• Stadtentwicklung in Berlin: Aufwertung verhindert
    https://taz.de/Stadtentwicklung-in-Berlin/!6080627

    23.4.2025 von Marie Frank - Die Erweiterung eines Milieuschutzgebiets in Berlin-Kreuzberg macht den Abrissplänen eines Investors einen Strich durch die Rechnung. Gegen den wurde Haftbefehl erlassen.

    Plattenbauten Hafenplatz Köthener Straße
    Rund um den Hafenplatz in Berlin-Kreuzberg wird ein hohes bauliches Aufwertungspotenzial vermutet   Foto: Jürgen Ritter/Imago

    Berlin taz | Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat beschlossen, das Milieuschutzgebiet „Kreuzberg-Nord“ um den Hafenplatz und Umgebung zu erweitern. In dem Bereich zwischen Schöneberger Straße, Askanischem Platz und Stresemannstraße „wird ein hohes bauliches Aufwertungspotenzial vermutet“, hieß es zur Begründung. Ob daraus auch Aufwertungsdruck und Verdrängungsgefahr resultieren, werde derzeit geprüft.

    „Der Hafenplatz und sein Umfeld liegen in direkter Nachbarschaft zum Potsdamer- und Leipziger Platz“, so Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne). Daher sei das Gebiet von besonderem Interesse für spekulative Immobiliengeschäfte. Das hätten auch die Bestrebungen der Eigentümer am Hafenplatz gezeigt, die einen Totalabriss der Wohnsiedlung und maximale Bebauung wollen. Nun sende man „ein klares Signal an den Immobilienmarkt, dass der Schutz der angestammten Bevölkerung vor Verdrängung höchste Priorität hat.“

    Das Unternehmen Hedera Bauwert des Investors Ioannis Moraitis will am Hafenplatz 400 Plattenbau-Wohnungen aus den 1970er Jahren abreißen und 900 Wohnungen sowie Gewerberäume errichten. Moraitis ist an zahlreichen Immobilien­projekten beteiligt, viele sind jedoch nicht fertiggestellt. Wiederholt haben Bezirke wegen des Leerstands Zwangsgelder gegen die Hedera-Gruppe festgesetzt. Laut der Antwort des Senats auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg gab es bis 2024 mehr als 130 Verfahren gegen Moraitis, unter anderem wegen unvollendeter Bauprojekte.

    Zudem sollen Baufirmen, Hand­wer­ke­r*in­nen und In­ge­nieu­r*in­nen nicht bezahlt worden sein. Manche von ihnen haben ihr Geld eingeklagt, gegen Moraitis wurde daher am 11. April ein ziviler Haftbefehl erlassen. Der 42-jährige Bauunternehmer war zuvor nicht zu einem Termin erschienen, bei dem er über sein Vermögen Auskunft geben sollte.

    Bezirk hat andere Pläne

    Wie es mit dem Hafenplatz weitergeht ist unklar. Derzeit wird geprüft, ob die Voraussetzungen für ein Milieuschutzgebiet vorliegen, das Ergebnis wird ab Oktober erwartet. Bis dahin müssen bauliche Änderungen genehmigt und können zurückgestellt werden. „Mit dem Aufstellungsbeschluss ist ein Abriss der Wohnsiedlung somit nahezu ausgeschlossen“, so ein Sprecher des Bezirksamtes zur taz. Die Hedera sieht das anders: Für die Entwicklung des Hafenplatzes würden weiterhin „alle Optionen auf dem Tisch liegen“, so eine Sprecherin zur taz.

    Der Bezirk will den Hafenplatz hingegen „behutsam nachverdichten“ und erarbeitet derzeit einen städtebaulichen Rahmenplan. Der sieht vor, dass gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen Grundstücke und Immobilien kaufen, auch per Vorkaufsrecht.

    #Berlin #Kreuzberg #Hafenplatz #Köthener_Straße #Stadtentwicklung #Immobilien #Spekulation #Verwaltung

  • Stadtentwicklung in Berlin: Hafenplatz soll bleiben
    https://taz.de/Stadtentwicklung-in-Berlin/!6076213

    Abriss und Neubau oder Sanierung? Eine neue Initiative will die Pyramide in Friedrichshain-Kreuzberg erhalten und zum Symbol für die Bauwende machen.
    70er Jahre Bau in Kreuzberg
    Ein Gebirge von Wohnungsbau: Die Pyramide in Kreuzberg   Foto: Initiative Offene Mitte Berlin

    30.6.2025 von Uwe Rada -Stadtentwicklung in Berlin: Hafenplatz soll bleiben

    Berlin taz | „Bauwende“ ist ein ziemlich abstrakter Begriff. Nun aber soll das Anliegen, alte Bausubstanz zu erhalten und sozialverträglich zu sanieren, einen symbolischen Ort bekommen. Ein „Modellprojekt für die Bauwende“ fordern in einem offenen Brief über 100 Institutionen, Initiativen und Expertinnen und Experten. Sie wollen die „Pyramide“ am Hafenplatz vor dem Abriss retten.

    „Wir halten den Abriss dieses ikonischen Gebäudes für einen großen Fehler“, heißt es in dem Schreiben, das unter anderem die Präsidentin der Berliner Architektenkammer, Theresa Keilhacker, und Matthias Grünzig von der Initiative Offene Mitte unterzeichnet haben. „Stattdessen bietet das Gebäude große Potenziale für eine behutsame Weiterentwicklung.“ Deshalb solle der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg den Erhalt des Gebäudes in einem Rahmenplan festschreiben.

    Die Pyramide gilt schon seit Langem als Problemimmobilie. 1973 nach Entwürfen von Helmut Ollk im Geist der Nachkriegsmoderne gebaut, beherbergt sie 363 Appartments und 55 Wohnungen. 89,9 Prozent der Anteile hat 2020 die Immobilienfirma Hedera Bauwert mit ihrem Geschäftsführer Ioannis Moraitis gekauft. Bis heute haben die Behörden nicht geklärt, ob hinter dem Kauf ein so genannter Share-Deal steckte, bei dem der Staat um die Grunderwerbssteuer gebracht wird.
    Neubau als „Kulturhafen“

    Seit dem Erwerb durch Hedera mehren sich die Klagen der Bewohnerinnen und Bewohner über eine zunehmende Verwahrlosung des Komplexes. Tatächlich ist es das Anliegen der Hedera, die fast 400 Wohnungen abzureißen und stattdessen einen „Kulturhafen“ mit 900 Wohnungen zu errichten. Mit ins Boot will sich Moraitis die landeseigene Gewobag holen. 274 Wohnungen davon sollen Sozialwohnungen werden.

    Derzeit liegt der Ball beim Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Der wiederum hat das Büro Asum beauftragt, Szenarien zu entwickeln, wie die derzeitigen Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung geschützt werden können. Darüber hinaus hat die Bezirksverordnetenversammlung das Bezirksamt aufgefordert zu prüfen, ob das Gebäude im Zuge des Vorkaufsrechts übernommen werden kann.

    Doch die Chancen dazu stehen nicht gut. Bereits im September zeigte sich der zuständige Staatssekretär der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung skeptisch. „Nach Ansicht des Senats birgt die aktuelle Eigentümerstruktur keine Entwicklungsmöglichkeiten“, hieß es in der Antwort auf eine Schriftliche Anfrage der Linken-Abgeordneten Niklas Schenker und Elif Eralp.

    Für die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des offenen Briefes geht es aber nicht nur um die Zukunft der Bewohner, sondern auch um Grundsätzliches. „Das Gebäude enthält graue Energie, die bei einem Abriss verloren gehen würde“, heißt es. Darüber hinaus sei die Pyramide „ein herausragendes Zeugnis der West-Berliner Nachkriegsmoderne und deshalb auch baukulturell wertvoll“.

    Eine Sanierung halten die Unterzeichner für machbar. „Eine großflächige Entkernung, die oft die Kosten nach oben treibt, ist nicht notwendig.“ Auch könnten bei einer Weiternutzung als Studentenwohnheim die vorhandenen Grundrisse beibehalten werden.

    #Berlin #Kreuzbefg #Hafenplatz #Stadtentwicklung #Wohnrn #Immbilien

  • Kritik am neuen Gendarmenmarkt in Mitte: „Was für Menschenfeinde waren hier am Werk?“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/kritik-am-neuen-gendarmenmarkt-in-mitte-was-fuer-menschenfeinde-war

    Das heilige Raster: der Gendarmenmarkt in Mitte nach seiner Wiedereröffnung Hannes P. Albert/dpa

    They paved paradise, put up a parking lot .
    Joni Mitchell, Big Yellow Taxi
    https://www.youtube.com/watch?v=ratQlft_G5c

    16.3.2025 von Peter Neumann - Ein Grauen aus Stein und Beton, ökologischer Irrsinn, Stadtglatze: Der Platz ohne Schatten erntet Wut und Spott. Wer trug zu der Misere bei? Nazis, die DDR und ein Linker.

    Anfangs gab es auch Lob. Aber inzwischen ist die Ablehnung einhellig: Der neue, zwei Jahre lang für 21 Millionen Euro sanierte Gendarmenmarkt in Mitte ist ein Desaster. Darin sind sich Politiker, Klimaschützer und alle anderen, die sich in sozialen Medien geäußert haben, einig. Am Sonntag setzte der CDU-Politiker Armin Laschet einen drauf: An der Steinwüste sei eine Politikerin der Grünen schuld, schrieb der Rheinländer bei X (ehemals Twitter). Auch wenn man die Einschätzung teilt, dass eine kahle steinerne Fläche entstanden ist: Die anderen Fakten sollten ebenfalls stimmen. Und da liegen die Dinge im Falle des sanierten Gendarmenmarkts anders, als die Kritiker dies darstellen.

    „Der Tagesspiegel schreibt, dass eine Ex-Senatorin der Grünen diese neue Steinwüste zu verantworten hat“, twitterte Laschet. Er meinte offenbar Regine Günther, während deren Amtszeit als Berliner Verkehrssenatorin angeblich die Planung begonnen hat.

    Festakt zur Wiedereröffnung des Gendarmenmarkts am 13. März 2025: Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister, Franziska Giffey (SPD), Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, und Ute Bonde (CDU), Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, vor der Kulisse des Konzerthauses. Hannes Albert/dpa

    Großzügig schrieb der Landesvorsitzende der CDU Nordrhein-Westfalen, er wolle gar nicht erst versuchen, die Berliner Kommunalpolitik zu verstehen. „Aber: Warum hat man zur Kaiserzeit im Jahr 1900 mehr Grün geplant als Grüne 2025?“ Frühere Bilder zeigen Rasen, Blumen und mehr Bäume als heute. Was dort passiert ist, sei „weder aus ästhetischen, denkmalpflegerischen noch aus klimaresilienten Gründen zu begreifen“.

    In zwei Jahren Sanierungszeit habe das der Senat in „beeindruckender Weise geschafft, den historischen Gendarmenmarkt durch Umbauten dermaßen zu verschlimmbessern, dass wir uns jetzt über einen Parkplatz im Herzen Berlins freuen dürfen. Bäume waren aus. Stadtplanung als Trauerspiel“, bemängelt Cord C. Schulz bei X. Er leitet das Büro der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Europäischen Parlament.

    „Ich sehe eine hässliche Betonwüste im Stil der 70er-Jahre“

    Auch am anderen Ende des politischen Spektrums erntet der Gendarmenmarkt, den der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU), Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) und Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) am Donnerstag wiedereröffneten, schlechte Rezensionen. Wegner nennt den Platz nach dem Umbau „einen der schönste Platz Berlins und einen der schönsten Plätze Europas“, so Niema Movassat, bis 2021 Bundestagsabgeordneter der Linken. Aber: „Ich sehe nur eine hässliche Betonwüste im Stil der 70er-Jahre. Für paar Bäume war offenbar kein Platz. Ökologischer Irrsinn.“

    „Der umgestaltete Gendarmenmarkt ist ein Grauen aus Stein und Beton. Kein einziger Baum, der Schatten spendet. Was für Menschenfeinde waren hier am Werk?“, fragt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Fridays for Future Berlin fragt Kai Wegner, ebenfalls bei X: „Am Gendarmenmarkt sind noch Bäume zu sehen!! Sagt mal, hackt’s bei ihnen?? Da könnte man gleich ZWEI PARKPLÄTZE stattdessen bauen. Autofahrer werden diskriminiert!“ Berlin zeige mit der „Stadtglatze Gendarmenmarkt“ vor allem eines: Wünsche nach Grün und Bäumen zu missachten, meint das Grünen-Mitglied Heinrich Strößenreuther, Organisator des Baumentscheids in Berlin: „Bäume statt Beton. Bäume statt Asphalt. Bäume statt Pflaster.“

    Und so weiter, und so fort. Es sieht so aus, als ob das Projekt gründlich danebengegangen ist.

    Die landeseigene Grün Berlin hatte das Vorhaben, zunächst 1,4 der 1,9 Hektar großen Platzfläche am Konzerthaus, dem Deutschen und dem Französischen Dom zu sanieren, unter seine Fittiche genommen. Der Entwurf stammt vom Büro Rehwaldt Landschaftsarchitekten Dresden und PST GmbH, Werder/Havel.

    Vieles, was entstand, ist von oben nicht sichtbar. So wurden sechs Wasserspeicher („Rigolen“) gebaut, die bei Starkregen Feuchtigkeit sammeln und langsam in den Boden sickern lassen. Weil auf dem Gendarmenmarkt wie bisher wieder viele Veranstaltungen stattfinden sollen, wurde im Untergrund jede Menge neue Infrastruktur geschaffen: 850 Meter Wasserrohre, 265 Meter Fernwärmeleitungen, drei Kilometer Stromkabel. Auf dem Platz gibt es je 27 Anschlüsse für Schmutz- und Trinkwasser sowie 29 für Strom.

    Die Kritiker stören sich eher daran, wie die Platzoberfläche aussieht. 14.000 Quadratmeter präsentieren sich wie vorher wieder als fast durchgehend gepflasterte, steinerne Fläche. Platten und Steine aus schlesischem Granit, Kleinpflaster aus Basalt wohin man schaut – dazu Sitzgelegenheiten, Poller und anderes Betonmobiliar. Die Planer haben ein Stück des zu DDR-Zeiten verlegten Pflasters erhalten: Kleinpflaster aus Natur- und Betonstein. Viele Bäume blieben stehen, aber es wurden auch welche gefällt.

    So sind die Kugelahornbäume, die einst die Südostecke verschatteten, nicht mehr da. Drei neue Bäume wurden dort gepflanzt: große Japanische Schnurbäume (Sophora japonica), die gegenüber Hitze, Trockenheit und Abgasen extrem tolerant seien, wie die landeseigene Grün Berlin betont. Mit einer ausladenden Krone von zwölf bis 18 Metern sind sie gute Schattenspender.

    Der Tagesspiegel schreibt, dass eine Ex-Senatorin der Grünen diese neue Steinwüste zu verantworten hat. Will gar nicht erst den Versuch machen, Berliner Kommunalpolitik zu verstehen, aber: Warum hat man zur Kaiserzeit im Jahr 1900 mehr Grün geplant als Grüne 2025? Es ist weder… https://t.co/6QbKymAeKL pic.twitter.com/hutmsUrTqF
    — Armin Laschet (@ArminLaschet) March 16, 2025

    Viel Stein, wenig Bäume: Was soll man davon halten? Viele Städte, auch Berlin, entsiegeln Straßen- und Platzbereiche. Bäume werden gepflanzt, damit sich die Städte in den heißen Sommern, die im Zeichen der Erderhitzung erwartet werden, nicht noch stärker aufheizen. Und dann entsteht so ein Platz wie der Gendarmenmarkt neu? Obwohl: Die steinerne Umrahmung des Schlosses wirkt ebenfalls unwirtlich.

    Ja, es ist irgendwie peinlich! Ja, es ist eine Diskussion, die geführt werden muss. Aber dann richtig! Auf dem Gendarmenmarkt entstanden keine Parkplätze, er ist weiterhin den Fußgängern gewidmet. Schuld an der Gestaltung sind auch nicht die Grünen.

    Stattdessen haben die Nazis, die DDR und ein Kultursenator der Linken Aktien darin, dass der Platz wieder so aussieht, wie er vorher schon aussah. Die Vorplanungen begannen unter dem rot-roten Senat, den Klaus Wowereit zwischen 2006 und 2011 anführte. In diese Zeit fiel auch das Bürgerforum, bei dem 2011 die wichtigsten Grundentscheidungen festgezurrt wurden. Selbst Kai Wegner hätte das alles nicht rückgängig machen können.

    Blumenbepflanzungen ausgestatteter Schmuckplatz

    Aber eines nach dem anderen: In der Tat hatte der Gendarmenmarkt, der in einigen Abschnitten bis 1886 noch als Marktfläche diente, jahrzehntelang grüne Elemente – Rasen, Blumenrabatten, Springbrunnen, mehr Bäume als heute. „Ab 1871 erfolgte eine erste gärtnerische Ausgestaltung des 1684 entstandenen, bis dahin gepflasterten Platzes im Zusammenhang mit der Aufstellung des von Reinhold Begas geschaffenen Schiller-Denkmals vor dem Schauspielhaus“, heißt es in einem Bericht des Landesdenkmalamts. „1893/94 erstellte der damalige Stadtgartendirektor Hermann Mächtig erstmals einen Entwurf für die gärtnerische Ausgestaltung des gesamten Platzes.“

    Vor dem Schauspielhaus, dem heutigen Konzerthaus, entstand ein auf die großzügige Freitreppe ausgerichteter Zugangsbereich mit dem Schillerdenkmal in der Mitte, der von einem ornamentierten Pflasterband gerahmt und von zwei lang gestreckten Rasenspiegeln gefasst wurde. „Dieser repräsentative Vorplatz wurde ergänzt durch die Einbindung der Kirchen in jeweils auf allseits und zügige Durchwegung abgestimmte Grünanlagen. Lang gestreckte linsenförmige Rasenteppiche mit höhenmäßig abgestuften Gehölzgruppen umgaben die Dome. Nach der Ausgestaltung präsentierte sich der Platz als typischer, mit reichen Blumenbepflanzungen ausgestatteter Schmuckplatz des ausgehenden 19. Jahrhunderts, der die repräsentative Wirkung der Baulichkeiten steigerte“, fassten die obersten Berliner Denkmalpfleger zusammen.

    Die Nazis machten den Gendarmenmarkt zum Aufmarsch- und Parkplatz

    Das änderte sich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. „1936 wurde anlässlich der Olympiade die Beseitigung der Vegetationsflächen vor dem Schauspielhaus sowie des Schillerdenkmals veranlasst, um eine einheitliche gerasterte Fläche anzulegen, die fortan als Aufmarsch- und Parkplatz diente“, so der Bericht.

    Dieses Raster tauchte auch in den Planungen zu DDR-Zeiten auf, als die im Zweiten Weltkrieg größtenteils zerstörte Platzanlage neu entstand. So ist in den Unterlagen zu einer Studie von 1976 eine quadratische Rasterstruktur des Platzes wieder deutlich erkennbar. „Interessanterweise zieht sich das Gestaltungsmittel des Quadratrasters, das für den Gendarmenmarkt zunächst in einer Planung der 1930er-Jahre aufkommt und 1935/36 nur auf der Fläche vor dem Schauspielhaus als Aufmarschplatz realisiert wurde, durch alle Planungsdokumente der Nachkriegszeit“, stellt das Landesdenkmalamt fest.

    Linken-Politiker wollte das postmoderne Erbe der DDR erhalten

    Genau dieses Raster ist nun mehr oder weniger sakrosankt – genauso wie die großräumige Pflasterung und der Verzicht auf Entsiegelung. Denn 2021 vollzog der damalige Kultursenator Klaus Lederer, was schon lange absehbar war. „Aufgrund ihrer geschichtlichen, künstlerischen sowie städtebaulichen Bedeutung hat das Landesdenkmalamt Berlin die Bauten und die Platzgestaltung der 1980er-Jahre des Gendarmenmarkts unter Denkmalschutz gestellt“, teilte die Kulturverwaltung mit. Der Gendarmenmarkt, wie er sich heute präsentiert, sei „mit all seinen Elementen ein hervorragend überliefertes Zeugnis eines städtebaulichen Großprojektes der DDR“.

    Die 1976 begonnenen und bis in die 1980er-Jahre ausgeführten Planungen umfassten den Wiederaufbau des Konzerthauses und der beiden Dome, die Neugestaltung der gesamten Freifläche und die Rückgewinnung des Platzraumes durch hochwertig gestaltete Neubauten. Der Platz und seine bauliche Einfassung bildeten das umfangreichste Bauprogramm zur Wiedergewinnung und Neuinterpretation eines historisch bedeutsamen Platzes in der Hauptstadt der DDR. „Auch dieses Erbe muss bewahrt werden“, sagte Lederer. „Der Gendarmenmarkt ist schließlich der bedeutendste Platzraum der Postmoderne in der DDR!“ Er muss in dieser Form erhalten bleiben.

    Stadtrat: Ein Platz, viele Nutzungen – das erfordert Kompromisse

    Die Planer hatten es schon kommen sehen und sich stets am DDR-Status-Quo orientiert. Die Vorbereitungen für das Sanierungsprojekt begannen, als die Grünen in Berlin noch in der Opposition waren. „Die Vorarbeiten für die heutige Gestaltung laufen seit 2009, damals noch unter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung“, ruft Christopher Schriner, Bezirksstadtrat für öffentlichen Raum in Mitte, in Erinnerung. Damals war Ingeborg Junge-Reyer (SPD) Senatorin. Auch das Bürgerforum fiel in ihre Amtszeit, dann übernahm Michael Müller den wichtigen Posten in der Landesregierung. Die Grünen kamen erst 2016 in den Senat. Da waren die Vorbereitungen größtenteils abgeschlossen.

    Die Notwendigkeit, Bäume zu fällen, ist auf technische Anforderungen zurückzuführen, heißt es bei Grün Berlin. „Der Platz wird, zur Herstellung der Barrierefreiheit, abgesenkt, unter den Bäumen liegt teilweise ein U-Bahn-Tunnel.“ Stadtrat Schriner erinnerte daran, dass der Gendarmenmarkt viele Funktionen hat – und dazu gehöre auch, als eine der wenigen weitläufigen Flächen im historischen Zentrum für Großveranstaltungen wie Classic Open Air oder den Weihnachtsmarkt zu dienen. „Nicht jeder Platz kann alles leisten. Die Entscheidung, hier bestimmte Veranstaltungen möglich zu machen, schließt andere Funktionen aus – wie zum Beispiel eine aktive Kühlung durch Entsiegelung und Begrünung. Denkmalschutz kommt dann auch noch mit rein.“

    Werden wir hier eine hohe Aufenthaltsqualität bei hohen Temperaturen haben? „Ja“, antwortet der Grünen-Politiker. „Aber nicht für einen langen Aufenthalt und zu jeder Tageszeit.“ Das entspräche auch nicht der bisherigen Nutzung. „Der Gendarmenmarkt ist keine Grünanlage für die tägliche Naherholung der angrenzenden Bevölkerung. Dafür gibt es andere und bessere Orte – wie den nahen Lustgarten, den WBM-Jugendpark oder den Monbijoupark. Abends wird es aber auch am Gendarmenmarkt sehr schön und angenehm sein. Und im Norden haben wir noch einen unsanierten Teil, der wesentlich mehr Grün hat und auch in Zukunft haben wird, wenn wir die Neugestaltung angehen.“

    Dort stehen die Kugelahornbäume aus DDR-Zeiten noch.

    #Berlin #Mitte #Gendarmenmarkt #Architektur #Stadtentwicklung

  • Wohnhäuser und die Mercedes-Benz-Arena sollen Güterbahnhöfen weichen
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/wohnhaeuser-und-die-mercedes-benz-arena-sollen-gueterbahnhoefen-wei

    Eine Utopie in Form einer Modelleisenbahn: Adam Page (l.) und Wolfgang Richter mit einem Exponat der Ausstellung „The Last Mile“ im SPD-Haus in Wedding Peter Neumann/Berliner Zeitung

    27.2.2023 von Peter Neumann - Eine Ausstellung in Berlin provoziert mit brachialen Ideen. Doch sie basiert auf einer klaren Analyse: Der Güterverkehr muss zurück zu den Anfängen.

    Was ist denn mit dem Park am Gleisdreieck passiert? Wo heute noch Ball gespielt und gejoggt wird, ist ein Güterzug aus China vorgefahren. Ein Portalkran fängt damit an, die Container abzuladen. Ein Teil des Rasens ist schon weggebaggert, im Hintergrund werden Wohnhäuser am Rand des Parks abgebrochen, damit noch mehr Platz für den Güterumschlag entsteht. So könnte der heutige Park im Jahr 2030 aussehen. Es ist eine ungewöhnliche Zukunftsvision, die jetzt in einer Ausstellung in Berlin zu sehen ist.

    „Schluss mit dem Park. Das Gelände in Kreuzberg muss zurückgewonnen werden für den Güterverkehr“, sagt Adam Page. Der britische Künstler, der seit vielen Jahren in Berlin lebt, hat das Aquarell zusammen mit Eva Hertzsch gemalt. „Wir schlagen vor, ehemalige Güterbahnhofstandorte in Berlin wie den heutigen Park am Gleisdreieck wieder zu nutzen. Dort bekommt die Versorgung der Stadtteile mit Lebensmitteln Priorität über den Freizeitwert“ – diesem Wunsch soll das Bild Ausdruck verleihen. Dem Mauerpark, der auf dem alten Güterbahnhof der Nordbahn entstand, soll es genauso ergehen.

    „The Last Mile – Güterversorgung nach dem Dieselverbot“: So heißt die Ausstellung, die bis Mitte August im August-Bebel-Institut in der Müllerstraße zu sehen ist. Der Titel weist in die Zukunft, in der Dieselfahrzeuge Berlin nicht mehr beliefern dürfen und in der die Versorgung anders ablaufen sollte als heute: dezentral, klimafreundlich, mit der Bahn als Rückgrat. Aber die Ausstellung erinnert auch an die Vergangenheit.

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    „Radwege haben es auf die politische Agenda geschafft“ – Güterzüge nicht

    Im hinteren Bereich der kleinen Schau im SPD-Haus in Wedding gilt es ein weiteres Bild zu entdecken und zu studieren. Es ist ein Plan der Gleisanlagen in der Berliner Innenstadt. Schwarze Linien zeigen, wo sich einst die Bahnhöfe für Güter und für Menschen befanden. Mit roter Farbe ließen Adam Page und Eva Hertzsch die alten Umschlagplätze wieder auferstehen – als moderne Güterverkehrszentren (GVZ). Auf ihrer Zeichnung heißt ein Standort „ehemaliger Mauerpark“, ein anderer „ehemalige Mercedes-Benz-Arena“. Auch der Park am Westkreuz, der Naturpark Südgelände oder Bereiche der Stadtautobahn A100 sollen 2030 wieder der Güterversorgung dienen.

    „Güterverkehrszentrum Park am Gleisdreieck (2030)“: So heißt das Aquarell von Eva Hertzsch und Adam Page. Ein Güterzug hat Container aus China gebracht. Für den wiedereröffneten Umschlagplatz wurde schon Rasen entfernt, im Hintergrund werden Wohnhäuser abgerissen.

    „Güterverkehrszentrum Park am Gleisdreieck (2030)“: So heißt das Aquarell von Eva Hertzsch und Adam Page. Ein Güterzug hat Container aus China gebracht. Für den wiedereröffneten Umschlagplatz wurde schon Rasen entfernt, im Hintergrund werden Wohnhäuser abgerissen.Eva Hertzsch/Adam Page, Berlin

    Eine Utopie? Auf jeden Fall eine Provokation, sagt Page. In den vergangenen Jahren wurde viel über die Erderhitzung und den Klimaschutz diskutiert. Wissenschaftler, Politiker und Planer haben Schlüsse daraus gezogen. „Radwege haben es auf die politische Agenda geschafft“, so der 56-Jährige. „Auf den Güterverkehr trifft das nicht zu.“ Als wäre er ein schmutziges Geschäft, von dem man besser die Finger lässt. Dabei trage die Art, wie Berlin und viele andere Städte versorgt werden, zur globalen Krise bei. Wer Klimapolitik und die Mobilitätswende ernst nimmt, sollte darüber nachdenken – auch wenn die Konzepte nicht unbedingt zum Abriss von Wohnungen führen müssten.
    Mit der Neukölln-Mittenwalder Eisenbahn zum Flughafen BER

    Heute spielt die Eisenbahn bei der Versorgung von Berlin fast keine Rolle mehr. Auch für die „Last Mile“, die letzte Meile von den Güterverkehrszentren vor der Stadt zu Unternehmen und Verbrauchern in der Stadt, sind Dieselfahrzeuge zuständig. „Für die Lkw- und autogerechte Stadt, den geplanten Börsengang der Bahn und für Urban Living mussten 16 Berliner Güterbahnhöfe weichen“, so die Künstler. „Ein innerstädtisches Schienentransportnetz verschwand zugunsten von Parks, Straßen, Gewerbe- und Wohngebieten.“ Die Umwandlung dezentraler Umschlagplätze in Parks wurde als grüner Fortschritt verkauft, doch das stimme nicht, sagen Adam Page und Eva Hertzsch.

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    Zusammen mit Kindern und Jugendlichen haben sie die Gegenwart und Zukunft des städtischen Güterverkehrs erkundet. Mit Schülern einer fünften Klasse der Wolfgang-Amadeus-Mozart-Schule aus Hellersdorf besuchten sie den Containerbahnhof Großbeeren südlich von Berlin. Eine Wand von bemalten Pappcontainern im Maßstab 1:10 zeugt davon. Mit Elftklässlern der Walter-Gropius-Schule aus Gropiusstadt entstand eine Utopie in Form einer Modelleisenbahn. Die Neukölln-Mittenwalder Eisenbahn, auf der heute keine Züge mehr verkehren, wurde zum Herzstück einer Logistikachse, die im Norden bis zum Alexanderplatz und im Süden zum BER reicht.

    „Es ist wichtig, Bewusstsein für das Thema Güterverkehr zu schaffen“, sagt Wolfgang Richter. Der 82 Jahre alte Ruheständler, der zum Leitungsteam des volkseigenen Betriebs Kombinat Autotrans Berlin gehörte, hat die Künstler beraten. Aktive Güterverkehrsprofis, Politiker und Aktivisten waren ebenfalls zu Gast.

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    Auch im Osten von Berlin gab es Infrastruktur, auf der Züge Waren in die Zentren der Stadt brachten, erinnert sich Richter. „Der Containerbahnhof Frankfurter Allee war mit modernster Technik ausgestattet.“ Doch die Anlage bestand nur von 1969 bis 1995. Der Hamburger und Lehrter Güterbahnhof, in dem bis 2003 ebenfalls Container verladen wurden, ist heute überbaut – als Teil der Europacity in Mitte.

    Wer weiß, vielleicht wird sich auch dort das Stadtbild wieder ändern. Die Diskussion ist eröffnet.

    Ausstellung „The Last Mile“ im August-Bebel-Institut, Müllerstraße 163, 13353 Berlin. Bis 17. August 2023, dienstags bis freitags 14 bis 18 Uhr. Eintritt frei.

    #Berlin #Verkehr #Stadtentwicklung #Bahn #Güterbanhnhof

  • Howoge kauft Häuser in Berlin auf: In diesen Bezirken entstehen 7800 neue Wohnungen
    https://www.berliner-zeitung.de/news/howoge-sichert-immobilien-in-diesen-bezirken-entstehen-7800-neue-wo

    Im Jahr 2024 hat die Wohnungsbaugesellschaft Howoge mehr als eine Milliarde Euro in Berlin investiert. Emmanuele Contini

    Ob icke armer Kutscher da wohl unterkomme?

    9.1.1025 - Die Howoge schloss 2024 umfangreiche Immobilienkäufe ab. In Lichtenberg und Treptow-Köpenick entstehen bis zu 7800 neue Wohnungen.

    Die Howoge hat Immobilien und Bauland für 7800 neue Wohnungen in Berlin gekauft. Das teilte die landeseigene Wohnungsbaugenossenschaft mit. Die größte Übernahme, PRIMA Wohnbauten Privatisierungs-Management GmbH, umfasst etwa 4500 Wohnungen. Außerdem wurde die Stadtentwicklungsgesellschaft Buch mbH mit potenziellen Flächen für 1200 Wohnungen erworben. Bei dem Projekt Konnekt/Georg-Knorr-Park in Marzahn sind 1700 geplanten Wohnungen in Planung.

    Neben dem Ankauf im Großbereich Lichtenberg und Treptow-Köpenick umfasst das Portfolio von Howoge auch neue Bauprojekte. So hat Howoge ein Neubauprojekt in Lichtenberg vom Entwickler Bonava übernommen, das auf einem 8000 Quadratmeter großen Gelände entsteht. Die Fertigstellung ist für Mitte 2026 vorgesehen. Auch im Bezirk Marzahn-Hellersdorf wird ein Projekt mit 167 Wohnungen realisiert, bei dem die Entwicklung bereits 2024 begann. Diese Neubauten sollen mindestens zur Hälfte geförderten Wohnraum bieten.

    Darüber hinaus hat Howoge in Treptow-Köpenick ein Projekt mit 45 Einheiten erworben. Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft zählt zu den sechs Unternehmen des Landes Berlin und beabsichtigt nach eigenen Angaben, ihren Wohnungsbestand durch Neubau auf über 100.000 Einheiten zu erweitern.

    Quelle: Howoge

    Bei der Erstellung des Artikels wurden KI-Technologien eingesetzt.

    #Berlin #Lichtenberg #Treptow-Köpenick #Marzahn #wohnen #Stadtentwicklung

  • Verkehrswende in Berlin: Ein Hauch von Neapel
    https://taz.de/Verkehrswende-in-Berlin/!6040036


    „Es ist eine Frage der Zeit, bis hier Ratten auftauchen“, sagt ein Hausmeister aus der Nachbarschaft   Foto: Stefanie Loos

    17.10.2024 von Torsten Landsberg - Die Petersburger Straße soll schöner und sicherer werden. Den Umbau zahlt das Land Berlin, der Bezirk freut sich über einen Beitrag zur Verkehrswende.

    Die Petersburger Straße soll schöner und sicherer werden. Den Umbau zahlt das Land Berlin, der Bezirk freut sich über einen Beitrag zur Verkehrswende.
    „Es ist eine Frage der Zeit, bis hier Ratten auftauchen“, sagt ein Hausmeister aus der Nachbarschaft   Foto: Stefanie Loos

    Berlin taz | Mühsam schiebt ein Mann in Arbeitshose und Schutzschuhen eine große Wertstofftonne über ruckeliges Pflaster. Der Deckel lässt sich nicht mehr schließen, er liegt auf Müllsäcken auf. Die letzte Abholung ist ausgefallen. Immer wieder bleibt die Tonne am Bauzaun hängen, der sich an der Petersburger Straße entlangzieht und einen schmalen Gehweg vom bereits aufgerissenen Bürgersteig trennt.

    Die verbleibenden Meter bis zur nächsten Nebenstraße zieht er die Tonne hinter sich her, dann stellt er sie neben anderen Behältern ab, aus denen der Müll quillt. „Am Telefon hieß es, morgen wird abgeholt“, sagt er. Als Hausmeister betreut er eine Liegenschaft in der Petersburger und eine weitere in einer der angrenzenden Straßen, beide rund 200 Meter entfernt. „Wir werden sehen.“

    Seit rund einem Monat ist die Petersburger Straße in Friedrichshain zwischen Bersarinplatz und Landsberger Allee eine Großbaustelle. Eine Fahrtrichtung ist komplett gesperrt, der Verkehr wird auf die Gegenrichtung umgeleitet. In drei Bauabschnitten soll die Verkehrstangente auf beiden Seiten sichere Fahrradspuren erhalten, neue Bäume sollen gepflanzt und die Parkplätze reduziert werden. Das Senatsprojekt kostet rund 15 Millionen Euro, für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist es ein wichtiger Bestandteil der Mobilitätswende. Die Fertigstellung ist für 2027 geplant.

    Bei Baumaßnahmen dieser Größenordnung macht etwas voreilig der Begriff von Chaos die Runde. Die einen beklagen, ihr Auto nun weiter von der eigenen Haustür entfernt parken zu müssen, andere sind aufrichtig besorgt um ihre Geschäfte. Tatsächlich müssen sich momentan alle Ver­kehrs­teil­neh­me­r:in­nen etwas labyrinthartig fortbewegen, ob zu Fuß, auf dem Rad oder im Auto. Für Menschen, die körperlich eingeschränkt sind, ist die Überquerung der aufgerissenen Petersburger Straße kaum möglich.

    Wollen wir alle eine lebenswertere Stadt und mehr Verkehrssicherheit haben, entstehen auf dem Weg dorthin Hürden, die sich kaum vermeiden lassen. Allerdings gibt es auch solche, denen sich mit etwas Weitsicht vorbeugen ließe. Aber Berlin und Großprojekte, das ist bekanntlich so eine Sache.
    Unerreichbare Sammelstellen

    Der Flächendruck im Viertel ist hoch. Zugeparkte Ecken und Halteverbotszonen in den Nebenstraßen sind seit Jahren die Regel und sowohl Polizei als auch Ordnungsamt bekannt. Parkraumbewirtschaftung gibt es hier nicht, weshalb hier auch Ortsfremde gerne ihre Anhänger oder Wohnwagen abstellen, oft monatelang. Selbst ohne benachbarte Großbaustelle sind Müllabfuhren wegen Platzmangels schon unverrichteter Dinge abgefahren.

    Die Bauarbeiten haben die Lage nicht eben entspannt, mehr als 500 Parkplätze fallen während der Bauzeit weg. Die Fahrzeuge drängen nun in die schon vorher vollen Nebenstraßen. Die Rechnung ist einfach: Wenn wenig Raum ein Problem ist, spitzen mehr Autos auf dem gleichen Raum die Lage zu. Maßnahmen, um den Druck abzumildern und die Zuwegung der Straßen sicherzustellen, wurden nicht getroffen.

    Nun kann eine Debatte über Müll in Berlin schnell spießig wirken, gerade in Friedrichshain, wo es zum guten Ton gehört, vergilbte Matratzen auf der Straße abzulegen. Andererseits zählt die Müllentsorgung zur Daseinsvorsorge und sollte eine gewisse Priorität genießen. Auf die Frage, ob während der Bauzeit Abstimmungen zwischen Senat, Bezirk, Polizei und Müllabfuhren erfolgen, antwortet Michael Herden, Sprecher der Senatsverwaltung für Verkehr, mit Nachdruck: „Ja, natürlich, sehr eng und intensiv.“ Auch Informationen an die Müllabfuhrunternehmen seien vorab erfolgt.

    Die BSR bestätigt das auf Anfrage. Für die Liegenschaften auf der Petersburger Straße seien Sammelstellen am Ende der Nebenstraßen eingerichtet worden. Beim Entsorger Alba, der im Viertel Wertstoff- und Papiertonnen abholt, klingt das anders: „Zu den Baumaßnahmen liegen uns keine Informationen seitens der Senatsverwaltung oder des Bezirksamts vor“, sagt Unternehmenssprecher Matthias Hochstätter. Auch von der Baufirma sei keine Koordination zur Abfallentsorgung erfolgt.

    Um an die Sammelstellen zu kommen, müssen die Fahrzeuge die Nebenstraßen sowieso erst mal erreichen. Weil das momentan Glückssache ist, warten in den angrenzenden Straßen verwaiste Mülltonnen auf ihre Leerung: auf den Gehwegen, zwischen Autos, auf der Fahrbahn, mitten im Fußgängerüberweg einer Ampel. „Es ist eine Frage der Zeit, bis hier Ratten auftauchen“, sagt der Hausmeister aus der Nachbarschaft. Wer will, kann sich beim Anblick an Neapel erinnert fühlen, wo sich der Müll in den 2010er Jahren mehrfach wochenlang auf den Straßen türmte.
    Sackgasse ohne Schild

    Den Verkehrsfluss erschweren weitere Baustellen. Hier wird eine Fassade energetisch saniert, dort ein Dach. In der parallel zur Petersburger verlaufenden Ebertystraße entsteht auf einem Eckgrundstück ein Neubau. Die Fahrbahn ist in eine Richtung gesperrt, die Durchfahrt verboten. Bis vor Kurzem ließ sich die Stelle noch durch eine Nebenstraße umfahren. Die ist jetzt gesperrt, aber niemand hat ein Sackgassenschild aufgestellt.

    Also fahren Autos ein, bis sie nicht weiterkommen und an unübersichtlichen Stellen und auf engem Raum drehen müssen – Fahrrad- und entgegenkommendem Fließverkehr zum Trotz. Manche biegen in die Nebenstraße ab, die keine Wendemöglichkeit bietet, weshalb sie rückwärts wieder rausfahren. Andere ignorieren das Einbahnstraßenschild und fahren einfach durch. Einen Unfall gab es bereits, ein Transporter stieß frontal gegen ein SUV. Keine Baustelle zwingt Verkehrsteilnehmer:innen, Regeln zu missachten. Es schadet aber auch nicht, die Gefahren durch angemessene Beschilderung zu reduzieren.

    Die Zuständigkeiten über das Berliner Straßennetz verteilen sich auf das Land und die Bezirke. Für die Petersburger Straße als Teil der Bundesstraße 96a ist das Land Berlin zuständig. Somit fällt die Sanierung in den Verantwortungsbereich der Senatsverwaltung für Verkehr. Was in den Nebenstraßen passiert, ist eigentlich Bezirkssache – abgesehen von Maßnahmen, die unmittelbar mit der Baustelle zusammenhängen.

    Das Land Berlin als Bauherr hat die bauausführende Firma mit der „Einrichtung der Verkehrsführung während der Bauzeit“ betraut, sagt Sprecher Michael Herden. „Die Organisation vor Ort ist vertragliche Leistung des Auftragnehmers für die Bauhauptleistungen zur Errichtung der neuen Verkehrsanlage.“ Zum Umfang der Leistungen gehöre auch die tägliche Prüfung des reibungslosen Verkehrsmanagements. Mit anderen Worten: Wenn die Baufirma keine Probleme meldet, gibt es auch keine.
    Keine Meldung, keine Probleme

    In Gesprächen, aus denen nicht zitiert werden kann, wird deutlich, dass alle beteiligten Akteure um die Probleme wissen. Nur so wirklich zuständig will niemand sein. Der Bezirk lässt die Frage nach der Kommunikation zum Senat unbeantwortet und verweist an die Senatsverwaltung, die wiederum die Kontrolle der Baustelleneinrichtung an das Unternehmen vergeben hat, das auch für deren Umsetzung verantwortlich war. Ein Behörden-Pingpong, das erahnen lässt, warum der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) die Verwaltungsreform zur Mutter aller Vorhaben erkoren hat.

    Ob diese Reform die aktuellen Probleme verhindert hätte, steht auf einem anderen Blatt. Denn offenbar hakt es nicht nur in der Kommunikation zwischen Senat und Bezirk, sondern auch innerhalb des Bezirksamts. Dort heißt es auf Anfrage, das Ordnungsamt sei über den Beginn der Baumaßnahmen und den daraus resultierenden Kontrollbedarf informiert worden. Mitarbeitende des Ordnungsamts berichten dagegen, sie hätten vom Beginn der Bauarbeiten erst aus der Presse erfahren.

    Anweisungen, die Gegend verstärkt zu kontrollieren, um Zuwegung und Verkehrssicherheit sicherzustellen, gab es laut Bezirks­amt trotz des identifizierten Kontrollbedarfs nicht. Womöglich eine Kapitulation vor der Realität, denn es fehlt an Personal. Im Ordnungsamt ist von einer extrem dünnen Personaldecke die Rede. Zuletzt hätten im Allgemeinen Ordnungsdienst häufig nur zwei oder drei Teams zur Verfügung gestanden, also maximal sechs Leute – wohlgemerkt für ganz Friedrichshain-Kreuzberg, den dichtestbesiedelten Bezirk der Stadt.

    Dabei wäre es ganz einfach, sich abseits der formalen Zuständigkeiten ein Bild von der Lage zu machen. Ein Teil des Bezirksamts – darunter das Büro der Verkehrsstadträtin – liegt direkt am Bersarinplatz, wo die Baustelle beginnt. Und wenn gar nichts mehr hilft, bleibt immer noch das Vorbild Neapel. Dort hatten An­woh­ne­r:in­nen einst die Müllberge aus Protest in Brand gesteckt. Zumindest das Problem mit der Abholung hatte sich damit erledigt.

    #Berlin #Friedrichshain #Verkehr #Peterburger_Straße #Bersarinplatz #Verkehr #Müll #Stadtentwicklung #Verkerhswende

  • Kreuzberg: Ausstellung zum neuen Wohnquartier an der Franz-Künstler-Straße öffnet
    https://www.berliner-zeitung.de/news/kreuzberg-ausstellung-zum-neuen-wohnquartier-an-der-franz-
    kuenstler-strasse-oeffnet-li.2263387

    16.10.2024 - An der Franz-Künstler-Straße in Kreuzberg ist ein neues Wohnquartier für etwa 1000 Menschen geplant. Eine Ausstellung informiert über die geplanten Entwicklungen.

    In Friedrichshain-Kreuzberg wird am Donnerstag, 24. Oktober, von 18 bis 20 Uhr die Ausstellung zur Quartiersentwicklung an der Franz-Künstler-Straße eröffnet. Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) und das Bezirksamt laden alle Interessierten dazu ein, sich im StadtWERKSTATT, auf dem Dragonerareal/Rathausblock, über die geplanten Entwicklungen zu informieren, wie aus einer Mitteilung hervorgeht.

    In den letzten Jahren wurden alle Teilgrundstücke an die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag übertragen, die dort in den nächsten Jahren ein neues Quartier entwickeln möchte. Die Fläche soll zu einem Zuhause für etwa 1000 Menschen mit und ohne Fluchtgeschichte werden. Vorgesehen sind 500 Wohnungen, bis zu 100 Kitaplätze, sowie Grün- und Spielflächen, Einkaufsmöglichkeiten und weitere Nutzungsflächen.

    Die Ausstellung, die vom 29. Oktober bis zum 21. November jeweils dienstags und donnerstags von 17 bis 19 Uhr geöffnet sein wird, bietet Einblicke in das laufende Bebauungsplanverfahren und die bisherigen informellen Beteiligungsformate. Diese Formate haben bereits erste Bedarfe und Wünsche der zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohner erfasst. Interessierte können sich über den Ablauf des Verfahrens und die aktuellen Planungen vor Ort informieren. Die Anmeldung zur Eröffnung ist über die Webseite möglich.

    Quelle: Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg

    #Kreuzberg #Franz-Künstler-Straße #Stadtentwicklung #Wohnen

  • SEZ in Berlin-Friedrichshain: Zwangsräumung läuft aktuell
    https://www.berliner-zeitung.de/news/sez-in-berlin-zwangsraeumung-laeuft-polizei-berlin-leistet-amtshilf

    Das SEZ in Berlin-Friedrichshain: Das Gelände wurde am Dienstag zwangsgeräumt. Markus Wächter

    Byebye #SEZ

    Sport- und Erholungszentrum
    https://www.openstreetmap.org/way/24266185

    (24266185)
    Version #20

    vom Gertichtsvollzieher geöffnet und im Grundbuch auf BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH eingetragen

    Edited about 11 hours ago by Gnurpsnewoel
    Changeset #157336449

    Tags
    addr:city : Berlin
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    wikipedia : de:Sport- und Erholungszentrum
    Nodes : 76 nodes

    1.10.2024 von Christian Gehrke - Nach dem Streit mit dem früheren Eigentümer hat das Land Berlin am Dienstag das SEZ in Friedrichshain zwangsräumen lassen. Unsere Reporter waren vor Ort.

    Das ehemalige SEZ in der Landsberger Allee in Berlin-Friedrichshain wurde am Dienstag zwangsgeräumt. Die Polizei leistete dazu Amtshilfe und war mit 60 Kräften vor Ort. Der Gerichtsvollzieher und die Polizisten trafen gegen neun Uhr ein. Die Räumung dauerte bis etwa 16.30. Die Tür des Gebäudes wurde für die Zwangsräumung aufgeflext. Das Land Berlin darf nach einem langen Rechtsstreit wieder über das Gebäude verfügen. Doch der ehemalige Eigentümer Rainer Löhnitz soll den Zugang zum Gelände verweigert haben, hieß es. Ob Löhnitz auch am Dienstag vor Ort war, ist unbekannt. Gesehen wurde er jedoch weder von der Polizei noch von den anwesenden Pressevertretern.

    Polizeisprecher Martin Halweg sagte auf Anfrage der Berliner Zeitung am Dienstagvormittag: „Es kam zu keiner Gegenwehr oder Störungen, weder im Gebäude noch davor. Der Gerichtsvollzieher konnte das Gelände betreten und seines Amtes walten.“ Weil das gesamte Gebäude mit zahlreichen Räumen 47.000 Quadratmeter sehr groß sei, habe sich die Übernahme durch den Gerichtsvollzieher über mehrere Stunden hingezogen. Auch mehrere Nebengebäude sowie das gesamte Außengelände musste begangen werden, so Halweg.

    „Das Objekt wurde nun vollständig an das Berliner Immobilienmanagement (BIM) übergeben. Ein Sicherheitsdienst übernimmt die weitere Sicherung“, teilte der Sprecher weiter mit.

    Die Polizei Berlin ist am Dienstag mit 60 Leute vor Ort, um die Räumung zu begleiten. Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Viele Erinnerungen hängen an dem früheren Sport- und Erholungszentrum (SEZ) Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Die Schlösser werden teils mit Gewalt geöffnet.Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Ein Facharbeiter flext für den Gerichtsvollzieher und die Polizei die Tür auf. Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Die Polizei begleitet die Zwangsräumung am Dienstag: Trauriges Ende für das frühere DDR-Vorzeigebad Markus Wächter/Berliner Zeitung

    Neben dem Gerichtsvollzieher war die Chefin des BIM, Birgit Möhring, vor Ort sowie frühere Mieter des Gebäudes. Auch Vertreter des Landes Berlin begleiteten die Räumung.

    Viele Menschen im Osten identifizieren sich mit dem früheren Sport- und Erholungszentrum (SEZ). 1981 von Erich Honecker eröffnet, musste es 2002 schließen. Dementsprechend groß war die Trauer bei Menschen, die die Räumung begleiteten. „Schade, dass es abgerissen wird. In den 80ern war ich mal da. Leider ja wie so viele alte DDR-Gebäude. Mir wäre es lieber, sie würden es wieder aufbauen. Gibt ja nur noch wenige solche Orte. Unsereiner wird da ja leider nicht gefragt“, sagte Manfred Kossakowski. Der 65-Jährige arbeitet bei einem Schlüsseldienst und unterstützte die Polizei und den Gerichtsvollzieher bei der Zwangsmaßnahme am Dienstag.
    Wann wird das SEZ in Berlin-Friedrichshain abgerissen?

    Leer stehende Räume des ehemaligen Spaßbades wurden bis zuletzt vermietet. Diese Mieter und SEZ-Fans wehren sich gegen Zwangsräumung mit Petitionen und Demos. Natürlich wollen sie auch einen Abriss, für den es noch keinen Zeitplan gibt, stoppen. Bei der Zwangsräumung am Dienstagmorgen waren jedoch keine Demonstranten zu sehen. Lediglich gegen 14 Uhr kamen knapp 20 Personen eines Unterstützervereines des SEZ, so Polizeisprecher Halweg. „Das war aber keine Demonstration, sie haben sich nur das Geschehen angeschaut und sind dann wieder verschwunden.“ Es sei habe auch keine Ausrufe, Sprechchöre oder Transparente gegeben, so Halweg weiter.

    Das Grundstück in Friedrichshain war 2003 vom Land Berlin unter Mithilfe des damaligen Finanzsenators Thilo Sarrazin an Löhnitz verkauft worden – für einen symbolischen Euro. Das renommierte DDR-Freizeitbad, das nach der Wende jahrelang Verluste machte, war im Dezember 2002 geschlossen worden. Der Käufer wurde damals verpflichtet, bis 2007 wieder einen Badebetrieb im SEZ zu schaffen. Doch irgendwie stockten die Pläne. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit um die Nutzung und einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) verfügt das Land seit vergangenem Jahr nun wieder über das Grundstück. Anfang 2024 wurde bekannt, dass Berlin das Haus abreißen möchte, um Hunderte Wohnungen und eine Schule zu bauen.

    Eine Umsetzung des Bebauungsplans, für den der Abriss des SEZ notwendig ist, bedeute nicht, dass die Geschichte des Ortes negiert werde, heißt es vonseiten des Senats. Es sei eine Studie zur historischen Entwicklung des Standorts erarbeitet worden, die für die Dokumentation der Entwicklung des Bereiches eine Grundlage darstellen könne. Vor dem Abriss des Gebäudes werde deshalb geprüft, ob wesentliche identitätsstiftende Merkmale erhalten werden könnten.

    #Berlin #Friedrichshain #Leninallee #Dimitroffstraße #DDR #Landsberger_Allee #Sport #Stadtentwicklung #Privatisierung #Rekommumalisierung
    #Geschichte

  • Berliner Feuerwehrleute gegen grüne Verkehrspolitik: Die Poller behindern unsere Arbeit!
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berliner-feuerwehr-kritisiert-poller-politik-das-oeffnen-eines-poll

    Taxifahrer sagen das schon seit langer Zeit. Weg mit den Pollern und Einbahnstraßen. Raus aus der Stadt mit privatem PKW-Verkehr. So schafft man Ruhe und Sicherheit.

    2.9.2024 von Andreas Kopietz - Kreuzberg und Mitte: Immer mehr Poller tauchen im Stadtbild auf. Für die Rettung von Menschenleben haben die Straßensperren Konsequenzen.

    Eine Polizeistreife im Funkwagen verfolgt in Kreuzberg einen mutmaßlichen Drogendealer. Er rennt vor dem Polizeiauto weg. An der Falckensteinstraße ist für die Beamten Schluss: Ein Straßenpoller versperrt dem Funkwagen den Weg, der Dealer entkommt. Das sind Szenen, über die Berliner Polizisten immer wieder mal berichten.

    In immer mehr Straßen Berlins – vor allem in Mitte und in Kreuzberg – stehen plötzlich Poller auf den Fahrbahnen. Die von den Grünen regierten Bezirke wollen auf diese Weise den Autoverkehr minimieren. Was für manche Anwohner, etwa jene, die höchstens mal Carsharing nutzen, ein Segen ist, ist für andere ein Fluch. Nicht nur für Geschäftsleute, weil der Lieferverkehr nicht mehr durchkommt. Sondern auch für Polizisten und Rettungswagenfahrer, wenn es darum geht, im Notfall Menschenleben zu retten. Denn plötzlich sind Rettungswege blockiert.

    Ähnlich verhält es sich mit einigen neuen Radwegen, die in Corona-Zeiten plötzlich als Pop-up-Radwege auf die Straßen gebracht wurden. Etwa auf dem Kottbusser Damm und der Kottbusser Straße. Sollte es dort in einem der oberen Geschosse oder im Dach eines Mietshauses brennen, könne die Feuerwehr dort keine Drehleiter aufstellen, berichtet ein Feuerwehrmann.

    Feuerwehr kann nur beraten und nichts anweisen

    Die Feuerwehr kann den Straßenbauämtern der Bezirke nichts anweisen, sondern im Baugenehmigungsverfahren nur beratend tätig werden, wenn sich ein Bezirk wieder eine neue Gestaltungsidee für Straßen überlegt wird.

    Der Kreuzberger CDU-Abgeordnete Timur Husein sieht die Poller kritisch. Er habe mehrmals im Bezirksamt nachgefragt, ob Feuerwehr und Polizei bei den Planungen einbezogen würden. „Doch sie werden nicht involviert“, sagt er. „Bei Schlaganfall oder Herzinfarkt können Sekunden über Leben und Tod entscheiden. Wenn der Fahrer eines Rettungswagens oder Schlaganfall-Mobils aber erst aussteigen muss, um einen Poller aufzuschließen, kostet das Zeit.“

    Auf Anfrage dieser Zeitung, ob es bei der Planung von Pollern im Vorfeld eine Verständigung zwischen Bezirk und Polizei und Feuerwehr gibt, antwortete eine Sprecherin des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg: „Im Prozess der verkehrsrechtlichen Anordnung von Pollern im Fahrbahnbereich erfolgt immer eine Beteiligung der Berliner Polizei.“ Doch im Fall des Kottbusser Damms habe es keine Anhörung gegeben, widerspricht ein Feuerwehrmann.

    Verkehrsstadträtin Gerold (GRÜNE) verengt Köthener & Bernburger Str. (Kreuzberg) ohne Anwohner zu fragen bzw. zu informieren. Dafür weniger Parkplätze und unnötige Radfahrabstellanlagen. Für schlappe 45.000 €. DAS ist typisch GRÜNE Politik. Bei der nächsten Bezirkswahl abwählen! pic.twitter.com/OSUWn72xEk
    — Timur Husein, MdA (@TimurHusein) July 23, 2024

    RTW-Fahrer kennen ihren Bereich. Aber sie fahren auch stadtweit

    Nach den Worten von Manuel Barth von der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft wird die Feuerwehr nur unzureichend in solche Planungen einbezogen – ob bei Radwegen oder bei Pollern. „Unsere RTW fahren zum Einsatzort und wissen nicht, dass sie plötzlich vor einem Poller stehen. Aufschließen ist immer ein Hemmnis.“

    Vinzenz Kasch, Behördensprecher der Berliner Feuerwehr, drückt sich hingegen etwas vorsichtiger aus: „Für uns ist es wichtig, dass die Behörden mit uns sprechen.“ Nach seinen Worten funktioniert das mal mehr, mal weniger gut. Er berichtet von einem Fall aus Mitte: „Unsere Kollegen nutzen Schleichwege, die andere Autofahrer auch nutzen. Plötzlich war da eine Polleranlage, und sie standen davor.“ Mitte habe auch plötzlich eine neue Art der Schließung verwendet, ohne der Feuerwehr Bescheid zu sagen.

    „Das Öffnen eines Pollers kostet Zeit. Manchmal sind zwei Poller zu öffnen“, sagt Kasch. Immer wieder komme es bei Rettungseinsätzen zu leichten Behinderungen. „Die Kollegen in den Feuerwachen kennen meistens ihre Umgebung. Aber wir fahren eben auch stadtweit.“ Probleme gebe es mitunter, wenn es im Bereich einer Pollerreihe zum Brand komme und zum Beispiel eine Drehleiter aufgestellt werden muss. „Dann müssen wir improvisieren“, sagt Kasch.

    „Das Gleiche gilt für Fahrradspuren, die abgepollert sind“, sagt er. Einige hätten Betonschwellen, andere Gummipoller. Kasch empfiehlt deshalb einheitliche Regelungen zu Pollern und Fahrradspuren – „eine einheitliche Lösung, nicht so einen Flickenteppich wie zurzeit“.

    Bei der klimafreundlichen Umgestaltung der Innenstadt haben Bauämter im Grunde vieles zu bedenken: auch solche „Kleinigkeiten“ wie Fahrradbügel auf Gehwegen. Wo mehrere Fahrradbügel nebeneinander einbetoniert sind, kann die Feuerwehr kein Sprungkissen aufbauen, in das sich Menschen im Brandfall aus ihren Wohnungen retten können. „Wir wünschen uns, dass man in all diesen Fragen an die Feuerwehr denkt und gute Kompromisse findet“, sagt Vinzenz Kasch.

    Einen Wunsch hat er allerdings auch an jene Leute, die in den mit Pollern verkehrsberuhigten Gebieten wohnen: „Wir erleben leider häufig, dass Poller genutzt werden, um Fahrräder anzuschließen oder dass Sachen auf Gehwegen abgestellt werden. Diese Bereiche müssen frei bleiben.“

    #Verkehr #Stadtentwicklung #Pollerbü #Feuerwehr

  • Immer breitere Autos verstopfen die Straßen in den Städten
    https://www.telepolis.de/features/Immer-breitere-Autos-verstopfen-die-Strassen-in-den-Staedten-9841863.html

    24.8.2024 von Christoph Jehle -Zunehmende Größe von Autos führt zu Problemen in deutschen Städten. Neben Parkplatzmangel ergeben sich auch Probleme für Müllabfuhr und Lieferdienste.

    Zunehmende Größe von Autos führt zu Problemen in deutschen Städten. Neben Parkplatzmangel ergeben sich auch Probleme für Müllabfuhr und Lieferdienste.

    Die Zeiten, als man für eine autogerechte Stadt die vorhandene Bausubstanz gnadenlos schleifte, um einen möglichst ungestörten Verkehrsfluss durch die Kommunen zu sichern und eher den Fußgängern den Durchgang versperrte als den motorisierten Fahrzeugen, sind zum Glück vorbei. Da werden auch die Hilfeschreie der FDP nicht viel ändern können.

    Die neu zugelassenen Fahrzeuge werden immer wuchtiger. Ein neuer Pkw hat heute eine durchschnittliche Breite von 180,3 Zentimetern. 2001 waren es nur 170,5 Zentimeter. Angeführt wird die europäische Fahrzeugbreite von Deutschland, wo ein möglichst monströses Fahrzeug ein anerkanntes Zeichen für die persönliche Freiheit symbolisiert.

    Im EU-Vergleich sind Autos in Deutschland am üppigsten. Als Extrembeispiel dient das Modell Land Rover Defender aus der indischen Tata-Gruppe, der in nur sechs Jahren um 20,6 Zentimeter breiter wurde.

    Die regelmäßige Leerung von Restmüll-, Biomüll-, Altpapier- und gelben Tonnen sorgt für zunehmend artistischen Bedarf bei den Fahrern der einschlägigen Sammelfahrzeuge. Dazu kommen noch die Lieferfahrzeuge, welche den Onlinehandel bedienen. Da geben sich DHL, UPS, GLS, DPD, Hermes und Amazon eine regelmäßiges Stelldichein als Verkehrsblocker.

    Neben den zahlreichen SUVs am Straßenrand sorgen auch die zunehmende Zahl von Wohnmobilen für ärgerliche Einschränkungen und Behinderungen des ÖPNV, der immer wieder bei der Durchfahrt behindert wird und so seinen Fahrplan nicht mehr einhalten kann.
    Alternativen für Anlieferung und Abholung

    Der Marktführer im Onlinehandel, der vor wenigen Jahren auch beträchtliche Teile der Auslieferung von DHL abgezogen hat und einen eigenen Lieferdienst mit kostengünstigeren Subunternehmern etabliert hat, geht inzwischen dazu über, seine Kunden dazu zu motivieren, ihre Sendungen beim örtlichen Handel selbst abzuholen. Dies nehmen diese gerne an, weil die Lieferungen sonst oft einfach am Straßenrand abgeworfen werden und der Empfänger erst verspätet benachrichtigt wird.

    Zudem kommen inzwischen in Orten mit günstiger Topografie auch moderne Lastenräder mit geräumigen Lastenanhängern zum Einsatz, die mit ihrer abnehmbaren, 1,7 Kubikmeter großen Box deutlich größer sind, als die Lastenfahrrädern für den Transport des Nachwuchses in die Kita.

    Mit einem Leergewicht von nur 135 Kilogramm und einem maximalen Gesamtgewicht von 350 Kilogramm sowie bei Bedarf mit einer Unterstützung des 250-Watt-Elektromotors und beim Losfahren einer Leistung von 1.000 Watt, sind diese Lastenräder geeignet, um im normalen Verkehr mitzuschwimmen.

    Bei der Abholung des Mülls haben die Fahrzeughersteller inzwischen die Zeichen der Zeit erkannt. Nachdem bei der Stadtreinigung schon seit mehreren Jahren kompakte Geräte Einzug gehalten haben, kommen nun zunehmend auch Müllsammelfahrzeuge mit kleinerer Spur zum Einsatz.

    Diese fassen dann oft weniger Material und müssen öfter zwischen ihrem Sammelgebiet und der Müllverbrennung oder der Müllsammelstation pendeln. Das ist inzwischen kein logistisches Problem mehr im Gegensatz zu den Fehlwürfen von verschiedenen Lithiumbatterien und Einweg-E-Zigaretten, welche vielfach dazu führen, dass Müllsammelfahrzeuge Feuer fangen und ausbrennen.

    Um derartige Fehlwürfe zu reduzieren, sind die Sammelfahrzeuge inzwischen zunehmend mit Elektronik zur Identifizierung solcher Fehlwerfer ausgestattet, die diese dann Grundstücks-genau dokumentieren können, um die Brandverursacher zur Verantwortung ziehen zu können.
    Nicht nur die SUVs gehen in die Breite

    Neben dem Trend zu SUVs und Pick-ups mit einer Breite von mehr als 200 Zentimetern, machen sich auch viele Standardfahrzeuge auf öffentlichen Verkehrsflächen breit. Private Garagen auf dem heimischen Grundstück sind inzwischen für viele der aktuellen Fahrzeuge zu klein und steigern den Flächenverbrauch am Fahrbahnrand.

    Vor vielen Jahren war das Parken im öffentlichen Raum noch die Ausnahme. Bis in die 1960er-Jahre war hierzulande die Zulassung für ein Auto explizit an den Besitz eines privaten Stellplatzes gekoppelt. So wie es heute noch in Japan Pflicht ist. Erst ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1966 legalisierte das bis heute gängige Laternenparken.

    Im Jahr 1957 entschloss sich ein Bremer Kaufmann, seinen Lieferwagen über Nacht einfach in der Nähe seiner Wohnung am Straßenrand abzustellen. Und dies, obwohl das damalige Gesetz verlangte, dass dies auf einem privaten Stellplatz erfolgen müsse.

    Der Falschparker zeigte sich uneinsichtig, parkte erneut am Straßenrand und strengte einen Rechtsstreit an, der vom Bundesverwaltungsgericht entschieden wurde. Der Kaufmann bekam Recht und durfte seinen Lieferwagen auf dem öffentlichen Parkraum abstellen.

    Inzwischen gilt das Recht zum Abstellen von Lieferwägen am Straßenrand jedoch vielfach nur noch mit einer kommunalen und zeitlich befristeten Sondergenehmigung für Handwerker.

    Da es vielen Bürgern an der notwendigen Einsicht fehlt, machen sich lokale Gemeindevollzugsdienste auch auf dem Lande breit. Auch Parkplätze von Discountern werden zunehmend mit kamerabestückter Parkraumüberwachung ausgestattet, welche ein Überschreiten der zugestandenen Parkdauer gnadenlos ahnden.

    #Verkehr #Stadtentwicklung #PKW #LKW #Kfz

  • Berlin: Bund reißt Westendbrücke auf A100 in Charlottenburg ab
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-bund-reisst-westendbruecke-auf-a100-in-charlottenburg-ab-li.


    So soll die Stadtautobahn in Charlottenburg künftig aussehen. Der Blick nach Süden zeigt in der Mitte links die neue Westendbrücke, die in diesem Bereich die Ringbahn überspannt. Vorn befindet sich die Spandauer-Damm-Brücke mit dem S-Bahnhof Westend, rechts der Luisenfriedhof II.

    5.6.2024 von Peter Neumann - Die Autobahnbrücke in Charlottenburg gilt seit langem als marode. Jetzt liegen die Pläne für den Neubau aus. Bürger fordern, die Straßenschlucht zu deckeln.

    Die Stadtautobahn wird im Westen von Berlin zur Großbaustelle. Als erstes von mehreren Projekten wird die Westendbrücke, auf der die A100 die Ringbahn überquert, abgerissen und neu gebaut. Die Pläne, die bis 28. Juni öffentlich einsehbar sind, zeigen detailliert, was dieses Projekt für Autofahrer und Anwohner bedeuten wird. Immer wieder fordern Berliner, die Autobahn zu deckeln und die Straßenschlucht unter Parks und Wohnhäusern verschwinden zu lassen. Doch die Planer wollen den Stadtring auch auf diesem Abschnitt nicht einhausen. Sie erklären, warum sie die Forderung nicht erfüllen.

    Für alle, die regelmäßig auf der A100 unterwegs sind, kommt es in den nächsten Jahren dicke. Das Dreieck Funkturm, an dem die Avus auf den Stadtring stößt, wird acht Jahre lang umgebaut. Sechs Jahre soll der Abriss und der Neubau der Rudolf-Wissell-Brücke dauern, die das Spreetal überspannt. Nicht ausgeschlossen, dass die Arbeiten 2025 beginnen. Damit nicht genug: Die A111, die sich in Richtung Tegel anschließt, muss von Grund auf saniert werden und wird ebenfalls Großbaustelle – ab 2026 acht Jahre lang.

    Die bange Frage lautet: Wie lange hält die Westendbrücke noch durch?

    Im Vergleich dazu mutet das Projekt der bundeseigenen Autobahn GmbH, für das jetzt das Planfeststellungsverfahren begonnen hat, klein an. Aber auch der Ersatzneubau Westendbrücke, wie es offiziell heißt, hat es in sich. Der Platz ist beschränkt, links und rechts ragen Stützwände auf. Es ist eine Operation an mehreren Schlagadern des Berliner Verkehrs. So ist die A100 eine der am stärksten belasteten Autobahnen Deutschlands; 2019 wurden in 24 Stunden fast 174.000 Kraftfahrzeuge gezählt. Die Kapazität werde täglich mehrfach erreicht oder überschritten, so die Planer. Die S-Bahn-Gleise auf dem Ring werden ebenfalls stark frequentiert. Daneben verlaufen zwei Gleise für andere Züge.


    Auf der Rudolf-Wissell-Brücke, die nicht weit von der Westendbrücke entfernt ist, überquert die A100 die Spree in Charlottenburg. Sie soll abgerissen und neu errichtet werden. Baubeginn: nicht vor 2025. Paul Zinken/dpa

    Dass dieser 500 Meter lange Teil der Stadtautobahn voraussichtlich als erster in Angriff genommen wird, hat einen ernsten Grund. Die Westendbrücke, die seit 1963 am S-Bahnhof Westend die nach Norden führende Fahrbahn über die Ringbahn hinwegführt, könnte nicht mehr lange durchhalten. Das Bauwerk aus Spannbeton weist „erhebliche Tragfähigkeitsdefizite“ auf, die einen kurzfristigen Ersatz nötig machen, heißt es im Erläuterungsbericht der Deges, die das Projekt plant und betreut. Es bestehe „unstreitig Handlungsbedarf“. Die Brücke hat die Note 3,0: nicht ausreichender Bauwerkszustand.
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    Wobei das Bauwerk 28, wie die Westendbrücke intern heißt, schon lange unter Beobachtung steht. Schon 1992 wurden Stahlbänder montiert, die Spannglieder entlasten sollen. 2014 bescheinigten Ingenieure die Tragfähigkeitsdefizite. 2017 wurde damit begonnen, die sieben Brückenpfeiler mit Notunterstützungen zu verstärken. Falls der Querträger kollabiert, sollen die Hilfsstützen den Überbau halten – damit er nicht auf die Gleise stürzt. Sensoren überwachen das Bauwerk. Um die Brücke zu entlasten, senkte der Senat die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 60. Lastwagen dürfen nicht mehr überholen, für genehmigungspflichtigen Schwerverkehr ist der Abschnitt tabu.
    Planer warnen: Der Abbruch ist „überfällig“, ein Aufschub „nicht möglich“

    Doch auch diese und andere Maßnahmen konnten die rechnerischen Defizite nicht ausräumen, so Deges-Projektleiter James Kanyi in seinem Bericht für das Planfeststellungsverfahren. Schon im Mai 2015 sei die „Notwendigkeit des Neubaus mit hoher Priorität“ formuliert worden. Der Ersatzneubau sei „überfällig“, ein Aufschub „nicht möglich“, warnten die Planer. Wie berichtet liegen weitere Anordnungen schon in der Schublade – unter anderem ein Lkw-Verbot sowie eine weitere Temporeduzierung.

    Rund ein Jahrzehnt später könnte es nun endlich losgehen. Der Baubeginn hänge davon ab, wann das Fernstraßen-Bundesamt das Vorhaben genehmige, teilte Deges-Sprecher Lutz Günther mit. „Wir gehen aktuell von einer Genehmigung in 2025 aus“, so Günther.

    Die Planer der Deges haben mehrere Varianten durchgerechnet und bewertet. Sie entschieden sich für die Variante 2: Danach wird die Westendbrücke abgebrochen und in veränderter Lage neu gebaut. Sie wird künftig nicht mehr aus Spannbeton, sondern aus Stahl bestehen. Die Überführung rückt nach Westen, deshalb fällt sie kürzer aus: Statt 243 Meter und 46 Zentimeter wird die neue Brücke 155 Meter und 20 Zentimeter lang.

    Künftig führen vier Fahrstreifen in Richtung Norden – heute sind es drei

    Außerdem wird sie breiter als die alte – 18,60 statt 13,75 Meter. Grund: Die Fahrbahn in Richtung Norden erhält einen vierten Fahrstreifen. Die zusätzliche Spur wird als Verflechtungsstreifen gelten, sie soll Platz schaffen, um sich ein- und ausfädeln zu können. So wollen die Planer der Tatsache Rechnung tragen, dass in diesem Bereich zwei Auf- und Abfahrten kurz aufeinander folgen. Die Rampen der Anschlussstellen Kaiserdamm und Spandauer Damm liegen nur 170 Meter voneinander entfernt.

    Die durchgehende Spur wird beide Bereiche zu einem „komplexen Knotenpunkt“ zusammenfassen, so die Planer. Autos werden von einer Anschlussstelle zur anderen gelangen, ohne die durchgehenden Fahrstreifen nutzen zu müssen. Ein „gleichmäßiges und harmonisches Geschwindigkeitsniveau“ sei künftig zu erwarten. Dies werde auf dem Abschnitt, auf dem sich in den fünf Jahren von 2013 bis 2017 insgesamt 371 Unfälle ereigneten, die Verkehrssicherheit erhöhen – aber nicht die Kapazität, so die Deges.

    https://berliner-zeitung.imgix.net/2024/06/04/8fa39a96-4731-4795-be1c-c6716fc659ce.avif?auto=format&fit=ma
    So soll die neue Westendbrücke in Charlottenburg aussehen. Wie ihre Vorgängerin wird sie die A100 in Richtung Norden über die Gleise der S- und Fernbahn hinwegführen. Sie wird aber kürzer ausfallen. Anstelle der heutigen Spannbetonbrücke ist ein Stahlverbundbauwerk geplant. Visualisierung: Deges

    Das Arbeitspensum ist damit aber nicht zu Ende. Auch die Fahrbahn in Richtung Süden wird verlegt. Der Neubau von Stützwänden steht ebenfalls auf dem Zettel. Inzwischen rechnen die Planer mit einer Bauzeit von 42 Monaten – das sind dreieinhalb Jahre. Dagegen wurde die Kostenschätzung seit der ersten Vorstellung des Projekts 2022 nicht korrigiert: 45,4 Millionen Euro.

    Die Stadtautobahn wird zur Großbaustelle, doch die Planer versprechen, dass sich die Auswirkungen für die Kraftfahrer in Grenzen halten. „Der Ersatzneubau wird unter Aufrechterhaltung der Verkehrsführung wie im Status quo realisiert“, sagte Deges-Sprecher Günther. „Der Verkehr fließt auf der vorhandenen Autobahn weiter, während der Neubau in einer versetzten Lage realisiert wird.“ Die meiste Zeit heißt es „3 + 3“: Wie heute stehen drei Fahrstreifen pro Richtung zur Verfügung. Laut Erläuterungsbericht soll allerdings zwölf Monate „2 +3“ gelten: Dann kann einer der Fahrstreifen nicht genutzt werden. Teile der benachbarten Anschlussstellen werden bis zu 18 Monate gesperrt.
    13 Bäume fallen, ein Teil des Luisenfriedhofs wird geschlossen und bebaut

    S-Bahn-Fahrgäste auf dem Ring müssen mit Betriebsunterbrechungen sowie Schienenersatzverkehr rechnen. Denn solange der neue Überbau montiert wird, dürfen auf den parallel verlaufenden Fern- und Gütergleisen keine Züge fahren. „Die Sperrung der Gleise erfolgt nicht zusammenhängend an einem Stück“, erklärte Günther. „Es werden vielmehr vereinzelte Sperrungen über wenige Tage benötigt, nach Möglichkeit während verkehrsschwacher Zeiten.“ Die gewählte Variante ist in dieser Hinsicht die schonendste. Der Bau einer Behelfsbrücke hätte längere Eingriffe erfordert.

    In der stark genutzten Verkehrslandschaft ist die Natur in der Defensive. Trotzdem wird das Projekt auch das spärliche Grün in diesem Teil Charlottenburgs betreffen. 13 Bäume werden gefällt, 3869 Quadratmeter Fläche werden neu versiegelt. Auf dem angrenzenden Luisenfriedhof II, einem Gartendenkmal, sind auf 684 Quadratmetern „Böden mit hoher Schutzwürdigkeit“ betroffen, heißt es im Bericht. Damit die Fahrbahn in Richtung Süden verschwenkt werden kann, muss ein Teil des evangelischen Friedhofs geschlossen und überbaut werden. Grabanlagen werden umgebettet. Ausgleichsmaßnahmen sind geplant, zum Beispiel neue Bäume oder die Entsiegelung von Wegen auf dem Teufelsberg.

    Und was ist mit dem Lärmschutz? Direkt an der Straßenschlucht stehen Wohnhäuser, von ihren Balkonen können die Anlieger auf die Autobahn und die Ringbahn schauen. Die neue Lage der Westendbrücke wird die Lärmbelastung westlich der A100 erhöhen, so der Bericht. Östlich sei dagegen Entlastung zu erwarten. So werden im Vergleich zu heute ein bis sechs Prozent weniger Einwohner von Grenzwertüberschreitungen betroffen sein. Lärmarme Fahrbahnbeläge senken den Anteil um weitere 15 bis 19 Prozent. DSH-V5: So heißt der Asphalt, der den Lärm um 2,4 Dezibel mindern wird. Die Planer kündigen auch passive Schallschutzmaßnahmen an – was vor allem Schallschutzfenster meint.
    Nicht effizient: Warum es weder Lärmschutzwände noch einen Deckel gibt

    Im Wesentlichen wäre es das. „Aktive Lärmschutzanlagen im Sinne von Lärmschutzwänden oder Einhausungen sind nicht Bestandteil des Vorhabens“, stellen die Planer klar. Sechs Varianten wurden untersucht, doch bei keiner stünden Aufwand und Kosten im Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck. Selbst sechs Meter hohe Lärmschutzwände könnten nur wenig helfen, lautet eines der Ergebnisse.

    Geprüft wurde auch, was es bringen würde, die Autobahn in diesem Bereich einzuhausen. In diesem Fall würden nicht nur links und rechts Wände entstehen, es käme auch ein Deckel drauf. Eine Variante sieht vor, die A100 von der Spandauer-Damm-Brücke bis zum Südende der neuen Westendbrücke einzuhausen. Das hätte zur Folge, dass an 37 Wohnungen die tagsüber geltenden Grenzwerte für die Gesundheitsgefährdung nicht mehr überschritten würden. Nachts wäre das an 13 Wohnungen der Fall. Die Schallgutachter beziffern die Baukosten auf 28,5 Millionen Euro. Bezieht man die Aufwendungen für die Erhaltung des Bauwerks ein, kommen sie auf 36,4 Millionen Euro.

    Geprüft wurde auch eine lange Einhausung. Dann würden die Richtungsfahrbahnen zwischen der Spandauer-Damm- und der Knobelsdorffbrücke zwischen Wänden und unter Deckeln verschwinden. Dann würde tagsüber an 41 und nachts an 47 Wohneinheiten die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung nicht mehr überschritten, so die Gutachter. Das wäre allerdings nur mit Kosten von 139,7 Millionen Euro zu erreichen, also mit 800.000 Euro je „Schutzfall“. Auf den Bau entfielen 98 Millionen Euro.

    Breites Bündnis auf Bezirks- und Landesebene fordert A100 im Tunnel

    In der Bewertung fallen beide Formen der Einhausung durch. Bei der kurzen Variante bezifferten die Schallgutachter die Effektivität auf 44 Prozent, was weit unter den anzustrebenden 80 Prozent liege. „Erst die lange Einhausung erreicht eine Effektivität von 81 Prozent“, so die Expertise. Doch die hohen Kosten drücken die Effizienz deutlich. „Somit ist eine Realisierung der Maßnahme nicht zu empfehlen.“

    Das sind schlechte Nachrichten für die Bürger und Politiker, die seit Jahren im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf und auf Landesebene die Deckelung der Straßenschlucht fordern. Zwischen den Autobahndreiecken Funkturm und Charlottenburg, wo sich die Westendbrücke befindet, müsse die A100 unterirdisch verlaufen, verlangen sie. „So würden die giftigen Emissionen kontrolliert, die permanente Lärmbelästigung ein Ende haben und der alte Stadtraum wieder geschlossen werden. Auf dem Deckel können neue Wohnräume, Kitas, Schulen, Senioreneinrichtungen entstehen und Kleingärten oder Parks angelegt werden“, mahnt ein Bündnis, in dem viele SPD-Politiker vertreten sind.

    Auch die CDU setzt sich dafür ein, die A100 in Charlottenburg in einen Tunnel zu verlegen – zunächst zwischen Spandauer Damm und Kaiserdamm. Eine Machbarkeitsstudie habe schon vor Jahren gezeigt, dass dies möglich ist, so die Christdemokraten. Anders als die Autobahnplaner verweisen auch sie auf städtebauliche Effekte. Die Forderung bleibt: „Deckel drauf und stadtverträglich umbauen.“ Es sieht so aus, als ob Koalition und Senat diese Forderung jetzt noch einmal bekräftigen müssen.

    #Berlin #Stadtautobahn #A100 #Charlottenburg #Verkehr #Stadtentwicklung #Umwelt #Architektur

  • Das neue Berlin - Golda-Meir-Steig
    https://europacity-berlin.de/en/official-opening-of-the-golda-meir-steg


    #Bezirk: #Berlin-Mitte
    Ortsteil: #Mitte, Moabit
    Verlauf: #Kieler_Straße an der #Promenade_am_Berlin-Spandauer_Schifffahrtskanal bis #Otto-Weidt-Platz über den #Berlin-Spandauer_Schifffahrtskanal

    8.12.2024 - Today, Europacity’s new pedestrian and cycle bridge, the Golda-Meir-Steg, was opened to the public.

    However, its debut in Berlin was months earlier when the city’s latest landmark was hoisted into position over the Berlin-Spandau shipping canal in a spectacular heavy lifting operation in October 2020. Together with the new public square Otto-Weidt-Platz, the bridge forms an important link connecting the once divided districts of Moabit and Mitte. Now, the square, as well as the promenade along the banks of the canal, are even easier to access as tranquil places to sit back, relax, and enjoy the view.

    Guests at the event were served with hot mulled wine to celebrate the occasion, which was hosted by the Senate Department for the Environment, Transport and Climate Protection. Berlin’s Senator for Transport Regine Günther performed the ribbon-cutting ceremony, and then the gathering was invited to walk across the bridge to visit Otto-Weidt-Platz.

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Berlin-Spandauer_Schifffahrtskanal

    Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal (BSK; ehemals #Hohenzollernkanal; #Spandauer_Canal; #Spandauer_Schiffahrtskanal)

    Viele Berliner und Touristen kennen den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal unter dem Namen #Hohenzollernkanal. So steht er auch in topografischen Karten, bis kurz vor dem Jahr 2000 auch in mehreren Stadtplänen, darunter auch der Online-Plan von www.berlin.de. Im Portal von Geoinformation Berlin ist der ältere Name in Klammern hinter den amtlichen gesetzt: „Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal (Hohenzollernkanal)“.

    Otto-Weidt-Platz
    https://berlin.kauperts.de/Strassen/Otto-Weidt-Platz-10557-Berlin

    Otto-Weidt-Platz hat die Hausnummern 1-16, gehört zum Ortsteil Moabit und hat die Postleitzahl 10557
    Allgemeines zu Otto-Weidt-Platz
    Postleitzahl 10557
    Ortsteil Moabit
    ÖPNV Zone A Tram M5, M8, M10 — Bus TXL, M27, M41, 120, 123, 142, 147, 245 — U‑Bahn 6 Reinickendorfer Straße ♿ — U‑Bahn 55 Hauptbahnhof ♿ — S‑Bahn 5, 7, 75 Hauptbahnhof ♿
    Straßenverlauf an Heidestraße
    Falk‑Stadtplan Planquadrat K 15
    Geschichte von Otto-Weidt-Platz
    Ehemaliger Bezirk Tiergarten
    Name seit 18.05.2018

    Im Auge der Berliner Europacity: Systemgastronomie und kurze, haarige Beine
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/im-auge-der-berliner-europacity-li.2211373

    9.5.2024 von Sabine Röthig - Niemand interessiert sich für die Europacity. Ein Besuch auf dem zentralen Platz der Siedlung lässt erahnen, warum das so ist.

    Eine junge Mutter gähnt, ohne sich die Hand vor den Mund zu halten. Sie starrt mich dabei an. Mir wird mulmig. Ich schaue nach unten in meinen Cappuccino, den ich mir gerade für vier Euro inklusive Trinkgeld gekauft habe. Ich sitze in einem Frühstücklokal in der Europacity, weil ich einen Artikel über den Otto-Weidt-Platz schreiben möchte.

    Das weitläufige Areal ist so etwas wie der Dorfplatz der Siedlung. Hier gibt es Systemgastronomie, Fahrradständer und lange Sitzbänke. Jetzt wimmert der Spross der müden Mutter. Der ebenfalls anwesende Vater spricht zum Kind in einer Sprache, die ich nicht verstehe. Der Nachwuchs schaut brüskiert. Die Atmosphäre ist ein wenig beklemmend. Ich fühle mich wie auf einer Party, auf der ich zu früh erschienen bin. Ein junges asiatisches Pärchen setzt sich an den Nebentisch, sie haben einen Hund mit einem großen wuscheligen Oberkörper und sehr kurzen Beinen mitgebracht. Das Tier macht unter dem Stuhl von Frauchen Platz.

    Über die vor einigen Jahren als riesiger Wohnkomplex aus dem Boden gestampfte Europacity haben sich die Berliner im Vergleich zu anderen zentralen Großbauprojekten erstaunlich wenig echauffiert. Man erinnere sich nur an die Empörung über die Neubauten auf dem Potsdamer Platz in den 90er-Jahren oder an den Dauerstress um den Alexanderplatz. Vielleicht gewöhnen sich die Leute so langsam an das fensterreiche Wohnungsregal, das sich als architektonischer Topos der Epoche endgültig durchzusetzen scheint. Oder die Gegend um die Heidestraße ist einfach nicht wichtig genug, um sich über die neuen Häuser aufzuregen.

    Ich verlasse das Café. Draußen zerrt der Wind an jungen Baumkronen und den Blumenröcken der Frauen. In der Mitte des Platzes entsteht ein Brunnen, seit Jahren wird hier gewerkelt. Die Erde war wohl mit Industrieabfällen verseucht gewesen, sie musste komplett ausgetauscht werden. Einige organisch geformte Grünflächen sind jetzt angelegt, doch vieles ist noch unfertig. Kopfsteinpflaster überzieht die Ränder des Platzes – eine interessante stilistische Entscheidung in dieser Umgebung.

    Ich gehe in Richtung Fluss. Das Spektakuläre an der Europastadt ist ja, dass sie direkt am Wasser liegt. Genauer am Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal – eine Mitte des 19. Jahrhunderts angelegte Wasserstraße, die Spree und Havel verbindet sowie Moabit von Mitte trennt. Seit einiger Zeit gibt es hier sogar eine Uferpromenade, die extra für Fußgänger und Fahrradfahrer angelegt wurde. Kilometerlanges Nichts am Kanal lädt hier jetzt zur inneren Einkehr und körperlichen Ernüchterung ein.


    Das Uglymeter fällt ein strenges Urteil über den Otto-Weidt-Platz in der Europacity. BLZ

    Am nordöstlichen Ende des Otto-Weidt-Platzes bietet ein vietnamesisches Restaurant neben Eiskaffee auch Cocktails und Sushi an. Ich laufe zügig daran vorbei und passiere eine große Eistüte aus glänzendem Kunststoff, als sich plötzlich direkt vor mir eine bizarre Petunien-Pyramide erhebt. Das florale Riesengesteck ist mindestens zwei Meter hoch. Wider Erwarten preist hier aber kein Blumenladen Blumen an, sondern eine Pizzeria Pizzen. Ich staune nicht schlecht. Festlich klimpert das Besteck unter den orangefarbenen Schirmen, die für Schaumwein werben und die Essenenden vor der Frühlingssonne schützen.

    Eine ältere Dame flaniert an den locker besetzten Plastikstühlen vorbei. An der Leine läuft ein Hund mit sehr kurzen Beinen. Schon wieder so ein Tier, denke ich. Gehen die Leute in der Europacity hier etwa alle mit ihren Lügen Gassi? Doch bevor ich noch tiefer ins Grübeln komme, stehe ich schon auf der nigelnagelneuen Fußgängerbrücke, die mich aus Moabit direkt zurück nach Mitte führt. Dort werde ich jetzt mal auf die Hundebeine achten.

    #Berlin #Stadtentwicklung

  • Why Is Uber Über Alles ? Public Platform Infrastructure for the ‘Gig Economy’
    Robert Hockett
    https://www.forbes.com/sites/rhockett/2023/01/15/why-is-uber-ber-alles--public-platform-infrastructure-for-the-gig-economy

    15.1.2023 by Robert Hockett - Two needs of cardinal interest to all major metropolitan areas, if not indeed all towns and cities, seem to go under-appreciated these days: First, the need for readily available livery and delivery services, which have amounted to a species of essential infrastructure since the earliest days of our republic. And second, the need of a decent quality of life for local residents who provide such services, which amounts among other things to a prerequisite to the sustainability of any means of satisfying the first need.

    A city like New York, for example, benefits immensely from, and could hardly get on without, readily available and affordable livery for persons and delivery of things (letters, documents, medicines, groceries, meals, etc.), hence also from arrangements that sustainably attract and retain local providers of such services. That’s why you see taxis, busses, small trucks and other delivery vehicles everywhere, and indeed always have.

    It is quite troubling, then, after multiple taxi driver suicides in recent years, to learn now that Uber UBER and Lyft LYFT drivers as well have begun finding it difficult to live and hence operate in and around New York City. New York needs its drivers, and cannot afford to see them go. Mindful of that fact, the City’s Taxi Commission announced plans to require greater pay for Uber and Lyft drivers this past November. Yet in a near miracle of expedition on behalf of the wrong side, a court halted New York’s move one month later at the behest of Uber. (Lyft didn’t take part in the suit, but its owners like Uber’s gain by the decision.)

    The Court’s unfortunate decision invites an obvious query: if New York cannot ‘beat’ Uber and Lyft, why doesn’t it ‘join’ them – join them, that is, as a competitor? Why not, in other words, offer a ‘public option’ where livery and delivery services in and around New York are concerned?

    To see why this question is worth posing, note that the typical Uber driver receives only between 40 and 60% of each fare charged to riders, about 52% on average. The lion’s share of the remainder – between 25 and 43%, depending on ride length – goes to Uber itself, while the remaining 15% goes to the City. The figures for Lyft, which employs the same platform model as Uber, are comparable.

    Yet what do Uber, Lyft, and the City contribute to the ride? Uber and Lyft provide no more than technically simple, easily replicated ‘two-sided marketplace’ platforms, while the City oversees operations to maintain safety.

    Given how little is involved in maintaining the platforms themselves, which utilize an age-old and very simple model, New York and other cities should be able quite readily to establish and maintain safe platforms of their own with the 15% cut of ride fees that New York and other cities already take, allowing all licensed drivers to pocket the remaining 85% of ride charges. Meanwhile, allowing drivers to compete on vehicle comfort and even price within some reasonable range could help lower costs to riders, while allowing the City to add congestion surcharges at certain times of day (as Uber and Lyft themselves do) could help manage volume.

    Of course firms like Uber and Lyft and the politicians to whom they ‘contribute’ will argue that this sounds like ‘socialism,’ that ‘capitalism’ is more efficient and inexpensive, and so on. But there is no reason to credit such clichés in the present, infrastructural context. All that Uber and Lyft are ‘efficient’ at now that a city would not be is gratuitously extracting high fees from riders and profits from drivers. They add no value in return for these forms of extraction that cities couldn’t provide just as well on a not-for-profit basis, again given how old, familiar, and inexpensive the matching-technology used by their algorithms are.

    Uber and its ilk are, in other words, mere rent-extractors at this point. And where public goods and essential infrastructures like livery and delivery are concerned, we have long as a nation viewed rent-extraction as no more than a form of extortion or piracy. Those who invented the relevant technologies were paid handsomely for the intellectual property long ago, and all that such companies as Uber and Lyft now trade on is broad public ignorance of how readily available and usable the technology now is.

    What New York and other cities should do, then, is provide their own platforms to their own livery and delivery drivers. Cut out the literally now-parasitic middlemen, and you’ll have both cheaper rides and deliveries and better-paid drivers and deliverers. That will in turn better the quality of life of all New Yorkers, not merely a few rent-extractors way over in Silicon Valley. And because the rideshare industry is still growing rapidly in response to still-growing demand, acting now will also preempt more extraction in future even than now.

    It might be thought that New York and other cities already are doing this via the Curb taxi-hailing app, which are now as available for download on smartphones as the Uber and Lyft apps. That would be a mistake. Curb simply functions as an easier way to hail a taxi than is the old wave-in-the-street method. It doesn’t augment the taxi fleet with additional cars and drivers as Uber and Lyft do, but rather makes hailing existing cabs easier. As such, it leaves in place most of the disadvantages of taxi rides – long waits, sometimes unpredictable fares, etc. – that have spurred the demand for Uber and Lyft in the first place, while adding app user fees.

    One further, more general point: The so-called ‘platform’ and ‘gig’ economies, we now know, include far more than livery and delivery services. They include sales of all sorts, temp work and handyman work, hotel and apartment rentals, and all manner of other markets requiring no more than easy means by which buyers and sellers can find one another – that is, two-sided matching platforms. The Bureau of Labor Statistics (BLS) reports that over 55 million Americans, or 36% of the workforce, work in the gig economy, while 33% of American companies use gig workers extensively.

    Platforms like Facebook Marketplace make clear that such services can be made available at virtually no extra cost to sellers or buyers. Why don’t all cities, then, make such platforms freely available in all realms where they’re not already available? For that matter, why doesn’t the US Department of Labor do so for the entire American economy? If a large part of the American economy is ‘the gig economy,’ why not cheaply and publicly provide that economy’s infrastructure just as we do for the non-gig economy?

    Let us then literally cut out superfluous private intermediaries, and mediate all our ‘gig’ relations through that original form of mediacy that we discovered thousands of years ago on a civic, not profit-extracting, basis: the polis, the civitas, the ‘public sector’ – that which we establish to work for all of us, not extract from most of us. This will amount to gains not only along the fairness and efficiency dimensions, but along the productivity dimension as well, forcing as it does those who now extract rents to start adding value instead.

    Start with our cities, then move up higher and higher to our state and federal governments, making them truly the servants of all rather than recognizing Silicon Valley firms as masters of us all.

    #Uber #Stadtentwicklung #Arbeit #New_York

  • Busspuren in Gefahr: Warum in Berlin noch mehr BVG-Fahrstreifen verschwinden könnten
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/busspuren-in-gefahr-warum-in-berlin-noch-mehr-bvg-fahrstreifen-vers

    Von der Berechtigung, Busspuren benutzen zu können hängt die Höhe des Einkommens der Taxifahrer ab. Zu Bedndigung der Einnahmemisere braucht es zwri Dinge: Erstens muss die Nachfrage nach Taxis gesteigert werden vier Touren pro Stunde sind Voraussetzung für armutsfestes Einkommen. Damit diese Anzahl an Aufträgen bewältigt werden kann, muss die durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit steigen, was angedichts der zahlreichen Staus nur mit reservierten Fahrstreifen zu schaffen ist. Wie wärs mit der Einrichtung von Taxispuren, die auch von BVG-Bussen mit henutzt werden dürfen?

    15.4.2024 von Peter Neumann - In Zehlendorf hatten Anwohner Erfolg. Inzwischen haben Bürger gegen weitere Busspuren Widerspruch eingelegt. Die BVG wird schon jetzt immer langsamer.

    Schlechte Nachrichten für alle, die gern schneller mit dem Bus durch die Stadt fahren würden. Das Busspurnetz in Berlin wächst kaum noch, mit Zuwachs ist auf absehbare Zeit fast nirgends zu rechnen. Im Gegenteil: Das Netz soll sogar schrumpfen. So haben Bürger gegen mehrere Sonderfahrstreifen Widerspruch eingelegt. Damit besteht auch in diesen Fällen die Gefahr, dass die Markierungen entfernt werden. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Anfrage des Linke-Politikers Kristian Ronneburg hervor.

    In der Drucksache des Parlaments konnte Staatssekretärin Claudia Elif Stutz dem Abgeordneten nur eine einzige neue Busspur in Berlin nennen. In der Ollenhauerstraße in Reinickendorf sei der dort geplante Sonderfahrstreifen umgesetzt worden, so die CDU-Politikerin. Ansonsten: Fehlanzeige. Als Ronneburg vor mehr als einem Jahr schon mal nach neuen Busspuren gefragt hatte, konnte die Verwaltung keine einzige nennen.
    Bürger legen Widerspruch ein: Diese Busspuren sind in Berlin in Gefahr

    Stattdessen geht aus der aktuellen Senatsantwort hervor, dass in Berlin sieben Bussonderfahrstreifen in Gefahr sind. Gegen sie lägen Widersprüche vor, berichtete die Staatssekretärin. Im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf seien die Otto-Suhr-Allee und die Hubertusallee betroffen, in Mitte das Reichpietschufer. In Spandau gehe es um die Busspur auf dem Falkenseer Damm, in Tempelhof-Schöneberg um die Hauptstraße zwischen der Rubens- und der Schmargendorfer Straße. In Steglitz-Zehlendorf gehen Bürger gegen die Sonderfahrstreifen auf dem Teltower Damm sowie in der Clayallee vor, hieß es.

    Auf einem anderen Abschnitt der Clayallee, zwischen der Argentinischen und der Riemeisterstraße, hatten Anwohner Erfolg. Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts gab ihnen am 31. August 2022 in einer Eilentscheidung recht. Die Zehlendorfer hatten gegen die Busspur, die von der Straßenverkehrsbehörde der Senatsverwaltung vor ihrer Tür angeordnet worden war, Widerspruch eingelegt und vorläufigen Rechtsschutz beantragt.

    Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürften nur bei einer besonderen Gefahrenlage angeordnet werden, argumentierte das Gericht. „An einer solchen Gefahr fehlt es hier“, hieß es. So habe die Behörde nicht dargelegt, dass die Busse der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) bisher merkliche Zeitverluste erlitten haben. Die derzeitige Behinderung sei mit lediglich elf bis 26 Sekunden pro Durchfahrt beziffert worden.
    Viele Projekte stehen auf der Liste – aber sie werden nicht verwirklicht

    Zudem habe die Behörde ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, stellten die Richter weiter fest. Denn nach einer bundesweit geltenden Verwaltungsvorschrift sollen Sonderfahrstreifen nur dort eingerichtet werden, wo in der Stunde der stärksten Belastung mindestens 20 Busse verkehren. Die Straßenverkehrsbehörde hatte sich dagegen an einer lokalen Berliner Vorgabe orientiert, ohne dies zu begründen. Danach reichte bisher eine Mindestfrequenz von neun Bussen pro Stunde aus. Nach Informationen der Berliner Zeitung konnte vorher sogar bei nur sechs Busfahrten pro Stunde eine Busspur angeordnet werden. Im März dieses Jahres ließ der Bezirk die Markierung beseitigen.

    Vor Gericht habe der Senat nicht immer glücklich agiert, sagte ein Jurist. Die Folgen waren gravierend. Die Eilentscheidung zur Clayallee markiert den Beginn des Stillstands, der bis heute andauert. Denn seitdem wurde das Busspurnetz so gut wie nicht mehr erweitert. Dabei hatte der Senat noch im März des vergangenen Jahres 21 Projekte aufgelistet, die zwar angeordnet, aber bislang nicht verwirklicht wurden. Dazu zählen stark frequentierte Straßen wie der Brunsbütteler Damm in Spandau und der Britzer Damm in Neukölln, wo die BVG und ihre Fahrgäste nun weiterhin Zeitverluste erleiden.

    Schon kurz nach dem Beschluss in Sachen Clayallee befürchteten Beobachter, dass auch anderswo Anwohner die Nachprüfung von Busspuren beantragen werden. Der Verdacht bestehe, dass sich die Behörde in weiteren Straßen nicht an die bundesweite Vorschrift gehalten habe, hieß es damals. Heute wird klar: Die Befürchtung besteht zu Recht.

    Fatale Entscheidung der Länderkammer: Berlin scheitert im Bundesrat

    Wie berichtet, wurde die Verkehrsverwaltung sogar selbst tätig – ohne dass Bürger Widerspruch eingelegt hatten. Wie der Fahrgastverband IGEB berichtete, wurde für die Busspur Otto-Braun-Straße (Richtung Mollstraße) 2023 die Beseitigung angeordnet. Die mit zwei Buslinien betroffene BVG wurde nicht angehört. „Diese Busspur, die von den Radfahrern bisher genutzt werden kann und auch genutzt wird, nun zugunsten eines Radfahrstreifens zu beseitigen, schürt Spannungen zwischen Bus- und Radverkehr.“

    Ebenfalls im vergangenen Jahr versuchte Berlin, die Anordnung von Busspuren bundesweit zu erleichtern. Doch der Versuch scheiterte. Zwar griff das Bundesverkehrsministerium den Wunsch des Landes auf. Doch als der Bundesrat im vergangenen November über diese und andere geplante Änderungen der Straßenverkehrsordnung entschied, bekam der Entwurf in der Länderkammer keine Mehrheit. Damit fehle es „an einer Rechtsgrundlage für die geplante Veränderung“, teilte Claudia Elif Stutz dem Abgeordneten Kristian Ronneburg jetzt in ihrer Antwort mit.

    Ein gefragtes Verkehrsmittel: Ein BVG-Bus hält vor der Marienkirche in Mitte. Der größte kommunale Busbetrieb in Deutschland wurde allein im vergangenen Jahr für mehr als 400 Millionen Fahrten genutzt.

    Ein gefragtes Verkehrsmittel: Ein BVG-Bus hält vor der Marienkirche in Mitte. Der größte kommunale Busbetrieb in Deutschland wurde allein im vergangenen Jahr für mehr als 400 Millionen Fahrten genutzt.Emnuele Contini

    Damit kann die Erosion im Berliner Busspurnetz weitergehen. Dabei war in der Berliner Verkehrspolitik trotz Streits stets Konsens, dass ein attraktiver öffentlicher Verkehr Straßen entlastet und Menschen aus ihren Autos locken kann. Attraktiv sind Busse und Bahnen aber nur, wenn sie die Fahrgäste möglichst zügig befördern. Busspuren und Ampelschaltungen, die dem Nahverkehr Vorrang geben, galten schon in den 1990er-Jahren unter CDU-Verkehrssenatoren als wichtig. So wuchs das Netz der Sonderfahrstreifen von 1990 bis zum Jahr 2000 von rund 34 auf rund 100 Kilometer.

    Zwischendurch ging es immer mal wieder jahrelang nicht voran. Erst nachdem die Senatsverwaltung für Verkehr 2016 von der SPD zu den Grünen gewechselt hatte, ging der Ausbau des Busspurnetzes weiter. Inzwischen ist es rund 123 Kilometer lang. Als nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts 2022 der Stopp kam, waren viele neue Projekte in der Pipeline. Sie dürften keine Chance mehr haben.

    Noch vor einem Jahrzehnt waren BVG-Busse deutlich schneller als heute

    In den vergangenen Jahren ist die Durchschnittsgeschwindigkeit des BVG-Busverkehrs gesunken. 2014 waren die Busse nach Angaben des Landesunternehmens im Schnitt noch mit 19,3 Kilometern pro Stunde unterwegs – Stopps vor Ampeln und an Haltestellen eingerechnet. 2022 waren es 17,9 Kilometer, im vergangenen Jahr 17,8 Kilometer, berichtete Staatssekretärin Stutz. Welche Buslinien im vergangenen Jahr besonders oft gestört waren, teilte die BVG mit: 100, 128, 142, 147, 200, 245, 247, 248, 300 und 377. Zu den Störfaktoren gehören Demonstrationen und Veranstaltungen.

    Die Senatspolitikerin machte deutlich, dass die Bemühungen zur Beschleunigung des BVG-Verkehrs auf anderen Feldern fortgesetzt werden. So wurden an 39 Ampelanlagen in Berlin Beschleunigungsmaßnahmen umgesetzt, heißt es in der Drucksache des Parlaments. In Berlin können 1040 Ampelanlagen vom öffentlichen Verkehr beeinflusst werden. Acht weitere Anlagen kommen 2024 und 2025 hinzu.

    Fahrgastverband IGEB fordert vom Senat mehr Kreativität

    Christfried Tschepe, Vorsitzender des Fahrgastverbands, und seine Mitstreiter forderten den Senat auf, kreativer zu sein. „Da eine Novelle der Straßenverkehrsordnung erst deutlich nach der nächsten Bundestagswahl im Herbst 2025 realistisch ist, müssen in den nächsten Jahren die geltenden Rahmenbedingungen kreativ genutzt werden. Bisher wurden Busspuren für den Radverkehr freigegeben, zum Beispiel auf dem Kurfürstendamm. Ab jetzt müssen Radfahrstreifen für den Buslinienverkehr freigegeben werden“ – etwa Unter den Eichen.

    #Berlin #BVG #Taxi #Verkehr #Stadtentwicklung

  • Eine Bauhütte, die nicht baut: Berlin setzt auf Marktversagen
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1181424.landeseigene-betriebe-eine-bauhuette-die-nicht-baut-berlin-setzt-


    Holzmodule, wie hier von der österreichischen Firma Kaufmann Bausysteme, wird es aus landeseigener Produktion in Berlin nicht geben.

    Tja, ein bischen Rotgrün könnte Berlin schon gebrauchen.

    12.4.2024 von Nicolas Šustr - Berliner Senat beerdigt bei der Holzbauhütte Tegel Ambitionen für Einstieg in kommunale Bauwirtschaft

    »Sie wollen also gar nicht bauen, bauen, bauen. Sondern diskursiv arbeiten. Sonst wird ja so getan, als ob es andersherum wäre.« Das sagt Linke-Stadtentwicklungspolitikerin Katalin Gennburg aus dem Abgeordnetenhaus zu »nd« als Reaktion auf die Bestätigung von Tegel Projekt, dass die seit Jahren vorgesehene Holzbauhütte keine Module für das auf dem ehemaligen Flughafengelände geplante Schumacher-Quartier fertigen soll.

    »Vom Plan, eine eigene Fertigung für das Schumacher-Quartier auf dem Gelände zu installieren, sind wir abgerückt«, erklärt die Tegel Projekt GmbH auf Anfrage von »nd«. Zum einen sei »dies nicht im Sinne wichtiger Partner« gewesen, zudem seien »mittlerweile mehrere holzverarbeitende Betriebe in Brandenburg niedergelassen«, damit gebe es »keinen Bedarf mehr für eine solche Ansiedlung vor Ort«. Die wichtigen Partner sind die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, die »ihren Generalübernehmer jeweils gerne unabhängig voneinander selber auswählen möchten«.

    Die übrigen Planungen bezüglich der »Futr Hut« genannten Holzbauhütte haben laut Tegel Projekt weiterhin Bestand. Sie sei vor allem »als kooperativer Denk- und Experimentierraum für die Bauwende konzipiert«, in dem Fachleute aus Forschung, Architektur und Planung, aus Holz- und Bauwirtschaft, Komponentenherstellung und Digitalisierung sowie viele andere mehr »an der Entwicklung innovativer nachhaltiger Bau- und Werkstoffe sowie Fertigungsprozesse arbeiten«.

    »Ich glaube, in der Lage sind wir nicht, dass wir jetzt eine staatliche Wohnungsbaueinheit brauchen«, bekräftigte am Montag Bausenator Christian Gaebler (SPD) im Stadtentwicklungsausschuss des Abgeordnetenhauses die Haltung. Das Problem der Landes-Wohnungsbaugesellschaften seien »die Preise, die sich aber jetzt nicht daran festmachen, dass sich irgendjemand da große Gewinne einstreicht, sondern dass einfach die Kosten auch für Material und Logistik entsprechend gestiegen sind und übrigens auch die Kosten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter«.

    Katalin Gennburg bestreitet das. »Die Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel und die Kapazitäten sind Voraussetzungen für ein funktionierendes kommunales Wohnungsbauprogramm«, sagt sie. Das gehe los bei eigenen Planungskapazitäten und weiter mit Bauhütten oder auch Recyclinghöfen für Baustoffe. Die private Bauwirtschaft nutze ihre Kapazitäten für das Produkt, das am lukrativsten sei, so die Linke-Politikerin. »Ein öffentliches Fertigteilwerk kann aber entscheiden: Ich fertige keine Bauteile für Luxusbalkons, sondern Module für den gemeinnützigen Wohnungsbau«, nennt sie ein Beispiel.

    Die Ziele der Holzbauhütte waren ehrgeizig. In der 2020 vorgelegten Potenzialanalyse »Bauhütte 4.0 – Innovations- und Produktionsstandort für den urbanen Holzbau« kamen Forschende des Fraunhofer-Instituts für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik sowie der Technischen Universität Berlin zu dem Schluss, dass so »die Grundlage für das effiziente Bauen mit Holz in urbanem Maßstab« gelegt werden könnte.

    Zum damaligen Zeitpunkt war der Holzbau 10 bis 15 Prozent teurer als konventionelle Baumethoden. Mit der Bauhütte sollte »ein System etabliert werden, mit dem mittelfristig um 20 bis 25 Prozent günstiger gebaut werden kann als bei konventioneller Bauweise«, wie es bei der Vorstellung der Analyse hieß. Dabei werden gleichzeitig 80 Prozent klimaschädliche Emissionen eingespart. »Der Name Bauhütte 4.0 bezieht sich auf die Idee der Dombauhütte, die auch prägender Gedanke des Bauhauses war. Der Geist der interdisziplinären Ideenschmiede von damals soll in ihr fortleben: Abermals kommen in der Bauhütte 4.0 kluge, kreative Köpfe zusammen, um auf neuen Wegen qualitatives Bauen durch industrielle Fertigung erschwinglich zu machen«, erklärte Tegel Projekt 2020.

    »Wir sind in Alarmbereitschaft, denn die Bauhütte war ein wesentlicher Beitrag, um die Bauwirtschaft in Berlin zukunftsfähig zu machen. Es ist inakzeptabel, wenn die Holzbauhütte aus privatem Profitinteresse abgewickelt wird«, sagt Katalin Gennburg.

    Schon lange vor den infolge der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine explodierten Materialkosten beklagten die Landes-Wohnungsunternehmen, entweder gar keine Angebote auf Ausschreibungen zu bekommen oder nur zu stark überhöhten Preisen. Doch selbst mitten in der größten privatwirtschaftlichen Baukrise seit Langem sacken die Fertigstellungen der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften massiv ab. Wurden 2022 noch fast 6000 Wohneinheiten von ihnen fertiggestellt, waren es 2023 nur noch knapp 4600; für das laufende Jahr werden nur noch 4100 neue kommunale Wohnungen erwartet.

    Vor 100 Jahren sprangen Gewerkschaften und öffentliche Hand nicht nur in Berlin, sondern beispielsweise auch in Wien in die Bresche, die das dramatische Versagen des gewinnorientierten Sektors in der sozialen Wohnraumversorgung hinterlassen hatte. Da die private Bauwirtschaft mit Verweigerungen und Preisabsprachen die öffentlichen und gemeinnützigen Bauprojekte auszubremsen versuchte, reagierten Sozialdemokratie und Gewerkschaft mit dem Aufbau einer sozialen Bauwirtschaft.

    2018 forderte der Stadtsoziologe Andrej Holm eine zeitgemäße Wiederauflage des Konzepts Bauhütte, um den öffentlichen Bau in Schwung zu bringen. In ihrer Klausur in Rheinsberg machte sich die Linksfraktion des Berliner Abgeordnetenhauses im gleichen Jahr den Ansatz zu eigen. Gemeinsam mit den Grünen wurde schließlich als erster Anlauf die Holzbauhütte auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel auf den Weg gebracht. Doch das Thema Fertigung von Modulen hat sich bekanntlich inzwischen erledigt.

    Ein von der Linksfraktion 2019 ausgearbeiteter Antrag mit dem Titel »Landeseigene Baukapazität aufbauen!« scheiterte am innerkoalitionären Veto der SPD. Die Grünen-Fraktion hatte nach längeren internen Diskussionen und zahlreichen Änderungen dem Prüfauftrag zum Aufbau eines landeseigenen Baubetriebs schließlich ihre Zustimmung erteilt, unter anderem mit der Begründung, dass auch viele Private sich »verstärkt Baukompetenzen und Planungskapazitäten in ihre Unternehmen aufgrund des Fachkräftemangels« holten. Doch die SPD blieb bei ihrem Nein.

    »Zwischen Linken und Grünen war die Holzbauhütte ein Gemeinschaftsprojekt. Ökologisches Bauen ist ein zutiefst grünes Thema. Über die Systemfrage ist es ein linkes Thema«, sagt Katalin Gennburg. Die Bauhütte sollte in ihren Augen insgesamt die Möglichkeit bieten, nachhaltiges und ökologisches Bauen auch mit weiteren alternativen Baustoffen wie Stroh, Hanf oder Lehm voranzubringen. »Soziale Bauträger wie beim Haus der Statistik oder beim Dragonerareal müssten mit eingefasst werden. Die Erkenntnisse, wie man solche Projekte eigentlich realisieren kann, müssten auch in Verwaltungswissen überführt werden«, so die Abgeordnete.

    »Der Umbau der Landes-Wohnungsunternehmen (LWU) ist allerdings eine zwingende Voraussetzung dafür, dass eine Bauhütte ein Erfolg werden kann«, sagt Gennburg. Hier herrscht weitgehend Einigkeit zwischen Linke und Grünen. Denn wie in der Sitzung des Bauausschusses deutlich wurde, war es die Gesobau, die darauf beharrte, ihren Auftragnehmer für den Wohnungsbau im Tegeler Schumacher-Quartier selber auszusuchen. Die Linke-Politikerin spricht in diesem Zusammenhang von einem »Baufilz« von Landeseigenen und einer überschaubaren Anzahl von Projektentwicklern, die den Löwenanteil des kommunalen Neubaus errichten.

    »Zur Erfüllung der ehrgeizigen Neubauziele muss die Neubaufähigkeit der landeseigenen Wohnungsunternehmen durch einen gemeinsamen deutlichen Ausbau ihrer Planungs- und Baukapazitäten verbessert werden«, darauf hatten sich die beiden Parteien in den Koalitionsverhandlungen 2021 bereits geeinigt. Dafür sollte bis Mitte 2022 eine »rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts« gegründet werden. »Sie unterstützt die Unternehmen bei der Nutzung von Synergien, übernimmt den Aufbau einer gemeinsamen Bau- und Planungskapazität, richtet ein betriebswirtschaftliches Controlling ein und koordiniert die Vorbereitung der Aufsichtsratssitzungen«, hieß es zu den konkreten Aufgaben. Bis Ende 2023 sollte »ein umsetzungsorientiertes Konzept zur besseren Zusammenarbeit der LWU bis hin zur eventuellen Bildung einer Holding« entwickelt werden. Doch die SPD lehnte strikt ab.

    »Wir haben durchdekliniert, was Linke-Baupolitik sein könnte. Nur wenn man diese Messlatte anlegt, kann man ernsthaft in Koalitionsverhandlungen gehen, die nicht bloße Farbenspiele sind«, sagt Katalin Gennburg. »Wir brauchen starken kommunalen Einfluss bei dem, was am längsten währt: Immobilien.«

    #Berlin #Tegel #Stadtentwicklung #Kapitalismus #SPD

  • Berlin-Schöneberg: Hauptstraße wird umgebaut – Ärgernis für Autofahrer
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-schoeneberg-hauptstrasse-wird-umgebaut-aergernis-fuer-autofa

    Nach Jahren schlecht durchdachter Verkehrspolitik grüner Senatorinnen werden begonnene Projekte zu Ende gebracht. Jetzt spricht wieder eine Senatorin mit allen, die Politik gegen die Hälfte der Berliner ist zum Glück beendet. Dabei wird auch die CDU Frau den privaten PKW-Verkehr nicht aus der Innenstadt verbannen, etwa durch eine sehr teure Mautgebühr. Nur eine derartige Maßnahme würde die Straßen wirksam entlasten und die Gefährdung der schwächeren Verkehrsteilnehmer effektiv verringern. Bis dahin ist der Weg noch weit im Land der Erfinder des Automobils.

    10.4.2024 von Peter Neumann - Der Platz für Autos wird halbiert, Radfahrer und BVG-Fahrgäste profitieren. Weitere Umgestaltungen von Magistralen wird es unter der CDU kaum noch geben.

    Noch ist es eine Horrorstrecke, sagt Ursula Epe. „Auf dieser Straße Rad zu fahren, ist lebensgefährlich“, klagt die Berlinerin. Auf der Hauptstraße in Schöneberg treiben Kraftfahrer Radfahrer in die Enge und die Stimmung ist aggressiv. Am Mittwoch wurde nun damit begonnen, einen 1200 Meter langen Abschnitt umzugestalten. Radfahrer und Bus-Fahrgäste werden profitieren, doch für Autofahrer halbiert sich der Platz. Es ist ein Vorhaben der Mobilitätswende, das auf Berlins Hauptverkehrsstraßen inzwischen Seltenheitswert hat, seitdem eine CDU-Politikerin Verkehrssenatorin geworden ist. Nachfolgeprojekte auf diesen Teilen des Straßennetzes sind kaum in Sicht.

    Aus zwei mach eins. Wo Autos zwei Fahrstreifen zur Verfügung standen, gibt es nur noch einen. Ein Ministau hat sich aufgebaut, der auf die Kreuzung Dominicusstraße reicht. Gegenüber der Dorfkirche Schöneberg gehen die angekündigten Markierungsarbeiten in die Vollen. Dort kann man sehen, wie die Hauptstraße von hier bis zum U-Bahnhof Kleistpark aussehen wird. „Wir teilen den Straßenraum anders auf, zugunsten der Radfahrer und der BVG“, erklärt Saskia Ellenbeck. Die Grünen-Stadträtin, die in Tempelhof-Schöneberg für die Straßen zuständig ist, ist zum Ortstermin gekommen.

    Bislang stehen auf diesem Teil der Bundesstraße 1 Kraftfahrzeugen zwei Fahrstreifen pro Richtung zur Verfügung. Die Busspuren für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) verlaufen am rechten Fahrbahnrand. Jetzt wandern die Busspuren in die Mitte, und künftig sind sie für Autos nicht nur montags bis freitags von 7 bis 18 Uhr, sondern an allen Tagen rund um die Uhr tabu. Rechts davon, am Rand, entstehen die geplanten Radfahrstreifen. Flexible Baken, Leitboys genannt, sowie Sperrpfosten, ebenfalls aus Plastik und rot-weiß gestreift, sollen die 2,25 Meter breiten Trassen vor Falschparkern schützen. Dem übrigen Kfz-Verkehr bleibt links ein Fahrstreifen pro Richtung.


    Ortstermin in der Hauptstraße in Schöneberg: Bezirksstadträtin Saskia Ellenbeck (Grüne) zeigt eines der Sperrelemente, die künftig die Radfahrstreifen am rechten Fahrbahnrand schützen sollen. Peter Neumann/Berliner Zeitung

    Saskia Ellenbeck macht nicht den Eindruck, als ob das für sie ein Problem ist. Schließlich gebe es in der Potsdamer Straße, die sich anschließt, für Autos heute schon nur einen Fahrstreifen pro Richtung, sagt sie. „In der Hauptstraße wird die Kapazität steigen.“ Denn die Radfahrstreifen werden dazu führen, dass viel mehr Radler als heute die Pendlermagistrale im Südwesten nutzen. Auch der Wirtschaftsverkehr profitiere: 19 Lade- und Lieferzonen entstehen – davon zwei in der Akazien- und der Albertstraße, wo Autostellplätze wegfallen. Teile der Busspuren werden montags bis freitags von 9 bis 14 Uhr zum Be- und Entladen freigegeben. Dann müssen die Busse wie heute Slalom fahren.

    Die Pläne für die Hauptstraße hatte der Bezirk noch unter Schreiners Vorgängerinnen von den Grünen mit dem Senat abgestimmt. Doch nach dem Wechsel in der Landesregierung im Frühjahr 2023 stellten die neue Senatorin und ihre Staatssekretärin Claudia Elif Stutz (ebenfalls CDU) auch dieses Projekt auf den Prüfstand. Das Netzwerk fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg und andere Organisationen riefen zu Demos auf, die Deutsche Umwelthilfe kündigte die Klage eines Bürgers an.
    Schöneberg: Warum der Umbau der Hauptstraße ein Jahr Verspätung hat

    „Wir mussten hart dafür kämpfen, dass wir dieses Projekt umsetzen können“, erinnert sich die Bezirksstadträtin am Mittwoch. Die Hauptstraße gehörte zu den Radverkehrsvorhaben, für die Schreiner und Stutz nach einigen Wochen grünes Licht gaben. Stand lange Zeit zu befürchten, dass der zugesagte Bundeszuschuss von 750.000 Euro verfällt, gelang es, das Geld ins Jahr 2024 zu retten. Wie vorgesehen, gibt Berlin 250.000 Euro dazu, der Bezirk finanziert die Asphaltarbeiten. Ellenbeck: „Wir gehen davon aus, dass im Sommer 2024 alles fertig ist“ – ein Jahr später als anfangs geplant.

    Mehr Platz für klimafreundlichen Verkehr, weniger Platz für Autos. Was unter Grünen-Senatorinnen offizielle Senatspolitik war, wirkt unter Manja Schreiner exotisch. Sicher, einige ältere Projekte werden noch abgearbeitet. Die Umgestaltung der Boelckestraße in Tempelhof, bei der die Senatsverwaltung Änderungen zugunsten des Autoverkehrs durchsetzte, wird nächste Woche abgeschlossen. In Schöneberg will die landeseigene Infravelo den Umbau der Grunewaldstraße in Angriff nehmen, bei dem Radfahrer ebenfalls mehr Platz bekommen sollen. Aus Mitte ist zu hören, dass die Beusselstraße in Moabit Radfahrstreifen bekommt. Baustart: noch im April 2024. In Friedrichshain-Kreuzberg stehen der Umbau der Gitschiner Straße und Radfahrstreifen am Stralauer Platz Nord und in der Stralauer Allee auf der Liste.

    Neue Vorhaben, die auf Berliner Hauptverkehrsstraßen grundlegende Umgestaltungen zur Folge haben werden, sind dagegen nicht in Sicht. Auch deshalb nicht, weil Schreiners Verwaltung sparen muss, um die Vorgaben von Finanzsenator Stefan Evers (CDU) zu erfüllen. In ganz Berlin spüren Verfechter der Mobilitätswende Gegenwind. Ein Beispiel aus Dahlem: Seitdem Christdemokraten die Pläne für geschützte Radfahrstreifen in der Thielallee kritisiert hatten, liegt das Projekt auf Eis. „Dabei ist alles vorbereitet“, sagte Emil Pauls vom Netzwerk fahrradfreundliches Steglitz-Zehlendorf. Für Studenten der Freien Universität sei das Projekt wichtig.
    Neue Radfahrstreifen in Mitte: Ein Projekt wird realisiert, ein anderes hängt

    In Mitte geht man davon aus, dass während dieser Wahlperiode auf keiner weiteren Hauptverkehrsstraße Verbesserungen für Radfahrer möglich sein werden (von der Beusselstraße abgesehen). Was mit der Torstraße passiert, wäre ebenfalls ungewiss, hieß es im Bezirksamt. Die Senatsverwaltung habe angekündigt, dass sie auch dieses Vorhaben überprüft. Dort sollte ursprünglich in diesem Jahr damit begonnen werden, Radfahrstreifen anzulegen. Dabei würden fast alle Autostellplätze entfallen.


    In der Hauptstraße haben die Markierungsarbeiten für die neuen Busspuren und die Radfahrstreifen begonnen. Im Sommer 2024 sollen die Arbeiten beendet sein. Kosten: mehr als eine Million Euro.

    Weil auf Hauptverkehrsstraßen bis 2026 im Sinne der Radfahrer fast nichts mehr geht, konzentriert sich auch Tempelhof-Schöneberg auf die Nebenstraßen – für sie sind die Bezirke zuständig. So sei für 2024 geplant, die Monumenten- und Langenscheidtstraße zu einer Fahrradstraße umzugestalten, sagte Saskia Ellenbeck. „Allerdings gibt es noch keine Finanzierung“ – wegen der Sparzwänge im Senat. Auch die Eschersheimer sowie die Belziger Straße stehen auf der Liste neuer Fahrradstraßen, so die Stadträtin.

    Saskia Ellenbeck ist bei ihrem Ortstermin am Richard-von-Weizsäcker-Platz in Schöneberg angekommen. „Hier wird es auch für Fußgänger sicherer“, so die Grünen-Politikerin. Der Senat passt die Ampelschaltungen so an, dass alle Fahrzeuge rotes Licht bekommen, wenn Fußgänger grün sehen. Nicht weit entfernt, an der Einmündung der Akazienstraße, hat die Hauptverwaltung die Planung dagegen verschlechtert, klagt Jens Steckel vom Netzwerk fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg. Anders als vorgesehen wird es keine Abbiegespur für Radfahrer geben, die links in die Akazienstraße wollen. Die Folge: Wie heute müssen Radfahrer absteigen und laufen.

    Frage eines Radpendlers: Ist der Umbau der Hauptstraße ein „Alibiprojekt“?

    Es gibt aber auch grundsätzliche Kritik am gesamten Umbauprojekt der Hauptstraße. „Auf der heutigen Busspur lässt sich entspannt Rad fahren“, sagte Andreas Schwiede, Radfahrer aus Marienfelde, im vergangenen Jahr der Berliner Zeitung. Wenn das Ordnungsamt dafür sorgen würde, dass Abschleppwagen die bestehenden Bussonderfahrstreifen konsequent von Falschparkern befreien, würde das mehr bringen, als das jetzt vorgesehene „Alibiprojekt“, das neue Konflikte schafft.

    Weil die heutige Regelung nur tagsüber gilt, parken abends und nachts viele Fahrzeuge auf den Busspuren, entgegnete Saskia Ellenbeck. Viele Autos stehen noch dort, wenn am Morgen um 7 Uhr wieder Busse dort fahren sollen, und behindern den BVG-Verkehr.

    „Unser Ordnungsamt kann nicht überall sein, es ist für 400 Kilometer Straße zuständig“, so die Stadträtin. Viele Radfahrer fühlten sich unwohl, wenn sie auf einer Busspur fahren und sich den Platz mit Bussen teilen müssen, erklärt sie. „Wir wollen Infrastruktur, die zum Radfahren einlädt. Was hier jetzt entsteht, ist eine echte Verbesserung.“

    #Berlin #Schöneberg #Hauptstraße #Verkehr #Politik #Stadtentwicklung

  • Berliner zu arm? Christoph Gröner verrät, warum er in der Hauptstadt nicht mehr baut
    https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/berliner-zu-arm-christoph-groener-verraet-warum-er-in-der-hauptstad

    9.4.2024 von Liudmila Kotlyarova - Teure Grundstücke, schwache Kaufkraft: Einer der größten Bauherren Deutschlands erzählt im Interview, warum Berlin beim Wohnungsbau absackt und was man dagegen tun könnte.

    Christoph Gröner, einer der größten und prominentesten Bauherren in Deutschland, hat geschäftlich seinen Sitz in Berlin – baut hier aber seit zwei Jahren nichts mehr.

    Er war 2020 der Big Spender der Berliner CDU: 820.000 Euro ließ Gröner der Partei insgesamt zukommen. Auf dem Zukunftsforum seiner Gröner Group Ende März in Berlin erklärte er sich zum überzeugten Sozialdemokraten. Wie passt das zusammen? Wir haben mit ihm gesprochen.

    Herr Gröner, Sie haben ökologisches Bauen zu Ihrer Unternehmensstrategie erklärt. Die Baukosten seien jedoch „komplett aus dem Ruder gelaufen“, merkt die deutsche Wohnungswirtschaft an. Wie wollen Sie erreichen, dass bezahlbare Wohnungen nicht bald reines Wunschdenken werden?

    Es ist nicht das Bauen, das das Wohnen unbezahlbar macht. In München liegen die reinen Baukosten zwischen 3000 und 4000 Euro pro Quadratmeter, die Grundstückspreise dagegen bei 6000 bis 8000 Euro. Bei einem Bauobjekt kommen wir auf bis zu 12.000 Euro Gesamtkosten pro Quadratmeter. In Hamburg kosten die Grundstücke ebenfalls 5000 bis 6000 Euro und das Bauen ähnlich wie in München. In Leipzig ist das Land mit 1000 bis 2000 Euro pro Quadratmeter noch deutlich günstiger.

    Und wie ist es in Berlin?Berlin hat eine interessante Entwicklung hinter sich. Als ich 2010 mit dem Bauen in der Hauptstadt begann, lagen die Grundstückspreise bei 700 Euro pro Quadratmeter. Wir konnten für 2000 Euro pro Quadratmeter bauen und sehr günstigen Wohnraum zum Preis von 3000 bis 4000 Euro pro Quadratmeter anbieten.

    Schon 15 Jahre später kostete der gleiche Baugrund fast das Zehnfache. Wenn wir heute über eine Miete im Neubau von 20 bis 25 Euro pro Quadratmeter in Berlin sprechen, macht eben der Grundstücksteil zwei Drittel dieser Miete, und das Bauen acht, neun, vielleicht zehn Euro aus. Sicher haben wir bei den Baukosten in den letzten 20 Jahren fast eine Verdoppelung vorgenommen. Aber nicht die höheren Baukosten sind unser erstes Problem, sondern die Tatsache, dass das knappe Gut der Grundstücke den Spekulanten überlassen wurde.

    Wir kriegen ein Grundstück sehr teuer serviert und machen nur eine Marge von 15 oder 20 Prozent darauf. Und wenn nach außen das Preisschild von 6000 oder 8000 Euro pro Quadratmeter steht, sind wir dann die bösen Bauträger.

    Steglitzer Kreisel: „Wer da klagt, sind sture Leute“

    Aber Sie machen sicher keine Verluste. Den Steglitzer Kreisel sind Sie rechtzeitig losgeworden, und unglückliche Käufer klagen jetzt gegen den neuen Eigentümer. Wie sehen Sie dieses Problem?

    Wenn beim Steglitzer Kreisel eine Wohnung anbezahlt wurde, kann der Käufer sein Geld über den Notar zurückerstattet bekommen. Wer da klagt, sind sture Leute, die es nicht akzeptieren, dass man von einem Immobilienunternehmen, das die Umsetzung nicht bewerkstelligt bekommt, die Umsetzung auch gerichtlich nicht erzwingen kann.

    Die Gesellschaft, der heute der Steglitzer Kreisel gehört (Adler Group, Anm.d.Red.), ist derzeit aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage, diesen Bau zu realisieren. Es gibt finanzielle, technologische Fragen, aber auch die Genehmigung des Sockels ist eine große Herausforderung. Ich habe seinerzeit als CEO der CG Gruppe AG vor Jahren den Bau begonnen und bin dann von Mehrheitsgesellschaftern aus meinem eigenen Unternehmen gedrängt worden. Und damit ist mir die Verantwortung für die Fertigstellung quasi entrissen worden.

    In dem Fall ist aber niemandem ein Schaden entstanden, außer dass der ein oder andere Kunde den Traum hat, aus 100 Metern Höhe aus seinem Apartment nach Tempelhof zu schauen und das zu günstigsten Konditionen. In Wirklichkeit haben wir andere Probleme. Wir haben viele Kunden in Deutschland, die tatsächlich vor der Insolvenz eines Bauträgers stehen, die Kaufpreise einbezahlt haben und dann ihre Wohnung nicht bekommen. Das ist sehr belastend für junge Familien, die sich ihren Traum erfüllen wollten, oder Kapitalanleger, die jetzt ihre Rendite nicht ausbezahlt bekommen, sowie alle anderen Käufer und Bürger, die in einer solchen Situation stecken.

    Was bauen Sie derzeit in Berlin, auf welche Projekte sind Sie stolz?

    Wir haben uns in den letzten zwei Jahren sehr zurückgehalten. Bis dahin haben wir über 5000 Wohnungen in Berlin gebaut, darunter die Lichtenberger Lofts oder ein Apartmenthaus in der Otto-Suhr-Allee in Charlottenburg. In Berlin haben wir ein ganz großes Potenzial.

    Wir haben uns 2022 allerdings zurückgezogen, weil die Grundstückspreise explodiert sind. Bereits im Jahr 2021 hat mein Unternehmen aufgehört, irgendetwas in Berlin zu kaufen, weil der Neubau sich nicht mehr rechnete.

    Um es kurz zu machen: Die Kaufkraft einer Stadt, einer Kommune oder eines Volkes bestimmt den Immobilienpreis. Ich könnte die Verknappung zwar dafür nutzen, um einen exorbitanten Preis aufzurufen, und das kann auch kurz funktionieren. Aber auf Dauer funktioniert das nicht. Im Augenblick sind wir ausgestiegen, weil die Kaufkraft eines Berliners nicht mehr den Mietpreis bedienen kann, den ich brauche, um die Grundstückkosten zu bezahlen und noch etwas zu verdienen.
    Neue Wohnungen: „Kaufkraft in Berlin ist für eine Hauptstadt sehr schlecht“

    Die Berliner sind für Sie also zu arm. Haben Sie sich deswegen auf andere Städte umorientiert?

    Wir sind seit 20 Jahren in ganz Deutschland unterwegs, haben Standorte unter anderem in Köln, Leipzig und Karlsruhe. Wenn Sie von Köln nach Frankfurt, Karlsruhe, Augsburg, Stuttgart, München gehen, haben Sie natürlich eine ganz andere Kaufkraft als hier in Berlin. Und interessanterweise sind die Immobilien da nicht unbedingt teurer als in Berlin.

    Es ist in der Tat eine schlechte Nachricht, dass die Kaufkraft in Berlin für eine Hauptstadt in Europa sehr schlecht ist. Wenn Sie überlegen, dass selbst in Prag die Kaufkraft 1,5 Mal so groß ist wie in Berlin, dann ist das ein trauriges Ergebnis, das einer seit Jahrzehnten verfehlten Wirtschaftspolitik.

    Die Realität ist aber, dass auch gebürtige Berliner sich oft keinen neuen Mietvertrag leisten können, geschweige denn eine Eigentumswohnung.

    Man kann sich immer darüber unterhalten, dass sich niemand eine Wohnung leisten kann. Aber man könnte auch mal die Frage stellen: Wieso kann sich niemand eine Wohnung leisten? Weil es geil bzw. sexy ist, arm zu sein, wie es einmal der Slogan von Berlin war? Das tut mir ein bisschen leid für diese Stadt.

    Es wird dann gesagt, Berlin sollte weiter sozial durchmischt bleiben, Quartiere für Menschen mit günstigeren Mieten sollten neu hergestellt bzw. bewahrt werden. Und dann scheitern wir schon schnell an ideologischen Straßenkämpfen in dieser Stadt.

    Hier ein Beispiel: Ich war bis 2019 für den Postbanktower in Kreuzberg zuständig. Die Politik lehnte das ausgewogene Planungskonzept mit 400 frei finanzierten Wohnungen jedoch ab und entschied, dass ausschließlich Sozialwohnungen (und anstatt von Wohnungen für den frei finanzierten Markt teure Büroflächen) entstehen sollten. Es wurde aus rein ideologischen Gründen verhindert, Wohnraum zu schaffen. Ich finde den Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum berechtigt. Aber es muss auch der Bürger bedient werden, der sich eine Wohnung im freien Markt leisten kann. Das führt dann zu einer gesunden Durchmischung.

    Die Politik hat nun einen allmählichen Heizungstausch eingeleitet. Setzen Sie auch auf Wärmepumpen?

    Ich bin ein absoluter Fan von Geothermie. Ich finde den Ansatz sehr schön, dass wir die Wärme zum Heizen und Kühlen aus der Erde holen und die Ausschläge in der Temperatur nach oben und dann wieder nach unten kalibrieren können. Das kann man dauerhaft so regulieren, dass man für diese Zwecke kaum noch Strom verbraucht. Und Geothermie funktioniert auch bei den Hochhäusern auf dem dafür geeigneten Boden sehr gut, bei Felsen geht es dann manchmal nicht. Bei unseren Projekten in Köln, Karlsruhe, Stuttgart und München bauen wir bereits die Geothermie ein.

    Doch grundsätzlich hat jedes Projekt seine Herausforderung und seine Lösung. In Berlin würden wir künftig theoretisch eher mit Photovoltaik, Luft-Wärmepumpen und mit dem Blockkraftwerk arbeiten.
    Energiewende: „Ich bezweifle, dass das Stromnetz den Ausbau der Elektromobilität mittragen kann“

    Deutschlands zweitgrößter Vermieter, LEG Immobilien, will ab 2027 jährlich bis zu 9000 Wohnungen auf Luft-Luft-Wärmepumpen oder Split-Klimaanlagen umstellen. Wäre das etwas für Sie?Das ist nicht bezahlbar und auch energetisch nicht vertretbar. Die Stromnetze werden es in dem Ausmaß nicht schaffen. Ich bezweifle auch, dass das Stromnetz den Ausbau der Elektromobilität mittragen kann. Wir schalten Atomkraftwerke aus und fahren dann Kohlekraftwerke hoch, um mehr Strom zu produzieren. Das ist Unfug, ich will mich an so was nicht beteiligen.

    Wenn wir im Sommer dann draußen nachts 32 Grad haben und alle die Wohnung auf 18 Grad herunterkühlen werden, dann ist es vorbei mit dem Klimaschutz, solange wir nicht ausreichend grünen Strom produzieren, aber auch Wasserstoff als Alternative zum Strom.

    Sie nennen sich einen überzeugten Sozialdemokraten. Gleichzeitig haben Sie 2020 mehr als 800.000 Euro an die Berliner CDU gespendet: Warum?

    Die Sozialdemokraten sind für mich in ihrer Ursprungsform keine Ideologen. Das sind Menschen, die Chancengerechtigkeit wollen, die fleißigen, engagierten Menschen eine Zukunft geben, die trotzdem in der Lage sind, wenn es notwendig ist, Menschen dazu aufzufordern, etwas abzugeben, damit der Ausgleich stattfindet. Ich habe im Zusammenhang mit der CDU-Spende deutlich gemacht, dass dies nichts mit meinem Wahlverhalten zu tun hat und ich deshalb noch lange nicht diese Partei wähle.

    Ich habe die Spende jedoch gemacht, weil ich der Überzeugung war, dass die Stadt Berlin eine bürgerliche Klasse haben muss. Die Stadt war den Grünen, den Linken und der SPD und ein paar versprengten Ehrhardt-CDU-Leuten ausgeliefert, die nicht in der Lage waren, einen vernünftigen Ausgleich zwischen sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Prosperität zu schaffen. Die CDU ist doch morgen wieder weg. Aber sie ist stark genug, um mitzuwirken. Die SPD ist stark genug, um mitzuwirken. Und es bleibt doch der Einfluss der Linken und der Menschen, die auch die Verteilung propagieren.
    „Wenn am Schluss der Polizist ohne Wohnung ausgeht, wird er die AfD wählen“

    Was sind Ihre Vorschläge gegen den Wohnungsmangel in Berlin? Der BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V. schlägt etwa Mehrgeschossigkeit vor.

    Wir können mit einem Helikopter über Berlin fliegen, und ich zeige Ihnen Flächen für 200.000 Wohnungen. Wir müssen die Ressourcen, die wir haben, besser nutzen. Da, wo ein einstöckiges Gebäude ist, müssen wir ein fünfstöckiges bauen. Wir müssen jetzt nicht zehn, siebzehn Stockwerke bauen, es reichen auch sieben oder acht. Wir müssen nur vor allen Dingen schnell Baurecht schaffen.

    Und ich schlage es schon länger vor: Lassen Sie uns doch die Autobahn überdecken. Das ist überhaupt kein Problem. Ich habe der früheren Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) angeboten, mit ihr über die von uns erstellten Pläne zu diskutieren, wie wir auf die Weise 60.000 Wohnungen bauen können: 50 Prozent davon bezahlbar, 50 Prozent frei finanziert und 100 Prozent CO₂-neutral. Leider gab es dazu keine Reaktion. Mit dem Bauen könnten die Berliner „morgen“ beginnen.

    Es fehlt also die Bereitschaft der Politik?

    Es fehlt die Bereitschaft der Politik, da mitzuwirken. Die Immobilienwirtschaft wird von allen Parteien seit vielen Jahren als Faustpfand für die Ideologie genommen. Ich gehe nach Kreuzberg und bekomme ein Bauprojekt nicht genehmigt, weil mir der Verordnete der Linken sagt: Wenn hier 400 Menschen mit mittleren bis höheren Einkommen einziehen, verliere ich mein Mandat, weil ich 400 Menschen mehr habe, die garantiert nicht links wählen.

    In gleicher Weise argumentiert ein Bürgermeister der CSU eines Vororts in München. Dort spricht man offen darüber, dass die Zuziehenden oftmals jung und damit eher den Grünen oder den Sozialdemokraten zugewandt sind. Also ist auch dort das Interesse an einer neuen Bebauung nicht vorhanden – obwohl die Möglichkeit dazu besteht, da auch dort eine Wiederwahl gefährdet würde. Die Politiker sorgen leider nicht wirklich immer konsequent für mehr Wohnraum, sondern kümmern sich oft nur darum, dass sie nächstes Mal wiedergewählt werden.

    Wir müssten den Wohnungsbau aus ideologischen Diskussionen herausnehmen und einfach einen Masterplan entwickeln für diese Stadt, wo die Grünen, die FDP, die Linken, die SPD und die CDU sich überlegen: Wie entsteht möglichst schnell mehr Wohnraum? Wenn ein Polizist, ein Ukrainer und ein Syrer sich um eine Wohnung schlagen, am Schluss der Polizist immer ohne Wohnung ausgeht, wird er die AfD wählen.

    Und wir müssen das verhindern. Wenn wir Demokratie und Freiheit haben wollen, müssen wir ganz schön kämpfen, ganz schnell viele Wohnungen bauen, damit der Wohnungsmangel nicht dazu führt, dass die Menschen aus Verzweiflung anfangen, Unfug zu wählen.

    Vielen Dank für das Gespräch.

    Zum Gesprächspartner

    Christoph Gröner, 56, geb. in Karlsruhe, ist ein deutscher Immobilienunternehmer. Seit der Gründung des Unternehmens im Jahre 2008 ist er der geschäftsführende Gesellschafter, seit 2022 auch der Vorstandsvorsitzende der Gröner Group AG. Im Herbst 2023 gründete er die neue Firma ecobuilding AG, die er mit dem ehemaligen CDU-Politiker Ronald Pofalla leitet. Seine frühere Immobilienentwicklungsgesellschaft, die CG Gruppe AG, wurde 2020 vollständig von der Consus Real Estate übernommen, die zur Luxemburger Adler Group gehört.

    #Berlin #Wohnen #Immobilien #Spekulation #Stadtentwicklung #Politik

  • Kita-Sterben? Prenzlauer Berg hat zu viele Kita-Plätze – wie kann das sein?
    https://www.berliner-zeitung.de/news/kita-sterben-prenzlauer-berg-hat-zu-viele-kita-plaetze-li.2192322

    Die Gentrifizierung hat mit ihrer Eigentumswohnungisierung die soziale und Altersmischung des Stadtteils zerstört. Wo früher immer wieder neue junge Familien in die großen Mietwohnungen einzogen, bleiben die Alten heute bis zum Tod in ihrer Eigentumswohnung, dem Lebensprojekt.

    Eine unfähige städtische Schulplanung hatte bereits in den Neunzigern zu einem Angebotsmangel an Kindergarten- und Schulplätzen geführt, der von privaten Trägern im Kitabereich aufgefangen wurde. Die leiden nun an den absehbaren Überkapazitäten. Kapitalismus eben, das organisierte Chaos.

    29.2.2024 von Jule Damaske - In Prenzlauer Berg sind Hunderte Kitaplätze nicht besetzt. Einrichtungen sind sogar offen für Familien aus Brandenburg. Warum ist das so?

    Über Jahre hieß es, in Berlin gebe es zu wenig Kitaplätze. Doch in Prenzlauer Berg sind einem Bericht der Prenzlauer Berg Nachrichten zufolge aktuell rund 800 Plätze nicht belegt. „Das ist fast jeder zehnte von insgesamt 9565 Plätzen, die für 9625 anspruchsberechtigte Kinder zur Verfügung stehen“, heißt es dort. Vor zehn Jahren kämen auf 8700 Plätze noch 10.655 Kinder. Wie kann das sein?

    Schon in den 1990er Jahren wurden in Prenzlauer Berg Schulen geschlossen, weil dafür die Kinder fehlten. Zehn Jahre später kehrte sich das wieder um. Grund dafür ist dem Bericht zufolge die weniger starke Altersdurchmischung im Bezirk. Dadurch komme es zu Schwankungen im Bedarf, nicht nur bei Kitas und Schulen, sondern auch bei Altenheimen.

    Die Kindergärten Nordost in Prenzlauer Berg betreiben den Angaben zufolge 15 Kitas. Von den etwa 1900 Kitaplätzen seien zurzeit rund 300 nicht belegt. „Mittelfristig wäre auch eine Schließung von Einrichtungen, die etwa unsere baulichen und damit pädagogischen Standards nicht mehr gänzlich erfüllen, zu überprüfen“, sagt Sprecherin Judith Frenz den Prenzlauer Berg Nachrichten. Doch nicht nur die sinkende Nachfrage sei dafür verantwortlich, auch der Personalmangel trage dazu bei. Ohne Erzieherinnen und Erzieher könnten nicht alle vorgesehenen Plätze auch wirklich angeboten werden.

    Pankower Kitas offen für Familien aus anderen Berliner Bezirken und Brandenburg

    In den Einrichtungen werde deshalb ein wirtschaftlicher Verlust befürchtet. Vom großen Kita-Sterben sei der Bezirk jedoch noch weit entfernt. Aktuell würden Räume in den Einrichtungen umgebaut oder das pädagogische Profil geschärft, um so im Konkurrenzkampf um Kinder herauszustechen. Selbst kleine Kitas, die jahrelang bewusst auf Werbung verzichteten, sähen sich nun gezwungen Plakate aufzuhängen oder auf Instagram zu posten, um Nachfolger zu gewinnen.
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    Mittlerweile ist der Bezirk sogar offen für Familien aus anderen Bezirken und aus Brandenburg, sagt Pankows Bezirksstadträtin Rona Tietje (SPD) dem Artikel zufolge. Das Pankower Jugendamt helfe dabei, suchende Eltern und Kitas mit Plätzen zusammenzubringen. Doch nicht jede Familie fände automatisch einen Platz in ihrer Wunschkita. Insbesondere Eltern mit Spätschicht oder Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf müssten in vielen Fällen länger suchen.

    #Berlin #Prenzlauer_Berg #Kindergarten #Pädagogik #Stadtentwicklung #Verwaltung #Immobilien #Soziologie

  • Berlin: Auf dem ehemaligen Flughafen Tegel könnten 25.000 Wohnungen entstehen – ein Plädoyer
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/berlin-auf-dem-ehemaligen-flughafen-tegel-koennten-25000-wohnungen-

    Die Idee liegt in der Luft, und endlich greift sie einer auf. Einen einzigen Mangel hat der Artikel : Öffentlichen Nahverkehr kennt er nur als Bus und Bahn.

    Taxis werden aber genauso gebraucht, um Gehbehinderte und Reisende mit schwerem Gepäck direkt vor der Haustür aufzunehmen. Auch für die kleinen studentischen Umzüge mit einem oder zwei Kubikmetern Zeug sind Taxis das effektivste und umweltschonendste Beförderungsmittel. Vielleicht wird es in der TXL-Neustadt die ersten autonomen, selbstfahrenden Taxis Berlins geben. Das riesige Gelände wäre ideal dafür.

    Die Möglickeit, mit PKW und Kleinbussen an jeder Haustür vorzufahren, gehört deshalb auch in jedes grüne Stadtkonzept.

    25.11.2023 von Andreas Barz - Der stillgelegte Airport im Norden Berlins bietet Platz für sehr viel mehr Häuser als bislang geplant. Die Umsetzung ist ein Muss in Zeiten enormen Wohnraummangels. Ein Plädoyer.

    Wohnen heißt – nach Martin Heidegger – bleiben. Doch bleiben setzt voraus, dass man auch kommen kann. Die Arbeitsgruppe für den Stadtentwicklungsplan Wohnen 2040 geht aktuell von rund 400.000 Neuberlinern bis zum Jahr 2040 aus. Darin enthalten sind noch nicht Zuzüge durch weltweite politische Krisen oder Klimakatastrophen.

    Machen wir uns nichts vor: Es wird diese Krisen geben. Schon 400.000 neue Stadtbürger benötigen rund 200.000 Wohnungen, die durch Verdichtung oder Neubau realisiert werden müssen. Nur, wo können diese 200.000 Wohnungen geschaffen werden?
    Platz für eine Wohnstadt der Zukunft

    Das Flugfeld des ehemaligen innerstädtischen Flughafens in Tegel, im Norden und Westen durch den Flughafensee und den Forst Jungfernheide, im Süden durch Kleingärten und im Osten durch die Autobahn und Kasernen begrenzt, bietet Platz für eine Wohnstadt der Zukunft – mit knapp hunderttausend Menschen.

    Der Flughafen hat eine Fläche von mehr als 500 Hektar, das entspricht fünf Quadratkilometern. Von der Gesamtfläche sind derzeit für die Tegeler Stadtheide 220 Hektar, für die Urban Tech Republic 230 Hektar und für das Schumacher Quartier rund 50 Hektar vorgesehen.

    Während im Wohnquartier 5000 Wohnungen für rund 10.000 Menschen gebaut werden sollen, könnte nach Planungen der Tegel Projekt GmbH die Fläche der Urban Tech Republic 20.000 Arbeitsplätzen Platz bieten. 2000 Studierende der Berliner Hochschule für Technik ließen sich in den denkmalgeschützten Gebäuden des ehemaligen Terminals unterbringen.

    Der städtebauliche Rahmenplan geht auf das Jahr 2014 zurück. Baurecht ist bislang für keine der Flächen geschaffen, was der Tegel Projekt GmbH zufolge vor allem auf die verspätete Inbetriebnahme des neuen Airports in Schönefeld zurückzuführen ist.

    Doch seit 2014 haben sich die Bedingungen in Berlin deutlich verändert: Die Stadt wächst – und zwar rasant. Der Wohnungssektor, einschließlich der mit dem Wachstum einhergehenden sozialen Infrastruktur, benötigt darum viele neue Bauflächen. Die Nachfrage nach Gewerbeflächen ist trotz Ausbau der digitalen Infrastruktur und eines postpandemischen Anstiegs an Homeoffice-Arbeitsplätzen ebenfalls ungebrochen hoch. Der Platzbedarf der im Wedding beheimateten Berliner Hochschule für Technik ist seit Jahren evident und soll daher nicht infrage gestellt werden.

    Mit einer Gesamtfläche von 500 Hektar stellt die ehemalige Flughafenfläche in Tegel neben dem bereits 2008 außer Betrieb genommenen Flugfeld in Tempelhof mit rund 390 Hektar die größte Entwicklungsfläche Berlins dar.

    2014 haben sich die Stadtbewohner im Rahmen eines Referendums mehrheitlich für die Nichtbebauung des ehemaligen Flughafens Tempelhof entschieden und damit auf Jahrzehnte einer baulichen Nutzung eine Absage erteilt. Dem Tempelhofer Feld kommt daher künftig vor allem eine klimaregulierende Aufgabe zu. Teile des Flugfelds könnten als Ausgleichs- und Ersatzfläche umgestaltet werden und so die in Tegel geplante Stadtheide entbehrlich machen.

    Statt eine Überprüfung der stadtentwicklungspolitischen Leitlinien voranzutreiben, verliert sich die Planung für die Nachnutzung des Flughafens Tegel aber im Klein-Klein und soll das überholte Planungskonzept aus dem Jahr 2014 unbedingt an den Start bringen.

    Die Bedarfe der wachsenden Stadt, die Wohnstadt oder auch die gemischte europäische Stadt werden für diese größte Berliner Entwicklungsfläche nicht in den Blick genommen, und so wirkt der Masterplan für die 500 Hektar wie aus der Zeit gefallen oder wie eine Lehrseite der Charta von Athen, die 1933 die Stadt in funktionsgetrennte Zonen unterteilte.

    Hier das Wohnen, dort das Arbeiten und möglichst in den Zentren Kultur und Verwaltung. Ähnlich sieht auch die Planung für Tegel aus: Das alte Terminal besetzt die Berliner Hochschule für Technik, drum herum gruppiert sich die Urban Tech Republic, am Rand wird das Schumacher Quartier als Wohngebiet errichtet und im Norden – zum Flughafensee und zur Jungfernheide – gruppieren sich die durch die Flugnutzung kontaminierten Ausgleichs- und Ersatzflächen.

    Auch die aktuelle Verkehrsplanung hinkt den Bedarfen und den Erfordernissen einer modernen klimaneutralen europäischen Stadt hinterher und setzt vor allem auf die Anbindung des Quartiers per Straße. Vage bleiben die Formulierungen zum Ausbau des Straßenbahnnetzes, die in diesem Teil der Stadt nicht vorkommt und erst umständlich an das Straßenbahnnetz im Ortsteil Mitte angebunden werden müsste, was erfahrungsgemäß lange dauert und auf massiven Widerstand stoßen wird.

    Vorbild für die weitere Entwicklung sollten die neuen Stadtquartiere in Wien oder in Kopenhagen sein, in denen Schnellbahnen die Pioniere der Entwicklung waren. Auf dem Flugfeld Aspern in Wien, das für 45.000 Menschen als Wohn- und Arbeitsort völlig neu entwickelt wird, war als Erstes die U-Bahn fertig und brachte zunächst die Bauarbeiter in das Quartier. Auch für Tegel könnte dies so sein, wenn der Senat sich entschließen würde, die alte U-Bahnplanung für den Anschluss des Flughafens aus den 1960er-/70er-Jahren wiederaufzunehmen und die vorhandenen Tunnel am Knotenpunkt Jungfernheide zu nutzen und zum Flugfeld zu verlängern.

    Die U-Bahn sollte dann nicht auf dem Tegeler Flugfeld enden, sondern gleich zur benachbarte Insel Gartenfeld – ebenfalls ein städtisches Entwicklungsgebiet – und später weiter durch die nördlichen Spandauer Wohngebiete bis hin in das hoch verdichtete Umland verlängert werden. Anders als im Märkischen Viertel, das bis heute immer noch nicht an das Schnellbahnnetz angebunden ist, oder die noch im Bau befindliche Europacity nördlich des Hauptbahnhofs, könnte Berlin in Tegel der Mobilitätswende und der damit einhergehenden Attraktivierung des Nahverkehrs einen völlig neuen Schub verleihen.

    Eine grundlegende Überarbeitung der Planung für das Flugfeld in Tegel könnte zudem stark umstrittene Projekte an anderer Stelle – wie auf der Elisabethaue oder Am Sandhaus in Buch – ausgleichen helfen und damit auch zur Befriedung der stark gespaltenen Stadtgesellschaft beitragen.

    Mit einem klugen Mobilitätskonzept, mit Hochschule und Gewerbe, mit Parks und Gärten, mit einer sozialen Infrastruktur, die alle begeistert, könnte hier die gemischte europäische Stadt der Zukunft entstehen. Allerdings braucht es hierfür Mut. Mut der öffentlichen Verwaltung und Politik, die Weichen richtig zu stellen, Mut der Wohnungswirtschaft, ein Gemeinschaftsprojekt auch gemeinsam zu stemmen und nicht in Hinterzimmern auszuhandeln, und Mut der Stadtgesellschaftt, auch mal für etwas und nicht immer gegen etwas zu sein.
    25.000 Wohnungen möglich

    Nimmt man die weit vorangeschrittene städtebauliche Umsetzung der Europacity an der Heidestraße mit ihren 61 Hektar für rund 3000 Wohnungen und 16.500 neue Arbeitsplätze als Blaupause, ließen sich auf dem mehr als achtmal so großen Areal in Tegel rund 25.000 Wohnungen und circa 135.000 Arbeitsplätze realisieren. Zieht man die Kritik der ehemaligen Senatsbaudirektorin Regula Lüscher an der Europacity hinsichtlich der städtebaulichen Dichte und baulichen Höhe in Betracht, ließen sich in Tegel weitaus mehr Wohnungen realisieren.

    Bislang plant die Tegel Projekt GmbH neben einigen Hochpunkten im Schumacher-Quartier nur vier- bis sechsgeschossige Wohngebäude. Das widerspricht allen parteiübergreifenden Bekenntnissen der vergangenen Jahre zu mehr Höhe und Dichte. Und es passt auch nicht zur Klage über einen Mangel an verfügbarer Baufläche, wenn ein solches Gelände quasi vorstädtisch bebaut und damit Potenzial verschenkt wird.

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    Auch die stark durchgrünte Gropiusstadt oder der Wohnpark Alt-Erlaa in Wien mit seinen grünen Terrassenhäusern könnten als positive Vorbilder für das Neudenken von Tegel herangezogen werden. Zudem haben die im Bündnis junger Genossenschaften organisierten Genossenschaften eine Modellplanung für ein durchmischtes Stadtquartier für rund 2500 Menschen vorgeschlagen und 2022 der Öffentlichkeit präsentiert.

    Gemeinsam mit den Genossenschaften sollen kommunale Wohnungsunternehmen 90 Prozent der geplanten Wohnungen in Tegel realisieren. Landesunternehmen, Genossenschaften, Tegel Projekt GmbH, der Bund und die Berliner Stadtentwicklungs- und Verkehrsverwaltung sollten daher im Rahmen einer gemeinsamen Tegel-Konferenz für eine Überarbeitung des Masterplans zusammenkommen und die Weichen für Berlins größte städtebauliche Entwicklungsmaßnahme stellen. Parallel hierzu könnten die umstrittenen Vorhaben im Bezirk Pankow oder die immer wieder neu entfachte Debatte über die Randbebauung des Tempelhofer Flugfeldes ein für alle Mal zu den Akten gelegt werden.

    Der Wohnpark Alt-Erlaa in Wien

    Der Wohnpark Alt-Erlaa in WienVolker Preußer/imago
    Nachsatz zur aktuellen Wohnungsbaudebatte in Berlin

    Die Regierungen in Bund und Ländern haben das Wohnen zu der sozialen Frage des 21. Jahrhunderts erklärt. Auch um Schieflagen durch den seit Jahrzehnten abnehmenden Bestand von Sozialwohnungen zu beseitigen. Das kann nur durch einen massiven Wohnungsneubau gelingen. Gleichzeitig ächzen unsere Städte unter den Auswirkungen des Klimawandels und müssen in großer Geschwindigkeit umgebaut werden. Das betrifft auf kurze Sicht den Umbau der Städte zu Schwammstädten, den Ausbau des Baumbestands zur Regulierung des Stadtklimas sowie einen Stopp der Neuversiegelung des Bodens.

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    Eine solche Null bei der Neuversiegelung wird jedoch nur zu schaffen sein, wenn vorhandene Flächen intensiver genutzt werden – das bedeutet mehr Dichte und Höhe und vor allem den Umbau der Landesbauordnungen, die vielfach immer noch die funktionsgetrennte Stadt und die Charta von Athen zur Grundlage haben, und den Umbau ehemals für den Verkehr genutzter Flächen. Hierzu zählen die Flugfelder, Eisenbahnanlagen und auch die überdimensionierten Straßen der autogerechten Stadt.

    Eine wichtige Rolle wird auch dem Umbau der Städte und den durch die Mobilitätswende möglich gewordenen Rückbau der autogerechten Stadt des 20. Jahrhunderts zukommen. Straßenräume werden zurückgebaut, entsiegelt und bepflanzt. Parkplatzflächen oder auch reine Gewerbegebiete werden zugunsten von Mischgebieten umgebaut, auch um größere Dichten auf den jeweiligen Stadtflächen zu ermöglichen.

    Sollte Berlin zu einem anderen Entschluss gelangen und keine ausreichende Zahl neuer Wohnungen bauen und nur noch jene Teile der Stadtbevölkerung in den Fokus nehmen, die schon da sind, hätte dies fatale Folgen für all die Bereiche, die die Stadt stark machen: Die Auswirkungen auf den Wirtschafts-, Wissenschafts- und Kulturstandort Berlin wären dramatisch, denn ohne Wohnungen kein Bleiben und kein Kommen. Im Segment des akademischen Wohnens, aber auch im Bereich der Angebote für Senioren beobachten wir dieses Phänomen bereits heute.

    Es steht außer Frage, dass Politik und Stadtgesellschaft Regeln für das bezahlbare Wohnen und gegen Mietwucher aufstellen müssen, und selbstverständlich sollte über eine Vergemeinschaftung des Bodens als nicht vermehrbares Gut debattiert werden. Enteignungen und Zwangskollektivierung sind der falsche Weg. Die massive Unterstützung des kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsneubaus wäre vielmehr der richtige Weg. Hierzu gehören ein ausreichendes Angebot von Grundstücken und die Ausweitung der Wohnbauförderung.

    Das Flugfeld in Tegel gibt Berlin eine einmalige Chance, die Stadt der Zukunft mit den Berlinerinnen und Berlinern nicht nur zu diskutieren, sondern auch umzusetzen.

    Andreas Barz ist Vorstandsvorsitzender der Studentendorf Schlachtensee eG. und Ko-Sprecher des Bündnisses junger Genossenschaften.

    #Berlin #Tegel #TXL #Wohnen.#Stadtentwicklung #ÖPNV

  • „Tunnel des Grauens“ am ICC Berlin wird geschlossen
    https://www.berliner-zeitung.de/news/fussgaengertunnel-am-icc-berlin-wird-geschlossen-li.366612


    Unterführung zwischen ICC und Busbahnhof Berlin.Jürgen Ritter/Imago Images

    6.7.2023 von Jule Damaske - Er ist in Kinofilmen und Fernsehserien zu sehen. Nun soll der weltbekannte Fußgängertunnel nahe der Messe Berlin geschlossen werden. Das sind die Gründe.

    Kaum ein Fußgängertunnel in Berlin ist so bekannt, wie jener zwischen dem Internationalen Congress Centrum (ICC) und dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB). Ob in „Die Bourne Verschwörung“, „Tribute von Panem“ oder „Captain America: Civil War“: Durch die Unterführung sprangen schon Stars wie Matt Damon, Jennifer Lawrence und Robert Downey Jr. in großen Action-Filmen. Nun soll die auch als „Tunnel des Grauens“ bekannte Unterführung in Charlottenburg-Wilmersdorf geschlossen werden. Das bestätigte die Senatsverkehrsverwaltung der Berliner Zeitung.

    Der Fußgängerverkehr soll in Zukunft ausschließlich oberirdisch organisiert werden. Dafür soll die Kreuzungsanlage umgebaut werden, hieß es von der Verkehrsverwaltung auf Anfrage. Ein Zeitplan stehe noch nicht fest.

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    Klar ist jedoch, für den in den 1970er-Jahren gebauten Tunnel ist das das Ende. Bereits seit geraumer Zeit befindet er sich in einem schlechten Zustand und das, obwohl er seit einiger Zeit unter Denkmalschutz steht. Nicht selten schlafen Obdachlose in dem orangefarbenen, unterirdischen Gang.

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    Der Tagesspiegel zitiert aus einem Schreiben der Senatskanzlei, in dem die Schließung mit „bestehenden Mängeln hinsichtlich Barrierefreiheit, Brandschutz und Fußgängersicherheit“ begründet wird. Als weitere Gründe werden darin die „Verschmutzung und zunehmende Verwahrlosung“ sowie die „jährlichen Unterhaltskosten in Höhe von ca. 350.000 Euro“ aufgeführt. Auf Anfrage der Berliner Zeitung bestätigte der Senat, dass der Tunnel geschlossen werde, weil die Barrierefreiheit nicht gewährleistet ist und die Instandhaltungs- und Reinigungskosten zu hoch sind.

    #Berlin #Charlottenburg #Messedamm #Masurenallee #Neue_Kantstraße #ICC #Busbahnhof #Stadtentwicklung #Tiefbau

  • Das Übel der autogerechten Stadt: Wie Willy Brandt West-Berlin veränderte
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/das-uebel-der-autogerechten-stadt-wie-willy-brandt-west-berlin-vera

    12.6.2023 von Ansgar Hocke - Es war die weltpolitische Realität des Kalten Krieges, die ein städtebauliches Gesamtkonzept für Berlin nach 1945 verhinderte. Und so wurde Ende der 50er-Jahre im Westteil der Stadt gebuddelt, gebaut und eingeweiht. Es herrschte der bauliche „Selbstbehauptungswille“ in der schon fast geteilten und noch kriegszerstörten Stadt.

    Der legendäre Bürgermeister Ernst Reuter war Vorbild und Lehrmeister für Willy Brandt. Im Alter von 44 Jahren wählten ihn die Abgeordneten 1957 zum Regierenden Bürgermeister. Er war zur kommunalpolitischen Nüchternheit gezwungen, um die Existenz der Stadt zu sichern und eine städtebauliche Entwicklung in Gang zu setzen. Die Probleme von damals klingen heute vertraut: Unterbringung der Flüchtlinge, Preisanstieg bei den Lebensmitteln und fehlende Wohnungen sowie Schulen.

    Noch prägten 1957 die vier Sektoren das Leben in der Stadt; wobei der Ostsektor von den Sowjets abgeriegelt war und kontrolliert wurde. An den Bundestagswahlen durften sich die „Insulaner“ nicht beteiligen. Die Blockade West-Berlins lag zehn Jahre zurück, aber der Druck durch die Sowjetunion, durch den damaligen Regierungschef Nikita Chruschtschow, ließ nicht nach. Wie und woraus sollte dieses Berlin seine Zukunft schöpfen, die Industrie und die Wirtschaft voranbringen? Die Lage war beklemmend. Die Zentralen von Siemens und AEG zogen weg, viele wichtige Spitzenverbände, Industriebetriebe, vor allem die Metallbranche, übersiedelten nach Westdeutschland. Keine Frage: West-Berlin hing am Bonner Tropf; jeder Haushalt ein Kampf und Krampf.

    Die politische Spaltung der Stadt war bereits seit dem 30. November 1948 vollzogen. Die SED putschte die legale Gesamtberliner Regierung weg; diese floh ins Rathaus Schöneberg. Der Ostteil der Stadt schwang sich auf, Hauptstadt der DDR zu werden, und West-Berlin blieb nichts anderes übrig, als sich einzurichten. Bonn war inzwischen Regierungssitz geworden und Ost-Berlin verfolgte den eigenen sozialistischen Weg.

    West-Berlin baute Wohnungen, Kongressräume, Büros, aber eben auch Schneisen für die Autos. Denn 1957 hatte sich die Zahl der zugelassenen Motorfahrzeuge gegenüber 1951 bereits verdreifacht. Die Großzügigkeit von Straßen wie der Bundesallee, der Heerstraße, des Kurfürstendamms, der Joachimsthaler Straße und des Hohenzollerndamms ließ die Lust am Autofahren stetig anwachsen. Schnellstraßen und Autobahnen wurden gebaut, Straßen verbreitert. Immer mehr Bürohäuser entstanden nach und nach, zuerst rund um den Bahnhof Zoo und die Ruine der Gedächtniskirche. Die neue Randbebauung des Zoologischen Gartens stellte eine einheitliche Anlage von 400 Metern Länge dar.
    Durch den Marschallplan finanzierte Bauten

    Gebäude der Wirtschaft, Versicherungen, Geschäfte und Kaufhäuser entstanden am Kurfürstendamm und in der Tauentzienstraße. Dies waren in erster Linie lang gezogene Hochhäuser, durch den Marshallplan der USA finanzierte Bauten im „amerikanischen Stil“ wie das Hilton-Hotel, das Bikinihaus, das Telefunkenhaus sowie das Ernst-Reuter-und das Corbusier-Haus, das im Rahmen der internationalen Bauausstellung von 1957 entstanden war. Sich mit internationalem Flair im Städtebau und in der Architektur zu umgeben, war Absicht und Wunsch der brandtschen Regierung.

    Es war ein Glücksfall für den Senatschef Brandt, dass der Beginn seiner Amtszeit mit der Eröffnung der Internationalen Bauausstellung im Hansaviertel zusammenfiel, die noch unter seinem Vorgänger Otto Suhr akquiriert worden war. Die Bauten im Hansaviertel signalisierten einen Neubeginn: Berlin öffnete sich der Welt, allen Existenznöten zum Trotz.

    Bekannte internationale Architekten der Nachkriegsmoderne wie Walter Gropius, Oscar Niemeyer, Max Taut und andere lockten die Besucher an: viel Grün, viel Luft und Sonne, und alles nicht weit vom Tiergarten entfernt. Das Hansaviertel wurde ein „riesiges Ausstellungsstück“, denn die 54 Architekten aus verschiedenen Nationen der „freien Welt“ hatten sich bei den Baukosten die Zügel anlegen lassen. Sie durften nicht viel teurer bauen, als es im Rahmen des damaligen sozialen Wohnungsbaus üblich war.

    Nicht vergessen werden darf, dass bis zum Mauerbau 60.000 bis 70.000 Menschen jeden Tag aus Ost-Berlin in den Westteil kamen, um hier zu arbeiten. Der Wegfall der Arbeitskräfte konnte durch die Zuwanderung westdeutscher Arbeiter und Arbeiterinnen einigermaßen ausgeglichen werden.

    Trotz des Leitbildes einer autogerechten Stadt, das auch der SPD-Politiker Brandt teilte, war der U-Bahn-Bau eine der wichtigsten Aufgaben unter den Verkehrsprojekten in seiner Ära. Linien wurden verlängert, nach Steglitz, Mariendorf und Tegel, teilweise auch als indirekte Folge des Mauerbaus, nachdem die Ost-Berliner S-Bahn von den West-Berlinern boykottiert wurde. Der Regierende Bürgermeister hob des Öfteren die grüne Kelle, um feierlich eine Strecke freizugeben. Er nannte die U-Bahn ein Kind dieses Jahrhunderts: „jung, flink und zuverlässig“.

    Schon um 1960 herum hatte sich bei Willy Brandt die Überzeugung durchgesetzt, dass man Verkehrsprobleme nicht nur durch Straßenbau würde lösen können, sondern durch die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs. Brandt war ein Politiker, der es dank seiner rhetorischen Fähigkeiten verstand, selbst der Einweihung des Teilstücks der U-Bahn-Linie vom Kurt-Schuhmacher-Platz nach Tegel (1958) eine historische Bedeutung zu geben. So sprach er auf dem U-Bahnhof Kurt-Schuhmacher-Platz die Sätze: „In der Hoffnung, dass der Tag nun doch näher rückt, trotz all der Schwierigkeiten, die uns in der Welt umgeben, an dem hier in Berlin wieder zusammengefügt sein wird, was zusammengehört. Der Tag, wo dann wieder ein einheitliches Verkehrsnetz Realität sein wird. In dieser Hoffnung an diesen Tag gebe ich jetzt das Startsignal für den ersten planmäßigen Zug.“ Drei Jahrzehnte später, 1989, einen Tag nach dem Fall der Mauer, sollte Willy Brandt fast die gleichen Worte –„es wächst zusammen, was zusammengehört“ – wieder benutzen.
    Kultureller Glanz oder soziale Infrastruktur?

    Mit dem Bau der Mauer 1961 endete der Zuzug von Flüchtlingen aus Ostdeutschland. Die Einwohnerzahl West-Berlins sank, aber der große Exodus blieb aus. Die Ausrichtung der Stadtpolitik auf eine wiedervereinigte Hauptstadt Berlin, die Idee eines Zentrums um das Reichstagsgebäude, um die alte Mitte wieder aufleben zu lassen, diese Ausrichtung konnte nicht länger beibehalten werden. Lediglich das sogenannte City-Band vom Architekten Hans Scharoun deutete den Weg gen Mitte an: Nahe des Potsdamer Platzes schuf der Architekt die Philharmonie, später die Staatsbibliothek, um diese Repräsentativbauten wenigstens möglichst dicht in die Nähe der historischen Berliner Mitte zu rücken. Zum quirligen, lebendigen Zentrum West-Berlins entwickelte sich dieses Kulturforum aber nicht.

    Willy Brandt wollte kulturellen Glanz in seinem Berlin, und die Abgeordneten subventionierten seine Kulturpolitik für all die Maler, Literaten, Bildhauer und Schauspieler, die er nach Berlin einlud. Er setzte in seiner Amtszeit Maßstäbe, engagierte sich für den Konzertsaal der Hochschule der Künste ebenso wie für die Fertigstellung der Philharmonie und ließ es sich natürlich nicht nehmen, die neue Deutsche Oper an der Bismarckstraße zu eröffnen. Willy Brandt forcierte den Ausbau der Universitäten und der Institute, wie zum Beispiel des Max-Planck-Instituts oder des Instituts für Entwicklungspolitik. Er engagierte sich für die Berliner Festwochen, die Gründung der Film- und Fernsehakademie, für die Filmfestspiele, für den Berliner Kunstpreis.

    Doch stand die Politik im Rathaus Schöneberg in diesen Jahren stets vor dem Dilemma: Geld für Kulturbauten oder für die soziale Infrastruktur. So verzögerten zum Beispiel die Landesparlamentarier im Hauptausschuss die Mittelfreigabe für den Bau der Galerie des 20. Jahrhunderts im Tiergarten, die Neue Nationalgalerie, denn die Bezirke und Abgeordneten forderten vorrangig moderne Krankenhäuser, Universitätskliniken, eine Großmarkthalle und den Ausbau des öffentlich geförderten Wohnungsbaus. Erst sechs Jahre nach der Auftragserteilung konnte daher der Museumsbau des Architekten Ludwig Mies van der Rohe eröffnet werden.

    Willy Brandt wusste wohl, dass man für eine Stadt einen industriellen Unterbau braucht, deswegen gab es in der Berlinförderung massive Mittel für Umsatzsteuererstattung und Investitionshilfen, um Industrieansiedlungen nach Berlin zu holen, die übrigens zweifelhafter Natur waren und heftige Auseinandersetzungen zur Folge hatten; zum Beispiel die Zigarettenindustrie, die von Bremen nach Berlin verlagert wurde.

    Die Zentralen der Industrie, der Wirtschaft und des Handels boykottierten weiterhin West-Berlin. Inzwischen hatte der Wiederaufbau ungeheure Fortschritte gemacht und die enorme Bautätigkeit setzte sich fort. In der Gropiusstadt, am Falkenhagener Feld, im Märkischen Viertel entstanden nach und nach Tausende von Wohnungen. Die Befürworter dieser Siedlungen lobten den dortigen hohen Wohnkomfort, die Kritiker sahen in ihnen eintönige Betonwüsten.

    Neben den massiven Neubauten am Rande der Stadt begann ein Sanierungsprogramm in den Altbauquartieren von Kreuzberg bis Wedding. Es kam zum Kahlschlag. Rund um das Kottbusser Tor sollte zum Beispiel alles dem Erdboden gleichgemacht werden. Der Abriss der vielen Gründerzeithäuser sollte dem Ideal der autogerechten Stadt dienen. Bis in die 70er-Jahre hinein galt zum Beispiel die Devise: Straßenbahnen haben auf der Straße nichts zu suchen, denn sie stören den Autoverkehr.

    Straßenzüge wie zum Beispiel die Kreuzberger Oranienstraße sollten zu einer breiten Achse ausgebaut werden. Die Planer der Senatsbauverwaltung schienen offenbar begeistert, Autobahnen quer durch die Stadt zu bauen, die sogenannten innerstädtischen Tangenten plus Innenstadtring. Der Generalverkehrsplan, der Flächennutzungsplan mit seinen sogenannten Nord-, Süd-, West-, Ost-Tangenten war ausgerichtet auf die Zeit nach einer Wiedervereinigung.

    Mit dem Beginn der behutsamen Stadterneuerung 1982 endete diese Abriss- und Baupolitik. West-Berlin ist zwar nicht zum Manhattan geworden, aber das Leitbild beziehungsweise das Übel der autogerechten Stadt mit störungsfreiem Straßenverkehr prägt und beeinflusst nach wie vor massiv die Urbanität, die Lebensqualität und die Architektur Berlins.

    Das ist ein Beitrag, der im Rahmen unserer Open-Source-Initiative eingereicht wurde.

    #Berlin #Geschichte #Stadtentwicklung #Verkehr

  • Wo einst ein Karl Marx gearbeitet hat: Union renoviert seine Geschäftsstelle
    https://www.berliner-zeitung.de/sport-leidenschaft/1-fc-union-berlin/berlin-fussball-bundesliga-forsthaus-neugestaltung-des-klubgelaende

    4.6.2023 von Andreas Baingo - Die Arbeitstische, es sind gleich mehrere, liegen voller Unterlagen. Es sind Kopien darunter von uralten Bauzeichnungen, Schreiben von Ämtern an andere Ämter sind dabei, abgefasst in einer deutschen Sprache von vorvorgestern, wieder andere Zeichnungen, eine älter als die andere, Fotos aus längst vergangenen Zeiten, alle schwarz-weiß, manche schon ein wenig vergilbt, dazu historische Einordnungen des Ganzen mit dem Blick und dem Wissen von heute.

    Derjenige, der fast allein den Durchblick bewahrt und in dem manchmal kleineren, manchmal auch größeren Durcheinander eine nahezu strenge Ordnung erkennt, ist Gerald Karpa, Archivar und Historiker des 1. FC Union Berlin in einer Person und von manchem als Sucher nach dem eisernen Gestern bezeichnet. Denn es geht immer wieder nur um einen Ort und um ein Thema: das Forsthaus, das der Bundesligist als Geschäftsstelle nutzt und nun auf Vordermann gebracht wird. Ja, im Zuge der Neugestaltung des Klubgeländes inklusive Stadionumbau ist die voraussichtlich drei Monate dauernde Renovierung des Gebäudes die erste größere Baumaßnahme. Vorübergehend sieht sich die Belegschaft deshalb zu einem Umzug in mobile, auf einem nahen Parkplatz aufgestellte Büro-Container gezwungen.
    Eine herzerwärmende Episode

    Karpa hat sich in die lange Geschichte dieses Ortes, der Mauern und Bauten, hineingelesen und hineingedacht. Er kann erzählen, wie alles einst ausgesehen und wie es sich verändert hat. Außerdem weiß er, dass dieses Gelände, das seit historisch noch gar nicht langer Zeit dem 1. FC Union Berlin gehört, etliches erlebt hat. Deshalb hat Karpa ganz viel Verständnis dafür, dass mit dem Forsthaus etwas geschehen muss, und er sagt: „Es hat ganz schön was auf dem Buckel und es hat jedes Recht, alt und gebrechlich zu sein.“
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    Andererseits hat der Vereinsarchivar viel Erbauung daran, die Geschichte ganz genau zu erforschen, Puzzleteilchen für Puzzleteilchen zusammenzufügen und daraus etwas Ganzes zu machen. Außerdem stößt Karpa ab und an auf lustige Begebenheiten und Anekdoten, die sonst verlorengehen würden. Zum Beispiel die mit Karl Marx, dem einstigen Revierförster im Revier Wuhlheide, einer von neun Revierförstereien im Forstamtsbereich Köpenick.

    „Mit Vornamen hieß er eigentlich Karl-Heinz“, sagt Karpa, „aber Karl Marx hat vor allem bei denen, die in der DDR aufgewachsen sind, einen ganz anderen Klang.“ Wohl auch deshalb, weil dieser Marx mit dem großen Philosophen aus Trier so schön zu verwechseln war, haben sie manches Mal ihren Spaß mit ihm gemacht und ihn auf den Arm genommen. Den Heinz hinter dem Karl haben sie deshalb gern mal verschluckt oder besser gleich ganz weggelassen. Auch weil er ihnen etliche Steine in den Weg gelegt und es nicht immer oder fast nie gut mit ihnen gemeint hat. Manches Mal war der Weg durch den Forst zum Stadion gesperrt, hin und wieder hatte es andere Schikanen gegeben.

    Schön und herzerwärmend ist auch folgende Episode. „Eines Tages“, erzählt Karpa, „kam ein alter Herr zu mir, Bernd Schlosser hieß er. Er wollte in seinen späten Jahren zurück an den Ort seiner Jugend. Er war im Forsthaus, die obere Etage war vermietet, geboren. Das Zimmer, in dem er 1934 zur Welt gekommen ist, wollte er noch einmal sehen.“ Fußball, so erzählte der alte Herr, habe ihn nicht so sehr interessiert, schon in seiner Kinderzeit nicht, „trotzdem sei er durch den Zaun ins Stadion geschlüpft“, sagt Karpa, „um mit den Zuschauern Zigarettenbildchen zu tauschen oder welche von ihnen abzustauben“. Auch waren im Forsthaus einst französische Kriegsgefangene, die zum Roden eingesetzt wurden, untergebracht.
    Seit 2007 als Geschäftsstelle genutzt

    Lange ist das her, eine wechselvolle Geschichte liegt über und hinter dem Areal und es hat ebenso lange gedauert, bis die Eisernen ihren Frieden mit Karl Marx geschlossen hatten. Das passierte genau dann, nachdem der 1. FC Union Berlin das Forsthaus übernommen, es auf Vordermann gebracht, bei einem Tag der offenen Tür seinen Mitgliedern vorgestellt hatte und am 12. Februar 2007 mit Mann und Maus in das historische Gebäude eingezogen ist, um es fortan als Geschäftsstelle zu nutzen.

    Trotzdem: Das Gemäuer ist in die Jahre gekommen. Es ist, kein Wunder nach all der Zeit, in der Tat gebrechlich und altersschwach. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß und muss baulich in einen Jungbrunnen getaucht werden. Modern und frisch soll es werden, luftig und hell. Noch nicht ganz ausgegoren sind die Pläne, aber Großes haben sie vor. Auch weil die Zahl der Mitarbeiter steigt und steigt und die Räumlichkeiten aus allen Nähten platzen.

    Eine neue Heimat soll es werden, dieses Machtzentrum, in dem viele gute, nahezu weise Entscheidungen getroffen wurden, die aus einem Regionalligisten einen Dritt-, Zweit- und nun Erstligisten machten und den Verein in Europa sowohl salon- als auch konkurrenzfähig werden ließen. Diese neue Heimat soll sich öffnen und den Kontakt zu Sympathisanten, Anhängern und Fans noch enger knüpfen. Wobei die Verantwortlichen die Idee, im Forsthaus mit einem Museum einen öffentlichen Ort für die Heiligtümer des Klubs zu schaffen, inzwischen wieder verworfen haben.

    Tatsache ist: So supermodern sich der Verein inzwischen aufstellt, so gut er sich unter den deutschen und mittlerweile auch internationalen Schwergewichten behauptet, so historisch angehaucht ist sein Zuhause. Das ist schön für Nostalgiker und es unterstützt das Kultige des Vereins. Nur hält es nicht mehr Schritt mit den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts und erst recht nicht mit der rasanten Entwicklung der Eisernen.
    Spuren reichen bis ins 18. Jahrhundert zurück

    Es stammt, den ersten Erwähnungen und Eintragungen nach zu urteilen, aus einer Zeit, als in Europa Napoleon Bonaparte gerade besiegt war und in Preußen die Hohenzollern regierten. Die „Königliche Regierung, Abteilung für direkte Steuern, Domänen und Forsten“ informierte im Juli 1912 in einem Schreiben den Amtsvorsteher von Berlin-Schöneweide wie folgt: „Baupolizeiakten der Oberförsterei sind nach Ausweis der Amts-Registratur beim Amt nicht vorhanden gewesen, da zur Zeit des Neubaus der Oberförsterei, vor ca. 100 Jahren, Bauakten wohl nicht angelegt wurden.“ Auch gibt es den lapidaren Zusatz: „Unterlagen dazu befinden sich vielleicht auf der Regierung.“ So weit zur preußischen Gründlichkeit …

    Die Spuren zurück reichen jedenfalls bis ins 18. Jahrhundert. Da kann schon mal die eine oder andere Akte abhandenkommen. Damals war die Wuhlheide einer der Waldteile, die das Schlossamt Cöpenick erworben hatte und die seit ungefähr 1700 als Schutzbezirk den Namen „Alte Scheune“ führte. Für die Betreuung war ein Landjäger-Forstbeamter zuständig, der mit den Jahren ein eigenes Dienstgehöft im Waldgebiet zugewiesen bekam, um ständig vor Ort zu sein. Es ist, wenn man so will, die Geburtsstunde der Alten Försterei. In Karten vom Ende des 18. Jahrhunderts findet sich dieses Gehöft als „Landjägerey“. Es ist an exakt der Stelle des Forsthauses eingezeichnet.

    Historisch überliefert ist weiterhin, dass die Alte Försterei als „Preußische Staatsförsterei und späteres Stadtforstamt“ 1865 erbaut worden und nun ein Teil der Oberförsterei Cöpenick sei. An eine sportliche Betätigung in unmittelbarer Nähe ist nicht gedacht und mit Fußball ist dieses neue Gebäude erst recht nicht in Verbindung zu bringen. Das dauert noch mindestens 50 Jahre und noch einmal ein halbes Jahrhundert, bis das Gelände, es umfasst gut 5000 Quadratmeter, 1951 zum Bodenrichtwert von 2 Mark pro Quadratmeter in Volkseigentum übergeht.

    Nach weiteren Jahrzehnten ist die Zeit also reif, gründlich Hand anzulegen für ein Facelifting. Gemäß dem Motto: Allet schick für die Zukunft.

    Die neue kultige Adresse der Eisernen, An der Wuhlheide 263, 12555 Berlin.

    Dieser Text ist zuerst im Eisern Magazin Nr. 7 erschienen, erhältlich im Aboshop der Berliner Zeitung (aboshop.berliner-zeitung.de), im Union-Zeughaus und natürlich am Kiosk.

    #Berlin #Teptow-Köpenick #Obetschöneide #An_der_Wuhlheide #Stadtentwicklung #Sport #Fußball

  • Neue Verkehrspolitik: Schwarz-Rot wird Berlin und vielen Menschen schaden
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/kommentar-koalition-cdu-spd-neue-verkehrspolitik-schwarz-rot-wird-b

    Kann man so sehen wie Peter Neumann von der Berliner Zeitung und ist wahrscheinlich auch alles richtig, aber dieses Alles ist eben nicht ganz alles. Auf die Verkehrspolitik wirken auch andere Kräfte und Interessen ein als die im Kommentar angedeuteten.

    Vor allem lässt hoffen, dass Verkehr nicht mehr vom garnicht so grünen, in den Neunzigern stehengebliebenen Bündnis gemacht wird. Die SenUMVK-Verwaltung zeigte sich bislang derart unzugänglich, verbohrt und ignorant, dass weder gewerkschaftliche Mahnwachen noch Demonstrationen der Taxi-Unternehmerverbände sie dazu bewegen konnte, über Lage und Zukunft von Taxi in Berlin nachzudenken, geschweige denn darüber zu sprechen oder zu handeln, völlig unmöglich.

    In die Zuständigkeit der Verkehrsverwaltung und Taxiaufsicht fallen spätestens seit dem Inkrafttreten des Mindeslohngesetz auch soziale und Fragen des Arbeitsschutz und Arbeitsrechts. Dem hat sich die Verwaltung bislang immer verweigert.

    Es ist tödlich für die betroffenen Teile der Stadtgesellschaft, wenn sich die machtvolle zuständige Behörde über Jahrzehnte weigert, ihren gesetzlichen Aufgaben nachzukommen, und sich nicht um Angelegenheiten von zentraler Bedeutung für die Lebensqualität ihrer Stadt kümmert.

    Der Abstieg des Berliner Taxigewerbes vom ertragreichen Tumnelplatz intelligenter Stadtkenner zur Resterampe der Ausbeutung von Armutsrentnern und vom Schulsystem ausgekotzten Migrantenkindern ist das Ergebnis dieser Behördenignoranz.

    Vielleicht geht da jetzt etwas. Es kann eigentlich nur besser werden.

    7.4.2023 von Peter Neumann - Die Signale, die CDU und SPD in die ausgelaugten Verwaltungen senden, sind fatal. Keine Behörde wird so dumm sein, neue Projekte in Angriff zu nehmen. Ein Kommentar.

    Mit Pop-up-Radwegen wie dem provisorischen Radfahrstreifen auf dem Kottbusser Damm in Kreuzberg machten grüne Verkehrspolitiker Furore. Was ist von der neuen Koalition zu erwarten?

    Mit Pop-up-Radwegen wie dem provisorischen Radfahrstreifen auf dem Kottbusser Damm in Kreuzberg machten grüne Verkehrspolitiker Furore. Was ist von der neuen Koalition zu erwarten?Volkmar Otto

    Um es gleich vorweg zu sagen: Die neue Verkehrspolitik für Berlin wird der Stadt und vielen ihrer Menschen nicht guttun. Zarte Pflänzchen einer anderen Mobilität, die kurz vor der Blüte standen, werden gekappt. Fußgänger, Radfahrer und Nutzer des öffentlichen Verkehrs haben vom neuen Senat fast keine Fortschritte mehr zu erwarten. Zugleich wird kein einziger Autofahrer glücklicher. Berlin wird im Vergleich zu anderen großen Städten weiter zurückfallen. Ein Mehltau legt sich auf die Stadt.

    Viele Berliner werden das natürlich anders sehen. Schließlich hat die CDU bei der Wahl auch deshalb so stark zugelegt, weil die Mobilitätspolitik der Grünen zunehmend auf Antipathie stieß. Die maßlosen Übertreibungen mancher Kritiker fielen auf fruchtbaren Boden. Obwohl das Auto unverändert die Berliner Straßen dominiert, lösen selbst kurze neue Busspuren und Radfahrstreifen Beißreflexe aus. Obwohl die Sperrung der Friedrichstraße gerade mal einen 500 Meter langen Abschnitt betrifft, fantasieren Beobachter die Verelendung des gesamten historischen Stadtzentrums herbei. Wie über die Mobilität und ihre Zukunft diskutiert wird, ist zuweilen unterirdisch.

    Aber auch Verfechter einer Mobilitätswende haben nicht immer glücklich agiert. Einige von ihnen entwarfen mit jakobinischem Furor eine autofreie Innenstadt, in der in steinzeitkommunistischer Manier nur wenige private Pkw-Fahrten pro Jahr erlaubt wären. Mit loderndem Strafgestus forderten andere die Halbierung des Parkraums und die Vervielfachung der Parkgebühren. Sicher lässt sich manche Maßnahme wissenschaftlich begründen. Doch angesichts dessen, wie langsam die Wende in der Praxis vorangeht, wirkten die Theorien unangebracht. Und sie haben viele verschreckt.

    Platter Kulturkampf gegen das Auto führt zu nichts Gutem

    Dabei müsste bekannt sein, dass platter Kulturkampf gegen das Auto zu nichts führt – außer zu Ablehnung und Verhärtung. In Deutschland ist es nun mal so, dass er von vielen als persönlicher Angriff gewertet wird. Nicht jeder hat Lust auf volle Busse und Bahnen mit Menschen anderer sozialer Schichten, nicht jeder fühlt sich zum Radritter berufen. Mit den Boomern spürt eine große Gruppe, dass sie langsam alt wird. Wenn gestählte drahtige Radler fordern, das Auto abzuschaffen, sind Reaktionen unausweichlich.

    Trotzdem ist der Schwenk in der Mobilitätspolitik, auf den sich CDU und SPD geeinigt haben, bedenklich. So will die Koalition den ohnehin überlasteten Planern fast ein Dutzend weitere U-Bahn-Neubauvorhaben auf den Tisch legen, die, wenn überhaupt, erst in Jahrzehnten baureif sein werden. Weit gediehene Straßenbahnprojekte könnten dagegen gestoppt werden, jahrelange Planerarbeit könnte im Papierkorb landen. Außer beim Auto sollen anstelle von übergeordneten Belangen lokale Partikularinteressen regieren. Wenn Anwohner Radfahrstreifen ablehnen, wird der Radweg schmaler, oder er wird gar nicht erst angelegt. Weil Anwohner in Blankenburg keine Straßenbahn wollen, droht das dort geplante Neubaugebiet ohne Schienenanbindung zu bleiben.

    Die Signale, die CDU und SPD in die ausgelaugten, falsch besetzten, überalterten Verwaltungen senden, sind jedenfalls fatal: Kein Berliner Behördenmitarbeiter wird künftig so dumm sein, neue Projekte in Angriff zu nehmen. Auch wenn die Koalition ankündigt, dass es pragmatisch und unideologisch zugehen soll, sind gerechte Neuaufteilungen des Straßenraums kaum noch zu erwarten. Die Bezirke, in denen CDU-Stadträte für die Straßen zuständig waren, weisen die Richtung: Für Radfahrer und Fußgänger ist dort so gut wie nichts passiert. So könnte es bald in ganz Berlin sein.

    #Berlin #Verkehr #Stadtentwicklung #Polituk #Verwaltung