#sankt_augustin

  • [Video] Katastrophale Zustände: So verbreitet sich Corona in der Geflüchtetenunterkunft in Sankt Augustin

    https://www.youtube.com/watch?v=f_es5bJHcfQ

    Auch in bundesweiten Medien machte es Schlagzeilen: In der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes NRW gab es einen rasanten Anstieg an Coronafällen, die gesamte Unterkunft wurde unter Quarantäne gestellt. Perspektive Online hat nun exklusives Bildmaterial und Berichte von BewohnerInnen der Unterkunft erhalten.
    – Ein Bericht von Leon Hamacher.

    Es sind schockierende Szenen, die Perspektive Online aus dem Leben in Corona-Quarantäne erhalten hat: Dutzende Bilder, Videos und Schilderungen von Geflüchteten, die derzeit in der „Zentralen Unterbringungseinrichtung“ in Sankt Augustin bei Bonn untergebracht sind.

    Sie zeigen, warum sich in einer Massenunterkunft Covid-19 so schnell ausbreiten kann: wegen mangelnder Hygiene und Leben auf engstem Raum. Bisher sind schon 165 Menschen infiziert.

    Die Bilder und Videos wurden uns von Meher Faani weitergeleitet. Bis vor kurzem war er in der landesweiten Sammelunterkunft, wurde nach seiner negativen Prüfung auf Covid-19 jedoch zusammen mit einigen anderen in eine Geflüchtetenunterkunft in Schleiden in der Eifel verlegt.

    Meher ist Wissenschaftler, aus dem Iran geflohen und wartet gerade auf das Ergebnis seines Asylverfahrens in Deutschland.

    „Social Distancing“ war unmöglich

    Auf den Bildern, die uns zugesandt wurden, sieht man Zimmer, in denen mehrere Stockbetten auf engem Raum aneinandergereiht sind. Auf einem Bild lassen sich zehn Schlafplätze zählen, es ist nur ein Teil des Raumes zu sehen und unklar, ob es nicht noch mehr sind. Mehrere Familien sollen in einem Zimmer untergebracht sein.

    Schon die Schlafsituation allein hat das „Social Distancing“ für die Geflüchteten unmöglich gemacht. Zudem soll es vor dem Ausbruch des Virus nur jeweils ein Badezimmer für Frauen und Männer gegeben haben. Da in der ZUE fast 500 Menschen untergebracht waren, mussten also mehrere hundert Menschen dieselben sanitären Einrichtungen nutzen.

    Ein weiterer Grund für die Ansammlung von Menschen lag darin, dass es für Frauen und Männer auch nur jeweils einen Raum mit Internet-Zugang gibt. Zudem gibt es nur wenige Möglichkeiten, um Handys und andere Geräte aufzuladen.

    Dies ist für die Geflüchteten jedoch unabdingbar, um beispielsweise Kontakt zu ihren Familien aufzunehmen oder ihr Asylverfahren vorzubereiten.

    Auch nach Beginn der Quarantäne hat sich an der Möglichkeit zum „Social Distancing“ anscheinend nicht viel geändert: Filmmaterial belegt, wie die Geflüchteten in einer Schlange stehen, um – alle am selben Tisch – ihr Taschengeld zu erhalten.

    Unhygienische Zustände

    Eines der uns zugesandten Videos – wie angegeben nach dem Beginn der Quarantäne aufgenommen – zeigt, wie ein Geflüchteter alle Seifenspender in einem der Badezimmer betätigt, die jedoch entweder leer sind oder in die noch nicht einmal ein Behälter eingesetzt ist. nach unseren Informationen sei das keine Momentaufnahme, sondern über einen längeren Zeitraum der Fall gewesen.

    Ein weiteres Bild zeigt, wie Bluttropfen auf dem Boden des Badezimmers verteilt sind.

    Es soll wohl nur sehr sporadisch gereinigt werden. Dieser Eindruck wird auch durch Bilder von Abfallbergen neben den ungeleerten Mülleimern in der Unterkunft bestätigt. Auch vor den hoffnungslos überfüllten Müllcontainern auf dem Hof sammeln sich Berge an Abfallsäcken.

    Ebenso sollen MitbewohnerInnen, die sich extrem unhygienisch verhalten oder in Gemeinschaftsräumen Drogen genommen hätten, nicht vom Rest getrennt worden sein, obwohl es laut Meher Faani sehr viele Beschwerden von den BewohnerInnen gab und sich in einem Fall wohl sogar die Sicherheitsleute der Unterkunft mehrfach an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gewendet haben.

    Inkonsequente Quarantänemaßnahmen

    Bilder vom Außenbereich der Einrichtung sollen zeigen, dass dort infizierte und Menschen mit negativem oder noch ausstehendem Testergebnis nur durch Bauzäune getrennt sind.

    Eine infizierte Person soll außerdem heimlich das Gelände der Unterbringungseinrichtung verlassen haben, da die Sicherheitsleute anscheinend nicht den ganzen Bereich überblicken könnten. Masken seien erst nach dem ersten Corona-Fall bereitgestellt worden.

    Auf einem Bild ist auch Sicherheitspersonal zu erkennen: Es trägt bis auf die Masken keine Schutzausrüstung, die eigentlich notwendig wäre, um mit Infizierten in Kontakt zu treten. Das Sicherheitspersonal darf das Gelände nämlich jederzeit verlassen und ist somit potentieller Überträger.

    Auch der Umgang mit Geflüchteten in Quarantäne stößt auf Unmut. So wurde das Gepäck einer Familie, die isoliert wurde, angeblich unbeaufsichtigt in einem anderem Raum zurückgelassen.

    Unklare Zahl der Infizierten

    Am Sonntag informierte der WDR noch auf Twitter: „Der Rhein-Sieg-Kreis hat klar gestellt, dass es aktuell 70 Infektionen in der Flüchtlingsunterkunft in Sankt Augustin gibt. Die Gesamtzahl der bisher registrierten Infektionen in der Stadt liegt bei 263.“

    Bei den Geflüchteten stieß dies schon da auf Unglauben: „Die Zahl der Infizierten ist mehr als diese Nummer. Sie können die Fotos sehen. Wenn der Rest der Asylsuchenden noch nicht infiziert ist, werden sie es (bald) sein“, sagt uns unser Informant.

    Mittlerweile sind es bereits mindestens 165 Personen (Stand 20.5).

    Psychische Belastung

    In der Sankt Augustiner ZUE werden sogenannte „Dublin-Fälle“ konzentriert, also Fälle, in denen Geflüchtete meist in ein anderes EU-Land abgeschoben werden, damit dort ihr Asylverfahren stattfindet.

    Auch Meher Faani ist von einem Dublin-Verfahren betroffen. Er erzählt uns, dass er seit Monaten auf Information vom BAMF wartet, er habe in dieser Zeit Albträume über seine Abschiebung.

    Er berichtet, dass viele seiner Freunde ähnliche Probleme hätten. Sie würden teilweise seit 15 Monaten auf Ergebnisse warten und fühlen, dass sie ihre Zeit verschwenden. Das allein sei eine massive psychische Belastung für die BewohnerInnen.

    Die Quarantäne würde das Ganze verstärken. Uns wird berichtet, dass manche Gefüchtete langsam ihre Verstand verlieren würden. Psychische Probleme wirken sich bekanntermaßen auch auf die körperliche Gesundheit aus und dürften die Verbreitung des Virus somit vereinfacht haben.

    Die Verantwortlichen

    Wie bereits erwähnt gab es schon vor der Quarantäne viele Beschwerden der BewohnerInnen hinsichtlich der Infektionsschutzmaßnahmen.

    Die ZUE wird durch die „ORS Deutschland GmbH“ betrieben, ein Unternehmen, das sich auf Geflüchtetenunterkünfte spezialisiert hat und noch sechs weitere Unterkünfte in Deutschland betreut. Der auf der Webseite des Unternehmens formulierte Anspruch „neutral, flexibel und achtsam“ lässt sich allerdings nicht mit den gravierenden Vorwürfen vereinbaren.

    Ebenso muss auch das BAMF sich kritische Fragen gefallen lassen: es wurde zumindest über einen Teil der in der ZUE St. Augustin herrschenden Zustände informiert.

    Besonders pikant in dieser Angelegenheit ist, dass der Sankt Augustiner Bürgermeister (CDU) einem Einsatz des Ordnungsamts in der Unterkunft anlässlich einer Test-Aktion des Kreisgesundheitsamtes persönlich beiwohnte. Bei dieser medienwirksamen Inszenierung verlor er kein Wort über die uns beschriebene Situation.

    Ruf nach Solidarität

    Viele der BewohnerInnen sind verzweifelt, sie haben Angst und bekommen kaum Informationen zu ihrer Situation. Meher Faani wendet sich deshalb mit folgenden Worten an uns: „Bitte verfolgt diese Katastrophe dort drin und helft uns, unsere Rechte zu bekommen“.

    #Sankt_Augustin #ORS #covid-19 #video #photo #interview #Meher_Faani

    https://perspektive-online.net/2020/05/video-katastrophale-zustaende-so-verbreitete-sich-corona-in-der-

  • Neue Besen kehren gut Neuer Betreiber für Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge

    Sankt Augustin - Die Gebäude der ehemaligen Medienzentrale der Bundeswehr in der alten Heerstraße beginnen sich wieder mit Leben zu füllen. Fährt man die Waldstraße entlang, an der der Eingangsbereich der Unterkünfte liegt, kann man an den Fenstern der ersten Etage nun wieder bunte Bilder sehen, hinter denen Kinder aus Nigeria, Syrien, Afghanistan und weiteren Staaten spielen.

    Ein Teil des Personals, das bereits für den vorherigen Betreiber arbeitete, konnte gewonnen werden, so der Kommunikationsbeauftragte von ORS Deutschland. Gegründet wurde ORS 1992 in der Schweiz. Erste Aufträge erhielt das Unternehmen durch die Fluchtbewegung, die aus dem Kosovokrieg resultierte.

    2012 gründete das Unternehmen eine Tochtergesellschaft in Österreich, 2014 erfolgte die Gründung einer weiteren Tochtergesellschaft in Deutschland, 2018 in Italien. In Deutschland ist das Unternehmen für Flüchtlingsunterkünfte in Baden-Württemberg, Berlin und seit März diesen Jahres auch für die ZUE Sankt Augustin zuständig. ORS Deutschland ist spezialisiert auf die Betreuung und Integration von Asylsuchenden und Flüchtlingen.

    Nachdem das vorherige Unternehmen laut Bezirksregierung Köln die mit dem Auftrag verbundenen Erwartungen nicht erfüllen konnte und zum 31. Januar diesen Jahres eine vorzeitige Kündigung erfuhr, erfolgte eine erneute Ausschreibung im Rahmen eines vergaberechtlichen Verfahrens, bei dem ORS Deutschland den Zuschlag erhielt. Zuschlagskriterien, respektive Qualitätskriterien mit unterschiedlichen Gewichtungen sind unter anderem die Qualität des Konzepts des Betriebes, des Personals, des Konzepts zur Einbindung von Ehrenamtlichen und Zivilgesellschaft und schließlich der Preis.

    Die ZUE Sankt Augustin bietet im Regelfall maximal Platz für 600 Personen. Die Entscheidung darüber, wieviele geflüchtete Menschen der ZUE Sankt Augustin tatsächlich zugeführt werden, obliegt der Bezirksregierung Arnsberg aufgrund der Zugänge. Derzeit sei die Maximalbelegung aber nur im Ausnahmefall vorgesehen, so ORS Deutschland. Das enge Zusammenleben verschiedener Nationalitäten innerhalb der ZUE und die Begegnung von geflüchteten Menschen und Ortsansässigen, die durch westeuropäische Wertvorstellungen, Normen, Sitten und Gebräuche geprägt wurden, bringt auch Herausforderungen mit sich, die ORS Deutschland mittels zweier Umfeldmanager meistern will. Die ausgebildeten Sozialpädagogen möchten regelmäßig den Kontakt zu den Anwohnern suchen und persönliche Gespräche führen, um Verständnis füreinander aufzubauen. Für die nächsten Tage ist eine Ausgabe von Flyern für die Anwohner geplant, in denen über die Tätigkeiten der Umfeldmanager sowie über Kontaktmöglichkeiten informiert wird.

    Zum Betreuungsangebot in der Einrichtung gehört neben der medizinischen Begleitung Deutschunterricht, Sport- und Freizeitangebote und die Betreuung der Kinder hinter den Fenstern mit den bunten Bildern. Vielleicht können die Kinder mit ihren Betreuern auch die Zäune um das Areal der ehemaligen Medienzentrale mit Bildern oder Blumen verzieren, würde das doch dem Eindruck der Abschottung rein visuell auf bunte Weise entgegen wirken.

    #ORS #Sankt_Augustin #Allemagne

    https://www.rheinische-anzeigenblaetter.de/mein-blatt/extra-blatt/sankt-augustin/neue-besen-kehren-gut-neuer-betreiber-fuer-unterbringung

  • Dem Virus ausgeliefert

    In einem Heim bei Bonn haben sich 130 Asylbewerber infiziert. Helfer bemängeln, dass es in Sammelunterkünften nicht möglich ist, Abstand zu halten.

    In einem Flüchtlingsheim in Sankt Augustin bei Bonn haben sich mindestens 130 Bewohner mit dem Coronavirus infiziert. Die zuständige Bezirksregierung Köln bemüht sich nun, die bislang etwa 320 Insassen zu trennen und negativ getestete Asylsuchende in alternativen Unterkünften zu beherbergen. Eine Sprecherin der Behörde räumte ein, es sei „eine Herausforderung“, in der Anlage den vom Robert-Koch-Institut empfohlenen Mindestabstand von 1,5 Metern zu wahren.

    Die „Zentrale Unterbringungs-Einrichtung“ (ZUE) des Landes Nordrhein-Westfalen hat eine Kapazität von 600 Betten. Ein Sprecher der privaten Betreiberfirma ORS Deutschland GmbH sagte der Süddeutschen Zeitung, seit Beginn der Corona-Krise würden maximal sechs Personen auf einem Zimmer untergebracht. Sämtliche Insassen seien angehalten, im Haus Mundschutz zu tragen. Weder die Bezirksregierung noch ORS konnten auf SZ-Nachfrage eine Mindestvorgabe nennen, wie viele Quadratmeter jedem Einwohner zustehen. Seit Sonntag bemüht sich ORS, die positiv und negativ getesteten Bewohner zu verlegen. Trotz psychologischer Betreuung hätten sich verunsicherte Flüchtlinge zum Teil massiv dagegen gewehrt.

    In seinen fünf Erstaufnahme-Einrichtungen und den 29 ZUEs hat das Land NRW derzeit 11 348 Asylsuchende untergebracht. Hilfsorganisationen kritisieren die Zustände in den Sammelunterkünften seit Beginn der Covid-19-Pandemie. „Wir haben gewarnt, dass dies Brutstätten für Corona sind“, sagte am Montag Birgit Naujoks, die Geschäftsführerin des Flüchtlingsrates NRW. Das Bundesland verletze gegenüber den Flüchtlingen exakt die Vorgaben, die für den Rest der Bevölkerung zum Schutz vor einer Infektion gelten würden. Naujoks bemängelte, dass das Ministerium für Flüchtlinge und Integration seit Mitte März keine Asylsuchenden mehr in kleinere Unterkünfte in die Städte und Gemeinden überstelle. Dadurch steige die Auslastung in den zentralen Lagern und erhöhe so das Gesundheitsrisiko. Am Montag erklärte eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung, man wolle „nun schrittweise mit den Zuweisungen von Asylsuchenden beginnen“ und vorab die Kommunen besser informieren.

    Gegen die Zustände hatten zuletzt zwei Geflüchtete geklagt. Das Verwaltungsgericht Münster sprach einer schwangeren Frau und einem an Hepatitis-B erkrankten Mann das Recht auf eine besser geschützte Unterkunft zu. Auch in Flüchtlingsheimen anderer Bundesländer kam es schon zu Corona-Ausbrüchen.

    #ORS #NRW #Sankt_Augustin #covid-19 #Allemagne

    https://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-dem-virus-ausgeliefert-1.4911509