• Busspuren in Gefahr: Warum in Berlin noch mehr BVG-Fahrstreifen verschwinden könnten
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/busspuren-in-gefahr-warum-in-berlin-noch-mehr-bvg-fahrstreifen-vers

    Von der Berechtigung, Busspuren benutzen zu können hängt die Höhe des Einkommens der Taxifahrer ab. Zu Bedndigung der Einnahmemisere braucht es zwri Dinge: Erstens muss die Nachfrage nach Taxis gesteigert werden vier Touren pro Stunde sind Voraussetzung für armutsfestes Einkommen. Damit diese Anzahl an Aufträgen bewältigt werden kann, muss die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit steigen, was angedichts der zahlreichen Staus nur mit reservierten Fahrstreifen zu schaffen ist. Wie wärs mit der Einrichtung von Taxispuren, die auch von BVG-Bussen mit henutzt werden dürfen?

    15.4.2024 von Peter Neumann - In Zehlendorf hatten Anwohner Erfolg. Inzwischen haben Bürger gegen weitere Busspuren Widerspruch eingelegt. Die BVG wird schon jetzt immer langsamer.

    Schlechte Nachrichten für alle, die gern schneller mit dem Bus durch die Stadt fahren würden. Das Busspurnetz in Berlin wächst kaum noch, mit Zuwachs ist auf absehbare Zeit fast nirgends zu rechnen. Im Gegenteil: Das Netz soll sogar schrumpfen. So haben Bürger gegen mehrere Sonderfahrstreifen Widerspruch eingelegt. Damit besteht auch in diesen Fällen die Gefahr, dass die Markierungen entfernt werden. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Anfrage des Linke-Politikers Kristian Ronneburg hervor.

    In der Drucksache des Parlaments konnte Staatssekretärin Claudia Elif Stutz dem Abgeordneten nur eine einzige neue Busspur in Berlin nennen. In der Ollenhauerstraße in Reinickendorf sei der dort geplante Sonderfahrstreifen umgesetzt worden, so die CDU-Politikerin. Ansonsten: Fehlanzeige. Als Ronneburg vor mehr als einem Jahr schon mal nach neuen Busspuren gefragt hatte, konnte die Verwaltung keine einzige nennen.
    Bürger legen Widerspruch ein: Diese Busspuren sind in Berlin in Gefahr

    Stattdessen geht aus der aktuellen Senatsantwort hervor, dass in Berlin sieben Bussonderfahrstreifen in Gefahr sind. Gegen sie lägen Widersprüche vor, berichtete die Staatssekretärin. Im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf seien die Otto-Suhr-Allee und die Hubertusallee betroffen, in Mitte das Reichpietschufer. In Spandau gehe es um die Busspur auf dem Falkenseer Damm, in Tempelhof-Schöneberg um die Hauptstraße zwischen der Rubens- und der Schmargendorfer Straße. In Steglitz-Zehlendorf gehen Bürger gegen die Sonderfahrstreifen auf dem Teltower Damm sowie in der Clayallee vor, hieß es.

    Auf einem anderen Abschnitt der Clayallee, zwischen der Argentinischen und der Riemeisterstraße, hatten Anwohner Erfolg. Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts gab ihnen am 31. August 2022 in einer Eilentscheidung recht. Die Zehlendorfer hatten gegen die Busspur, die von der Straßenverkehrsbehörde der Senatsverwaltung vor ihrer Tür angeordnet worden war, Widerspruch eingelegt und vorläufigen Rechtsschutz beantragt.

    Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürften nur bei einer besonderen Gefahrenlage angeordnet werden, argumentierte das Gericht. „An einer solchen Gefahr fehlt es hier“, hieß es. So habe die Behörde nicht dargelegt, dass die Busse der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) bisher merkliche Zeitverluste erlitten haben. Die derzeitige Behinderung sei mit lediglich elf bis 26 Sekunden pro Durchfahrt beziffert worden.
    Viele Projekte stehen auf der Liste – aber sie werden nicht verwirklicht

    Zudem habe die Behörde ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, stellten die Richter weiter fest. Denn nach einer bundesweit geltenden Verwaltungsvorschrift sollen Sonderfahrstreifen nur dort eingerichtet werden, wo in der Stunde der stärksten Belastung mindestens 20 Busse verkehren. Die Straßenverkehrsbehörde hatte sich dagegen an einer lokalen Berliner Vorgabe orientiert, ohne dies zu begründen. Danach reichte bisher eine Mindestfrequenz von neun Bussen pro Stunde aus. Nach Informationen der Berliner Zeitung konnte vorher sogar bei nur sechs Busfahrten pro Stunde eine Busspur angeordnet werden. Im März dieses Jahres ließ der Bezirk die Markierung beseitigen.

    Vor Gericht habe der Senat nicht immer glücklich agiert, sagte ein Jurist. Die Folgen waren gravierend. Die Eilentscheidung zur Clayallee markiert den Beginn des Stillstands, der bis heute andauert. Denn seitdem wurde das Busspurnetz so gut wie nicht mehr erweitert. Dabei hatte der Senat noch im März des vergangenen Jahres 21 Projekte aufgelistet, die zwar angeordnet, aber bislang nicht verwirklicht wurden. Dazu zählen stark frequentierte Straßen wie der Brunsbütteler Damm in Spandau und der Britzer Damm in Neukölln, wo die BVG und ihre Fahrgäste nun weiterhin Zeitverluste erleiden.

    Schon kurz nach dem Beschluss in Sachen Clayallee befürchteten Beobachter, dass auch anderswo Anwohner die Nachprüfung von Busspuren beantragen werden. Der Verdacht bestehe, dass sich die Behörde in weiteren Straßen nicht an die bundesweite Vorschrift gehalten habe, hieß es damals. Heute wird klar: Die Befürchtung besteht zu Recht.

    Fatale Entscheidung der Länderkammer: Berlin scheitert im Bundesrat

    Wie berichtet, wurde die Verkehrsverwaltung sogar selbst tätig – ohne dass Bürger Widerspruch eingelegt hatten. Wie der Fahrgastverband IGEB berichtete, wurde für die Busspur Otto-Braun-Straße (Richtung Mollstraße) 2023 die Beseitigung angeordnet. Die mit zwei Buslinien betroffene BVG wurde nicht angehört. „Diese Busspur, die von den Radfahrern bisher genutzt werden kann und auch genutzt wird, nun zugunsten eines Radfahrstreifens zu beseitigen, schürt Spannungen zwischen Bus- und Radverkehr.“

    Ebenfalls im vergangenen Jahr versuchte Berlin, die Anordnung von Busspuren bundesweit zu erleichtern. Doch der Versuch scheiterte. Zwar griff das Bundesverkehrsministerium den Wunsch des Landes auf. Doch als der Bundesrat im vergangenen November über diese und andere geplante Änderungen der Straßenverkehrsordnung entschied, bekam der Entwurf in der Länderkammer keine Mehrheit. Damit fehle es „an einer Rechtsgrundlage für die geplante Veränderung“, teilte Claudia Elif Stutz dem Abgeordneten Kristian Ronneburg jetzt in ihrer Antwort mit.

    Ein gefragtes Verkehrsmittel: Ein BVG-Bus hält vor der Marienkirche in Mitte. Der größte kommunale Busbetrieb in Deutschland wurde allein im vergangenen Jahr für mehr als 400 Millionen Fahrten genutzt.

    Ein gefragtes Verkehrsmittel: Ein BVG-Bus hält vor der Marienkirche in Mitte. Der größte kommunale Busbetrieb in Deutschland wurde allein im vergangenen Jahr für mehr als 400 Millionen Fahrten genutzt.Emnuele Contini

    Damit kann die Erosion im Berliner Busspurnetz weitergehen. Dabei war in der Berliner Verkehrspolitik trotz Streits stets Konsens, dass ein attraktiver öffentlicher Verkehr Straßen entlastet und Menschen aus ihren Autos locken kann. Attraktiv sind Busse und Bahnen aber nur, wenn sie die Fahrgäste möglichst zügig befördern. Busspuren und Ampelschaltungen, die dem Nahverkehr Vorrang geben, galten schon in den 1990er-Jahren unter CDU-Verkehrssenatoren als wichtig. So wuchs das Netz der Sonderfahrstreifen von 1990 bis zum Jahr 2000 von rund 34 auf rund 100 Kilometer.

    Zwischendurch ging es immer mal wieder jahrelang nicht voran. Erst nachdem die Senatsverwaltung für Verkehr 2016 von der SPD zu den Grünen gewechselt hatte, ging der Ausbau des Busspurnetzes weiter. Inzwischen ist es rund 123 Kilometer lang. Als nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts 2022 der Stopp kam, waren viele neue Projekte in der Pipeline. Sie dürften keine Chance mehr haben.

    Noch vor einem Jahrzehnt waren BVG-Busse deutlich schneller als heute

    In den vergangenen Jahren ist die Durchschnittsgeschwindigkeit des BVG-Busverkehrs gesunken. 2014 waren die Busse nach Angaben des Landesunternehmens im Schnitt noch mit 19,3 Kilometern pro Stunde unterwegs – Stopps vor Ampeln und an Haltestellen eingerechnet. 2022 waren es 17,9 Kilometer, im vergangenen Jahr 17,8 Kilometer, berichtete Staatssekretärin Stutz. Welche Buslinien im vergangenen Jahr besonders oft gestört waren, teilte die BVG mit: 100, 128, 142, 147, 200, 245, 247, 248, 300 und 377. Zu den Störfaktoren gehören Demonstrationen und Veranstaltungen.

    Die Senatspolitikerin machte deutlich, dass die Bemühungen zur Beschleunigung des BVG-Verkehrs auf anderen Feldern fortgesetzt werden. So wurden an 39 Ampelanlagen in Berlin Beschleunigungsmaßnahmen umgesetzt, heißt es in der Drucksache des Parlaments. In Berlin können 1040 Ampelanlagen vom öffentlichen Verkehr beeinflusst werden. Acht weitere Anlagen kommen 2024 und 2025 hinzu.

    Fahrgastverband IGEB fordert vom Senat mehr Kreativität

    Christfried Tschepe, Vorsitzender des Fahrgastverbands, und seine Mitstreiter forderten den Senat auf, kreativer zu sein. „Da eine Novelle der Straßenverkehrsordnung erst deutlich nach der nächsten Bundestagswahl im Herbst 2025 realistisch ist, müssen in den nächsten Jahren die geltenden Rahmenbedingungen kreativ genutzt werden. Bisher wurden Busspuren für den Radverkehr freigegeben, zum Beispiel auf dem Kurfürstendamm. Ab jetzt müssen Radfahrstreifen für den Buslinienverkehr freigegeben werden“ – etwa Unter den Eichen.

    #Berlin #BVG #Taxi #Verkehr #Stadtentwicklung

  • Eine Bauhütte, die nicht baut: Berlin setzt auf Marktversagen
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1181424.landeseigene-betriebe-eine-bauhuette-die-nicht-baut-berlin-setzt-


    Holzmodule, wie hier von der österreichischen Firma Kaufmann Bausysteme, wird es aus landeseigener Produktion in Berlin nicht geben.

    Tja, ein bischen Rotgrün könnte Berlin schon gebrauchen.

    12.4.2024 von Nicolas Šustr - Berliner Senat beerdigt bei der Holzbauhütte Tegel Ambitionen für Einstieg in kommunale Bauwirtschaft

    »Sie wollen also gar nicht bauen, bauen, bauen. Sondern diskursiv arbeiten. Sonst wird ja so getan, als ob es andersherum wäre.« Das sagt Linke-Stadtentwicklungspolitikerin Katalin Gennburg aus dem Abgeordnetenhaus zu »nd« als Reaktion auf die Bestätigung von Tegel Projekt, dass die seit Jahren vorgesehene Holzbauhütte keine Module für das auf dem ehemaligen Flughafengelände geplante Schumacher-Quartier fertigen soll.

    »Vom Plan, eine eigene Fertigung für das Schumacher-Quartier auf dem Gelände zu installieren, sind wir abgerückt«, erklärt die Tegel Projekt GmbH auf Anfrage von »nd«. Zum einen sei »dies nicht im Sinne wichtiger Partner« gewesen, zudem seien »mittlerweile mehrere holzverarbeitende Betriebe in Brandenburg niedergelassen«, damit gebe es »keinen Bedarf mehr für eine solche Ansiedlung vor Ort«. Die wichtigen Partner sind die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, die »ihren Generalübernehmer jeweils gerne unabhängig voneinander selber auswählen möchten«.

    Die übrigen Planungen bezüglich der »Futr Hut« genannten Holzbauhütte haben laut Tegel Projekt weiterhin Bestand. Sie sei vor allem »als kooperativer Denk- und Experimentierraum für die Bauwende konzipiert«, in dem Fachleute aus Forschung, Architektur und Planung, aus Holz- und Bauwirtschaft, Komponentenherstellung und Digitalisierung sowie viele andere mehr »an der Entwicklung innovativer nachhaltiger Bau- und Werkstoffe sowie Fertigungsprozesse arbeiten«.

    »Ich glaube, in der Lage sind wir nicht, dass wir jetzt eine staatliche Wohnungsbaueinheit brauchen«, bekräftigte am Montag Bausenator Christian Gaebler (SPD) im Stadtentwicklungsausschuss des Abgeordnetenhauses die Haltung. Das Problem der Landes-Wohnungsbaugesellschaften seien »die Preise, die sich aber jetzt nicht daran festmachen, dass sich irgendjemand da große Gewinne einstreicht, sondern dass einfach die Kosten auch für Material und Logistik entsprechend gestiegen sind und übrigens auch die Kosten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter«.

    Katalin Gennburg bestreitet das. »Die Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel und die Kapazitäten sind Voraussetzungen für ein funktionierendes kommunales Wohnungsbauprogramm«, sagt sie. Das gehe los bei eigenen Planungskapazitäten und weiter mit Bauhütten oder auch Recyclinghöfen für Baustoffe. Die private Bauwirtschaft nutze ihre Kapazitäten für das Produkt, das am lukrativsten sei, so die Linke-Politikerin. »Ein öffentliches Fertigteilwerk kann aber entscheiden: Ich fertige keine Bauteile für Luxusbalkons, sondern Module für den gemeinnützigen Wohnungsbau«, nennt sie ein Beispiel.

    Die Ziele der Holzbauhütte waren ehrgeizig. In der 2020 vorgelegten Potenzialanalyse »Bauhütte 4.0 – Innovations- und Produktionsstandort für den urbanen Holzbau« kamen Forschende des Fraunhofer-Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik sowie der Technischen Universität Berlin zu dem Schluss, dass so »die Grundlage für das effiziente Bauen mit Holz in urbanem Maßstab« gelegt werden könnte.

    Zum damaligen Zeitpunkt war der Holzbau 10 bis 15 Prozent teurer als konventionelle Baumethoden. Mit der Bauhütte sollte »ein System etabliert werden, mit dem mittelfristig um 20 bis 25 Prozent günstiger gebaut werden kann als bei konventioneller Bauweise«, wie es bei der Vorstellung der Analyse hieß. Dabei werden gleichzeitig 80 Prozent klimaschädliche Emissionen eingespart. »Der Name Bauhütte 4.0 bezieht sich auf die Idee der Dombauhütte, die auch prägender Gedanke des Bauhauses war. Der Geist der interdisziplinären Ideenschmiede von damals soll in ihr fortleben: Abermals kommen in der Bauhütte 4.0 kluge, kreative Köpfe zusammen, um auf neuen Wegen qualitatives Bauen durch industrielle Fertigung erschwinglich zu machen«, erklärte Tegel Projekt 2020.

    »Wir sind in Alarmbereitschaft, denn die Bauhütte war ein wesentlicher Beitrag, um die Bauwirtschaft in Berlin zukunftsfähig zu machen. Es ist inakzeptabel, wenn die Holzbauhütte aus privatem Profitinteresse abgewickelt wird«, sagt Katalin Gennburg.

    Schon lange vor den infolge der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine explodierten Materialkosten beklagten die Landes-Wohnungsunternehmen, entweder gar keine Angebote auf Ausschreibungen zu bekommen oder nur zu stark überhöhten Preisen. Doch selbst mitten in der größten privatwirtschaftlichen Baukrise seit Langem sacken die Fertigstellungen der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften massiv ab. Wurden 2022 noch fast 6000 Wohneinheiten von ihnen fertiggestellt, waren es 2023 nur noch knapp 4600; für das laufende Jahr werden nur noch 4100 neue kommunale Wohnungen erwartet.

    Vor 100 Jahren sprangen Gewerkschaften und öffentliche Hand nicht nur in Berlin, sondern beispielsweise auch in Wien in die Bresche, die das dramatische Versagen des gewinnorientierten Sektors in der sozialen Wohnraumversorgung hinterlassen hatte. Da die private Bauwirtschaft mit Verweigerungen und Preisabsprachen die öffentlichen und gemeinnützigen Bauprojekte auszubremsen versuchte, reagierten Sozialdemokratie und Gewerkschaft mit dem Aufbau einer sozialen Bauwirtschaft.

    2018 forderte der Stadtsoziologe Andrej Holm eine zeitgemäße Wiederauflage des Konzepts Bauhütte, um den öffentlichen Bau in Schwung zu bringen. In ihrer Klausur in Rheinsberg machte sich die Linksfraktion des Berliner Abgeordnetenhauses im gleichen Jahr den Ansatz zu eigen. Gemeinsam mit den Grünen wurde schließlich als erster Anlauf die Holzbauhütte auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel auf den Weg gebracht. Doch das Thema Fertigung von Modulen hat sich bekanntlich inzwischen erledigt.

    Ein von der Linksfraktion 2019 ausgearbeiteter Antrag mit dem Titel »Landeseigene Baukapazität aufbauen!« scheiterte am innerkoalitionären Veto der SPD. Die Grünen-Fraktion hatte nach längeren internen Diskussionen und zahlreichen Änderungen dem Prüfauftrag zum Aufbau eines landeseigenen Baubetriebs schließlich ihre Zustimmung erteilt, unter anderem mit der Begründung, dass auch viele Private sich »verstärkt Baukompetenzen und Planungskapazitäten in ihre Unternehmen aufgrund des Fachkräftemangels« holten. Doch die SPD blieb bei ihrem Nein.

    »Zwischen Linken und Grünen war die Holzbauhütte ein Gemeinschaftsprojekt. Ökologisches Bauen ist ein zutiefst grünes Thema. Über die Systemfrage ist es ein linkes Thema«, sagt Katalin Gennburg. Die Bauhütte sollte in ihren Augen insgesamt die Möglichkeit bieten, nachhaltiges und ökologisches Bauen auch mit weiteren alternativen Baustoffen wie Stroh, Hanf oder Lehm voranzubringen. »Soziale Bauträger wie beim Haus der Statistik oder beim Dragonerareal müssten mit eingefasst werden. Die Erkenntnisse, wie man solche Projekte eigentlich realisieren kann, müssten auch in Verwaltungswissen überführt werden«, so die Abgeordnete.

    »Der Umbau der Landes-Wohnungsunternehmen (LWU) ist allerdings eine zwingende Voraussetzung dafür, dass eine Bauhütte ein Erfolg werden kann«, sagt Gennburg. Hier herrscht weitgehend Einigkeit zwischen Linke und Grünen. Denn wie in der Sitzung des Bauausschusses deutlich wurde, war es die Gesobau, die darauf beharrte, ihren Auftragnehmer für den Wohnungsbau im Tegeler Schumacher-Quartier selber auszusuchen. Die Linke-Politikerin spricht in diesem Zusammenhang von einem »Baufilz« von Landeseigenen und einer überschaubaren Anzahl von Projektentwicklern, die den Löwenanteil des kommunalen Neubaus errichten.

    »Zur Erfüllung der ehrgeizigen Neubauziele muss die Neubaufähigkeit der landeseigenen Wohnungsunternehmen durch einen gemeinsamen deutlichen Ausbau ihrer Planungs- und Baukapazitäten verbessert werden«, darauf hatten sich die beiden Parteien in den Koalitionsverhandlungen 2021 bereits geeinigt. Dafür sollte bis Mitte 2022 eine »rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts« gegründet werden. »Sie unterstützt die Unternehmen bei der Nutzung von Synergien, übernimmt den Aufbau einer gemeinsamen Bau- und Planungskapazität, richtet ein betriebswirtschaftliches Controlling ein und koordiniert die Vorbereitung der Aufsichtsratssitzungen«, hieß es zu den konkreten Aufgaben. Bis Ende 2023 sollte »ein umsetzungsorientiertes Konzept zur besseren Zusammenarbeit der LWU bis hin zur eventuellen Bildung einer Holding« entwickelt werden. Doch die SPD lehnte strikt ab.

    »Wir haben durchdekliniert, was Linke-Baupolitik sein könnte. Nur wenn man diese Messlatte anlegt, kann man ernsthaft in Koalitionsverhandlungen gehen, die nicht bloße Farbenspiele sind«, sagt Katalin Gennburg. »Wir brauchen starken kommunalen Einfluss bei dem, was am längsten währt: Immobilien.«

    #Berlin #Tegel #Stadtentwicklung #Kapitalismus #SPD

  • Berlin-Schöneberg: Hauptstraße wird umgebaut – Ärgernis für Autofahrer
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-schoeneberg-hauptstrasse-wird-umgebaut-aergernis-fuer-autofa

    Nach Jahren schlecht durchdachter Verkehrspolitik grüner Senatorinnen werden begonnene Projekte zu Ende gebracht. Jetzt spricht wieder eine Senatorin mit allen, die Politik gegen die Hälfte der Berliner ist zum Glück beendet. Dabei wird auch die CDU Frau den privaten PKW-Verkehr nicht aus der Innenstadt verbannen, etwa durch eine sehr teure Mautgebühr. Nur eine derartige Maßnahme würde die Straßen wirksam entlasten und die Gefährdung der schwächeren Verkehrsteilnehmer effektiv verringern. Bis dahin ist der Weg noch weit im Land der Erfinder des Automobils.

    10.4.2024 von Peter Neumann - Der Platz für Autos wird halbiert, Radfahrer und BVG-Fahrgäste profitieren. Weitere Umgestaltungen von Magistralen wird es unter der CDU kaum noch geben.

    Noch ist es eine Horrorstrecke, sagt Ursula Epe. „Auf dieser Straße Rad zu fahren, ist lebensgefährlich“, klagt die Berlinerin. Auf der Hauptstraße in Schöneberg treiben Kraftfahrer Radfahrer in die Enge und die Stimmung ist aggressiv. Am Mittwoch wurde nun damit begonnen, einen 1200 Meter langen Abschnitt umzugestalten. Radfahrer und Bus-Fahrgäste werden profitieren, doch für Autofahrer halbiert sich der Platz. Es ist ein Vorhaben der Mobilitätswende, das auf Berlins Hauptverkehrsstraßen inzwischen Seltenheitswert hat, seitdem eine CDU-Politikerin Verkehrssenatorin geworden ist. Nachfolgeprojekte auf diesen Teilen des Straßennetzes sind kaum in Sicht.

    Aus zwei mach eins. Wo Autos zwei Fahrstreifen zur Verfügung standen, gibt es nur noch einen. Ein Ministau hat sich aufgebaut, der auf die Kreuzung Dominicusstraße reicht. Gegenüber der Dorfkirche Schöneberg gehen die angekündigten Markierungsarbeiten in die Vollen. Dort kann man sehen, wie die Hauptstraße von hier bis zum U-Bahnhof Kleistpark aussehen wird. „Wir teilen den Straßenraum anders auf, zugunsten der Radfahrer und der BVG“, erklärt Saskia Ellenbeck. Die Grünen-Stadträtin, die in Tempelhof-Schöneberg für die Straßen zuständig ist, ist zum Ortstermin gekommen.

    Bislang stehen auf diesem Teil der Bundesstraße 1 Kraftfahrzeugen zwei Fahrstreifen pro Richtung zur Verfügung. Die Busspuren für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) verlaufen am rechten Fahrbahnrand. Jetzt wandern die Busspuren in die Mitte, und künftig sind sie für Autos nicht nur montags bis freitags von 7 bis 18 Uhr, sondern an allen Tagen rund um die Uhr tabu. Rechts davon, am Rand, entstehen die geplanten Radfahrstreifen. Flexible Baken, Leitboys genannt, sowie Sperrpfosten, ebenfalls aus Plastik und rot-weiß gestreift, sollen die 2,25 Meter breiten Trassen vor Falschparkern schützen. Dem übrigen Kfz-Verkehr bleibt links ein Fahrstreifen pro Richtung.


    Ortstermin in der Hauptstraße in Schöneberg: Bezirksstadträtin Saskia Ellenbeck (Grüne) zeigt eines der Sperrelemente, die künftig die Radfahrstreifen am rechten Fahrbahnrand schützen sollen. Peter Neumann/Berliner Zeitung

    Saskia Ellenbeck macht nicht den Eindruck, als ob das für sie ein Problem ist. Schließlich gebe es in der Potsdamer Straße, die sich anschließt, für Autos heute schon nur einen Fahrstreifen pro Richtung, sagt sie. „In der Hauptstraße wird die Kapazität steigen.“ Denn die Radfahrstreifen werden dazu führen, dass viel mehr Radler als heute die Pendlermagistrale im Südwesten nutzen. Auch der Wirtschaftsverkehr profitiere: 19 Lade- und Lieferzonen entstehen – davon zwei in der Akazien- und der Albertstraße, wo Autostellplätze wegfallen. Teile der Busspuren werden montags bis freitags von 9 bis 14 Uhr zum Be- und Entladen freigegeben. Dann müssen die Busse wie heute Slalom fahren.

    Die Pläne für die Hauptstraße hatte der Bezirk noch unter Schreiners Vorgängerinnen von den Grünen mit dem Senat abgestimmt. Doch nach dem Wechsel in der Landesregierung im Frühjahr 2023 stellten die neue Senatorin und ihre Staatssekretärin Claudia Elif Stutz (ebenfalls CDU) auch dieses Projekt auf den Prüfstand. Das Netzwerk fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg und andere Organisationen riefen zu Demos auf, die Deutsche Umwelthilfe kündigte die Klage eines Bürgers an.
    Schöneberg: Warum der Umbau der Hauptstraße ein Jahr Verspätung hat

    „Wir mussten hart dafür kämpfen, dass wir dieses Projekt umsetzen können“, erinnert sich die Bezirksstadträtin am Mittwoch. Die Hauptstraße gehörte zu den Radverkehrsvorhaben, für die Schreiner und Stutz nach einigen Wochen grünes Licht gaben. Stand lange Zeit zu befürchten, dass der zugesagte Bundeszuschuss von 750.000 Euro verfällt, gelang es, das Geld ins Jahr 2024 zu retten. Wie vorgesehen, gibt Berlin 250.000 Euro dazu, der Bezirk finanziert die Asphaltarbeiten. Ellenbeck: „Wir gehen davon aus, dass im Sommer 2024 alles fertig ist“ – ein Jahr später als anfangs geplant.

    Mehr Platz für klimafreundlichen Verkehr, weniger Platz für Autos. Was unter Grünen-Senatorinnen offizielle Senatspolitik war, wirkt unter Manja Schreiner exotisch. Sicher, einige ältere Projekte werden noch abgearbeitet. Die Umgestaltung der Boelckestraße in Tempelhof, bei der die Senatsverwaltung Änderungen zugunsten des Autoverkehrs durchsetzte, wird nächste Woche abgeschlossen. In Schöneberg will die landeseigene Infravelo den Umbau der Grunewaldstraße in Angriff nehmen, bei dem Radfahrer ebenfalls mehr Platz bekommen sollen. Aus Mitte ist zu hören, dass die Beusselstraße in Moabit Radfahrstreifen bekommt. Baustart: noch im April 2024. In Friedrichshain-Kreuzberg stehen der Umbau der Gitschiner Straße und Radfahrstreifen am Stralauer Platz Nord und in der Stralauer Allee auf der Liste.

    Neue Vorhaben, die auf Berliner Hauptverkehrsstraßen grundlegende Umgestaltungen zur Folge haben werden, sind dagegen nicht in Sicht. Auch deshalb nicht, weil Schreiners Verwaltung sparen muss, um die Vorgaben von Finanzsenator Stefan Evers (CDU) zu erfüllen. In ganz Berlin spüren Verfechter der Mobilitätswende Gegenwind. Ein Beispiel aus Dahlem: Seitdem Christdemokraten die Pläne für geschützte Radfahrstreifen in der Thielallee kritisiert hatten, liegt das Projekt auf Eis. „Dabei ist alles vorbereitet“, sagte Emil Pauls vom Netzwerk fahrradfreundliches Steglitz-Zehlendorf. Für Studenten der Freien Universität sei das Projekt wichtig.
    Neue Radfahrstreifen in Mitte: Ein Projekt wird realisiert, ein anderes hängt

    In Mitte geht man davon aus, dass während dieser Wahlperiode auf keiner weiteren Hauptverkehrsstraße Verbesserungen für Radfahrer möglich sein werden (von der Beusselstraße abgesehen). Was mit der Torstraße passiert, wäre ebenfalls ungewiss, hieß es im Bezirksamt. Die Senatsverwaltung habe angekündigt, dass sie auch dieses Vorhaben überprüft. Dort sollte ursprünglich in diesem Jahr damit begonnen werden, Radfahrstreifen anzulegen. Dabei würden fast alle Autostellplätze entfallen.


    In der Hauptstraße haben die Markierungsarbeiten für die neuen Busspuren und die Radfahrstreifen begonnen. Im Sommer 2024 sollen die Arbeiten beendet sein. Kosten: mehr als eine Million Euro.

    Weil auf Hauptverkehrsstraßen bis 2026 im Sinne der Radfahrer fast nichts mehr geht, konzentriert sich auch Tempelhof-Schöneberg auf die Nebenstraßen – für sie sind die Bezirke zuständig. So sei für 2024 geplant, die Monumenten- und Langenscheidtstraße zu einer Fahrradstraße umzugestalten, sagte Saskia Ellenbeck. „Allerdings gibt es noch keine Finanzierung“ – wegen der Sparzwänge im Senat. Auch die Eschersheimer sowie die Belziger Straße stehen auf der Liste neuer Fahrradstraßen, so die Stadträtin.

    Saskia Ellenbeck ist bei ihrem Ortstermin am Richard-von-Weizsäcker-Platz in Schöneberg angekommen. „Hier wird es auch für Fußgänger sicherer“, so die Grünen-Politikerin. Der Senat passt die Ampelschaltungen so an, dass alle Fahrzeuge rotes Licht bekommen, wenn Fußgänger grün sehen. Nicht weit entfernt, an der Einmündung der Akazienstraße, hat die Hauptverwaltung die Planung dagegen verschlechtert, klagt Jens Steckel vom Netzwerk fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg. Anders als vorgesehen wird es keine Abbiegespur für Radfahrer geben, die links in die Akazienstraße wollen. Die Folge: Wie heute müssen Radfahrer absteigen und laufen.

    Frage eines Radpendlers: Ist der Umbau der Hauptstraße ein „Alibiprojekt“?

    Es gibt aber auch grundsätzliche Kritik am gesamten Umbauprojekt der Hauptstraße. „Auf der heutigen Busspur lässt sich entspannt Rad fahren“, sagte Andreas Schwiede, Radfahrer aus Marienfelde, im vergangenen Jahr der Berliner Zeitung. Wenn das Ordnungsamt dafür sorgen würde, dass Abschleppwagen die bestehenden Bussonderfahrstreifen konsequent von Falschparkern befreien, würde das mehr bringen, als das jetzt vorgesehene „Alibiprojekt“, das neue Konflikte schafft.

    Weil die heutige Regelung nur tagsüber gilt, parken abends und nachts viele Fahrzeuge auf den Busspuren, entgegnete Saskia Ellenbeck. Viele Autos stehen noch dort, wenn am Morgen um 7 Uhr wieder Busse dort fahren sollen, und behindern den BVG-Verkehr.

    „Unser Ordnungsamt kann nicht überall sein, es ist für 400 Kilometer Straße zuständig“, so die Stadträtin. Viele Radfahrer fühlten sich unwohl, wenn sie auf einer Busspur fahren und sich den Platz mit Bussen teilen müssen, erklärt sie. „Wir wollen Infrastruktur, die zum Radfahren einlädt. Was hier jetzt entsteht, ist eine echte Verbesserung.“

    #Berlin #Schöneberg #Hauptstraße #Verkehr #Politik #Stadtentwicklung

  • Berliner zu arm? Christoph Gröner verrät, warum er in der Hauptstadt nicht mehr baut
    https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/berliner-zu-arm-christoph-groener-verraet-warum-er-in-der-hauptstad

    9.4.2024 von Liudmila Kotlyarova - Teure Grundstücke, schwache Kaufkraft: Einer der größten Bauherren Deutschlands erzählt im Interview, warum Berlin beim Wohnungsbau absackt und was man dagegen tun könnte.

    Christoph Gröner, einer der größten und prominentesten Bauherren in Deutschland, hat geschäftlich seinen Sitz in Berlin – baut hier aber seit zwei Jahren nichts mehr.

    Er war 2020 der Big Spender der Berliner CDU: 820.000 Euro ließ Gröner der Partei insgesamt zukommen. Auf dem Zukunftsforum seiner Gröner Group Ende März in Berlin erklärte er sich zum überzeugten Sozialdemokraten. Wie passt das zusammen? Wir haben mit ihm gesprochen.

    Herr Gröner, Sie haben ökologisches Bauen zu Ihrer Unternehmensstrategie erklärt. Die Baukosten seien jedoch „komplett aus dem Ruder gelaufen“, merkt die deutsche Wohnungswirtschaft an. Wie wollen Sie erreichen, dass bezahlbare Wohnungen nicht bald reines Wunschdenken werden?

    Es ist nicht das Bauen, das das Wohnen unbezahlbar macht. In München liegen die reinen Baukosten zwischen 3000 und 4000 Euro pro Quadratmeter, die Grundstückspreise dagegen bei 6000 bis 8000 Euro. Bei einem Bauobjekt kommen wir auf bis zu 12.000 Euro Gesamtkosten pro Quadratmeter. In Hamburg kosten die Grundstücke ebenfalls 5000 bis 6000 Euro und das Bauen ähnlich wie in München. In Leipzig ist das Land mit 1000 bis 2000 Euro pro Quadratmeter noch deutlich günstiger.

    Und wie ist es in Berlin?Berlin hat eine interessante Entwicklung hinter sich. Als ich 2010 mit dem Bauen in der Hauptstadt begann, lagen die Grundstückspreise bei 700 Euro pro Quadratmeter. Wir konnten für 2000 Euro pro Quadratmeter bauen und sehr günstigen Wohnraum zum Preis von 3000 bis 4000 Euro pro Quadratmeter anbieten.

    Schon 15 Jahre später kostete der gleiche Baugrund fast das Zehnfache. Wenn wir heute über eine Miete im Neubau von 20 bis 25 Euro pro Quadratmeter in Berlin sprechen, macht eben der Grundstücksteil zwei Drittel dieser Miete, und das Bauen acht, neun, vielleicht zehn Euro aus. Sicher haben wir bei den Baukosten in den letzten 20 Jahren fast eine Verdoppelung vorgenommen. Aber nicht die höheren Baukosten sind unser erstes Problem, sondern die Tatsache, dass das knappe Gut der Grundstücke den Spekulanten überlassen wurde.

    Wir kriegen ein Grundstück sehr teuer serviert und machen nur eine Marge von 15 oder 20 Prozent darauf. Und wenn nach außen das Preisschild von 6000 oder 8000 Euro pro Quadratmeter steht, sind wir dann die bösen Bauträger.

    Steglitzer Kreisel: „Wer da klagt, sind sture Leute“

    Aber Sie machen sicher keine Verluste. Den Steglitzer Kreisel sind Sie rechtzeitig losgeworden, und unglückliche Käufer klagen jetzt gegen den neuen Eigentümer. Wie sehen Sie dieses Problem?

    Wenn beim Steglitzer Kreisel eine Wohnung anbezahlt wurde, kann der Käufer sein Geld über den Notar zurückerstattet bekommen. Wer da klagt, sind sture Leute, die es nicht akzeptieren, dass man von einem Immobilienunternehmen, das die Umsetzung nicht bewerkstelligt bekommt, die Umsetzung auch gerichtlich nicht erzwingen kann.

    Die Gesellschaft, der heute der Steglitzer Kreisel gehört (Adler Group, Anm.d.Red.), ist derzeit aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage, diesen Bau zu realisieren. Es gibt finanzielle, technologische Fragen, aber auch die Genehmigung des Sockels ist eine große Herausforderung. Ich habe seinerzeit als CEO der CG Gruppe AG vor Jahren den Bau begonnen und bin dann von Mehrheitsgesellschaftern aus meinem eigenen Unternehmen gedrängt worden. Und damit ist mir die Verantwortung für die Fertigstellung quasi entrissen worden.

    In dem Fall ist aber niemandem ein Schaden entstanden, außer dass der ein oder andere Kunde den Traum hat, aus 100 Metern Höhe aus seinem Apartment nach Tempelhof zu schauen und das zu günstigsten Konditionen. In Wirklichkeit haben wir andere Probleme. Wir haben viele Kunden in Deutschland, die tatsächlich vor der Insolvenz eines Bauträgers stehen, die Kaufpreise einbezahlt haben und dann ihre Wohnung nicht bekommen. Das ist sehr belastend für junge Familien, die sich ihren Traum erfüllen wollten, oder Kapitalanleger, die jetzt ihre Rendite nicht ausbezahlt bekommen, sowie alle anderen Käufer und Bürger, die in einer solchen Situation stecken.

    Was bauen Sie derzeit in Berlin, auf welche Projekte sind Sie stolz?

    Wir haben uns in den letzten zwei Jahren sehr zurückgehalten. Bis dahin haben wir über 5000 Wohnungen in Berlin gebaut, darunter die Lichtenberger Lofts oder ein Apartmenthaus in der Otto-Suhr-Allee in Charlottenburg. In Berlin haben wir ein ganz großes Potenzial.

    Wir haben uns 2022 allerdings zurückgezogen, weil die Grundstückspreise explodiert sind. Bereits im Jahr 2021 hat mein Unternehmen aufgehört, irgendetwas in Berlin zu kaufen, weil der Neubau sich nicht mehr rechnete.

    Um es kurz zu machen: Die Kaufkraft einer Stadt, einer Kommune oder eines Volkes bestimmt den Immobilienpreis. Ich könnte die Verknappung zwar dafür nutzen, um einen exorbitanten Preis aufzurufen, und das kann auch kurz funktionieren. Aber auf Dauer funktioniert das nicht. Im Augenblick sind wir ausgestiegen, weil die Kaufkraft eines Berliners nicht mehr den Mietpreis bedienen kann, den ich brauche, um die Grundstückkosten zu bezahlen und noch etwas zu verdienen.
    Neue Wohnungen: „Kaufkraft in Berlin ist für eine Hauptstadt sehr schlecht“

    Die Berliner sind für Sie also zu arm. Haben Sie sich deswegen auf andere Städte umorientiert?

    Wir sind seit 20 Jahren in ganz Deutschland unterwegs, haben Standorte unter anderem in Köln, Leipzig und Karlsruhe. Wenn Sie von Köln nach Frankfurt, Karlsruhe, Augsburg, Stuttgart, München gehen, haben Sie natürlich eine ganz andere Kaufkraft als hier in Berlin. Und interessanterweise sind die Immobilien da nicht unbedingt teurer als in Berlin.

    Es ist in der Tat eine schlechte Nachricht, dass die Kaufkraft in Berlin für eine Hauptstadt in Europa sehr schlecht ist. Wenn Sie überlegen, dass selbst in Prag die Kaufkraft 1,5 Mal so groß ist wie in Berlin, dann ist das ein trauriges Ergebnis, das einer seit Jahrzehnten verfehlten Wirtschaftspolitik.

    Die Realität ist aber, dass auch gebürtige Berliner sich oft keinen neuen Mietvertrag leisten können, geschweige denn eine Eigentumswohnung.

    Man kann sich immer darüber unterhalten, dass sich niemand eine Wohnung leisten kann. Aber man könnte auch mal die Frage stellen: Wieso kann sich niemand eine Wohnung leisten? Weil es geil bzw. sexy ist, arm zu sein, wie es einmal der Slogan von Berlin war? Das tut mir ein bisschen leid für diese Stadt.

    Es wird dann gesagt, Berlin sollte weiter sozial durchmischt bleiben, Quartiere für Menschen mit günstigeren Mieten sollten neu hergestellt bzw. bewahrt werden. Und dann scheitern wir schon schnell an ideologischen Straßenkämpfen in dieser Stadt.

    Hier ein Beispiel: Ich war bis 2019 für den Postbanktower in Kreuzberg zuständig. Die Politik lehnte das ausgewogene Planungskonzept mit 400 frei finanzierten Wohnungen jedoch ab und entschied, dass ausschließlich Sozialwohnungen (und anstatt von Wohnungen für den frei finanzierten Markt teure Büroflächen) entstehen sollten. Es wurde aus rein ideologischen Gründen verhindert, Wohnraum zu schaffen. Ich finde den Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum berechtigt. Aber es muss auch der Bürger bedient werden, der sich eine Wohnung im freien Markt leisten kann. Das führt dann zu einer gesunden Durchmischung.

    Die Politik hat nun einen allmählichen Heizungstausch eingeleitet. Setzen Sie auch auf Wärmepumpen?

    Ich bin ein absoluter Fan von Geothermie. Ich finde den Ansatz sehr schön, dass wir die Wärme zum Heizen und Kühlen aus der Erde holen und die Ausschläge in der Temperatur nach oben und dann wieder nach unten kalibrieren können. Das kann man dauerhaft so regulieren, dass man für diese Zwecke kaum noch Strom verbraucht. Und Geothermie funktioniert auch bei den Hochhäusern auf dem dafür geeigneten Boden sehr gut, bei Felsen geht es dann manchmal nicht. Bei unseren Projekten in Köln, Karlsruhe, Stuttgart und München bauen wir bereits die Geothermie ein.

    Doch grundsätzlich hat jedes Projekt seine Herausforderung und seine Lösung. In Berlin würden wir künftig theoretisch eher mit Photovoltaik, Luft-Wärmepumpen und mit dem Blockkraftwerk arbeiten.
    Energiewende: „Ich bezweifle, dass das Stromnetz den Ausbau der Elektromobilität mittragen kann“

    Deutschlands zweitgrößter Vermieter, LEG Immobilien, will ab 2027 jährlich bis zu 9000 Wohnungen auf Luft-Luft-Wärmepumpen oder Split-Klimaanlagen umstellen. Wäre das etwas für Sie?Das ist nicht bezahlbar und auch energetisch nicht vertretbar. Die Stromnetze werden es in dem Ausmaß nicht schaffen. Ich bezweifle auch, dass das Stromnetz den Ausbau der Elektromobilität mittragen kann. Wir schalten Atomkraftwerke aus und fahren dann Kohlekraftwerke hoch, um mehr Strom zu produzieren. Das ist Unfug, ich will mich an so was nicht beteiligen.

    Wenn wir im Sommer dann draußen nachts 32 Grad haben und alle die Wohnung auf 18 Grad herunterkühlen werden, dann ist es vorbei mit dem Klimaschutz, solange wir nicht ausreichend grünen Strom produzieren, aber auch Wasserstoff als Alternative zum Strom.

    Sie nennen sich einen überzeugten Sozialdemokraten. Gleichzeitig haben Sie 2020 mehr als 800.000 Euro an die Berliner CDU gespendet: Warum?

    Die Sozialdemokraten sind für mich in ihrer Ursprungsform keine Ideologen. Das sind Menschen, die Chancengerechtigkeit wollen, die fleißigen, engagierten Menschen eine Zukunft geben, die trotzdem in der Lage sind, wenn es notwendig ist, Menschen dazu aufzufordern, etwas abzugeben, damit der Ausgleich stattfindet. Ich habe im Zusammenhang mit der CDU-Spende deutlich gemacht, dass dies nichts mit meinem Wahlverhalten zu tun hat und ich deshalb noch lange nicht diese Partei wähle.

    Ich habe die Spende jedoch gemacht, weil ich der Überzeugung war, dass die Stadt Berlin eine bürgerliche Klasse haben muss. Die Stadt war den Grünen, den Linken und der SPD und ein paar versprengten Ehrhardt-CDU-Leuten ausgeliefert, die nicht in der Lage waren, einen vernünftigen Ausgleich zwischen sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Prosperität zu schaffen. Die CDU ist doch morgen wieder weg. Aber sie ist stark genug, um mitzuwirken. Die SPD ist stark genug, um mitzuwirken. Und es bleibt doch der Einfluss der Linken und der Menschen, die auch die Verteilung propagieren.
    „Wenn am Schluss der Polizist ohne Wohnung ausgeht, wird er die AfD wählen“

    Was sind Ihre Vorschläge gegen den Wohnungsmangel in Berlin? Der BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V. schlägt etwa Mehrgeschossigkeit vor.

    Wir können mit einem Helikopter über Berlin fliegen, und ich zeige Ihnen Flächen für 200.000 Wohnungen. Wir müssen die Ressourcen, die wir haben, besser nutzen. Da, wo ein einstöckiges Gebäude ist, müssen wir ein fünfstöckiges bauen. Wir müssen jetzt nicht zehn, siebzehn Stockwerke bauen, es reichen auch sieben oder acht. Wir müssen nur vor allen Dingen schnell Baurecht schaffen.

    Und ich schlage es schon länger vor: Lassen Sie uns doch die Autobahn überdecken. Das ist überhaupt kein Problem. Ich habe der früheren Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) angeboten, mit ihr über die von uns erstellten Pläne zu diskutieren, wie wir auf die Weise 60.000 Wohnungen bauen können: 50 Prozent davon bezahlbar, 50 Prozent frei finanziert und 100 Prozent CO₂-neutral. Leider gab es dazu keine Reaktion. Mit dem Bauen könnten die Berliner „morgen“ beginnen.

    Es fehlt also die Bereitschaft der Politik?

    Es fehlt die Bereitschaft der Politik, da mitzuwirken. Die Immobilienwirtschaft wird von allen Parteien seit vielen Jahren als Faustpfand für die Ideologie genommen. Ich gehe nach Kreuzberg und bekomme ein Bauprojekt nicht genehmigt, weil mir der Verordnete der Linken sagt: Wenn hier 400 Menschen mit mittleren bis höheren Einkommen einziehen, verliere ich mein Mandat, weil ich 400 Menschen mehr habe, die garantiert nicht links wählen.

    In gleicher Weise argumentiert ein Bürgermeister der CSU eines Vororts in München. Dort spricht man offen darüber, dass die Zuziehenden oftmals jung und damit eher den Grünen oder den Sozialdemokraten zugewandt sind. Also ist auch dort das Interesse an einer neuen Bebauung nicht vorhanden – obwohl die Möglichkeit dazu besteht, da auch dort eine Wiederwahl gefährdet würde. Die Politiker sorgen leider nicht wirklich immer konsequent für mehr Wohnraum, sondern kümmern sich oft nur darum, dass sie nächstes Mal wiedergewählt werden.

    Wir müssten den Wohnungsbau aus ideologischen Diskussionen herausnehmen und einfach einen Masterplan entwickeln für diese Stadt, wo die Grünen, die FDP, die Linken, die SPD und die CDU sich überlegen: Wie entsteht möglichst schnell mehr Wohnraum? Wenn ein Polizist, ein Ukrainer und ein Syrer sich um eine Wohnung schlagen, am Schluss der Polizist immer ohne Wohnung ausgeht, wird er die AfD wählen.

    Und wir müssen das verhindern. Wenn wir Demokratie und Freiheit haben wollen, müssen wir ganz schön kämpfen, ganz schnell viele Wohnungen bauen, damit der Wohnungsmangel nicht dazu führt, dass die Menschen aus Verzweiflung anfangen, Unfug zu wählen.

    Vielen Dank für das Gespräch.

    Zum Gesprächspartner

    Christoph Gröner, 56, geb. in Karlsruhe, ist ein deutscher Immobilienunternehmer. Seit der Gründung des Unternehmens im Jahre 2008 ist er der geschäftsführende Gesellschafter, seit 2022 auch der Vorstandsvorsitzende der Gröner Group AG. Im Herbst 2023 gründete er die neue Firma ecobuilding AG, die er mit dem ehemaligen CDU-Politiker Ronald Pofalla leitet. Seine frühere Immobilienentwicklungsgesellschaft, die CG Gruppe AG, wurde 2020 vollständig von der Consus Real Estate übernommen, die zur Luxemburger Adler Group gehört.

    #Berlin #Wohnen #Immobilien #Spekulation #Stadtentwicklung #Politik

  • Gisela May und Manfred Wekwerth
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mutter_Courage_und_ihre_Kinder

    XXII.Berliner Festtage

    Letzte Regiehinweise gibt der Intendant des Berliner Ensembles, Manfred Wekwerth (r.), der Titeldarstellerin Gisela May in der Neuinzenierung von Bertolt Brechts „Mutter Courage und ihre Kinder“. Das Theater am Schiffbauerdamm bringt dieses Schauspiel am 3. Oktober 1978 als Beitrag zu den XXII. Berliner Festtagen heraus.

    Abgebildete Personen:

    May, Gisela: Schauspielerin, Sängerin, DDR (GND 118579487)
    Wekwerth, Manfred Prof. Dr.: Präsident der Akademie der Künste (AdK), Intendant des Berliner Ensembles, Zentralkomitee (ZK) der SED, DDR

    – Episches Theater
    https://de.wikipedia.org/wiki/Episches_Theater
    – Kunstwerke in der „Ästhetik des Widerstands“
    https://de.wikipedia.org/wiki/Kunstwerke_in_der_%E2%80%9E%C3%84sthetik_des_Widerstands%E2%80%9C
    – Mutter Courage und ihre Kinder
    https://de.wikipedia.org/wiki/Mutter_Courage_und_ihre_Kinder

    – Gisela May
    https://de.wikipedia.org/wiki/Gisela_May
    – Manfred Wekwerth
    https://de.wikipedia.org/wiki/Manfred_Wekwerth
    – Bertolt Brecht
    https://de.wikipedia.org/wiki/Bertolt_Brecht

    – Brecht-Weigel-Museum
    https://www.adk.de/de/archiv/gedenkstaetten/gedenkstaetten-brecht-weigel.htm
    Chausseestraße 125, 10115 Berlin, +49(0)30-20057-18 44, brechtweigelmuseum@adk.de

    – Brecht-Weigel-Haus
    https://de.wikipedia.org/wiki/Brecht-Weigel-Haus
    Bertolt-Brecht-Straße 30, 15377 Buckow, Tel. 033433 / 467

    #Berlin #Mitte #Schiffbauer_Damm #Chausséestraße #théâtre #DDR #Stadtrundfahrt #Buckow

  • Kita-Sterben? Prenzlauer Berg hat zu viele Kita-Plätze – wie kann das sein?
    https://www.berliner-zeitung.de/news/kita-sterben-prenzlauer-berg-hat-zu-viele-kita-plaetze-li.2192322

    Die Gentrifizierung hat mit ihrer Eigentumswohnungisierung die soziale und Altersmischung des Stadtteils zerstört. Wo früher immer wieder neue junge Familien in die großen Mietwohnungen einzogen, bleiben die Alten heute bis zum Tod in ihrer Eigentumswohnung, dem Lebensprojekt.

    Eine unfähige städtische Schulplanung hatte bereits in den Neunzigern zu einem Angebotsmangel an Kindergarten- und Schulplätzen geführt, der von privaten Trägern im Kitabereich aufgefangen wurde. Die leiden nun an den absehbaren Überkapazitäten. Kapitalismus eben, das organisierte Chaos.

    29.2.2024 von Jule Damaske - In Prenzlauer Berg sind Hunderte Kitaplätze nicht besetzt. Einrichtungen sind sogar offen für Familien aus Brandenburg. Warum ist das so?

    Über Jahre hieß es, in Berlin gebe es zu wenig Kitaplätze. Doch in Prenzlauer Berg sind einem Bericht der Prenzlauer Berg Nachrichten zufolge aktuell rund 800 Plätze nicht belegt. „Das ist fast jeder zehnte von insgesamt 9565 Plätzen, die für 9625 anspruchsberechtigte Kinder zur Verfügung stehen“, heißt es dort. Vor zehn Jahren kämen auf 8700 Plätze noch 10.655 Kinder. Wie kann das sein?

    Schon in den 1990er Jahren wurden in Prenzlauer Berg Schulen geschlossen, weil dafür die Kinder fehlten. Zehn Jahre später kehrte sich das wieder um. Grund dafür ist dem Bericht zufolge die weniger starke Altersdurchmischung im Bezirk. Dadurch komme es zu Schwankungen im Bedarf, nicht nur bei Kitas und Schulen, sondern auch bei Altenheimen.

    Die Kindergärten Nordost in Prenzlauer Berg betreiben den Angaben zufolge 15 Kitas. Von den etwa 1900 Kitaplätzen seien zurzeit rund 300 nicht belegt. „Mittelfristig wäre auch eine Schließung von Einrichtungen, die etwa unsere baulichen und damit pädagogischen Standards nicht mehr gänzlich erfüllen, zu überprüfen“, sagt Sprecherin Judith Frenz den Prenzlauer Berg Nachrichten. Doch nicht nur die sinkende Nachfrage sei dafür verantwortlich, auch der Personalmangel trage dazu bei. Ohne Erzieherinnen und Erzieher könnten nicht alle vorgesehenen Plätze auch wirklich angeboten werden.

    Pankower Kitas offen für Familien aus anderen Berliner Bezirken und Brandenburg

    In den Einrichtungen werde deshalb ein wirtschaftlicher Verlust befürchtet. Vom großen Kita-Sterben sei der Bezirk jedoch noch weit entfernt. Aktuell würden Räume in den Einrichtungen umgebaut oder das pädagogische Profil geschärft, um so im Konkurrenzkampf um Kinder herauszustechen. Selbst kleine Kitas, die jahrelang bewusst auf Werbung verzichteten, sähen sich nun gezwungen Plakate aufzuhängen oder auf Instagram zu posten, um Nachfolger zu gewinnen.
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    Mittlerweile ist der Bezirk sogar offen für Familien aus anderen Bezirken und aus Brandenburg, sagt Pankows Bezirksstadträtin Rona Tietje (SPD) dem Artikel zufolge. Das Pankower Jugendamt helfe dabei, suchende Eltern und Kitas mit Plätzen zusammenzubringen. Doch nicht jede Familie fände automatisch einen Platz in ihrer Wunschkita. Insbesondere Eltern mit Spätschicht oder Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf müssten in vielen Fällen länger suchen.

    #Berlin #Prenzlauer_Berg #Kindergarten #Pädagogik #Stadtentwicklung #Verwaltung #Immobilien #Soziologie

  • „Dauerkolonie“ im Afrikanischen Viertel in Berlin: Führung erklärt deutschen Kolonialismus
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/afrikanischen-viertel-in-berlin-fuehrung-erklaert-deutschen-kolonia


    Justice Mvemba will über die deutsche Kolonialgeschichte aufklären. Foto: Sabine Gudath

    27.1.2024 von Maria Häußler - Warum sollten manche Straßen umbenannt werden? Was ist problematisch an den Kleingartenkolonien in Wedding? Und was hat das alles mit Edeka zu tun?

    An diesem Freitagnachmittag im Januar zieht sich eine dünne Schneeschicht über den Gehsteig der Swakopmunder Straße im Wedding, in der sich eine Gruppe von etwa fünfzehn Menschen für eine „Dekoloniale Stadtführung“ trifft. Sie haben eine private Führung gebucht, die Kosten werden von einer Stiftung übernommen. Untereinander sprechen die Teilnehmer über kalte Zehen und wünschten sich, sie seien wärmer gekleidet. Trotzdem stellen sie so viele Fragen, dass die Führung, die auf zwei Stunden ausgelegt ist, eine halbe Stunde länger dauert.

    Warum sollten manche Straßen im Afrikanischen Viertel in Wedding umbenannt werden und andere nicht? Was ist daran problematisch, eine Kleingartenkolonie „Dauerkolonie Togo“ zu nennen? Und welche Folgen hatte die Afrika-Konferenz in Berlin? Mit solchen Fragen beschäftigt sich Justice Mvemba. Die 32 Jahre alte Frau bietet eine „Dekoloniale Stadtführung“ an, in der all diese Fragen beantwortet werden. Sie ist damit auch an der Frontlinie eines Kulturkampfes: Während manche von einer „woken“ Bewegung sprechen, die nur spalte, sehen andere darin eine überfällige gesellschaftliche Änderung, die ihrer Meinung nach zu mehr sozialer Gerechtigkeit führt.

    Die Stadtführerin Justice Mvemba führt auch Gruppen durchs Humboldt-Forum, heute aber soll es das Afrikanische Viertel sein. An sieben Orten von der U-Bahnstation Afrikanische Straße bis zur Haltestelle Rehberge spricht die Stadtführerin über deutschen Kolonialismus und seine Folgen. Das beginnt schon beim Namen des Viertels: Carl Habenbeck wollte im Volkspark Rehberge einen Zoo mit afrikanischen Tieren aus den Kolonien gründen. Auch Menschen sollten in einer sogenannten Völkerschau ausgestellt werden. Die Völkerschau fand nie statt, das Afrikanische Viertel sollte trotzdem die kolonialen Errungenschaften würdigen.

    Davon erzählt Justice Mvemba gleich zu Beginn der Führung. Sie hält Fotos und Landkarten hoch, mal um zu zeigen, wie viele Staaten in den Kontinent Afrika passen, mal um über den Marterpfahl auf einem Spielplatz im Volkspark Friedrichshain zu sprechen. Die Teilnehmer der Tour stellen kaum kritische Fragen, stattdessen tragen sie ihr Wissen über rassismussensible Sprache und die deutschen Kolonien bei.

    „Kritische Fragen sind selten“, sagt Justice Mvemba der Berliner Zeitung. „Diese Gruppe ist aber besonders interaktiv.“ Dann spricht sie vom Handel mit Kolonialwaren, einen deutschen Kolonialwarenhändler gebe es immer noch. „Du grinst schon so. Kennst du ihn?“, fragt sie eine Frau mit Puschelmütze. „Edeka“, antwortet die. Die Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler nennt sich tatsächlich immer noch so. „Während der Holocaust als Verbrechen gilt, ist die Kolonialzeit bis heute positiv besetzt“, erklärt Mvemba.

    Ist das eine Dauerkolonie oder kann das weg?

    Eine Deutschlandflagge weht über einer der Hütten des „Dauerkleingartenvereins Togo e.V.“, der inzwischen nur noch „Dauerkleingartenverein“ heißt. Vor Ort ist die Änderung nicht sichtbar, ein Schild zeigt daneben auch den Namen „Dauerkolonie Togo“. Dass Kleingärten auch Kolonien genannt werden, verharmlose laut Mvemba die Kolonialzeit. Sie zieht sogar eine Verbindung zwischen dem Hissen von Flaggen in den Kleingärten und auf jenen Gebieten, die Siedler in den Kolonien einst besetzten.

    Ein Großteil der Kleingärtner wolle die Umbenennung nicht. Sie selber habe nichts damit zu tun gehabt, sagt Mvemba, trotzdem führe sie Gespräche mit einzelnen Mitgliedern: Der Name sei Tradition, sagen die. Mvemba ist der Ansicht, der Name „Dauerkolonie Togo“ führe nicht dazu, dass Kleingärtner sich kritisch mit der Kolonialgeschichte auseinandersetzen. „Davon kann man nicht ausgehen“, sagt sie der Berliner Zeitung nach dem Stopp vor dem Kleingartenverein. „Nach einer Umbenennung beschäftigen sich die Leute eher damit.“

    Einige aus der Gruppe sehen das ähnlich. „Warum steht das Schild immer noch da?“ Die Person, die die Führung gebucht hat, klingt erstaunt. In der Petersallee fragt dann doch jemand genauer nach: „Wie siehst du das denn, sollte zum Beispiel die Swakopmunder Straße auch umbenannt werden?“, fragt ein junger Mann, der selbst im Afrikanischen Viertel lebt. Es klingt zögernd. Swakopmund ist eine Stadt in der ehemals deutschen Kolonie Namibia. „Das Afrikanische Viertel soll erhalten bleiben“, sagt Mvemba und schaut auf das Schild der Petersallee. „Es wäre fatal, wenn das ausradiert wird. Der Unterschied ist, dass hier ein Mensch geehrt wird.“

    Die Kolonisierten im ehemaligen Deutsch-Ostafrika (heute Tansania) nannten Carl Peters wegen seiner Brutalität auch „Blutige Hand“. Nach ihm ist die Straße benannt, in der die Gruppe jetzt stehen bleibt. Die Stadt hat sie offiziell schon 1986 dem Berliner Stadtverordneten Peters gewidmet – doch das ist am Straßenschild nicht erkennbar. Das reicht den Initiativen nicht, die sich für Straßenumbenennungen einsetzen: Für einen Perspektivwechsel in der Erinnerungspolitik soll ihrer Ansicht nach ein Widerstandskämpfer geehrt werden, wie am Manga-Bell-Platz und der Cornelius-Fredericks-Straße.

    Die Führung endet an einer Informationsstele, auf der der Kampf um Sprache in Bezug auf postkoloniale Perspektiven noch einmal deutlich wird: Nach mehr als sechs Jahren Diskussion über die Formulierung eines Textes über das Afrikanische Viertel haben sich die Stadt Berlin und die afrodiasporische Gemeinschaft auf einen Kompromiss geeinigt: Auf einer Seite ist der Text der Stadt zu lesen, auf der anderen Seite der der afrodiasporischen Gemeinschaft.

    Die Teilnehmer wechseln von einer Seite zur anderen, sie sollen identifizieren, welcher Text von wem geschrieben wurde. An den Anführungsstrichen um das „Afrikanische Viertel“ und der Bebilderung erkennen sie es: Laut Mvembas Interpretation werden auf der Seite der Stadt nach wie vor die Täter in den Vordergrund gerückt. Die Kolonisierten seien dagegen herabwürdigend dargestellt: Auf einem der Fotos hocken einige von ihnen halbnackt auf dem Boden.

    #Berlin #Wedding #Swakopmunder_Straße #Afrikanische_Straße #Petersallee #Rehberge #Dauerkolonie_Togo #Stadtführung #Deutsch-Ostafrika #Tansania #Kolonialismus

  • Heidelberger CC-BY-NC-ND
    https://www.flickr.com/photos/extranoise

    Flickr

    Was gibts hier zu sehen?
    0. Lichtverhältnise und Belaubung deuten auf Sommerabend zwischen 12:00 und 22:00 Uhr hin. Exif sagt 2012:05:17 21:33:42. Stimmt also.
    1. Im Vordergrund den Mittelstreifen der Mecklemburgischen Straße Höhe Cosy Wash mit Stadtmöbeln, die das Parken auf dem Mittelstreifen verhindern sollen. Putzig.
    2. Links gegenüberliegende Straßenseite, halbwegs alter VW Camper mit Hochdach, dahinter Baum.
    3. Taxi, VW Touran.
    4. neumodisches Zugangsbauwerk zum S-Bahnhof Heidelberger Platz. Wird benötigt, weil altes Backstein-Zugangsbauwerk von der DB (vermutlich) verkauft wurde.
    5. 3 Schornsteine des Kraftwerks Wilmersdorf, mittlerweile demontiert.
    6. Disco „Annabelle“, notorische Russendisko für die hemmungslose Jeunesse Dorée aus Dahlem bis Grunewald. Schon mal was von #metoo gehört? Nee, hier sicher nicht. Brauchen die nicht, die amüsiern sich einfach. Nastarovje ! Davor ein Briefkasten aus Bundespost-Zeiten und ein langweiliger PKW.
    7. Stadtring Autobahnbrücke
    8. Halo des Sonnenuntergangs. Straßenbeleuchtung.

    #Berlin #Wilmersdorf #Mecklemburgische_Straße #Heidelberger_Platz #S-Bahn #Disco #Kraftwerk #Stadtautobahn

  • „Hauptstadt des Verbrechens“
    https://anwaltsblatt.berlin/hauptstadt-des-verbrechens-2

    Bemerkenswert: Verbrechen als Krankheit, von der Verbrecher befallen werden.

    Von Julia Steinmetz - Zeitreise zu den historischen Gerichts- und Gefängnisgebäuden der 1920er-Jahre.

    Schon der Treffpunkt der Reisegruppe, bestehend aus Mitgliedern des Berliner Anwaltsvereins und des Richterbunds, war am 14. Juni um 16 Uhr ein historischer: der #Tränenpalast an der #Friedrichstraße. Von dort aus sollte das diesjährige Sommerhighlight, die „Krimitour durch Berlin“, organisiert durch den Berliner Anwaltsverein, starten. Aufgrund einer kleinen Busverspätung (der Berliner Verkehr) stellen die beiden Referenten Arne Krasting und Alexander Vogel vor dem Einstieg in den Bus sich und auch die Idee zur gemeinsamen Tour vor.

    Arne Krasting ist Historiker und Autor zweier Bücher. Sein erstes Buch „Fassadengeflüster. Berliner Bauten der Weimarer Republik“ erschien 2021. Gemeinsam mit dem Juristen Alexander Vogel veröffentlichte er 2022 das Buch „Justizgeflüster. Gerichte und Gefängnisse in Berlin“. Um Letzteres sollte es bei der Kriminaltour gehen, in der ein Blick auf die „dunkle Seite“ von Berlin, auch inspiriert von der Kultserie „Babylon Berlin“, geworfen werden sollte. Die Gegend um den #Bahnhof_Friedrichstraße schien hierfür der optimale Startpunkt, war sie doch in den 1920er-Jahren ein Ort des Amüsements, aber auch der Kriminalität und Prostitution mit zahlreichen Theatern und Bars in der Nähe.

    „Die Geschichte Berlins ist eine Geschichte von Kriminalität“

    Die Tour beginnt mit dem zwischenzeitlich eingetroffenen Reisebus, welcher im Inneren mit großen Bildschirmen ausgestattet ist, auf denen die Referenten untermalendendes Bild- und Videomaterial zeigen. Passend zur Fahrt über die Berliner Friedrichstraße und der Straße #Unter_den_Linden berichten die Referenten von der Diebstahlsgeschichte der Quadriga auf dem #Brandenburger_Tor sowie über die weithin bekannte Geschichte des Betrügers Friedrich Wilhelm Voigt, dem Hauptmann von Köpenick. Vorbei an der #Marienkirche, die im 13. Jahrhundert das Zentrum des mittelalterlichen Berlins darstellte und damals Schauplatz eines berüchtigten Lynchmordes wurde, der einen päpstlichen Bann über Berlin nach sich zog und erst nach Zahlungen und dem Aufstellen eines Sühnekreuzes wieder aufgehoben wurde, geht es zum #Alexanderplatz. Vogel macht schon zum Beginn der Tour deutlich: „Die Geschichte Berlins ist eine Geschichte von Kriminalität“.

    DER ALEXANDERPLATZ – SCHON VOR 100 JAHREN EIN KRIMINALITÄTSHOTSPOT

    Da gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Kriminalität um den Alexanderplatz immer mehr zunahm, wurde 1890 genau dort das große neue Polizeipräsidium von Berlin gebaut, welches sich vorher am #Molkenmarkt befunden hatte. In das neue Gebäude zog auch der berühmteste Kommissar der Zeit ein: Ernst Gellert, auch der „Buddha vom Alex“ genannt. Er leitete die erste modern arbeitende Mordkommission und erfand, laut Vogel und Krasting, die Tatortarbeit. Auch neu war ein Fernsehformat, was in den zahlreich eröffnenden Berliner Fernsehstuben ab 1935 gezeigt wurde. In „Die Polizei bittet um Mithilfe“ zog Gellert die Bevölkerung in seine Ermittlungsarbeit ein; ein Format, was auch heute noch im Fernsehen zu finden ist. Nach der Fahrt rund um den Alex kommt die Reisegruppe in der #Littenstraße an. Ziel ist hier das Gerichtsgebäude, der sogenannte „Justizpalast“, der 1904 fertiggestellt wurde. Der Architekt des Gebäudes, so erklärt Krasting, sei Otto Schmalz, der für die Architektur vor allem Elemente des Rokokos und des Jugendstils gewählt habe, darüber hinaus gebe es viele Einzelheiten, die Krasting den Teilnehmenden vor Ort und anhand von Bildern erläutert. Nachdem alle Teilnehmer wieder sicher im Bus sitzen, geht die Fahrt über den #Straußberger_Platz, im Mittelalter der als „#Rabenstein“ bekannte Hinrichtungsplatz vor den Toren Berlins, weiter in das #Scheunenviertel.

    DAS VERBRECHERVIERTEL DER 20ER-JAHRE

    Vogel erklärt, dass die Gegend in den 1920er-Jahren der Ort des organisierten Verbrechens in Berlin gewesen sei und daher auch in „Babylon Berlin“ immer wieder Ort des Geschehens ist. In den sogenannten Ring-Vereinen, die ursprünglich gemeinnützige Organisationen zur Wiedereingliederung von Strafgefangenen und ehemaligen Häftlingen sein sollten, entwickelten sich damals kriminelle Strukturen und Verbrecherbörsen. Ort der Planung für die nächsten Coups waren oft Bars und Kneipen wie die „Mulackritze“, in der sich Gestalten wie „Muskel- Adolf“ oder Adolf Leu (der Schränker) trafen.

    „In den sogenannten Ring-Vereinen entwickelten sich damals kriminelle Strukturen und Verbrecherbörsen“

    Wie sehr Verbrechen und Tod zu dieser Zeit zum Alltag der Bevölkerung dazugehörten, wird auch in der #Hannoverschen_Straße 6 deutlich, dem ehemaligen Leichenschauhaus. Hier war es laut Vogel in den 1920er-Jahren üblich, am Sonntag zur Leichenschau zu kommen, in der unbekannte Opfer von Tötungstaten hinter Glasfenstern ausgestellt wurden, damit Besucher diese identifizieren konnten.

    RUND UM DIE LEHRTER STRASSE

    Ziel der letzten Station der Tour sollte die Gegend um die #Lehrter_Straße sein, in der seit den 1840er-Jahren verschiedene Gefängnisgebäude entstanden waren, die heute nur noch teilweise bestehen. An das große Zellengefängnis in der Lehrter Straße erinnert nur noch der Geschichtspark Zellengefängnis #Moabit, der 2006 eröffnet wurde. Kriminalität wurde 1840 als ansteckende Krankheit angesehen, sodass Ziel des damaligen Gefängnisneubaus die Unterbringung der Gefangenen in Einzelzellen war, in der zwischenmenschliche Kommunikation nicht möglich sein sollte. Auch beim einstündigen Freigang am Tag kamen die Gefangenen durch die panoptische Architektur niemals mit ihren Mithäftlingen in Kontakt. Diese unmenschliche Art der Unterbringung bestand bis 1910. Nach dem Attentat auf Adolf Hitler 1944 wurden in dem Gefängnis verdächtigte Beteiligte festgehalten, unter anderem Albrecht Haushofer und Klaus Bonhoeffer, die im April 1945 dort erschossen wurden. Ersterer schrieb während seiner Gefangenschaft die „Moabiter Sonette“, 80 Gedichte, die heute im Park in einer nachempfundenen Zelle über Lautsprecher vorgelesen werden.

    Zu Fuß ging es zum Schluss noch zum ehemaligen Frauengefängnis in der #Lehrter_Straße 60, in dem von 1945–1985 weibliche Gefangene aus Westberlin untergebracht waren. Ursprünglich war dieses Gebäude eine Militär-Arrestanstalt, nach dem Ersten Weltkrieg ein Gefängnis für Männer ohne Militärgerichtsbarkeit, in dem auch Kurt Tucholsky einsaß. 1973 und 1975 gelingt weiblichen Gefangenen zweimal der spektakuläre Ausbruch aus dem Gefängnis, sodass anschließend ein neues Frauengefängnis in Berlin-Charlottenburg gebaut wurde. Seit 2012 steht das Gebäude leer. Zukünftig geplant sei hier, laut Krasting, Proberäume für Musiker und Kunstateliers unterzubringen. Zudem diente das ehemalige Gefängnis als Drehort für „Babylon Berlin“.

    Auf dem Weg zurück zur Friedrichstraße und somit dem Endpunkt der gemeinsamen Tour erzählten die Referenten noch einen letzten Fall: die „Pleiten, Pech und Pannen-Karriere“ der Gebrüder Sass, Einbrecher, die als erstes auf die Idee kamen, Geldschränke nicht mehr aufzustemmen, sondern aufzuschweißen. Gegen 18:30 Uhr endete die sehr kurzweilige, höchst interessante Tour, an die alle Teilnehmenden sicher gern zurückdenken werden.

    #Berlin #Geschiichte #Kriminalität #Stadtführung #Sightseeing #Krankheit #Fernsehstube #Fernseh-Großbildstelle

  • Berlin: Auf dem ehemaligen Flughafen Tegel könnten 25.000 Wohnungen entstehen – ein Plädoyer
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/berlin-auf-dem-ehemaligen-flughafen-tegel-koennten-25000-wohnungen-

    Die Idee liegt in der Luft, und endlich greift sie einer auf. Einen einzigen Mangel hat der Artikel : Öffentlichen Nahverkehr kennt er nur als Bus und Bahn.

    Taxis werden aber genauso gebraucht, um Gehbehinderte und Reisende mit schwerem Gepäck direkt vor der Haustür aufzunehmen. Auch für die kleinen studentischen Umzüge mit einem oder zwei Kubikmetern Zeug sind Taxis das effektivste und umweltschonendste Beförderungsmittel. Vielleicht wird es in der TXL-Neustadt die ersten autonomen, selbstfahrenden Taxis Berlins geben. Das riesige Gelände wäre ideal dafür.

    Die Möglickeit, mit PKW und Kleinbussen an jeder Haustür vorzufahren, gehört deshalb auch in jedes grüne Stadtkonzept.

    25.11.2023 von Andreas Barz - Der stillgelegte Airport im Norden Berlins bietet Platz für sehr viel mehr Häuser als bislang geplant. Die Umsetzung ist ein Muss in Zeiten enormen Wohnraummangels. Ein Plädoyer.

    Wohnen heißt – nach Martin Heidegger – bleiben. Doch bleiben setzt voraus, dass man auch kommen kann. Die Arbeitsgruppe für den Stadtentwicklungsplan Wohnen 2040 geht aktuell von rund 400.000 Neuberlinern bis zum Jahr 2040 aus. Darin enthalten sind noch nicht Zuzüge durch weltweite politische Krisen oder Klimakatastrophen.

    Machen wir uns nichts vor: Es wird diese Krisen geben. Schon 400.000 neue Stadtbürger benötigen rund 200.000 Wohnungen, die durch Verdichtung oder Neubau realisiert werden müssen. Nur, wo können diese 200.000 Wohnungen geschaffen werden?
    Platz für eine Wohnstadt der Zukunft

    Das Flugfeld des ehemaligen innerstädtischen Flughafens in Tegel, im Norden und Westen durch den Flughafensee und den Forst Jungfernheide, im Süden durch Kleingärten und im Osten durch die Autobahn und Kasernen begrenzt, bietet Platz für eine Wohnstadt der Zukunft – mit knapp hunderttausend Menschen.

    Der Flughafen hat eine Fläche von mehr als 500 Hektar, das entspricht fünf Quadratkilometern. Von der Gesamtfläche sind derzeit für die Tegeler Stadtheide 220 Hektar, für die Urban Tech Republic 230 Hektar und für das Schumacher Quartier rund 50 Hektar vorgesehen.

    Während im Wohnquartier 5000 Wohnungen für rund 10.000 Menschen gebaut werden sollen, könnte nach Planungen der Tegel Projekt GmbH die Fläche der Urban Tech Republic 20.000 Arbeitsplätzen Platz bieten. 2000 Studierende der Berliner Hochschule für Technik ließen sich in den denkmalgeschützten Gebäuden des ehemaligen Terminals unterbringen.

    Der städtebauliche Rahmenplan geht auf das Jahr 2014 zurück. Baurecht ist bislang für keine der Flächen geschaffen, was der Tegel Projekt GmbH zufolge vor allem auf die verspätete Inbetriebnahme des neuen Airports in Schönefeld zurückzuführen ist.

    Doch seit 2014 haben sich die Bedingungen in Berlin deutlich verändert: Die Stadt wächst – und zwar rasant. Der Wohnungssektor, einschließlich der mit dem Wachstum einhergehenden sozialen Infrastruktur, benötigt darum viele neue Bauflächen. Die Nachfrage nach Gewerbeflächen ist trotz Ausbau der digitalen Infrastruktur und eines postpandemischen Anstiegs an Homeoffice-Arbeitsplätzen ebenfalls ungebrochen hoch. Der Platzbedarf der im Wedding beheimateten Berliner Hochschule für Technik ist seit Jahren evident und soll daher nicht infrage gestellt werden.

    Mit einer Gesamtfläche von 500 Hektar stellt die ehemalige Flughafenfläche in Tegel neben dem bereits 2008 außer Betrieb genommenen Flugfeld in Tempelhof mit rund 390 Hektar die größte Entwicklungsfläche Berlins dar.

    2014 haben sich die Stadtbewohner im Rahmen eines Referendums mehrheitlich für die Nichtbebauung des ehemaligen Flughafens Tempelhof entschieden und damit auf Jahrzehnte einer baulichen Nutzung eine Absage erteilt. Dem Tempelhofer Feld kommt daher künftig vor allem eine klimaregulierende Aufgabe zu. Teile des Flugfelds könnten als Ausgleichs- und Ersatzfläche umgestaltet werden und so die in Tegel geplante Stadtheide entbehrlich machen.

    Statt eine Überprüfung der stadtentwicklungspolitischen Leitlinien voranzutreiben, verliert sich die Planung für die Nachnutzung des Flughafens Tegel aber im Klein-Klein und soll das überholte Planungskonzept aus dem Jahr 2014 unbedingt an den Start bringen.

    Die Bedarfe der wachsenden Stadt, die Wohnstadt oder auch die gemischte europäische Stadt werden für diese größte Berliner Entwicklungsfläche nicht in den Blick genommen, und so wirkt der Masterplan für die 500 Hektar wie aus der Zeit gefallen oder wie eine Lehrseite der Charta von Athen, die 1933 die Stadt in funktionsgetrennte Zonen unterteilte.

    Hier das Wohnen, dort das Arbeiten und möglichst in den Zentren Kultur und Verwaltung. Ähnlich sieht auch die Planung für Tegel aus: Das alte Terminal besetzt die Berliner Hochschule für Technik, drum herum gruppiert sich die Urban Tech Republic, am Rand wird das Schumacher Quartier als Wohngebiet errichtet und im Norden – zum Flughafensee und zur Jungfernheide – gruppieren sich die durch die Flugnutzung kontaminierten Ausgleichs- und Ersatzflächen.

    Auch die aktuelle Verkehrsplanung hinkt den Bedarfen und den Erfordernissen einer modernen klimaneutralen europäischen Stadt hinterher und setzt vor allem auf die Anbindung des Quartiers per Straße. Vage bleiben die Formulierungen zum Ausbau des Straßenbahnnetzes, die in diesem Teil der Stadt nicht vorkommt und erst umständlich an das Straßenbahnnetz im Ortsteil Mitte angebunden werden müsste, was erfahrungsgemäß lange dauert und auf massiven Widerstand stoßen wird.

    Vorbild für die weitere Entwicklung sollten die neuen Stadtquartiere in Wien oder in Kopenhagen sein, in denen Schnellbahnen die Pioniere der Entwicklung waren. Auf dem Flugfeld Aspern in Wien, das für 45.000 Menschen als Wohn- und Arbeitsort völlig neu entwickelt wird, war als Erstes die U-Bahn fertig und brachte zunächst die Bauarbeiter in das Quartier. Auch für Tegel könnte dies so sein, wenn der Senat sich entschließen würde, die alte U-Bahnplanung für den Anschluss des Flughafens aus den 1960er-/70er-Jahren wiederaufzunehmen und die vorhandenen Tunnel am Knotenpunkt Jungfernheide zu nutzen und zum Flugfeld zu verlängern.

    Die U-Bahn sollte dann nicht auf dem Tegeler Flugfeld enden, sondern gleich zur benachbarte Insel Gartenfeld – ebenfalls ein städtisches Entwicklungsgebiet – und später weiter durch die nördlichen Spandauer Wohngebiete bis hin in das hoch verdichtete Umland verlängert werden. Anders als im Märkischen Viertel, das bis heute immer noch nicht an das Schnellbahnnetz angebunden ist, oder die noch im Bau befindliche Europacity nördlich des Hauptbahnhofs, könnte Berlin in Tegel der Mobilitätswende und der damit einhergehenden Attraktivierung des Nahverkehrs einen völlig neuen Schub verleihen.

    Eine grundlegende Überarbeitung der Planung für das Flugfeld in Tegel könnte zudem stark umstrittene Projekte an anderer Stelle – wie auf der Elisabethaue oder Am Sandhaus in Buch – ausgleichen helfen und damit auch zur Befriedung der stark gespaltenen Stadtgesellschaft beitragen.

    Mit einem klugen Mobilitätskonzept, mit Hochschule und Gewerbe, mit Parks und Gärten, mit einer sozialen Infrastruktur, die alle begeistert, könnte hier die gemischte europäische Stadt der Zukunft entstehen. Allerdings braucht es hierfür Mut. Mut der öffentlichen Verwaltung und Politik, die Weichen richtig zu stellen, Mut der Wohnungswirtschaft, ein Gemeinschaftsprojekt auch gemeinsam zu stemmen und nicht in Hinterzimmern auszuhandeln, und Mut der Stadtgesellschaftt, auch mal für etwas und nicht immer gegen etwas zu sein.
    25.000 Wohnungen möglich

    Nimmt man die weit vorangeschrittene städtebauliche Umsetzung der Europacity an der Heidestraße mit ihren 61 Hektar für rund 3000 Wohnungen und 16.500 neue Arbeitsplätze als Blaupause, ließen sich auf dem mehr als achtmal so großen Areal in Tegel rund 25.000 Wohnungen und circa 135.000 Arbeitsplätze realisieren. Zieht man die Kritik der ehemaligen Senatsbaudirektorin Regula Lüscher an der Europacity hinsichtlich der städtebaulichen Dichte und baulichen Höhe in Betracht, ließen sich in Tegel weitaus mehr Wohnungen realisieren.

    Bislang plant die Tegel Projekt GmbH neben einigen Hochpunkten im Schumacher-Quartier nur vier- bis sechsgeschossige Wohngebäude. Das widerspricht allen parteiübergreifenden Bekenntnissen der vergangenen Jahre zu mehr Höhe und Dichte. Und es passt auch nicht zur Klage über einen Mangel an verfügbarer Baufläche, wenn ein solches Gelände quasi vorstädtisch bebaut und damit Potenzial verschenkt wird.

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    Auch die stark durchgrünte Gropiusstadt oder der Wohnpark Alt-Erlaa in Wien mit seinen grünen Terrassenhäusern könnten als positive Vorbilder für das Neudenken von Tegel herangezogen werden. Zudem haben die im Bündnis junger Genossenschaften organisierten Genossenschaften eine Modellplanung für ein durchmischtes Stadtquartier für rund 2500 Menschen vorgeschlagen und 2022 der Öffentlichkeit präsentiert.

    Gemeinsam mit den Genossenschaften sollen kommunale Wohnungsunternehmen 90 Prozent der geplanten Wohnungen in Tegel realisieren. Landesunternehmen, Genossenschaften, Tegel Projekt GmbH, der Bund und die Berliner Stadtentwicklungs- und Verkehrsverwaltung sollten daher im Rahmen einer gemeinsamen Tegel-Konferenz für eine Überarbeitung des Masterplans zusammenkommen und die Weichen für Berlins größte städtebauliche Entwicklungsmaßnahme stellen. Parallel hierzu könnten die umstrittenen Vorhaben im Bezirk Pankow oder die immer wieder neu entfachte Debatte über die Randbebauung des Tempelhofer Flugfeldes ein für alle Mal zu den Akten gelegt werden.

    Der Wohnpark Alt-Erlaa in Wien

    Der Wohnpark Alt-Erlaa in WienVolker Preußer/imago
    Nachsatz zur aktuellen Wohnungsbaudebatte in Berlin

    Die Regierungen in Bund und Ländern haben das Wohnen zu der sozialen Frage des 21. Jahrhunderts erklärt. Auch um Schieflagen durch den seit Jahrzehnten abnehmenden Bestand von Sozialwohnungen zu beseitigen. Das kann nur durch einen massiven Wohnungsneubau gelingen. Gleichzeitig ächzen unsere Städte unter den Auswirkungen des Klimawandels und müssen in großer Geschwindigkeit umgebaut werden. Das betrifft auf kurze Sicht den Umbau der Städte zu Schwammstädten, den Ausbau des Baumbestands zur Regulierung des Stadtklimas sowie einen Stopp der Neuversiegelung des Bodens.

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    Eine solche Null bei der Neuversiegelung wird jedoch nur zu schaffen sein, wenn vorhandene Flächen intensiver genutzt werden – das bedeutet mehr Dichte und Höhe und vor allem den Umbau der Landesbauordnungen, die vielfach immer noch die funktionsgetrennte Stadt und die Charta von Athen zur Grundlage haben, und den Umbau ehemals für den Verkehr genutzter Flächen. Hierzu zählen die Flugfelder, Eisenbahnanlagen und auch die überdimensionierten Straßen der autogerechten Stadt.

    Eine wichtige Rolle wird auch dem Umbau der Städte und den durch die Mobilitätswende möglich gewordenen Rückbau der autogerechten Stadt des 20. Jahrhunderts zukommen. Straßenräume werden zurückgebaut, entsiegelt und bepflanzt. Parkplatzflächen oder auch reine Gewerbegebiete werden zugunsten von Mischgebieten umgebaut, auch um größere Dichten auf den jeweiligen Stadtflächen zu ermöglichen.

    Sollte Berlin zu einem anderen Entschluss gelangen und keine ausreichende Zahl neuer Wohnungen bauen und nur noch jene Teile der Stadtbevölkerung in den Fokus nehmen, die schon da sind, hätte dies fatale Folgen für all die Bereiche, die die Stadt stark machen: Die Auswirkungen auf den Wirtschafts-, Wissenschafts- und Kulturstandort Berlin wären dramatisch, denn ohne Wohnungen kein Bleiben und kein Kommen. Im Segment des akademischen Wohnens, aber auch im Bereich der Angebote für Senioren beobachten wir dieses Phänomen bereits heute.

    Es steht außer Frage, dass Politik und Stadtgesellschaft Regeln für das bezahlbare Wohnen und gegen Mietwucher aufstellen müssen, und selbstverständlich sollte über eine Vergemeinschaftung des Bodens als nicht vermehrbares Gut debattiert werden. Enteignungen und Zwangskollektivierung sind der falsche Weg. Die massive Unterstützung des kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsneubaus wäre vielmehr der richtige Weg. Hierzu gehören ein ausreichendes Angebot von Grundstücken und die Ausweitung der Wohnbauförderung.

    Das Flugfeld in Tegel gibt Berlin eine einmalige Chance, die Stadt der Zukunft mit den Berlinerinnen und Berlinern nicht nur zu diskutieren, sondern auch umzusetzen.

    Andreas Barz ist Vorstandsvorsitzender der Studentendorf Schlachtensee eG. und Ko-Sprecher des Bündnisses junger Genossenschaften.

    #Berlin #Tegel #TXL #Wohnen.#Stadtentwicklung #ÖPNV

  • „Tunnel des Grauens“ am ICC Berlin wird geschlossen
    https://www.berliner-zeitung.de/news/fussgaengertunnel-am-icc-berlin-wird-geschlossen-li.366612


    Unterführung zwischen ICC und Busbahnhof Berlin.Jürgen Ritter/Imago Images

    6.7.2023 von Jule Damaske - Er ist in Kinofilmen und Fernsehserien zu sehen. Nun soll der weltbekannte Fußgängertunnel nahe der Messe Berlin geschlossen werden. Das sind die Gründe.

    Kaum ein Fußgängertunnel in Berlin ist so bekannt, wie jener zwischen dem Internationalen Congress Centrum (ICC) und dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB). Ob in „Die Bourne Verschwörung“, „Tribute von Panem“ oder „Captain America: Civil War“: Durch die Unterführung sprangen schon Stars wie Matt Damon, Jennifer Lawrence und Robert Downey Jr. in großen Action-Filmen. Nun soll die auch als „Tunnel des Grauens“ bekannte Unterführung in Charlottenburg-Wilmersdorf geschlossen werden. Das bestätigte die Senatsverkehrsverwaltung der Berliner Zeitung.

    Der Fußgängerverkehr soll in Zukunft ausschließlich oberirdisch organisiert werden. Dafür soll die Kreuzungsanlage umgebaut werden, hieß es von der Verkehrsverwaltung auf Anfrage. Ein Zeitplan stehe noch nicht fest.

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    Klar ist jedoch, für den in den 1970er-Jahren gebauten Tunnel ist das das Ende. Bereits seit geraumer Zeit befindet er sich in einem schlechten Zustand und das, obwohl er seit einiger Zeit unter Denkmalschutz steht. Nicht selten schlafen Obdachlose in dem orangefarbenen, unterirdischen Gang.

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    Der Tagesspiegel zitiert aus einem Schreiben der Senatskanzlei, in dem die Schließung mit „bestehenden Mängeln hinsichtlich Barrierefreiheit, Brandschutz und Fußgängersicherheit“ begründet wird. Als weitere Gründe werden darin die „Verschmutzung und zunehmende Verwahrlosung“ sowie die „jährlichen Unterhaltskosten in Höhe von ca. 350.000 Euro“ aufgeführt. Auf Anfrage der Berliner Zeitung bestätigte der Senat, dass der Tunnel geschlossen werde, weil die Barrierefreiheit nicht gewährleistet ist und die Instandhaltungs- und Reinigungskosten zu hoch sind.

    #Berlin #Charlottenburg #Messedamm #Masurenallee #Neue_Kantstraße #ICC #Busbahnhof #Stadtentwicklung #Tiefbau

  • Das Übel der autogerechten Stadt: Wie Willy Brandt West-Berlin veränderte
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/das-uebel-der-autogerechten-stadt-wie-willy-brandt-west-berlin-vera

    12.6.2023 von Ansgar Hocke - Es war die weltpolitische Realität des Kalten Krieges, die ein städtebauliches Gesamtkonzept für Berlin nach 1945 verhinderte. Und so wurde Ende der 50er-Jahre im Westteil der Stadt gebuddelt, gebaut und eingeweiht. Es herrschte der bauliche „Selbstbehauptungswille“ in der schon fast geteilten und noch kriegszerstörten Stadt.

    Der legendäre Bürgermeister Ernst Reuter war Vorbild und Lehrmeister für Willy Brandt. Im Alter von 44 Jahren wählten ihn die Abgeordneten 1957 zum Regierenden Bürgermeister. Er war zur kommunalpolitischen Nüchternheit gezwungen, um die Existenz der Stadt zu sichern und eine städtebauliche Entwicklung in Gang zu setzen. Die Probleme von damals klingen heute vertraut: Unterbringung der Flüchtlinge, Preisanstieg bei den Lebensmitteln und fehlende Wohnungen sowie Schulen.

    Noch prägten 1957 die vier Sektoren das Leben in der Stadt; wobei der Ostsektor von den Sowjets abgeriegelt war und kontrolliert wurde. An den Bundestagswahlen durften sich die „Insulaner“ nicht beteiligen. Die Blockade West-Berlins lag zehn Jahre zurück, aber der Druck durch die Sowjetunion, durch den damaligen Regierungschef Nikita Chruschtschow, ließ nicht nach. Wie und woraus sollte dieses Berlin seine Zukunft schöpfen, die Industrie und die Wirtschaft voranbringen? Die Lage war beklemmend. Die Zentralen von Siemens und AEG zogen weg, viele wichtige Spitzenverbände, Industriebetriebe, vor allem die Metallbranche, übersiedelten nach Westdeutschland. Keine Frage: West-Berlin hing am Bonner Tropf; jeder Haushalt ein Kampf und Krampf.

    Die politische Spaltung der Stadt war bereits seit dem 30. November 1948 vollzogen. Die SED putschte die legale Gesamtberliner Regierung weg; diese floh ins Rathaus Schöneberg. Der Ostteil der Stadt schwang sich auf, Hauptstadt der DDR zu werden, und West-Berlin blieb nichts anderes übrig, als sich einzurichten. Bonn war inzwischen Regierungssitz geworden und Ost-Berlin verfolgte den eigenen sozialistischen Weg.

    West-Berlin baute Wohnungen, Kongressräume, Büros, aber eben auch Schneisen für die Autos. Denn 1957 hatte sich die Zahl der zugelassenen Motorfahrzeuge gegenüber 1951 bereits verdreifacht. Die Großzügigkeit von Straßen wie der Bundesallee, der Heerstraße, des Kurfürstendamms, der Joachimsthaler Straße und des Hohenzollerndamms ließ die Lust am Autofahren stetig anwachsen. Schnellstraßen und Autobahnen wurden gebaut, Straßen verbreitert. Immer mehr Bürohäuser entstanden nach und nach, zuerst rund um den Bahnhof Zoo und die Ruine der Gedächtniskirche. Die neue Randbebauung des Zoologischen Gartens stellte eine einheitliche Anlage von 400 Metern Länge dar.
    Durch den Marschallplan finanzierte Bauten

    Gebäude der Wirtschaft, Versicherungen, Geschäfte und Kaufhäuser entstanden am Kurfürstendamm und in der Tauentzienstraße. Dies waren in erster Linie lang gezogene Hochhäuser, durch den Marshallplan der USA finanzierte Bauten im „amerikanischen Stil“ wie das Hilton-Hotel, das Bikinihaus, das Telefunkenhaus sowie das Ernst-Reuter-und das Corbusier-Haus, das im Rahmen der internationalen Bauausstellung von 1957 entstanden war. Sich mit internationalem Flair im Städtebau und in der Architektur zu umgeben, war Absicht und Wunsch der brandtschen Regierung.

    Es war ein Glücksfall für den Senatschef Brandt, dass der Beginn seiner Amtszeit mit der Eröffnung der Internationalen Bauausstellung im Hansaviertel zusammenfiel, die noch unter seinem Vorgänger Otto Suhr akquiriert worden war. Die Bauten im Hansaviertel signalisierten einen Neubeginn: Berlin öffnete sich der Welt, allen Existenznöten zum Trotz.

    Bekannte internationale Architekten der Nachkriegsmoderne wie Walter Gropius, Oscar Niemeyer, Max Taut und andere lockten die Besucher an: viel Grün, viel Luft und Sonne, und alles nicht weit vom Tiergarten entfernt. Das Hansaviertel wurde ein „riesiges Ausstellungsstück“, denn die 54 Architekten aus verschiedenen Nationen der „freien Welt“ hatten sich bei den Baukosten die Zügel anlegen lassen. Sie durften nicht viel teurer bauen, als es im Rahmen des damaligen sozialen Wohnungsbaus üblich war.

    Nicht vergessen werden darf, dass bis zum Mauerbau 60.000 bis 70.000 Menschen jeden Tag aus Ost-Berlin in den Westteil kamen, um hier zu arbeiten. Der Wegfall der Arbeitskräfte konnte durch die Zuwanderung westdeutscher Arbeiter und Arbeiterinnen einigermaßen ausgeglichen werden.

    Trotz des Leitbildes einer autogerechten Stadt, das auch der SPD-Politiker Brandt teilte, war der U-Bahn-Bau eine der wichtigsten Aufgaben unter den Verkehrsprojekten in seiner Ära. Linien wurden verlängert, nach Steglitz, Mariendorf und Tegel, teilweise auch als indirekte Folge des Mauerbaus, nachdem die Ost-Berliner S-Bahn von den West-Berlinern boykottiert wurde. Der Regierende Bürgermeister hob des Öfteren die grüne Kelle, um feierlich eine Strecke freizugeben. Er nannte die U-Bahn ein Kind dieses Jahrhunderts: „jung, flink und zuverlässig“.

    Schon um 1960 herum hatte sich bei Willy Brandt die Überzeugung durchgesetzt, dass man Verkehrsprobleme nicht nur durch Straßenbau würde lösen können, sondern durch die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs. Brandt war ein Politiker, der es dank seiner rhetorischen Fähigkeiten verstand, selbst der Einweihung des Teilstücks der U-Bahn-Linie vom Kurt-Schuhmacher-Platz nach Tegel (1958) eine historische Bedeutung zu geben. So sprach er auf dem U-Bahnhof Kurt-Schuhmacher-Platz die Sätze: „In der Hoffnung, dass der Tag nun doch näher rückt, trotz all der Schwierigkeiten, die uns in der Welt umgeben, an dem hier in Berlin wieder zusammengefügt sein wird, was zusammengehört. Der Tag, wo dann wieder ein einheitliches Verkehrsnetz Realität sein wird. In dieser Hoffnung an diesen Tag gebe ich jetzt das Startsignal für den ersten planmäßigen Zug.“ Drei Jahrzehnte später, 1989, einen Tag nach dem Fall der Mauer, sollte Willy Brandt fast die gleichen Worte –„es wächst zusammen, was zusammengehört“ – wieder benutzen.
    Kultureller Glanz oder soziale Infrastruktur?

    Mit dem Bau der Mauer 1961 endete der Zuzug von Flüchtlingen aus Ostdeutschland. Die Einwohnerzahl West-Berlins sank, aber der große Exodus blieb aus. Die Ausrichtung der Stadtpolitik auf eine wiedervereinigte Hauptstadt Berlin, die Idee eines Zentrums um das Reichstagsgebäude, um die alte Mitte wieder aufleben zu lassen, diese Ausrichtung konnte nicht länger beibehalten werden. Lediglich das sogenannte City-Band vom Architekten Hans Scharoun deutete den Weg gen Mitte an: Nahe des Potsdamer Platzes schuf der Architekt die Philharmonie, später die Staatsbibliothek, um diese Repräsentativbauten wenigstens möglichst dicht in die Nähe der historischen Berliner Mitte zu rücken. Zum quirligen, lebendigen Zentrum West-Berlins entwickelte sich dieses Kulturforum aber nicht.

    Willy Brandt wollte kulturellen Glanz in seinem Berlin, und die Abgeordneten subventionierten seine Kulturpolitik für all die Maler, Literaten, Bildhauer und Schauspieler, die er nach Berlin einlud. Er setzte in seiner Amtszeit Maßstäbe, engagierte sich für den Konzertsaal der Hochschule der Künste ebenso wie für die Fertigstellung der Philharmonie und ließ es sich natürlich nicht nehmen, die neue Deutsche Oper an der Bismarckstraße zu eröffnen. Willy Brandt forcierte den Ausbau der Universitäten und der Institute, wie zum Beispiel des Max-Planck-Instituts oder des Instituts für Entwicklungspolitik. Er engagierte sich für die Berliner Festwochen, die Gründung der Film- und Fernsehakademie, für die Filmfestspiele, für den Berliner Kunstpreis.

    Doch stand die Politik im Rathaus Schöneberg in diesen Jahren stets vor dem Dilemma: Geld für Kulturbauten oder für die soziale Infrastruktur. So verzögerten zum Beispiel die Landesparlamentarier im Hauptausschuss die Mittelfreigabe für den Bau der Galerie des 20. Jahrhunderts im Tiergarten, die Neue Nationalgalerie, denn die Bezirke und Abgeordneten forderten vorrangig moderne Krankenhäuser, Universitätskliniken, eine Großmarkthalle und den Ausbau des öffentlich geförderten Wohnungsbaus. Erst sechs Jahre nach der Auftragserteilung konnte daher der Museumsbau des Architekten Ludwig Mies van der Rohe eröffnet werden.

    Willy Brandt wusste wohl, dass man für eine Stadt einen industriellen Unterbau braucht, deswegen gab es in der Berlinförderung massive Mittel für Umsatzsteuererstattung und Investitionshilfen, um Industrieansiedlungen nach Berlin zu holen, die übrigens zweifelhafter Natur waren und heftige Auseinandersetzungen zur Folge hatten; zum Beispiel die Zigarettenindustrie, die von Bremen nach Berlin verlagert wurde.

    Die Zentralen der Industrie, der Wirtschaft und des Handels boykottierten weiterhin West-Berlin. Inzwischen hatte der Wiederaufbau ungeheure Fortschritte gemacht und die enorme Bautätigkeit setzte sich fort. In der Gropiusstadt, am Falkenhagener Feld, im Märkischen Viertel entstanden nach und nach Tausende von Wohnungen. Die Befürworter dieser Siedlungen lobten den dortigen hohen Wohnkomfort, die Kritiker sahen in ihnen eintönige Betonwüsten.

    Neben den massiven Neubauten am Rande der Stadt begann ein Sanierungsprogramm in den Altbauquartieren von Kreuzberg bis Wedding. Es kam zum Kahlschlag. Rund um das Kottbusser Tor sollte zum Beispiel alles dem Erdboden gleichgemacht werden. Der Abriss der vielen Gründerzeithäuser sollte dem Ideal der autogerechten Stadt dienen. Bis in die 70er-Jahre hinein galt zum Beispiel die Devise: Straßenbahnen haben auf der Straße nichts zu suchen, denn sie stören den Autoverkehr.

    Straßenzüge wie zum Beispiel die Kreuzberger Oranienstraße sollten zu einer breiten Achse ausgebaut werden. Die Planer der Senatsbauverwaltung schienen offenbar begeistert, Autobahnen quer durch die Stadt zu bauen, die sogenannten innerstädtischen Tangenten plus Innenstadtring. Der Generalverkehrsplan, der Flächennutzungsplan mit seinen sogenannten Nord-, Süd-, West-, Ost-Tangenten war ausgerichtet auf die Zeit nach einer Wiedervereinigung.

    Mit dem Beginn der behutsamen Stadterneuerung 1982 endete diese Abriss- und Baupolitik. West-Berlin ist zwar nicht zum Manhattan geworden, aber das Leitbild beziehungsweise das Übel der autogerechten Stadt mit störungsfreiem Straßenverkehr prägt und beeinflusst nach wie vor massiv die Urbanität, die Lebensqualität und die Architektur Berlins.

    Das ist ein Beitrag, der im Rahmen unserer Open-Source-Initiative eingereicht wurde.

    #Berlin #Geschichte #Stadtentwicklung #Verkehr

  • Wo einst ein Karl Marx gearbeitet hat: Union renoviert seine Geschäftsstelle
    https://www.berliner-zeitung.de/sport-leidenschaft/1-fc-union-berlin/berlin-fussball-bundesliga-forsthaus-neugestaltung-des-klubgelaende

    4.6.2023 von Andreas Baingo - Die Arbeitstische, es sind gleich mehrere, liegen voller Unterlagen. Es sind Kopien darunter von uralten Bauzeichnungen, Schreiben von Ämtern an andere Ämter sind dabei, abgefasst in einer deutschen Sprache von vorvorgestern, wieder andere Zeichnungen, eine älter als die andere, Fotos aus längst vergangenen Zeiten, alle schwarz-weiß, manche schon ein wenig vergilbt, dazu historische Einordnungen des Ganzen mit dem Blick und dem Wissen von heute.

    Derjenige, der fast allein den Durchblick bewahrt und in dem manchmal kleineren, manchmal auch größeren Durcheinander eine nahezu strenge Ordnung erkennt, ist Gerald Karpa, Archivar und Historiker des 1. FC Union Berlin in einer Person und von manchem als Sucher nach dem eisernen Gestern bezeichnet. Denn es geht immer wieder nur um einen Ort und um ein Thema: das Forsthaus, das der Bundesligist als Geschäftsstelle nutzt und nun auf Vordermann gebracht wird. Ja, im Zuge der Neugestaltung des Klubgeländes inklusive Stadionumbau ist die voraussichtlich drei Monate dauernde Renovierung des Gebäudes die erste größere Baumaßnahme. Vorübergehend sieht sich die Belegschaft deshalb zu einem Umzug in mobile, auf einem nahen Parkplatz aufgestellte Büro-Container gezwungen.
    Eine herzerwärmende Episode

    Karpa hat sich in die lange Geschichte dieses Ortes, der Mauern und Bauten, hineingelesen und hineingedacht. Er kann erzählen, wie alles einst ausgesehen und wie es sich verändert hat. Außerdem weiß er, dass dieses Gelände, das seit historisch noch gar nicht langer Zeit dem 1. FC Union Berlin gehört, etliches erlebt hat. Deshalb hat Karpa ganz viel Verständnis dafür, dass mit dem Forsthaus etwas geschehen muss, und er sagt: „Es hat ganz schön was auf dem Buckel und es hat jedes Recht, alt und gebrechlich zu sein.“
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    Andererseits hat der Vereinsarchivar viel Erbauung daran, die Geschichte ganz genau zu erforschen, Puzzleteilchen für Puzzleteilchen zusammenzufügen und daraus etwas Ganzes zu machen. Außerdem stößt Karpa ab und an auf lustige Begebenheiten und Anekdoten, die sonst verlorengehen würden. Zum Beispiel die mit Karl Marx, dem einstigen Revierförster im Revier Wuhlheide, einer von neun Revierförstereien im Forstamtsbereich Köpenick.

    „Mit Vornamen hieß er eigentlich Karl-Heinz“, sagt Karpa, „aber Karl Marx hat vor allem bei denen, die in der DDR aufgewachsen sind, einen ganz anderen Klang.“ Wohl auch deshalb, weil dieser Marx mit dem großen Philosophen aus Trier so schön zu verwechseln war, haben sie manches Mal ihren Spaß mit ihm gemacht und ihn auf den Arm genommen. Den Heinz hinter dem Karl haben sie deshalb gern mal verschluckt oder besser gleich ganz weggelassen. Auch weil er ihnen etliche Steine in den Weg gelegt und es nicht immer oder fast nie gut mit ihnen gemeint hat. Manches Mal war der Weg durch den Forst zum Stadion gesperrt, hin und wieder hatte es andere Schikanen gegeben.

    Schön und herzerwärmend ist auch folgende Episode. „Eines Tages“, erzählt Karpa, „kam ein alter Herr zu mir, Bernd Schlosser hieß er. Er wollte in seinen späten Jahren zurück an den Ort seiner Jugend. Er war im Forsthaus, die obere Etage war vermietet, geboren. Das Zimmer, in dem er 1934 zur Welt gekommen ist, wollte er noch einmal sehen.“ Fußball, so erzählte der alte Herr, habe ihn nicht so sehr interessiert, schon in seiner Kinderzeit nicht, „trotzdem sei er durch den Zaun ins Stadion geschlüpft“, sagt Karpa, „um mit den Zuschauern Zigarettenbildchen zu tauschen oder welche von ihnen abzustauben“. Auch waren im Forsthaus einst französische Kriegsgefangene, die zum Roden eingesetzt wurden, untergebracht.
    Seit 2007 als Geschäftsstelle genutzt

    Lange ist das her, eine wechselvolle Geschichte liegt über und hinter dem Areal und es hat ebenso lange gedauert, bis die Eisernen ihren Frieden mit Karl Marx geschlossen hatten. Das passierte genau dann, nachdem der 1. FC Union Berlin das Forsthaus übernommen, es auf Vordermann gebracht, bei einem Tag der offenen Tür seinen Mitgliedern vorgestellt hatte und am 12. Februar 2007 mit Mann und Maus in das historische Gebäude eingezogen ist, um es fortan als Geschäftsstelle zu nutzen.

    Trotzdem: Das Gemäuer ist in die Jahre gekommen. Es ist, kein Wunder nach all der Zeit, in der Tat gebrechlich und altersschwach. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß und muss baulich in einen Jungbrunnen getaucht werden. Modern und frisch soll es werden, luftig und hell. Noch nicht ganz ausgegoren sind die Pläne, aber Großes haben sie vor. Auch weil die Zahl der Mitarbeiter steigt und steigt und die Räumlichkeiten aus allen Nähten platzen.

    Eine neue Heimat soll es werden, dieses Machtzentrum, in dem viele gute, nahezu weise Entscheidungen getroffen wurden, die aus einem Regionalligisten einen Dritt-, Zweit- und nun Erstligisten machten und den Verein in Europa sowohl salon- als auch konkurrenzfähig werden ließen. Diese neue Heimat soll sich öffnen und den Kontakt zu Sympathisanten, Anhängern und Fans noch enger knüpfen. Wobei die Verantwortlichen die Idee, im Forsthaus mit einem Museum einen öffentlichen Ort für die Heiligtümer des Klubs zu schaffen, inzwischen wieder verworfen haben.

    Tatsache ist: So supermodern sich der Verein inzwischen aufstellt, so gut er sich unter den deutschen und mittlerweile auch internationalen Schwergewichten behauptet, so historisch angehaucht ist sein Zuhause. Das ist schön für Nostalgiker und es unterstützt das Kultige des Vereins. Nur hält es nicht mehr Schritt mit den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts und erst recht nicht mit der rasanten Entwicklung der Eisernen.
    Spuren reichen bis ins 18. Jahrhundert zurück

    Es stammt, den ersten Erwähnungen und Eintragungen nach zu urteilen, aus einer Zeit, als in Europa Napoleon Bonaparte gerade besiegt war und in Preußen die Hohenzollern regierten. Die „Königliche Regierung, Abteilung für direkte Steuern, Domänen und Forsten“ informierte im Juli 1912 in einem Schreiben den Amtsvorsteher von Berlin-Schöneweide wie folgt: „Baupolizeiakten der Oberförsterei sind nach Ausweis der Amts-Registratur beim Amt nicht vorhanden gewesen, da zur Zeit des Neubaus der Oberförsterei, vor ca. 100 Jahren, Bauakten wohl nicht angelegt wurden.“ Auch gibt es den lapidaren Zusatz: „Unterlagen dazu befinden sich vielleicht auf der Regierung.“ So weit zur preußischen Gründlichkeit …

    Die Spuren zurück reichen jedenfalls bis ins 18. Jahrhundert. Da kann schon mal die eine oder andere Akte abhandenkommen. Damals war die Wuhlheide einer der Waldteile, die das Schlossamt Cöpenick erworben hatte und die seit ungefähr 1700 als Schutzbezirk den Namen „Alte Scheune“ führte. Für die Betreuung war ein Landjäger-Forstbeamter zuständig, der mit den Jahren ein eigenes Dienstgehöft im Waldgebiet zugewiesen bekam, um ständig vor Ort zu sein. Es ist, wenn man so will, die Geburtsstunde der Alten Försterei. In Karten vom Ende des 18. Jahrhunderts findet sich dieses Gehöft als „Landjägerey“. Es ist an exakt der Stelle des Forsthauses eingezeichnet.

    Historisch überliefert ist weiterhin, dass die Alte Försterei als „Preußische Staatsförsterei und späteres Stadtforstamt“ 1865 erbaut worden und nun ein Teil der Oberförsterei Cöpenick sei. An eine sportliche Betätigung in unmittelbarer Nähe ist nicht gedacht und mit Fußball ist dieses neue Gebäude erst recht nicht in Verbindung zu bringen. Das dauert noch mindestens 50 Jahre und noch einmal ein halbes Jahrhundert, bis das Gelände, es umfasst gut 5000 Quadratmeter, 1951 zum Bodenrichtwert von 2 Mark pro Quadratmeter in Volkseigentum übergeht.

    Nach weiteren Jahrzehnten ist die Zeit also reif, gründlich Hand anzulegen für ein Facelifting. Gemäß dem Motto: Allet schick für die Zukunft.

    Die neue kultige Adresse der Eisernen, An der Wuhlheide 263, 12555 Berlin.

    Dieser Text ist zuerst im Eisern Magazin Nr. 7 erschienen, erhältlich im Aboshop der Berliner Zeitung (aboshop.berliner-zeitung.de), im Union-Zeughaus und natürlich am Kiosk.

    #Berlin #Teptow-Köpenick #Obetschöneide #An_der_Wuhlheide #Stadtentwicklung #Sport #Fußball

  • „Das erste Opfer von Corona“: Berliner Stadtmagazin „Zitty“ nach 43 Jahren eingestellt

    https://m.focus.de/kultur/medien/keine-staatshilfen-erhalten-das-erste-opfer-von-corona-berliner-stadtmagazin

    16.9.2020 - Das Berliner Stadtmagazin „Zitty“ wird nicht mehr erscheinen. Nach 43 Jahren wird ab sofort die Print-Ausgabe eingestellt. Grund ist die Corona-Krise.

    Das teilte Robert Rischke, Geschäftsführer der GCM Go City Media GmbH, auf Anfrage mit und verwies dabei auf einen Bericht des „Tagesspiegel“ (Freitag). Der Verlag bringt auch das Berliner Stadtmagazin „tip“ heraus, das auf dem Markt bleiben soll.

    Nach Informationen des Berliner Journalistenverbandes (DJV Berlin - Journalistenverband Berlin-Brandenburg) sind keine Kündigungen unter festangestellten Mitarbeitern geplant, die der gemeinsamen Redaktion von „Zitty“ und „tip“ angehören. Der Verlag werde aber an einigen Stellen auf freie Mitarbeiter verzichten, sagte Rischke dem „Tagesspiegel“.
    Keine Staatshilfen für „Zitty“

    „’Zitty’ ist das erste Opfer von Corona in der Berliner Medienlandschaft“, sagte der Berliner DJV-Vorsitzende Christian Walther. Der Zusammenbruch des Kulturbetriebs, der Einbruch des Anzeigengeschäftes und das Desinteresse der Leser an einem gedruckten Veranstaltungskalender ohne Veranstaltungen haben der Illustrierten die Existenzgrundlage entzogen.

    Rischke sagte, man habe alles versucht, um „Zitty“ am Leben zu halten, der Antrag von Soforthilfen sei bis heute „nicht erfolgreich“ gewesen. Dazu sagte DJV-Chef Walther, es sei „erklärungsbedürftig“, dass Berlin dem Verlag bisher keine Soforthilfe gewährt habe.

    Steter Auflagenrückgang

    „Zitty“ wurde 1977 als alternative Publikation von einer Gruppe von 13 jungen und politisch interessierten Blattmachern als selbstverwalteter Betrieb gegründet. Zu den bekannten Rubriken gehörten die Kontaktanzeigen sowie die Satire-Seiten „Berliner Verallgemeinerte“.

    In den 1990er Jahren wurden „Zitty“ und „tip“ von Großverlagen aufgekauft, aber die Auflage ging zurück. Der „tip“ soll nach DJV-Informationen auch in gedruckter Form weitergeführt werden – im Sommer monatlich, ab September wieder 14-tägig. „Zitty“ hatte Ende 2019 eine Auflage von rund 14.000 Exemplaren

    #Zitty #Berlin #Presse #Stadtmagazin

  • Neue Verkehrspolitik: Schwarz-Rot wird Berlin und vielen Menschen schaden
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/kommentar-koalition-cdu-spd-neue-verkehrspolitik-schwarz-rot-wird-b

    Kann man so sehen wie Peter Neumann von der Berliner Zeitung und ist wahrscheinlich auch alles richtig, aber dieses Alles ist eben nicht ganz alles. Auf die Verkehrspolitik wirken auch andere Kräfte und Interessen ein als die im Kommentar angedeuteten.

    Vor allem lässt hoffen, dass Verkehr nicht mehr vom garnicht so grünen, in den Neunzigern stehengebliebenen Bündnis gemacht wird. Die SenUMVK-Verwaltung zeigte sich bislang derart unzugänglich, verbohrt und ignorant, dass weder gewerkschaftliche Mahnwachen noch Demonstrationen der Taxi-Unternehmerverbände sie dazu bewegen konnte, über Lage und Zukunft von Taxi in Berlin nachzudenken, geschweige denn darüber zu sprechen oder zu handeln, völlig unmöglich.

    In die Zuständigkeit der Verkehrsverwaltung und Taxiaufsicht fallen spätestens seit dem Inkrafttreten des Mindeslohngesetz auch soziale und Fragen des Arbeitsschutz und Arbeitsrechts. Dem hat sich die Verwaltung bislang immer verweigert.

    Es ist tödlich für die betroffenen Teile der Stadtgesellschaft, wenn sich die machtvolle zuständige Behörde über Jahrzehnte weigert, ihren gesetzlichen Aufgaben nachzukommen, und sich nicht um Angelegenheiten von zentraler Bedeutung für die Lebensqualität ihrer Stadt kümmert.

    Der Abstieg des Berliner Taxigewerbes vom ertragreichen Tumnelplatz intelligenter Stadtkenner zur Resterampe der Ausbeutung von Armutsrentnern und vom Schulsystem ausgekotzten Migrantenkindern ist das Ergebnis dieser Behördenignoranz.

    Vielleicht geht da jetzt etwas. Es kann eigentlich nur besser werden.

    7.4.2023 von Peter Neumann - Die Signale, die CDU und SPD in die ausgelaugten Verwaltungen senden, sind fatal. Keine Behörde wird so dumm sein, neue Projekte in Angriff zu nehmen. Ein Kommentar.

    Mit Pop-up-Radwegen wie dem provisorischen Radfahrstreifen auf dem Kottbusser Damm in Kreuzberg machten grüne Verkehrspolitiker Furore. Was ist von der neuen Koalition zu erwarten?

    Mit Pop-up-Radwegen wie dem provisorischen Radfahrstreifen auf dem Kottbusser Damm in Kreuzberg machten grüne Verkehrspolitiker Furore. Was ist von der neuen Koalition zu erwarten?Volkmar Otto

    Um es gleich vorweg zu sagen: Die neue Verkehrspolitik für Berlin wird der Stadt und vielen ihrer Menschen nicht guttun. Zarte Pflänzchen einer anderen Mobilität, die kurz vor der Blüte standen, werden gekappt. Fußgänger, Radfahrer und Nutzer des öffentlichen Verkehrs haben vom neuen Senat fast keine Fortschritte mehr zu erwarten. Zugleich wird kein einziger Autofahrer glücklicher. Berlin wird im Vergleich zu anderen großen Städten weiter zurückfallen. Ein Mehltau legt sich auf die Stadt.

    Viele Berliner werden das natürlich anders sehen. Schließlich hat die CDU bei der Wahl auch deshalb so stark zugelegt, weil die Mobilitätspolitik der Grünen zunehmend auf Antipathie stieß. Die maßlosen Übertreibungen mancher Kritiker fielen auf fruchtbaren Boden. Obwohl das Auto unverändert die Berliner Straßen dominiert, lösen selbst kurze neue Busspuren und Radfahrstreifen Beißreflexe aus. Obwohl die Sperrung der Friedrichstraße gerade mal einen 500 Meter langen Abschnitt betrifft, fantasieren Beobachter die Verelendung des gesamten historischen Stadtzentrums herbei. Wie über die Mobilität und ihre Zukunft diskutiert wird, ist zuweilen unterirdisch.

    Aber auch Verfechter einer Mobilitätswende haben nicht immer glücklich agiert. Einige von ihnen entwarfen mit jakobinischem Furor eine autofreie Innenstadt, in der in steinzeitkommunistischer Manier nur wenige private Pkw-Fahrten pro Jahr erlaubt wären. Mit loderndem Strafgestus forderten andere die Halbierung des Parkraums und die Vervielfachung der Parkgebühren. Sicher lässt sich manche Maßnahme wissenschaftlich begründen. Doch angesichts dessen, wie langsam die Wende in der Praxis vorangeht, wirkten die Theorien unangebracht. Und sie haben viele verschreckt.

    Platter Kulturkampf gegen das Auto führt zu nichts Gutem

    Dabei müsste bekannt sein, dass platter Kulturkampf gegen das Auto zu nichts führt – außer zu Ablehnung und Verhärtung. In Deutschland ist es nun mal so, dass er von vielen als persönlicher Angriff gewertet wird. Nicht jeder hat Lust auf volle Busse und Bahnen mit Menschen anderer sozialer Schichten, nicht jeder fühlt sich zum Radritter berufen. Mit den Boomern spürt eine große Gruppe, dass sie langsam alt wird. Wenn gestählte drahtige Radler fordern, das Auto abzuschaffen, sind Reaktionen unausweichlich.

    Trotzdem ist der Schwenk in der Mobilitätspolitik, auf den sich CDU und SPD geeinigt haben, bedenklich. So will die Koalition den ohnehin überlasteten Planern fast ein Dutzend weitere U-Bahn-Neubauvorhaben auf den Tisch legen, die, wenn überhaupt, erst in Jahrzehnten baureif sein werden. Weit gediehene Straßenbahnprojekte könnten dagegen gestoppt werden, jahrelange Planerarbeit könnte im Papierkorb landen. Außer beim Auto sollen anstelle von übergeordneten Belangen lokale Partikularinteressen regieren. Wenn Anwohner Radfahrstreifen ablehnen, wird der Radweg schmaler, oder er wird gar nicht erst angelegt. Weil Anwohner in Blankenburg keine Straßenbahn wollen, droht das dort geplante Neubaugebiet ohne Schienenanbindung zu bleiben.

    Die Signale, die CDU und SPD in die ausgelaugten, falsch besetzten, überalterten Verwaltungen senden, sind jedenfalls fatal: Kein Berliner Behördenmitarbeiter wird künftig so dumm sein, neue Projekte in Angriff zu nehmen. Auch wenn die Koalition ankündigt, dass es pragmatisch und unideologisch zugehen soll, sind gerechte Neuaufteilungen des Straßenraums kaum noch zu erwarten. Die Bezirke, in denen CDU-Stadträte für die Straßen zuständig waren, weisen die Richtung: Für Radfahrer und Fußgänger ist dort so gut wie nichts passiert. So könnte es bald in ganz Berlin sein.

    #Berlin #Verkehr #Stadtentwicklung #Polituk #Verwaltung

  • So groß wie der Schlosspark: Für die TVO müsste viel Berliner Wald gefällt werden
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-verkehr-tangentiale-verbindung-ost-marzahn-koepenick-so-gros

    6.4.2023 von Peter Neumann - CDU und SPD in Berlin wollen den Straßenlückenschluss zwischen Marzahn und Köpenick vorantreiben. Doch nun heißt es, dass mehr Bäume fallen müssten als bekannt war.

    Autofahrer im Osten Berlins wünschen sich die Tangentiale Verbindung Ost, kurz TVO. Die schwarz-rote Koalition, die nun entsteht, will das Projekt vorantreiben. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich CDU und SPD dazu bekannt, dass der Bau der geplanten Straße noch in dieser Wahlperiode beginnen soll – bis 2026. Doch der Lückenschluss hat seinen Preis. Eine Waldfläche größer als der Schlosspark Biesdorf oder halb so groß wie der Zoo müsste dafür fallen – mehr als bisher erwartet. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage des Linke-Abgeordneten Kristian Ronneburg hervor.

    „Nach aktuellem Planungsstand werden voraussichtlich zirka 15,8 Hektar Wald gefällt werden“, teilte Verkehrs-Staatssekretärin Meike Niedbal in der parlamentarischen Drucksache mit. So lautet der „überschlägige aktuelle Planungsstand“. In welchem Maße der Eingriff ausgeglichen und durch Neupflanzungen ersetzt werden müsse, werde derzeit ermittelt, berichtete die Grünen-Politikerin. „Der Umfang der erforderlichen naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bemisst sich nach dem Umfang und der Schwere der Eingriffe in Natur und Landschaft“, so Niedbal.

    Als neue Nord-Süd-Straße soll die TVO angrenzende Ortsteile wie Friedrichsfelde, Karlshorst, Biesdorf und Köpenick von Verkehr entlasten. Auf der Köpenicker Straße in Biesdorf sowie auf anderen Verbindungen, an denen Menschen wohnen, gibt es oft Stau.

    Geplant war die TVO schon zu DDR-Zeiten. Während der 1990er-Jahre kam das Vorhaben in der Senatsverwaltung in Gang. Doch weil die Pläne auf politischen Druck mehrmals geändert wurden, kam es bei dem Projekt immer wieder zu Verzögerungen. Auch stiegen die erwarteten Kosten immer weiter an. War lange von 47 Millionen Euro die Rede, wurde der Aufwand zuletzt mit 350 Millionen Euro beziffert. Der Senat erwartet werktags zwischen 22.000 und 33.000 Fahrzeuge in beiden Richtungen.
    Haltestelle für Umsteiger zur U5 und S3

    Inzwischen liegen erste Details vor. Nachdem der Lückenschluss im Osten der Stadt zwischenzeitlich nur einen Fahrstreifen pro Richtung bekommen sollte, gelten jeweils zwei Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr wieder als gesetzt. Flankiert wird die geplante, rund 7,2 Kilometer lange Verbindung jenseits der Schallschutzwand von einem vier Meter breiten Zwei-Richtungs-Radweg und einem 2,40 Meter breiten Gehweg auf der Ostseite. Auf der TVO sollen auch Linienbusse der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) verkehren. Wo die neue Straße die U-Bahn-Linie U5 und die S-Bahn-Linie S3 kreuzt, entstehen Haltestellen zum Umsteigen.

    Es ist ein Projekt, das von einer breiten Koalition von Parteien, Verbänden und anderen Akteuren getragen wird. Erst im Januar fanden sich mehr als 20 Organisationen zusammen, um Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch Dampf zu machen. Aber auch die Grünen-Politikerin, die Ende April ihren Posten verlässt, hat sich für das Straßenbauprojekt ausgesprochen.

    „Die TVO ist das wichtigste Verkehrsprojekt für den Berliner Südosten“, bekräftigte Jochen Brückmann, Präsident des Verbands Deutscher Grundstücksnutzer, im Januar. „Auf eine Entlastung vom Durchgangsverkehr warten Zehntausende Anwohner. Für eine zügige Realisierung gibt es schon seit vielen Jahren einen breiten Konsens durch alle Parteien. Unsere Forderung an die Senatsverwaltung: Sofortige Einleitung des Planfeststellungsverfahrens und schnellstmöglicher Baubeginn!“
    Zuletzt war von 14,6 Hektar Wald die Rede

    „Die Tangentiale Verbindung Ost ist überfällig“, sekundierte Robert Rückel, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Berlin. „Wirtschaftsverkehr und Bürger quälen sich durch überlastete Haupt- und ungeeignete Nebenstraßen, um im Ostteil der Stadt von Nord nach Süd zu kommen. Also brauchen wir die TVO zwingend, um Wohngebiete zu entlasten, den Verkehr für alle sicherer zu machen und Lärm und Emissionen zu verringern. Die TVO kann die großen Gewerbegebiete im Nordosten direkt mit dem Technologiestandort Adlershof und dem BER verbinden. Weitere Verzögerungen sind schlichtweg nicht zu rechtfertigen. Deshalb fordern wir einen Start des Planfeststellungsverfahrens in diesem Jahr – und zwar ohne Wenn und Aber!“

    Allerdings gibt es auch Kritik an dem Straßenbauprojekt. Wie berichtet hat der Sachverständigenbeirat Naturschutz, der die Senatsverwaltung berät, im Jahr 2020 eine ausführliche kritische Stellungnahme vorgelegt. Darin warnt das Gremium davor, dass der geplante Flächeneingriff in die besonders wertvollen Eichenwälder in der Wuhlheide „überaus schwerwiegend“ sein werde. Dabei lag den Experten zum Waldverlust offenbar noch eine geringere Zahl vor, denn damals war von 14,6 Hektar Wald die Rede, die beim Bau der Vorzugsvariante beseitigt werden müssten. „Dies wäre der höchste Waldverlust in Berlin seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Für die Variante V 1.1 hingegen würden nur 7,6 Hektar Wald in Anspruch genommen“, so der Sachverständigenrat.
    Linke-Politiker vermisst Ausbau des Berliner Außenrings

    Zitat: „Wenn mit dem Berliner Mobilitätsgesetz eine ‚Verkehrswende‘ eingeleitet werden soll, müssen umfangreiche Straßenneubauplanungen für den motorisierten Verkehr, die wie die Tangentialverbindung Ost mit erheblichen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind, grundsätzlich noch mal auf den Prüfstand gestellt werden. Die neue TVO bietet eine großräumige Nord-Süd-Verbindung an, die zu mehr Verkehr führen wird, wodurch die Emissionen insgesamt zunehmen werden.“

    Stattdessen sollte auf dem Berliner Außenring eine neue S-Bahn-Verbindung, die Nahverkehrstangente, eingerichtet werden. „Diese ‚Schienen-TVO‘ wäre zur Verminderung der Belastungen anderer Straßen, wie zum Beispiel der Treskowallee geeignet“, so das Fachgremium.

    CDU und SPD haben offenbar kein Interesse am Ausbau von Nahverkehr in den Außenbezirken und schon gar nicht in #MaHe. Kein Satz zur Schienen-TVO, nur die Straßen-TVO soll gebaut werden. Wo bleiben die versprochenen Angebote @kaiwegner? pic.twitter.com/4ZPmQhzpFb
    — Kristian Ronneburg (@k_ronneburg) April 3, 2023

    Von der Nahverkehrs-TVO, dem Ausbau des parallelen Berliner Außenrings, ist allerdings im neuen Koalitionsvertrag nicht die Rede. „CDU und SPD haben offenbar kein Interesse am Ausbau von Nahverkehr in den Außenbezirken und schon gar nicht in Marzahn-Hellersdorf. Kein Satz zur Schienen-TVO, nur die Straßen-TVO soll gebaut werden“, kritisiert der Linke-Verkehrspolitiker Kristian Ronneburg bei Twitter.

    #Berlin #Stadtebtwicklung #Verkehr #Straßenbau #Treptow-Köpenick

  • Das Programm „Soziale Stadt“ soll armen Kiezen helfen – wie ist die Bilanz?
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/das-programm-soziale-stadt-laeuft-in-einigen-gebieten-in-berlin-aus

    4.4.2023 von Thomas Kilian - Die Berliner Armutskieze sind um eine Hoffnung ärmer. Bei 32 Fördergebieten von je etwa 20.000 Menschen im Rahmen des Städtebauprogramms „Sozialer Zusammenhalt“ (bis 2020: „Soziale Stadt“) läuft schrittweise die Förderung aus.

    Die Mehrzahl von ihnen wird ab nächstem Jahr verstetigt, d.h., Gebiete wie der Soldiner Kiez in Mitte, die Flughafenstraße in Neukölln, der Mehringplatz in Kreuzberg, das westliche Falkenhagener Feld in Spandau und 15 weitere Gebiete werden ab 2024 zwei Jahre lang auf das Auslaufen der Förderung vorbereitet. Die restlichen Gebiete folgen in spätestens fünf bzw. 10 Jahren.

    Das Förderprogramm war gemeinsam von der Europäischen Union, der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Berlin finanziert worden. Es flossen also zeitweise für jeden eigenen Euro zwei weitere nach Berlin, kurbelten dort die Wirtschaft an und ließen die Steuerquellen sprudeln. Insgesamt etwa 30 Millionen Euro im Jahr wurden bis 2020 zur Hälfte von der EU und zu einem Sechstel vom Bund getragen.

    Danach fiel der Zuschuss aus Europa weg und das Land Berlin übernahm zwei Drittel der Kosten, während der Bund ein Drittel beisteuerte. Lange ein gutes Geschäft für die Stadt, selbst wenn in den geförderten Projekten nicht immer alles rund lief. Nun hat nach der EU auch der Bund beschlossen, dass es nicht mehr weitergehen soll. Schließlich sollen solche Bundeszuschüsse laut Grundgesetz keinesfalls zur Dauerförderung gemacht werden.

    In der Berliner Bezirkspolitik fielen die Zuständigen aus allen Wolken, als sie Ende Februar durch Gerüchte aus der Senatsbehörde für Stadtentwicklung über diese Bundesentscheidung informiert wurden. Am 15. März bestätigte Dr. Sandra Obermeyer aus der Senatsbehörde auf einer Sondersitzung des Bezirksausschusses für „Soziale Stadt“ in Mitte die Abwicklung der Förderung, erläuterte den Beschluss des Bundes und die juristischen Hintergründe.

    Die zuständigen Bundespolitiker hatten an den Kommunalpolitikern vorbei entschieden. Scheinbar ist die Bezirkspolitik nicht sonderlich vernetzt. Den engagierten Bürgern in den sogenannten Quartiersmanagementgebieten, den Trägern der Vor-Ort-Büros, der Kommunalpolitik und dem Senat bleiben jetzt nur die Auswertung der Erfahrungen und die Rettung der besten Ideen für die Zeit nach „Soziale Stadt“.
    Die „Soziale Stadt“ weckte große Erwartungen

    Das Programm war 1999 mit großen Hoffnungen gestartet. Es hatte über die bei Städtebauprogrammen üblichen baulichen Maßnahmen wie Verkehrsberuhigungen und Ausbau von Nachbarschaftszentren hinaus zwei attraktive Ziele: Zum einen sollte die Bevölkerung ermächtigt werden, sich vermehrt selbst zu verwalten. Man sprach von Empowerment. Zum anderen wollte man das soziale Abrutschen von Gebieten mit geballter Armut verhindern. Damit weckte das Programm durchaus Erwartungen an Bürgermitbestimmung und Armutsbekämpfung, die es letztlich nicht erfüllen konnte.

    Manche Aktive aus den Kiezen klagen daher darüber, dass die betroffenen Kieze ja immer noch am unteren Ende der sozialen Leiter verblieben seien. Deshalb müsse das Programm bis zur Erfüllung seiner Ziele fortgesetzt werden. In den Kiezen ist es jedoch kaum gelungen, eine breitere Bevölkerung im Sinne des Programms zu aktivieren. Die Obrigkeit träumte nämlich vom „ganz normalen Bürger“, den es zur Selbstbestimmung zu führen gelte.

    Ein ehemaliger Quartiersmanager – wie viele seiner Zunft inzwischen vom halbprekären Sozialarbeiter mit Zeitvertrag zum Landesbeamten aufgestiegen – bekannte sich dazu, dass er mitunter exzentrische Kiezbewohner bremsen musste, um der schweigenden Mehrheit gerecht zu werden. Nur kannte er diese unbekannte Mehrheit vielleicht ebenso wenig wie die von ihm ausgebremsten Aktivisten. Aber er klopfte mit diesem Selbstverständnis eine Hierarchie zu seinen eigenen Gunsten fest. Wie das strukturkonservative Beamtentum wollte er nicht auf Augenhöhe mit der aktiven Minderheit inhaltlich verhandeln.

    Letztlich war der Einfall von „Soziale Stadt“ in die Kieze ein wohlmeinender Kolonialisierungsversuch im Auftrag eines bürgerlichen Establishments. Dieser Zivilisierungsansatz bekam erst dann etwas Entspanntes, als die imperiale Verwaltung ihren Schneid verlor, weil sie zunehmend einsah, dass ihre Rezepte nicht aufgehen. Die Forschung wusste schon seit den 1930er-Jahren einiges über funktionale Teilung von Aufgaben, verschiedene Kompetenzen und unterschiedliches Ansehen in benachteiligten Kiezen. Es ist „Soziale Stadt“ eben nicht immer gelungen, an diese geradezu dörfliche Oligarchie anzuknüpfen, weil viele professionelle Akteure diese gar nicht im Blick hatten.

    Wenn sie an vorstehenden Nägeln hängen blieben, schreckten sie eher zurück. Manchmal versuchten sie auch, den Stahl auf das allgemeine Maß zu kürzen. Bürgerorganisationen aus den Vereinigten Staaten, die an besagte Forschung anknüpfen, suchen hingegen systematisch nach potenziellen „Leadern“ und bilden sie aus. Das zentrale Partizipationsinstrument von „Soziale Stadt“, der sogenannte Quartiersrat zur Entwicklung und Vergabe von Projekten, hat ob seiner bürokratischen Funktion und seiner entsprechenden Arbeitsweise dagegen mehr Bürger verschreckt als aktiviert.

    Zumindest war es immer problematisch, seine ehrenamtlichen Mitglieder bei der Stange zu halten. „Soziale Stadt“ war ein teures und umständliches Programm. Mit einem Vor-Ort-Büro und der zuständigen Aufsicht in der Verwaltung beschäftigte jedes Gebiet an die fünf Menschen, größtenteils mit Bürokratie. Immer wieder sorgten Probleme mit Abrechnungen für Zoff. Das Gehalt dieser Menschen reichte an die in Projekten ausgegebenen Mittel heran, soweit man die Baumaßnahmen außen vor lässt.

    Umfang des Projektes war zu klein

    Die Projekte selbst hatten dabei einen Umfang, der von vornherein überhaupt keine effektive Armutsbekämpfung zuließ. Insgesamt wurden so weniger als fünf Euro pro Monat und Bewohner ausgegeben. Zwar gibt es in einigen Gebieten im Bereich des Stadtzentrums nun Aufwertungstendenzen, aber daran ist weder das Geld aus den Fördertöpfen schuld noch die angesiedelten, selbst mittellosen Künstler. Vielmehr treibt die Konkurrenz auf dem engen Wohnungsmarkt die benachteiligten Bevölkerungsteile an den Stadtrand, etwa nach Spandau oder Marzahn.

    Diese Randwanderung vollzieht sich aber nur langsam, weil angesichts der Wohnungsknappheit gerade die Ärmeren nur umziehen, wenn sie es nicht vermeiden können. Der Quartiersrat im Soldiner Kiez wollte auch etwas gegen die unzureichende Alphabetisierung an den drei Grundschulen im Gebiet unternehmen. Der Etat hätte aber höchstens für eine zusätzliche Lehrkraft für mindestens vier Dutzend Klassen genügt. Man muss dem Gremium eine gewisse Betriebsblindheit unterstellen, weil mit der Zeit eben die Ideen für sinnvolle Projekte ausgegangen waren.

    Kreativere Projekte waren eingegangen, als noch jeder Vorschläge einreichen durfte. Aber irgendwann waren die Behörden – auch bei anderen Projektvergaben in der Stadt – auf den Gedanken verfallen, dass die handverlesenen Bürgergremien die Projektideen nicht nur auswählen, sondern auch noch selbst entwickeln sollten. Die Obrigkeit wollte wohl verhindern, dass sich findige Profiteure selbst einen Auftrag stricken. Nur kam es dann immer häufiger vor, dass sich auf Ausschreibungen überhaupt kein Träger meldete, der sich den Vorstellungen des Vergabegremiums und den erheblichen bürokratischen Anforderungen des Programms gewachsen fühlte.

    Die Aufmerksamkeit von „Soziale Stadt“ in den Bezirken hat nicht zuletzt Gründe im kommunalen Haushalt. Die Bezirke bekommen jeder jährlich eine dreistellige Millionensumme vom Senat. Eigene Einkünfte haben sie nicht. Das allermeiste Geld geht für Pflichtausgaben drauf. Der Bezirk betreibt das Sozialamt, das Bauamt, das Straßen- und Gartenbauamt etc. Frei verfügbar sind vom Gesamtbetrag ein bis zwei Prozent. Nur mit diesem Geld können die Bezirkspolitiker über ihre Funktion als Amtsleiter hinaus Politik machen. Die bescheidene Million von „Soziale Stadt“ für jedes Gebiet ist daher für den Gestaltungswillen der Kommunalpolitiker und auch mancher Gremienfüchse aus der Bürgerschaft ein Segen, gerade wenn sie als Verwaltungschefs oder auch sonst für sich und andere keine befriedigende Figur abgeben.

    Nach dem Programm ist vor dem Programm

    Das Grundproblem für die projektgetriebene Kommunalpolitik gerät häufig aus dem Blick: Einerseits gewährt man den Bezirken und auch Kommunen sonstwo in Deutschland allerlei Projektmittel aus der Kasse von EU, Bund und Land, andererseits schnüren die spendablen Sugardaddys den Kommunen die Finanzen ab, indem sie Gemeinden und Bezirken keinen auskömmlichen Teil der Steuereinnahmen zuteilen. Der Zwang, sich dann der Förderprojekte zu bedienen, lenkt die Kommunen in Richtung der Wünsche der europäischen sowie der bundes- und landespolitischen Eliten.

    Der Stadtbaurat von Mitte, Ephraim Gothe, rechnete etwa auf der besagten Ausschusssitzung vor, dass die Programme zur Gewaltprävention aufgrund der Silvesterereignisse finanziell ziemlich genau das Geld erbrächten, das der Bezirk angesichts aktueller Sparzwänge in der Jugendarbeit hätte streichen müssen. Generell gilt: Nach dem Programm ist vor dem Programm. Denn die Probleme in den armen Kiezen bleiben.

    „Soziale Stadt“ hat für die Säue, die so durchs Dorf gejagt werden, ein langes Leben gehabt. Ein neues Programm hätte den Vorteil, dass es wieder eine gewisse Begeisterung wecken könnte. Wie es heißt, wohnt allem Anfang ein Zauber inne. Der Soziologe denkt an den Hawthorne-Effekt, nach jener Fabrik, wo allein die Anwesenheit der Beobachter die Produktivität steigerte. Nur kommen heute Herausforderungen aus anderer Richtung. So wird in Mitte und einigen anderen Bezirken im Augenblick ein Klimaplan ausgearbeitet, gefördert von einem Bundesprogramm. Zur Umsetzung wird es abermals Zuschüsse bedürfen.

    Die armen Kieze sind häufig vom Klimawandel besonders betroffen. Gleichzeitig werden Kiezblocks zur Verkehrsberuhigung auch von gerade ärmeren Kiezen installiert. Den aufmerksamen Bürgern bleibt also auf jeden Fall etwas zu tun. Es besteht nur die Gefahr, dass die Erfahrungen von „Soziale Stadt“ überhaupt nicht bei den neuen Projekten ankommen. Denn diese setzen andere Akzente. Empowerment ist erst einmal gar nicht mitgedacht, könnte aber als Querschnittsaufgabe gerade in der Kommunalpolitik geläutert fortgesetzt werden.

    Der Soziologe Thomas Kilian zog 1995 in den Soldiner Kiez. Seit 2004 engagiert er sich im Bürgerverein Soldiner Kiez e.V. Der Verein hat vom Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ profitiert, aber manchmal auch unter dessen Schwächen gelitten.

    Das ist ein Beitrag, der im Rahmen unserer Open-Source-Initiative eingereicht wurde. Mit Open Source gibt der Berliner Verlag freien Autorinnen und Autoren sowie jedem Interessierten die Möglichkeit, Texte mit inhaltlicher Relevanz und professionellen Qualitätsstandards anzubieten. Ausgewählte Beiträge werden veröffentlicht und honoriert.

    #Europa #Berlin #Stadtentwicklung #Armut #Quartiersmsnagement

  • Das sind die schlimmsten Neubauten in Berlin – und wir reißen sie ab
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/wo-ist-die-abrissbirne-das-sind-die-schlimmsten-neubauten-in-berlin

    Ja !

    25.3.2023 von Tomasz Kurianowicz, Marcus Weingärtner, Anne Vorbringer, Manuel Almeida Vergara, Franz Becchi, Justus Bonde

    Berlin rühmt sich seiner Weltoffenheit und Diversität, wenn man aber wissen will, wie die deutsche Hauptstadt in vielen Teilen wirklich tickt, muss man sich nur einmal die Gebäude ansehen, die hier in den vergangenen 20 Jahren aus dem Boden gestampft wurden.

    Da ist viel Übles dabei, von teflonartigen Mehrzweckhallen über grottenhässliche Einkaufstempel bis hin zu Luxuswohnhäusern, deren Architekten wohl dauerhaft durch eine Mischung aus zu dicken Eiern und zu viel Geld angetrieben wurden. Das Ergebnis: Berliner Hass-Architektur. Die Lösung: unser fröhliches Abrissbirnen-Team.

    1. Was Geld anrichten kann: Die Häuser am Werderschen Markt

    Berlin möchte vor allen Dingen eines sein: eine Weltstadt. Dabei müht sich die Metropole ab und strampelt und will unbedingt aufschließen zu Städten wie London, Paris, New York oder Tokio.

    Da in Berlin aber von jeher das preußische Kleinbürger- und Beamtentum das Geschehen prägt, kommt nicht viel dabei raus, außer architektonisches Duckmäusertum in Form scheußlicher Hochhäuser oder eben Gebäude, die aussehen wie überall in der westlichen Hemisphäre.

    Bild: In der Mitte die Friedrichswerdersche Kirche, erbaut im Stil der Neogotik von Karl Friedrich Schinkel zwischen 1824 und 1831. Drumherum: architektonische Zumutungen und Verfehlungen der Gegenwart.Sabine Gudath

    Das Ergebnis sieht dann so aus wie die Gebäude links und rechts der Friedrichswerderschen Kirche, jenes Schinkel-Kleinods, das nun förmlich erdrückt wird von protziger, pseudoschicker, aber im Grunde zutiefst biederer und auch irgendwie ängstlicher Wohn- und Arbeitsarchitektur im gehobenen Segment.

    Damit nicht genug: Der Bau der angrenzenden Häuser hätte die filigrane Kirche fast zum Einsturz gebracht, das kleine Gotteshaus musste mehrere Jahre geschlossen und zwangssaniert werden. Bis heute sind die protzig-blöden Luxusapartments ein Dauerärgernis, und wenn man denkt, es könnte nicht mehr scheußlicher werden, dann muss man nur ein paar Meter weitergehen und steht vor dem Berliner Stadtschloss, also quasi der steingewordenen Summe deutscher Piefigkeit.

    Marcus Weingärtner

    2. Begrabt den CityCube! Charlottenburg vermisst die Deutschlandhalle

    Ist man in Berlin auf der Suche nach Guter-Laune-Architektur, ist man rund um das Messegelände in Charlottenburg sicher nicht richtig. Weder das raumschiffartige, dystopisch anmutende Raupengebilde ICC, noch die anderen Messegebäude wirken sonderlich lebensbejahend. Doch umgibt sie immerhin ein gewisser architektonischer Charme der Ewigkeit.

    Bild: Grau, eintönig, einfallslos: der CityCube, der nicht mal ein richtiger Würfel ist.Sabine Gudath

    Das galt einst auch für die Deutschlandhalle, die nachts stets zur „Dutschlandhalle“ wurde, als alle Buchstaben an ihrer Fassade hell erstrahlten, außer das E. Doch dann wurde diese zu alte, zu graue und schön-schmuddelige Halle ersetzt durch ein gezwungen modernes und plattes Konstrukt: den CityCube.

    Seit 2014 steht er da und wirkt fehl am Platz auf dem Messegelände. Die anthrazitfarbene semidurchsichtige obere Hälfte ist lieblos auf die untere Glasfassade gesetzt. Das sieht aus wie unvorteilhafte Bauchfett-Rettungsringe, wie sie bei zu eng sitzender Bademode in deutschen Freibädern zu finden sind. Obendrein stellt man sich die Frage, wer sich auf den „Cube“ eigentlich draufgesetzt hat, dass er so plattgedrückt daherkommt und somit noch nicht mal mehr ein Würfel ist. Er sieht also hässlich aus und ist zu allem Überfluss auch noch falsch tituliert. Weg damit!

    Justus Bonde

    3. Würfel des Wirrwarrs: Alea 101 am Alexanderplatz

    Nichts ist blumiger als die Sprache von Menschen aus der Architektur-Bubble, die ihre Immobilienprojekte anpreisen. Ein Beispiel aus Berlin: „Auf das heterogene Umfeld reagiert das Gebäude mit einer Komposition aus drei leicht zueinander verdrehten, gestapelten Baukörpern, die in ihrer Staffelung, ihren Richtungen, ihrer Farbe und Materialität auf vielfältige Weise Bezüge zum Umfeld schaffen und das Palimpsest der Stadt verkörpern. Das transparente Erdgeschoss mit seiner leicht konkav und konvex geformten Schaufensterfassade wird auf allen Seiten von Fußgängerströmen umflossen.“

    Bild: Ein Würfel ist gelandet: Das Shoppingerlebnis bleibt rund um den Alex eher zwiespältig, auch mit dem Alea 101.Sabine Gudath

    Nur echte Berlin-Kenner werden erahnen, welches Gebäude hier beschrieben wird: das Alea 101, ein Wohn- und Geschäftshaus am Bahnhof Alexanderplatz. Im Schatten des Fernsehturms fristet es seit der Eröffnung im Jahr 2014 ein weitgehend unbeachtetes Dasein. Das allerdings ist reine Glückssache, denn der ebenfalls sehr scheußliche Shoppingtempel Alexa ist noch größer und bekannter und frisst daher alle Aufmerksamkeit im hauptstädtischen Abrissbirnen-Wunschdenken.

    Doch ganz ehrlich: Wenn die Abbrucharbeiter am rosa Alexa-Ungetüm schon mal dabei sind, können sie beim Alea 101 gleich weitermachen. Dessen Architektur und seine Schwünge erschließen sich allenfalls im Luftbild, nicht aber für den Passanten. Der wird spätestens im Inneren, beim Ladenbummel, wahnsinnig. Eine ramschige Kaufhauskette, wo man zwischen Osternippes, Badelatschen, Taschen und Damenoberbekleidung den Rolltreppentod sterben möchte, ein bisschen angestaubte Systemgastronomie und ein willkürlich zusammengestückelter Souvenirshop sorgen jedenfalls sicher nicht dafür, dass die „Fußgängerströme hineinfließen“ in diesen Würfel des Wirrwarrs, der immerhin auf einem einkaufshistorisch betrachtet bedeutenden Areal steht.

    1911 wurde hier die erste deutsche C&A-Filiale eröffnet. Man ist geneigt, sich die alten Zeiten zurückzuwünschen. Spätestens wenn man vor dem traurigen Trabi am Souvenirshop steht, in dem eine männliche Schaufensterpuppe mit OP-Maske und Berlin-Mütze sitzt. Da hilft auch das daneben angebrachte Schild nicht mehr: „Bier zwei Euro!“

    Anne Vorbringer

    4. Hoffnungslos: East Side Mall an der Warschauer Straße

    Anscheinend waren 68 Einkaufszentren in der Hauptstadt nicht genug, deswegen begannen 2016 die Bauarbeiten für ein neues Einkaufszentrum an der Warschauer Brücke in Friedrichshain. Schon bei ihrer Eröffnung zwei Jahre später runzelte die Öffentlichkeit über das Konzept der East Side Mall die Stirn. Man bezeichnete das Einkaufszentrum als einen „Ort urbaner Hoffnungslosigkeit“. Im Stadtmagazin Zitty antizipierte man die Idee unserer Redaktion: „Kann man’s bitte wieder abreißen?“, lautete der Titel einer Kolumne. Der Bau sei ein „nach außen abgeschotteter Betonriegel im Ufo-Stil ohne Gesicht in einer klinisch toten Gegend“, hieß es in der Zeitschrift.

    Bild: Die East Side Mall sei ein „nach außen abgeschotteter Betonriegel im Ufo-Stil ohne Gesicht in einer klinisch toten Gegend“, ätzte die Zitty. Wir sagen: stimmt!Sabine Gudath

    Rund 200 Millionen Euro wurden für die Errichtung des Einkaufsklotzes ausgegeben. Das Gebäude bietet auf drei Ebenen 38.000 Quadratmeter Mietfläche und 110 Geschäfte. Heute kommt man wenigstens leicht rein, was vor Kurzem noch ganz anders war. Ein ganzes Jahr lang konnte man den Haupteingang der Mall nicht passieren. Der Grund: Er war verschlossen, da der Autoverkehr eine Gefahr für die Fußgänger darstellte, die die Mall betreten wollten. Bitte weg damit.

    Franz Becchi

    5. Die totale Verwirrung: Mercedes-Benz Arena in Friedrichshain

    Zur Mercedes-Benz Arena habe ich ein gespaltenes Verhältnis, weil ich manchmal gerne den Mercedes-Benz-Platz und die dort ansässigen Industrie-Restaurants und Burger-Ketten besuche, um mich ein bisschen wie ein Mensch in einer Provinzstadt zu fühlen, der sich gerne wie in einer Großstadt fühlen würde. So wie Menschen in Bremen bei Starbucks Café Latte bestellen, schockverliebt auf die Milchschaumkrone gucken und sich dabei so verhalten, als wären sie ein Protagonist in der Serie „Friends“ in New York. Der Mercedes-Benz-Platz zieht solche Menschen an. Dabei ist man ja eigentlich in einer Metropole, in Berlin, in der Großstadt. Der Platz bringt dieses Verständnis ins Wanken, es ist wie ein Simulakrum, die totale Verwirrung.

    Bild: Alles, was großstädtische Architektur anrichten kann, wurde hier realisiert. Provinzialität und Großmannsgehabe in einem.Sabine Gudath

    Die Mercedes-Benz Arena ist das architektonische Symbol für dieses durcheinandergewirbelte Großstadt-Provinz-Gefühl, das sich beißt und schneidet und gegenseitig negiert. Gerne esse ich einen Burger, natürlich bei der Kette Five Guys, oder trinke einen Cocktail mit Schirmchen bei Sausalitos. Danach gehe ich ins Imax-Kino nebenan, bestelle Popcorn und eine Coca-Cola, die ich mir an Automaten selbst befüllen kann und dazu Eiswürfel nehmen. Danach schaue ich mir einen James-Bond- oder Batman- oder Spiderman-Film an, so wie die Menschen in Bremen. Nach dem Film verbringe ich auf dem Mercedes-Benz-Platz ein paar Minuten, schaue umher, auf den Springbrunnen und auf das Ungetüm namens Arena und denke mir: „Schiffbruch mit Zuschauer“.

    Tomasz Kurianowicz

    6. Leblose Retorten-Stadt: Vom Hauptbahnhof ins Niemandsland

    Wer nicht erst seit gestern in Berlin lebt, wird sich noch lebhaft an das alte Areal im Dreiländereck zwischen Mitte, Moabit und Wedding erinnern. Das, auf dem heute der klotzige Hauptbahnhof sitzt wie ein grimmiges Ungetüm aus Glas und Metall. Früher stand an seiner Stelle noch der Lehrter Bahnhof, dieser mittelgroße Backsteinbau, durch dessen Bauch sich zuletzt nur ein paar S-Bahnen schoben mit einem kurzen Halt im Niemandsland.

    Denn das war es ja, das Areal rund um den Lehrter Bahnhof: eine Einöde aus viel freier Fläche, ein paar versprengte Altbauhäuser und alte Industriebauten darauf, in denen zum Beispiel der mittelcoole Elektroclub Tape ansässig war. Früher dachte man sich selbst als Passant ohne jegliche städtebauliche Ambition: Hier muss was passieren, irgendwas – alles ist doch besser als Brache! Heute würde man diese einfältige Sichtweise womöglich revidieren.

    Bild: Fun, fun, fun: In den Miniatur-Hochhäusern kümmert man sich um spannende Geschäftsfelder wie Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung.Sabine Gudath

    Denn was rund um den jetzigen Hauptbahnhof in den vergangenen Jahren alles so gebaut wurde, entbehrt jedes ästhetische Feingefühl. Es sind die gleichen gott- und gesichtslosen Neubauten, wie man sie in Berlin mittlerweile zu Hunderten findet – überall da nämlich, wo früher nichts als Freiraum war. Direkt am Hauptbahnhof zeigen sie sich als vereinzelte Miniatur-Hochhäuser, in denen preiswerte Hotels oder Büroräume für so spannende Geschäftsfelder wie Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung zu Hause sind. Schlimmer geht nimmer? Es geht! Und um das festzustellen, braucht man nur ein paar Meter weiterzugehen.

    Denn hinter den fatal langweiligen Türmchen am Hauptbahnhof, weiter Richtung Wedding, tut sich ja erst das echte Ärgernis des zeitgenössischen Berliner Städtebaus auf: Europacity, so der gleichermaßen einfallslose wie euphemistische Name des Bauareals, das hier zum belebten Wohn- und Arbeitsquartier werden soll.

    Dass das so schnell nicht passieren wird, lässt schon die katastrophale Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr vermuten: Bis jetzt juckeln nur ein paar traurige Busse durch das kontinental benannte Viertel; wer eine Bahn nehmen will, muss erst mal 15 Minuten laufen. Auch die gräuliche Retorten-Architektur ist ein Indiz, dass es lebhaft, lustig, lässig hier auch in zehn Jahren noch nicht ist. Es hilft einfach alles nicht: Sprengen und Abreißen, sofort – zurück zur Berliner Brache, bitte!

    Manuel Almeida Vergara

    #Berlin #Stadtentwicklung #Achitektur #Grentrifizierung

  • Stadträte-Freistellung bei vollem Lohnausgleich: Einigung zu Bezirksämtern könnte Berlin bis zu fünf Millionen Euro kosten
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/freistellung-der-stadtrate-bei-vollem-lohnausgleich-fraktionen-einigen-

    Pacta sunt servanda passt dem Bund der Steuerzahler ganz und garnicht. Dabei werden hier mal Gelder sozusagen friedensstiftend nicht für Panzer sondern für Menschen ausgegeben und darüber hinaus der Stadt das Risiko noch höherer Folgeschäden der schlecht organisierten vorletzten Landeswahlen erspart.

    Die Liberalen haben immer Verständnis für alles, was die Stellung Deutschlands, das heißt seiner herrschenden Ausbeuterklasse, stärkt. Aber wehe wenn mal ein paar Figuren Geld kriegen könnten, ohne dafür zu schwitzen, die nicht mit dem berühmten goldenen Löffel im Mund geboren wurden. Einfache Bezirksbürgermeister und Stadträte, sicher nicht schlecht bezahlte Wahlbeamte, dürfen sich jetzt, falls ihr Posten nicht mehr dem Parteienproporz in den Berliner Bezirken entspricht, bis zum Ende der Laufzeit ihres Arbeitsvertrags über „leistungsloses Einkommen“ freuen.

    Ist das Geldverschwendung? Ist das ungerecht? Ist das schlimm? Ganz klar dreimal ja, aber nur weil das eine Ausnahmeregelung ist. In Deutschland erinnert sich schon keiner mehr daran, was vor der Agenda 2010 ordentlicher Kündigungsschutz war. Die Neidischen verlangen „hire and fire“ für alle Normalos. Könnte ja mal einer das Leben genießen, ohne sich die Hände dreckig zu machen. Geht garnicht. Natürlich. Selbstverständlich. Wo sind wir denn!

    5.3.2023 von Robert Kiesel, Christian Latz - Damit die Bezirksämter nach der Wahl dem neuen Stimmenverhältnis entsprechen, muss die Politik eine neue Regelung erarbeiten. Nun liegen die Eckpunkte vor.

    Die Berliner Bezirksämter sollen nach der Wiederholungswahl auch das neue Wahlergebnis widerspiegeln. Darauf haben sich die Fraktionen von SPD, Grüne, Linke und CDU mit der Senatsinnenverwaltung geeinigt. Ein entsprechendes Eckpunktepapier liegt dem Tagesspiegel vor. Doch der Kompromiss dürfte teuer werden: Denn ausscheidende Bezirksbürgermeister und Stadträte sollen bis zum Ende der Wahlperiode einen vollen Lohnausgleich erhalten.

    Der zwischenzeitliche Plan, die Ruhegehälter bei rund 71,5 Prozent des vorherigen Gehalts festzusetzen, wurde wieder verworfen. Nach Tagesspiegel-Informationen könnten dem Land durch den Kompromiss Mehrkosten von bis zu fünf Millionen Euro entstehen. Bereits ohne diesen Posten lagen die Ausgaben für die Wahlwiederholung bei deutlich mehr als 30 Millionen Euro.

    Zahl der Bezirksamtsmitglieder soll erhöht werden

    Hintergrund der Diskussion ist ein rechtliches Problem. Wie berichtet, gelten die 2021 ins Amt gekommenen Bezirksbürgermeister und Stadträte als Wahlbeamte auch nach dem neuerlichen Wahlgang als gewählt. Theoretisch möglich wären zur Umbildung der Bezirksämter daher ein Rücktritt der Mitglieder oder eine Ab- und Neuwahl.

    Letzteres soll es der Einigung zufolge nicht geben. Geändert werden soll stattdessen die Anzahl der Bezirksamtsmitglieder, damit die Führungen der Bezirke nach der Wiederholungswahl die neuen Stimmenverhältnisse abbilden können. „Es erfolgt keine Abwahl und Neuwahl, sondern nur eine Nachwahl mit dem Ergebnis der ‚Freistellung‘ der dadurch ausscheidenden Bezirksamtsmitglieder“, heißt es in den Eckpunkten.

    Zu den bisherigen Bezirksamtsmitgliedern sollen also weitere aus den jeweiligen Parteien hinzugewählt werden. Sind sie gewählt, übernehmen sie die Aufgaben von bislang tätigen Bezirksbürgermeistern und Stadträten, die zwar formal im Amt bleiben, von ihren derzeitigen Aufgaben jedoch freigestellt werden. Insider gehen davon aus, dass die Zahl der freigestellten Politiker maximal im niedrigen zweistelligen Bereich liegen dürfte.

    Die Neuregelung sieht vor, dass die ausscheidenden Bezirksamtsmitglieder danach für die gesamte Ernennungszeit, also bis zum Ende der Legislaturperiode 2026, ein hundertprozentiges Ruhegehalt bekommen. Zugleich wird die Zeit auf ihre künftigen Versorgungsansprüche angerechnet. Sie würden demnach „finanziell vollständig schadlos gestellt“, womit verhindert werden soll, dass ausscheidende Bezirksamtsmitglieder wegen einer möglichen Schlechterstellung erfolgreich gegen den Vorgang klagen können.

    Auf diese Lösung einigten sich die Parlamentarischen Geschäftsführer der vier Fraktionen bei einem Treffen mit Vertretern der Senatsinnenverwaltung. Geplant ist demnach, die Neubesetzung der Bezirksämter in einem einfachen Gesetz zu regeln. Eine zwischenzeitlich zur Debatte stehende Änderung der Berliner Verfassung wird dagegen nicht angestrebt.
    Bund der Steuerzahler: Kompromiss „schwer zu vermitteln“

    Unumstritten ist die Freistellung bei vollem finanziellem Ausgleich nicht. Alexander Kraus, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler in Berlin, kritisierte die Einigung scharf und sprach am Montag von einem „unerträglichen Zustand“. Das Ergebnis sei „dem Steuerzahler schwer zu vermitteln“, erklärte Kraus.

    Eine Selbstauflösung des Abgeordnetenhauses und das damit einhergehende Ende der Legislaturperiode hätte zumindest dieses teure Nachspiel der aufgrund zahlreicher Wahlpannen angeordneten Wahlwiederholung verhindern können, erklärte Kraus. AfD-Chefin Kristin Brinker bezeichnete die Einigung am Montag als „ungeheure Respektlosigkeit gegenüber den Steuerzahlern“.

    #Berlin #Politik #Verwaltung #Wahlbeamte #Stadtbezirk #Gehalt #Rente

  • Gärtnern an der Stadtautobahn: „Das war wie im Paradies“
    https://taz.de/Gaertnern-an-der-Stadtautobahn/!5911236

    12.2.2023 von Michael Kröchert - Autobahnneubau ist in Berlin kein Thema von gestern. Sebastian B., 36 Jahre alt, hat beobachtet, wie die A100 durch Neukölln gesprengt worden ist.

    BERLIN taz | Das war wie im Paradies. Von hier, von diesem Zaun aus, bis da drüben, bis zum Estrel-Hotel waren überall Schrebergärten. Und sie waren alle verlassen, weil die Pächter gehen mussten oder besser: gegangen wurden. Manche haben zwar Ausgleichszahlungen erhalten, andere bekamen Ersatz-Schrebergärten, aber glücklich waren sicher die wenigsten.

    Alle Texte finden Sie hier taz.de/sonnenallee

    Es hat mich unglaublich glücklich gemacht, dort durch die verwaisten Gärten zu streifen. Alles war so üppig und grün und schon nach einem Jahr völlig zugewachsen. Einmal bin ich durch diese verlassenen Gärten gestreift und plötzlich war da ein Mann, der Trompete gespielt hat. Ich habe ihn erst gehört, als ich schon ganz nah war, so verwildert war das alles. Das war ein schöner Moment.

    Von Protesten weiß ich nichts, ich glaube, die damalige Generation der Schrebergärtner hat nicht wirklich protestiert, die waren eher spießig, vermute ich, obwohl ich auch nicht sagen will, dass sie obrigkeitshörig waren. Wenn das heute passieren würde, vor dem Hintergrund der jetzigen Klimadebatte, und mit uns jüngeren, klimabewussten Pächtern in den Kleingärten, hätte es ganz sicher viel mehr Widerstand gegeben. Klar, da waren auch ein paar Künstler, die die verwaisten Schrebergärten ein bisschen besetzt haben; aber das war eher zum Genießen, den Sommer über, zum Trompetespielen.

    Ich weiß noch, wie ich dort ganz lange auf einer Wiese lag und einfach in den Himmel geschaut habe. Einmal bin ich auch in einer verlassenen Laube gewesen, dort standen noch die Biergläser und Kaffeetassen auf dem Tisch und Regale und Schränke mit Küchengeräten, so als hätten die Menschen alles stehen und liegen gelassen. Das war merkwürdig, ein bisschen wie 1990, als es im Osten Wohnungen gab, deren Besitzer die Tür hinter sich zugezogen haben und nie wieder aufgetaucht sind. Es gab da auch Momente, in denen das gruselig war.
    Der große Schock

    Dann kam dieses Weihnachten. Das war 2012 oder 2013. Ich war bei meiner Familie in Westdeutschland gewesen, und wie immer – ich glaube, das geht allen so – war ich bei meiner Rückkehr erschöpft vom Essen, seelisch weich von den Konflikten in der Familie, sentimental vielleicht auch. So kam ich zurück nach Berlin, und das war dann ein Schock. Sie mussten riesige Bulldozer verwendet haben, extra über die Feiertage, weil sich da niemand darum scherte.

    Mir ging es nicht so sehr um die Datschen, obwohl die mit viel Liebe und Sorgfalt über Jahrzehnte in Eigeninitiative entstanden sind, sondern es waren die uralten, wunderschönen Obstbäume, Hunderte, die dort überall standen und die diese paradiesische Stimmung geprägt haben, die im Frühling geduftet und geblüht haben. Und dann war das alles plötzlich weg!

    Alles war plattgemacht und ausgelöscht. In der Zeit davor kam ich mir manchmal wie ein Einsiedler vor, der in der Wildnis unterwegs war, und als ich direkt nach Weihnachten auf diese riesige gerodete Fläche schaute, habe ich mich gefühlt, als hätte mir jemand meinen Lebensraum weggenommen. Ich stand hier, genau hier, wo wir jetzt stehen und … das ging mir sehr, sehr nah. Dann begannen die Bauvorbereitungen. Die Giftmüllbeseitigung hatte schon zuvor stattgefunden, denn überall im Boden waren Asbest- und Eternit-Wurzelsperren. Da waren sie über einen längeren Zeitraum mit Schutzanzügen beschäftigt, um das fachgerecht zu entsorgen.
    Als die Archäologen kommen

    Danach kamen die Ar­chäo­lo­g*in­nen mit Baucontainern und dem ganzen Werkzeug. Ich habe mich mit denen angefreundet und ihnen im Sommer Kirschen von dem Baum hier gegeben. Sie haben mich zu ihrem Abschlussfest auf ein Bier eingeladen. Aber wirklich was gefunden haben sie bei ihren Ausgrabungen, soweit ich weiß, nicht.

    Nur eine Feuerstelle aus der Bronzezeit beziehungsweise Hinweise auf eine Siedlungsstelle, wenn ich mich richtig erinnere. Wenn man tief unten etwas im märkischen Sand findet, dann kann es sich hier in dieser Gegend um Steinzeitfunde handeln. Darüber liegt der Schutt aus der Zeit der Industrialisierung und vor allem aus der Kriegszeit. Als die Archäologen abgezogen sind, begannen sie mit dem eigentlichen Bauen der Autobahn. Sie mussten diese irre Schneise in den Boden treiben.

    Wochen-, monate-, jahrelang haben sie den Abraum wegtransportiert und überall sind sie auf enorme Widerstände gestoßen. Also auf Felsen oder Granitsteine und gigantische Findlinge. Die haben sie nicht abtransportiert, sondern mit einem Spezialgerät, das so aussah wie ein langer Bohrer, gesprengt und zerteilt. Wie genau das funktionierte, weiß ich nicht; auf jeden Fall hat die Erde, genau hier, wo wir jetzt stehen, gebebt. An unserem Vereinsheim gab es Risse, es sind auch andere Schäden entstanden. Vor Kurzem hat mir jemand erzählt, dass eine der Kolonien eine Entschädigung von wenigen hundert Euro erhalten hat … Nach zehn Jahren!

    Auch diese Sprengungen der Felsen haben bestimmt dazu geführt, dass das einer der teuersten Autobahnabschnitte wurde, der je in Deutschland gebaut worden ist. Ich denke manchmal, dass sie das hier nur machen, damit sie später sagen können, jetzt bauen wir den Autobahnring erst mal bis zum Treptower Park, und wenn wir schon so weit sind, dann geht’s weiter bis Lichtenberg und Pankow. Wobei mich mal interessieren würde, was sie mit dem ganzen Sand gemacht haben, der ist vermutlich wertvoll, den braucht die ganze Welt für die Herstellung von Beton. Normalerweise ist der Abraum für immense Kosten verantwortlich, aber hier war ja alles feinster märkischer Sand!

    Riesige Wasserbecken

    Auf jeden Fall haben sie dann Schote in die Schneise eingezogen, also Zwischenwände quer zu den Rändern; und diese haben sie bis oben hin mit Wasser gefüllt. So entstanden riesige Wasserbecken; das mussten sie angeblich so machen, um den nötigen Gegendruck zu erzeugen, damit die Seitenwände stehen blieben, und dann haben sie Beton verwendet, der unter Wasser aushärtet. Wieder etwas, was es so teuer hat werden lassen. Jetzt ist die Autobahn fast fertig. Hier vorne, da kommt noch ein Grünstreifen hin.

    In mir? Da war von Anfang an Gleichgültigkeit. Mal gucken, was das wird, habe ich mir gesagt. Ich bin froh, dass die Autos weniger Emissionen verursachen; denn Feinstaub ist ein großes Problem. Mir ist es wichtig, dass die Luft sauber bleibt, auch wegen der Beete, auf denen ich nach und nach immer mehr anbauen will. Ich bin überglücklich, dass ich diesen Garten habe. Eigentlich sehe ich mich als Gewinner der Situation. Warum der Vorbesitzer den Garten verlassen hat, das weiß ich nicht. Vielleicht wollte er seine Freizeit nicht an der Autobahn verbringen.

    Es hat ein bisschen gebraucht, bis ich mit den Alteingesessenen auf Betriebstemperatur war. Doch ich liebe Neukölln. Ich brauche das Chaos, auch die verschiedenen Strömungen, ich will nicht woanders leben. Das waren übrigens sehr schöne Momente, als es die Pferde am Richardplatz noch gab und ich dort Mist für meine Beete geholt habe. Mit dem Karren voller Pferdeäpfeln an den Cafés mit den Hipstern vorbei …

    Meiner Meinung nach sollte die Stadt aus mehreren Ebenen bestehen. Das wäre mit einer Überdachung der Autobahn möglich. So wie sie es in Hamburg machen. Das nennen sie Überdeckelung. Und dort kann man wieder Gärten und Wohnhäuser drauf bauen. Ich kann nicht verstehen, wieso sie das nicht gleich so geplant haben.

    Mein Leben? Ich bin dafür, dass alles gleichzeitig, symbiotisch und friedlich existiert. Soll doch jeder auf seine Weise an sein Ziel kommen.

    Sonnenallee, Ecke Autobahn. Ein Sonntag Ende Januar. Müll weht gegen die Bauzäune, Krähen hüpfen auf Baggerschaufeln herum. Menschen sind nicht zu sehen, dafür farbenprächtige Graffiti und unzweideutige Parolen, die den Neubau bereits schmücken. Genau hier hat ein alter Freund einen Schrebergarten, der seit mehr als zehn Jahren unmittelbar an die Baustelle grenzt. Wir stehen an seinem Zaun, der Grenze zwischen dem, was bleiben darf, und dem, was verschwunden ist.

    Michael Kröchert ist Autor des Buchs „Autobahn – ein Jahr zwischen Mythos und Alp­traum“ (Tropen Verlag 2020).

    #Berlin #Neukölln #Sonnenallee #A100 #Autobahn #Stadtentwicklung #Laubenkolonie #Schrebergarten #Interview

  • Mitten in Kreuzberg: Neue Sozialwohnungen und klimaneutrale Büros
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/mitten-in-kreuzberg-neue-sozialwohnungen-und-klimaneutrale-bueros-l


    Blick auf das neue Quartier auf dem Areal des früheren Postscheckamtes am Halleschen Ufer in Kreuzberg.

    Es geht voran mit dem Geldmachen. Das alte Postscheckamt, eine öffentliche Einrichtung der staatlichen Bundespost und Ort zum Leben und Arbeiten für viele Westberlinerinnen und Berliner, wird endgültig zum Eigentumswohnungsghetto mit ein paar netten fast bezahlbaren Alibiwohnungen nebenan. Verdichtung ist angesagt, der Rubel rollt weil öffentliche Gärten und Freiflächen zugebaut werden. „Niemandsland“ heißt so ein nicht profitables Gelände auf Immobilisch. Ich bin auch so ein Niemandsland, unprofitabel und verwildert. Ein Mensch eben, keine parfümierte Immoschnepfe, die mit hohlem Gedöns ihre Gier schönredet. Die zerrt den verwesenden Leichnam van der Rohes aus dem Grab, um dem ollen Büroturm, wahrlich kein Meilenstein der Architekturgeschichte, ordentlich Mies-Nimbus zu verpassen. So geht das. Noch nicht gebaut wird schon verkauft.

    Grelle Fummels aus den Fifties, Sixties
    Alles hohl und hundsgemein
    Auf Skoda oder Fiorucci
    Flieg ich nicht mehr ein
    Da bleib ich kühl
    Kein Gefühl

    Ideal, Blaue Augen, 1980

    28.12.2022 von Ulrich Paul - Auf dem Areal des ehemaligen Postscheckamtes in Kreuzberg entsteht ein Stadtquartier mit hohem sozialen und ökologischen Anspruch.

    Auf dem Areal des ehemaligen Postscheckamtes in Kreuzberg gehen die Arbeiten für das geplante neue Stadtquartier mit Büros, Wohnungen und Geschäften voran. Nachdem im März 2021 mit dem symbolischen ersten Spatenstich die Bauarbeiten starteten, befinden sich mittlerweile fast alle Teilprojekte am Halleschen Ufer in Bau.

    Der Kölner Investor Art Invest modernisiert den alten 90 Meter hohen Büroturm und baut zwei neue Häuser mit Büros und Geschäften. Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Degewo errichtet 337 Mietwohnungen. Und das ebenfalls aus Köln stammende Immobilienunternehmen Pandion plant 86 Eigentumswohnungen.

    „Das Grundstück war vorher eine Art Niemandsland im Herzen Berlins“, sagt Lena Brühne, Berliner Niederlassungsleiterin von Art Invest. „Durch die Entwicklung des Quartiers betreiben wir also eine Stadtreparatur.“ Die Art Invest hat ihrem Projekt den Namen „Die Macherei Berlin-Kreuzberg“ gegeben. Weil die Gebäude am Halleschen Ufer 40 bis 60 liegen, tragen die drei Gebäudeteile als Namenskürzel ein M für Macherei, gefolgt von der jeweiligen Hausnummer. So heißen die Gebäude M40, M50 und M60. Der alte Postbank-Tower trägt das Kürzel M50, die beiden neuen Büro- und Geschäftsbauten firmieren unter M40 und M60.

    Das achtgeschossige Haus M40 entsteht nach Plänen des Büros Robert Neun Architekten als sogenanntes Holz-Hybrid-Haus, also in einer Mischung aus Holz und Beton. Neben bepflanzten Dächern ist ein offener Innenhof vorgesehen, der als das „grüne Herz“ des Gebäudes angekündigt wird. „Unser Holz-Hybrid-Haus M40 wird ab Frühjahr 2023 rasant wachsen“, sagt Lena Brühne. „Zu diesem Zeitpunkt werden die Holzverbundelemente angeliefert, die wie Legosteine aufgebaut werden.“ Bis zum Jahr 2024 soll das Gebäude fertig sein, die anderen beiden der Art Invest ebenfalls.

    Der 24-geschossige Büroturm, der jetzt das Kürzel M50 trägt, wird nach Plänen des Architekten Eike Becker umgestaltet. Er richtet sich dabei nach dem Vorgänger-Bau. „Die Architektur vom M50 greift den Stil des Oberpostdirektors Prosper Lemoine auf, nach dessen Plänen das Objekt entwickelt wurde“, sagt Lena Brühne. „Er orientierte sich dabei an der typischen Architektursprache von Mies van der Rohe, der unter anderem die Neue Nationalgalerie entworfen hat.“

    Büroturm wird im nächsten Jahr als Stahlbetonskelett dastehen

    Nach dem Auszug der Mieter aus dem Turm Ende 2021 hat die Art Invest zunächst mit der Entkernung und Schadstoffsanierung begonnen. Diese Arbeiten dauern bis heute an. „Im nächsten Jahr wird der Turm kurzzeitig im Rohbau als Stahlbetonskelett dastehen, was sicher ein imposantes Bild abgeben wird“, so Brühne. „Zudem werden wir die oberen drei Etagen, die bislang als Techniketagen genutzt werden, abbrechen und neu aufbauen, um sie in Teilen als nutzbare Mietflächen zu entwickeln.“ Die Fassade des Büroturms wird erneuert, außerdem entsteht am Fuß des Towers ein eingeschossiger Flachbau. Dort soll neben einem Restaurant ein Fitnessstudio einziehen – mit Außenlaufbahn auf dem Dach. Oben im Turm ist eine Skybar geplant. Mit bester Sicht über die Stadt.

    „Bei der Fassade des Turms arbeiten wir mit speziellen Elementen, die vorproduziert und anschließend eingesetzt werden“, sagt Lena Brühne. Für die Montage werde ein rund 120 Meter hoher Kran eingesetzt, der an dem Hochhaus verankert wird. An der Südfassade des Büroturms sollen auf einer Fläche von 760 Quadratmetern Fotovoltaik-Elemente montiert werden, um aus Sonnenlicht Strom zu gewinnen.

    Das M60 entsteht nach Plänen des Architekturbüros Sauerbruch Hutton als achtgeschossiges Bürohaus. Im rückwärtigen Teil sind die Eigentumswohnungen der Pandion geplant. Das Besondere: Das Bürohaus soll ein „Zero-CO₂-Haus“ werden, also ein klimaneutrales Haus. Erreicht wird dies freilich durch einen gewissen Kunstgriff: Die Fotovoltaik-Elemente, die Sonnenlicht in elektrischen Strom umwandeln, sollen nämlich nicht nur auf dem eigenen Dach stehen, sondern zugleich auf den Dächern der benachbarten Degewo-Häuser.
    Autofreies Quartier heißt, dass oberirdisch keine Autos fahren

    Beim Verkehr wird Nachhaltigkeit ebenfalls großgeschrieben. „Die Macherei Berlin-Kreuzberg wird ein autofreies Quartier“, sagt Lena Brühne. Der Begriff „autofrei“ wird von der Art Invest allerdings sehr großzügig ausgelegt. Autofrei bedeute, „dass die Außenanlagen für den normalen Autoverkehr gesperrt sind“, sagt Brühne. Autos sind als Verkehrsmittel weiter eingeplant, zumindest in begrenzter Zahl. „In zwei Tiefgaragen, die von der Hauptstraße erreicht werden, entstehen 120 Stellplätze für Autos“, sagt Brühne. Sie versichert: „Wir setzen auf urbane Mobilität, weswegen wir unseren künftigen Mietern zusätzlich 800 unterirdische Fahrradstellplätze sowie Duschen und Umkleiden anbieten.“

    Das Projekt zeigt: Nachhaltigkeit spielt bei Immobilienprojekten eine immer größere Rolle. Unter anderem, weil sich viele Unternehmen das Ziel gesteckt haben, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt CO₂-neutral zu werden. In alten Büros mit hohem Energieverbrauch lässt sich das Ziel nur schwer oder gar nicht erreichen. In neuen Quartieren wie in der Macherei schon eher. „Das Quartier richtet sich an Mieter, die neben einem hohen Anspruch an Lage, Qualität und Flexibilität der Flächen einen besonderen Wert auf ökologische Nachhaltigkeit legen“, sagt Lena Brühne. „Hier sehen wir einen wachsenden Bedarf.“ Einerseits müssten viele Unternehmen immer höhere Anforderungen im Bereich CO₂-Emissionen erfüllen, was sich natürlich auch in ihren Flächen widerspiegeln müsse. Andererseits sei Klimagerechtigkeit ein „ganz wesentlicher Aspekt für junge Berufseinsteiger“, so Brühne. „Sie legen viel Wert auf ihren eigenen Carbon Footprint, auch an ihrem Arbeitsplatz.“

    Die Wohnungen der Degewo entstehen im rückwärtigen Teil des Areals auf insgesamt drei Baufeldern mit jeweils zwei Häusern. „Die Rohbauarbeiten für die Baufelder eins und drei haben begonnen“, sagt eine Degewo-Sprecherin auf Anfrage. „Im Frühjahr 2023 wird Richtfest gefeiert und der Innenausbau kann beginnen.“ Die Arbeiten auf Baufeld zwei sollen im Februar 2023 starten. Geplant sei, dass die neuen Wohnhäuser ab Mitte 2024 übergeben werden. Dann beginne auch die Vermietung.
    Degewo baut 75 Prozent Sozialwohnungen

    75 Prozent der Wohnungen, die die Degewo errichtet, sollen als Sozialwohnungen entstehen und für eine Kaltmiete ab 6,50 Euro je Quadratmeter vermietet werden. Der Entwurf für die Wohnhäuser stammt vom Büro Dahm Architekten + Ingenieure. Nach ihren Plänen entstehen Wohnungen mit einer Größe von 35 bis 105 Quadratmetern.

    Die Pandion baut keine Mietwohnungen, sondern Eigentumswohnungen. „Wir planen insgesamt 86 Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen für Paare und Familien“, erklärt eine Unternehmenssprecherin. Die Wohnungen sollen zwischen 46 und 95 Quadratmeter groß sein. Die Baugrube für das Projekt sei fertig. Im Januar 2023 solle der Rohbau beginnen. Zum genauen Start der Vermarktung der Wohnungen und zum Fertigstellungtermin könne man aktuell aber noch keine Auskunft geben, so die Sprecherin.

    Postbank-Hochhaus (Berlin)
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Postbank-Hochhaus_(Berlin)

    Blaue Augen
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Blaue_Augen?searchToken=2wqimfpy2l6ptlnzu8q7191bk

    https://www.youtube.com/watch?v=uaEiVAODN-A

    #Berlin #Kreuzberg #Hallesches_Ufer #Großbeerenstraße #Stadtentwicklung #Architektur #Privatisierung #Gentrifizierung #Wohnen #Immobilien

  • La Suisse veut enfouir ses #déchets_atomiques pour des millénaires

    La Suisse produit de l’#énergie_nucléaire, et donc des #déchets_radioactifs ultratoxiques qu’il faut entreposer en sécurité pour des millénaires. Après 50 ans de recherches actives, le lieu où l’on enfouira ces déchets dangereux vient d’être déterminé. De nombreuses questions restent cependant ouvertes sur ce dépôt qui coûtera 20 milliards de francs.

    Dans la commune rurale de #Stadel, dans l’Unterland zurichois, non loin de la frontière allemande, la vie était plutôt paisible au cours des siècles derniers. Le paysage, modelé par les glaciers et bordé de collines boisées, possède un caractère agricole. Là où l’on ne cultive pas, on exploite essentiellement de riches gisements de gravier, eux aussi hérités des ères glaciaires passées.

    Aujourd’hui, Stadel se retrouve cependant au cœur d’un énorme #projet. C’est là, en effet, qu’on prévoit de construire l’accès à un gigantesque #dépôt_souterrain pour les déchets radioactifs. Voilà près de 50 ans que la #Société_coopérative_nationale_pour_l’entreposage_des_déchets_radioactifs (#Nagra : https://nagra.ch/fr/23383) recherchait un site d’#enfouissement définitif. En septembre 2022, elle a porté son choix sur Stadel et son sous-sol rocheux très stable. L’#argile à Opalinus qu’on y trouve offre la plus grande sécurité possible pour le confinement de matières radioactives, affirment les experts de la Nagra. Leur CEO, Matthias Braun, note qu’entre tous les sites examinés, Stadel est celui qui présente « les plus grandes marges de sécurité ». Ce qu’il entend par là, c’est que la #géologie parle en faveur de ce site, et non le fait que l’opposition politique y soit faible.

    Des dimensions temporelles inconcevables

    Il est prévu de creuser, à proximité de Stadel, des puits d’une profondeur allant jusqu’à 900 mètres. Ces puits formeront l’accès aux cavernes qui seront aménagées dans l’#argile_à_Opalinus pour abriter les déchets radioactifs. Pour ce projet, la Nagra s’appuie sur des dimensions temporelles inconcevables : d’après l’état actuel des connaissances, les déchets faiblement et moyennement radioactifs doivent être confinés en sécurité pendant 30 000 ans, et la Nagra prévoit environ 200 000 ans pour les déchets hautement radioactifs. Les « marges de sécurité » doivent donc permettre d’exclure, pour près d’un million d’années, que la matière radioactive remonte à la surface d’une manière ou d’une autre.

    « Fermeture du couvercle » dans environ 100 ans

    La recherche d’un site de dépôt définitif pour les déchets radioactifs produits en Suisse s’est avérée extrêmement ardue. Par endroits, des paysans furieux ont chassé les équipes de sondage de la Nagra avec leurs fourches, comme à Ollon (VD). Ailleurs, des communes et des cantons potentiellement visés ont voté contre le projet. En revanche, Stadel et le canton de Zurich n’ont guère de moyens de s’opposer au choix du site. Face aux vives résistances, les possibilités d’intervention des communes et des cantons en matière de dépôt définitif ont en effet été fortement limitées par la loi. Néanmoins, même à l’issue de cette longue recherche, nombre de points restent flous. Pour pouvoir construire son dépôt, la Nagra doit tout d’abord présenter une demande auprès de la Confédération. Cela pourrait se faire en 2024. Le choix définitif du site ne sera fait qu’une fois que les autorités fédérales auront conclu qu’un enfouissement sûr des déchets nucléaires est réellement possible à Stadel. Il est peu probable que cela arrive avant 2029. Ensuite, le peuple suisse pourrait aussi avoir à se prononcer. Ainsi, la construction du dépôt pourrait débuter, dans le meilleur des cas, en 2045. Ce n’est qu’en 2050 que les premiers conteneurs d’acier remplis de déchets radioactifs pourront donc y prendre place. Le « couvercle serait posé » en 2115, date du scellage du site.

    #Sémiotique_de_l’atome : parler à nos lointains descendants

    Jusque-là, la Nagra doit encore trouver une réponse à cette question : comment avertir les futures sociétés des dangers que recèlera le sous-sol de Stadel ? Il se peut fort bien, en effet, qu’un panneau d’avertissement conçu de nos jours ne soit plus compréhensible dans 10 000 ou 100 000 ans. Les mégalithes impressionnants érigés à Stonehenge, en Angleterre, illustrent cette difficulté : bien qu’ils n’aient que près de 4000 ans, leur raison d’être n’est plus déchiffrable. Les chercheurs travaillent par conséquent sur une « sémiotique de l’atome », une forme d’expression pour un futur lointain, sachant que dans 200 000 ans, les sociétés humaines telles qu’on les connaît aujourd’hui auront peut-être disparu, et que diverses périodes glaciaires pourraient avoir conduit les glaciers à remodeler à nouveau de fond en comble le paysage autour de Stadel.

    Une sortie du nucléaire décidée en 2011

    Comparées à toutes les protestations auxquelles fait face la Nagra, les réactions à son choix de site sont relativement tempérées. Même les fervents opposants à l’utilisation de l’énergie atomique – notamment les Verts et l’organisation Greenpeace – concèdent que la Suisse ne peut échapper à ses responsabilités et doit entreposer ses déchets radioactifs de la manière la plus sûre possible. L’une des raisons de cette attitude est le fait que le pays a d’ores et déjà arrêté sa sortie progressive du nucléaire. Peu après la catastrophe de Fukushima (2011), le Conseil fédéral a décidé d’interdire la construction de toute nouvelle centrale. Le démantèlement de celle de Mühleberg, mise en service en 1972, a d’ailleurs déjà commencé. Et les quatre réacteurs restants, ceux de Beznau I (1969), Beznau II (1972), Gösgen (1979) et Leibstadt (1984), fonctionnent encore, mais s’approchent toujours plus de la fin de leur durée d’exploitation. Dans ce contexte, nombreux sont ceux qui voient le dépôt de Stadler comme le point final à l’utilisation de l’énergie atomique en Suisse.

    https://www.youtube.com/watch?time_continue=3&v=I7VI4f59hgk&embeds_euri=https%3A%2F%2Fwww.swisscomm

    Et pourquoi pas tout de même de nouvelles centrales ?

    Toutefois, des politiciens issus des rangs du PLR et de l’UDC insistent pour un assouplissement de l’interdiction de construire de nouvelles centrales. Le site d’enfouissement définitif pèse sur ce nouveau débat : face aux coûts colossaux du projet – estimé à 20 milliards de francs – on se demande si l’électricité nucléaire, tout compte fait, est réellement bon marché. Les centrales nucléaires doivent en effet alimenter elles-mêmes le « #fonds_de_désaffection » qui financera la construction du site – et répercuter bon gré mal gré cette dépense sur le prix de l’électricité. L’argument selon lequel de nouvelles centrales pourraient réduire notre dépendance énergétique vis-à-vis de la Russie belligérante relève plutôt de la pensée à court terme, car les centrales nucléaires suisses actuelles fonctionnent en grande partie grâce à l’uranium importé de Russie.

    https://www.swisscommunity.org/fr/nouvelles-et-medias/revue-suisse/article/la-suisse-veut-enfouir-ses-dechets-atomiques-pour-des-millenaires

    Comment trouver un site pour un dépôt nucléaire ? (par la Nagra)
    https://www.youtube.com/watch?v=I7VI4f59hgk&t=3s

    #nucléaire #déchets_nucléaires #Suisse #enfouissement #radioactivité

  • So unterschiedlich wächst die Einwohnerzahl in den Berliner Bezirken
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/so-unterschiedlich-waechst-die-einwohnerzahl-in-den-berliner-bezirk

    13.12.2022 von Ulrich Paul - Die aktuelle Bevölkerungsprognose gibt Auskunft darüber, wie sich Berlin entwickelt. Die Vorhersage zeigt laut BUND, dass zu viele Wohnungen geplant werden.

    Berlin wächst weiter, doch von Bezirk zu Bezirk unterscheidet sich der Anstieg der Einwohnerzahl mitunter erheblich. Das geht aus der aktuellen Bevölkerungsprognose zur Entwicklung in den zwölf Bezirken hervor, die am Dienstag im Senat auf Vorlage von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) beschlossen wurde.

    Danach steigt die Einwohnerzahl in Pankow von 2021 bis 2040 um rund 37.000 Menschen. Das entspricht einem Wachstum von neun Prozent. In Treptow-Köpenick zieht die Einwohnerzahl zwar ebenfalls um neun Prozent an, doch aufgrund der geringeren Ausgangszahl entspricht dies in absoluten Zahlen „nur“ einem Zuwachs um 25.300 Menschen.

    In Mitte wird ein Anstieg der Einwohnerzahl um 22.900 Menschen erwartet. In Lichtenberg soll die Zahl der Bürger um 19.500 Menschen steigen, in Friedrichshain-Kreuzberg um 18.000, in Marzahn-Hellersdorf um 14.200 und in Spandau um 14.050. Danach folgen Reinickendorf mit einem Plus von 11.350 Einwohnern, Charlottenburg-Wilmersdorf (plus 8800), Tempelhof-Schöneberg (7900) und Neukölln (6400). Den geringsten Anstieg bei der Einwohnerzahl sagt die Prognose für Steglitz-Zehlendorf voraus. Dort ist lediglich ein Zuwachs von 1900 Bürgern zu erwarten.
    Fast vier Millionen Einwohner im Jahr 2040 in Berlin

    „Berlin wächst weiter“, sagte der Stadtentwicklungssenator, „aber mit sehr starken lokalen Unterschieden.“ Allein Pankow wachse in der Größenordnung einer Stadt wie Stendal. „Das bringt viele Herausforderungen mit sich, die wir gemeinsam und in einer stadtweiten Anstrengung lösen müssen.“ Zum Beispiel beim Wohnungsbau, bei der Kita- und Schulversorgung oder beim Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.

    Bereits am 4. Oktober hatte der Stadtentwicklungssenator die Bevölkerungsprognose für ganz Berlin präsentiert. Sie sagt einen Anstieg der Einwohnerzahl von 3,775 Millionen im Jahr 2021 auf 3,963 Millionen im Jahr 2040 voraus. Die Bevölkerungsprognose stützt sich auf Erkenntnisse von Experten aus Wissenschaft und Praxis und wurde von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Zusammenarbeit mit dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg erarbeitet. Drei Varianten wurden dabei erarbeitet. Für die weitere Planung orientiert sich der Senat an der mittleren Variante, weil sie die weitere Entwicklung „mit der höchsten Wahrscheinlichkeit“ abbilde. Im Jahr 2030 sollen in Berlin demnach 3,909 Millionen Menschen leben.

    Der Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) zieht auf Grundlage der Bevölkerungsprognose die bisherige Neubauplanung in Zweifel. Wie berichtet, plant der Senat den Bau von 200.000 Wohnungen bis zum Jahr 2030. Diese Zahl ist laut BUND aber zu hoch. Bei einem für Berlin erwarteten Bevölkerungsstand von 3,909 Millionen Menschen im Jahr 2030 müssten bei einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von 1,75 Personen bis dahin insgesamt 143.727 Wohneinheiten neu errichtet werden, rechnet der BUND vor. Aber nicht 200.000.
    BUND: Bis 2040 werden 184.584 Wohnungen benötigt

    Im gesamten Prognosezeitraum bis 2040 müssten insgesamt 184.584 neue Wohnungen gebaut werden, wenn in 18 Jahren wie erwartet 3,963 Millionen Menschen in der Hauptstadt wohnen. Eingerechnet sei sogar der durch Abrisse oder Umbauten von der Senatsverwaltung angenommene Abgang von 1000 Wohneinheiten jährlich.

    #Berlin #Stadtentwicklung #Stadtplanung #Demographie #Wohnen