• Zensur im Nationalsozialismus: Die vergessenen Werke von Josef Wiener
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    30.9.2022 von Bettina Müller - Vor 100 Jahren erschien Josef Wieners Roman „Die Venus von der Tauentzien“, in der NS-Zeit wurde er verboten. Der Roman geriet in Vergessenheit.

    Berlin, am Anfang des 20. Jahrhunderts – wie so viele andere ist auch der 1866 im ostpreußischen Braunsberg geborene Redakteur und Schriftsteller Josef Wiener, Sohn eines Kinderarztes, in die Reichshauptstadt umgesiedelt. Er wird schnell heimisch, und Berlin zu seinem ganz persönlichen „Spree-Athen“.

    Seine neu erworbenen Ortskenntnisse kann er für seinen im Kurt-Ehrlich-Verlag veröffentlichten Roman „Die Venus von der Tauentzien“ an vielen Stellen für das nötige Lokalkolorit einflechten. Alma Wernicke ist besagte Venus, die Göttin der erotischen Liebe und der Schönheit, die Wiener kurzerhand aus dem antiken Griechenland nach Berlin verpflanzt hat. Dort verfällt die Choristin an einer Operettenbühne dem verschlagenen Schieber Rohrmann, der sie zu seiner Geliebten macht.

    An keiner Stelle des Berlin-Romans wird der Autor dabei explizit erotisch oder gar politisch, dennoch wird das Buch 1935 zusammen mit seinem unter dem Namen Josef Wiener-Braunsberg veröffentlichten „Warenhausmädchen“ auf der „Liste 1 des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ geschmäht. Und das ist ein ellenlanges Machwerk, das von der Reichsschrifttumskammer herausgegeben wird und zum Beispiel kategorisch alle Werke von Kurt Tucholsky als „schädlich und unerwünscht“ brandmarkt.

    Die Romane Wiener-Braunsbergs gefährden demnach ebenfalls „das nationalsozialistische Kulturwollen“. Doch je mehr „gute Sitten“ in der Reichshauptstadt verletzt werden, desto höher ist in den 1920er-Jahren auch der Bedarf an „Sittenbildern“ und „Milieuschilderungen“, denen ein voyeuristisches Element sicherlich nicht abzusprechen ist. In dieser zerbrochenen und düsteren Welt des Berlins der Weimarer Zeit wimmelt es nur so von dunklen Bars, anrüchigen Spielclubs, Dirnen, Nackttänzerinnen, Schiebern et cetera.

    Für den Autor sind seine Protagonisten vor allem fatalistische Opfer der Zeitumstände. Josef Wiener-Braunsbergs Roman bietet dem Leser somit auch keinerlei Identifikationsfiguren, der Subkontext ist geprägt von einer Schwere, die der Krieg über Mensch und Stadt gebracht hat: „Es war im November. Grau und triefend hatte der Himmel während des kurzen Tages über dem Häusermeer Berlins gehangen.“ Die kurzweiligen Vergnügungen der Akteure sind der Verzweiflung geschuldet, und dass es kein Happy End geben kann, ist somit auch sehr früh absehbar.

    „Lasterhaftes Berlin“ in Buchform: Die Romane des Kurt-Ehrlich-Verlags

    Wiener-Braunsberg hat sich zu dieser Zeit als Chefredakteur der Zeitschrift ULK (Unsinn, Leichtsinn, Kneipsinn), einer wöchentlichen Beilage des Berliner Tageblatts, politisch längst positioniert. Dessen Chefredakteur ist Theodor Wolff, der zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Demokratischen Partei gehört und so die gewünschte Linie vorgibt. Seitenhiebe auf politische Gegner kann sich Wiener-Braunsberg in seinem Roman daher nicht verkneifen, sie äußern sich zum Beispiel in Form einer ewig gestrigen dünkelhaften Anhängerin der untergegangenen Monarchie.

    Die unzähligen Schieber der damaligen Zeit, auch sie bekommen regelmäßig ihr Fett weg. Genüsslich bringt Wiener-Braunsberg den Schieber Rohrmann – zumindest auf dem Papier – zu Fall. Dessen Geliebte Alma hat es derweil auf der Tauentzien zu einer „kleinen Berühmtheit“ bei den Flaneuren gebracht, die dort „auf Wild pirschen“. Nachdem Rohrmann pleitegegangen ist, muss sie sich fortan allabendlich als „Sängerin“ in einer schäbigen Bar verdingen. Gebrochen kehrt sie zu ihrer Schwester und ihrem Schwager zurück, einem Alkoholiker, der sie schließlich zur Prostitution zwingt. Am Ende wählt sie den Freitod und stürzt sich hinter der Potsdamer Brücke in den Landwehrkanal. Mit den Worten „Sie ist untergegangen …“ endet das Buch und zehn Jahre später auch die ganze Republik.

    Für Josef Wiener-Braunsberg wird der Roman, in den er so ziemlich alles Mögliche an Tragik inklusive unzähliger gebrochener Menschen hineingepackt hat, zum Erfolg. Er reiht sich damit in den Reigen damals populärer Autoren des Ehrlich-Verlags ein, darunter Edmund Edel, Leo Heller und Artur Landsberger. „Verräterische“, weil „anrüchige“ Titel wie Robert Fuchs-Liskas „Fräulein Sünde“ oder Edmund Edels „Sylvias Liebesleben (Tragödie einer Morphinistin)“ rufen regelmäßig die Zensur auf den Plan, Ehrlichs „lasterhaftes Berlin“ in Buchform wird schnell zum Verkaufsschlager.

    Vor allem mit der Reihe „Bücher der Leidenschaft“ hat sich der geschäftstüchtige Kurt Ehrlich schon früh auf „pikante“ Unterhaltungsliteratur spezialisiert. Weitere Reihen folgen, „Ehrlichs Kriminalbibliothek“ entsteht. Ab 1925 publiziert Ehrlich in seinem 1917 gegründeten Verlag zudem das K.-E.-Magazin, das später in Welt-Magazin umbenannt wird. Es greift populäre kulturelle und gesellschaftliche Themen auf und garniert sie mit qualitätsvollen Fotografien. „Vornehm“ seien die „Bücher der Leidenschaft“, wirbt der Verlag in zeitgenössischen Anzeigen.

    Visuell sorgen dafür vor allem Zeichner wie der leichthändige „Conny“ (d. i. Konrad Neubauer) vom 8-Uhr-Abendblatt oder Philipp Zehbe. Besonders Zehbes charmant-leichte und flirrende Werke spiegeln kongenial den damaligen Zeitgeist einer Kultur in Aufbruchstimmung wider. Was die Leser nicht wissen, während sie vielleicht über die amüsanten Zeichnungen Connys schmunzeln: Bei Kurt Ehrlichs Bruder Martin, der im Verlag als Vertreter arbeitet, ist der (Nach-)Name nicht Programm. Unter dem Pseudonym „Maximilian Raven“ hat er sich einst unberechtigt als Redakteur ausgegeben und ist 1911 zudem wegen Erpressung zu vier Monaten Gefängnis verurteilt worden.


    Porträtfoto aus „Schnurriges und Knurriges“ 1929

    Brandmarkung als „verbotene Literatur“: Seit dem Verbot keine Neuauflage

    Aber auch Kurt Ehrlich kann ab einem gewissen Zeitpunkt dem Auge des Gesetzes nicht entkommen. Die Zensur und vor allem der berühmt-berüchtigte Prof. Dr. Karl Brunner, seines Zeichens literarischer Sachverständiger beim Berliner Polizeipräsidium, sitzen ihm ständig im Nacken. Doch Brunner wird durch seine fanatische Hetzjagd eine Art „unfreiwilliger Reklamechef“, dank ihm steigen die Verkaufszahlen für zunächst verbotene Bücher, bei denen Werbung à la „Beschlagnahmt gewesen, wieder freigegeben“ zuerst den Reiz des Verbotenen und dann den Griff ins Portemonnaie fördern sollen.

    Auch Filmschaffende werden von dem unerbittlichen „Sittenwächter“ Brunner terrorisiert, der sich wie ein Terrier in den Waden seiner zahlreichen „Feinde“ verbeißt, darunter auch der berühmte Berliner Sexualforscher Dr. Magnus Hirschfeld. Kurt Ehrlich kann den Verlag noch bis Anfang der 1930er-Jahre halten, dann wird ihm zuerst die Weltwirtschaftskrise und dann seine Religion zum Verhängnis: 1941 wird der 54-Jährige in Auschwitz ermordet, sein Bruder Martin stirbt in Dachau.

    Seit der Brandmarkung als „verbotene Literatur“ ist „Die Venus von der Tauentzien“ von Josef Wiener-Braunsberg bis heute nicht mehr aufgelegt worden. Ebenso harren seine Bücher „Warenhausmädchen“ und „Die Brett’l-Gräfin“ einer Neuauflage. Sie können unter anderem in der Staatsbibliothek Berlin ausgeliehen werden.

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    #Berlin #Geschichte#Literatur #Nachtleben

  • Nobel-Club Felix schließt in Mitte für immer seine Pforten – B.Z. Berlin
    https://www.bz-berlin.de/berlin/mitte/nobel-club-felix-schliesst-in-mitte-fuer-immer-seine-pforten

    5. Mai 2017

    Nach 13 Jahren Glanz und Glamour schließt der noble Mitte-Nachtclub. Hier feierten die Bayern ihren Pokalerfolg und Hollywood schaute auch gerne Mal vorbei. Am 13. Mai ist Schluss.

    Sehen und gesehen werden, schick essen gehen und tanzen zu den angesagtesten Beats. Dafür stand das Club-Restaurant „Felix“ in Mitte. Jetzt ist der angesagte Nachtclub Geschichte. Das Felix schließt nach 13 Jahren. Schlechte Geschäfte zwangen den Club in die Knie.

    Seit geraumer Zeit ging es mit dem Glamour-Club in Mitte rapide bergab: die Vip-Lounges wurden nicht mehr gebucht, unter der Woche tummelten sich gerade einmal noch 10 bis 20 Personen auf dem großen Dancefloor. An besucherstarken Sonnabenden kamen nur noch 300 Gäste – auch am Wochenende. Über 40 Mitarbeiter erhielten die Kündigung. Am 13. Mai schließen sich die Glitzer-Pforten für immer.

    Weiterer Flop für das Jagdfeld-Immobilien-Imperium
    Dabei begann die Geschichte des Felix so glamourös. 2004 eröffnete die Jagdfeld Gruppe den In-Club Felix auf der Rückseite des Adlon. Die Reichen und Schönen gingen dort ein und aus. Der FC Bayern feierte seinen Pokal Triumph. Hollywood schaute vorbei. Da knallten in der VIP-Lounge die Schampus-Korken für Daniel Craig und Christoph Waltz. Bei der „White House Down“ Premiere feierten hier Jamie Fox, Channing Tatum und Roland Emmerich.

    Jetzt ist Schluss mit Schampus. Dr. Christian Plöger, Sprecher der Jagdfeld-Gruppe zur B.Z.: „Das Felix war Trendsetter einer internationalen Nachtclub-Kultur, als es das in Berlin noch nicht gab. Die Entscheidung, endgültig den schwarzen Strich zu ziehen, ist uns nicht leicht gefallen.“

    Damit ist das noble Felix ein weiterer Flop des Jagdfeld-Immobilien-Imperiums. Auch das noble Grand Hotel Heiligendamm und der Departmentstore im Quartier 206 schlossen in den vergangenen Jahren. Ex-Clubmanager Daniel Kolenitchenko, der das Felix von 2010 bis 2012 geleitet hat: „Ich bin wirklich traurig! Ich habe dort das Handwerk des Clubmanagements gelernt.“

    Gerüchten zufolge trage er eine Mitschuld am Niedergang des Felix. Kolenitchenko sieht das anders: „In dieser Branche kann man nur sich selbst kaputt machen, es sind nicht die anderen.“ Wie es weitergeht, steht noch nicht fest. „Derzeit bestehen keine konkreten Nutzungspläne für die Räumlichkeiten“, so Plöger von der Jagdfeld-Gruppe.

    #wech_is_wech #Gastronomie #Club #Disco #Nachtleben #Berlin #Mitte #Behrenstraße

  • Schluss mit Glamour: Das Felix macht dicht | QIEZ
    https://www.qiez.de/felix-club-clubs-in-berlin-berlin-mitte

    Früher gehörte der Felix Club in Mitte zu den angesagtesten Locations in Berlin, nun ist der Glamour-Club Geschichte.

    Knallharte Champagnerfeten und echte A-Promis gehörten im Felix einfach dazu. Doch der Glanz vergangener Tage ist dahin, nach 13 Jahren blieben die Gäste aus und keiner hat es gemerkt.

    Ein simpler Name mit enormen Glamourfaktor: Im Berliner Nobelclub Felix gehen die Reichen und Schönen ein und aus. Und zwar die wirklich Reichen und echt Schönen, denn Superstars wie Kylie Minogue, Jamie Foxx und Robbie Williams ließen hier schon die Korken knallen, der Film Django Unchained feierte seine Premieren-Party im durchgestylten Ambiente und auch der FC Bayern war zur Feier seines Pokaltriumphs einst vor Ort. Felix steht für Glanz und Gloria. Entschuldigung, stand muss es heißen, denn der Nachtclub in Mitte wird nach dreizehn Jahren schließen. Die schlechten Geschäfte treiben den Betreiber des ehemals angesagten Lokals in den Ruin, selbst an besucherstarken Sonnabenden zählt das Felix nämlich nur noch 300 Gäste.

    Schnell wurde der 2004 eröffnete Club direkt am Brandenburger Tor, auf der Rückseite des Hotels Adlon, zu einem der beliebtesten Partyziele gerade für Touristen. Die strikte Kleiderordnung verweist die Damen in High Heels und hübsche Kleider, die Herren enstprechend in Anzüge oder zumindest Sakkos. An vier Tagen die Woche können die Partygäste zu Hip-Hop, House und manchmal auch Schlager stilvoll feiern. Im Inneren des Premium-Clubs wartet ein 20 Meter langer Bartresen auf Cocktailschlürfer und Rundenschmeißer. Rings um die Tanzfläche befindet sich die VIP-Lounge, die nicht nur so heißt, sondern gerne von dem einen und anderen Promi exklusiv gemietet wurde. Und jetzt? Funktioniert das High Society-Konzept nicht mehr in der Hauptstadt? „Am Samstag, den 13. Mai, öffnet der Club zum letzten Mal“, bestätigt uns eine Mitarbeiterin des Felix, übrigens eine von über 40 Mitarbeitern, die bereits ihre Kündigung erhalten haben.
     
    Der Nachtclub Felix gehört zum Jagdfeld-Imperium. Anno August Jagdfeld ist unter anderem auch Herr über das Fünf-Sterne-Hotel Adlon. Probleme innerhalb seiner Fundus-Gruppe sind allerdings nicht neu: 2012 musste der Immobilienunternehmer für sein Grand Hotel Heiligendamm Insolvenz anmelden und auch sein Modeladen Departmentstore im Quartier 206 existiert seit Ende Februar nicht mehr. Die Schließung des Felix ist ein weiterer Flop für den Immobilienkönig, der die meisten Geschäfte vor vier Jahren offiziell seinem Sohn Benedikt Jagdfeld übergeben hat. Die sehr gute Lage des Clubs wird sicher bald Nachfolger auf den Plan rufen, die eine neue Freudenstätte etablieren werden. Wir sind gespannt …

    Felix Club-Restaurant, Behrenstr. 72, 10117 Berlin
    Telefon 030 301117152

    Felix Club Berlin | Gästeliste030
    https://www.gaesteliste030.de/locations/felix-berlin-gF_7MOTMJkSwnbo7_y7Y1g

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