Quelques infomations de base sur la Chine, voici les découvertes d’une journaliste du Berliner Zeitung.
23.9.2024 von Maritta Adam-Tkalec - Wie gelingt China der Aufstieg zur Weltmacht? Die Öffnungspolitik entfesselte Kräfte, das Selbstbewusstsein gegenüber dem Westen wächst mit dem Wohlstand.
Das Staunen über Chinas Voranstürmen ist der Angst gewichen, das an strategischen Rohstoffen reiche Land mit seinen 1,4 Milliarden smarten Menschen werde dem noch kürzlich global dominanten Westen den Rang ablaufen. Kürzlich noch der arme Schlucker in Asien, vollführt China ein in Deutschland verlachtes Manöver: Überholen ohne einzuholen. Die Losung hatte Walter Ulbricht Ende der 1950er-Jahre für die DDR ausgegeben – die Überlegenheit des Sozialismus durch wirtschaftliche Erfolge zu beweisen – und scheiterte.
Das moderne China macht damit Ernst; Ziel ist der Aufbau eines Sozialismus chinesischer Prägung. Deng Xiaoping, weder Staats- noch Parteichef, sondern mehr, nämlich Chinas „Überragender Führer“, erklärte 1978: „Der Sozialismus öffnet sich dem Kapitalismus, um am Ende wieder das Ziel des allgemeinen Wohlstandes zu erreichen.“ Zuerst sollten einige Leute reich werden, am Ende, so Deng damals, werde das ganze Volk reich sein. Jeden einzelnen ermutigte er dazu: „Reichwerden ist ehrenvoll.“
China ist heute ein überwältigend modernes Land. Wer aus Deutschland kommt, begreift sehr schnell, wie weit der Überholvorgang schon gediehen ist. Höchste Zeit also, den „systemischen Rivalen“ besser kennenzulernen. Mit Viertelwissen über vermeintliche Zustände in China, das möglicherweise noch aus der Zeit der Kulturrevolution oder anderer chinesischer Wirren stammt, kommt man inzwischen wirklich nicht mehr weiter.
Der Schlüssel zum Verständnis des chinesischen Fortschritts liegt in Dengs Konzept des Sozialismus mit chinesischem Antlitz. Damit ist, wohlgemerkt, das Ziel, nicht der derzeitige Zustand beschrieben. Und mit der simplen Formel „Kapitalismus plus Alleinherrschaft der Kommunistischen Partei“ ist das Phänomen nicht zu erklären. Richtig an der Formel ist, dass die staatsbeherrschende Kommunistische Partei Chinas den derzeit real existierenden Kapitalismus als dynamische Übergangsphase betrachtet: Die Gesellschaft muss durch sie hindurch, muss die Potenziale des Kapitalismus nutzen – um ihn dann zu überwinden. Man erinnert sich: Die Sowjetunion wollte direkt vom Feudalismus in den Kommunismus vorstoßen.
Zehn Tage China: Das Weltbild wankt
Was die deutsche Öffentlichkeit gemäß der politischen und medialen Hauptlinie von China halten soll, ist hinlänglich bekannt: China ist autoritär gelenkt, beachtet individuelle Menschenrechte wie Meinungsfreiheit nicht, unterdrückt die Minderheit der Uiguren, observiert alle und jeden, lässt keine Opposition zu, betreibt eine aggressive Wirtschaftspolitik, ist als Konkurrent einzuhegen. Gewachsene Abhängigkeiten sind zu reduzieren – Derisking heißt das neudeutsch.
Nach zehn Tagen in China wankt das eingeübte Weltbild gehörig. Zu stark sind die Eindrücke von Modernität und Selbstbewusstsein, von den auf das Erreichte überaus stolzen Menschen. Der neu erlangte Status Chinas als aufstrebende Weltmacht führt unvermeidlich zu großem Selbstvertrauen im Verhalten gegenüber dem Westen. Ab jetzt redet man tatsächlich „auf Augenhöhe“. Nicht jeder im Westen hält das für eine Chance.
Was chinesische Bürger sagen
Doch was sind zehn Tage in China, seien sie noch so intensiv, instruktiv und von überraschenden, aufschlussreichen Begegnungen, geplanten wie zufälligen Informationsmomenten übervoll. Wer sich in dieser Lage anmaßen wollte zu wissen, „wie China ist“, der hätte jede Seriosität verspielt. Es sollen deshalb gesammelte Auskünfte und Beobachtungen zusammenfassend wiedergegeben werden: eine Skizze, ohne Wertung und Anspruch auf absolute Wahrheit.
Was also haben chinesische Männer und Frauen auf Fragen geantwortet, auf Bitten um Erläuterung angeführt? Die erste Überraschung: Sie antworteten offen und angstfrei, auch wenn es um heikle Themen wie den Taiwan- oder Uigurenkonflikt ging. Die Quellen der Auskünfte sind vielfältig, sie werden in der Regel nicht im Einzelnen genannt, zumal sich die Antworten tendenziell ähnelten.
Wohlstand, ein gutes Leben für sich selbst, die Familie, das Land – darin liegt der Kern aller Dinge. Sozialer und materieller Aufstieg durch eigene Anstrengung ist möglich, die Chancen für Tüchtige sind groß, so das Versprechen und die erfahrene Realität. Ob die Eltern noch arme Bauern waren oder Mao Tsetungs Kulturrevolution sie mit rudimentärer Bildung in die Fabriken gespült hatte – die Aussichten für Kinder und Enkel, zu studieren, in einem interessanten Job gut zu verdienen, in einer würdigen Wohnung zu leben (oder sogar eine zu kaufen, es gibt reichlich leerstehende), werden positiv bewertet. „Seht euch doch an, was aus unserem Land geworden ist“, sagt der Fischverkäufer auf dem Markt von Qingdao, der lange Zeit Lastautos steuerte, jetzt gute Geschäfte mit Fisch und Meeresgetier macht und sichtlich zufrieden mit seinem Aufstieg ist.
Die Gehälter steigen seit Jahren, und zwar so, dass Unternehmen, anders als noch in Billiglöhnerzeiten, zögerlicher einstellen. So wird unter anderem die derzeit hohe Zahl von jungen Arbeitslosen erklärt. Vor der Öffnungspolitik hätten alle auch viel gearbeitet, erinnert sich ein Mittvierziger, aber jetzt lohne sich die Arbeit auch ganz persönlich, die Motivation sei hoch, für sich selbst den Wohlstand zu heben.
Enorme Lohnzuwächse
Eine Frau in gehobenem Angestelltenverhältnis rechnet vor: Früher habe ein Fahrrad drei Monatsgehälter gekostet, jetzt könnte sie sich von einem Monatsgehalt einen kleinen Gebrauchtwagen kaufen. Vor der Öffnungspolitik konnte sich kaum jemand Restaurantbesuche leisten, jetzt sei das mehrmals die Woche üblich. Der Mindestlohn liegt derzeit bei 2100 Yuan (etwa 300 Euro), ein einfacher Arbeiter verdient etwa 4000 Yuan, ein Facharbeiter kommt auf 6000 Yuan, also etwa 770 Euro.
Dazu kommen hinsichtlich Job und Bildung wachsende Wahlmöglichkeiten. Das ist der Rede wert: Kinder können in der Schule Fächer wählen – Musik, Sport, Informatik, Malerei – und dann sogar entscheiden, was sie studieren wollen. Kinder kämen nach Hause, so ein erstaunter Vater, und sagten ihren Eltern, was sie werden wollen. Und neuerdings gebe es in der Schule seiner Tochter Wahlen zum Schülersprecher, früher wurde der oder die von Lehrern ernannt: „In den nächsten 20 Jahren wird China einen weiteren Wandel erleben“, ist er sicher.
Der Weg zum Studium ist allerdings mit harten Prüfungen auf jeder Stufe gepflastert: Das Bildungssystem beinhaltet starke Kriterien von Auswahl und Auslese. Das zwingt zu Anstrengung, und Eltern achten darauf, dass das Kind lernt; die Kosten für Nachhilfestunden sind indes erheblich. Daran wird auch Kritik geäußert: Manche Eltern könnten weniger investieren, so blieben womöglich Talente oder Spätzünder, die wichtig für die Gesellschaft werden könnten, auf der Strecke. Solche Verluste könne sich das Land nicht mehr leisten.
Generell stimmen die Gesprächspartner der Auffassung zu, dass das Kollektiv wichtiger sei als das Individuum – einer alleine könne weder überleben noch vorankommen noch sich im Konfliktfall verteidigen. Die Bereitschaft, das Kollektiv, die Gemeinschaft, als prioritär zu akzeptieren, ist sicherlich ein wesentlicher Unterschied zu westlichen Sichtweisen. Harmonie zwischen den Menschen und Harmonie zwischen Mensch und Natur gehören zu den Grundsätzen der chinesischen Philosophie, des Konfuzianismus. Es gilt die eherne Regel: Dem Lehrer ist zuzuhören und zu folgen.
„Leider gibt es zu wenig gute Kader“
Solche Gefolgschaft setzt voraus, dass der Lehrer der Beste ist, dass man sich ihm anvertrauen kann. Ein KP-Mitglied, als solches durch das am Revers getragene Parteiabzeichen zu erkennen, sagt: „Genossen müssen immer die Besten sein, die Regeln respektieren, die Eltern achten, in respektablen Familienverhältnissen leben, das Vertrauen ihrer Mitmenschen genießen, als Mitarbeiter loyal zum Unternehmen stehen – kurz: den Menschen dienen.“
Genau so verlangt es die Lehre des Konfuzius: Der Anführer, also der Lehrer, muss Vorbild sein. Ein älterer Genosse beklagt: „Leider gibt es zu wenig gute Kader.“ Aber für Korrupte werde das Leben immer schwerer, weil so viele Handy-Augen auf jedem ruhen, der öffentlich auftritt. Da habe es jüngst den Fall eines Provinzfunktionärs gegeben, an dessen Arm eine Rolex blitzte. Das löste einen Shitstorm aus. Dass die Uhr eine billige Fälschung war, half dem Mann nicht mehr.
Wer fürchtet sich vor günstigen und guten chinesischen Elektroautos? Im Hafen Taicang in der ostchinesischen Provinz Jiangsu stehen sie zum Export bereit. XinHua/DPA
Streitvermeidung gehört zu den Voraussetzungen guten Gelingens – von ganz unten bis ganz oben. Deng Xiaoping hatte auch dafür weise Sätze: „Nicht zu streiten heißt, Zeit zu gewinnen und zu handeln. Sobald man sich streitet, wird es kompliziert, und man verliert Zeit.“ Dem stimmten alle zufällig befragten Chinesen zu, und einer fand, dass es Xi Jinping auf den Punkt bringt: „Leeres Gerede führt unser Land in die Irre.“ Arbeit nach den Weisungen der „Besten“, also der Staats- und Parteiführung, sei also der sicherste Weg zum Ziel „gemeinsamer Wohlstand“. Laut Xi kommt man dem Ziel näher durch Vermögensumverteilung, Schaffung gleicher Aufstiegschancen und Reduktion sozialer Ungleichheiten.
Bei allem Kapitalismus der gegenwärtigen Phase bleibt eines unantastbar: das gesellschaftliche Eigentum an Grund und Boden. Der gehört dem Staat. Komplett. Wer ein Häuschen baut oder eine Wolkenkratzerstadt, eine Fabrik oder ein Rechenzentrum: Das Grundstück wird gepachtet, in der Regel für 70 Jahre, mit Verlängerungsoption. So behält der Staat starke Durchgriffsmöglichkeiten. Soll eine Hochgeschwindigkeitsstrecke oder ein Industriepark entstehen – der Boden gehört dem Staat. Er entscheidet und siedelt bei Bedarf Bewohner um. In solchen Fällen gibt es großzügige Entschädigungen und neue Wohnungen.
Heikel ist die Frage nach der demografischen Zukunft: Von 1980 bis 2016 galt die Ein-Kind-Politik, die das rasante Wachstum Richtung zwei Milliarden Einwohner scharf bremste – zu scharf, wie eine Kritikerin, eine KP-Genossin, findet: „Man hat zu spät damit aufgehört“, sagt sie. Heute liegt die Geburtenrate mit aktuell 1,09 Kindern pro Frau dramatisch unter dem Ersatzniveau von 2,1. China schrumpft, mit unabsehbaren Folgen.
Die Rentenfrage: das Riesenproblem der Zukunft
Noch gehen Chinesen zeitig in Rente, Männer mit 60, Frauen mit 50 beziehungsweise mit 55, wenn sie einen Bürojob ausüben. Sie zahlen in die Rentenversicherung, wer Glück hat, bekommt eine betriebliche Altersversorgung und hat privat vorgesorgt. Die durchschnittliche Rente liegt derzeit bei kümmerlichen 2400 Yuan, rund 310 Euro.
Allerdings steigt die Rente jährlich um 200 Yuan, 26 Euro, berichtet ein Nutznießer, der im Park genüsslich seine Zigarette raucht. Das heißt: je älter, desto mehr Geld. Die Führung denkt angesichts der Bevölkerungsentwicklung über eine Anhebung des Renteneintrittsalters nach – ein äußerst unpopuläres Thema, aber eines, an dem mittelfristig keiner vorbeikommt: Derzeit zahlen fünf Werktätige für einen Rentner, 2050 wird das Verhältnis bei 2:1 liegen und das bei steigender Lebenserwartung. Die liegt heute mit rund 78 Jahren über dem Wert der USA. Migration, also eine spürbare Einwanderung, kann sich keiner vorstellen.
Leben hinter der Internet-Firewall
In der DDR zählte die mangelnde Reisefreiheit zu den Hauptgründen für die Unzufriedenheit der Bürger. Das Problem haben Chinesen nicht. Sie können privat ins Ausland fahren, sofern sie keine führenden Kader sind und das Reisen bezahlen können. Die Landeswährung Yuan ist konvertierbar, das Tauschen einfach.
Für Besucher aus dem Westen ist die Kontrolle des Internets ein Ärgernis: Ein Leben ohne Google ist zwar möglich, aber beschwerlich. Der freie Fluss der (westlichen) Informationen findet jenseits der Great Firewall statt, der Großen chinesischen Datenmauer. Die jedoch scheint zu wandern, mal kommen WhatsApp-Texte durch, mal nicht; mal schafft es eine Nachricht über Googlemail, meistens aber nicht.
Die Chinesen haben ihre eigenen, offenbar tadellos funktionierenden Systeme, über die gefunden werden kann, was interessiert und politisch keine Unruhe verbreitet – vom Wetter über Allgemeinbildung bis zum, natürlich, Parteiprogramm. Und da fließen die Informationen in Strömen, breit wie der Gelbe Fluss. Jeder hat ein Mobiltelefon, viele zwei, eines für jede Hosentasche.
Bargeld? Nutzt niemand mehr, nicht einmal Bettler
Wo die Filter, Kanäle und Schleusen für den kontrollierten Informationsfluss liegen – bleibt unsichtbar. Sie stören die meisten nicht, jedenfalls keinen der etwa ein Dutzend Befragten, ob den Markthändler, der die Preise seines Tagesangebots auf Zetteln mit QR-Code über seinen Stand gehängt hat, noch die Verwaltungsangestellte, die mit zwei Handys in der Tasche Familienalltag und Job koordiniert.
Bargeld ist aus dem Alltag verschwunden, das Softeis an der Ecke, die Maut auf der Schnellstraße wie der Einkauf im Glitzerkaufhaus an der schicken Fußgängerzone wenige hundert Meter vom Tiananmen wird per Handy bezahlt. Selbst die Bettlerin im Fischmarkt von Qingdao (die es offiziell gar nicht gibt, doch der private Wachmann mit der roten Armbinde schaut über die Frau hinweg) – sie sammelt per Handy Spenden der Passanten ein. Leben und leben lassen, das praktizieren auch Chinesen.
Stabilität ist das Wichtigste: Nichts soll die Entwicklung zu immer mehr Wohlstand für immer mehr Chinesen stören. Politisches Chaos, soziale Unruhen, ethnische Tumulte sind um jeden Preis zu vermeiden, man hat schlechte Erfahrungen – mit als katastrophisch erinnerten Umbruchszeiten instabiler dynastischer Herrschaft, mit Maos Machtübernahme und der Kulturrevolution.
Angst vor Terroristen und Sicherheitsmaßnahmen
Seit einem Anschlag uigurischer Terroristen mit Toten und Verletzten Ende Oktober 2013 herrscht in der Heimat der Uiguren verstärkte Repression, und in Peking wurden die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. Der Anschlag hatte sich ausgerechnet in der Nähe der Tribüne auf dem Tiananmen-Platz, dem symbolischen Zentrum des Riesenstaates, ereignet. Wer als Fußgänger heute auf den Platz will, muss mit einem Tag Vorlauf angemeldet sein und passiert Sicherheitskontrollen.
Die chinesische Führung ist überzeugt davon, dass uigurische Fundamentalisten in der Provinz Xinjiang einen islamischen Gottesstaat errichten wollten. Den Unruhen unter der muslimischen Bevölkerung begegnet man mit der seit Jahrhunderten benutzten – konfuzianischen – Methode: Lehren und üben lassen, bis die Vorzüge (des chinesischen Systems) verstanden sind. Was dem westlichen Auge als Umerziehungslager erscheint, gilt vielen Chinesen als Bildungsstätte zur Hebung des kulturellen Niveaus.
Der Krieg in der Ukraine vermag in China nur wenig Emotionen zu erzeugen, so der Eindruck. Interessant wird der Konflikt am ehesten mit Blick auf Taiwan. Aus europäischer Sicht stellt sich die Frage: Wird die Volksrepublik China (Festland) die Republik China (Taiwan) überfallen, um die seit 1949 abtrünnige Insel wieder einzugliedern? So wie Russland die Ukraine angriff, um deren selbstbestimmte Entwicklung abzubrechen?
Die eingefangene chinesische Antwort bietet eine interessante Sichtweise. In Kurzfassung: Russland war so dumm, sich zum Überfall auf die Ukraine hinreißen zu lassen, Wladimir Putin ist in die von den USA aufgestellte Falle gelaufen. Den USA hat demnach der Zerfall der Sowjetunion in den 1990er-Jahren nicht gereicht, um Russland als geopolitischen Faktor auszuschalten, Russland war noch zu stark, vor allem wegen seiner Rohstoffe und als Energielieferant.
„So dumm wie Putin sind wir nicht“
Also musste man dafür sorgen, dass sich weitere Teile von Russland abspalten. Die Ablösung der Ukraine ist im Gange, an den Rändern ließen sich weitere Teile absplittern. „So dumm wie Putin wird Chinas Führung niemals sein“, sagt eine Journalistin, „sie wird sich nicht von den USA in einen Krieg um Taiwan hineinprovozieren lassen“. Und: „China hat Zeit. Die Taiwan-Frage wird sich anders als durch einen zerstörerischen Krieg lösen.“ Die chinesische Führung denkt in langen Linien.
Die Formel für die Beschreibung der Pekinger Gesellschaftsstrategie ist also – frei nach Lenin – mindestens wie folgt zu erweitern: Konfuzius und Marx plus Kapitalismus plus umfassende Modernisierung sowie Digitalisierung des ganzen Landes führt zum Sozialismus chinesischer Prägung – und zum Aufstieg zur Weltmacht Nummer 1, die höchstens noch die USA als Konkurrenten hat. Das könnte funktionieren, solange die chinesische Führung der überwiegenden Mehrheit der Chinesen gegenüber das Fortschritts- und Wohlstandsversprechen halten kann – und damit ihre unumschränkte Macht sichert.
Den chinesischen Weg gehen
Pragmatismus hat der heutigen Führung der Reformpionier Deng Xiaoping mit auf den Weg gegeben mit seinen trefflichen Weisheiten: „Es ist egal, ob die Katze schwarz oder weiß ist, solange sie Mäuse fängt“, ist eine davon. Egal, ob die Methoden kapitalistisch oder sonst wie seien: „Unsere Modernisierung muss auf chinesischen Gegebenheiten aufbauen. Wir müssen von der Erfahrung anderer Länder lernen. Aber der Erfolg anderer kann nicht einfach kopiert werden. Wir müssen unseren eigenen Weg gehen: Wir müssen den Sozialismus chinesischer Prägung errichten.“ So Deng 1978.
Wahrscheinlich ist dies der zentrale Punkt des chinesischen Erfolgsrezeptes: China funktioniert als immerzu lernendes System, im Großen wie im Kleinen.