissenschaftlern Ende 2020 die heute noch laufenden Verfahren gegen Ärzte, die Maskenatteste ausgestellt haben, gerechtfertigt werden? Der Verdacht von politischer Justiz oder gar Gesinnungsstrafrecht drängt sich geradezu auf.

    Eine lobenswerte neue Entwicklung in der Rechtsprechung hat jüngst das Verwaltungsgericht Osnabrück eingeleitet. Das Gericht hat die RKI-Protokolle in das Verfahren um ein Beschäftigungsverbot infolge der einrichtungsbezogenen Impfpflicht eingeführt. Der RKI-Präsident wurde als Zeuge vernommen. Am Ende der Verhandlung stellte das Gericht fest, dass erhebliche Zweifel an der wissenschaftlichen Unabhängigkeit des RKI bestünden, da dieses weisungsgebunden an das Ministerium sei. Den Fall legte es wegen massiver Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit an einem Paragrafen im damals geltenden Infektionsschutzgesetz dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor (sog. Richtervorlage). Bleibt abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht die Chance nutzt und seine Entscheidungen in Zukunft dem tatsächlichen wissenschaftlichen Kenntnisstand anpassen wird.


    Auch Lars Schaade, RKI-Präsident, war als Zeuge beim Verwaltungsgericht Osnabrück vorgeladen. Christoph Gateau/dpa

    Schließlich wurde jüngst durch den pensionierten Richter Manfred Kölsch herausgearbeitet, dass der Schaden für die Steuerzahler durch die Bestellung von 5,7 Milliarden Masken bis zum 5. Mai 2020 (durch den damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn) sowie durch Lagerkosten und durch die wahrscheinlichen wirtschaftlichen Folgen der Entscheidungen des Oberlandesgerichts Köln zum Schadenersatz an Maskenlieferanten bei insgesamt circa zehn Milliarden Euro liegen dürfte. Der Bundesrechnungshof spricht von einer „massiven Überbeschaffung“ und stellt weiter fest, die Masken seien „ohne Nutzen für die Pandemiebekämpfung und damit ohne gesundheitspolitischen Wert“ gewesen. Zugleich heißt es im RKI-Protokoll vom 27. Januar 2020 des RKI noch: „Es wird keine Bevorratung von Masken etc. empfohlen.“

    Die Politik hat also gegen jede wirtschaftliche Vernunft Masken bestellt, entgegen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der fachlichen Einschätzung des RKI das Tragen von Masken angeordnet. Bei Kindern hielten viele Experten das Tragen von Masken sogar von Anfang an für gesundheitsschädlich.

    Vor diesem Hintergrund dürfte die Verwendung eines Hakenkreuzes in Verbindung mit einer Maske als Kritik an Anordnungen der Regierung(en) in einem neuen Lichte erscheinen. Ist es nicht mehr möglich, auch auf extreme Weise Regierungshandeln zu kritisieren, bewahrheitet sich, wovor CJ Hopkins mit seinen Posts warnen möchte, nämlich dem Aufstieg neuer totalitärer Regierungsstrukturen und damit dem Verlust demokratischer Werte. Wenn Der Spiegel und der Stern, die weder während noch nach der Corona-Zeit mit besonders regierungskritischen Beiträgen oder einem ernsthaften Aufklärungsbemühen aufgefallen sind, unbehelligt Hakenkreuze auf ihren Titelseiten verwenden können, muss gleiches für Kritiker der Regierung gelten.

    Dr. Clivia von Dewitz ist Richterin und hat zu NS-Gedankengut und Strafrecht (§§ 86,86a und § 130 StGB) promoviert.

    #Allemagne. #justice #covid-19 #iatrocratie #nazis #liberté_d_expression

  • Konstruierte Vergewaltigung, manipulierte Beweise, befangene Richter
    https://www.republik.ch/2020/01/31/nils-melzer-spricht-ueber-wikileaks-gruender-julian-assange

    A pâques on aime organiser des marches pour la paix. Alors rappellons à tout le monde que la guerre est omniprésente, qu’elle est une affaire des classes au pouvoir et que nous sommes toutes et tous les cibles potentielles de leurs conjurations.

    Julian Assange n’a pas compris qu’en temps de guerre les ripostes juridiques et politiques ne sont pas suffisantes si on veut gagner du terrain.

    Rappellons encore que l’époque de la guerre froide n’a été qu’un bref moment de paix superficielle en Europe centrale. Le triomphe du capitalisme en 1989/1990 a accéléré le rythme de la danse des morts parmi lesquels nous nous approchons inéluctablement de l’abîme. Les mécanismes de leur système ne laissent pas de choix aux élites. Elles nous entraînent dans leur folle course vers l’hécatombe.

    C’est l’automne alors que nous sommes au printemps.

    Herbsttag
    http://rainer-maria-rilke.de/06b012herbsttag.html

    Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
    Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
    und auf den Fluren lass die Winde los.

    Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein;
    gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
    dränge sie zur Vollendung hin, und jage
    die letzte Süße in den schweren Wein.

    Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
    Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
    wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
    und wird in den Alleen hin und her
    unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

    Rainer Maria Rilke, 21.9.1902, Paris

    Nils Metzer en 2020

    31.1.2020 von Daniel Ryser - «Vor unseren Augen kreiert sich ein mörderisches System»

    Eine konstruierte Vergewaltigung und manipulierte Beweise in Schweden, Druck von Grossbritannien, das Verfahren nicht einzustellen, befangene Richter, Inhaftierung, psychologische Folter – und bald die Auslieferung an die USA mit Aussicht auf 175 Jahre Haft, weil er Kriegsverbrechen aufdeckte: Erstmals spricht der Uno-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, über die brisanten Erkenntnisse seiner Untersuchung im Fall von Wikileaks-Gründer Julian Assange.

    Ein Interview von Daniel Ryser (Text) und Yves Bachmann (Bilder), 31.01.2020

    1. Die schwedische Polizei konstruiert eine Vergewaltigung

    Nils Melzer, warum befasst sich der Uno-Sonder­berichterstatter für Folter mit Julian Assange?
    Das hat mich das Auswärtige Amt in Berlin kürzlich auch gefragt: Ist das wirklich Ihr Kernmandat? Ist Assange ein Folteropfer?

    Was haben Sie geantwortet?
    Der Fall berührt mein Mandat in dreifacher Hinsicht. Erstens: Der Mann hat Beweise für systematische Folter veröffentlicht. Statt der Folterer wird nun aber er verfolgt. Zweitens wird er selber so misshandelt, dass er heute selbst Symptome von psychologischer Folter aufzeigt. Und drittens soll er ausgeliefert werden an einen Staat, der Menschen wie ihn unter Haft­bedingungen hält, die von Amnesty International als Folter bezeichnet werden. Zusammengefasst: Julian Assange hat Folter aufgedeckt, er wurde selber gefoltert und könnte in den USA zu Tode gefoltert werden. Und so etwas soll nicht in meinen Zuständigkeits­bereich fallen? Zudem ist der Fall von emblematischer Bedeutung, er ist für jeden Bürger in einem demokratischen Staat von Bedeutung.

    Warum haben Sie sich denn nicht viel früher mit dem Fall befasst?
    Stellen Sie sich einen dunklen Raum vor. Plötzlich richtet einer das Licht auf den Elefanten im Raum, auf Kriegs­verbrecher, auf Korruption. Assange ist der Mann mit dem Schein­werfer. Die Regierungen sind einen Moment lang schockiert. Dann drehen sie mit den Vergewaltigungs­vorwürfen den Lichtkegel um. Ein Klassiker in der Manipulation der öffentlichen Meinung. Der Elefant steht wieder im Dunkeln, hinter dem Spotlight. Stattdessen steht jetzt Assange im Fokus, und wir sprechen darüber, ob er in der Botschaft Rollbrett fährt, ob er seine Katze richtig füttert. Wir wissen plötzlich alle, dass er ein Vergewaltiger ist, ein Hacker, Spion und Narzisst. Und die von ihm enthüllten Missstände und Kriegs­verbrechen verblassen im Dunkeln. So ist es auch mir ergangen. Trotz meiner Berufs­erfahrung, die mich zur Vorsicht mahnen sollte.

    50 Wochen Haft wegen Verstosses gegen Kautionsauflagen: Julian Assange im Januar 2020 in einem Polizeiwagen auf dem Weg ins Londoner Hochsicherheits­gefängnis Belmarsh. Dominic Lipinski/Press Association Images/Keystone

    Können wir von vorne beginnen? Wie sind Sie zu dem Fall gekommen?
    Im Dezember 2018 wurde ich erstmals von seinen Anwälten um eine Intervention gebeten. Zunächst sagte ich ab. Ich war mit anderen Gesuchen überlastet und kannte den Fall nicht wirklich. In meiner von den Medien geprägten Wahrnehmung hatte auch ich das Vorurteil, dass Julian Assange irgendwie schuldig ist und ja, dass er mich manipulieren will. Im März 2019 kamen die Anwälte ein zweites Mal auf mich zu, da sich die Anzeichen verdichteten, dass Assange bald aus der ecuadorianischen Botschaft ausgewiesen werden könnte. Sie schickten mir einige Schlüssel­dokumente und eine Zusammen­fassung des Falls. Und da dachte ich, dass ich es meiner professionellen Integrität schuldig bin, mir das zumindest einmal anzuschauen.

    Und dann?
    Schnell wurde mir klar, dass hier etwas nicht stimmt. Dass es einen Widerspruch gibt, der sich mir mit meiner ganzen juristischen Erfahrung nicht erschliesst: Warum befindet sich ein Mensch neun Jahre lang in einer strafrechtlichen Voruntersuchung zu einer Vergewaltigung, ohne dass es je zur Anklage kommt?

    Ist das aussergewöhnlich?
    Ich habe noch nie einen vergleichbaren Fall gesehen. Jeder kann gegen jeden eine Voruntersuchung auslösen, indem er zur Polizei geht und die andere Person beschuldigt. Die schwedischen Behörden wiederum waren an der Aussage von Assange nie interessiert. Sie liessen ihn ganz gezielt ständig in der Schwebe. Stellen Sie sich vor, Sie werden neuneinhalb Jahre lang von einem ganzen Staats­apparat und von den Medien mit Vergewaltigungs­vorwürfen konfrontiert, können sich aber nicht verteidigen, weil es gar nie zur Anklage kommt.

    Sie sagen: Die schwedischen Behörden waren an der Aussage von Assange nicht interessiert. Medien und Behörden zeichneten in den vergangenen Jahren ein gegenteiliges Bild: Julian Assange sei vor der schwedischen Justiz geflüchtet, um sich der Verantwortung zu entziehen.
    Das dachte ich auch immer, bis ich zu recherchieren begann. Das Gegenteil ist der Fall. Assange hat sich mehrfach bei den schwedischen Behörden gemeldet, weil er zu den Vorwürfen Stellung nehmen wollte. Die Behörden wiegelten ab.

    Was heisst das: Die Behörden wiegelten ab?
    Darf ich von vorn beginnen? Ich spreche fliessend Schwedisch und konnte deshalb alle Original­dokumente lesen. Ich traute meinen Augen nicht: Nach Aussagen der betroffenen Frau selber hat es nie eine Vergewaltigung gegeben. Und nicht nur das: Die Aussage dieser Frau wurde im Nachhinein ohne ihre Mitwirkung von der Stockholmer Polizei umgeschrieben, um irgendwie einen Vergewaltigungs­verdacht herbeibiegen zu können. Mir liegen die Dokumente alle vor, die Mails, die SMS.

    «Die Aussage der Frau wurde von der Polizei umgeschrieben» – wovon reden Sie?
    Am 20. August 2010 betritt eine Frau namens S. W. in Begleitung einer zweiten Frau namens A. A. einen Polizei­posten in Stockholm. S. W. sagt, sie habe mit Julian Assange einvernehmlichen Geschlechts­verkehr gehabt. Allerdings ohne Kondom. Jetzt habe sie Angst, dass sie sich mit HIV infiziert haben könnte, und wolle wissen, ob sie Assange dazu verpflichten könne, einen HIV-Test zu machen. Sie sei in grosser Sorge. Die Polizei schreibt ihre Aussage auf und informiert sofort die Staats­anwaltschaft. Noch bevor die Einvernahme überhaupt abgeschlossen werden kann, informiert man S. W. darüber, dass man Assange festnehmen werde wegen Verdachts auf Vergewaltigung. S. W. ist schockiert und weigert sich, die Befragung weiterzuführen. Noch aus der Polizei­station schreibt sie einer Freundin eine SMS und sagt, sie wolle Assange gar nicht beschuldigen, sondern wolle nur, dass er einen HIV-Test mache, aber die Polizei wolle ihn ganz offensichtlich «in die Finger kriegen».

    Was bedeutet das?
    S. W. hat Julian Assange gar nicht der Vergewaltigung bezichtigt. Sie weigert sich, die Einvernahme weiterzuführen, und fährt nach Hause. Trotzdem erscheint zwei Stunden später im «Expressen», einer schwedischen Boulevard­zeitung, die Titel-Schlagzeile: Julian Assange werde der doppelten Vergewaltigung verdächtigt.

    Der doppelten Vergewaltigung?
    Ja, denn es gibt ja noch eine zweite Frau, A. A. Auch sie wollte keine Anzeige erstatten, sondern hat lediglich S. W. auf den Polizei­posten begleitet. Sie wurde an dem Tag noch gar nicht einvernommen. Später sagte sie dann aber, Assange habe sie sexuell belästigt. Ich kann natürlich nicht sagen, ob das wahr ist oder nicht. Ich beobachte einfach den Ablauf: Eine Frau betritt einen Polizei­posten. Sie will keine Anzeige machen, aber einen HIV-Test einfordern. Die Polizei kommt auf die Idee, dass dies eine Vergewaltigung sein könnte, und erklärt die Sache zum Offizial­delikt. Die Frau weigert sich, das zu unterschreiben, geht nach Hause, schreibt einer Freundin, sie wolle das nicht, aber die Polizei wolle Assange «in die Finger kriegen». Zwei Stunden später steht es in der Zeitung. Wie wir heute wissen, hat die Staats­anwaltschaft es der Presse gesteckt. Und zwar ohne Assange überhaupt zu einer Stellung­nahme einzuladen. Und die zweite Frau, die laut Schlagzeile vom 20. August ebenfalls vergewaltigt worden sein soll, wurde erst am 21. August überhaupt einvernommen.

    Was hat die zweite Frau später ausgesagt?
    Sie sagte aus, sie habe Assange, der für eine Konferenz nach Schweden gekommen war, ihre Wohnung zur Verfügung gestellt. Eine kleine Einzimmer­wohnung. Als Assange in der Wohnung ist, kommt sie früher als geplant nach Hause. Sie sagt, das sei kein Problem. Er könne mit ihr in ihrem Bett schlafen. In jener Nacht sei es zum einvernehmlichen Sex gekommen. Mit Kondom. Sie sagt aber, Assange habe während des Geschlechts­verkehrs das Kondom absichtlich kaputtgemacht. Wenn dem so ist, ist das natürlich ein Sexual­delikt, sogenanntes stealthing. Die Frau sagt aber auch: Sie habe erst im Nachhinein gemerkt, dass das Kondom kaputt ist. Das ist ein Widerspruch, der unbedingt hätte geklärt werden müssen: Wenn ich es nicht merke, kann ich nicht wissen, ob der andere es absichtlich getan hat. Auf dem als Beweis­mittel eingereichten Kondom konnte keine DNA von Assange oder A. A. nachgewiesen werden.

    Woher kannten sich die beiden Frauen?
    Sie kannten sich nicht wirklich. A. A., die Assange beherbergte und als seine Presse­sekretärin fungierte, hatte S. W. an einem Anlass kennengelernt, an dem sie einen rosa Kaschmir­pullover getragen hatte. Sie wusste offenbar von Assange, dass er auch mit S. W. ein sexuelles Abenteuer anstrebte. Denn eines Abends erhielt sie von einem Bekannten eine SMS: Assange wohne doch bei ihr, er möchte ihn gerne kontaktieren. A. A. antwortet ihm: Assange schlafe im Moment wohl gerade mit dem «Kashmir-Girl». Am nächsten Morgen telefoniert S. W. mit A. A. und sagt, sie habe tatsächlich ebenfalls mit Assange geschlafen und habe nun Angst, sich mit HIV infiziert zu haben. Diese Angst ist offenbar echt, denn S. W. hat sogar eine Klinik aufgesucht, um sich beraten zu lassen. Darauf schlägt ihr A. A. vor: Lass uns zur Polizei gehen, die können Assange zwingen, einen HIV-Test zu machen. Die beiden Frauen gehen allerdings nicht zur nächstgelegenen Polizei­station, sondern zu einer weit entfernten, wo eine Freundin von A. A. als Polizistin arbeitet, die dann auch noch gerade die Einvernahme macht; und zwar anfänglich in Anwesenheit ihrer Freundin A. A., was alles nicht korrekt ist. Bis hierhin könnte man allenfalls noch von mangelnder Professionalität sprechen. Die bewusste Böswilligkeit der Behörden wurde aber spätestens dann offensichtlich, als sie die sofortige Verbreitung des Vergewaltigungs­verdachts über die Tabloid­presse forcierten, und zwar ohne Befragung von A. A. und im Widerspruch zu den Aussagen von S. W.; und auch im Widerspruch zum klaren Verbot im schwedischen Gesetz, die Namen von mutmasslichen Opfern oder Verdächtigen in einem Sexual­strafverfahren zu veröffentlichen. Jetzt wird die vorgesetzte Haupt­staatsanwältin auf den Fall aufmerksam und schliesst die Vergewaltigungs­untersuchung einige Tage später mit der Feststellung, die Aussagen von S. W. seien zwar glaubwürdig, doch gäben sie keinerlei Hinweise auf ein Delikt.

    Aber dann ging die Sache erst richtig los. Warum?
    Nun schreibt der Vorgesetzte der einvernehmenden Polizistin eine Mail: Sie solle die Aussage von S. W. umschreiben.

    «Verfahre wie folgt. Füge es in ein Verhör ein und signiere das Verhör»: Der Mailverkehr bei der schwedischen Polizei im Original. Die deutsche Übersetzung finden Sie hier.

    Was hat die Polizistin umgeschrieben?
    Das weiss man nicht. Denn die erste Befragung wurde im Computer­programm direkt überschrieben und existiert nicht mehr. Wir wissen nur, dass die ursprüngliche Aussage gemäss Haupt­staatsanwältin offenbar keinerlei Hinweise auf ein Delikt beinhaltete. In der revidierten Form steht, es sei zu mehrmaligem Geschlechts­verkehr gekommen. Einvernehmlich und mit Kondom. Aber am Morgen sei die Frau dann aufgewacht, weil er versucht habe, ohne Kondom in sie einzudringen. Sie fragt: «Trägst du ein Kondom?» Er sagt: «Nein.» Da sagt sie: «You better not have HIV», und lässt ihn weitermachen. Diese Aussage wurde ohne Mitwirkung der betroffenen Frau redigiert und auch nicht von ihr unterschrieben. Es ist ein manipuliertes Beweis­mittel, aus dem die schwedischen Behörden dann eine Vergewaltigung konstruiert haben.

    Warum sollten die schwedischen Behörden das tun?
    Der zeitliche Kontext ist entscheidend: Ende Juli veröffentlicht Wikileaks in Zusammen­arbeit mit der «New York Times», dem «Guardian» und dem «Spiegel» das sogenannte «Afghan War Diary». Es ist eines der grössten Leaks in der Geschichte des US-Militärs. Die USA fordern ihre Alliierten umgehend dazu auf, Assange mit Straf­verfahren zu überziehen. Wir kennen nicht die ganze Korrespondenz. Aber Stratfor, eine für die US-Regierung tätige Sicherheits­beratungs­firma, rät der amerikanischen Regierung offenbar, Assange die nächsten 25 Jahre mit allen möglichen Straf­verfahren zu überziehen.
    2. Assange meldet sich mehrfach bei der schwedischen Justiz, um auszusagen. Diese wiegelt ab

    Warum hat sich Assange damals nicht der Polizei gestellt?
    Das hat er ja eben. Ich habe es bereits angetönt.

    Dann führen Sie es jetzt bitte aus.
    Assange erfährt aus der Presse von dem Vergewaltigungs­vorwurf. Er nimmt Kontakt mit der Polizei auf, um Stellung nehmen zu können. Trotz des publizierten Skandals wird ihm dies erst neun Tage später zugestanden, als der Vorwurf der Vergewaltigung von S. W. bereits wieder vom Tisch war. Das Verfahren wegen sexueller Belästigung von A. A. lief aber noch. Am 30. August 2010 erscheint Assange auf dem Polizei­posten, um auszusagen. Er wird von jenem Polizisten befragt, der in der Zwischenzeit die Anweisung gegeben hatte, die Aussage von S. W. umzuschreiben. Zu Beginn des Gesprächs sagt Assange, er sei bereit auszusagen. Er wolle aber den Inhalt nicht wieder in der Presse lesen. Dies ist sein Recht, und es wird ihm zugesichert. Am selben Abend steht wieder alles in der Zeitung. Das kann nur von Behörden gekommen sein, denn sonst war ja niemand beim Verhör anwesend. Es ging also offensichtlich darum, seinen Namen gezielt kaputtzumachen.

    Wie ist diese Geschichte denn überhaupt entstanden, dass sich Assange der schwedischen Justiz entzogen habe?
    Diese Darstellung wurde konstruiert, entspricht aber nicht den Tatsachen. Hätte er sich entzogen, wäre er nicht freiwillig auf dem Posten erschienen. Auf der Grundlage der umgeschriebenen Aussage von S. W. wird gegen die Einstellungs­verfügung der Staats­anwältin Berufung eingelegt und am 2. September 2010 das Vergewaltigungs­verfahren wieder aufgenommen. Den beiden Frauen wird auf Staats­kosten ein Rechts­vertreter ernannt namens Claes Borgström. Der Mann war Kanzlei­partner des vorherigen Justiz­ministers Thomas Bodström, unter dessen Ägide die schwedische Sicherheits­polizei von den USA verdächtigte Menschen mitten in Stockholm ohne jedes Verfahren verschleppt und an die CIA übergeben hatte, welche diese Menschen dann folterte. Damit werden die trans­atlantischen Hintergründe der Angelegenheit deutlicher. Nach Wieder­aufnahme der Vergewaltigungs­vorwürfe lässt Assange wiederholt durch seinen Anwalt ausrichten, dass er dazu Stellung nehmen will. Die zuständige Staats­anwältin wiegelt ab. Mal passt es der Staats­anwältin nicht, mal ist der zuständige Polizist krank. Bis sein Anwalt drei Wochen später schreibt: Assange müsse nun wirklich zu einer Konferenz nach Berlin. Ob er das Land verlassen dürfe? Die Staats­anwaltschaft willigt schriftlich ein. Er dürfe Schweden für kurzfristige Abwesenheiten verlassen.

    Und dann?
    Der Punkt ist: An dem Tag, an dem Julian Assange Schweden verlässt, wo noch gar nicht klar ist, ob er kurzfristig geht oder langfristig, wird gegen ihn ein Haftbefehl erlassen. Er fliegt mit Scandinavian Airlines von Stockholm nach Berlin. Dabei verschwinden seine Laptops aus seinem eingecheckten Gepäck. Als er in Berlin ankommt, bittet die Lufthansa um Nachforschungen bei der SAS. Diese verweigert aber offenbar jede Auskunft.

    Warum?
    Das ist ja genau das Problem. Ständig passieren in diesem Fall Dinge, die eigentlich gar nicht möglich sind, ausser man ändert den Betrachtungs­winkel. Assange reist nun jedenfalls nach London weiter, entzieht sich aber nicht der Justiz, sondern bietet der Staats­anwaltschaft über seinen schwedischen Anwalt mehrere Daten für eine Einvernahme in Schweden an – diese Korrespondenz gibt es. Dann geschieht Folgendes: Assange bekommt Wind davon, dass in den USA ein geheimes Strafverfahren gegen ihn eröffnet worden ist. Damals wurde das von den USA nicht bestätigt, aber heute wissen wir, dass es stimmt. Ab jetzt sagt sein Anwalt: Assange sei bereit, in Schweden auszusagen, aber er verlange eine diplomatische Zusicherung, dass Schweden ihn nicht an die USA weiterausliefere.

    Wäre das überhaupt ein realistisches Szenario gewesen?
    Absolut. Einige Jahre zuvor, wie ich schon erwähnte, hatte die schwedische Sicherheits­polizei zwei in Schweden registrierte Asyl­bewerber ohne jedes Verfahren der CIA übergeben. Bereits auf dem Flughafengelände in Stockholm wurden sie misshandelt, betäubt und dann nach Ägypten geflogen, wo sie gefoltert wurden. Wir wissen nicht, ob dies die einzigen Fälle waren. Aber wir kennen die Fälle, weil die Männer überlebt haben. Beide haben später bei Uno-Menschen­rechts­mechanismen geklagt und gewonnen. Schweden musste jedem von ihnen eine halbe Million Dollar Entschädigung bezahlen.

    Ist Schweden auf die Forderung von Assange eingegangen?
    Die Anwälte sagen, sie hätten den schwedischen Behörden während der fast sieben Jahre, in denen Assange in der ecuadorianischen Botschaft lebte, über dreissig Mal angeboten, dass Assange nach Schweden komme – im Gegenzug für eine Zusicherung der Nicht­auslieferung an die USA. Die Schweden weigerten sich mit dem Argument, es gebe ja gar kein Auslieferungs­gesuch der USA.

    Wie beurteilen Sie diese Forderung?
    Solche diplomatischen Zusicherungen sind in der internationalen Praxis alltäglich. Man lässt sich zusichern, dass jemand nicht an ein Land weiter­ausgeliefert wird, wo die Gefahr schwerer Menschen­rechts­verletzungen besteht, und zwar völlig unabhängig davon, ob bereits ein Auslieferungs­gesuch des betreffenden Landes vorliegt oder nicht. Das ist ein politischer, kein rechtlicher Prozess. Ein Beispiel: Frankreich verlangt von der Schweiz die Auslieferung eines kasachischen Geschäfts­mannes, der in der Schweiz lebt, aber sowohl von Frankreich wie auch von Kasachstan wegen Steuer­betrugs gesucht wird. Die Schweiz sieht keine Folter­gefahr in Frankreich, wohl aber in Kasachstan. Darum teilt die Schweiz Frankreich mit: Wir liefern euch den Mann aus, wollen aber eine diplomatische Zusicherung, dass er nicht an Kasachstan weiter­ausgeliefert wird. Dann sagen die Franzosen nicht: «Kasachstan hat ja noch gar kein Gesuch gestellt!», sondern sie geben selbstverständlich die Zusicherung. Die Argumente der Schweden waren an den Haaren herbeigezogen. Das ist das eine. Das andere ist, und das sage ich Ihnen mit all meiner Erfahrung hinter den Kulissen der internationalen Praxis: Wenn eine solche diplomatische Zusicherung verweigert wird, dann sind alle Zweifel am guten Glauben des betreffenden Landes berechtigt. Warum sollten die Schweden das nicht garantieren können? Rechtlich gesehen haben die USA mit dem schwedischen Sexual­strafverfahren ja wirklich gar nichts zu tun.

    Warum wollte Schweden diese Zusicherung nicht geben?
    Man muss nur schauen, wie das Verfahren geführt wurde: Es ist Schweden nie um die Interessen der beiden Frauen gegangen. Assange wollte ja auch nach der Verweigerung einer sogenannten Nicht­auslieferungs­zusicherung immer noch aussagen. Er sagte: Wenn ihr nicht garantieren könnt, dass ich nicht ausgeliefert werde, stehe ich euch in London oder über Videolink für Befragungen zur Verfügung.

    Aber ist das normal oder rechtlich so einfach möglich, dass schwedische Beamte für eine solche Vernehmung extra in ein anderes Land reisen?
    Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass es Schweden nie um Wahrheits­findung ging: Es gibt genau für solche Justizfragen ein Kooperations­abkommen zwischen Gross­britannien und Schweden, welches vorsieht, dass für die Einvernahme von Personen schwedische Beamte nach England reisen oder umgekehrt. Oder dass man eine Vernehmung per Video macht. Das wurde in jenem Zeitraum zwischen Schweden und England in 44 anderen Verfahren so gemacht. Nur bei Julian Assange hat Schweden darauf bestanden, es sei essenziell, dass er persönlich erscheine.
    3. Als das höchste schwedische Gericht die Stockholmer Staats­anwaltschaft zwingt, endlich Anklage zu erheben oder das Verfahren einzustellen, fordern die britischen Behörden: «Kriegt jetzt bloss keine kalten Füsse!!»

    Warum bestanden sie darauf?
    Es gibt für all das, für das Verweigern einer diplomatischen Garantie, für die Weigerung, ihn in London einzuvernehmen, nur eine Erklärung: Man wollte ihn in die Finger kriegen, um ihn an die USA ausliefern zu können. Was sich in Schweden im Rahmen einer strafrechtlichen Voruntersuchung innert weniger Wochen an Rechts­brüchen akkumuliert hat, ist absolut grotesk. Der Staat hat den beiden Frauen einen Rechts­vertreter bestellt, der ihnen erklärt hat, Vergewaltigung sei ein Offizial­delikt, sodass die strafrechtliche Interpretation ihrer Erfahrung Sache des Staates sei, nicht mehr ihre. Auf den Widerspruch zwischen den Aussagen der Frauen und der Version der Behörden angesprochen, sagt deren Rechts­vertreter, die Frauen «seien halt keine Juristinnen». Doch die Staatsanwaltschaft vermeidet es fünf Jahre lang, Assange zu der ihm vorgeworfenen Vergewaltigung auch nur zu vernehmen, bis seine Anwälte letztlich an das höchste schwedische Gericht gelangen, um zu erzwingen, dass die Staatsanwaltschaft entweder endlich Anklage erhebt oder das Verfahren einstellt. Als die Schweden den Engländern mitteilen, dass sie das Verfahren möglicherweise einstellen müssten, schrieben die Briten besorgt zurück: «Don’t you dare get cold feet!!» Kriegt jetzt bloss keine kalten Füsse.

    «Kriegt jetzt bloss keine kalten Füsse!!»: Mail der englischen Strafverfolgungsbehörde CPS an die leitende schwedische Staatsanwältin Marianne Ny. Dieses Dokument hat die italienische Investigativ-Journalistin Stefania Maurizi durch ihre fünfjährige «Freedom of Information»-Klage bekommen. Diese ist nicht abgeschlossen.

    Wie bitte?
    Ja, die Engländer, namentlich der Crown Prosecution Service, wollten die Schweden unbedingt davon abhalten, das Verfahren einzustellen. Dabei müssten die Engländer doch eigentlich froh sein, wenn sie nicht mehr für Millionen an Steuer­geldern die Botschaft Ecuadors überwachen müssten, um Assanges Flucht zu verhindern.

    Warum sind die Engländer daran interessiert, dass die Schweden das Verfahren nicht einstellen?
    Wir müssen aufhören zu glauben, dass es hier wirklich darum gegangen ist, eine Untersuchung wegen Sexual­delikten zu führen. Was Wikileaks getan hat, bedroht die politischen Eliten in den USA, England, Frankreich und Russland gleichermassen. Wikileaks veröffentlicht geheime staatliche Informationen – sie sind «Anti-Geheimhaltung». Und das wird in einer Welt, in der auch in sogenannt reifen Demokratien die Geheim­haltung überhand­genommen hat, als fundamentale Bedrohung wahrgenommen. Assange hat deutlich gemacht, dass es den Staaten heute nicht mehr um legitime Vertraulichkeit geht, sondern um die Unter­drückung wichtiger Informationen zu Korruption und Verbrechen. Nehmen wir den emblematischen Wikileaks-Fall aus den Leaks von Chelsea Manning: Das sogenannte «Collateral Murder»-Video. (Am 5. April 2010 veröffentlicht Wikileaks ein als geheim eingestuftes Video des US-Militärs, das zeigt, wie US-Soldaten in Bagdad mehrere Menschen ermorden, darunter zwei Mitarbeiter der Nachrichten­agentur Reuters; Anmerkung der Redaktion.) Als langjähriger IKRK-Rechts­berater und Delegierter in Kriegs­gebieten kann ich Ihnen sagen: Es handelt sich dabei zweifellos um ein Kriegs­verbrechen. Eine Helikopter­crew mäht Menschen nieder. Es mag sogar sein, dass einer oder zwei von diesen Leuten eine Waffe dabeihatten. Aber es wird ganz gezielt auf Verletzte geschossen. Das ist ein Kriegs­verbrechen. «He is wounded», hört man einen Amerikaner sagen. «I’m firing» Und dann wird gelacht. Dann kommt ein Minibus angefahren, der die Verwundeten retten will. Der Fahrer hat zwei Kinder mit dabei. Man hört die Soldaten sagen: Selber schuld, wenn er Kinder auf das Schlacht­feld bringt. Und dann wird gefeuert. Der Vater und die Verwundeten sind sofort tot, die Kinder überleben schwer verletzt. Durch die Publikation werden wir direkte Zeugen eines kriminellen, gewissenlosen Massakers.

    Was sollte denn ein Rechts­staat in einem solchen Fall machen?
    Ein Rechtsstaat würde möglicherweise gegen Chelsea Manning ermitteln wegen Amts­geheimnis­verletzung, weil sie das Video an Assange weitergegeben hat. Er würde aber sicher nicht Assange verfolgen, denn dieser hat das Video im öffentlichen Interesse publiziert, im Sinne des klassischen investigativen Journalismus. Was ein Rechts­staat aber vor allem tun würde, ist, dass er die Kriegs­verbrecher verfolgt und bestraft. Diese Soldaten gehören hinter Gitter. Es wurde aber gegen keinen einzigen von ihnen ein Straf­verfahren durchgeführt. Stattdessen sitzt der Mann, der die Öffentlichkeit informiert hat, in London in Auslieferungs­haft und könnte in den USA dafür 175 Jahre ins Gefängnis kommen. Das ist ein Strafmass, das vollkommen absurd ist. Als Vergleich: Die Haupt­kriegsverbrecher im Jugoslawien-Tribunal haben Strafen von 45 Jahren bekommen. 175 Jahre Gefängnis unter Haft­bedingungen, die vom Uno-Sonder­bericht­erstatter und von Amnesty International als unmenschlich eingestuft werden. Das wirklich Erschreckende an diesem Fall ist der rechtsfreie Raum, der sich entwickelt hat: Mächtige können straflos über Leichen gehen, und aus Journalismus wird Spionage. Es wird ein Verbrechen, die Wahrheit zu sagen.

    «Schauen Sie, wo wir in 20 Jahren stehen werden, wenn Assange verurteilt wird. Was Sie dann als Journalist noch schreiben können. Ich bin überzeugt, dass wir in ernsthafter Gefahr sind, die Presse­freiheit zu verlieren»: Nils Melzer.

    Was erwartet Assange, wenn er ausgeliefert wird?
    Er wird kein rechtsstaatliches Verfahren bekommen. Auch deswegen darf er nicht ausgeliefert werden. Assange wird vor ein Geschworenen­gericht in Alexandria, Virginia, kommen. Vor den berüchtigten «Espionage Court», wo die USA alle National-Security-Fälle führt. Der Ort ist kein Zufall, denn die Geschworenen müssen jeweils proportional zur lokalen Bevölkerung ausgewählt werden, und in Alexandria arbeiten 85 Prozent der Einwohner bei der National-Security-Community, also bei der CIA, der NSA, dem Verteidigungs­departement und dem Aussen­ministerium. Wenn Sie vor so einer Jury wegen Verletzung der nationalen Sicherheit angeklagt werden, dann ist das Urteil schon von Anfang an klar. Das Verfahren wird immer von derselben Einzel­richterin geführt, hinter geschlossenen Türen und aufgrund geheimer Beweis­mittel. Niemand wurde dort in einem solchen Fall jemals freigesprochen. Die meisten Angeklagten machen daher einen Deal, in dem sie sich zumindest teilweise schuldig bekennen und dafür eine mildere Strafe bekommen.

    Sie sagen: Julian Assange wird in den USA kein rechtsstaatliches Verfahren bekommen?
    Ohne Zweifel. Solange sich US-Staats­angestellte an die Befehle ihrer Vorgesetzten halten, können sie Aggressions­kriege, Kriegs­verbrechen und Folter begehen im Wissen, dass sie nicht verfolgt werden. Wo ist da die Lektion der Nürnberger Prozesse? Ich habe lange genug in Konflikt­gebieten gearbeitet, um zu wissen, dass in Kriegen Fehler passieren. Das ist nicht immer gewissenlose Kriminalität, sondern vieles passiert aus Stress, Überlastung und Panik heraus. Deshalb kann ich es durchaus nachvollziehen, wenn Regierungen sagen: Wir bringen die Wahrheit zwar ans Licht, und wir übernehmen als Staat die Verantwortung für den angerichteten Schaden, aber wenn das individuelle Verschulden nicht allzu schwer wiegt, fällen wir keine drakonischen Strafen. Wenn die Wahrheit aber unterdrückt wird und Verbrecher nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden, wird es extrem gefährlich. In den Dreissiger­jahren des vergangenen Jahrhunderts traten Deutschland und Japan aus dem Völkerbund aus. Fünfzehn Jahre später lag die Welt in Trümmern. Heute sind die USA aus dem Menschen­rechts­rat der Uno ausgetreten, und weder das «Collateral Murder»-Massaker, die CIA-Folterungen nach 9/11 oder der Aggressions­krieg gegen den Irak haben zu strafrechtlichen Untersuchungen geführt. Jetzt folgt Grossbritannien diesem Beispiel: Dort hat das eigene Parlament, das Intelligence and Security Committee, 2018 zwei grosse Berichte veröffentlicht, die bewiesen, dass Grossbritannien viel tiefer involviert war in die geheimen CIA-Folter­programme als bisher angenommen. Das Komitee verlangte eine gerichtliche Untersuchung. Die erste Amts­handlung von Boris Johnson war, dass er diese Untersuchung annulliert hat.
    4. In England gibt es bei Kautions­verstössen normalerweise nur Bussen, allenfalls ein paar Tage Haft. Assange jedoch wird im Schnell­verfahren zu 50 Wochen in einem Hoch­sicherheits­gefängnis verurteilt ohne Möglichkeit, seine eigene Verteidigung vorzubereiten

    Im April 2019 wurde Julian Assange von der englischen Polizei aus der ecuadorianischen Botschaft geschleppt. Wie beurteilen Sie dieses Vorgehen?
    2017 bekommt Ecuador eine neue Regierung. Daraufhin schreibt der US-Kongress einen Brief: Es würde uns freuen, wenn die USA mit Ecuador kooperieren könnten. Es geht natürlich auch um viel Geld. Aber es gebe da ein Hindernis: Julian Assange. Man sei gewillt, zu kooperieren, wenn Ecuador Assange an die USA übergebe. Ab diesem Moment beginnt in der ecuadorianischen Botschaft der Druck auf Assange massiv zu wachsen. Man macht ihm das Leben schwer. Aber er bleibt. Dann hebt Ecuador sein Asyl auf und gibt England grünes Licht für die Verhaftung. Da ihm die vorherige Regierung die ecuadorianische Staats­bürgerschaft verliehen hatte, musste Assange auch gleich noch der Pass entzogen werden, denn die Verfassung Ecuadors verbietet die Auslieferung eigener Staatsbürger. Das passiert alles über Nacht und ohne jedes rechts­staatliche Verfahren. Assange hat keine Möglichkeit, Stellung zu nehmen oder Rechtsmittel zu ergreifen. Er wird von den Briten verhaftet und noch am gleichen Tag einem englischen Richter vorgeführt, der ihn wegen Kautions­verletzung verurteilt.

    Dieses schnelle Aburteilen – wie beurteilen Sie das?
    Assange hatte nur 15 Minuten Zeit, sich mit seinem Anwalt vorzubereiten. Das Verfahren selber dauerte ebenfalls 15 Minuten. Assanges Anwalt legte ein dickes Dossier auf den Tisch und erhob Einspruch wegen Befangenheit einer beteiligten Richterin, weil ihr Mann in 35 Fällen von Wikileaks exponiert worden sei. Der Richter wischte die Bedenken ohne jede Prüfung vom Tisch. Seiner Kollegin einen Interessen­konflikt vorzuwerfen, sei ein Affront. Assange hatte während der Verhandlung nur einen Satz gesagt: «I plead not guilty.» (auf Deutsch: Ich plädiere auf nicht schuldig.) Der Richter wandte sich ihm zu und sagte: «You are a narcissist who cannot get beyond his own self-interest. I convict you for bail violation.» (auf Deutsch: Sie sind ein Narzisst, der nur an seine eigenen Interessen denkt. Ich verurteile Sie wegen Verletzung der Kautionsauflagen.)

    Wenn ich Sie richtig verstehe: Julian Assange hatte von Anfang an gar nie eine Chance?
    Das ist der Punkt. Ich sage nicht, Julian Assange sei ein Engel. Oder ein Held. Aber das muss er auch nicht sein. Denn wir sprechen von Menschen­rechten und nicht von Engels- oder Helden­rechten. Assange ist ein Mensch, er hat das Recht, sich zu verteidigen und menschlich behandelt zu werden. Was auch immer man Assange vorwirft, er hat ein Recht auf ein faires Verfahren. Das hat man ihm konsequent verwehrt, und zwar sowohl in Schweden wie auch in den USA, in England und in Ecuador. Stattdessen liess man ihn fast sieben Jahre in der Schwebe in einem Zimmer schmoren. Dann wird er unvermittelt rausgerissen und innert Stunden und ohne jede Vorbereitung wegen eines Kautions­verstosses verurteilt, der darin bestand, dass er von einem anderen Uno-Mitgliedsstaat wegen politischer Verfolgung diplomatisches Asyl erhalten hatte, ganz so, wie es das Völkerrecht vorsieht und wie es unzählige chinesische, russische und andere Dissidenten in westlichen Botschaften gemacht haben. Es ist offensichtlich, dass es sich hier um einen politischen Verfolgungs­prozess handelt. Auch gibt es in England bei Verstössen gegen Kautions­auflagen kaum Haftstrafen, sondern im Regelfall nur Bussen. Assange hingegen wurde im Schnell­verfahren zu 50 Wochen Haft in einem Hoch­sicherheits­gefängnis verurteilt – eine offensichtlich unverhältnis­mässige Strafe, die nur einen Zweck hatte: Assange so lange festzusetzen, bis die USA ihre Spionage­vorwürfe in Ruhe vervollständigen konnten.

    Wie beurteilen Sie als Uno-Sonderbeauftragter für Folter seine momentanen Haftbedingungen?
    England verweigert Julian Assange den Kontakt zu seinen Anwälten in den USA, wo ein geheimes Verfahren gegen ihn läuft. Auch seine britische Anwältin beklagt sich, dass sie nicht einmal genügend Zugang zu ihm hat, um die Gerichts­eingaben und Beweis­mittel mit ihm durchzugehen. Bis im Oktober durfte er kein einziges Dokument seiner Rechts­akten in seiner Zelle haben. Man hat ihm das Grund­recht verweigert, seine Verteidigung vorzubereiten, wie es die Europäische Menschen­rechts­konvention verlangt. Hinzu kommt die fast vollständige Isolationshaft, die völlig unverhältnis­mässige Haftstrafe wegen Kautions­verstosses. Sobald er die Zelle verliess, wurden die Korridore leer geräumt, um jeden Kontakt mit anderen Insassen zu vermeiden.

    Derartige Bedingungen für einen simplen Kautions­verstoss: Wann wird Haft zu Folter?
    Julian Assange wurde von Schweden, England, Ecuador und den USA gezielt psychologisch gefoltert. Zuerst mit der Art von zutiefst willkürlicher Prozess­führung. Die Verfahrens­führung von Schweden, mit aktiver Beihilfe durch England, war darauf ausgerichtet, ihn unter Druck zu setzen und in der Botschaft festzusetzen. Es ging Schweden nie darum, die Wahrheit heraus­zufinden und diesen Frauen zu helfen, sondern darum, Assange in eine Ecke zu drängen. Es handelt sich um den Missbrauch von Justiz­verfahren, um einen Menschen in eine Position zu bringen, in der er sich nicht wehren kann. Dazu kamen die Überwachungs­massnahmen, die Beleidigungen, Erniedrigungen und Angriffe durch Politiker dieser Länder bis hin zu Todes­drohungen. Dieser konstante Missbrauch staatlicher Macht verursachte bei Assange enorme Stress- und Angst­zustände und hat messbare kognitive und neurologische Schäden hinterlassen. Ich habe Assange im Mai 2019 in seiner Zelle in London besucht mit zwei erfahrenen, weltweit respektierten Ärzten, die auf die forensische und psychiatrische Untersuchung von Folter­opfern spezialisiert sind. Die Diagnose der beiden Ärzte war eindeutig: Julian Assange zeigte die typischen Symptome psychologischer Folter. Wenn er nicht bald in Schutz genommen werde, sei mit einer rapiden Verschlechterung seines Gesundheits­zustandes zu rechnen, bis hin zur Todesfolge.

    Als er bereits ein halbes Jahr in England in Ausschaffungs­haft sitzt, stellt Schweden das Verfahren gegen Assange im November 2019 plötzlich sehr leise ein. Nach neun langen Jahren. Was ist da passiert?
    Fast ein Jahrzehnt lang hat der schwedische Staat Julian Assange ganz gezielt öffentlich als Sexual­straftäter an den Pranger gestellt. Dann stellt man das Verfahren plötzlich ein mit demselben Argument, das die erste Stockholmer Staats­anwältin 2010 bereits nach fünf Tagen geliefert hatte, als sie das Verfahren erstmals einstellte: Die Aussage der Frau sei zwar glaubwürdig, doch bestünden keine Beweise für eine Straftat. Es ist ein unfassbarer Skandal. Aber der Zeitpunkt war kein Zufall. Am 11. November wurde ein offizielles Schreiben veröffentlicht, das ich zwei Monate zuvor an die schwedische Regierung übermittelt hatte. In diesem Schreiben forderte ich die schwedische Regierung auf, in rund 50 Punkten die Vereinbarkeit ihrer Verfahrens­führung mit den Menschenrechten zu erklären: Wie ist es möglich, dass die Presse alles sofort erfährt, obwohl das verboten ist? Wie ist es möglich, dass ein Verdacht öffentlich wird, obwohl die Befragung noch gar nicht stattgefunden hat? Wie ist es möglich, dass ihr sagt, es handle sich um eine Vergewaltigung, wenn die betroffene Frau widerspricht? Am Tag der Veröffentlichung erhielt ich von Schweden eine karge Antwort: Die Regierung habe keine weiteren Bemerkungen zu dem Fall.

    Was bedeutet diese Antwort?
    Es ist ein Schuldeingeständnis.

    Warum?
    Als Uno-Sonderberichterstatter bin ich von den Staaten beauftragt, Individual­beschwerden von Folter­opfern zu prüfen und die Regierungen gegebenenfalls um Erklärungen oder Untersuchungen zu bitten. Das ist meine tägliche Arbeit mit allen Uno-Mitglieds­staaten. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass Staaten, die im guten Glauben handeln, praktisch immer sehr interessiert sind, mir die gewünschten Antworten zu liefern, um die Recht­mässigkeit ihres Verhaltens zu betonen. Wenn ein Staat wie Schweden die Fragen des Uno-Sonder­ermittlers für Folter nicht beantworten will, dann ist sich die Regierung der Unrechtmässigkeit ihres Verhaltens bewusst. Dann will sie für ihr Handeln keine Verantwortung übernehmen. Weil sie wussten, dass ich nicht lockerlassen würde, haben sie eine Woche später die Reissleine gezogen und das Verfahren eingestellt. Wenn sich Staaten wie Schweden derart manipulieren lassen, dann sind unsere Demokratien und unsere Menschen­rechte fundamental bedroht.

    Sie sagen: Schweden hat dieses Spiel bewusst gespielt?
    Ja. Aus meiner Sicht hat Schweden eindeutig in schlechtem Glauben gehandelt. Hätten sie im guten Glauben gehandelt, gäbe es keinen Grund, mir die Antworten zu verweigern. Dasselbe gilt für die Briten: Sie haben nach meinem Besuch bei Assange im Mai 2019 fünf Monate gebraucht, um mir zu antworten. In einem einseitigen Brief, der sich im Wesentlichen darauf beschränkte, jeden Folter­vorwurf und jede Verfahrens­verletzung zurückzuweisen. Für derartige Spielchen braucht es mein Mandat nicht. Ich bin der Sonder­bericht­erstatter für Folter der Vereinten Nationen. Ich bin beauftragt, klare Fragen zu stellen und Antworten einzufordern. Was ist die Rechts­grundlage dafür, jemandem das fundamentale Recht seiner eigenen Verteidigung zu verweigern? Warum wird ein ungefährlicher, nicht gewalt­tätiger Mann monatelang in Isolations­haft gehalten, wo doch die Uno-Standards jede Isolations­haft von mehr als 15 Tagen grundsätzlich verbieten? Keiner dieser Uno-Mitglieds­staaten hat eine Untersuchung eingeleitet, meine Fragen beantwortet oder auch nur den Dialog gesucht.
    5. 175 Jahre Haft für Journalismus und Straflosigkeit für Kriegsverbrechen. Die möglichen Folgen des Präzedenz­falls USA vs. Julian Assange

    Was bedeutet es, wenn Uno-Mitglieds­staaten ihrem eigenen Folter-Sonder­bericht­erstatter die Auskunft verweigern?
    Dass es ein abgekartetes Spiel ist. Man möchte an Julian Assange mit einem Schau­prozess ein Exempel statuieren. Es geht um die Einschüchterung anderer Journalisten. Einschüchterung ist im Übrigen einer der Haupt­zwecke, für den Folter weltweit eingesetzt wird. Die Botschaft an uns alle ist: Das ist es, was mit euch passiert, wenn ihr das Modell Wikileaks kopiert. Ein Modell, das so gefährlich ist, weil es so einfach ist: Menschen, die an brisante Informationen ihrer Regierungen oder Firmen gelangt sind, übermitteln diese an Wikileaks, und der Whistle­blower bleibt dabei anonym. Wie bedrohlich das empfunden wird, zeigt sich an der Reaktion: Vier demokratische Staaten schliessen sich zusammen, USA, Ecuador, Schweden und Grossbritannien, um mit ihrer geballten Macht aus einem Mann ein Monster zu machen, damit man ihn nachher auf dem Scheiter­haufen verbrennen kann, ohne dass jemand aufschreit. Der Fall ist ein Riesen­skandal und die Bankrott­erklärung der westlichen Rechts­staatlichkeit. Wenn Julian Assange verurteilt wird, dann ist das ein Todes­urteil für die Pressefreiheit.

    Was bedeutet dieser mögliche Präzedenzfall für den Journalismus?
    Konkret bedeutet das, dass Sie als Journalist sich jetzt wehren müssen. Denn wenn investigativer Journalismus einmal als Spionage eingestuft wird und überall auf der Welt verfolgt werden kann, folgen Zensur und Tyrannei. Vor unseren Augen kreiert sich ein mörderisches System. Kriegs­verbrechen und Folter werden nicht verfolgt. Youtube-Videos zirkulieren, auf denen amerikanische Soldaten damit prahlen, gefangene irakische Frauen mit routine­mässiger Vergewaltigung in den Selbstmord getrieben zu haben. Niemand untersucht das. Gleichzeitig wird einer mit 175 Jahren Gefängnis bedroht, der solche Dinge aufdeckt. Er wird ein Jahrzehnt lang überzogen mit Anschuldigungen, die nicht nachgewiesen werden, die ihn kaputtmachen. Und niemand haftet dafür. Niemand übernimmt die Verantwortung. Es ist eine Erosion des Sozial­vertrags. Wir übergeben den Staaten die Macht, delegieren diese an die Regierungen – aber dafür müssen sie uns Rede und Antwort stehen, wie sie diese Macht ausüben. Wenn wir das nicht verlangen, werden wir unsere Rechte über kurz oder lang verlieren. Menschen sind nicht von Natur aus demokratisch. Macht korrumpiert, wenn sie nicht überwacht wird. Korruption ist das Resultat, wenn wir nicht insistieren, dass die Macht überwacht wird.

    «Es handelt sich um den Missbrauch von Justiz­verfahren, um einen Menschen in eine Position zu bringen, in der er sich nicht wehren kann.»

    Sie sagen: Der Angriff auf Assange bedroht die Pressefreiheit im Kern.
    Schauen Sie, wo wir in 20 Jahren stehen werden, wenn Assange verurteilt wird. Was Sie dann als Journalist noch schreiben können. Ich bin überzeugt, dass wir in ernsthafter Gefahr sind, die Presse­freiheit zu verlieren. Es passiert ja schon: Plötzlich wird im Zusammen­hang mit dem «Afghan War Diary» das Haupt­quartier von ABC News in Australien durchsucht. Der Grund? Wieder hat die Presse das Missverhalten von Staats­vertretern enthüllt. Damit die Gewalten­teilung funktioniert, braucht es eine Überwachung der Staatsgewalt durch eine freie Presse als die vierte Macht im Staat. Wikileaks ist eine logische Konsequenz eines Prozesses: Wenn die Wahrheit nicht mehr aufgearbeitet werden kann, weil alles von Geheim­haltung überzogen ist, wenn Untersuchungs­berichte zur Folter­politik der US-Regierung geheim­gehalten und selbst die veröffentlichte Zusammen­fassung über weite Strecken geschwärzt wird, kommt es zwangsläufig irgendwann zu einem Leck. Wikileaks ist die Folge wuchernder Geheim­haltung und widerspiegelt die mangelnde Transparenz unserer modernen Staatswesen. Sicher, es gibt enge Zonen, wo Vertraulichkeit durchaus wichtig sein kann. Aber wenn wir nicht mehr wissen, was unsere Regierungen tun und nach welchen Kriterien und wenn Straftaten nicht mehr verfolgt werden, dann ist das für die gesellschaftliche Integrität unglaublich gefährlich.

    Mit welchen Folgen?
    Als Uno-Sonderberichterstatter für Folter und vorher als IKRK-Delegierter habe ich schon viel Schrecken und Gewalt gesehen. Wie schnell sich friedliche Länder wie Jugoslawien oder Ruanda in eine Hölle verwandeln können. An der Wurzel solcher Entwicklungen stehen immer Strukturen mangelnder Transparenz und unkontrollierter politischer oder wirtschaftlicher Macht, kombiniert mit der Naivität, Gleich­gültigkeit und Manipulierbarkeit der Bevölkerung. Plötzlich kann das, was heute immer nur den anderen passiert – ungesühnte Folter, Vergewaltigung, Vertreibung und Ermordung – ebenso gut auch uns oder unseren Kindern passieren. Und es wird kein Hahn danach krähen. Das kann ich Ihnen versichern.

    #guerre #impérialisme #liberté_d_expression #torture #journalisme

  • Montbéliard. Cérémonie polémique pour la capitale de la culture : « Ils peuvent me virer, je m’en fous », Hervée de Lafond persiste
    https://www.estrepublicain.fr/culture-loisirs/2024/03/18/suite-a-la-ceremonie-d-ouverture-polemique-hervee-de-lafond-persiste-

    Sous le feu des critiques depuis samedi soir, la maîtresse de cérémonie maintient ses propos et sa posture : « Les élus savaient très bien ce qu’ils faisaient en me confiant cette mission. On n’est pas chez Poutine. En France, on a le droit de se moquer gentiment du Premier ministre. »

    « On n’est pas chez Poutine. »
    #lol #on_est_pas_chez_poutine

    Franche-Comté. Cérémonie ratée pour Montbéliard, capitale française de la culture 2024 : « On passe pour des ploucs ! »
    https://www.estrepublicain.fr/culture-loisirs/2024/03/17/montbeliard-capitale-francaise-de-la-culture-2024-on-passe-pour-des-p

    Les déboires de la soirée inaugurale font grincer des dents en haut lieu comme dans le public. Quelles en seront les conséquences ? Alexandre Gauthier, vice-président de l’Agglo en charge de politique culturelle ne peut masquer sa déception.

    #cérémonie_ratée #déception #quelles_conséquences

    Les élus de Montbéliard bien embarrassés après l’accueil musclé réservé à Gabriel Attal
    https://www.huffingtonpost.fr/politique/article/les-elus-de-montbeliard-bien-embarrasses-apres-l-accueil-muscle-reser

    POLITIQUE - Visiblement, la série de boutades est très mal passée. Samedi, lors de l’ouverture à Montbéliard de la « Capitale de la culture » 2024, la maîtresse de cérémonie, la comédienne Hervée de Lafond, âgée de 80 ans, n’avait pas hésité à tutoyer Gabriel Attal sur scène.

    « Tu es venu en avion alors qu’il y a un TGV, tu te prends pour qui ? Pour le Premier ministre ? » , avait-elle lancé au Premier ministre, avant de pointer aussi l’absence de la ministre de la Culture Rachida Dati ou encore les 200 millions d’euros d’annulation de crédits pour le ministère de la Culture en 2024. « On m’avait dit que la soirée s’appelait “Joyeux Bazar”, je confirme », avait rétorqué tout sourire Gabriel Attal.

    Malgré tout, plusieurs élus du Pays de Montbéliard n’ont pas digéré l’attitude d’Hervée de Lafond lors de la cérémonie. Dans une lettre, le député du Doubs Nicolas Pacquot, la maire de Montbéliard Marie-Noëlle Biguinet et le vice-président en charge de la Culture à Pays de Montbéliard Agglomération présentent leurs « plus sincères excuses » au Premier ministre « pour le comportement inapproprié de Madame Hervée de Lafond », elle qui est l’une des trois commissaires artistiques de l’événement culturel.

    « Les réactions de déception et de mécontentement exprimées par nos concitoyens, suite à ce dérapage, soulignent avec force que les comportements grossiers à l’égard d’un premier ministre sont une atteinte à notre République. Ils ne peuvent être tolérés et ne relèvent en aucun cas de la liberté d’expression », écrivent-ils notamment.

    #accueil_musclé #liberté_d_expression #atteinte_à_notre_république

    Faire des blagues et tutoyer : accueil musclé

  • Ruf nach Freiheit für Palästina wird als Straftat verfolgt
    https://www.wsws.org/de/articles/2023/11/15/rive-n15.html


    Nancy Faeser veut te faire emprisonner si tu appelles à la libération de la Palestine.

    On trouve toutes les informations de l’article suivant dans les grands medias « officiels » allemands aussi. Pourtant la quasi totalité de la presse, les chaînes de radios et de télévision de langue allemande nient la conclusion à tirer à partir des faits. C’est comme si je vous disait qu’il fallait appeller une colombe cet oiseau à la tête de canard qui fait coin-coin comme un canard et nage comme un canard.

    Pour la ministre de l’intérieur d’Allemagne un appel á la liberté est un crime. La qualité du novlang officiel vient de franchir un seuil inconnu jusqu’alors. En nous faisant avaler son crime contre la libre expression la ministre nous prépare à d’autres guerres impérialistes et génocidaires. Son gouvernement se montre en bon complice de ses alliés dépourvus de scrupules humanitaires.

    Ce n’est pas un événement isolé qui me fait arriver à ces conclusions. Pour décrire la situation politique en Allemagne nous disposons de nombreux éléments :

    – On réduit le niveau des salaires et retraites au point où la majorité de la population vit en dessous du seuil de pauvreté officiel.

    – On tient à l’écart des sources d’informations dissédentes la plupart des habitants du pays.

    – On persécute systématiquement les médias dissédents quand ils risquent de contribuer aux mouvements populaires contestataires.

    – On réduit le rôle de l’assemblée nationale à l’acclamation de textes de lois écrits par les groupes de puissants capitalistes. L’opposition de gauche denonce cette pratique mais sans succès.

    – On introduit des lois et structures de répression capables de mater toute expression de désaccord populaire. Les mesures anti-covid y ont largement contribué.

    – On conserve l’état de droit mais on le transforme en chimère par la réduction radicale du nombre de fonctionnaires chargés de la protection des citoyens contre l’exploitation, le crime et contre la fraude fiscale.

    - On impose la surveillance de la population en s’associant à un front unique de géants du numérique et de services secrets de pays étrangers.

    – On autorise la détention administrative des citoyens pour une durée maximale entre cinq jours et plusieurs semaines. Il suffit pour cela que la police soupçonne une personne de vouloir participer à des actes de contestation publique.

    – On dénonce les pacifistes comme meurtriers et ennemis de la liberte. On a testé l’efficacité de ce type d’argument fallacieux en en déclarant coupables de l’épidémie du covid les personnes non vaccinées.

    – On prétend voulour resoudre le problème de l’immigration par la surveillance et la fermeture de frontières au lieu de créer des conditions d’acceuil permettant aux nouveaux arrivants de contribuer au bien aller de tous. On abuse des immigrés en se servant d’eux comme briseurs de grève et travailleurs clandestins.

    – La ministre de l’intérieur décrète que tu te rendras directement à la case prison quand tu te prononceras pour la liberaration d’une région du monde gouvernée par des extrémistes génocidaires.

    – La ministre des affaires étrangères déclare devant les caméras de télévision qu’elle soutiendra l’armée en guerre d’un pays étranger contre la volonté de ses propres électeurs (le peuple).

    – Le ministre de « défense » s’engagé à améliorer l’état des forces armées jusqu’à ce quelles soient prêtes mener des guerres (Il a utilisé l’expression de l’époque de l’empire allemand et des nazis « kriegstüchtig ».)

    – On emprunte des centaines de milliards aux banques pour les dépenses militaires pendant qu’on réduit la valeur effective du budget de l’éducation et du social.

    Cette liste n’est pas complète mais suffisamment étoffée pour servir de base pour des analyses plus approfondies. Bien entendu le contexte de chaque élément est complexe et sujet à discussion. Pourtant j’y découvre beucoup de signes typiques pour la préparation d’un pays et de sa population à une guerre dans l’intérêt de la classe dominante.

    Si on veut continuer à vivre dans une zone hors guerre il faudra s’organiser pour freiner le projet meurtrier des puissants.

    Die Verbreitung der Parole „From the river to the sea, Palestine will be free” wird in Deutschland ab sofort als Straftat verfolgt, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet wird. Der Müchner Oberstaatsanwalt Andreas Franck, der auch Antisemitismusbeauftragter der bayrischen Justiz ist, hat bereits angekündigt, die Parole genauso zu verfolgen wie verbotene Nazi-Sprüche und Symbole.

    Als juristische Grundlage dient das Verbot der Hamas, das Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am 2. November erlassen hat. Die Hamas galt zwar schon bisher als illegale terroristische Vereinigung, doch nun hat Faeser noch einmal eigens ein Vereinsverbot ausgesprochen, obwohl Hamas in Deutschland offiziell gar keine Organisation hat.
    Palästina-Demonstration am 4. November 2023 in Berlin

    In der fünfseitigen, im Bundesanzeiger veröffentlichten Verbotsverfügung werden „Kennzeichen“ der Hamas aufgelistet, deren öffentliche Verwendung verboten ist. Auf der Liste steht auch „die Parole ‚Vom Fluss bis zum Meer‘ (auf Deutsch oder in anderen Sprachen)“. Damit, so Oberstaatsanwalt Franck, könne der Satz gestützt auf Paragraph 86a Strafgesetzbuch, „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“, bestraft werden.

    Bislang hatten deutsche Staatsanwaltschaften den Satz als legitim gewertet. Er sei grundsätzlich von der Meinungsfreiheit gedeckt, hatten die Staatsanwaltschaften in Berlin, München und anderen Städten erklärt, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Wer sich wünsche, dass Palästina „frei“ sei, rufe nicht dringend zur Gewalt auf, sondern könne auch eine friedliche Änderung des Status quo meinen. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte erst im August entschieden, dass die Parole für sich genommen nicht strafbar sei.

    Doch mit der Verbotsverfügung haben sich die juristischen Voraussetzungen geändert. Statt als „Volksverhetzung“, was eindeutige Anstachelung zu Gewalt voraussetzt, kann die Verwendung der Parole nun allein aus dem Grund bestraft werden, dass die Innenministerin sie zum „Kennzeichen“ einer verbotenen Organisation erklärt hat.

    In Wirklichkeit handelt es sich um einen willkürlichen Akt der Zensur und der Unterdrückung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit.

    In den vergangenen Wochen sind weltweit Millionen Menschen aller Religionen und Nationalitäten, darunter auch Israelis und viele Juden, auf die Straße gegangen und haben gegen das israelische Massaker in Gaza protestiert. Darauf reagieren die Regierungen, die die israelischen Verbrechen unterstützen, mit Zensur, Einschüchterung und Unterdrückung.

    In Deutschland werden friedliche Demonstrationen von den Medien als „antisemitisch“ verleumdet und von der Polizei reihenweise verboten oder mit strengen Auflagen versehen. Große Polizeiaufgebote schüchtern die Demonstrationsteilnehmer ein, zensieren jedes gesprochene und geschriebene Wort, nehmen Teilnehmer reihenweise fest und beschlagnahmen Flugblätter und Transparente.

    Die Kriminalisierung des Rufs nach Freiheit für Palästina ist eine weitere Stufe in dieser Repressionsspirale. Dabei ist die Behauptung, der Ruf „from the river to the sea“ sei ein „Kennzeichen“ der Hamas, schlicht gelogen.

    Die Wurzeln der Parole gehen mindestens bis zur Gründung der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO im Jahr 1964 zurück. In der Palästinensischen Nationalcharta wurde Palästina als das historische britische Mandatsgebiet von 1947 definiert, das vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer reichte. Ausdrücklich wurde zwischen Juden als Religionsgruppe und dem Zionismus als „rassistische“ und „mit dem internationalen Imperialismus“ verbundene „politische Bewegung“ unterschieden. Die Charta erklärte zudem ausdrücklich, dass auch Juden Palästinenser sein können.

    Als Ziel der Palästinenser galt traditionell ein säkulares, demokratisches Palästina ohne Besatzung und Diskriminierung. So erklärte die Fatah von Jassir Arafat, die lange Zeit größte und dominierende Fraktion innerhalb der PLO, im Jahr 1969: „Die Fatah, die Nationale Befreiungsbewegung Palästinas, verkündet feierlich, dass das Endziel ihres Kampfes die Wiederherstellung eines unabhängigen, demokratischen Staates Palästina ist, in dem alle Bürger unabhängig von ihrer Religion die gleichen Rechte genießen werden.“

    Die Hamas entstand dagegen erst 1987 als palästinensischer Zweig der Muslimbruderschaft. In ihrer revidierten Charta von 2017 bekennt sie sich ebenfalls zu einem Palästina „vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer“. Damit hat sie nichts Neues erfunden, sondern lediglich eine jahrzehntelange Orientierung palästinensischer Organisationen übernommen.

    In der Charta der Hamas von 1988 war die Formulierung noch nicht aufgetaucht. Anders als in dieser ersten Charta unterscheidet in der drei Jahrzehnte später entstandenen Fassung auch die Hamas zwischen Judentum und Zionismus. Es heißt dort: „Die Hamas bekräftigt, dass ihr Konflikt mit dem zionistischen Projekt und nicht mit den Juden aufgrund ihrer Religion besteht.“

    Auch in der israelischen Politik gab es schon lange vor Gründung der Hamas immer wieder Bezüge auf die Formel „vom Fluss bis zum Meer“. Anders als in der Interpretation der PLO war damit allerdings kein säkularer, demokratischer Staat gemeint, sondern „Eretz Israel“, ein Staat unter jüdischer Vorherrschaft.

    Die heute regierende Likud-Partei von Premierminister Benjamin Netanjahu wurde ausdrücklich auf dieser Grundlage gegründet. Es heißt in ihrer ursprünglichen Plattform von 1977: „Das Recht des jüdischen Volkes auf das Land Israel ist ewig und unbestreitbar und ist mit dem Recht auf Sicherheit und Frieden verbunden; daher werden Judäa und Samaria keiner ausländischen Verwaltung übergeben; zwischen dem Meer und dem Jordan wird es nur israelische Souveränität geben.“

    Der heutige Finanzminister Bezalel Smotrich von der Partei „Religiöser Zionismus“, dem auch weitgehend die Siedlungen im Westjordanland unterstehen, hat für einen rechten israelischen Thinktank 2017 einen Aufsatz mit dem Titel „Israel’s decisive Plan“ verfasst, in dem es heißt: „Wir werden deutlich machen, dass unser nationales Streben nach einem jüdischen Staat vom Fluss bis zum Meer eine vollendete Tatsache ist, eine Tatsache, die nicht diskutiert oder verhandelt werden kann.“

    Die Anhänger vom Netanjahu und Smotrich in Deutschland müssen allerdings nicht fürchten, dass sie deshalb Besuch von der Staatsanwaltschaft bekommen. Mit einer israelischen Regierung, die die Politik, die Palästinenser zu töten und zu vertreiben, gerade mit mörderischer Gewalt in die Praxis umsetzt, erklärt die Bundesregierung ihre volle Solidarität und unterstützt sie dabei auch militärisch. Wer dagegen dafür protestiert, dass es „zwischen dem Fluss und dem Meer“ Freiheit und Gleichberechtigung statt Besatzung und Apartheid gibt, wird kriminalisiert.

    #Allemagne #Palestine #sionisme #persécution #liberté_d_expression #fascisme #politique #FTRTTS

  • French publisher arrested in London on terrorism charge
    https://www.theguardian.com/uk-news/2023/apr/18/french-publisher-arrested-london-counter-terrorism-police-ernest-moret

    Tous des Feltrinelli ... dorénavant nos idées et informations sensibles ne passeront les frontières que dans le coffre fort de notre tête (ou dans une figure de la danse des électrons composant une connexion chiffrée).

    Rien n’a changé depuis l’époque de Heinrich Heine.
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Heine,+Heinrich/Versepen/Deutschland.+Ein+Winterm%C3%A4rchen/Caput+2

    Ihr Toren, die ihr im Koffer sucht!
    Hier werdet ihr nichts entdecken!
    Die Konterbande, die mit mir reist,
    Die hab ich im Kopfe stecken.

    Le poème de 1844 donne un sens au fait divers. Cet éditeur ne prend pas au sérieux les textes de révoltés qu’il publie. Soyons clairs, les libertés garanties par les constitutions des états bourgeois ne le sont que pour les bourgeois, les vrais, pas pour les petits bourgeois rebelles.

    18.4.2023 by Matthew Weaver - A French publisher has been arrested on terror charges in London after being questioned by UK police about participating in anti-government protests in France.

    Ernest Moret, 28, a foreign rights manager for Éditions la Fabrique, was approached by two plainclothes officers at St Pancras station on Monday evening after arriving by train from Paris to attend the London book fair.

    He was questioned for six hours and then arrested for alleged obstruction in refusing to disclose the passcodes to his phone and computer. His treatment was condemned as an attack on the right to demonstrate, amid calls for protests outside the UK embassy in Paris and the French Institute in London.

    Moret arrived at St Pancras at 7.15pm with his colleague Stella Magliani-Belkacem, the editorial director at the Paris-based publishing house, to be confronted by the two officers.

    Magliani-Belkacem told the Guardian: “When we were on the platform, two people, a woman and a guy, told us they were counter-terrorist police. They showed a paper called section 7 of the Terrorism Act of 2000 and said they had the right to ask him about demonstrations in France.”

    She added: “I’m still shaking. We are in shock about what happened.”

    She said French publishers had drafted a joint letter calling for a protest outside the British embassy in France on Tuesday evening about Moret’s treatment.

    When the officers began questioning Moret, Magliani-Belkacem called her friend Sebastian Budgen, a senior editor at Verso Books in London, at whose home she and Moret had arranged to stay.

    Budgen arranged for a lawyer to visit Moret. The lawyer called Budgen at 1am on Tuesday to confirm that Moret had been arrested over his refusal to tell police the passcodes to his confiscated phone and laptop. He was transferred to a police station in Islington, north London, where he remained in custody on Tuesday. He was later released on bail.

    Éditions la Fabrique is known for publishing radical left authors. Moret also represents the French science fiction novelist Alain Damasio and had arranged more than 40 appointments at the London book fair.

    A joint press release from Verso Books and Éditions la Fabrique condemned Moret’s treatment as “scandalous”.

    It said: “The police officers claimed that Ernest had participated in demonstrations in France as a justification for this act – a quite remarkably inappropriate statement for a British police officer to make, and which seems to clearly indicate complicity between French and British authorities on this matter.”

    It added: “We consider these actions to be outrageous and unjustifiable infringements of basic principles of the freedom of expression and an example of the abuse of anti-terrorism laws.”

    The statement said a protest was planned at the French Institute in London and called on France’s ambassador to the UK, Hélène Duchêne, to request Moret’s immediate release.

    Budgen said: “It is causing a stink at the London book fair and there’s a big stink in France as well … there’s been an increasingly repressive approach by the French government to the demonstrations, both in terms of police violence, but also in terms of a security clampdown.”

    Hundreds of thousands of people took to the streets in France last month over Emmanuel Macron’s use of constitutional executive powers to push through an unpopular increase in the pension age. The protests caused King Charles’s planned visit to France, his first overseas tour as monarch, to be postponed.

    The writers’ association Pen International said it was “deeply concerned” that Moret was detained on counter-terrorism grounds.

    Pamela Morton, senior books and magazines organiser for the National Union of Journalists, also expressed concern.

    She said it seemed “extraordinary that the British police have acted this way” in arresting a publisher on the way to the London book fair. “We will be taking this up with the police,” she added.

    A Metropolitan police spokesperson said: “At around 7.30pm on Monday 17 April, a 28-year-old man was stopped by ports officers as he arrived at St Pancras station, using powers under schedule 7 of the Terrorism Act 2000.

    “On Tuesday 18 April, the man was subsequently arrested on suspicion of wilfully obstructing a schedule 7 examination, contrary to section 18 of the Terrorism Act 2000.”

    #Royaume_Uni #France #frontières #répression #liberté_d_expression

  • Die USA auf dem Weg in den orwellschen Staat
    https://www.telepolis.de/features/Die-USA-auf-dem-Weg-in-den-orwellschen-Staat-8926246.html?seite=all

    Tikto menace Facebook et Twitter. Est-ce que la défense des intérêts des géants de la Silicon Valley constitue la véritable raison pour le projet de loi « Reset » ?

    11.4.2023 von Rüdiger Suchsland - Mediensplitter (23): „Das jedem sollte jedem US-Amerikaner einen Schauer über den Rücken jagen.“ CNN zum geplanten TikTok-Verbot, bei dem antichinesische Propaganda dominiert und sich ein autoritärer Staat abzeichnet.

    „Reset“ lautet der Titel eines neuen Gesetzes, das die US-Regierung plant und das sie sehr direkt auf ein mögliches Verbot von TikTok zugeschnitten hat, jener chinesischen App, die als Plattform für Kurzvideos zu den beliebtesten Sozialen Medien der Welt gehört.

    Fareed Zakaria macht sich deshalb Sorgen:

    Wenn ich mir die vorgeschlagene Gesetzgebung anschaue, die es der US-Regierung ermöglichen würde, TikTok zu verbieten, sehe ich ein beängstigendes, orwellsches Gesetz, das jedem Amerikaner einen Schauer über den Rücken jagen sollte.

    Zakaria ist nicht irgendjemand: Der Politikwissenschaftler mit indischen Wurzeln ist außenpolitischer CNN-Experte mit wöchentlicher eigener Sendung – „Fareed Zakaria GPS“ – und damit einer der führenden politischen Kommentatoren der USA.
    „Leider ist es viel schwieriger, gegen Big Tech vorzugehen, als China zu beschimpfen“

    Vor allem hat er Argumente, die nicht leicht von der Hand zu weisen sind: Das geplante Verbot wird damit begründet, TikTok sei in chinesischem Besitz und könnte gezwungen werden, seine Daten der chinesischen Regierung zu übermitteln – dafür, dass dies jemals geschehen ist, gibt es allerdings keinen Beweis.

    Allerdings könnte Peking solche Daten längst mit anderen Mitteln sammeln, wenn es das wirklich will. Zudem: Alle Apps sammeln in irgendeiner Form persönliche Nutzerdaten. Unter ihnen sind viele, Forschern zufolge, weit größere Datenkraken und solche, die auch sonst gefährlicher als TikTok sind.

    Wer in den USA den App-Informationstransfer verbieten will, könnte das übrigens sehr einfach tun, indem man dort den strengeren Datenschutzbestimmungen Europas folgen würde. „Leider“, so Zakaria, „ist es viel schwieriger, gegen Big Tech vorzugehen, als China zu beschimpfen“.

    Auch der Vorwurf, TikTok könne zur Verbreitung chinesischer Propaganda gebraucht werden, ist leicht zu relativieren, wenn man sich klarmacht, dass in den USA der staatliche chinesische Fernsehsender CCTV (ebenso wie viele andere Fernsehsender im Besitz ausländischer Staaten) uneingeschränkt senden darf.

    „Wenn wir TikTok verbieten, werden wir dann auch chinesischen Medienunternehmen verbieten, Flugblätter oder Bücher in den Vereinigten Staaten zu verbreiten?“, fragt Zakaria rhetorisch.

    Das neue Gesetz würde der US-Regierung „praktisch unbegrenzte Befugnisse geben, um jedes Unternehmen zu verhindern oder zu bestrafen, das Technologie- oder Informationsprodukte oder -dienste anbietet, die nach Ansicht der Regierung ein ’unangemessenes oder inakzeptables Risiko für die nationale Sicherheit der USA oder die Sicherheit von US-Bürgern’ darstellen“.

    Die Prämisse einer offenen Gesellschaft ist, dass die Menschen frei sein sollten, die Informationen zu konsumieren, die sie wollen, wird mit so einem Gesetz mit Füßen getreten.
    Die USA werden autoritären, postdemokratischen Staaten immer ähnlicher

    Das politische Argument gegen das Gesetz ist aber noch ein anderes und geht tiefer ins Grundsätzliche: Zensur und Regulierung sind freiheitsfeindlich und müssen in demokratischen Gesellschaften in jedem Einzelfall gut begründet werden.

    Zakaria verweist auf die Zensur Hunderter von Büchern in US-amerikanischen Bundesstaaten. Dort wird Literatur wie Margaret Atwoods autoritätskritischer dystopischer Roman Handmaids Tale wegen „problematischer Themen“ ebenso aus öffentlichen Bibliotheken verbannt wie Aldous Huxleys Brave New World.

    Zur Liste gehört weiter: Kurt Vonneguts Slaughterhouse-Five, Herr der Fliegen von William Golding, Wer die Nachtigall stört von Harper Lee, Peter Pan von James Matthew Barrie, die Hunger Games, Bücher von George Orwell und Roald Dahl, sowie historische Literatur über Rassismus in den USA oder Sachbücher, die über lesbische und homosexuelle Themen aufklären oder von Whistleblowern geschrieben sind.

    Die New York Public Library hat eine Liste dieser in den USA blockierten Bücher erstellt und präsentiert diese in elektronischer Form allen Interessenten kostenlos.

    „Wir leben in Zeiten, in denen die Regierungen der Bundesstaaten Hunderte von Büchern verbieten, in denen Sprache als Waffe betrachtet wird und in denen Politiker offen darüber sprechen, gefährliche Ideen zu unterbinden“, beschreibt Zakaria die kulturelle Situation in den USA.

    Derartige Zensurbestrebungen sind wie das geplante TikTok-Verbot nur ein Beispiel dafür, wie die USA autoritären, postdemokratischen Staaten immer ähnlicher werden:

    Sehen Sie sich an, wo wir heute stehen. Wir haben eine zentrale Wirtschaftsplanung mit massiven Subventionen für die Industrie eingeführt, und jetzt schlagen wir drakonische Beschränkungen für den freien Informationsfluss vor.

    Man muss der US-Regierung nicht besonders skeptisch gegenüberstehen, um bei dem Gedanken, ihr noch mehr Macht und derartige Willkürgesetze in die Hand zu geben, zu erschrecken.

    "Stellen Sie sich Donald Trump als Präsident vor, dem diese Instrumente zur Verfügung stehen."

    Nur der Anfang einer größeren Verbotswelle?

    Das TikTok-Gesetz könnte nur der Anfang einer größeren Zensur- und Verbotswelle sein, warnt jetzt das Wall Street Journal. Widerstand gegen das Gesetz regt sich von links wie rechts.

    Manche Sicherheitsexperten fürchten, die Maßnahmen gegen TikTok könnten die nationale Sicherheit der USA erst recht untergraben.

    Ist damit Tiktoks Zeit abgelaufen? Ende März war der Geschäftsführer der Social-Media-App, Shou Zi Chew, in Washington zu einem scharfen Verhör im US-Kongress. Immerhin sind mehr als 100 Millionen Amerikaner auch TikTok-Nutzer, sie alle müssen derzeit fürchten, dass die Plattform aufgrund von „Sicherheitsbedenken“ verboten wird. Die Konkurrenz im kalifornischen Silicon Valley hofft derzeit voraus den Rivalen loszuwerden. Mit jeder neuen Wortmeldung aus dem Capitol Hill wuchsen zuletzt die Aktienkurse von Pinterest, Snap und Meta.

    Seit seinem Markteintritt in den USA, vor weniger als sechs Jahren seiner Existenz, hat TikTok die Welt der älteren Sozialen Netzwerke abgelöst und Kommunikation mit Worten und Bildern durch die mit algorithmisch ausgesuchten Kurzvideos ersetzt.

    Vor allem Jugendliche sind begeistert: US-Amerikaner im Alter von 18 bis 24 Jahren verbringen eine Stunde pro Tag auf TikTok, doppelt so lang wie auf Instagram und Snapchat und mehr als fünfmal so lang wie auf Facebook. Im vergangenen Jahr verzeichnete TikTok mehr Website-Besuche als Google und mehr Sehminuten in den Vereinigten Staaten als YouTube. Facebook brauchte fast neun Jahre, um eine Milliarde Nutzer zu erreichen, TikTok schaffte es in fünf Jahren.

    In der Folge dieser Erfolgsgeschichte haben Kurzvideos die sozialen Medien erobert. 40 von 64 Minuten Social-Media-Nutzung entfallen heute auf Videos, 2019 waren es noch 28 Minuten. Zugleich sinken die Profite. TikTok ist auf Verbilligungsgenerator: Während Instagram über 200 Dollar pro Nutzer einnimmt, sind es bei TikTok unter 70 Dollar

    Facebook-Gründer Mark Zuckerberg äußerte hierzu zuletzt ganz offen:

    Currently, the monetisation efficiency of Reels is much less than Feed, so the more that Reels grows…it takes some time away from Feed and we actually lose money.

    Übersetzung:

    Derzeit ist die Monetarisierungseffizienz von Reels viel geringer als die von Feed, d.h. je mehr Reels wächst, desto mehr Zeit wird von Feed abgezogen und wir verlieren Geld. (Anmerkung: Mit Reels sind die Videos gemeint, mit Feed die Texte.)
    Mark Zuckerberg

    Wer hat Angst vor TikTok?

    Der Hype um TikTok ist also gerechtfertigt, aber sind es auch die Ängste der staatlichen Überwachungsinstanzen? Wer hat Angst vor TikTok?

    Schon vor einem knappen Jahr schrieb der Economist über „eine dunkle Seite“ der App, weil die Regierung von deren Hauptsitz in China „sich der Überwachung und Propaganda verschrieben hat“.

    Beides ist der US-Regierung keineswegs fremd. So nutzte man die „Propaganda-App“ sehr gern, als es während der Pandemie darum ging, Jugendliche dazu zu bewegen, sich gegen Covid impfen zu lassen.

    Jetzt aber könnte TikTok ein trojanisches Pferd der Demokratieunterhöhlung sein. Denn neben lustigem Teeniekram bietet TikTok mehr und mehr auch Nachrichten. Die Möglichkeit für China, das zu manipulieren, was das riesige ausländische Publikum der App sieht, ist einstweilen noch ein unterschätztes Problem.

    Aber bereits ein Viertel der US-amerikanischen Nutzer hält TikTok für eine seriöse Nachrichtenquelle. „In Ländern mit schwächeren Mainstream-Medien liegt der Anteil sogar bei 50 Prozent.“ (Economist)

    Die Suche nach einem Weg, „wie TikTok im Westen sicher operieren kann“, sei „ein Test dafür, ob die globale Wirtschaft und das globale Internet intakt bleiben können“.
    Angemessene Antwort – zwischen „Umarmung und Angst“

    Die widersprüchliche Herangehensweise der Regierung zwischen Umarmung und Angst ist vielleicht die angemessene Antwort auf das völlig einzigartige neue Problem, das TikTok darstellt.

    China dürfte dem Bemühen Washingtons entgegenkommen. Denn auch wenn man die Kontrolle über das Unternehmen nicht an Ausländer abtreten will, muss China anerkennen, dass Anpassungen notwendig sind. Chinas Interesse liegt darin, dass TikTok - und weitere Unternehmen - vom Westen nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Nur im eigenen Land China muss man eine Autokratie bleiben, in der der Staat die Wirtschaft kontrolliert.

    Der Informationsfluss in der modernen Welt hält sich allerdings nicht an nationale Gesetze und Machtverhältnisse. Heute können wir Informationen nicht durch Kontrolle daran hindern, staatliche Grenzen zu überschreiten. Das WorldWideWeb ist anarchistisch.

    Die eigentliche Bedrohung durch TikTok liegt nicht in seiner begrenzen Tauglichkeit für Propaganda und Deep-Fakes. TikTok ist ein digitaler Virus, der das Gehirn angreift und dessen Lese- und Schreibzentren zerstört. TikTok und ähnliche Medien werfen uns in eine infantile, tendenziell Analphabeten-Gesellschaft zurück.

    #USA #Tiktok #plateformes #dystopie #relation_publiques #propagande #démocratie #liberté_d_expression

  • In Pogromlaune
    https://www.jungewelt.de/artikel/446163.in-pogromlaune.html

    En Allemagne il y a moins de morts et blessés pendant les les manifestations qu’en France. Cest comme ça car les manfestations sont plus petites et les revendications moins fondamentales. Par contre on ne manque pas d’appels au meurtre à demi mots contre des membres de la gauche et de justifications des assassinats commis par les alliés de nos dirigeants dans le monde entier.

    4.3.2023 von Arnold Schölzel - Wer die Heimatfront gefährdet, den knöpfen sich die Profis für Pogromstimmung vor. Was zufällig irgendwann nach Veröffentlichung ihrer Texte oder TV-Schnipsel passiert, gehört nicht zu ihren sogenannten Sorgfaltspflichten. Als zum Beispiel im Dezember 1964 der Mörder von Patrice Lumumba und kongolesische Ministerpräsident vom Regierenden Bürgermeister Westberlins, Willy Brandt (SPD), im Schöneberger Rathaus empfangen wurde, warfen Studenten Eier und Tomaten auf Moïse Tschombé und trugen Transparente mit Aufschriften wie »Keine Blutbäder im Namen der Humanität«. Das richtete sich vor allem gegen den Vietnamkrieg der USA, gegen den in jenem Jahr auch in der BRD Jugendliche mit zunächst noch kleinen Demonstrationen auf die Straßen gegangen waren. Die bundesdeutsche Konzernpresse, allen voran Springer-Blätter, waren wegen der Westberliner Demonstration außer sich und hetzten speziell die Frontstadtbewohner gegen den Protest auf. Der hielt aber jahrelang an und ebbte erst nach dem Amtsantritt Brandts als Bundeskanzler 1969 ab. Am Ende war Benno Ohnesorg tot, Rudi Dutschke niedergeschossen. Den Rest erledigten die Berufsverbote Brandts.

    Kein Vergleich mit dem Beschluss von etwa 50 führenden deutschen Industriellen am 10. Januar 1919, eine »Antibolschewistische Liga« zu gründen und ihr 500 Millionen Mark als Startkapital zu spenden. Kein Vergleich mit dem sozialdemokratischen Vorwärts vom 13. Januar 1919, in dem das Gedicht stand: »Viel Tote in einer Reih – Proletarier! Karl, Rosa, Radek und Kumpanei, es ist keiner dabei, es ist keiner dabei! Proletarier!« Reiner Zufall, dass Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar bestialisch nach Anweisung durch den Volksbeauftragten Gustav Noske (SPD) ermordet wurden. Kein Vergleich?

    Wer sich die Rede des deutschen Blackrock-Statthalters Friedrich Merz (CDU) vom Donnerstag als Oppositionsführer im Bundestag anschaut, wird feststellen: Es wurde gelernt. Sahra Wagenknecht bezeichnete er mitten in der Hasskampagne von Konzern- und Staatsmedien gegen sie und Alice Schwarzer als »zynisch, menschenverachtend und niederträchtig«. Johann Wadephul (CDU) fügte noch »Demokratiefeindlichkeit« und »antisemitisch« hinzu und bezog sich auf einen »klugen Journalisten«, der das herausgefunden habe. Die Symbiose ähnelt der von einst. Wadephul meinte Markus Decker, der gegenwärtig für das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) arbeitet. RND gehört dem Madsack-Konzern, dessen größte Kommandistin die Medienbeteiligungsgesellschaft DDVG der SPD ist.

    Decker ist subtiler als der Vorwärts damals. Er teilt zum Beispiel wie 2020 lediglich mit: »Bei vielen Grünen wird Sevim Dagdelen zu den ›Irren‹ gezählt.« Als US-Präsident Donald Trump vor gut drei Jahren mal wieder mit dem Weltfrieden durch einen Raketenschlag auf Bagdad, bei dem hochrangige iranische und irakische Friedensunterhändler ermordet wurden, spielte, war von Decker zu lesen, der damalige Linke-Abgeordnete Alexander Neu habe von »notorischen Alleingängen und Rechtsbrüchen der USA« gesprochen, Dagdelen sei der Meinung, die Bundesregierung müsse nun gegen »die US-Kriegspolitik« aktiv werden. Decker meinte, das sei »nicht falsch«, aber: »Nur sind die Statements mal wieder gnadenlos einseitig, und die Inszenierung als Friedenspartei ist mal wieder gnadenlos unglaubwürdig.« Die US-Überfälle auf den Irak, bei denen Millionen starben, erwähnte Decker bei dieser Gelegenheit gnadenlos vielseitig nicht.

    Insofern also nichts Neues bei ihm und seinesgleichen? Das leichte Hinwegschreiben über Leichen, wenn es sich um Opfer US-amerikanischer oder israelischer Angriffe handelt, ist erste Berufspflicht. Mit politischem Mord hatten sie noch nie etwas zu tun.

    #Allemagne #presse #liberté_d_expression #USA #assassinat #guerre

  • Missing Link: Chinas neue Datenschutzgesetze – eine ’Kulturrevolution 4.0’
    https://www.heise.de/hintergrund/Missing-Link-Chinas-neue-Datenschutzgesetze-eine-Kulturrevolution-4-0-6298616.

    19.12.2021 von Monika Ermert - Neue Gesetze für mehr Datenschutz und -sicherheit ähneln teils der DSGVO. Doch tatsächlich hat in China längst eine allumfassende Regulierungskampagne begonnen.

    China hat sich im zweiten Pandemiejahr ein erstes Online-Datenschutzgesetz gegeben und ein neues Datensicherheitsgesetz. Es macht mit einer Algorithmenregulierung sozialistischer Prägung auf sich aufmerksam. Anleihen bei der Datenschutzgrundverordnung und den europäischen Plänen zur Einhegung der großen Plattformen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es ein Nutzer freundliches Internet nicht das Ziel des Rundumschlags von Xi Jinping ist.

    Im Herbst 2021 sah sich der große chinesische Plattformkonzern Tencent bemüßigt, die Identität eines Gamers festzustellen. Der hatte beim populären Online-Spiel „Honor of Kings“ zu nächtlicher Stunde fünf Gegner auf einen Streich – einen sogenannten Pentakill – geschafft. Der Mann hatte angegeben, 60 Jahre alt zu sein, und ein Raunen ging durchs chinesische Netz, wie das US-Magazin The Atlantic Mitte November berichtete.
    Zocken nur an Sonn- und Feiertagen

    Bewunderer und Neider vermuteten sogleich, dass sich hinter der Rentneridentität ein Teenager versteckte, der gegen das Spielverbot für Kinder und Jugendliche verstoßen hatte. Das neue Gesetz verbietet allen unter 18-jährigen, an normalen Tagen überhaupt zu spielen. Nur Freitag, Samstag und Sonntag sowie an öffentlichen Feiertagen dürfen sie jeweils eine Stunde lang ihrer Spielleidenschaft frönen. Die für die Spiele zuständige National Press and Publication Administration (NPPA) hatte schon 2019 Zeitlimits eingeführt, im Pandemie-Jahr 2021 legte sie nochmals nach.

    Natürlich hätten Videospiele das öffentliche Bedürfnis nach Unterhaltung befriedigt und das „spirituelle und kulturelle Leben der Menschen bereichert“, heißt es in der ursprünglichen Begründung der NPPA. Doch zugleich litten junge Menschen zunehmend unter einer ungesunden Spielsucht. Also müsse reguliert werden, zum Schutz der Jugend und auch, weil man damit „den Geist der Anweisungen des Generalsekretärs, Xi Jinping“ am besten umsetzen könne. Laut der von The Atlantic zitierten US-Wissenschaftlerin Regina Abrami schickt es sich laut diesem „Geist“ für Chinesen nicht, „den ganzen Tag Videospiele zu spielen.“
    Eine Art ’Kulturrevolution 4.0’

    Klingt ein bisschen nach Kulturrevolution 4.0. Dazu passen sowohl neue Verordnungen, die der ausgeprägten Fankultur im Internet den Garaus machen wollen, als auch das ebenfalls 2021 verhängte Verbot von kommerzieller Nachhilfe für den um Universitätsplätze konkurrierenden chinesischen Nachwuchs. Statt bezahlter Kurse und ausländischer Lehrer verordnen Partei, Staatsrat und Bildungsministerium besseren Unterricht an den Schulen im Land und gut genutzte Freizeit. Kursangebote im Ausland sind strikt untersagt.

    Die Abschottung gegenüber dem Westen ist für Wissenschaftler in Deutschland heute auch direkt spürbar. Aus gemeinsamen rechtswissenschaftlichen Projekten haben sich chinesische Kollegen zurückgezogen, schreibt ein deutscher Rechtswissenschaftler auf Anfrage von heise online. Der chinesische Beitrag zu einer soeben erschienenen Publikation zur Plattformregulierung in aller Welt fehlt. Das Land drohe, verstärkt durch weniger direkten Austausch während der Pandemie, zu einer Black Box zu werden. Dabei gäbe es gerade aktuell reichlich Stoff für den Austausch.
    Import: Wie viel DSGVO steckt im PIPL?

    Gesetzgeberisch hat Xis Regierung die Pandemie nämlich intensiv genutzt und Gesetze im Goldachterschlag vorgelegt. Für sein Personal Information Protection Law (PIPL) hat man sich trotz der Abschottung nach außen nicht gescheut, Anleihen bei Europas Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu machen. Zu den Gemeinsamkeiten gehören die Anerkennung eines Rechtsschutzes für die persönlichen Daten natürlicher Personen (Artikel 2), Informationspflichten zur Art der Verarbeitung und Speicherdauer, gewisse Mitteilungspflichten bei Datenverlusten, Ansprüche der Bürger auf Einsicht (Artikel 44, 45) und Berichtigung (Artikel 46) sowie auf Entschädigung bei Verletzung gegenüber den Datenverarbeitern (Artikel 69).

    Es gibt das Konzept der informierten Einwilligung (Artikel 13.1). Zwar können Daten in einer Reihe von Fällen auch ohne Einwilligung verarbeitet werden, etwa von Arbeitgebern, in der Berichterstattung, in Notfallsituation oder wo es gesetzlich vorgesehen ist. Wie in der DSGVO enthält aber auch PIPL den Grundsatz, dass Service Provider Dienste nicht einfach verweigern dürfen, weil ein Nutzer der Art der Verarbeitung ihrer Daten nicht zustimmt.

    Datenverarbeiter, die im Auftrag des Data Controllers arbeiten, sind durch die Bestimmungen gebunden (Artikel 20, 21). Spezielle Regeln gelten für „sensible Datenkategorien“ (Artikel 28 ff.), zu denen biometrische, Gesundheitsdaten, Daten zu religiösen Anschauungen, Gesundheits-, Finanz- und Ortsdaten sowie die Daten von Kindern gehören. Für den Schutz der Daten von Kindern gibt es übrigens seit Ende 2019 bereits eigene Regeln auf Basis des chinesischen Gesetzes zur Cybersicherheit von 2017.
    Datentransfers und Extraterritorialität

    Abgeguckt hat sich Chinas Gesetzgeber von Europa auch das Prinzip der extraterritorialen Wirkung des Datenschutzes. Wer Daten chinesischer Bürger außerhalb des Reichs der Mitte verarbeitet, muss einen Bevollmächtigten innerhalb des Landes benennen, der als Ansprechpartner für Bürger und Behörden zur Verfügung steht (Artikel 53).

    Bei Datentransfers ins Ausland legt Chinas Regierung allerdings nach. Kritische Infrastrukturbetreiber und große Provider – was das heißt, steht noch nicht fest – sollen grundsätzlich alle persönlichen Daten im Inland halten (Artikel 40). Wer eine Ausnahme haben will, muss sich einer eingehenden Prüfung durch die Cyberspace Administration of China (CAC) unterziehen.

    Auch die Weitergabe chinesischer persönlicher Daten an nicht-chinesische Strafverfolgungsbehörden muss von offizieller Seite vorgenommen werden Artikel 41). Und dann gibt es noch die Warnung an alle ausländischen Unternehmen: Auch wer gegen Chinas Datenschutzgesetz im Ausland verstößt, muss mit Sanktionen rechnen (Artikel 42). Zudem behält man sich vor, ausländische Sanktionen gegenüber China im Bereich Datenschutz mit gleicher Münze heimzuzahlen.

    Drakonisch klingen die Bestimmungen des am 1. September – drei Monate vor dem PIPL – in Kraft getretenen Datensicherheitsgesetzes (PDF-Datei): „Datenverarbeitungsprozesse außerhalb des Territoriums der Volksrepublik China, die der nationalen Sicherheit, dem öffentlichen Interesse oder den rechtmäßigen Ansprüchen der Bürger der VRC schaden, werden gemäß diesem Gesetz verfolgt“, heißt es im Artikel 2 des Datensicherheitsgesetzes.

    Recht, Moral und teure Strafen

    Das Datensicherheitsgesetz (DSL) ist wie das PIPL zugleich durchsetzt von unbestimmten Rechtsbegriffen. Nicht nur die Missachtung von Gesetzen kann sanktioniert werden, sondern auch der Verstoß gegen „Moral und Ethik“, gegen „kommerzielle und professionelle Ethik“ oder gegen „Ehrlichkeit und Verantwortlichkeit“. Die Beschädigung nationaler Sicherheitsinteressen – diesbezügliche Daten gehören zu „Kerndaten“ in einem abgestuften System – kann laut DSL und PIPL teuer bestraft werden.

    Nur ein Beispiel: 10 Millionen Yuan teuer kann es werden, wenn man beim Datentransfers ins Ausland die Behörden nicht ausreichend informiert, und für den jeweils Verantwortlichen kann eine Extrastrafe von bis zu 1 Million Yuan dazukommen. Die Höchststrafen im PIPL belaufen sich auf 50 Millionen Yuan oder 5 Prozent des Jahresumsatzes, wobei Kommentatoren darauf hingewiesen haben, dass noch geklärt werden muss, ob dabei der in China erzielte oder der globale Jahresumsatz gemeint ist. Festgestellte Verstöße gegen PIPL werden als Saldo auf dem Social Credit-Konto der Missetäter verbucht (Artikel 67).

    Vom Schlimmsten ausgehen

    Viele Details der frisch gedruckten Gesetze waren beim Inkrafttreten im September, beziehungsweise November (PIPL) 2021 noch nicht klar. Ausführungsbestimmungen, -Verordnungen der nachgeordneten Behörden müssen noch her und für Unternehmen gibt es einige Rechtsunsicherheiten. Anwaltsexperten der International Association for Privacy Professionals berichten von fieberhaften und manchmal kopflosen Bemühungen von Firmen zur Umsetzung.

    Mindestens zwei Indizien für eine pessimistische Auslegung der neuen Datenschutzgesetze gibt es trotz aller Beschwichtigungen, Chinas Behörden würden nicht sofort in die Vollen gehen: Da ist erstens die von Xi initiierte Neuverhandlung des Verhältnisses von Wirtschaft und Partei und der klare Machtanspruch letzterer. Zweitens verbietet die Umsetzung des von China der ehemaligen Kronkolonie Hongkong aufgezwungen Sicherheitsgesetzes alle Erwartungen an eine wenigstens zurückhaltende oder faire Behandlung von Gegnern des Xi-schen Traums für das zukünftige China.
    Aktion „Cyberschwert“

    Chinas große Plattform-Unternehmen haben nach kommerziellen Höhenflügen ganz offenbar die Flügel gestreckt. Das berichten Experten des Mercator Institute for China Studies (MERICS) in Berlin. Das Institut, vom offiziellen China selbst wegen seiner Analysen auf der schwarzen Liste gelandet und daher aktuell – wie auch andere unbotmäßige Forscher – ohne Chance einzureisen, spricht von einer nie dagewesenen Regulierungsmanie und Durchsetzungskampagne der Xi-Republik. Im Land der politischen Kampagnen gibt es laut den MERICS-Forschern Kai von Carnap und Valerie Tan dafür auch einen Kampagnentitel: „Chinas Cyberschwert“.

    Hunderte von Firmen wurden auf Basis neuer oder novellierter Gesetze innerhalb eines guten Jahres mit Strafen von insgesamt mehr als 3 Milliarden US-Dollar belegt. International aktive Figuren wie der auch vom UN-Generalsekretär hofierte Jack Ma verschwanden für Monate von der Bühne, notiert MERICS. Chinas Behörden würden im Rahmen der „Cyberschwert“-Kampagne nachdrücklich ermuntert, hart gegen Chinas Unternehmen vorzugehen.

    Die erst 2018 neu gegründete State Administration for Market Regulation, verantwortlich für die Durchsetzung des seit 2019 geltenden Wettbewerbsrechts und des 2019 verabschiedeten E-Commerce Gesetzes, hat laut MERCIS bereits 3000 Verfahren angestrengt und allein im ersten halben Jahr 2021 206 Millionen Yuan kassiert.

    Die CAC ihrerseits habe unmittelbar nach dem Inkrafttreten des PIPL 100 Apps als Datenschutz-verletzend beschieden und die großen Plattformen verpflichtet, sie aus ihren App-Stores zu entfernen. Auch die Mitfahrplattform Didi Chuxing musste offline gehen.
    Unternehmen müssen mitspielen

    Die Tech-Unternehmen in China sehen ganz offenbar keinen Ausweg – sie spielen mit, konstatieren die MERICS Experten. Mas Alibaba etwa hat einen „Wohlfahrts-Fonds“ eingerichtet und 13,7 Milliarden Dollar dafür versprochen. Das sei als Reaktion auf Xis Forderung zu werten, den Reichtum der Neumilliardäre wieder mehr unters Volk zu bringen. Auch andere Unternehmen der Branche haben laut MERICS Vorschau auf 2022 nachgezogen: Tencent, Pinduodou, Meituan und Xiaomi wollen also viel Geld fürs Gemeinwohl ausgeben.

    Ob Xi durch die zur Schau gestellte Politik fürs Volk Kapital schlagen kann für seine Wiederwahl als Generalsekretär der KP 2022? Das könnte zumindest ein Kalkül sein. Denn eine dritte Amtszeit ist normalerweise unüblich und würde Xi noch mächtiger machen.
    Hongkongs Ende?

    Zum Fürchten ist der Machtanspruch Xis aus der Sicht von Hongkong, wo diejenigen, die noch an einer Art demokratischem System festhalten, in ein mörderisches Rückzugsgefecht verstrickt sind. Gefangenenhilfs- und Medienorganisationen weltweit bescheinigen der an China zurück gegebenen Kronkolonie eine immer verheerendere Menschenrechtssituation. Die Anwendung des 2020 von der VRC verabschiedeten und von Pekings Statthalterin Carrie Lam umgesetzten Nationalen Sicherheitsgesetzes liefert ein weiteres, untrügliches Indiz für pessimistische Prognosen, wenn es um die Umsetzung neuer angeblich nach dem Modell anderer, und sogar demokratischer Staaten geschaffener neuer Gesetze geht.

    Gut ein Jahr nachdem es in Kraft getreten ist, zog die Redaktion Bloomberg Bilanz: mindestens 150 Personen sind demnach wegen Subversion, Sezession, Kollaboration mit ausländischen Mächten oder Terrorvorwürfen angeklagt und teils zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Als subversiv zählen dabei bereits Social Media-Äußerungen zur Unterstützung von Aktivisten der Demokratiebewegung und natürlich entsprechende Berichterstattung. Allein Gespräche mit Ausländern können da schon zur Gefahr werden.

    Vergangene Woche wurden acht Delinquenten wegen der Teilnahme an der in Hongkong seit über 30 Jahren abgehaltenen Mahnwache am Tag des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens zu Gefängnisstrafen verurteilt, darunter auch der Medienunternehmer Jimmy Lai. Die Erinnerung an das Massaker passt nicht in Xis neues Selbstbild.

    Die Verurteilten hätten wegen der Pandemie weder an der Versammlung teilnehmen, noch zu ihr aufrufen dürfen, so das Urteil der Vorsitzenden Richterin Amanda J. Woodcock. Sie gehört zur Riege der speziell für die Kammern zu Verfahren für nationale Sicherheitspolitik ausgewählten Juristen.
    Wider internationale Grundrechte

    Der Fall des NextMedia Gründers und Apple Daily Herausgebers Jimmy Lai gilt bereits jetzt als Präzedenzfall für die Härte, mit der das Sicherheitsgesetz von Chinas Gnaden um- und gegen jegliche Kritiker am chinesischen Regierungssystem eingesetzt wird.

    Unter anderem wird dem 74-jährigen Unternehmer in weiteren Verfahren Konspiration mit dem Ausland vorgeworfen. Am 23. Dezember vergangenen Jahres zunächst gegen eine Kaution von 1,29 Millionen Dollar aus der Haft in den Hausarrest entlassen, wurde er bereits am 31. Dezember wieder eingesperrt.

    Das Oberste Gericht von Hongkong hatte der Berufung der Staatsanwaltschaft gegen die Freisetzung auf Kaution stattgegeben. Der Vorrang der nationalen Sicherheit gegenüber jeglichen Kautionsanträgen gilt unter Juristen als Menetekel für künftige Verfahren. Überdies hatten die Hongkonger Richter erklärt, dass sie keine Kompetenz hätten, etwaige Verfassungsverletzungen durch die Richtersprüche der Kammern für Nationale Sicherheit zu überprüfen.

    Einige der Vorwürfe gegen Lai richten sich überdies, wie Amnesty in seinem ausführlichen Bericht zu den Anklagen unter dem Sicherheitsgesetz vermerkt, gegen Äußerungen im Jahr 2019. Das bedeutet, dass Chinas neue Gesetze auch rückwirkend angewandt werden.

    Lais unabhängige Zeitung AppleDaily gab im Sommer auf, kurz nachdem im Juni 2021 fünf Mitglieder der Chefredaktion unter dem gleichen Vorwurf – Konspiration mit dem Ausland – verhaftet worden waren. Wer noch als Journalist arbeiten will, dem bleibt am Ende wohl nur der Weggang aus Hongkong. Viele Nichtregierungsorganisationen sind dabei, diesen Schritt zu vollziehen: Amnesty etwa wird seine beiden Hongkonger Büros zum Ende des Jahres schließen.
    Wie sicher sind Olympioniken?

    Wie sicher also werden die im kommenden Jahr in China erwarteten Olympioniken sein – in dem Land, dessen Behandlung der Uighuren von einer der Vorsitzendes des Britischen Jewish Boards 2020 schon mit dem Umgang der Nazis mit den Juden verglichen wurde? Auf jeden Fall werden Sportler – und die Regierungsvertreter, die doch noch einreisen, sehr gut überwacht sein.

    Rund 600 Millionen Überwachungskameras gibt es im Land, allgegenwärtige Gesichtserkennung und ein gut behütetes (und gefiltertes) Internet, wie der Journalist Ian Williams in seinem Buch „Every Breath You Take: Chinas neue Tyrannei“ detailreich beschreibt. Mao, so meint Williams, hätte für seine Kulturrevolution von den Möglichkeiten, die Xi zur Verfügung stehen, nur träumen können.


    Welche Behörden in China sind besonders aktiv bei verhängten Maßnahmen?


    Viele neue Gesetze und Behörden, die regulierend eingreigen (Bild: Merics)


    Das Jahr, in dem China massiv gegen große Technik-Unternehmen vorging (Bild: The Wire)


    Die meisten Festnahmen aufgrund des neuen Sicherheitsgesetzes für Hongkong gab es an nur einem Tag (Bild: Bloomberg)

    Amnesty Interntional: HONG KONG: IN THE NAME OF
    NATIONAL SECURITY HUMAN RIGHTS VIOLATIONS RELATED TO THE IMPLEMENTATION OF THE
    HONG KONG NATIONAL SECURITY LAW
    https://www.amnesty.de/sites/default/files/2021-06/Amnesty-Bericht-Hongkong-China-Sicherheitsgesetz-In-the-name-of-national-sec

    #droit #internet #sécurité #surveillance #liberté_d_expression

  • Tout le monde a déjà reçu des lettres de menaces de cabinets juridiques qui essaient de faire retirer des choses qu’on a dites en ligne. Souvent, les individus, les associations, les petites entreprises, s’écrasent et retirent le contenu litigieux, par peur du contenu écrit en termes juridiques effrayants. Ici, au contraire, la société #Koena, spécialisée dans l’#accessibiité_numérique, a choisi de ne pas s’effacer et Armony Altinier a fait une excellente réponse, détaillant tout ce qu’il faut faire quand on reçoit ces lettres de menace (refuser, et annoncer qu’on rendra tout public).

    https://koena.net/koena-mise-en-demeure-par-faciliti

    « Concernant la demande de retirer les 2 tweets litigieux :
    réponse de Koena : non. »

    #liberté_d_expression

  • Un système anti-censure qui évolue en autonomie : #Geneva

    La lutte technique de la #liberté_d_expression contre la #censure sur l’Internet n’est pas près de s’arrêter. Chaque fois que les censeurs conçoivent de nouvelles techniques, les défenseurs de la liberté mettent au point de meilleurs méthodes pour leur échapper, les censeurs améliorent alors leurs techniques, et ainsi de suite. La partie est donc difficile pour ceux et celles qui réalisent des dispositifs anti-censure, car il faut en permanence suivre et s’adapter. D’où l’idée d’un système qui évolue « tout seul ». Le génial Geneva utilise le concept des #algorithmes_génétiques, pour s’adapter à la censure et évoluer automatiquement en même temps qu’elle.

    https://www.bortzmeyer.org/geneva.html

    #algorithme_génétique #censure_Internet

  • Cyber-répression

    « Macron veut mettre fin à la possibilité d’être anonyme sur #internet

    Des papiers d’identité pour s’inscrire sur Facebook ? La possibilité pour la police et la justice d’avoir accès en un clic à toutes nos données personnelles ? Autant d’idées visant à étendre la répression d’État sur le Web, prônées par Macron au cours de son Grand Débat. »

    #Liberté_d_expression #droit #Facebook #ViePrivée #Macron #répression #web #RéseauxSociaux #BigBrotherIsWatchingYou

    https://www.revolutionpermanente.fr/Macron-veut-mettre-fin-a-la-possibilite-d-etre-anonyme-sur-inte

  • Ce qui fait une mort
    Révélation de Léonora Miano et Satoshi Miyagi :
    un spectacle pour repenser les vies noires

    Par Nathalia Kloos

    http://jefklak.org/ce-qui-fait-une-mort

    Non pas se poser la question du « on ne peut plus rien dire », mais celles du comment on le dit. Des polémiques récentes dans le milieu théâtral ont opposé les partisan·es de la libre création qui se doit de tout représenter à celles et ceux qui cherchent à penser une expression inaliénable des mémoires dominées. Quelles voix pour des luttes impossibles à marchandiser en billets de théâtre ? Actuellement sur les planches de La Colline à Paris, le spectacle Révélation écrit par Léonora Miano et mis en scène par Satoshi Miyagi réactive les âmes noires prises dans la traversée de l’Atlantique, pour s’y perdre, s’y vendre, s’y trahir ou s’en tirer. Une proposition critique et poétique pour penser un idéal d’universel non-blanc se joue alors entre les lignes.

  • GAFA-la-gaffe ?
    http://www.dedefensa.org/article/gafa-la-gaffe

    GAFA-la-gaffe ?

    09 août 2018 – Certes, ils ont frappé, – et cela va continuer, car lorsque les crétins friqués ont commencé à produire leur sottise infamantes, c’est comme une diarrhée, plus rien ne les arrête plus... (C’est même à ça qu’on les reconnaît.) L’affaire est en train de nous confirmer pour la nième fois que la transformation des sapienscourants en zombieSystème se fait par l’équation américanisme + fric. En effet, je tiens pour évident et absolument convainquant le jugement que l’action de censure lancée par les GAFA & le reste sur consignes du DeepState représente une action tactique extrêmement visible dans ses buts illégaux, et dont l’effet stratégique se révèlera rapidement catastrophique.

    L’opération de censure gigantesque qui est en cours se déroule dans la plus complète hypocrisie juridique (...)

  • Je crois qu’il se passe quelque chose d’important par ici :
    https://twitter.com/jack/status/1026984242893357056
    Pas seulement parce que le patron de twitter explique pourquoi #twitter ne va pas clôturer le compte de #Alex_Jones ni de #Infowars, contrairement à la plupart des autres réseaux sociaux, mais parce qu’il réaffirme le besoin de confronter les opinions et surtout de contrer les fausses informations de manière visible, chose que peut se permettre un twitter où les commentaires sont beaucoup plus lus qu’ailleurs...

    If we succumb and simply react to outside pressure, rather than straightforward principles we enforce (and evolve) impartially regardless of political viewpoints, we become a service that’s constructed by our personal views that can swing in any direction. That’s not us.
    Accounts like Jones’ can often sensationalize issues and spread unsubstantiated rumors, so it’s critical journalists document, validate, and refute such information directly so people can form their own opinions. This is what serves the public conversation best.

    Je suis tombée là dessus grâce à un tweet de #Olivier_Tesquet qui fait un article super complet pour telerama sur la descente aux enfers des #GAFAM de Alex Jones :

    La “Big Tech” à l’épreuve du roi des conspirationnistes

    En privant Alex Jones, conspirationniste en chef de l’extrême-droite américaine, de ses comptes Facebook, Spotify ou Youtube, les géants de l’Internet prennent le risque d’ouvrir un débat sur la privatisation de la liberté d’expression.

    https://www.telerama.fr/medias/la-big-tech-a-lepreuve-du-roi-des-conspirationnistes,n5756062.php

    #liberte_d_expression #conspirationnisme #complotisme #extreme_droite ...