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    Entscheidung ohne BVV: Ein Verkauf der Villa Schmarjestraße 14 ist umstritten
    Veröffentlicht am 20.09.2018 von Boris Buchholz

    Der CDU-Fraktionschef bedankte sich in der Bezirksverordnetenversammlung am Mittwoch ausdrücklich bei seiner Bezirksbürgermeisterin dafür, dass sie die Villa in der Schmarjestraße verkaufen möchte. Der FDP-Fraktionschef dankte der Jugendstadträtin der SPD herzlich, dass sie in der „Geistervilla“ ein Schutzhaus für Frauen und Kinder errichten wollte. Sie sehen, bei der Causa Schmarjestraße scheiden sich die Geister.

    Dabei hatte das Ehepaar Mehnert die besten Absichten, als es seine Villa dem Bezirk vermachte: Im Testament stehe, dass der Bezirk dort ein Altenwohnprojekt etablieren solle, erklärte Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowksi. „Der Wortlaut ist eindeutig und lässt einzig die Nutzung der Altenhilfe zu“, sagte sie. „Von Anfang an“ sei es für das Bezirksamt unmöglich gewesen, „die Auflage des Testaments zu vollziehen“. 1989 sei die Erblasserin verstorben; bis 2012 nutzte eine Kita des Vereins „Weg der Mitte“ das Gebäude, Frau Mehnert hatte noch selber den Mietvertrag unterschrieben. Nach dem der Bezirk die Kita aus dem Haus geklagt hatte, stand ab 2012 das Haus „erstmals in der Verfügungsgewalt des Bezirks“, so die Rathauschefin. Seitdem steht die Schmarjestraße 14 leer.

    Im Juni lehnte das Bezirksamt eine Vorlage der Jugendstadträtin Carolina Böhm (SPD), das Haus dem Senat zu übertragen und ein Schutzhaus für Kinder und Jugendliche zu etablieren, mit den Stimmen der Stadträte von CDU und Grünen ab; die beiden SPD-Stadträte waren dafür. Die Bezirksamtsmehrheit will das Haus verkaufen und den Erlös an Stiftungen übertragen, die im Bezirk in der Altenhilfe tätig sind.

    „Nüchtern juristisch“ betrachtet liege „die Idee von Frau Richter-Kotowski doch nahe“, sagte Torsten Hippe (CDU), „der Erblasser wollte Senioren unterstützen“. Außerdem sei es wegen des Denkmalschutzes nicht möglich, für das zweite Obergeschoss einen zweiten Rettungsweg zu errichten. Und: Auf dem Grundstück liege die Auflage, eine sogenannte Grunddienstbarkeit, weder ein Gewerbe einziehen zu lassen, noch Lärm zu erzeugen. Was das verstorbene Ehepaar wollte, interpretierte Jan Kellermann (SPD) anders: „Der Erblasser wollte eine soziale Nutzung in diesem Haus.“ Die Mehnerts hätten nicht gewollt, dass mit dem Verkaufserlös in ihrem Sinne gehandelt werde, sondern dass in ihrem Haus, ihrer Wohnung, ein Ort für soziales Handeln entstehe.

    Der liberale Kay Ehrhardt, von der FDP stammte auch die Große Anfrage zur Schmarjestraße, brachte noch zwei andere Themen auf das parlamentarische Parkett. „Haben Sie es denn schriftlich von der Senatsfinanzverwaltung, dass wir einhundert Prozent des Verkaufserlöses bekommen? Oder sagen Sie, 25 Prozent sind genug?“, fragte er die Bürgermeisterin. Sie blieb eine Antwort schuldig. Der Hintergrund: Normalerweise erhalten die Bezirke nur ein Viertel der Erlöse aus Grundstücksverkäufen; der Rest geht in die Landeskasse. Ehrhardts zweiter Punkt: „Sie entscheiden etwas, ohne uns 55 darüber zu informieren“; er meint damit die Bezirksverordneten. „Wir sind hier, um sie zu kontrollieren.“ Mehrere Redner beklagten, dass die BVV und speziell der Jugendhilfeausschuss niemals über den anstehenden Verkauf der Villa informiert worden seien. Rena Peterson (Grüne), sie ist Vorsitzende des Ausschusses für Frauen und Gleichstellung, bestätigte: „Dass ist am Ausschuss vorbeigegangen.“

    Zwei Wortbeiträge möchte ich Ihnen nicht vorenthalten: Zum einen erklärte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Gerald Bader, dass der Umgang mit der Villa in der Schmarjestraße dafür spreche, „dass der Bürgerwillen in unserem Bezirk keine Rolle spielt“. Und der Sozialdemokrat Norbert Buchta wunderte sich über die Eile des Bezirksamts und über die konkreten Verwendungspläne des Verkaufserlöses. Das schnelle Handeln ohne die BVV beteiligen zu wollen, könne er sich nicht erklären – „es sei denn, Sie haben einen Investor an der Hand“.

    Am Dienstag kommender Woche (25. September, 17.30 Uhr) tagt der Jugendhilfeausschuss; die Schmarjestraße wird Thema sein. Immerhin befindet sich das Haus im Fachvermögen der Abteilung Jugend.

    #Berlin #Zehlendorf #Schmarjestraße #Politik #Immobilien

  • Immobilienstreit in Berlin-Zehlendorf: Dieses Haus sollte längst bewohnt sein - Berlin - Tagesspiegel
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    Haus in der Schmarjestraße verrottet

    Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf lässt eine geerbte Traumimmobilie auf Kosten des Steuerzahlers verrotten. Weil niemand vor dem Winter das Wasser aus den Heizungsrohren ließ, platzten diese und verursachten einen teuren Wasserschaden, der das Haus unbewohnbar macht. Das führte dazu, dass nicht einmal der Senat die freistehende Villa noch will – dabei hatte es den Plan gegeben, dort ein Frauenhaus einzurichten.

    „Wir hatten zwischenzeitlich Interesse, dort ein soziales Wohnprojekt für Frauen einzurichten, haben davon aber wegen der unvertretbar hohen Wiederherrichtungskosten Abstand genommen“, heißt es aus der Gesundheitsverwaltung, die zuvor gemeinsam mit der landeseigenen Berliner Immobilien-Management GmbH (BIM) das Haus besichtigt hatte. Auch die BIM will das schadhafte Haus nicht haben. Zudem wurde im Dachgeschoss offenbar eine Wohnung entdeckt, für die es keine Bauerlaubnis gibt - ein Schwarzbau also - und für die ein zweiter Rettungsweg fehlt, die also dem Vernehmen nach auch nicht genehmigungsfähig gewesen wäre.

    Eine alte Bekannte

    Es geht mal wieder um die Villa in der Zehlendorfer Schmarjestraße 14. Kurze Erinnerung: Der Bezirk hatte das Haus und das 1642 Quadratmeter große Grundstück 1989 geerbt; Auflage war jedoch, es für soziale Zwecke zu nutzen. Die Erblasser hatten ihre Villa noch zu Lebzeiten an eine Kita vermietet. Der Bezirk kündigte der Kita und klagte sie 2012 hinaus, ohne ein neues Konzept zu haben, und ließ das Haus sechs Jahre leer stehen. Und nun – soll es verkauft werden. Das genau hatten die Erblasser aber nicht gewollt. Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) war trotz mehrfacher Kontaktversuche über einen Zeitraum von vier Wochen nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

    „Dieser Vorgang ist im höchsten Maße fragwürdig“, kritisiert der FDP-Abgeordnete Thomas Seerig. Die FDP-Fraktion habe in der Bezirksverordnetenversammlung versucht, etwas herauszubekommen, erfolglos, also zog Seerig die Sache auf die Landesebene und stellte im Juni eine parlamentarische Anfrage. Aus der Antwort des Senats geht hervor, dass der Bezirk die Absicht hat, das Grundstück „aus seinem Fachvermögen herauszulösen“, vulgo: zu verkaufen. „Der letzte Wille der Erblasser scheint dem Bezirk egal zu sein“, sagt Seerig.

    Verein machte sich unbeliebt

    Das Ehepaar Mehnert, das dem Bezirk das Traumhaus vermachte, hatte sich dort eine Wohnmöglichkeit für alternde Musiker gewünscht, alternativ andere soziale Projekte. Die Idee mit den Musikern scheiterte an Formalien. „Soziale Zwecke, das ist ein sehr weiter Begriff“, sagt Seerig. „Es scheint, als beschränke sich die Kreativität des Bezirksamts auf Radwege.“ Damit spielt er auf einen kürzlich bekannt gewordenen Fall eines absurd geführten Radwegs an, der mittlerweile wieder entfernt wurde.

    Der Stand der Dinge scheint nicht mal im Bezirksamt bekannt zu sein. „Das Gebäude wird höchstwahrscheinlich zunächst über ein Verfahren an die BIM, also das Berliner Immobilienmanagment übergeben“, teilte Gesundheitsstadträtin Carolina Böhm mit. Diesen Prozess habe die Bezirksbürgermeisterin eingeleitet. Böhm hatte sich mit mehreren Vorschlägen dafür eingesetzt, das Haus zu nutzen, drang aber nicht durch.

    Um die Immobilie gibt es seit Jahren Zank. Den Verein „Weg der Mitte“ hatte noch die Ehefrau als Mieter ausgesucht. 1988 vermietete ihre Anwältin dem Verein das Haus; dieser betrieb dort die Kita. 1989 starb die Besitzerin.

    Im Jahr 2005 verkaufte der Bezirk einen Grundstücksteil an einen Mann aus der Filmbranche, dessen Grundstück in der Milinowskistraße an den Garten der Kita grenzte. Die Kita verlor ihren Lehrgarten, der Erwerber legalisierte nach Auffassung des Vereins „Weg der Mitte“ auf diese Weise die zu intensive Bebauung seines Grundstücks. Da der Grundstücksverkauf dem Verein unsauber vorkam, stellte er Strafantrag.

    Das Verfahren wurde zwar eingestellt, der Verein „Weg der Mitte“ machte sich aber offenbar nachhaltig unbeliebt beim Bezirk; der Kita wurde gekündigt. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten folgten, bis die Kita des Vereins „Weg der Mitte“ schließlich ausziehen musste. Das war 2012. Seither steht die Immobilie leer – ein rechtswidriger Zustand, denn Wohngebäude dürfen in Berlin nicht länger als drei Monate leerstehen. So steht es im Zweckentfremdungsverbotsgesetz. Offenbar hat der Bezirk kein Konzept für das Prachthaus und lässt es immer weiter verfallen.

    Der Tagesspiegel stellte beim Bezirk mehrere Anfragen in der Hoffnung auf eine Erklärung, erfolglos. Es wurden zwei Stadträte und die Bezirksbürgermeisterin angeschrieben, nach einer knappen Woche erneut gemahnt, dann nach weiteren zehn Tagen, erfolglos.

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