13.5.2025 von Maritta Adam-Tkalec - Eine Stiftung will das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster wiederbeleben und hat Aussicht auf Immobilien. Kritiker klagen wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder.
Der Streit um die Frage, wem das Gelände um die Ruine des Franziskanerklosters im ältesten Teil Berlins gehört, gewinnt an Schärfe: Die Bundestagsabgeordnete Katalin Gennburg (Linke) und der Architekturpublizist Philipp Oswalt haben gegen Finanzsenator Stefan Evers (CDU) Strafanzeige wegen Veruntreuung öffentlichen Vermögens gestellt. Die Anzeige richtet sich auch gegen den ehemaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und den ehemaligen Senatsbaudirektor Hans Stimmann (SPD).
Hintergrund ist, so geht aus der Klageschrift hervor, eine offenbar bevorstehende außergerichtliche Einigung zwischen dem Land Berlin und der Stiftung Berlinisches Gymnasium zum Grauen Kloster. In der Klageschrift berufen sich Gennburg und Oswalt auf einen Bericht des Tagesspiegels, wonach das Land Berlin beabsichtige, „der Stiftung eine Million Euro zu zahlen sowie bestimmte Grundstücksflächen der Liegenschaft Klosterstraße 73, 73a und 74 zu übertragen“. Die Stiftung setzt sich dafür ein, am historischen Standort wieder ein Gymnasium in humanistischer Tradition zu errichten.
Die Grundstücke im Klosterviertel gehören seit Jahrhunderten dem Land Berlin, auf dem Gelände bildete von 1574 bis zur Zerstörung 1945 das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster talentierten Nachwuchs für die Stadt aus. In der ältesten und bedeutendsten Schule Berlins lernten unter anderem Karl Friedrich Schinkel, Otto von Bismarck und Lothar de Maizière. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs arbeitete das Gymnasium unter seinem alten Namen zunächst an neuer Adresse weiter – bis der Name 1958 der DDR-Geschichtssäuberung zum Opfer fiel.
Er wurde aufgegriffen in West-Berlin, wo 1963 das Evangelische Gymnasium die Tradition aus Berlin-Mitte übernahm. In Wilmersdorf nimmt das Evangelische Gymnasium zum Grauen Kloster diese Geschichtslinie ernst.
Der Förderverein Evangelisches Gymnasium zum Grauen Kloster – Berlinisches Gymnasium in Berlin-Mitte e.V. strebt gemeinsam mit der Stiftung eine Wiederbelebung des historischen Standorts in der Stadtmitte an. Dieses Ziel im Blick forderte die Stiftung 1999 die Herausgabe der Grundstücke in der alten Mitte Berlins. Das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen lehnte ab.
Ende des 16. Jahrhunderts hatte Kurfürst Johann Georg von Brandenburg Grundstück und Gebäude des im Zuge der Reformation aufgelösten Franziskanerklosters der Stadt Berlin geschenkt. Dieses öffentliche Eigentum bestand fort, Nationalsozialisten wie auch die DDR ließen die Verhältnisse unangetastet. Niemand wurde enteignet. In der Pressemitteilung der Kläger Oswalt und Gennburg heißt es dazu: „Hier gibt es nichts zu restituieren oder wiedergutzumachen.“ Der Anspruch der Stiftung Berlinisches Gymnasium zum Grauen Kloster, Rechtsnachfolgerin des städtischen Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin-Mitte zu sein, wird von den beiden Klägern bestritten.
Der lange Klageweg
Die Stiftung hatte dem 1999 ergangenen Bescheid widersprochen und im selben Jahr auf dem Verwaltungsweg gegen das Land Berlin geklagt. Das Verfahren blieb in der Schwebe. 2019 reichte die Stiftung schließlich eine druckvollere Klage im Zivilrechtsweg ein, mit dem Ziel einer „Grundbuchberichtigung“.
Das Landgericht Berlin hat den Gerichtstermin bereits mehrfach verschoben. Parallel verhandelten das Land und die Stiftung über eine außergerichtliche Einigung. Im vergangenen Jahr belief sich die Forderung der Stiftung auf eine Zahlung von elf Millionen Euro verbunden mit dem Verzicht auf das Grundstückseigentum.
In der jetzt von Oswalt und Gennburg eingereichten Klageschrift werden auch gegen Dr. Georg Dybe Vorwürfe erhoben. Der Vertreter der Stiftung Berlinisches Gymnasium zum Grauen Kloster, die von dem in Aussicht stehenden Vergleich begünstigt würde, wird indirekt der Kungelei bezichtigt. Dabei geht es vor allem um seine Tätigkeit als Sozialdemokrat in der Lokalpolitik in Wilmersdorf sowie als Referatsleiter in der Staatskanzlei Brandenburgs. Zugleich sei er Vorsitzender des Vereins ehemaliger Klosteraner.
Auf Anfrage schreibt Dr. Georg Dybe: „Die in der Strafanzeige gegen die Stiftung Berlinisches Gymnasium zum Grauen Kloster sowie gegen meine Person erhobenen Vorwürfe entbehren jeder Grundlage.“
Ein Sprecher der Senatsverwaltung für Finanzen wies auf Anfrage darauf hin, dass der Finanzverwaltung die Strafanzeige noch nicht vorliege. Die erhobenen Vorwürfe kenne man bislang nur aus den Medien, weshalb eine inhaltliche Stellungnahme dazu nicht möglich sei.
Das Land Berlin strebe Rechtssicherheit an, das Vergleichsverfahren diene dem primären Ziel, einen Rechtsstreit zu beenden: „Das Land Berlin möchte lösungsorientiert Klarheit in dieser Vermögensfrage schaffen.“ Priorität habe bei dem Interessensausgleich „ein zweckmäßiges und wirtschaftliches Ergebnis“. Dies wäre „nicht nur im Interesse aller beteiligten Akteure, sondern auch im Sinne der Landeshaushaltsordnung (§58)“.