• 11. November
    https://de.wikipedia.org/wiki/11._November

    Hans Falladas Ein Mann will nach oben beginnt mit der Beerdigung des Vaters der Hauptfigur ein paar Tage nach seinem Tod am 9.11.1909. Mit diesem Datum beginnt die Handlung. Der Vater ist tot und der sechzehnjärige Karl Siebrecht ist vollkommen auf sich allein gestelt.

    In deutschen und schweizerischen Karnevals-, Fastnachts- und Faschingshochburgen wird der 11. November als Elfter im Elften um 11:11 Uhr als Beginn der Karnevalssession oder Fastnachtskampagne gefeiert.

    In Großbritannien und in den Ländern des Commonwealth wird dieser Tag als Remembrance Day bedacht (auch „Poppy Day“ oder „Armistice Day“ genannt). Es ist ein Erinnerungstag für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges. Am 11. November (zur elften Stunde des elften Tages des elften Monats) 1918 endeten die Kriegshandlungen mit der Unterzeichnung der Waffenstillstandserklärung. Der Erste Weltkrieg fand seinen Abschluss mit der Unterzeichnung der Pariser Vorortverträge.

    Historische Jahrestage
    Oktober · November · Dezember
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    Am 11. November wird Sankt Martin mit regional verschiedenen Martinsbräuchen gefeiert (Martinstag). In ganz Deutschland und Österreich feiern die Kinder mit Martinsumzügen, bei denen sie singend mit Laternen durch die Straßen ziehen.

    Ein Mann will nach oben von Hans Fallada
    https://gutenberg.spiegel.de/buch/ein-mann-will-nach-oben-10061/3

    Fast hilfeflehend richtete er den Blick auf den Grabstein von rötlichem Syenit, der senkrecht zu Häupten des Grabes stand. »Klara Siebrecht, geboren am 16. Oktober 1867, gestorben am 21. Juli 1893« war darauf zu lesen. Von diesem Stein konnte keine Hilfe kommen. Die goldene Schrift war vom Alter schwärzlich angelaufen, das Sterbedatum der Mutter war zugleich sein Geburtstag; er hatte die Mutter nie gekannt. Und nun würde bald auch der Name des Vaters auf diesem Stein zu lesen sein mit dem Todestag: 11. November 1909.

    #Fallada_nach_oben #Literatur

  • Jeder stirbt für sich allein von Hans Fallada - Erster Teil. Die Quangels
    https://gutenberg.spiegel.de/buch/jeder-stirbt-fur-sich-allein-10057/3

    1. Die Post bringt eine schlimme Nachricht

    Die Briefträgerin Eva Kluge steigt langsam die Stufen im Treppenhaus Jablonskistraße 55 hoch. Sie ist nicht nur deshalb so langsam, weil ihr Bestellgang sie ermüdet hat, auch weil einer jener Briefe in ihrer Tasche steckt, die abzugeben sie haßt, und jetzt gleich, zwei Treppen höher, muß sie ihn bei Quangels abgeben.
    ...
    Sie klingelt bei Persickes, sagt »Heil Hitler!« und gibt dem alten Saufkopp seinen Schulungsbrief. Er hat auf dem Rockaufschlag das Partei- und das Hoheitszeichen sitzen und fragt: »Wat jibt’s denn Neues?«

    Sie antwortet: »Haben Sie denn die Sondermeldung nicht gehört? Frankreich hat kapituliert.«
    ...
    Während Herr Persicke, von seiner Familie umstanden, sich in immer aufgeregteren Ausführungen ergeht und die ersten Schnäpse schon hinter die Binde zu gießen beginnt, ist die Briefträgerin in die Etage darüber hinaufgestiegen und hat bei den Quangels geklingelt. Sie hält den Brief schon in der Hand, ist bereit, sofort weiterzulaufen. Aber sie hat Glück, nicht die Frau, die meist ein paar freundliche Worte mit ihr wechselt, sondern der Mann mit dem scharfen, vogelähnlichen Gesicht, dem dünnlippigen Mund und den kalten Augen öffnet ihr. Er nimmt wortlos den Brief aus ihrer Hand und zieht ihr die Tür vor der Nase zu, als sei sie eine Diebin, vor der man sich vorzusehen hat.

    Eva Kluge zuckt nur die Achseln und geht wieder die Treppen hinunter. Manche Menschen sind eben so; solange sie die Post in der Jablonskistraße austrägt, hat der Mann noch nie ein einziges Wort zu ihr gesagt. Nun, laß ihn, sie kann ihn nicht ändern, hat sie doch nicht einmal den eigenen Mann ändern können, der mit Kneipensitzen und mit Rennwetten sein Geld vertut, und der zu Haus nur dann auftaucht, wenn er ganz abgebrannt ist.
    ...
    Damit ist sie in das nächste Haus gekommen und setzt dort ihren Bestellgang fort.

    Der Werkmeister Otto Quangel ist unterdes mit dem Feldpostbrief in die Stube gekommen und hat ihn auf die Nähmaschine gelegt. »Da!« sagt er nur. Er läßt seiner Frau stets das Vorrecht, diese Briefe zu öffnen, weiß er doch, wie sehr sie an ihrem einzigen Sohne Otto hängt. Nun steht er ihr gegenüber; er hat die dünne Unterlippe zwischen die Zähne gezogen und wartet auf das freudige Erglänzen ihres Gesichtes. Er liebt in seiner wortkargen, stillen, ganz unzärtlichen Art diese Frau sehr.

    Sie hat den Brief aufgerissen, einen Augenblick leuchtete ihr Gesicht wirklich; dann erlosch das, als sie die Schreibmaschinenschrift sah. Ihre Miene wurde ängstlich, sie las langsamer und langsamer, als scheute sie sich vor jedem kommenden Wort. Der Mann hat sich vorgebeugt und die Hände aus den Taschen genommen. Die Zähne sitzen jetzt fest auf der Unterlippe, er ahnt Unheil. Es ist ganz still in der Stube. Nun fängt der Atem der Frau an, keuchend zu werden.

    Plötzlich stößt sie einen leisen Schrei aus, einen Laut, wie ihn ihr Mann noch nie gehört hat. Ihr Kopf fällt vornüber, schlägt erst gegen die Garnrollen auf der Maschine und sinkt zwischen die Falten der Näharbeit, den verhängnisvollen Brief verdeckend.

    Quangel ist mit zwei Schritten hinter ihr. Mit einer bei ihm ganz ungewohnten Hast legt er seine große, verarbeitete Hand auf ihren Rücken. Er fühlt, daß seine Frau am ganzen Leibe zittert. »Anna!« sagt er. »Anna, bitte!« Er wartet einen Augenblick, dann wagt er es: »Ist was mit Otto? Verwundet, wie? Schwer?«

    Das Zittern geht fort durch den Leib der Frau, aber kein Laut kommt von ihren Lippen. Sie macht keine Anstalten, den Kopf zu heben und ihn anzusehen.

    Er blickt auf ihren Scheitel hinunter, er ist so dünn geworden in den Jahren, seit sie verheiratet sind. Nun sind sie alte Leute; wenn Otto wirklich was zugestoßen ist, wird sie niemanden haben und bekommen, den sie liebhaben kann, nur ihn, und er fühlt immer, an ihm ist nicht viel zum Liebhaben. Er kann ihr nie und mit keinem Wort sagen, wie sehr er an ihr hängt. Selbst jetzt kann er sie nicht streicheln, ein bißchen zärtlich zu ihr sein, sie trösten. Er legt nur seine schwere Hand auf ihren dünnen Scheitel, er zwingt sanft ihren Kopf hoch, seinem Gesicht entgegen, er sagt halblaut: »Was die uns schreiben, wirst du mir doch sagen, Anna?«

    Aber obwohl jetzt ihre Augen ganz nahe den seinen sind, sieht sie ihn nicht an, sondern hält sie fest geschlossen. Ihr Gesicht ist gelblichblaß, ihre sonst frischen Farben sind geschwunden. Auch das Fleisch über den Knochen scheint fast aufgezehrt, es ist, als sähe er einen Totenkopf an. Nur die Wangen und der Mund zittern, wie der ganze Körper zittert, von einem geheimnisvollen inneren Beben erfaßt.

    Wie Quangel in dies vertraute, jetzt so fremde Gesicht schaut, wie er sein Herz stark und stärker schlagen fühlt, wie er seine völlige Unfähigkeit spürt, ihr ein bißchen Trost zu spenden, packt ihn eine tiefe Angst. Eigentlich eine lächerliche Angst diesem tiefen Schmerz seiner Frau gegenüber, nämlich die Angst, sie könne zu schreien anfangen, noch viel lauter und wilder, als sie eben schrie. Er ist immer für Stille gewesen, niemand sollte etwas von Quangels im Haus merken. Und gar Gefühle laut werden lassen: nein! Aber auch in dieser Angst kann der Mann nicht mehr sagen, als er vorhin schon gesagt hat: »Was haben sie denn geschrieben? Sag doch, Anna!«

    Wohl liegt der Brief jetzt offen da, aber er wagt nicht, nach ihm zu fassen. Er müßte dabei den Kopf der Frau loslassen, und er weiß, dieser Kopf, dessen Stirne schon jetzt zwei blutige Flecke aufweist, fiele dann wieder gegen die Maschine.

    Er überwindet sich, noch einmal fragt er: »Was ist denn mit Ottochen?«

    Es ist, als habe dieser vom Manne fast nie benutzte Kosename die Frau aus der Welt ihres Schmerzes in dieses Leben zurückgerufen. Sie schluckt ein paarmal, sie öffnet sogar die Augen, die sonst sehr blau sind und jetzt wie ausgeblaßt aussehen. »Mit Ottochen?« flüstert sie fast. »Was soll denn mit ihm sein? Nichts ist mit ihm, es gibt kein Ottochen mehr, das ist es!«

    Der Mann sagt nur ein »Oh!«, ein tiefes »Oh!« aus dem Innersten seines Herzens heraus. Ohne es zu wissen, hat er den Kopf seiner Frau losgelassen und greift nach dem Brief. Seine Augen starren auf die Zeilen, ohne sie noch lesen zu können.

    Da reißt ihm die Frau den Brief aus der Hand. Ihre Stimmung ist umgeschlagen, zornig reißt sie das Briefblatt in Fetzen, in Fetzchen, in Schnitzelchen, und dabei spricht sie ihm überstürzt ins Gesicht: »Was willst du den Dreck auch noch lesen, diese gemeinen Lügen, die sie allen schreiben? Daß er den Heldentod gestorben ist für seinen Führer und für sein Volk? Daß er ein Muster von ’nem Soldaten und Kameraden abgab? Das willst du dir von denen erzählen lassen, wo wir doch beide wissen, daß Ottochen am liebsten an seinen Radios rumgebastelt hat, und weinen tat er, als er zu den Soldaten mußte! Wie oft hat er mir in seiner Rekrutenzeit gesagt, daß er lieber seine ganze rechte Hand hergäbe, bloß um von denen loszukommen! Und jetzt ein Muster von Soldat und Heldentod! Lügen, alles Lügen! Aber das habt ihr angerichtet mit eurem elenden Krieg, du und dein Führer!«

    Jetzt steht sie vor ihm, die Frau, kleiner als er, aber ihre Augen sprühen Blitze vor Zorn.

    »Ich und mein Führer?« murmelt er, ganz überwältigt von diesem Angriff. »Wieso ist er denn plötzlich mein Führer? Ich bin doch gar nicht in der Partei, bloß in der Arbeitsfront, und da müssen alle rein. Und gewählt haben wir ihn ein einziges Mal, alle beide.«

    Er sagt das in seiner umständlichen, langsamen Art, nicht so sehr, um sich zu verteidigen, als um die Tatsachen klarzustellen. Er versteht noch nicht, wie die Frau plötzlich zu diesem Angriff gegen ihn kommt. Sie waren doch immer eines Sinnes gewesen ...

    Aber sie sagt hitzig: »Wozu bist du denn der Mann im Haus und bestimmst alles, und alles muß nach deinem Kopf gehen, und wenn ich nur einen Verschlag für die Winterkartoffeln im Keller haben will: er muß sein, wie du willst, nicht wie ich will. Und in einer so wichtigen Sache hast du falsch bestimmt! Aber du bist ein Leisetreter, nur deine Ruhe willst du haben und bloß nicht auffallen. Du hast getan, was sie alle taten, und wenn sie geschrien haben: ›Führer befiehl, wir folgen!‹, so bist du wie ein Hammel hinterhergerannt. Und wir haben wieder hinter dir herlaufen müssen! Aber nun ist mein Ottochen tot, und kein Führer der Welt und auch du nicht bringen ihn mir wieder!«

    Er hörte sich das alles ohne ein Widerwort an. Er war nie der Mann gewesen, sich zu streiten, und er fühlte es zucken, daß nur der Schmerz aus ihr sprach. Er war beinahe froh darüber, daß sie ihm zürnte, daß sie ihrer Trauer noch keinen freien Lauf ließ. Er sagte nur zur Antwort auf diese Anklagen: »Einer wird’s der Trudel sagen müssen.«

    Die Trudel war Ottochens Mädchen gewesen, fast schon seine Verlobte; zu seinen Eltern hatte die Trudel Muttchen und Vater gesagt. Sie kam abends oft zu ihnen, auch jetzt, da Ottochen fort war, und schwatzte mit ihnen. Am Tage arbeitete sie in einer Uniformfabrik.

    Die Erwähnung der Trudel brachte Anna Quangel sofort auf andere Gedanken. Sie warf einen Blick auf den blitzenden Regulator an der Wand und fragte: »Wirst du’s noch bis zu deiner Schicht schaffen?«

    »Ich habe heute die Schicht von eins bis elf«, antwortete er. »Ich werd’s schaffen.«

    »Gut«, sagte sie. »Dann geh, aber bestell sie nur hierher und sag ihr noch nichts von Ottochen. Ich will’s ihr selber sagen. Dein Essen ist um zwölfe fertig.«

    »Dann geh ich und sag ihr, sie soll heute abend vorbeikommen«, sagte er, ging aber noch nicht, sondern sah ihr ins gelblichweiße, kranke Gesicht. Sie sah ihn wieder an, und eine Weile betrachteten sie sich so schweigend, die beiden Menschen, die an die dreißig Jahre miteinander verbracht hatten, immer einträchtig, er schweigsam und still, sie ein bißchen Leben in die Wohnung bringend.

    Aber so sehr sie sich jetzt auch anschauten, sie hatten einander kein Wort zu sagen. So nickte er und ging.

    Way: ‪Jablonskistraße‬ (‪4615029‬) | OpenStreetMap
    https://www.openstreetmap.org/way/4615029

    #Berlin #Prenzlauer_Berg #Jablonskistraße #Literatur #Nazis

  • Mississippians Can Code, Too
    https://hackernoon.com/mississippians-can-code-too-e6b6e0e82831?source=rss----3a8144eabfe3---4

    When I was kid, I bought a learning kit from the book fair that taught me about electricity. It showed me how to wire an LED light and make a buzzer. I tried to set a trap to alarm me when somebody came to my room. Around the same time in life, I had a teacher who said I was lousy at math. I’ve avoided anything math or science-related as much as possible ever since.Two things happened this week related to that math aversion. I started an intensive 10-week course to learn software development, with the end goal of finding an entry level job as a software developer. And towards the end of the week, another learning kit arrived in the mail to teach me about circuits and solar electricity.I had a difficult time deciding whether or not to attend the coding class. But my first week of class (...)

    #software-development #learn-to-code #literature #web-development #books

  • Algoliterary Podcasts
    http://constantvzw.org/site/Algoliterary-Podcasts.html

    As a contribution to ’Data Workers’, the #Algolit exhibition that will open on 28 March in Mundaneum in Mons, we will create a series of short podcasts with stories related to algorithms, text and artistic creation. The series will be recorded in collaboration with Radio Panik, broadcasted on their radio and through the EU-network of Radia. Algolit is a workgroup around FLOSS #Literature and code, they organise regular meetings following the Oulipo principle. There is no need for programming (...)

    Algolit

    / #Audio, #Netnative_literature, Literature

  • „The Modern Challenge to Tradition“: Der Terror des Notwendigen (ht...
    https://diasp.eu/p/8279217

    „The Modern Challenge to Tradition“: Der Terror des Notwendigen

    Was ist Totalitarismus? Was ist Tyrannei? Hannah Arendts erstmals veröffentlichte Studien zu Karl Marx haben eine gespenstische Aktualität.

    #literatur #notwendigen #moder #the #terror #tradition #challenge #tyrannei #hannah #arendt #studien #karl #marx #news #bot #rss

  • Linear Regression as a Storyteller
    http://constantvzw.org/site/Linear-Regression-as-a-Storyteller,3090.html

    Linear Regression is one of the most well known and well understood algorithms in statistics and machine learning. It has been around for almost 200 years. It is an attractive model because the representation is so simple. Based on the documentation of the previous #Algolit session, we will use this technique as a recipe for potential literary creation - that can be physical, computational or analogical. Algolit is a workgroup around FLOSS #Literature and code, they organise regular (...)

    Algolit

    / #Workshop, #Netnative_literature, Literature, #Algorithm

  • Fußpflege in Marzahn: „Von sona schönen Frau lass ick ma jerne quälen“ | ZEIT ONLINE
    https://www.zeit.de/kultur/literatur/2018-10/fusspflege-marzahn-altenpflege-rentner-lebensgeschichte-nagelstudio

    Openstreetmap: Skywalk Marzahner Promenade
    https://www.openstreetmap.org/node/3763316278

    In der Berliner Plattenbausiedlung Marzahn gibt es eine Attraktion, die jährlich um die 1.500 Besucher anzieht: den Skywalk, eine Spezialkonstruktion aus Metall.

    Man fährt mit dem Fahrstuhl vom Erdgeschoss bis in die oberste, die 21., Etage des Doppelhochhauses in der Raoul-Wallenberg-Straße 40/42, steigt Stufen hinauf, verlässt den gewaltigen Turm, um über weitere nun frei schwebende Gitterstufen windige Höhen zu erklimmen und an den eigenen Füßen vorbei in die Tiefe zu schauen. Schwindelfreiheit ist von Vorteil. Ganz oben auf dem Dach angekommen, erreicht man eine Aussichtsplattform. Aus 70 Metern Höhe hat man einen grandiosen Blick über die Marzahner Promenade, über von Baumkronen durchschäumte Hochhausketten, über die ganze Stadt bis zum Fernsehturm, bis zum Müggelsee, bis zum Flughafen Schönefeld. Unter dem Himmel rasen die Wolken, erstrecken sich die Brandenburger Weiten. Ich war schon einmal dort oben auf dem Skywalk, in der Raoul-Wallenberg-Straße 40/42, und ließ mir den Wind um die Nase wehen.
    In jenem Hochhaus, auf dessen Dach man über den Skywalk spazieren kann, wohnt Fritz.

    Als Fritz unser Studio zum ersten Mal betrat, war er 65 Jahre alt und seit Kurzem Rentner. Ich war 45 Jahre alt und hatte vor einigen Monaten begonnen, als Fußpflegerin zu arbeiten. Fritz kam, weil seine Frau ihn geschickt hatte. Er trug Jeans und Turnschuhe, sah jünger aus, keinesfalls wie ein Rentner. Er war schüchtern und er war charmant, er roch gut und er entschuldigte sich ausdrücklich und ernsthaft für seine Füße. Fritz dachte, sie seien eine Zumutung. Er rechnete damit, ihretwegen umgehend wieder nach Hause geschickt zu werden. Ich verliebte mich sofort in sie.

    Fritz’ Füße sind ebenmäßig geformt, von beinahe antiker Schönheit: die Fesseln stabil, die Fersen rund und fest, die Längsgewölbe klassisch geschwungen. Unter der Haut, die auch im Winter leicht gebräunt bleibt, fächern die Sehnen des Mittelfußes über den breiten Vorfuß hinein in muskulöse Zehen. Füße, auf denen einer sicheren Tritt hat. Füße, in denen eine Kraft schlummert. Intakte, ansehnliche Füße.
    Aber die Nägel waren verdickt, manche dunkelgelb wie gequollene Linsen, andere von spröde geschichtetem Weiß, ausgefranst vor Trockenheit. Holznägel, sogar Turmnägel werden sie genannt, hatte ich in der Ausbildung gelernt. Mit den Zehennägeln wurde Fritz, obwohl er sie mühelos erreichte, schon lange nicht mehr fertig; die heimischen Werkzeuge versagten den Dienst.
    Fritz hatte sich die verdickten, porösen Zehennägel in schweren, klobigen Arbeitsschuhen mit Stahlkappen erworben. Er war gelernter Facharbeiter für Plaste und Elaste. Zu DDR-Zeiten hatte er in Lichtenberg gearbeitet, in einem Betrieb, der Angelsehnen, Blumenkästen, Eierbecher produzierte. Nach der Wende, als Fritz schwante, dass sein Betrieb womöglich bald schließen würde, spazierte er durch West-Berlin, entdeckte eine Firma für Granulat-Herstellung, bewarb sich, wurde genommen. Dort, in Reinickendorf, verbrachte Fritz die zweite Hälfte seines Arbeitslebens, in Arbeitsschuhen und Schutzanzug, mit Gehör- und Gesichtsschutz. In der Werkhalle standen die Kessel; durch riesige Schläuche und Rohre wurden die Zusätze für das Granulat geleitet, auf 130 Grad Celsius erhitzt und vermischt. Es war heiß, es war laut, brachiale Herstellungsprozesse, brüllende Arbeiter. Passierte ein winziger Fehler, verschmolz das Granulat in Sekunden und härtete zu einer steinstarren Masse aus. Plastik eben, haltbar für die Ewigkeit. Eine Acht-Stunden-Schicht reichte nicht aus, um die erkaltete Masse mit dem Presslufthammer zu zerstören und vom Boden des Kessels zu entfernen.

    Zu Beginn war ich vorsichtig mit den Nägeln, mir fehlte die Erfahrung. Je besser ich Fritz und seine Füße kennenlernte, umso mutiger wurde ich. Ich setzte den nächstgröberen Fräserkopf ins Handstück ein, wählte eine höhere Umdrehungszahl. Ich schnitt und schliff und feilte, ein kleiner Ehrgeiz packte mich. Fritz war nicht zimperlich. Geduldig ließ er mich werkeln und wir alberten herum, während ich die Turmnägel flacher fräste. Immer gab er mir zum Abschied ein großzügiges Trinkgeld und manchmal einen verstohlenen Handkuss. Fritz’ Füße gewannen im Verlauf vieler Sitzungen ihre ganze Schönheit zurück. Ich bezeichnete sie insgeheim als mein Gesellenstück.

    Fritz’ Eltern waren Zirkusartisten
    Einmal brachte Fritz von zu Hause einen vergilbten Zeitungsausschnitt von 1973 mit. Das körnige Schwarz-Weiß-Foto zeigte einen muskelbepackten Mann mit festem Stand, die Arme seitlich ausgestreckt, den Kopf in den gewaltigen Nacken gelegt. Auf der Stirn des Mannes steht eine lange Stange, die er freihändig balanciert. Hoch oben, am Ende der Stange, verbiegt sich eine zierliche, überaus gelenkige Frau in einem hauchdünnen Glitzerkostüm in den Spagat. Der Stiernackige und die Grazile – das waren Fritz’ Eltern. Fritz entstammt einer Artistenfamilie. Der Vater war zeitlebens mit einem Wanderzirkus umhergezogen, hatte täglich trainiert und an seiner Stirnperch-Nummer gefeilt. Die Stirnperch, jene Stange mit der Aufsatzfläche für die Stirn, ließ der Vater extra anfertigen, eine Spezialkonstruktion aus Metall. Die Frau, die sich am oberen Ende der Stange verbog, wechselte Fritz’ Vater mehrmals im Leben aus: Fritz’ Mutter wurde irgendwann von einer zweiten Frau ersetzt, später führte der Vater die Stirnperch-Nummer mit der eigenen Tochter auf, Fritz’ Schwester. Der Vater stand in der Manege, bis er weit über 70 war, ein vor Gesundheit strotzender Kerl, der im stolzen Alter von 90 Jahren starb. Fritz wuchs wegen des Tingeltangels der Eltern hauptsächlich bei seiner Oma auf. Die Oma schlug ihm dann auch vor, einen ordentlichen Beruf zu erlernen.

    Ich stellte mir vor, wie Fritz als Kind hinter dem Vorhang der Zirkusmanege steht und seinen Eltern zusieht. Dem Vater, dessen in höchster Anspannung gestraffter Körper die Stange balanciert und dessen Blick stramm und ausschließlich auf die Frau in der Luft gerichtet bleibt. Der Mutter, die in schwindelerregenden Höhen und größter Konzentration ihren Körper verbiegt, eine Augenweide, graziös und unerreichbar. 
    Fritz erzählte während unserer Fußpflegesitzungen vom Wanderzirkus der Eltern, von seiner Kindheit bei der Oma, von der Schichtarbeit im Chemiebetrieb. Wenn ich das Hornhautpaddel ansetzte, grinste er und riss sich zusammen. Fritz ist an bestimmten Stellen, die wahrscheinlich nur ich kenne, kitzlig. Ich schrubbte die Fersen glatt, grinste zurück und fragte Fritz, ob ich aufhören solle. „Von sona schönen Frau lass ick ma jerne quälen“, sagte Fritz leise. Für die Fußmassage nahm ich mir Zeit. Ich schloss die Tür, dimmte das Licht und ausnahmsweise zog ich die Latexhandschuhe aus. Ich berührte die schönen Füße, spürte die warme Haut, senkte den Blick. Meine Hände sannen den antiken Formen nach. Ich zögerte alles hinaus, jeden Griffwechsel, massierte langsam, mit Hingabe. Ich empfand Fritz’ Blick auf mir und hörte mich atmen. Mit Fritz kann man schweigen, aktiv und zweideutig schweigen.

    Schweren Herzens trennte ich mich von den Füßen. Dann hob ich den Blick, sah Fritz ins verschmitzte, gelöste Gesicht mit den träumenden Augen. „Ach“, sagte Fritz. „Wenn ick 20 Jahre jünger wäre.“ Ich lächelte, sagte nichts, dachte aber etwas.
    Fritz ist nicht in die Fußstapfen seines Vaters getreten. Keine Stirnperch, keine Stangenakrobatik. Fritz hat einen ordentlichen Beruf gelernt. Er hat eine Frau, Kinder und Enkelkinder, er hat ein Wochenendgrundstück und einen Hund. Mit dem Hund dreht er täglich mehrstündige Gassirunden. Fritz ist fit. Vielleicht hat er die stabile Gesundheit vom Vater geerbt. Vielleicht hat er auch die schönen Füße mit dem sicheren Tritt vom Vater geerbt. Neulich, als Fritz’ Sohn heiratete, war Fritz erstaunt, dass er sich keinen neuen Anzug kaufen musste, weil jener Anzug, der seit 20 Jahren ungetragen im Kleiderschrank hing, ihm noch immer wie angegossen passte. Ich hätte Fritz gern in diesem Anzug gesehen, am liebsten barfuß.

    Das Wochenendgrundstück, die Familienfeiern, die Enkel, der Hund – das alles lastet Fritz nicht aus. Er kommt auch deshalb gern zu mir. Der Fußpflegetermin ist der Höhepunkt des Tages. Seit Fritz nicht mehr arbeitet, ist sein größter Feind die Langeweile.

    Um sie zu vertreiben, rennt er einmal täglich im Treppenhaus der Raoul-Wallenberg-Straße 40/42 die Stufen hoch, Hunderte Stufen, vom Erdgeschoss bis in die 15. Etage, wo er wohnt. Und obwohl Fritz Tag für Tag in seinem eigenen Haus die Treppen hinaufrennt, war er noch kein einziges Mal ganz oben, in der 21. Etage. Für Fritz ähnelt der Skywalk der Stirnperch. Fritz hat auf dem Dach, was sein Vater auf der Stirn hatte – eine extra angefertigte Spezialkonstruktion aus Metall.

    #Berlin #Marzahn #Marzahn-Hellersdorf #Raoul-Wallenberg-Straße #Sehenswürdigkeiten #Literatur

  • Daarom lees ik
    http://constantvzw.org/site/Daarom-lees-ik.html

    Algolit members Gijs de Heij and An Mertens will organise a #Workshop on Algorithmic Storytellers in the framework of the studyday ’Daarom lees ik’ (’Why I read’) organised by UGent. In the morning there will be a lecture and panel discussion about classical and digital fiction with i-literature pioneer Nick Montfort (MIT), and the researchers of UGent Culture & Education, Geert Vandermeersche and Kris Rutten. In the afternoon, a series of workshops explore the futures of reading. You can (...)

    #Algolit

    / Workshop, #Literature, #Algorithm

  • Linear Regression
    http://constantvzw.org/site/Linear-Regression.html

    Linear Regression is one of the most well known and well understood algorithms in statistics and machine learning. It has been around for almost 200 years. It is an attractive model because the representation is so simple. During this session we first look at its history, its application in correlating events, as well as how this classifier can be used in Python. Next, we will use this technique as a recipe for potential literary creation - that can be physical, computational or (...)

    #Algolit

    / #Workshop, #Netnative_literature, #Literature, #Algorithm

  • Machine Learning tools for Literary Creation
    http://constantvzw.org/site/Machine-Learning-tools-for-Literary-Creation.html

    Gijs de Heij and An Mertens, two members of the #Algolit team organise a #Workshop in Mundaneum in Mons from 8 to 12 October 2018 (10-18h), in collaboration with the teachers of Digital Arts ARTS². The workshop is aimed to students of ARTS2, Numediart and other schools, but can be joined by anyone who has an interest in the topic. We will look at the use of statistical machine learning models and archival materials for literary writing. The artists will propose existing tools and practices and (...)

    Algolit

    / Workshop, #Netnative_literature, #Literature, #Algorithm

  • Naive Bayes as storyteller
    http://constantvzw.org/site/Naive-Bayes-as-storyteller.html

    In machine learning Naive Bayes is a simple probabilistic classifier that is widely applied for spam filtering and sentiment analysis. Based on the documentation of the previous session, we now use this technique as a recipe for potential literary creation - that can be physical, computational or analogical. #Algolit is a workgroup around FLOSS #Literature and code, they organise regular meetings following the Oulipo principle. There is no need for programming knowledge, but if you have it, (...)

    Algolit

    / #Workshop, #Netnative_literature, Literature, #Algorithm

  • #Algolit@Mundaneum/Arts²
    http://constantvzw.org/site/Algolit-Mundaneum-Arts%C2%B2.html

    During this information session we explain methods and contents for the workshop that will happen in Mundaneum in Mons from 8 to 12 October 2018 (10-18h), organised by the teachers of Digital Arts ARTS² and artists from Algolit, Constant’s research group on free code and text. The workshop is aimed to students of ARTS2, Numediart and other schools, but can be joined by anyone who has an interest in the topic. We will look at the use of statistical machine learning models and archival (...)

    Algolit

    / #Presentation, #Literature, #Algorithm

  • Buchladen des Berliner Büchertisches in der Gneisenaustraße | Berliner Büchertisch
    https://buechertisch.org/buecher-kaufen-buchladen-onlineshop/antiquariat-buchladen/buchladen-antiquariat-gneisenaustrasse-7a


    Superbillig sind die Gebrauctbücher hier nicht. Aber es ibt Rabatt für Arme.

    Gneisenaustraße 7a
    10961 Berlin
    Tel: 030 / 37 44 39 33

    Öffnungszeiten:
    Mo-Sa 11-19 Uhr

    #Berlin #Kreuzberg #Gneisenaustraße #Wirtschaft #Literatur #Buchhandel

  • Naïve Bayes
    http://constantvzw.org/site/Naive-Bayes.html

    In machine learning Naive Bayes is a simple probabilistic classifier that is widely applied for spam filtering and sentiment analysis. During this session we first look at its history, its application in daily life decisions, as well as how this classifier can be used in Python. Next, we will use this technique as a recipe for potential literary creation - that can be physical, computational or analogical. #Algolit is a workgroup around FLOSS #Literature and code, they organise regular (...)

    Algolit

    / #Workshop, #Netnative_literature, Literature, #Algorithm

  • Ostbahnhof in Berlin: Erst Ostbahnhof, dann Hauptbahnhof, jetzt wieder Ostbahnhof | Berliner Zeitung
    https://www.berliner-zeitung.de/berlin/tor-zum-osten-erst-frankfurter-bahnhof--dann-hauptbahnhof--jetzt-os

    Hans Fallada beschreibt das Viertel in seinem Roman „Wolf unter Wölfen“ so: Zu der „Trostlosigkeit der Fassaden, den üblen Gerüchen, der öden, dürren Steinwüste kam eine wilde, verzweifelte Schamlosigkeit, Geilheit aus der Gier, einmal selbst etwas zu sein in einer Welt, die in sausender, irrer Fahrt jeden mitriß, unbekannten Dunkelheiten zu“.

    In diesem Milieu wohnen Menschen, die weit über Berlin bekannt werden sollten: In der Kleinen Andreasstraße lebt Heinrich Zille als Kind; in der Blumenstraße verbringt Alfred Döblin seine Jugend; in der Langen Straße 22 hinter dem Bahnhof haust der Schuster Wilhelm Voigt , der „Hauptmann von Köpenick“, und in der Lange Straße 88 Carl Großmann , der Serienmörder, der vor dem Bahnhof Wurst verkauft und im Wartesaal seine Opfer anspricht.

    #Berlin #Friedrichshain #Lange_Straße #An_der_Ostbahn #Bahn #Verkehr #Geschichte #Literatur

  • #Literatur von Gerald #Hüther: Was ist #Würde
    https://diasp.eu/p/6982806

    #Literatur von Gerald #Hüther: Was ist #Würde

    Erscheinungsdatum:Feb 2018 https://nuoviso.tv/neuehorizonte/was-ist-wuerde-gerald-huether

    Götz Wittneben im Gespräch mit dem #Hirnforscher und Autor Dr. Gerald Hüther. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ - so steht es im deutschen #Grundgesetz Artikel 1. Aber was ist eigentlich „Würde“? Es war unter anderem eine Begegnung mit einem CEO eines Großunternehmens, mit dem Gerald Hüther bei einer Veranstaltung auf dem Podium saß, die ihn dieser Frage intensiv hat nachgehen lassen. Er fragte damals diesen #CEO, wie er entscheiden würde, wenn er für sein Unternehmen einen großen Profit einfahren könnte, aber dabei seine eigene #Würde verletzte? Der CEO schwieg und das Publikum hielt den Atem an, um nach einer Weile des Schweigens in einen starken Beifall (...)

  • Roman | Volker Heise : Außer Kontrolle #Buch #Literatur #Roman ›Auße...
    https://diasp.eu/p/6963937

    Roman | Volker Heise: Außer Kontrolle #Buch #Literatur #Roman

    ›Außer Kontrolle‹ von Volker Heise begleitet ein halbes Dutzend Menschen in #Berlin auf ihrer immer verzweifelter werdenden Jagd nach dem #Glück. Bis zum bitteren Ende all ihrer Illusionen. Ein Debüt, wie man es nicht oft zu lesen bekommt!

    Weiterlesen

    Titelangaben Volker Heise: Außer Kontrolle Berlin: Rowohlt Berlin Verlag 2017 239 Seiten. 20,- Euro

  • On a rarement vu le travail de traduction aussi bien raconté que dans ce documentaire - Télévision - Télérama.fr

    http://www.telerama.fr/television/on-a-rarement-vu-le-travail-de-traduction-aussi-bien-raconte-que-dans-ce-do

    https://www.youtube.com/watch?v=co8JCaDEbrQ&feature=youtu.be

    Trois traducteurs ont ouvert leurs portes au documentariste Henry Colomer. De qualité cinématographique, son film “Des voix dans le chœur…” ausculte le travail de la langue avec une grande justesse. Rarement vu et entendu.

    #litérature #traduction

  • Bericht vom Ausflug des Berliner Geschichtsvereins zum Kleistgrab am Freitag, den 10. Juni 1904
    https://digital.zlb.de/viewer/image/14688141_1904/100

    Am Freitag, den 10.Juni 1904, unternahm der Verein einen Ausflug nach Sacrow-Nedlitz und verband damit die Besichtigung der Grabstätte des Dichters Heinrich v. Kleist‚ deren bevorstehende Beseitigung oder Verlegung jüngst in allen Tagesblältem besprochen war.
    ...

    Quelle: PeriodicalVolume - Zentral- und Landesbibliothek Berlin

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    https://digital.zlb.de/viewer/content/?action=pdf&images=14688141_1904/00000100.tif&targetFileName=14688141_1904_100.pdf

    #Berlin #Wannsee #Sakrow #Literatur #Gschichte

  • Michael Wolff Lesung in Berlin: „Fire and Fury“-Autor liest am 26. Februar in der Volksbühne | Berliner Zeitung
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur/michael-wolff-autor-von--fire-and-fury--liest-in-der-volksbuehne-29

    Michael Wolff ist am 26. Februar zur hiesigen Buchpremiere in der Berliner Volksbühne zu Gast. Geplant ist eine Lesung und ein Gespräch, wie das Theater am Freitag mitteilte. Am 28. Februar ist Wolff in Köln beim Festival lit.Cologne. Auf Deutsch heißt das Buch, das viele Schlagzeilen machte, „Feuer und Zorn. Im Weißen Haus von Donald Trump“ und erscheint am 16. Februar bei Rowohlt.

    Kontakt - Service - Volksbühne Berlin
    https://www.volksbuehne.berlin/de/service/534/kontakt

    VOLKSBÜHNE
    Linienstraße 227
    D-10178 Berlin

    Zentrale Tel. +49 30 24 065 - 5
    Fax +49 30 24 065 642

    Besucherservice Tel. +49 30 24 065 - 777
    besucherservice@volksbuehne-berlin.de

    #Berlin #Mitte # #litérature #politique #événement

  • Suhrkamp: Die unterschätzte Coolness der Ulla B. - WELT
    https://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article112444864/Die-unterschaetzte-Coolness-der-Ulla-B.html

    Im Streit um Suhrkamp geht es um vieles, aber nie um Haltung. Dabei besitzt die Verlegerin Ulla Berkéwicz mehr Sinn für Poesie und Größe als die meisten ihrer Autoren und Richter. Eine Verteidigung.

    Von Ulf Poschardt | Veröffentlicht am 07.01.2013

    George Steiner ließ seinen jungen Freund Durs Grünbein alt aussehen. Leichtfüßig tänzelte der 83-jährige Literaturwissenschaftler den 49-jährigen Geniemimen aus. Steiner klagte die Gegenwartsliteratur an, ein narzisstischer Kanon banaler Mittelschichtneurosen zu sein, der nichts von den Revolutionen der Naturwissenschaften verstehe und selten so gut geschrieben werde wie „Harry Potter“, dessen wissenschaftliche Analyse noch ausstehe. Die Zukunft der Literatur sei zudem weiblich, schalkte Steiner, das Denkpatriarchat werde fallen.

    Grünbein antwortete beflissen, doch Lacher und Pointen gehörten Steiner. Unglücklich war der in Paris geborene Jude dennoch, zu nahe fühlte er sich in der Verlegerinnen-Villa in Nikolassee dem Ort, an dem einst seine Auslöschung geplant wurde: das Haus der Wannseekonferenz.

    Das war ein wenig typisch für den Glanz der Soireen bei Ulla Berkéwicz, noch typischer aber war die Erkenntnis, dass angesichts der großen Geister des Verlags die Nachgeborenen ein wenig streberhaft und unbedarft daherkommen – und auf aufgemotzte Art bieder.

    Die Chuzpe der alten Meister

    Grünbeins Scheitern war auch das Scheitern einer netten, belesenen Generation von Intellektuellen, der die Gravitas und Wucht, aber auch die Chuzpe und Unabhängigkeit der alten Meister fehlt.

    Mit dem Tod gleich zweier zentraler Figuren der Nachkriegsmoderne, Samuel Becketts und Thomas Bernhards, verlor die Gegenwartsliteratur bei Suhrkamp 1989 an Halt, abgesehen vielleicht von Peter Handke. Die bedeutenden amerikanischen Autoren von William S. Burroughs über Thomas Pynchon bis zu Bret Easton Ellis landeten bei Rowohlt, Kiepenheuer & Witsch oder anderswo.

    Rainald Goetz mit seinem die Dinge verändernden Debüt „Irre“ 1983 war ein Solitär in der deutschsprachigen Suhrkamp-Literatur. Es blieben possierliche Popliteraten, die Sex, Drugs und Rock ’n’ Roll nur aus dem Oberseminar kannten, Sprachwirbler und aufgerüschte Denkakrobaten von barocker Selbstüberschätzung. Dazu kamen Tellkamps langweiliger, aber erfolgreicher „Turm“, Albert Ostermaiers expressionistische Wortglut – und Clemens Setz als echte Hoffnung.

    In Sichtweite der Studentenrebellion
    Ziemlich genau vierzig Jahre ist es her, dass George Steiner den Begriff der „Suhrkamp Culture“ erfand und damit jenem Pakt zwischen Intelligenzija, Boheme und akademischem Milieu ein Qualitätssiegel verlieh, das dem Verlag schmeichelte.

    Suhrkamp war in Sichtweite der Studentenrebellion auf der Höhe der Zeit und blieb es nahezu unangefochten, bis aus der Etabliertheit irgendwann Hybris und aus dem weltanschaulichen Kampfauftrag sektiererischer Irrsinn wurde.

    1979 stöhnte Marcel Reich-Ranicki in der „Frankfurter Allgemeinen“ über die „Abhandlungen über die Rolle des Orgasmus im Klassenkampf und über den Beitrag der Zahnmedizin zur Befreiung der Arbeiterklasse“. Das war polemisch, traf aber einen Punkt. Die wirklich interessanten, insbesondere linken Theorien erschienen bei Kleinverlagen wie Merve.

    Die großen Fragen der Menschheit
    Ulla Berkéwicz hat dies erkannt und ahnte nicht erst 2003 bei ihrer Übernahme, dass die Pflege des Status Quo und einer exquisiten Backlist nicht ausreichen würde, um den Muff unter den linken Talaren zu vertreiben.

    Vorsichtig und behutsam änderte sie den Kurs – mit der Edition Unseld, die den Austausch zwischen immer noch kaum miteinander bekannten Wissensbereichen von der Physik und Neurowissenschaft bis zur Philosophie und Wissenssoziologie betreibt, der Edition Nova oder der verdienstvollen Filmedition mit cineastischen Kostbarkeiten von Godard, Kluge und Fritz Lang.

    Exakt um jene neuen Horizonte ging es an jenem denkwürdigen Abend im vergangenen März dem unruhigen Geist Steiner. Er erklärte, die großen Fragen der Menschheit und des Universums würden nicht mehr gestellt und die Kraft dichterischer Philosophie – Hegels Gedicht für Hölderlin, Wittgensteins Sehnsüchte, sein Werk in Verse zu setzen, und jene mythisch gewordene Begegnung zwischen Paul Celan und Martin Heidegger – sei abgetaucht.

    Mehr Mut! Mehr Neugier!

    Steiner, der 83-Jährige, stand da und erklärte heimlich, was er sich von der künftigen Suhrkamp-Kultur wünschte. Und von ihren Autoren: mehr Mut, mehr Neugier, mehr Größe, weniger Biedermeier.

    Ulla Berkéwicz lebt das auf sehr amerikanische, fast aufreizend verspielte Art aus. Der Umzug nach Berlin 2010 war ebenso naheliegend wie richtig. Ihr Versuch, die von Habermasianern besiedelte Edition Suhrkamp mittels Verpackung zur Boutiquenware zu machen und in Berlins modischer Mitte eine temporäre Suhrkamp-Lounge einrichten zu lassen, war eine ebenso ironische wie imagebildende Idee, mit der sie die Suhrkamp-Kultur dahin brachte, wo sie vor allem Culture war, ein Lifestyle-Accessoire und eine IQ-Behauptung.

    Das war auch ein Fausthieb in die Magengrube jener einst so gern verlegten Stadtsoziologen mit ihrem Gentrifizierungsgejammer, setzte diese Hochkultur-Boutique doch der Aufwertung des Viertels die bildungsbürgerliche Krone auf. Auch die Bücher wurden anders.

    Eine trübe Pointe

    Die Verlegerin, die als Schauspielerin ihr Leben als Werk begann, nahm Suhrkamp die verknöcherte Humorlosigkeit und schuf neue Lässigkeit. Rainald Goetz, der Sprachbesessene, veröffentlichte einen Fotoband, die Schriften von Jonathan Meese erschienen in der Edition, und Rafael Horzon, der Karl Valentin von Berlin-Mitte, alberte da weiter, wo Robert Walser irre geworden war.

    Das ausgerechnet die Verlegerinnen-Villa an der Rehwiese nun zum Verhängnis zu werden droht, ist eine trübe Pointe. Natürlich hat die Villa etwas Protziges und Parvenühaftes, wie Gustav Seibt in der „Süddeutschen Zeitung“ sauertöpfisch bemerkt. Aber gerade das ist ein Befreiungsschlag gegen das kleinbürgerliche und mittelschichtsfixierte Denken und Schreiben der deutschen Intelligenz. Ulla B. did it her way – nicht wie Frank Sinatra, sondern wie Sid Vicious.

    Die 1909 gebaute Villa wurde mit einer Art monströsem Schaufenster ausgestattet, welches die burgartige Verpanzerung des Gründerzeitbaus zur Straße und in die Tiefe öffnete. Wer es über den – Empörung! – beheizbaren Weg nach oben an die Treppe zum Haus geschafft hatte, konnte auf die liebliche Rehwiese und ein wenig auf den Rest der Welt hinabblicken.

    Gerüchte über ein Übernahmeinteresse

    Diese Topografie hat etwas Anmaßendes und Spielerisches zugleich. Fortgesetzt wird dieses Schwanken zwischen Grandezza, Pathos und albernem Kitsch auch im Inneren.

    Natürlich dürfen Minderheitsgesellschafter, so halbseiden und unbelesen sie auch daherkommen, die Frage nach der wirtschaftlichen Vernunft der Verlegerin aufwerfen. Natürlich kann ein Richter auch ohne jedes Wohlwollen oder gar Verständnis über die Soireen der Verlegerin urteilen.

    Aber das sollte nicht den Blick auf das doch eher größere Ganze verstellen. Instinktiv hat sie die Aporien der Frankfurter Jahre erkannt und mit den zeitgenössischen Waffen einer Frau, was im Steinerschen Sinne als Kompliment gemeint sein will, mit der Kraft eines Neuanfangs in Berlin korrigiert.

    Auch Peter Suhrkamp war ein lausiger Buchhalter, es wäre schade, wenn Ulla Berkéwicz’ buntscheckiger Aktionismus und ihre soziale Intelligenz ihr Forum verlören. Hubert Burda soll, so raunt man, Interesse am Verlag haben. Was für eine hübsche Pointe! Der große Denker Friedrich Kittler erhielte dort, wo er hingehört, endlich eine Gesamtausgabe – im Verlag von Hegel, Benjamin und Gilles Deleuze. Burda, übernehmen Sie!

    Verlag: Der tiefe Fall des hohen Hauses Suhrkamp - WELT
    https://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article112063412/Der-tiefe-Fall-des-hohen-Hauses-Suhrkamp.html

    Und dann kauft sich Ulla Berkéwicz eine Villa in Berlin-Nikolassee und lässt sie äußerst luxuriös umbauen. Von vornherein ist das Anwesen an der Gerkrathstraße 6 als repräsentative Adresse des Verlag vorgesehen. Mit dem Umzug des Verlags nach Berlin wird die bisherige Dependance in der Fasanenstraße aufgegeben. Und natürlich hat Berkéwicz dabei das Frankfurter Vorbild im Sinn: die inzwischen immer noch einmal im Jahr für den traditionellen Kritikerempfang zur Buchmesse entstaubte Unseld-Villa in der Klettenbergstraße. Sie wird mit dem neuen Haus nicht nur ersetzt, sondern geradezu überbaut. Das Frankfurter Haus, wo sich die Kritiker reinquetschen, dürfte in die Berkéwicz-Villa gleich mehrfach passen, vom Garten, den man wohl eher einen Park nennen kann, ganz zu schweigen.

    Man kann das übertrieben finden, aber gegen Reichtum und Glanz ist ja gerade im sonst eher unglamourösen deutschen Literaturbetrieb nichts einzuwenden. Doch macht Ulla Berkéwicz nun einen entscheidenden Fehler: Sie vermietet einen großen Teil der Villa, in der zum Beispiel auch ihr Chauffeur wohnt, an den Verlag, dessen Geschäftsführerin sie ist. Kostenpunkt 6600 Euro im Monat. Und sie hat dem Verlag auch Einrichtungsgegenstände auf die Rechnung gesetzt, „Möbelstücke, Küchen“, wie Barlach sagt.
    Bei der Nebenkostenabrechnung verrechnet

    Das Problem ist allerdings: Es ist nicht allein ihr Verlag, wie es auch nie der Verlag Siegfried Unselds war. Die Reinharts hatten keinen Grund, der Geschäftsführung zu misstrauen. Barlach tut das aber und stößt auf den merkwürdigen Deal, der, selbst wenn er legal gewesen wäre, ein seltsames Licht auf die Geschäftsführung wirft. Warum muss man für gelegentliche Veranstaltungen gleich das ganze Ding dauerhaft mieten? 552 Quadratmeter sind ziemlich viel Platz, um da ab und zu mal einen Gastautor aus Lateinamerika unterzubringen.

    Man hatte geglaubt, es bestehe keine Informationspflicht, weil im Gesellschaftervertrag offenbar eine Grenze von 75.000 Euro für solche Ausgaben festgelegt ist. Erst danach muss der Kommanditist zustimmen. Doch ist man bei der peinlich genauen Berechnung der Konstruktion von der Kaltmiete ausgegangen. 6600 Euro beträgt aber die Miete mit Nebenkosten und mal zwölf macht das nach Adam Riese 79.200. Dumm gelaufen. Es wäre ein bitterer Scherz des Weltgeistes, wenn der Suhrkamp Verlag am Ende an einer Nebenkostenabrechnung zugrunde ginge.

    Man hat die Gefahr, die dem Verlag durch solches Geschäftsgebaren droht, vollkommen unterschätzt. Noch zwei Tage vor dem Berliner Urteil gab Suhrkamp-Anwalt Peter Raue der„Berliner Morgenpost“ ein Interview, in dem er dem Verfahren nur „untergeordnete Bedeutung“ zubilligen wollte, er sehe dem „gelassen“ entgegen; Barlach habe eben eine „Klagewut“ und sei von Hass getrieben. Wütend sind allerdings, wie man hört, vor allem die Suhrkamp-Mitarbeiter, weil die Gefahr so unterschätzt wurde. Was hat man nun von der Versicherung des Anwalts zu halten, auch Barlachs Frankfurter Antrag auf Auflösung des Verlags habe „keine Chance“?

    Unseld-Berkéwicz abberufen: Suhrkamputt: Haus ohne Hüterin - Bücher - FAZ
    http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/unseld-berkewicz-abberufen-suhrkamputt-haus-ohne-hueterin-11988908.html

    Das Urteil des Berliner Landgerichts im Prozess der Medienholding Winterthur gegen die Geschäftsführung des Suhrkamp Verlags ist eindeutig: Die Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz hat die Räume ihrer Privatvilla im Berliner Stadtteil Nikolassee (unser Bild oben) rechtswidrig an ihren eigenen Verlag für Veranstaltungen und Übernachtungen vermietet. Deshalb müssen Frau Unseld-Berkéwicz und ihre Mitgeschäftsführer Thomas Sparr und Jonathan Landgrebe dem Verlag zusammen 282.486 Euro Schadenersatz zahlen sowie alle Kosten ersetzen, die im laufenden Jahr durch die Anmietung des größten Teils der Villa für monatlich 6600 Euro entstanden sind.

    #Berlin #Nikolassee #An_der_Rehwiese #Gerkrathstraße #Literatur

  • #Python for Literary Creation
    http://constantvzw.org/site/Python-for-Literary-Creation.html

    OLA is the TLA for the Parisian organisation Outils Libres Alternatifs (Alternative Free Tools). They will host a #Workshop with An Mertens on using Python code for literary creation. A line of code is like an action of a recipe. One prepares an ingredient, applies the aciton and the ingredient will be transformed. Oulipo, the Parisian collective around Raymond Queneau explored the idea of recipes or constraints for creating potential literatures since the 60s. Their work is a great (...)

    #Algolit / Workshop, Python, #Literature