Konzept einer linken Onlinezeitung
In den heutigen Online-Nachrichtenmedien finden wir den gleichen neoliberalen Gleichklang wie in den Printmedien. Ihre Inhalte zeigen immer deutlicher, dass Werte wie Solidarität, gesellschaftspolitische Verantwortung und Bürgerrechte nicht gefragt sind, sondern der Mensch zum Mobilsklaven einer Wirtschaft wird und einer Maschine gleich kostengünstig weltweit billigst einsetzbar sein muss: als Konsument, Arbeitskraftverkäufer und manipulierter Zustimmer. Allen voran Focus und Spiegel kämpfen für den kompletten Abbau aller sozialen Errungenschaften. Der sich beschleunigende Abbau von Freiheitsrechten zugunsten eines Überwachungsstaates wird ebenso propagandistisch begleitet und befürwortet wie die weltweite Teilnahme an militärischen Interventionen. Dazu wird ein Kulturbegriff gefördert der immer mehr nicht an Inhalten festgemacht wird, sondern anhand der „Einschaltquoten“ beurteilt und gefördert wird. Eine menschenfeindliche „Hochkultur“ nimmt mehr und mehr den Platz ein, den Kultur nicht haben kann und darf: Zugang gibt es nur für die Eliten der Gesellschaft.
In vielen Ländern der Welt und insbesondere in Lateinamerika entwickelt sich ein immer erfolgreicherer Widerstand gegen die neoliberale Ausbeutung.
In Europa setzte sich gegen die einheitliche Propaganda fast aller Medien in Frankreich und Holland eine Mehrheit gegen die EU-Verfassung durch und in Deutschland entstand wie der Phönix aus der Asche erst die WASG und nun das Linksbündnis mit Umfragewerten, die bis vor Kurzem Niemand für möglich gehalten hätte.
Mehr oder minder stark ist diesen Bewegungen gemeinsam, nicht nur die neoliberale Ausbeutung zu kritisieren, sondern auch aus den Erfahrungen des Reformismus wie der historischen Versuche der Entwicklung einer sozialistischen Gesellschaft zu lernen und in diesem Lernprozess etwas Neues, Zukunfts-weisendes zu entwickeln.
Diese Situation verlangt förmlich nach einem publizistischen Medium, das diese Entwicklung nicht nur beschreibt, sondern bewusst fördert.
Um den Erfolg eines solchen Zeitungsprojektes sicherzustellen ist es erforderlich, seine politische Zielsetzung konkret zu formulieren und seine innere Struktur in Übereinstimmung mit diesen Inhalten zu gestalten.
Zentrales politisches Ziel der Zeitung ist Basisdemokratie in allen Bereichen der Gesellschaft.
Basisdemokratie meint
dass es möglichst wenig zentrale Herrschafts- und Verwaltungsstrukturen gibt und umgekehrt möglichst viele Entscheidungskompetenzen zu den unmittelbar betroffenen Menschen verlagert werden
dass politische Entscheidungen von unten nach oben nach breiter Diskussion erfolgen
dass die jeweils betroffenen Menschen in ihren Arbeits- und Lebensbereichen politische Entscheidungen treffen und nicht Fachleute in unkontrollierbaren Ausschüssen
das die Menschen jederzeit abwählbare Interessenvertreter wählen, die ihnen unmittelbar rechenschaftspflichtig sind
das es in allen Gremien volle Transparenz und Öffentlichkeit gibt
das sich aus Eigentum und Fachkompetenz keine politische Macht ableiten darf
dass in der Wirtschaft produziert wird entsprechend den Interessen der Bevölkerung, die sie demokratisch selber bestimmt, und nicht entsprechend den Profitinteressen derjenigen, die über Kapital verfügen.
dass im kostenlosen öffentlichen Gesundheitswesen entsprechend den medizinischen Erfordernissen Medikamente entwickelt und eingesetzt werden und Forschung betrieben wird und nicht entsprechend den Profitinteressen von Kapitalbesitzern.
dass kostenlose Kultur gleichermaßen allen Menschen zu Teil wird und die Medien von ihnen demokratisch organisiert werden
dass kostenlose Bildung allen Menschen zukommt und diese gesellschaftlich organisiert wird
Diese Aufstellung kann und soll nur beispielhaft das Wesen der Basisdemokratie aufzeigen.Es handelt sich letztlich darum, die Ideen der bürgerlichen Revolution von Freiheit Gleichheit und Demokratie konsequent auf die ganze Gesellschaft auszudehnen.
Die Kapitalisten und ihre Unterstützer wollen stets Freiheit und Demokratie darauf beschränken, dass die Menschen alle paar Jahre eine Partei wählen dürfen, deren Abgeordnete in der Zwischenzeit unkontrollierbar von ihren Wählern leicht Beute von Lobbyisten und Sachzwängen werden. So bleibt die Wirtschaft in jedem Fall ein demokratiefreier Raum, in der der Kapitalist wie ein Feudalherr unumschränkt über teilweise Hunderttausende von Menschen herrscht und allein gemäß seinen Interessen bestimmt, ob und was wie viel zu welchem Zwecke produziert wird.
Die historischen Versuche einer sozialistischen Gesellschaft scheiterten allesamt daran, dass anfängliche rätedemokratische Strukturen von basisdemokratischer gesellschaftlicher Organisation ersetzt wurden durch ein von den Menschen unkontrollierbares, intransparentes staatlich-bürokratisches System der Herrschaft einer Nomenklatura oder letztlich konsequent eines Diktators.
So wurde der Sozialismus zu einem Synonym für Unfreiheit und Willkürherrschaft.
Entsprechend diesem basisdemokratischen Ansatz heißt das für die Zeitung,
dass sie die politische Entwicklung stets aus der Sicht und der Interessenlage der betroffenen Menschen betrachtet
dass sie von Bewegungen für Demokratie und Befreiung vorrangig berichtet
dass sie undemokratische Herrschaftssysteme durch Information und investigative Recherche bekämpft
dass sie insbesondere über betriebliche Kämpfe und soziale Bewegungen berichtet
dass sie parteipolitisch unabhängig ist
dass sie sich konsequent gegen jede Form von Rassismus, Nationalismus, Militarismus, gegen jede Form von militärischer Intervention und imperialistischen Krieg ausspricht
dass sie aber stets das Selbstbestimmungsrecht der Menschen verteidigt gegen nationale, wirtschaftliche und kulturelle Unterdrückung und Befreiungsbewegungen überall auf der Welt durch ihre Berichterstattung unterstützt.
dass sie nicht als „Reparaturbetrieb“ des jetzigen Gesellschaftssystem auftritt, sondern die Diskussion zur Systemüberwindung fördert und im Sinne von Bert Brecht „Vorschläge“ nicht nur macht, sondern auch für die Durchsetzung kämpft.
Für die innere Struktur der Zeitung bedeutet der basisdemokratische Ansatz, daß nach nachfolgenden Regeln gearbeitet wird:
Auf der Grundlage dieses Konzeptes gestalten die Redakteure die Zeitung frei und selbstständig. Kein Redakteur und keine Redakteurin darf gezwungen werden, gegen die eigene Überzeugung zu schreiben und zu bebildern. Ansichten von Redaktionsmitgliedern, die den in der Redaktion jeweils vorherrschenden Sichtweisen zuwiderlaufen, werden respektiert. Die Themen und Inhalte der Zeitung werden auf der Redaktionskonferenz diskutiert und festgelegt.
Der Grundsatz aller redaktionellen Arbeit ist die selbstständige, verantwortliche Tätigkeit der RedakteurInnen in den ihnen übertragenen Zuständigkeitsbereichen. Der mit Mehrheit zu wählende und jederzeit mit Mehrheit abwählbare Koordinator organisiert die von der Redaktion getroffenen Beschlüsse und entscheidet alle aktuellen Fragen, die sich zwischen den Redaktionskonferenzen ergeben, solange sie der thematischen Zielsetzung der Zeitung entsprechen.
Für die Beziehungen innerhalb der Redaktions-mitglieder gelten folgende Grundsätze: Die Redaktion bestimmt über die Neuaufnahme von Mitgliedern nach Beratung innerhalb der Redaktion. Etwaige neue Redaktionsmitglieder stellen sich der Redaktion vor. Legen in geheimer Abstimmung gegen einen Vorschlag mindestens ein Drittel der Redakteure ihr Veto ein, so ist der Vorschlag hinfällig. Dies ist der Ansuchenden /dem Ansuchenden mitzuteilen.
Die Entlassung von Mitgliedern der Redaktion ist Sache der Redaktion. Wenn bei einer Redaktionsversammlung im Rahmen einer geheimen Abstimmung ein Drittel der Redakteure ihr Veto gegen die Entlassung eines Mitgliedes der Redaktion stimmen, ist die Abberufung nicht möglich.
formaljuristisch ist die Redaktion ein Verein, der auf der Grundlage dieses Konzeptes entsprechend dem Vereinsrecht handelt. Domaininhaber ist der Verein, der auch alle anfallenden finanziellen Angelegenheiten regelt.