• DDR : Wie die Treuhand das Herzstück der ostdeutschen Gesellschaft zerschlug
    https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/von-krippe-bis-kampfgruppe-der-betrieb-als-herzstueck-der-ddr-gesel

    Comment une entreprise de RDA est devenue leader international de la fabrication de moteurs électriques et comment ella été récupérée pour une fraction de sa valeur de marché par un concurrent de l’Ouest.

    On découvre dans ce texte une des raisons essentielles pour l’absence historique de la criminalité omniprésente dans les pays capitalistes. Tout le monde avait un emploi et le collectif de l’entreprise proposait des services comme les centres de vacances, des compagnies de théâtre et d’autres activités culturelles tout en prenant soin de la réinsertion sociale des rares délinquants. L’entreprise était le centre de la vie de ses employés.

    11.6.2023 von Maritta Adam-Tkalec -Krippe bis Kampfgruppe: Die Treuhand begrub das Herzstück der DDR-Gesellschaft

    Undenkbar für Kapitalismus-Sozialisierte: Im Osten war der Betrieb Lebensmittelpunkt. Ein Direktor erzählt vom Alltag und „Verrat am Volk“ durch die Treuhand.

    Die Motorenbauer hatten die Zeichen der Zeit erkannt, und sie waren schnell: Mit der Nummer 002 im Register der Treuhandanstalt wurde am 5. April 1990 der ehemals volkseigene Betrieb Elektromotorenwerk Wernigerode (Elmo) als GmbH eingetragen und das ehemalige Kombinat Elektromaschinenbau, zu dem das Werk gehörte, als Aktiengesellschaft.

    Die Registriernummer 001 der fünf Wochen zuvor noch von der Modrow-Regierung gegründeten Treuhandanstalt war für das Reich Alexander Schalck-Golodkowskis reserviert – die Koko. Der Bereich Kommerzielle Koordinierung im DDR-Außenhandelsministerium hatte mit kapitalistischen Methoden Valuta für den devisenklammen Staat zu erwirtschaften. Ein Bereich mit absoluter Sonderstellung – ganz klar die 001.

    Aber der erste in marktwirtschaftliche Eigentumsverhältnisse überführte Normalbetrieb der DDR war Elmo. Ein Pionier: Als erste Ostfirma hatte Elmo zudem mit seiner West-Vertriebsgesellschaft ein Westunternehmen übernommen, und mit Wolfgang Beck war der einst jüngste Betriebsdirektor der DDR zu einem der neuen Geschäftsführer der GmbH geworden.
    Motoren für Trolli bis Tagebau

    Der Betrieb hatte Grund für Selbstbewusstsein: Man lieferte Motoren in 47 Länder, auch in sämtliche heutige EU-Staaten. Im Angebot fand sich die ganze Palette von klein bis riesengroß: Motoren für den DDR-Rasenmäher Trolli, für Landmaschinen, Druckereien, Tagebaugroßgeräte, Werkzeugmaschinen, Schienenfahrzeuge oder Schiffe – alles Erzeugnissen, die den Ruf der DDR als Industrieland mitbegründeten.
    Meistgelesene Artikel

    Mit Weitsicht hatte Wolfgang Beck sein Top-Unternehmen rechtzeitig auf die neue Zeit nach dem politischen Umbruch von 1989 vorbereitet. Schon drei Wochen vor der Wahl vom 18. März, die die Regierung von Lothar de Maizière ins Amt brachte und mit ihr einen beschleunigten Kurs in Richtung Wiedervereinigung, war die Umwandlung von Volkseigentum in marktwirtschaftliche Eigentumsformen eingeleitet. Noch hatten Beck und seine Mitstreiter eine reformierte DDR im Sinn. Das Wahlergebnis rückte die Wiedervereinigung im Schweinsgalopp in den Blick.

    In anderen Betrieben der DDR verhinderten Belegschaften die Transformation durch Proteste gegen „alte Kader, Wendehälse und Seilschaften“; Beck war es gelungen, „seine Leute“ zu überzeugen: Der neue Betriebsrat stimmte der Umwandlung zu, die VEM-Elektromotorenwerke GmbH Wernigerode ging an den Start. Das wichtigste Ziel: Erhalt der Arbeitsplätze.

    Die Westrivalen waren schwach: „Wir produzieren an einem Tag mehr Motoren als die gesamte Bundesrepublik“, stellte Beck damals fest. Seinen Betrieb sah er gut positioniert: „Wir lieferten von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig zertifizierte Motoren in alle Industriebereiche, auch schon im Westen.“ Bald aber nahm er erstmals wahr, dass sich dieser Erfolg gegen das Unternehmen richten könnte: „Es war leider nicht vorauszusehen, welche Begehrlichkeiten diese Ausnahmestellung noch wecken sollte.“
    Ein authentisches Zeugnis

    Das alles kann man nun lesen – sachlich, kenntnisreich, ohne Gejammer, gleichwohl mit Herzblut aufgeschrieben in dem Buch „Alles hat ein Ende – auch die Marktwirtschaft“, versehen mit dem Untertitel: „Wolfgang Beck, der letzte Betriebsdirektor des VEB Elektromotorenwerk Wernigerode (Elmo), erzählt von der Planwirtschaft und dem wirtschaftlichen Ab- und Aufbruch“.

    Das Thema mag zu speziell, Wernigerode vielleicht zu abgelegen erscheinen. Aber es wäre ein Fehler, das Buch als Nischenprodukt für DDR-Experten beiseitezuschieben. Denn es ist in seiner Authentizität ein einzigartiges Zeugnis nicht nur der Ost-West-Transformationserfahrung, sondern vor allem eines aus dem Herzstück des untergegangenen Staates. Denn das waren die Betriebe: für Millionen Männer und Frauen ein zweites Zuhause, viel mehr als Arbeits- und Produktionsstätte. Die Betriebe bildeten einen eigenen Kosmos, stifteten Gemeinschaft und boten Geborgenheit – schwer vorstellbar für Kapitalismus-Sozialisierte. Viele trauern dem heute noch nach. Ein Gutteil der Phantomschmerzen ehemaliger DDR-Bürger rührt aus dem Verlust dieser verlorenen Alltagswelt.

    Phantomschmerz der DDR-Bürger

    Beck erzählt exemplarisch die Innensicht eines solchen Volkseigenen Betriebes (VEB), die DDR in der Nussschale. Man erkennt, wie die DDR im Inneren funktionierte, wie alles miteinander verwoben war, wie die Partei überall steuerte und kontrollierte, die Menschen zugleich erzog und behütete. Er beschreibt, wie Karrieren gelenkt wurden, wie der sozialistische Wettbewerb lief – Jugendobjekte, Brigadeleben, Traditionskabinett, das Parteilehrjahr.

    Auch wenn die Planerfüllung seine oberste Pflicht war – ein Betriebsdirektor trug nicht nur die Verantwortung für Produktion und Verwaltung, sondern auch für Betriebskinderkrippe und -garten, das Ambulatorium, die Ferienheime und Kinderferienlager, für Gästehäuser, Betriebsküche, Betriebszeitung, Kampfgruppeneinheit, Betriebsgewerkschaftsorganisation. Im Jahreskreis waren Feiern zu organisieren, von Frauentag bis Karnevalssitzung.

    Beck benennt die Lenkungs- und Kontrollgremien, die Machtstrukturen, die Bedeutung der persönlichen Beziehungen, der solidarischen Gefälligkeiten der Betriebsdirektoren untereinander. Auf Schleichwegen half man einander immer wieder über Mängel, Engpässe und Notsituationen hinweg.

    Er wägt die Vor- und Nachteile einer zentralistischen Führung gegeneinander ab ­– eine Debatte, die in Zeiten verschärfter Konkurrenz mit zentralistisch organisierten Großmächten wie China von wachsender Aktualität ist. Als Nachteil sieht er die unflexiblen diktatorischen Abläufe, zu den Vorteilen rechnet er die soziale Sicherheit und die „exzellente Bildung für alle“. Wegen solcher Vorteile habe „eine große Mehrheit die Diktatur nicht als solche“ empfunden, schreibt Beck. 160.000 Kritiker des Systems habe es gegeben, „das entsprach einem Prozent der DDR-Bevölkerung“. Im Wernigeröder Werk war jeder vierte Mitarbeiter ein Genosse, also Mitglied der SED.

    Dem Idealismus vieler DDR-Wirtschaftsfunktionäre mit ihren mickrigen, gleichmacherischen Gehältern stellt Beck die gelegentlich eigenwillige Interpretation von Volkseigentum durch Funktionäre gegenüber. Ein besonderes Exemplar dieser gar nicht seltenen Gattung muss der SED-Parteisekretär seines Betriebes gewesen sein, mit Hauptinteresse Schnaps- und Wurstbeschaffung aus „Werbegeschenken“.

    Als Beck 1984 im Alter von 34 Jahren zum jüngsten DDR-Betriebsdirektor berufen wurde, hatten die zuständigen Genossen seine Fähigkeiten erkannt und seine Eignung, eine neue Ära der Industrieproduktion zu gestalten: Wollte die DDR mit ihren Maschinen auf dem Weltmarkt bestehen, ging es ohne Elektronik nicht weiter – CAD-Komponenten mussten her. CAD steht für Computer Aided Design. Unter Beck stieg das Werk in die Produktion von Motoren der nächsten Generation ein.

    1989 schwollen wie überall in der DDR die Diskussionen um Perestroika und Glasnost an, auch und gerade unter Leitungskräften und SED-Genossen. Das Kapitel für das Jahr 1989 stellt Wolfgang Beck unter die Überschrift „Macht der Emotionen“: In der Werksführung wuchs der Wunsch nach Veränderungen, zugleich aber auch der nach einer gesicherten Zukunft. Der Plan war zu erfüllen; die alte Staatsspitze erwies sich als handlungsunfähig. Die Ereignisse überschlugen sich. Als die Mauer fiel, gehörte besagter Parteisekretär zu den Ersten, die sich auf den Weg über die nahe Staatsgrenze machen, um das Begrüßungsgeld, die DM des Klassenfeindes, abzugreifen.

    Fortan ersetzte Unternehmergeist den Plandruck, statt Meinungsmonopol galt Vielfalt. Die Idee, das Volkseigentum über die Ausgabe von Anteilsscheinen an den Betrieben zu retten, stand zur Debatte. Beck erinnert sich, wie Treuhandchef Detlef Rohwedder für eine Ertüchtigung der DDR-Wirtschaft statt ihres Ausverkaufs plädiert habe und ihn im persönlichen Gespräch aufgefordert habe, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Man müsse verhindern, dass „Ostdeutschland das Land der Tochterunternehmen wird“.

    Technologiediebstahl im Sinn

    Nun wurden auch Anzeichen manifest, dass ein westlicher Elektromotorenbetrieb „unter dem Mantel des Altruismus die Chance sah, durch Übernahme und Umbewertung an in seinem Betrieb fehlendes Eigenkapital zu kommen“, schreibt Beck. Mit Rohwedders Ermordung bekamen solche Tendenzen nach 1991 ihre Chance.

    Unter der neuen Treuhandchefin Birgit Breuel (kein Studienabschluss, „Vertreterin des Großkapitals“) seien „Betriebe systematisch liquidiert und verkauft“ worden. Auch die soeben entstandene Elektromaschinenbau AG bekam neue Chefs. Beck schreibt: „Der neue Aufsichtsratsvorsitzende Reinhard Engel von der Buderus AG machte bei seinem ersten Besuch im Elmo deutlich, dass ein naher Verwandter von ihm an bestimmten Technologien des Werkes interessiert sei, womit er höflich den Technologiediebstahl umschrieb, der ihm im Sinn stand.“

    Der Betrieb kämpfte nun um seine Selbstständigkeit. Becks Erfahrung: „Um das Elmo zu destabilisieren, war jedes Mittel bis zur Diffamierung willkommen.“ Die Überlebenschancen sanken. Beck berechnet den Verkaufswert nach dem üblichen Verfahren: Umsatz mal Faktor drei bis vier. Da der Elmo-Umsatz bei 300 bis 400 Millionen D-Mark lag (allein für das West-Geschäft, sozialistische Staaten und Inland nicht eingerechnet), „wäre dies auf einen Verkaufspreis von einer bis eineinhalb Milliarden DM hinausgelaufen“.

    Elmo ging dann für wahrscheinlich ungefähr 50 bis 70 Millionen DM an die Merkle-Gruppe. Diesen Preis schließt Beck aus bekannt gewordenen Zahlen wie einem „Verlustvortrag“ von 800 Millionen DM – die „Mitgift“ des Deals, wie Beck sagt. Statt 50 Millionen Verkaufspreis wäre mindestens das Zehn- bis 20-Fache gerechtfertigt gewesen.

    Nicht jeder DDR-Betrieb hatte eine solche Substanz, Verschleiß- und Abschreibungsgrade waren unterschiedlich hoch. Aber generell gelte, so Beck: „Werte wurden einfach verschenkt.“ Das Vorgehen im Fall Elmo nennt er „einen Verrat am Volkseigentum der DDR“ – prototypisch für die neue Treuhand-Zielrichtung.

    Die neuen Manager übertrafen dann den alten Parteisekretär : „Einer begann seinen Tag im Elmo immer mit einem Glas Champagner, ein anderer hatte bereits einen großen Motorenbetrieb im Westen in die Insolvenz geführt, der nächste ließ sich per Taxis die Zigarren ins Büro bringen …“, schreibt Beck. Bald wurde ihm nahegelegt, „den Umstrukturierungsprozess nicht weiter zu stören“.
    Als Ossi-Exot beim West-Adel

    Als er noch als Ossi-Exot zu noblen Westpartys eingeladen wurde, erlebte Beck noch andere Überraschungen: Auf dem Anwesen eines adeligen Wirtschaftslenkers entdeckte er ein Trainingsgerät für die Pferde – angetrieben mit einem Elektromotor aus Wernigerode.

    In seinem Fazit führt Beck Ost- und mehr als 30 Jahre Westerfahrung zu Vorschlägen zusammen, wie eine Gesellschaft aussehen könnte, die anders als die Marktwirtschaft die eigenen Lebensgrundlagen nicht zerstört. Ihm schwebt eine „wissenschaftlich fundierte Lenkung der Gesellschaft, kontrolliert von einem Gremium, etwa einem Parlament oder Konzil“ vor. Mithilfe von Digitalisierung sollten die Emotionen „zunehmend eliminiert werden: „Das Gezänk von Parteien wäre überflüssig. Es siegten Vernunft, Logik und Bildung und es entstünde eine Bedarfswirtschaft. Die Zeit dafür ist reif.“ Alles hat ein Ende, auch die Marktwirtschaft.

    Aber wohin mit den vermeintlich störenden Emotionen? Wohin mit den emotionalen Menschen? Einige von Becks zehn Thesen klingen plausibel, andere krass oder zumindest utopisch. Aber man wird ja darüber debattieren können.

    –—


    Wolfgang Beck als Werkdirektor/privat

    Biografisches

    Werdegang: Abitur, Lehre als Elektromonteur, Militär, Studium in Dresden mit Abschluss Diplomingenieur für Elektroniktechnologie, Promotion, gleichfalls auf dem Gebiet der Elektronik.

    Karriere: Im Alter von 34 Jahren wurde er als Werkdirektor des VEB Elektromotorenwerke Wernigerode eingesetzt – er war der jüngste Werkdirektor der DDR. Er blieb auf diesem Posten bis zum Ende der DDR.

    Das Buch

    Autor: Dr. Wolfgang Beck

    Titel: Alles hat ein Ende – auch die Marktwirtschaft. Wolfgang Beck, der letzte Betriebsdirektor des VEB Elektromotorenwerk Wernigerode (Elmo), erzählt von der Planwirtschaft und dem wirtschaftlichen Ab- und Aufbruch nach 1990

    Verlag: Rohnstock Biografien, Berlin, Mai 2023

    Umfang & Preis: 268 Seiten, 19,90 Euro

    #Allemagne #RFA #DDR #histoire #socialisme #capitalisme #économie #privatisation

  • Le 8 mai et la réhabilitation du nazisme en Allemagne | Peter Schwarz

    Les 8 et 9 mai, Berlin accueille traditionnellement de nombreux événements commémoratifs pour marquer la fin de la Seconde Guerre mondiale en Europe. À ces deux dates, la Wehrmacht allemande signa la capitulation sans conditions en 1945 à Reims, en France, et à Berlin-Karlshorst, en Allemagne. Le régime nazi fut finalement écrasé. Adolf Hitler s’était suicidé huit jours plus tôt.

    https://www.investigaction.net/fr/le-8-mai-et-la-rehabilitation-du-nazisme-en-allemagne
    #RFA #nazi

  • Angela Merkel admet que les accords de Minsk n’ont été signés que pour donner du temps à l’Ukraine - Donbass Insider

    Six mois après la déclaration de l’ancien président ukrainien Petro Porochenko, qui a dit lors d’une interview qu’il n’avait jamais été question d’appliquer les accords de Minsk, et qu’ils n’étaient qu’un moyen pour l’Ukraine de gagner du temps, l’ancienne chancelière allemande, Angela Merkel, vient de dire la même chose dans une interview au Zeit, finissant ainsi de jeter le peu de crédibilité des pays occidentaux à la poubelle.

    https://www.donbass-insider.com/fr/2022/12/09/angela-merkel-admet-que-les-accords-de-minsk-nont-ete-signes-que-po
    #Ukraine #RFA #Russie #France

  • Helmut Kohl : Die Wende von 1982 - Persönlichkeiten - Geschichte - Planet Wissen
    https://www.planet-wissen.de/geschichte/persoenlichkeiten/helmut_kohl/pwiediewendevon100.html#Geistig-moralische-Wende

    L’an 1982 marque le début de la fin de l’état-providence ouest-allemand. Le petit parti libéral FDP laisse tomber son partenaire social-démocrate et entre forme une coalition parlementaire avec les chrétiens-démocrates sous Helmut Kohl. Depuis les gouvernements consécutifs pratiquent les privatisations de plus en plus totales. L’amplification de la crise actuelle par les mesures contre le coronavirus offre la chance d’abandonner cette politique.

    Pourtant on a l’impression que le ministre de la santé allemand Jens Spahn tente de vendre les patients allemands aux multinationales. Faute de mieux il ne peut privatiser que leurs données, les hôpitaux ayant été tranformés en entreprises privées il y a un moment déjà.

    Als Helmut Kohl 1982 zum Kanzler gewählt wird, sehen das viele Beobachter als Irrtum der Politikgeschichte. Zu unbeholfen, zu provinziell wirkt Kohl. Doch der mächtige Pfälzer glaubt an sich und seine Mission: Er will Deutschland nicht nur politisch, sondern auch moralisch erneuern.

    Mit Beharrlichkeit ins Kanzleramt

    Das „Aussitzen“ galt vielen als herausragendes Kennzeichen seines Politikstils: Helmut Kohl taktierte, zögerte und schob Probleme und offene Fragen vor sich her, bis sich diese von alleine erledigt hatten oder leichter zu entscheiden waren.

    Zu dieser Taktik griff er nicht erst, als er Regierungschef im Kanzleramt wurde. Genau genommen verhalf ihm seine Beharrlichkeit überhaupt erst dorthin.

    Kohls erste und wichtigste Phase des Aussitzens dauert sechs Jahre und beginnt 1976. Als Kanzlerkandidat der CDU schrammt er mit einem überragenden Ergebnis von 48,6 Prozent knapp an der absoluten Mehrheit vorbei. Die sozialliberale Regierung unter Bundeskanzler Helmut Schmidt bleibt, wenn auch geschwächt, im Amt.

    Kohl ist der starke Führer einer Opposition, die nur darauf warten muss, bis die SPD/FDP-Regierung auseinanderbricht – so seine Vorstellung. Die Liberalen (FDP) kämen dann schon wieder zu ihrem „natürlichen“ Koalitionspartner (den Unionsparteien CDU und CSU).

    Und tatsächlich: Es knirscht mächtig zwischen den Regierungsparteien, vor allem Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) wird immer wieder eine Nähe zur Union und seinem Duzfreund Kohl nachgesagt, den er aus gemeinsamen Tagen im ZDF-Verwaltungsrat kennt.
    Franz Josef Strauß, ein Parteifreund als Gegenspieler

    Allerdings gibt es auch in der Union starke Differenzen nach der so knapp verlorenen Wahl. Die CSU will mehr Eigenständigkeit und beschließt, die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag aufzulösen. Erst Kohls Drohung, die CDU als Konkurrenz zur CSU in Bayern zu etablieren, diszipliniert die Schwesterpartei.

    Dennoch geht CSU-Chef Franz Josef Strauß aus dem Konflikt als Sieger hervor – Kohls Ansehen hingegen ist beschädigt. Strauß lästert offen über Kohls „Unfähigkeit“ und inszeniert sich als heimlicher Herrscher der Union.

    Kohls Problem erledigt sich von selbst: Er überlässt Strauß den Vortritt als Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl von 1980. Strauß verliert gegen Bundeskanzler Helmut Schmidt und zieht sich nach Bayern zurück. Und Kohl? Seine Position ist gestärkt – dank der Aussitz-Taktik.

    Das Ende der sozialliberalen Koalition

    Schon die Koalitionsverhandlungen 1980 zwischen SPD und FDP gestalten sich schwierig. Der wirtschaftsliberale FDP-Flügel um Otto Graf Lambsdorff entfernt sich immer weiter von der Linie der SPD, die ständig neue Schulden macht, um die wirtschaftlichen Probleme zu bekämpfen. Und auch in der Außenpolitik gibt es immer mehr Differenzen.

    Kohl wittert seine Chance. Die Kontakte zu den Liberalen hat er schon zuvor gepflegt, auch als er auf der Oppositionsbank saß. Offiziell hält er im Sommer 1982 sichtbaren Abstand zur FDP-Spitze.

    Allerdings versichert er Genscher in einem kurzen Gespräch vieldeutig: „Im Übrigen musst du wissen, dass du nicht ohne Netz turnst.“ Die FDP könne also auf die Unterstützung der Union setzen, falls es zu einem vorzeitigen Ende der Regierungskoalition käme.

    Im September 1982 kommt es dann zum Bruch: Wirtschaftsminister Lambsdorff (FDP) schickt Bundeskanzler Helmut Schmidt ein wirtschaftspolitisches Konzept, das unvereinbar mit der SPD-Politik ist – und als „Scheidungspapier“ interpretiert wird.

    Die vier FDP-Minister treten zurück, und am 1. Oktober 1982 kommt es im Bundestag zu einem konstruktiven Misstrauensvotum gegen Kanzler Schmidt. Helmut Kohl erhält 256 der 495 gültigen Stimmen und wird somit zum neuen Bundeskanzler gewählt. Nach sechs Jahren des Aussitzens ist er endlich am Ziel.

    Kohls Lösung: eine „geistig-moralische Wende“

    Für Kohl ist damit nicht bloß eine neue Koalition an der Macht. Der Regierungswechsel sei eine „geistig-moralische Wende“, sagt er mehrmals. Er sieht seinen Politikstil als vom Zeitgeist abgekoppelt und plädiert für die Rückbesinnung auf Werte, Traditionen und bürgerliche Tugenden.

    Deutschland befinde sich seit mehr als einem Jahrzehnt – er meint damit die SPD-Regierungsjahre – in einer „geistig-moralischen Krise“. Das nationale Selbstverständnis sei verunsichert, ebenso wie das Verhältnis der Deutschen zu ihrer Geschichte, zu Staat und Recht, und zu vielen grundlegenden ethischen Werten und sozialen Tugenden.

    Kohl steht für eine neue Sicherheit. Er will „Ehrlichkeit, Leistung und Selbstverantwortung“ eine neue Chance geben.

    Bestätigung durch die Wähler

    Kohl ernennt im Eilschritt eine Regierungsmannschaft, lässt ein Programm schreiben und stürzt sich in die Arbeit. Allerdings hat sein Amt einen Makel – auch in den Augen des Kanzlers: Er ist zwar parlamentarisch durch den Bundestag legitimiert, aber eben nicht direkt durchs Volk.

    Als strenger Verfechter demokratischer Prinzipien sucht Kohl die unmittelbare Bestätigung. Im Dezember 1982 stellt er im Bundestag die Vertrauensfrage, die Mehrheit der Abgeordneten von Union und FDP enthält sich. Der Weg für Neuwahlen im März 1983 ist frei.

    Mit 48,8 Prozent erzielt die Union ein Traumergebnis. Kohl sieht sich und seine Politik bestätigt und macht sich voller Elan an die Regierungsarbeit, um Deutschland zur versprochenen Wende zu verhelfen.

    Der Schwung und die Hoffnungen, die seine Wähler mit Kohl verbinden, gehen allerdings schnell verloren. Kohl agiert unbeholfen und entscheidungsschwach. Er sitzt die Probleme aus, mal wieder.

    Ende 1983 erreicht die Flick-Spendenaffäre die höchsten Kreise von Union und FDP: Wirtschaftsminister Lambsdorff tritt zurück, Kohl wird vor den Untersuchungsausschuss zitiert, wo er eine Falschaussage macht.

    Die CDU versucht dies als „Blackout“ darzustellen, doch spätestens jetzt fällt Kohl sein hoher ethischer Anspruch vor die Füße: Den Begriff der „geistig-moralischen Wende“ benutzen fortan nur noch seine Kritiker – mit Hohn.

    #Allemagne #histoire #privatisations #capitalisme #RFA #CDU #FDP

  • Wider besseres Wissen (Tageszeitung junge Welt)
    https://www.jungewelt.de/artikel/388954.handelsbeziehungen-wider-besseres-wissen.html

    Voici une analyse détaillée du dématèlement de l’économie est-allemande à partie de 1990. On n’a que rarement l’occasion de lire des textes d’une qualité comparable. On apprend deux choses :
    1. L’industrie de l’Allemagen de l’Est était très moderne et mieux adaptée aux besoins des marchés de l’Europe de l’Est que les entreprises en #RFA.
    2. Les nouveaux dirigeants venus de l’Ouest furent incapables de comprendre se contexte, alors ils ne prenaient pas de décisions permettant une transformation des entreprises modernes et leur adaptation au monde de la concurrence capitaliste.

    23.10.2020 von Jörg Roesler - Vor rund 30 Jahren schlossen die BRD und die UdSSR den »deutsch-sowjetischen Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit«. Das ergänzende Wirtschaftsabkommen ging auf Kosten des Osthandels der DDR-Betriebe.

    Am 9. November 1990 wurde zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR der »Vertrag über gute Nachbarschaft, Partnerschaft und Zusammenarbeit«, kurz Partnerschaftsvertrag, geschlossen. Bei diesem Abkommen handelte es sich – in der Sprache der Diplomatie – um einen Generalvertrag, dem eine Reihe von Einzelverträgen zugeordnet war. Diese regelten unter anderem die zeitliche Begrenzung der Stationierung sowjetischer Truppen im Osten Deutschlands, die Zusammenarbeit mit der sowjetischen Regierung im Bereich Rechtshilfe, Kriegsgräber- und Denkmalpflege sowie die Neugestaltung des Außenhandels zwischen beiden Vertragsstaaten. Am selben Tag wurde der »Vertrag über die Entwicklung einer umfassenden Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft, Industrie, Wissenschaft und Technik« unterzeichnet – eines von mehreren Folgeabkommen, die notwendig wurden, nachdem Bundeskanzler Helmut Kohl und DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière die Verträge zur »Vereinigung« beider deutscher Staaten im Juli 1990 unterzeichnet und Anfang Oktober in Kraft gesetzt hatten.

    Die Vertragspartner gaben sich einige Mühe, die Bevölkerung über die Bedeutung der Verträge zu informieren und diese in der Öffentlichkeit populär zu machen: Der Bundeskanzler empfing den sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow feierlich in Bonn. Beide Staatsmänner versicherten, dass der »Generalvertrag« die »Epoche der Konfrontation« zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion beenden und eine neue Ära in den bilateralen Beziehungen beider Staaten einleiten würde. Die deutsch-sowjetische Zusammenarbeit sei zu intensivieren und weiter auszugestalten.
    Einspruch der Experten

    Die bundesdeutsche Politik und die Presse stimmten bezüglich der erzielten Abkommen Lobeshymnen an, auch auf die zur Wirtschaftskooperation getroffenen Vereinbarungen. Der DDR-Außenhandel mit der Sowjetunion – so wurden die »alten« und die »neuen« Bundesbürger informiert – sei bis Ende der 1980er Jahre zwar bedeutend und vom Umfang her so groß wie der mit der Bundesrepublik gewesen. Allerdings habe er unter systembedingten Beschränkungen gelitten. Diese hätten sich daraus ergeben, dass die SED-Wirtschaftsführung »keinen Überblick über die wirklichen kurz-, mittel- und langfristigen Kosten« und somit »keine rationale Basis für die Teilnahme am internationalen Handel« gehabt habe. Im Zweifelsfalle habe sie sich daher »vermutlich immer für die Eigenproduktion entschieden«.¹

    Mit anderen Worten, die Möglichkeiten, die der internationale Handel bot, seien im Warenaustausch der DDR mit der UdSSR nie ausgeschöpft worden. Diese Zeiten seien nunmehr als Ergebnis der Einführung der Marktwirtschaft bundesdeutschen Typs auf dem Gebiet der DDR und dank Perestroika auch in der Sowjetunion vorbei. Das deutsch-sowjetische Handelsabkommen ermögliche nunmehr auch den Betrieben Ostdeutschlands, von den Vorzügen des Freihandels mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) ungehindert Gebrauch zu machen. Auf bisher aus planwirtschaftlichen bzw. politischen Gründen verordnete Aus- und Einfuhren könnten die ostdeutschen Betriebe nunmehr zugunsten gewinnorientierten Austauschs verzichten. Ostexporte unter diesen neuen Bedingungen würden dann zur generellen Stabilisierung und zum Aufschwung auch der ostdeutschen Wirtschaft beitragen.

    Diese Auffassungen über die Chancen der ehemaligen DDR-Unternehmen, deren Handel mit den Staaten Osteuropas entsprechend den neuen vertraglichen Regelungen nun nicht mehr durch den Staat bevormundet werde, teilten jedoch nicht alle Wirtschafts- und Handelsexperten der Bundesrepublik. Einspruch kam von Mitarbeitern des in Westberlin angesiedelten Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und Wissenschaftlern der deutschen Niederlassung des renommierten McKinsey-Instituts aus den USA.

    Was empfahlen DDR- und Ostexperten des DIW wie Doris Cornelsen und Heiner Flassbeck den nun bundesdeutschen Unternehmen?² Die Vorschläge des DIW waren nicht von ideologischen Grundsätzen bestimmt, sondern orientierten sich an überprüfbaren Tatsachen. Ausgangspunkt ihrer Überlegungen war die Branchenstruktur des DDR-Osthandels. Im Unterschied zur im Westen weit verbreiteten Auffassung, dass Staaten mit Planwirtschaft vor allem binnenwirtschaftlich orientiert waren, habe der Außenhandel in der DDR eine große Rolle gespielt. So wurde etwa im Jahr 1987 ein Sechstel der Gesamtproduktion der DDR exportiert. Mehr als ein Drittel der im Lande produzierten elektronischen Erzeugnisse, der Grundchemikalien, der Textilien, Konfektions- und Lederwaren fanden im Ausland ihren Absatz. Bei Maschinen und Ausrüstungen, Metallwaren, Glas- und Feinkeramik lag die Exportquote sogar bei über 25 Prozent. Wie bei einem hochentwickelten Industrieland zu erwarten, waren die Importe der DDR eher grundstofforientiert. Bezogen auf die inländische Produktion waren die Importe besonders hoch bei Erdöl und Erdölprodukten (68 Prozent) sowie bei Eisen und Stahl (44 Prozent). Derartige Importe konnten in großem Maßstab aus den osteuropäischen Ländern, vor allem der Sowjetunion und Polen, der Tschechoslowakei sowie Ungarn, bezogen werden. Diese Ausrichtung des DDR-Außenhandels rechnete sich. Im Durchschnitt, so hatten die Ostexperten des DIW in ihren Analysen festgestellt, deckten die Ostexporte in die Länder des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) die betrieblichen Produktionskosten plus die Gewinne, also die »Abführungen an den Staat«.

    Rentabilität war somit laut den DIW-Experten im Osthandel gegeben. Dementsprechend war er, auch in Zeiten, als der Kalte Krieg und damit der Wirtschaftskrieg zwischen Ost und West nachließ, weiter ausgebaut worden. Ende der 1980er Jahre hatte für die Industriezweige des Stahl-, Maschinen- und Fahrzeugbaus und der Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik in der DDR der Absatz in den sozialistischen Ländern eine drei- bis viermal so große Bedeutung wie der Absatz in den westlichen Industriestaaten. Die Experten des DIW, die ein Verfahren entwickelt hatten, wie man die Rentabilität des Handels der DDR mit den sozialistischen und den nichtsozialistischen Ländern vergleichbar machen konnte, hatten auf dieser Grundlage für das Ende der 1980er Jahre ermittelt, dass »im Handel mit dem sozialistischen Ausland insbesondere in den Industriezweigen der Elektrotechnik, Feinmechanik, Optik vergleichsweise hohe Stückerlöse erzielt« wurden. Sie waren – ausgehend von ihren eigenen Berechnungen – zuversichtlich, dass dies grundsätzlich auch nach der Währungsumstellung von DDR-Mark auf BRD-Mark so bleiben würde.
    Selbst McKinsey warnt

    Wie aber sahen Experten von anderen Forschungsinstituten die Chancen für die Betriebe der DDR unter den veränderten Bedingungen für den Handel mit den osteuropäischen Staaten im Herbst 1990? Was empfahl zum Beispiel die in Düsseldorf angesiedelte US-Beratungsfirma McKinsey der Bundesregierung und dem bundesdeutschen Management? Die Experten von McKinsey rieten wie die Experten vom DIW von einer totalen Neugestaltung des Osthandels der DDR-Betriebe ab. Sie plädierten in einer Studie³ ebenso für die Beibehaltung und den Ausbau des Handels der ostdeutschen Betriebe mit der Sowjetunion und den anderen Ländern des RGW, und zwar aus folgenden Gründen: »Die Ostmärkte, dabei insbesondere der Markt der UdSSR, sind unter mehreren Aspekten für die Entwicklung der neuen Länder von zentraler Bedeutung: Das bisherige DDR-Angebot ist in vielen Bereichen auf diese Nachfrage spezialisiert und kann sie ohne größere Investitionen mit bestehenden Produktionsanlagen bedienen. Die zumindest teilweise Aufrechterhaltung dieser Geschäfte stellt für viele Unternehmen eine Grundvoraussetzung dafür dar, dass sie den Übergang (in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) schaffen können.«

    Die deutsche Niederlassung von McKinsey plädierte darüber hinaus für die Unterstützung von Exporten in den RGW-Raum durch die Bundesregierung, um so »mittel- bis langfristig Handelsbeziehungen auf paritätischer Basis zu stärken.« Zur Stabilisierung des für die weitere Entwicklung der ostdeutschen Wirtschaftsunternehmen so wichtigen Osthandels, argumentierte McKinsey weiter, »ließen sich möglicherweise deutsch-russische Mischgesellschaften konzipieren, die eine wichtige Katalysatorrolle zwischen den Ländern einnehmen und die langfristige Wirtschaftsentwicklung stärken«. Die neuen Bundesländer würden so zum »Marktplatz und ›Training Center‹ des Ostens«.

    Doch eine solche Unterstützung für die DDR-Betriebe sahen die wirtschaftlichen Aspekte des deutsch-sowjetischen Partnerschaftsvertrages prinzipiell nicht vor. Die Bonner Politiker, auch diejenigen, die nunmehr für den Osthandel zuständig waren, und die die Verantwortung für die Gestaltung der Rahmenbedingungen des Handels der ostdeutschen Betriebe mit der Sowjetunion übernommen hatten, waren offensichtlich völlig überzeugt davon, dass der Markt »es schon richten würde«, wenn nur die den Warenaustausch angeblich bevormundenden und beschränkenden Planvorgaben der DDR-Regierung wegfallen würden.

    Diese ideologisch verblendeten Vorstellungen waren typisch für die Berater der Bundesregierung. Sie unterschätzten im Unterschied zu den angeführten Experten von McKinsey und vom DIW die neuen Probleme für den Handel der Ex-DDR-Betriebe. McKinsey hat diese in ihrer Studie so beschrieben: »Der Export in den RGW-Raum vollzieht sich nicht mehr innerhalb eines Weichwährungsgebietes mit der Umrechnungswährung Transferrubel. Die Exporte werden in voll kompatibler Hartwährung fakturiert. Sie stoßen damit auf die gleichen Probleme von internationalem Wettbewerb und Devisenverfügbarkeit wie der gesamte West-Ost-Handel.« Der schlagartige Wegfall der bisherigen Abschirmung müsse, so McKinsey, für den ostdeutschen Wirtschaftsraum zu einem Einbruch führen.

    Wovor McKinsey gewarnt hatte, trat tatsächlich ein. Die Berater der Bundesregierung, die die Ratschläge des DIW und des McKinsey-Instituts ignorierten, versagten mit ihren Prognosen hinsichtlich der wirtschaftlichen Aussichten der ostdeutschen Betriebe kläglich. Die Aufhebung des »Weichwährungsgebietes RGW« erschwerte darüber hinaus nicht nur den Export der ostdeutschen Unternehmen nach Osteuropa, sondern brachte auch für die Sowjetunion und die anderen RGW-Länder Devisenprobleme, die sie veranlassten, ihrerseits die Importe von bisher geschätzten DDR-Erzeugnissen, vor allem des Maschinenbaus und der Elektrotechnik, trotz deren hoher Qualität zurückzufahren.

    Angesichts der nackten Tatsachen entschied sich die Bundesregierung dann doch für »Stützungsmaßnahmen für den Export in die Sowjetunion« im Rahmen des »Gemeinschaftswerks Aufschwung Ost«. Zu diesen Maßnahmen gehörte die Verschiebung der völligen Deregulierung des Warenaustauschs Ostdeutschlands mit den Staaten des RGW auf den Beginn des neuen Jahres (1991). Von ihrem Umfang her kamen die Stützmaßnahmen der Bundesregierung jedoch längst nicht an das von den DIW- und McKinsey-Experten vorgeschlagene Regelwerk heran. Dementsprechend blieben positive Ergebnisse der bescheidenen Fördermaßnahmen weitgehend aus.

    Der Osthandel war somit nicht in der Lage, während der schwierigen Phase der Umstellung der ostdeutschen Industrieunternehmen infolge der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion ein Stabilitätsanker zu bleiben. Der Ostabsatz der ehemaligen DDR-Industriebetriebe ging nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zwischen Juli und Dezember 1990 von 48,9 auf 20,2 Millionen DM zurück. Die Bestellungen, die im Juli noch die Produktionskapazitäten der Industrie für die folgenden fünf Monate abgedeckt hatten, verringerten sich bis zum Dezember derart, dass nur noch zwei Monate im voraus abgedeckt waren.

    Das unter dem Dach des deutsch-sowjetischen Abkommens am 11. November 1990 vereinbarte Wirtschaftsabkommen verdient somit die Bezeichnung Partnerschaftsabkommen kaum, jedenfalls nicht was die Interessen Ostdeutschlands und seiner Industriebetriebe, die ihre Produktionsstruktur auf den Handel mit der Sowjetunion, Polen und anderen RGW-Mitgliedsländern ausgerichtet hatten, betraf.
    Alternative schrittweiser Übergang

    Rückblickend betrachtet kann man für die westdeutschen Verhandlungspartner deren Unkenntnis der Funktionsweise der RGW-Wirtschaft und eine daraus resultierende Befangenheit nicht als Entschuldigung gelten lassen. Vorschläge prominenter Wirtschaftsinstitute für die Gestaltung des Ost-West-Handels unter den seit 1990 veränderten Bedingungen lagen vor. Auch hätte ein Blick auf die Assoziationsverträge, die zeitlich parallel zum deutsch-deutschen Abkommen zwischen der EWG einerseits und Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei andererseits ausgehandelt und beschlossen wurden, ihnen zu denken geben müssen: Diese Abkommen hatten auf ökonomischem Gebiet das gleiche Ziel wie der deutsch-russische »Partnerschaftsvertrag« bezüglich des ostdeutschen Außenhandels: die Beseitigung des »Weichhandels« und den Übergang zum Freihandel zwischen den drei Staaten und den EWG-Ländern.

    Als Vorbild für die Vertragsgestaltung mit Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei betrachtete die EWG den »Partnerschaftsvertrag« jedoch nicht. Denn bei den Assoziierungsverträgen ging es nicht, wie im Falle des »Partnerschaftsvertrages« um die Errichtung einer Freihandelszone ad hoc wie auch im Falle der deutschen Währungsunion, sondern um eine stufenweise Einführung des freien Warenverkehrs. In den Bestimmungen zur Liberalisierung des Handels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und ihren drei osteuropäischen Partnerländern wurden bei der Gestaltung des Ablaufs der Marktöffnung nicht nur die Interessen der EWG, sondern auch die Polens, Ungarns und der Tschechoslowakei berücksichtigt. Die drei Länder, die 1990 etwas mehr als ein Drittel ihres Außenhandels mit der westeuropäischen Wirtschaftsgemeinschaft abwickelten, hatten darauf bestanden, dass nach Vertragsabschluss eine Überschwemmung ihrer nationalen Märkte durch Waren aus den EWG-Ländern verhindert wurde. Für die meisten Handelsgüter gab es dementsprechend zunächst noch keine ungebremste Einfuhr in die osteuropäischen Vertragsländer. Bei einer Reihe von Produkten, wie bei Textilien und Stahl, sahen die Verträge darüber hinaus zunächst noch Mengenbeschränkungen für die Wareneinfuhr aus den EWG-Ländern vor, die die heimischen Industrien in den drei osteuropäischen Partnerländern eine gewisse Zeit schützten. Diese Importquoten wurden erst sukzessive aufgehoben. Dieser ausgehandelte »Liberalisierungsfahrplan« räumte den drei Partnerländern insgesamt vier bis fünf Jahre Zeit ein, ehe sie ihre Märkte den Anbietern aus EWG-Ländern vollständig öffnen mussten. Um die Festlegungen zum Tempo der Aufhebung dieses Handelschutzes, um die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Liberalisierungsschritten, war zäh gerungen worden.

    Der im Ergebnis dieser Verhandlungen die Interessen beider Seiten berücksichtigende »Liberalisierungsfahrplan«, so schätzten ihn jedenfalls die das Vertragswerk untersuchenden Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ein, »räumt den drei Partnerländern vier bis fünf Jahre Zeit ein, ehe sie ihre Märkte den Anbietern aus den EWG-Ländern völlig öffnen müssen«. Diese vertraglich geregelten Beschränkungen für den ungeschützten Warenverkehr, betonte man im DIW, seien unbedingt notwendig, »angesichts des schwierigen Weges, den die drei Länder vor sich haben, um ihre Volkswirtschaften marktwirtschaftlichen Regeln anzupassen«. Entsprechende Sonderbestimmungen hätten wegen der sehr ähnlichen Interessenlage der DDR und ihrer östlichen Nachbarländer auch in den deutsch-sowjetischen »Partnerschaftsvertrag« für den Osthandel der ostdeutschen Betriebe eingebaut werden müssen und auch können. In der Retrospektive waren die vier bis fünf Jahre, die den osteuropäischen Vertragspartnern von der EWG gewährt wurden, genau die Zeit, die der DDR-Wirtschaft für ihre Umstellung auf den westeuropäischen Markt fehlte.
    Gezielte Wirtschaftsschädigung

    Auch das EWG-Mitglied Bundesrepublik Deutschland stimmte im übrigen den drei Assoziierungsverträgen zu. Warum bezog man seitens der Bundesregierung bei der Abfassung des Wirtschaftsvertrages vom 9. November 1990 diese von ihr hinsichtlich der anderen RGW-Länder offensichtlich geteilte Einsicht über die Notwendigkeit behutsamen Vorgehens nicht auch auf die DDR?

    Die Herstellung der Anschlusses an die BRD, über die Kohl und de Maizière seit März 1990 verhandelt hatten, hätte Sonderregelungen im Bereich der zeitweisen Beibehaltung von Zöllen für Industriewaren ostdeutscher Produzenten beim Handel mit osteuropäischen Staaten durchaus vertragen. Das große Ausmaß der wirtschaftlichen Schäden für die ostdeutsche Industrie hätte damit vermieden werden können. Das beweist ein Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung in Ungarn, Polen und der Tschechoslowakei. In keinem der drei Länder brach die Wirtschaftsleistung nach 1990 so stark ein wie in der ehemaligen DDR. Der Treuhandanstalt wäre weniger Anlass gegeben worden, den Umgestaltungsprozess, dem sich die DDR-Betriebe unterziehen mussten, so brutal durchzuführen.

    Beim Aushandeln des am 9. November 1990 unterzeichneten Generalvertrages zwischen der Bundesrepublik und der UdSSR hätte man, damit er die dafür ausgewählte Bezeichnung Partnerschaftsvertrag verdiente, die Interessen der DDR-Wirtschaft, deren historische Prägung durch den RGW-Handel berücksichtigen und den ostdeutschen Betrieben Zeit geben müssen, sich schrittweise auf die neue außenwirtschaftliche Situation einzustellen. Mit anderen Worten, der ostdeutschen Wirtschaft hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, wie bei den Verhandlungen Polens, Ungarns und der Tschechoslowakei mit der EWG ihre eigenständigen Interessen quasi als dritten Partner in den Vertrag einzubringen, um ihn damit auch für die Ostdeutschen zu einem Partnerschaftsvertrag zu machen.

    Anmerkungen

    1 Christian Heimann: Systembedingte Ursachen des Niedergangs der DDR-Wirtschaft. Peter Lang-Verlag, Frankfurt a.M. 1997, S. 76

    2 Vgl. unter anderem den Wochenbericht 6/90 des DIW vom 8.2.1990 zur »Reform der Wirtschaftsordnung in der DDR und die Aufgaben der Bundesrepublik«

    3 McKinsey & Co.: Überlegungen zur kurzfristigen Stabilisierung und langfristigen Steigerung der Wirtschaftskraft in den neuen Bundesländern. Düsseldorf 1991

    #crise #DDR #économie #politique #Allemagne

  • Leben in der DDR: Im Osten zu Hause, im Westen in die Schule | Berliner-Kurier.de
    https://www.berliner-kurier.de/berlin/kiez---stadt/leben-in-der-ddr-im-osten-zu-hause--im-westen-in-die-schule-32671180

    Als mein Vater von der Arbeit kam, rannte ich zur Tür und fiel ihm in die Arme. Das machte ich jeden Abend. Und wie an jedem Abend roch er nach Rasierwasser, und seine Bartstoppeln kratzten mich an den Wangen, obwohl er sie am Morgen erst abrasiert hatte. Ich freute mich auf die Gute-Nacht-Geschichte, die er mir gleich erzählen würde. Doch dann spürte ich, dass an diesem Abend etwas anders war. Meine Eltern warfen sich Blicke zu, die ich nicht deuten konnte.

    Als ich im Bett lag, setzten sie sich zu mir und sagten: „Nächste Woche ziehen wir um. Nach Ost-Berlin.“

    Ich verstand erst einmal gar nichts. Wir lebten in Mariendorf, tief im Westen. Klar, mein Vater arbeitete in Ost-Berlin, das wusste ich, er war Kulturattaché am ägyptischen Kulturbüro, das an die Botschaft angebunden war, und besaß den Diplomatenstatus. Er pendelte jeden Tag über die Grenze in die Friedrichstraße. Auch das wusste ich.

    Im Osten hatte er eine Zweitwohnung, spärlich eingerichtet, im zehnten Stock eines Hochhauses am Hackeschen Markt, die ihm die Botschaft zur Verfügung stellte. Manchmal übernachteten wir dort. Doch das waren immer nur kurze Besuche, die nie länger als einen Tag dauerten.

    Wo würde ich zur Schule gehen? Würde ich meine Freunde nicht mehr sehen?

    Wenn ich an Ost-Berlin dachte, sah ich graue Häuser mit Einschusslöchern in den Fassaden vor mir. Ich konnte mir nicht vorstellen, dort zu leben. Wo würde ich zur Schule gehen? Würde ich meine Freunde nicht mehr sehen?

    Die nächsten Tage verbrachte ich mit dem Versuch, meine Eltern umzustimmen. Ich stritt, ich bettelte, ich kreischte und weinte. Doch es half alles nichts. Meine Mutter erklärte mir, dass mein Vater so öfter bei uns sein könne. Meine Kindersachen wurden in Kisten verstaut, mein Vater brachte eine nach der anderen in den Osten. Ich schwor, dass ich diesen Umzug meinen Eltern nie verzeihen würde – vor allem nicht meinem Vater, der ja schuld war an allem.

    Erst viel später verstand ich, dass die Botschaft auf einen Umzug gedrängt hatte, mein Vater war schließlich ein Repräsentant Ägyptens in Ost-Berlin, es machte sich bei Staatsempfängen nicht gut, wenn zur Sprache kam, dass er mit seiner Familie im Westen wohnte.

    Es gab vieles, was ich erst später verstand. Zum Beispiel, warum meine Mutter durchsetzte, dass ich weiterhin in West-Berlin zur Schule gehen konnte. Sie wollte mich nicht aus meiner vertrauten Umgebung reißen. Sie glaubte nicht daran, dass wir lange in Ost-Berlin bleiben würden. Der Umzug sollte eine Übergangslösung sein – es war das Jahr 1986, wir blieben bis nach der Wende.

    Jeden Tag durch den Tränenpalast

    Ich bekam ein Dauervisum für Angehörige des Diplomatischen Dienstes. Damit durfte ich an der Grenze den Diplomatenübergang nutzen und konnte fast ohne Kontrolle von Ost nach West und zurück pendeln. Ich war sieben Jahre alt, ich wohnte jetzt also in Ost-Berlin – und ging in West-Berlin zur Schule. Jeden Morgen und jeden Nachmittag lief ich allein durch die Diplomatenschleuse des Grenzübergangs im Tränenpalasts. Und ich hasste es jeden Tag.

    Wie schwer die Entscheidung, in den Osten zu ziehen, meinen Eltern gefallen sein muss, vor allem meiner Mutter, auch das begriff ich erst viele Jahre später. Mein Vater und meine Mutter lernten sich in der DDR kennen. Es waren die späten 70er-Jahre, mein Vater, der in Leipzig promoviert hatte, arbeitete in Kairo als Rechtsanwalt, als er für einen Vortrag in seine alte Studentenstadt eingeladen wurde. Er stieg in Ost-Berlin in den Zug, im Abteil begegnete er meiner Mutter, einer hübschen Germanistikstudentin.

    Sie verliebten sich, doch war von Anfang an klar, dass sie keine Beziehung führen durften. Der Vater meiner Mutter war Offizier, als Ingenieur wartete er die Triebwerke der Regierungsstaffel Honeckers. Ägypten war in den 70er-Jahren eines der modernsten arabischen Länder und orientierte sich mehr und mehr Richtung Westen. Meine Mutter und mein Vater hätten nicht einmal miteinander reden dürfen.

    Als die Stasi ihre Beziehung entdeckte, begann für meine Familie eine schwere Zeit. Mein Großvater verlor seine Position als Offizier, weil er sich weigerte, seine Tochter nie wiederzusehen. Meine Mutter wurde tagelang verhört, an der Uni wurde ihr zunächst untersagt, die Diplomprüfung abzulegen, und als sie dagegen erfolgreich Widerspruch einlegte, ließ man sie durch die Prüfung fallen. „Ein Diplom brauchen Sie ja nicht mehr, da Sie einen Ausländer aus dem Westen heiraten wollen“, gab der Prüfer ihr mit auf den Weg. „Ich gehe davon aus, dass die DDR für Sie keine Heimat mehr darstellt.“

    Doch meine Mutter war schon immer eine hartnäckige Frau, Sie setzte durch, dass sie die Prüfung doch noch ablegen konnte und bestand diese mit Auszeichnung.

    Sie bekam eine Stelle als Lehrerin an einer Schule in Schöneweide und wurde schwanger. Regelmäßig bestellte die Stasi sie jetzt in das Amt für Volksbildung im Plänterwald, so erzählte sie es mir später. Man setzte sie unter Druck, malte ihre – und meine – Zukunft in düsteren Farben.

    Meine Mutter bekam große Angst, man würde sie verhaften oder mich ihr wegnehmen, sie litt unter Panikattacken, der Schuldirektor nannte sie nur noch „Frau Staatsfeindin“, und ihr wurde klar, dass sie in diesem Land keine Perspektive mehr hatte. Nach meiner Geburt beschlossen meine Eltern, nach Ägypten zu gehen.

    Für meine Mutter wurde das Leben dort nicht leichter. Die deutsche Schule in Kairo, an der sie sich bewarb, erkannte ihr DDR-Diplom nicht an. Sie saß mit einem Kleinkind in einem fremden Land, dessen Sprache sie nicht verstand, dessen Frauenbild nicht zu dem passte, was sie aus der DDR gewohnt war. Auch hier hatte sie keine Zukunft, Schließlich beantragte sie die westdeutsche Staatsbürgerschaft, und wir zogen nach West-Berlin.

    Neues Zuhause: ein Hochhaus namens „Windmühle“

    Ich hatte eine glückliche Kindheit in Mariendorf, ich erinnere mich an das viele Grün, an die Spielplätze, alles war sehr beschaulich. Der Umzug nach Ost-Berlin riss mich aus meiner kleinen Kinderwelt. Ich verstand damals nicht, wie groß dieser Schritt erst für meine Mutter gewesen sein musste, und auch nicht, warum sie mich um keinen Preis in eine Schule in der DDR geben wollte, deren System sie so tief enttäuscht hatte.

    In dem Hochhaus in der Rochstraße 9, das wegen seines Grundrisses Windmühle genannt wurde, wohnten damals auch andere Diplomaten. Die Museumsinsel, das Rote Rathaus und der Fernsehturm waren nicht weit. Von meinem Kinderzimmerfenster aus sah ich auf die S-Bahngleise und den Schulhof der Schule nebenan. Die Kinder, die dort spielten, kannte ich nicht. Ich stieg jeden Morgen am Bahnhof Marx-Engels-Platz, der heute Hackescher Markt heißt, in die S-Bahn und fuhr bis zur Friedrichstraße, bis zum Grenzübergang im Tränenpalast. Vor den hohen Fenstern der Abfertigungshalle drängte ich mich durch die Menschenmassen, jeder wollte der Erste in der Schlange sein, niemand kümmerte das Kind mit blauem Schulranzen, das allein im Gedränge stand. Ich bekam im Laufe der Jahre viele Ellenbogen an Kopf und Schulter.

    Hatte ich es endlich in den Tränenpalast geschafft, passierte ich die quälend langsame Gepäckkontrolle. Jede Tasche wurde geöffnet und durchsucht. Gleich daneben gab es einen schmalen Gang, der immer leer war. Das war mein Gang. Die ersten Male ging ich ihn an der Hand meiner Mutter hinunter. Sie lief die Strecke mit mir gemeinsam ab, um sicherzugehen, dass ich meinen Schulweg allein bewältigen konnte.

    Als ich zum ersten Mal allein über die Grenze ging, stellte ich mich trotzdem erst mal in die lange Schlange, es erschien mir nicht richtig, einfach daran vorbeizugehen, ich war schüchtern, ich wollte nicht auffallen. Da entdeckte mich der Grenzer und rief: „Du bist doch Diplomatin, du musst hier nicht stehen. Da vorn ist dein Durchgang!“ Alle starrten mich an. Die verwunderten, teils aber auch missbilligenden Blicke brannten sich in meinen Rücken, ich spüre sie bis heute.

    So viele Menschen starben bei dem Versuch, aus der DDR zu fliehen. Und auch, wenn ich das damals nicht hatte wissen können – es verfolgt mich bis heute, dass ich, ein kleines Kind, einfach so an allen vorbeigehen durfte, ich wurde nicht mal richtig kontrolliert. Es war ein Privileg, das ich nicht verstand, das mir unangenehm war. Noch heute kann ich nicht gut an einer wartenden Schlange vorbeigehen, nicht am Flughafen, nicht nachts im Club, ich stelle mich an, selbst wenn ich auf der Gästeliste stehe.

    Obwohl ich mich schämte, hatte ich irgendwann genug Selbstvertrauen gesammelt, meinen Kinderausweis in der Menge hochzuhalten. Ich versuchte, dabei so lässig wie möglich auszusehen, später machte es mir sogar ein wenig Spaß. Das war schon was, dort einfach durchzulaufen, wie eine ganz wichtige kleine Person. Die Grenzer kannten mich: Ein Kind, das den kaum besuchten Diplomateneingang zweimal am Tag passierte, fiel eben auf. Ihre Namen hingegen erfuhr ich nie.

    Begegnungen mit Lolek und Bolek

    In „meiner“ Diplomatenschleuse – so nannte ich sie, weil ich dort nie jemand anderen sah – stand ein Häuschen, in dem zwei Grenzer saßen, die sich im Schichtdienst abwechselten: Einer war hager und hatte stechende Augen, der andere war dicklich. Ich erfand Namen für sie, nannte sie Lolek und Bolek, wie die polnischen Kinderbuchfiguren, die ich immer etwas gruselig fand, oder auch der Dicke und der Dünne, wie die beiden Gendarmen in den Saint-Tropez-Filmen mit Louis de Funès.

    Lolek – oder Bolek – saß erhöht hinter einer Scheibe und blickte von oben auf mich herab. Ohne ein Wort von sich zu geben, schaute er mir prüfend in die Augen, dann wieder auf mein Passbild, wieder in meine Augen. Er durchblätterte meinen dreiseitigen Kinderpass Tag für Tag aufs Neue, als gäbe es dort einen Geheimcode zu entdecken, der nur durch besonders angestrengtes Hineinschauen sichtbar gemacht werden konnte.

    Je älter ich wurde, desto frecher traute ich mich zu sein. Einmal fragte ich den Grenzer: „Bonjour, ça va? Heute schon jemanden verhaftet?“ Ich wollte ihm eine Reaktion entlocken, irgendeine. Er aber verzog keine Miene. Es ist nicht so, dass Lolek und Bolek unfreundlich waren, nur unnahbar. Tagein, tagaus sah ich die gleichen regungslosen Gesichter, die gleiche professionelle Kälte.

    Wenn etwas die Eintönigkeit meines Schulwegs durchbrach, war es meistens unangenehm. Einen Vorfall habe ich bis heute nicht vergessen, und ich verstand danach das erste Mal, warum die Menschen den Grenzübergang an der Friedrichstraße „Tränenpalast“ nannten.

    Ich wollte gerade durch meine Diplomatenschleuse gehen, als die alte Frau, die neben mir an der Gepäckkontrolle stand, anfing zu schreien und zu weinen, die Grenzer hatten ihr die Durchreise in den Westen verweigert. Ich sah noch, wie sie weggeführt wurde. „Aber ich will doch nur einmal meinen Enkel sehen!“, rief sie. Der Grenzer fischte einen Bilderrahmen aus ihrem Koffer, der noch immer auf der Gepäckablage lag, und schmiss ihn in den Mülleimer.

    Die Verzweiflung der Frau, die Ungerechtigkeit des Ganzen und vor allem die Willkür, all das spürte ich – nur in Worte fassen konnte ich diese Gefühle als Kind noch nicht. Wenn ich meinen Eltern abends von Situationen wie dieser erzählte, wichen sie aus, vielleicht, weil sie dachten, dass ich noch zu klein war, weil sie meine kindliche Unschuld bewahren wollten. Das führte dazu, dass in mir nach und nach eine große Wut entstand. Und später, als ich merkte, dass ich nichts an dieser Situation ändern konnte, eine große Resignation.

    Nach der Schleuse durchquerte ich den Transitbereich und lief schließlich durch einen langen gekachelten Gang hinunter zum Bahnsteig der U6. Ich sehe diesen Gang noch heute in meinen Träumen. Es sind Träume, in denen ich laufe und laufe und nirgendwo ankomme. Mittlerweile ist die Farbe der Kacheln in meinen Erinnerungen verblasst. War es mintgrün?

    Ich nahm dann die Bahn bis zur Endstation. In der Schule angekommen, fühlte ich mich endlich wie eine ganz normale Schülerin.

    Ein exotisches Geschöpf in Ost-Berlin

    Die Schule war lange Zeit der Lichtblick in meinem Alltag, das Stück Normalität, nach der ich mich so sehr sehnte. Obwohl in meiner Klasse alle wussten, dass ich im Osten wohnte, gab ich mir große Mühe, dass meine Wohnsituation nicht zur Sprache kam. Wenn die Klassenliste zu Beginn des Halbjahres alphabetisch durchgegangen wurde, hoffte ich inständig, dass niemand mehr zuhörte, wenn der Lehrer meine DDR-Postleitzahl und die Telefonnummer mit der Vorwahl für Ost-Berlin vorlas.

    In der Fünften wurden wir mit einer anderen Klasse zusammengelegt, die neue Lehrerin ging die Klassenliste laut durch, um zu prüfen, ob Anschrift und Telefonnummer richtig vermerkt waren. Als sie bei mir angelangt war, stockte sie und rief: „Was ist das denn für ein Unsinn, das ist ja in der DDR!“ Ich schloss die Augen. Die Lehrerin wollte mir partout nicht glauben, dass ich in der DDR wohnte. Sie wurde so böse, dass sie mich zur Strafe draußen im Vorraum vor dem Klassenzimmer platzierte. Der Direktor kam dann glücklicherweise vorbei und klärte sie auf. In der Pause bombardierten mich die neuen Mitschüler mit Fragen.

    Die schönsten Tage waren die, an denen es hitzefrei gab. Während die anderen Kinder Hausaufgaben machten, hetzte ich zurück über die Grenze. Wenn alles reibungslos verlief, war ich in knapp einer Stunde wieder im Osten, eine halbe Stunde brauchte ich, um zu essen, dann fuhr ich wieder zurück. Wie immer kam ich auch an diesen Tagen zwar als Letzte im Schwimmbad an, aber es blieb mir etwas mehr Zeit als sonst, ich konnte durchatmen.

    Oft aber lief es nicht reibungslos. Zwischen den Geisterbahnhöfen Französische Straße und Friedrichstraße blieb die U-Bahn gerne sehr lange im Tunnel stehen. Im Waggon war es dunkel, es wurde ganz still, die anderen Fahrgäste schauten sich nervös um, als hätten sie Angst, dass sich plötzlich die Türen öffnen würden und sie von nun an im grauen Osten wohnen müssten. Und ich saß zwischen ihnen und platzte innerlich vor Wut. Jede Minute, die wir hier herumstanden und warteten, fehlte mir am Ende mit meinen Freunden im Westen.

    Zu Hause wärmte ich das von meiner Mutter am Vorabend gekochte Mittagessen in der Mikrowelle auf und hetzte erneut los in Richtung Westen. Im Schwimmbad blieben mir dann meist nur zwei Stunden, ehe die anderen Kinder wieder nach Hause mussten. Ich nahm all das in Kauf. Denn noch schlimmer als das Gehetze und die endlose Fahrerei war die Einsamkeit zu Hause in unserer Wohnung in Ost-Berlin.

    „Hallo Westmädchen, komm doch mal her!“

    Im Osten hatte ich keine Freunde. Obwohl unser Haus direkt neben einer Schule lag, hatte ich keinen Kontakt zu den Kindern dort. Wenn der Unterricht aus war, standen sie oft vor dem Schulgebäude herum. Für sie muss ich ein exotisches Geschöpf gewesen sein: Ich trug die neusten Jeans und Marken aus dem Westen und war außerdem im Besitz eines knallroten Walkmans, alles Dinge, die für DDR-Bürger nur sehr schwer zu bekommen waren. Die anderen Kinder starrten mich an, ihre Gespräche verstummten, bis ich vorübergelaufen war, dann tuschelten sie. Mich verunsicherte das zutiefst.

    Einige versuchten auch, mit mir Kontakt aufzunehmen, riefen mir zu: „Hallo Westmädchen, komm doch mal her!“ Einmal blieb ich stehen. Es wurde ein schöner Nachmittag, wir hingen auf dem Spielplatz herum, blätterten in der Bravo, die ich aus dem Westen mitgebracht hatte. Am Abend kam ich glücklich und mit roten Wangen nach Hause, erzählte meinen Eltern, dass ich endlich Freunde gefunden hatte. Doch am nächsten Tag gingen sie mir aus dem Weg. Als ich einen von ihnen zu Rede stellte, zuckte er nur mit den Schultern: „Meine Eltern sagen, ich darf nicht mit dir spielen, sie sind in der Partei und bekommen sonst Schwierigkeiten.“ Von da an gab ich mich unnahbar, wenn ich an ihnen vorbeilief, obwohl ich mir nichts sehnlicher wünschte als Freunde in Ost-Berlin.

    Es waren nicht nur die Kinder, die mich anstarrten. Meine dunklen Locken und die westliche Kleidung sorgten auch dafür, dass Erwachsene ganz unverhohlen starrten, in der vollen S-Bahn, in der Markthalle oder einfach auf der Straße. Wenn ich durch die Stadt ging, zog ich also den Kopf ein wie eine Schildkröte; manchmal ertappe ich mich heute noch in dieser Haltung.

    Meine Freundin Anja

    Meine Freunde aus West-Berlin konnten mich nur nach wochenlanger Planung besuchen, sie mussten dann extra ein Visum beantragen. Ulrike, eine meiner ältesten Freundinnen, erzählt mir heute manchmal, wie stolz sie war, mich zu kennen, wie fasziniert die Leute waren, wenn sie berichtete, eine Freundin in Ost-Berlin zu haben. Unsere Wohnung in der Rochstraße mit ihren üppigen Teppichen und den Kronleuchtern wirkte auf Ulrike geradezu pompös, dabei war mein Zimmer sehr klein. Manchmal liefen wir zusammen zum Alexanderplatz, turnten um den großen Brunnen herum. Die Klassenkameraden, über die wir uns dabei unterhielten, waren in diesem Moment sehr weit weg.

    Die Nachmittage, an denen Ulrike da war, gehören zu den Glücksmomenten meiner Kindheit. Meistens aber war ich allein. Es war ja schon schwierig, mit jemandem im Westen zu telefonieren. Oft musste ich zwei bis drei Stunden wählen, bis ich eine freie Leitung erhielt, eine Geduldsprobe und zu lang, um sich nach der Schule noch mal drüben zu verabreden. Also saß ich allein zu Hause und sehnte die Schule herbei, in der mein Leben so schön normal war. Vor dem Schlafengehen wünschte ich mir oft, dass wir wieder in den Westen ziehen oder – noch besser – dass die Mauer einfach verschwindet.

    Ungefähr ein Jahr vor der Wende klingelte es bei uns an der Tür. Im Hausflur stand ein Mädchen, sie sagte, sie hieße Anja und wohnte weiter oben im Haus. Mein Vater hatte sie im Fahrstuhl getroffen und gefragt, ob sie nachmittags nicht mal vorbeikommen wolle, seine Tochter würde hier niemanden kennen.

    Anja war ein ruhiges Mädchen, ein Jahr älter als ich, mit blonden langen Haaren und puppenhaften Zügen. Sie sah aus wie Tatum O’Neal, eine Kinderschauspielerin, die ich toll fand. Ich schloss Anja gleich ins Herz. Wir konnten stundenlang auf meinem Hochbett liegen und Musik hören. Ich lud Anja auch oft zum Eisessen in den Palast der Republik ein. Für sie war das etwas ganz Besonderes, als normaler DDR-Bürger stand man dort drei Stunden an, um einen Platz im Café zu erhalten. Mit mir konnte sie einfach an der langen Schlange vorbeigehen. Vorn angelangt, musste ich dem Portier nur sagen, ich sei Diplomatentochter und Anja mein Gast, und wir zwei Mädchen erhielten im voll besetzten Café einen Tisch direkt am Fenster.

    Ich lud Anja immer ein, was mir nichts ausmachte, als Wessi hatte man genügend Ostgeld. Ich war einfach überglücklich, endlich eine Freundin im Osten zu haben. Meine Eltern freuten sich sehr für mich, schließlich hatten sie von heute auf morgen ein gut gelauntes Kind im Haus. Doch dann kam Anja immer seltener. Als ich sie zum letzten Mal traf, saßen wir auf dem Spielplatz vor unserem Haus herum, und sie legte ein Geständnis ab: Als mein Vater sie im Fahrstuhl angesprochen hatte, machte ihre Mutter umgehend Meldung bei der Stasi. Die verlangte von ihr Informationen über unsere Familie. Ich schöpfte nie Verdacht und erzählte Anja bereitwillig, was mein Vater so machte und wo er hinging. Sie verpackte ihre oft beiläufig klingenden Fragen als mädchenhafte Neugier. Und berichtete am Abend alles ihrer Mutter.

    Ich bin mir nicht sicher, warum sie mir am Ende davon erzählte, vielleicht hatte sie Angst bekommen, alles würde jetzt, mit der Wende, herauskommen. Ich war geschockt und wollte sie nie wieder sehen. Ich habe mich noch lange gefragt, ob überhaupt jemals etwas Echtes an dieser Freundschaft gewesen ist.

    Für die Stasi müssen wir ja interessant gewesen sein

    Ich hatte immer ein beklemmendes Gefühl, wenn ich allein in unserer Wohnung in der Rochstraße war, konnte aber nie erklären, warum. Auf unserer Etage lagen noch andere Wohnungen, aber außer dem sehr neugierigen Hausmeisterehepaar und einem Nachbarn habe ich nie einen anderen Bewohner kennengelernt.

    Kurz bevor wir auszogen, klingelte ein Mann an unserer Tür, der sich als Mitarbeiter der staatlichen Telefongesellschaft vorstellte. Er müsste dringend die Funktionsfähigkeit des Telefons überprüfen. Er öffnete das Gehäuse und nahm etwas heraus, das er schnell in seine Tasche steckte. Ohne sich die Mühe zu machen, das Telefon wieder zuzuschrauben, verabschiedete er sich und verschwand. Meine Mutter vermutet, dass wir aus den benachbarten Wohnungen abgehört wurden, was meine Beklemmung erklären würde. Da wir regelmäßig im Westen waren, müssen wir ja für die Stasi interessant gewesen sein.

    Als unter meinem Kinderzimmerfenster die Montagsdemos begannen, war ich zehn Jahre alt. Die Stimmung am Grenzübergang war noch angespannter als sonst, die Menschen waren aggressiv, die Grenzer nervös, keiner wusste, was als Nächstes passieren würde. Den Mauerfall und Günter Schabowskis Pressekonferenz verfolgten wir – wie die meisten – am Fernseher. Ich beobachtete alles wie durch Watte, ich konnte nicht so recht glauben, was da gerade geschah. Wie oft hatte ich mir genau das gewünscht! Jetzt kam es mir unwirklich vor. Erst als ich morgens am Grenzübergang stand, der voll war wie nie, begriff ich, dass alles ganz real war.

    Meine Eltern und ich zogen nach der Wende ans obere Ende der Friedrichstraße, in den leer stehenden Gebäuden um uns herum machten Technoclubs auf, der Tresor, das E-Werk. Als die dritte Großbaustelle neben unserem Haus entstand, gingen wir zurück nach Mariendorf. Da hatte ich meine Vorstadtjugend.

    Sobald ich mit der Schule fertig war, zog ich zurück nach Mitte, wo Berlin jetzt neu und aufregend war, voller Freiräume, in denen wir unsere Partys feierten – und mich doch jede Straße an die Kindheit erinnerte, die ich hier verbracht hatte. Berlin war damals so viel ruhiger, manche Straßen so gut wie menschenleer. Das vermisste ich oft. Ich zog wieder weg, als die Touristen kamen. Ich hatte das Gefühl, sie machten mir mein Mitte kaputt, zerstörten meine Erinnerungen, die ich
    verpackt hatte wie einen kostbaren Schatz.

    Zurück im Tränenpalast

    Ich studierte Jura, wie mein Vater. Während meines Referendariats für das Zweite Staatsexamen im Bezirksamt Mitte sollte ich die Rechtmäßigkeit des Abrisses eines Teils des denkmalgeschützten Tränenpalasts prüfen. In dem Moment holte mich zum ersten Mal die Vergangenheit ein, mir wurde klar, dass ich mich irgendwann damit beschäftigen musste, dass ich nicht für immer weglaufen konnte vor den Bildern aus dem Tränenpalast.

    Ich stellte fest, wie viel von meiner Persönlichkeit heute geprägt ist von meiner isolierten Kindheit in der DDR. Ich verstand, warum ich zum Beispiel so oft nicht innehalten kann, mir alles zu eng wird, es mich an ferne Orte zieht, ich so eine Sehnsucht in mir trage. Aber auch woher die Wut kam, die manchmal wie aus dem Nichts in mir hochstieg und unter der ich lange gelitten habe.

    Heute ist die Wut weg. Jetzt, wo ich älter werde, kann ich auch meine Eltern besser verstehen. Nur wenn ich gefragt werde, woher ich komme, Ost oder West, tue ich mich noch immer schwer. Wer will auf eine kurze Frage hin schon seine Lebensgeschichte erzählen? Ich sage dann mal Ost, mal West, je nachdem, was gerade passt. Und für mich stimmt irgendwie beides.

    Die Berliner Autorin Suzanne Salem

    Suzanne Salem trägt heute keinen Schulranzen mehr, pendelt aber seit kurzem wieder mit der U6 in die Friedrichstraße.

    Seit dem letzten Jahr arbeitet sie ihre Familiengeschichte auf, trägt gute und schlechte Erinnerungen zusammen und führt tagelang Gespräche mit der Mutter und Großmutter. Dabei erfährt sie vieles, was sie noch nicht wusste, über die DDR und ihr Leben vor dem Mauerfall, mit teils erschreckenden, aber auch heilsamen Erkenntnissen. Sie besucht die Orte von früher und setzt sich mit ihren Erinnerungen auseinander.

    Am Ende wird daraus ein Buch entstehen.
    Mehr unter www.suzannesalem.de

    #Berlin #Geschichte #DDR

    • Il n’y a que les plus rusés, chanceux et téméraires qui en plus sont dotés d’une confiance en soi immuable pour vivre ce type d’expérience en restant indemnes.

      Il y a par exemple la copine dont les parents journalistes #RFA vivaient à Berlin-Est à côté du #Checkpoint_Charlie. Le dimanche matin elle allait réguliérement chercher les petits pains pour le petit déjeuner à l’Ouest à Kreuzberg, elle passait ses ses soirées dans la boîte de nuit punk #SO36 d’où elle rentrait au petit matin chez elle à l’Est à moitié soule avec sa coiffure iroquoise en racontant des blagues aux douaniers de l’Est ... elle était adolescente en pleine rebellion, alors il n’y avait rien de mieux que de se moquer des braves gens en uniforme à l’Est comme à l’Ouest.

      Pour elle c’était un jeu alors que pour d’autres les conditions de vie et l’harcèlement par les petits salauds causaient l’impression de vivre sous une pression constante exercée par un pouvoir aux actes aléatoires.

      C’était plus facile à vivre à Berlin-Ouest, pourtant les mêmes gens réationnaires et petits d’esprit y donnaient le ton aussi.

      Dans les années 1970 à l’Ouest la première vague de squatteurs s’attaquait à l’ambiance anticommuniste qui reignait alors dans chaque foyer familial et dans chaque école.

      Ton Steine Scherben - Rauch-Haus-Song (1972, clip vidéo de 1983)
      https://www.youtube.com/watch?v=5l_sfQDsgZg


      https://de.wikipedia.org/wiki/Ton_Steine_Scherben

      Dans les années 1980 le deuxième mouvement de squatteurs occupait plus de 150 immeubles à Berlin-Ouest et libérait définitivement la ville de son ambiance de forteresse anticommuniste.

      Ideal - Berlin (1980)
      https://www.youtube.com/watch?v=J6YRKs_hKFQ


      https://de.wikipedia.org/wiki/Ideal_(Band)

      Grâce à ces mouvement de jeunesse Berlin-Ouest se transformait dans un endroit qui sentait la liberté malgré l’occupation militaire, alors qu’à l’Est les anciens de la guerre contre le fascisme et l’impérialisme gardaient les rênes et réprimaient chaque forme d’expression qu’ils ne comprenaient pas

      Silly - Die verlorenen Kinder (1989)
      https://www.youtube.com/watch?v=nA3fUKdZKQQ


      https://de.wikipedia.org/wiki/Silly_(Band)

      Cette chanson du groupe Silly de Berlin-Est décrit les sentiments des jeunes désireux de s’échapper aux contraintes imposées par les vieux communistes.

      Songtext Silly - Die verlorenen Kinder

      Der Wohnblock liegt am Abend
      Wie ein böses Tier
      Wo sie zu Hause sind
      Der Sprechfunk ruft nach ihnen
      Doch sie bleiben hier
      Wo sie zu Hause sind
      Sie rücken aneinander
      Auf der Spielplatzbank
      Wo sie zu Hause sind
      Der Recorder macht für sie
      Die Dämmerung lang
      Wo sie zu Hause sind
      Wo sie zu Hause sind

      In die warmen Länder würden sie so gerne fliehn
      Die verlornen Kinder in den Straßen von Berlin

      Der Wohnblock spuckt sie in
      Den kalten Wind
      Wo sie zu Hause sind
      Ab und zu nur sieht noch
      Einer frierend hin
      Wo sie zu Hause sind
      Wo die Fenster locken
      Mit so gelbem Licht
      Wo sie zu Hause sind
      Doch sie wissen diese
      Zimmer wärmen nicht
      Wo sie zu Hause sind
      Wo sie zu Hause sind

      In die warmen Länder würden sie so gerne fliehn
      Die verlornen Kinder in den Straßen von Berlin
      Zu den alten Linden die nur in der Ferne blühn
      Die sie nicht mehr finden in den Straßen von Berlin

      Songtext Ideal - Berlin

      Bahnhof Zoo, mein Zug fährt ein,
      ich steig aus, gut wieder da zu sein.
      Zur U-Bahn runter am Alkohol vorbei ,
      Richtung Kreuzberg, die Fahrt ist frei,
      Cottbuser Tor, ich spring’ vom Zug ,
      zwei Kontrolleure ahnen Betrug.
      Im Affenzahn die Rolltreppe rauf,
      zwei Türken halten die Beamten auf.
      Oranienstraße, hier lebt der Koran,
      dahinten fängt die Mauer an.
      Mariannenplatz rot verschrien,
      ich fühl’ mich gut, ich steh’ auf Berlin!
      Ich fühl’ mich gut! (Wir steh’n auf Berlin)
      Ich fühl’ mich gut! (Wir steh’n auf Berlin)

      Graue Häuser, ein Junkie im Tran,
      es riecht nach Oliven und Majoran.
      Zum Kanal an Ruinen vorbei,
      dahinten das Büro der Partei.
      Auf dem Gehweg Hundekot,
      ich trink Kaffee im Morgenrot.
      Später dann in die alte Fabrik,
      die mit dem Ost-West-Überblick.
      Zweiter Stock, vierter Hinterhof,
      neben mir wohnt ein Philosoph.
      Fenster auf, ich hör’ Türkenmelodien,
      ich fühl’ mich gut, ich steh’ auf Berlin!
      Ich fühl’ mich gut, wir steh’n auf Berlin!
      Ich fühl’ mich gut!
      Ich fühl’ mich gut! (Wir steh’n auf Berlin)
      Wir fühl’n uns gut! (Ich steh’ auf Berlin)

      Nachts um elf auf dem Kurfürstendamm
      läuft für Touristen Kulturprogramm,
      teurer Ramsch am Straßenstand,
      ich ess’ die Pizza aus der Hand.
      Ein Taxi fährt zum Romy Haag,
      Flasche Sekt hundertfünfzig Mark,
      fürn Westdeutschen, der sein Geld versäuft.
      Mal sehn, was im Dschungel läuft,
      Musik ist heiß, das Neonlicht strahlt.
      Irgendjemand hat mir ’nen Gin bezahlt,
      die Tanzfläche kocht, hier trifft sich die Scene,
      ich fühl’ mich gut, ich steh’ auf Berlin!
      Ich fühl’ mich gut! (Wir steh’n auf Berlin)
      Ich fühl’ mich gut! (Wir steh’n auf Berlin)

      Berlin, Berlin, Berlin, ...
      Berlin, Berlin, Berlin, ...
      Ich fühl’ mich gut! (Wir steh’n auf Berlin)
      Ich fühl’ mich gut! (Wir steh’n auf Berlin)

      Songtext : Rauch Haus Song

      Der Mariannenplatz war blau, soviel Bullen waren da
      Und Mensch Meier musste heulen, das war wohl das Tränengas
      Und er fragte irgendeinen: „Sag mal, ist hier heut ’n Fest?“
      "Sowas ähnliches", sagte einer, „das Bethanien wird besetzt.“
      "Wird auch Zeit", sagte Mensch Meier, stand ja lange genug leer
      Ach, wie schön wär’ doch das Leben, gäb’ es keine Pollis mehr
      Doch der Einsatzleiter brüllte: „Räumt den Mariannenplatz
      Damit meine Knüppelgarde genug Platz zum Knüppeln hat!“

      Doch die Leute im besetzten Haus riefen:
      „Ihr kriegt uns hier nicht raus!
      Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
      Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus.“

      Der Senator war stinksauer, die CDU war schwer empört
      Dass die Typen sich jetzt nehmen, was ihnen sowieso gehört
      Aber um der Welt zu zeigen, wie großzügig sie sind
      Sagten sie: „Wir räumen später, lassen sie erstmal drin!“
      Und vier Monate später stand in Springer’s heißem Blatt
      Dass Georg-von-Rauch-Haus hat eine Bombenwerkstatt
      Und die deutlichen Beweise sind zehn leere Flaschen Wein
      Und zehn leere Flaschen können schnell, zehn Mollies sein

      Doch die Leute im Rauch-Haus riefen:
      „Ihr kriegt uns hier nicht raus!
      Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
      Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus.“

      Letzten Montag traf Mensch Meier in der U-Bahn seinen Sohn
      Der sagt: „Die woll’n das Rauch-Haus räumen, ich muss wohl wieder zu Hause wohnen.“
      "Is ja irre", sagt Mensch Meier „sind wa wieder einer mehr
      In uns’rer Zwei-Zimmer-Luxuswohnung und das Bethanien steht wieder leer
      Sag mir eins, ham die da oben Stroh oder Scheiße in ihrem Kopf?
      Die wohnen in den schärfsten Villen, unsereins im letzten Loch
      Wenn die das Rauch-Haus wirklich räumen, bin ich aber mit dabei
      Und hau den ersten Bullen, die da auftauchen ihre Köppe ein.“

      Und ich schrei es laut:
      „Ihr kriegt uns hier nicht raus!
      Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
      Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus.“

      Und wir schreien’s laut:
      „Ihr kriegt uns hier nicht raus!
      Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
      Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus.“
      (3x)

  • Mouvement du 2 Juin
    Les irréductibles de Berlin

    Bewegung 2. Juni

    http://lavoiedujaguar.net/Mouvement-du-2-Juin-Les

    Une interview avec Ronald Fritzsch, Gerald Klöpper, Ralf Reinders et Fritz Teufel. Connus sous le nom de « Bande des Quatre de Moabit », ils se trouvaient en prison préventive avec Andreas Vogel et Till Meyer. Depuis l’été 1971, ils étaient membres du Mouvement du 2 Juin, lui-même issu du groupe « Blues ».

    En octobre 1978, le Stern envoyait un questionnaire de vingt-sept questions à la « Bande des Quatre de Moabit » dans l’intention de publier une interview. Les réponses renvoyées par la poste ont été saisies par la justice pour devenir un « élément nouveau du procès ». Le même arrêté de saisie laissait le Stern libre d’apprécier s’il convenait ou non de publier l’article. La rédaction du Stern prise de peur ne dit pas mot de l’affaire.

    #RFA #Berlin #guérilla_urbaine #RAF #prison #anarchisme

  • Autour du Mouvement du 2 Juin
    Entretien avec Norbert Knofo Kröcher

    http://lavoiedujaguar.net/Autour-du-Mouvement-du-2-Juin

    Un entretien avec Norbert Kröcher, dit Knofo, réalisé en décembre 2008 par Sergio Rossi à propos du Mouvement du 2 juin et de Berlin-Ouest lors de la période 1965-1975, traduit par Marseille Infos Autonomes (en collaboration avec contra info) depuis le blog de Salvatore Ricciardi contromaelstrom.

    Norbert Kröcher était rédacteur avec Ronald Fritzsch et Peter-Paul Zahl de la revue FIZZ, de la gauche radicale berlinoise, de tendance anarchiste. Tous trois ont ensuite conflué dans le Mouvement du 2 Juin.

    Sur le Mouvement du 2 Juin, il est important de commencer par dire que ceux qui y ont conflué venaient d’un milieu complètement différent de celui de la Fraction Armée rouge (RAF). Nous étions une grande majorité de prolétaires, tandis que la RAF venait de la petite ou de la haute bourgeoisie. Leur monde était complètement séparé et, de plus, les « classifications » sociales étaient alors beaucoup plus marquées. (...)

    #RFA #2_Juin #anarchisme #Fraction_Armée_rouge #archives #mémoires

  • La ligne de démarcation Est-Ouest un résultat de 1000 ans d’histoire ?

    Un historien autodidacte libre des idées recues des médiévistes allemands décrit le retournement des idées nazies contre leurs auteurs. D’après Frank Helzel le rideau de fer entre la RDA et la RFA aurait suivi l’itinéraire de la frontière entre le territoires slaves et saxons au moyen age.

    Nazis : Himmlers Liebe zum Sachsenherrscher | Rhein-Main - Frankfurter Rundschau
    http://www.fr-online.de/rhein-main/nazis-himmlers-liebe-zum-sachsenherrscher,1472796,28358306.html

    Als Krieger gegen Ungarn und Slawen, als erfolgreiche Eroberer der Gebiete östlich von Elbe und Saale, mithin: als frühe Vorkämpfer einer „Ostkolonisation“, waren die Sachsenherrscher von der deutschen Geschichtsschreibung seit dem 19. Jahrhundert verklärt worden.

    Und die Nationalsozialisten fühlten sich mit ihrer aggressiven Expansionspolitik als Vollstrecker dieses 1000 Jahre alten Erbes: Nicht ohne Grund, meint Helzel, firmierte der Anschluss Österreichs als „Unternehmen Otto“. Und Himmlers Plan, die Bevölkerung der Sowjetunion nach der Eroberung zu vernichten und durch deutsche „Wehrbauern“ zu ersetzen, als „Programm Heinrich“.
    ...
    Helzel zeigt, wie den Deutschen ihr überheblicher Rückgriff auf die Historie nach 1945 auf die Füße fiel. Weil auch Josef Stalin wusste, wie man Machtpolitik symbolisch überhöht.

    In seiner Siegeserklärung vom 9. Mai 1945 drehte der Kremlchef den Spieß um und verlängerte den Weltkrieg nun seinerseits bis ins Mittelalter zurück: „Der jahrhundertelange Kampf der slawischen Völker um ihre Existenz und Unabhängigkeit hat mit dem Sieg über die deutschen Okkupanten und die deutsche Tyrannei geendet.“

    Ganz in diesem Sinne hatte sich Stalin bereits 1944 von den Westalliierten zusichern lassen, bis wohin im besiegten Deutschland die sowjetische Besatzungszone reichen sollte. Nicht zufällig eben so weit nämlich, sagt Helzel, wie vormals das slawische Siedlungsgebiet gereicht hatte. Inklusive der Städte Magdeburg und Quedlinburg, die als ottonische Herrschaftszentren propagandistisch besonders aufgeladen waren.

    Die Rote Armee sollte nicht nur Hitler besiegt haben, sondern, mit einem Jahrtausend Verspätung, auch Heinrich I. und Otto den Großen.

    Dans les discussions en Allemagne on pose la qustion d’une agenda slave de Poutine. La publication de ce livre trouve alors un plus grand echo. Son hypothèse historique me paraît quand même intéressante.

    Frank Helzel publie ses textes sur le site web http://www.himmlers-heinrich.de

    Die Umsetzung der Kolonialkriegserfahrung in die französische Doktrin und die Lehre vom modernen Krieg
    ● Europäische Krieger als „Zenturionen“ im Einsatz gegen koloniale Befreiungskämpfe und nationale „Subversion“ - Zur französischen Doktrin des modernen Krieges und ihrer Ausstrahlung (Teil 1) (Ergänzung 27. Juni 2013)
    http://www.himmlers-heinrich.de/moderner-krieg.pdf
    ● Mit der französischen Doktrin in Afrika (Kongo/Katanga 1961) und in den städtischen Konfliktzonen des 21. Jahrhunderts (Teil 2) (7. August 2013)
    http://www.himmlers-heinrich.de/moderner-krieg-2.pdf

    Le site du König-Heinrich-Schule à Fritzlar
    http://www.khs-fritzlar.de/cms/index.php?option=com_content&view=article&id=80&Itemid=104

    #rfa #rda #staline #himmler #histoire #politique

  • Quatrepoint : « Il faudrait tenir tête à Angela Merkel »
    http://www.marianne.net/Quatrepoint-Il-faudrait-tenir-tete-a-Angela-Merkel_a240717.html

    Pour le journaliste Jean-Michel Quatrepoint, auteur du livre « Le Choc des empires. Etats-Unis, Chine, Allemagne : qui dominera l’économie-monde ? », la situation économique actuelle et notamment la « domination de notre grand voisin » outre-Rhin sont « le produit d’une faillite : celle de la classe dirigeante française qui a choisi de faire passer les intérêts de la construction européenne avant ceux de la France ».

    http://www.marianne.net/photo/art/default/984709-1167500.jpg?v=1408644105

    Jean-Michel Quatrepoint : Pour la petite histoire, j’avais également écrit que le triomphe de Merkel sera cette victoire au Brésil ! Mais soyons sérieux : tout est dans le « presque sans le vouloir ». La domination de notre grand voisin tire sa source de ses propres qualités mais aussi de nos défauts, en tout cas de notre expectative. Déjà à la fin des années 1980, la RFA d’alors accumule d’imposants excédents commerciaux. A la chute du mur, la réunification va contraindre l’Allemagne à renouveler une stratégie qui lui a tant réussi. Désormais intégrée, la RDA ne peut plus jouer les sous-traitants à bas coût (un rapport de 1 à 8 entre l’Ost mark et le Deutsche mark). Pour cela, Kohl va pousser son avantage politique en initiant l’élargissement de l’Union européenne vers la Mitteleuropa, l’espace naturel allemand : la Hongrie, la Tchéquie, les pays baltes et même la Pologne. On retrouve au passage la Germanie, le Saint-Empire romain germanique.
    Le chancelier met tous ses partenaires devant le fait accompli, au premier rang desquels, la France et la Grande-Bretagne. Quant à la Russie, Gorbatchev se fait acheter pour 12 milliards de marks, censés payer le rapatriement des soldats russes. A ce moment-là, l’Europe change de nature. D’une puissance qui se voulait à mi-chemin entre l’URSS et les Etats-Unis, elle devient une simple entité composante du grand marché mondial libre-échangiste.
    L’erreur de Mitterrand, inspiré par Jacques Delors, fut de croire que « voler le mark » à l’Allemagne via la mise en place de l’euro, compenserait notre soudain désavantage. Cruelle, Margaret Thatcher en donnera le vrai sens : « Ce n’est pas l’Allemagne qui s’arrime à l’Europe, mais le contraire ». Voilà la source de la domination Allemande. ...

    >>>

    La force de l’Allemagne est-elle d’avoir le siège de la Banque centrale européenne à Francfort ou d’abriter celui de Mercedes à Stuttgart et BMW à Munich ?

    <<<

    >>>

    « Quand les Allemands ont investi dans l’appareil productif, nous avons construit des ronds-points » !

    <<<

    >>>

    ..Nicolas Sarkozy, puis François Hollande ont cédé, tour à tour, face à la chancelière, et je ne vois aucun des dirigeants actuels capables de lui tenir tête. Pourtant notre situation intérieure est proche de celle de 1958. Le pays a perdu confiance en lui-même

    <<<

    >>>

    Les énergéticiens ont clairement fait comprendre à Merkel qu’une position trop anti-Russes pouvait s’avérer catastrophique pour le pays. A la France de s’appuyer sur eux. Sur eux, mais aussi sur les prémices d’un désamour allemand pour l’atlantisme

    <<<

    #Allemagne
    #industrie
    #Maastricht
    #Merkel
    #monnaie
    #RDA
    #RFA
    #réunification

  • L’article d’un historien dans le SZ qui met en rage au moment les allemands aux réseaux de plus en regardant les contrats de la coopération entre les alliés de l’ouest et l’Allemagne de l’Ouest et ses services secrets pendant les années cinquantes jusqu’au soixante-dix : ils sont encore la base pour la coopération actuelle.

    (a.m.a pas surprenant du tout, ces contrats et leurs exécution)

    Historiker Foschepoth : « Die NSA darf alles machen » - Politik

    http://www.sueddeutsche.de/politik/historiker-foschepoth-ueber-us-ueberwachung-die-nsa-darf-in-deutschland

    Gelten diese Bestimmungen auch in anderen Nato-Staaten?

    Nein. Das Zusatzabkommen haben die drei Westmächte nur mit der Bundesrepublik geschlossen. In diesem Sonderrecht spiegeln sich nach wie vor Sieger- und Besatzungsrecht wider. Der Clou sind allerdings die Grundgesetzänderung, das G-10-Gesetz und die dazu abgeschlossene geheime Verwaltungsvereinbarung von 1968. Scheinbar großherzig gaben die Alliierten die Überwachung an die Deutschen ab, die nun Dienstleister in Sachen Überwachung für die drei Westmächte wurden. Eine völkerrechtlich verbindliche geheime Zusatznote vom 27. Mai 1968 berechtigte die Alliierten außerdem, im Falle einer unmittelbaren Bedrohung ihrer Streitkräfte auch weiterhin eigene Überwachungsmaßnahmen durchzuführen. Es war der Bluff des Jahres 1968. Truppenstatut, Verwaltungsvereinbarung und geheime Note überdauerten auch die Wiedervereinigung, sie gelten bis zum heutigen Tage weiter.

    Was heißt das für uns heute?

    Vieles deutet darauf hin, dass es sogar noch viel schlimmer geworden ist. Die Vernetzung zwischen den Diensten ist enger, die technischen und finanziellen Möglichkeiten wurden immer gewaltiger. Gemessen an dem Umfang der Überwachung, haben wir heute nach Ansicht der Geheimdienste offenbar eine x-mal größere Bedrohungslage als zu Zeiten des Kalten Krieges.

    Welche Grenzen hat ein westalliierter Geheimdienst wie die NSA in Deutschland?

    Im Prinzip keine. Die NSA darf in Deutschland alles machen. Nicht nur aufgrund der Rechtslage, sondern vor allem aufgrund der intensiven Zusammenarbeit der Dienste, die schließlich immer gewollt war und in welchen Ausmaßen auch immer politisch hingenommen wurde.

    #NSA #PRISM #BND #MAD

    #Allemagne #RFA #États_Unis #Royaume_Uni
    #Germany #GFR #USA #UK
    #Deutschland #BRD #Vereinigtes_Königreich #Großbritannien

    #deutsch #allemand #german

  • Les mondes d’hier
    http://www.monde-diplomatique.fr/2013/01/BOUCHARDEAU/48615

    Pour épigraphe de sa dernière œuvre, cette Ville des anges parue en 2010 à Berlin, Christa Wolf (1929-2011) avait choisi une phrase de Walter Benjamin : « Les véritables souvenirs doivent donc, plutôt que procéder à un compte rendu, désigner avec précision le lieu où le chercheur s’en est emparé. » Née en (...) / #Allemagne, États-Unis, #Histoire, #Intellectuels, #Littérature, #Nazisme, #Police, #Seconde_guerre_mondiale_1939-1945, #Services_secrets, #RDA_1949-1990, #RFA_1949-1990 - (...)

    #États-Unis #2013/01