• Audre-Lorde-Straße in Kreuzberg: Kreuzberger Schilderstreich
    https://taz.de/Audre-Lorde-Strasse-in-Kreuzberg/!5994987

    14.3.2024 von Uta Schleiermacher - Die Manteuffelstraße in Kreuzberg wurde in Audre-Lorde-Straße umbenannt. Die Schilder wurden bislang nicht ausgetauscht.
    Zu sehen ist die Oranienstraße/Manteuffelstraße in Kreuzberg

    Ein Teil der Manteuffelstrasse wurde zu Audre-Lorde-Straße umbenannt, ohne dass die Be­woh­ne­r:in­nen etwas davon wussten Foto: dpa | Paul Zinken

    BERLIN taz | „Wo sind die Schwarzen Deutschen?“, das soll Audre Lorde gefragt haben, als sie 1984 zum ersten Mal Berlin besuchte. Die afroamerikanische Dichterin und Aktivistin kam in den folgenden Jahren regelmäßig nach Berlin, bis zu ihrem Tod 1992. Die Berliner Zeit soll sie als mit die wichtigste in ihrem Leben beschrieben haben. Und sie hatte einen großen Einfluss auf das Entstehen einer afrodeutschen Bewegung: Sie war es, die Schwarze Frauen in Deutschland liebevoll und bestimmt dazu ermutigte zu schreiben, um selbstbewusst und sichtbar zu werden. Ein Ergebnis ist der erstmals 1986 erschienene Sammelband „Farbe Bekennen. Afrodeutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte“, der Klassiker der afrodeutschen Bewegung.

    „Wo ist die Audre-Lorde-Straße?“, kann man sich derzeit in Kreuzberg fragen. Der Bezirk hatte 2019 beschlossen, einen Teil der Manteuffelstraße umzubenennen – das nördliche Stück zwischen Köpenicker Straße und der Kreuzung, an der Oranienstraße und Skalitzer Straße die Manteuffel sowieso deutlich zerschneiden. Manteuffel war ein preußischer Ministerpräsident – höchst konservativ, wenn nicht gar demokratiefeindlich. Im vergangenen September wurde der Beschluss im Amtsblatt veröffentlicht, damit ist die Umbenennung rechtskräftig. Doch richtig umgesetzt ist sie bisher nicht: Auf den Straßenschildern ist immer noch Manteuffelstraße zu lesen. Und auch Google Maps weiß bisher nichts von einer Audre-Lorde-Straße in Berlin.

    Krankenkassen kennen sie hingegen schon, sagt eine Anwohnerin der taz. Ihre Ärztin hätte sie gefragt, ob sie umgezogen sei. Der neue Straßenname sei auf ihrer Krankenkarte hinterlegt. Seit 16 Jahren lebe sie in der Straße, und sie „hätte erwartet, dass wir mal dazu befragt werden oder wenigstens direkt informiert“, sagt sie. Einige Briefe kämen bereits mit dem neuen Straßennamen. „Ich habe mich über Audre Lorde informiert, ich kann mit dem Namen gut leben“, sagt sie.

    Auch andere An­woh­ne­r*in­nen berichten von Problemen mit der Krankenkassenkarte. Eine Frau, die vor gut drei Jahren nach Berlin gezogen ist, sagt, dass ihre Vermieterin (Deutsche Wohnen) sie bei einer Nachfrage letztens erst nicht gefunden habe, weil sie dort bereits unter der neuen Straße gespeichert sei. Die Umbenennung findet sie lästig. „Wie wird das überhaupt geschrieben? Das sehe ich dann wohl, wenn die Schilder hängen“, sagt sie.

    Der Bezirk gibt an, es sei kompliziert: man habe hier erstmals eine „Teilumbenennung“ durchgeführt, und das sei – im Vergleich zu kompletten Straßenumbenennungen – ein „komplexer Prozess“, der eine „andere Herangehensweise“ erfordere. Es könne etwa vorkommen, dass Hausnummern geändert werden müssen. 1.559 Anwohnende seien von der Umbenennung betroffen. Zu neuen Schildern könne der Bezirk aktuell nichts sagen.

    Die Erinnerung an Lorde in Berlin halten derweil ihre Freun­d*in­nen und Weg­be­glei­te­r*in­nen wach. Aktuell zeigt das FHXB-Museum Porträts von ihr. Und seit 2016 gibt es eine Audre Lorde City Tour: ein Rundgang an die Orte ihres Schaffens in Berlin.

    #Berlin #Kreuzberg #Manteuffelstraße #Audre-Lorde-Straße #Straßenumbenennung

  • Stralauer Spreetunnel: Berlins unsichtbares Denkmal
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/stralauer-spreetunnel-berlins-unsichtbares-denkmal-li.2187721


    Achtung, hier kommt die Tunnelbahn! Von 1899 bis 1932 verkehrte die Straßenbahnlinie 82 unter der Spree zwischen der Stralauer Halbinsel und dem Treptower Park. Die Postkarte illustriert eine Fahrt um 1905

    21.2.2024 von Michael Brettin - Der Straßenbahntunnel, der Stralau mit Treptow verband, wurde vor 125 Jahren fertiggestellt – trotz vieler Probleme. Er war der erste seiner Art in Deutschland.

    Wer sich auf die Halbinsel Stralau begibt und der Straße Alt-Stralau folgt, an der sehr viele neuere Wohnhäuser stehen, kommt geradezu auf die Tunnelstraße. An ihr steht die Stralauer Dorfkirche, deren Geschichte auf das Jahr 1464 zurückgeht, was sie zum ältesten Bauwerk im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg macht.

    Auf Höhe des neben der Kirche liegenden Friedhofs gabelt sich die Tunnelstraße. Zwischen den beiden Fahrbahnen streckt sich eine annähernd 100 Meter lange, gut fünf Meter breite Rasenfläche, auf der sich an diesem Februartag die ersten Krokusse blicken lassen. Eine durchgängige Mulde prägt dieses Fleckchen. Damit erinnert es an ein vor langer Zeit ausgetrocknetes Bachbett.

    An dieser Stelle befand sich einst die Ein- beziehungsweise Ausfahrt des Spreetunnels, der Stralau mit Alt-Treptow verband. Von ihm erzählt eine Infotafel, die neben der Busendhaltestelle Tunnelstraße steht. Vor 125 Jahren, am 21. Februar 1899, wurde dieser Tunnel fertiggestellt. Als erster seiner Art in Deutschland.

    Die Geschichte des Spreetunnels beginnt genau genommen 1891. In jenem Jahr unterbreitet das Unternehmen A.E.G. der Stadt Berlin Vorschläge zum Bau einer Untergrundbahn. Die Stadtoberen haben jedoch Bedenken: Ist der märkische Boden dafür überhaupt geeignet? Berlin steht ja im Gegensatz zu London, wo die weltweit erste U-Bahn-Linie 1863 ihren Betrieb aufnahm, nur aus „Buddelkistensand“.
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    Doch die A.E.G. lässt sich nicht beirren. Auf ihrem Firmengelände an der Voltastraße in Wedding stellt sie 1895 einen Versuchstunnel fertig. Eine kleine Bahn mit Elektromotor und Oberleitung fährt durch den 295 Meter langen Tunnel, der zwei Betriebsgelände miteinander verbindet. Noch heute gibt es ihn. Der Verein Berliner Unterwelten bietet Führungen an.


    Die Tunnelbahn sollte zur Gewerbeausstellung im Treptower Park 1896 in Betrieb gehen. Bei der Ausstellungseröffnung war sie aber noch im Bau. Die Karte zeigt ihren Verlauf.

    Die Berliner Gewerbeausstellung im Treptower Park 1896 ist ein willkommener Anlass für die A.E.G., beweisen zu wollen, dass Bahnen auch unter der deutschen Hauptstadt verkehren können. Mit dem Unternehmen Phillip Holzmann & Co. und der Deutschen Bank gründet die A.E.G. die Gesellschaft für den Bau von Untergrundbahnen. Ihr Auftrag: einen Tunnel unter der Spree zu bauen, von der Stralauer Halbinsel zum Treptower Park, und ihn – so will es die Gemeinde Stralau – an das Straßenbahnnetz anzuschließen.

    Den Bau sollen die Ingenieure Carl Schwebel und Wilhelm Lauter mittels eines sogenannten Schildvortriebs verwirklichen, einem in England entwickelten, in Deutschland noch nicht angewandten Verfahren. Schwebel und Lauter verantworteten auch den Bau des AEG-Tunnels.

    Wie das Schildvortriebsverfahren funktioniert, beschreibt die Illustrierte Die Gartenlaube in ihrem Heft 11 im Jahr 1899: „Von der Stelle an, wo das Eindringen von Grundwasser möglich ist, werden die Tunnel als Rohre aus Eisen oder Stahl ausgebildet. Der vordere Teil derselben ist der sogenannte ,Schild‘. Das Rohr ist hier in einige Kammern abgeteilt, die nach hinten durch luftdicht schließende Thüren abgegrenzt sind. In diesen Kammern verrichten die Arbeiter das Ausgraben des Erdreichs. Damit sie vom Eindringen des Grundwassers gesichert bleiben, wird in die Kammern komprimierte Luft eingetrieben, die alles Wasser der Umgebung fortdrängt. Das gelockerte Erdreich räumt man durch die dem Schilde zunächst liegende Kammer bergmännisch fort. Nachdem dies geschehen ist, wird das Tunnelrohr durch hydraulische Maschinen vorwärts geschoben.“

    Die Tunnelröhre besteht aus einer ein Zentimeter dicken Eisenwand und hat einen Durchmesser von vier Metern; sie ist aus Ringen zusammengefügt, die aus jeweils neun gusseisernen Platten geformt sind, und ist, um sie vor Rost zu schützen, mit Zementmörtel ummantelt, innen mit einer zwölf und außen mit einer acht Zentimeter dicken Schicht.

    Eine kompliziertere Stelle hätten sich die Tunnelbauer allerdings nicht aussuchen können.
    Dietmar Arnold, Vorsitzender des Vereins Berliner Unterwelten

    An der Verlängerten Dorfstraße (heute Tunnelstraße) auf Stralau und an der Treptower Chaussee (heute Puschkinallee) im Treptower Park sind die Rampen für die Ein- beziehungsweise Ausfahrt geplant. „Eine kompliziertere Stelle hätten sich die Tunnelbauer allerdings nicht aussuchen können“, sagt Dietmar Arnold, Vorsitzender des Vereins Berliner Unterwelten, „ständig nachrutschender Schwemmsand verzögerte die Bauarbeiten ungemein.“ Zur Eröffnung der Gewerbeausstellung am 1. Mai 1896 stand erst ein rund 160 Meter langer Tunnelabschnitt.

    „Nach dreijährigem Kampfe mit vielen Hindernissen ist der Tunnel unter der Oberspree im Osten Berlins zwischen Stralau und Treptow glücklich, ohne einen einzigen schweren Unfall, fertiggestellt worden“, berichtet Die Gartenlaube in ihrem bereits erwähnten Heft 11 aus dem Jahr 1899. Das Problem mit dem „gänzlich ungeeigneten Baugrund“ habe dazu geführt, „daß das vordere Tunnelende zu mehreren Malen gleichsam ins offene Wasser auslief und die Ersäufung des ganzen Tunnels zu befürchten war“.

    Doch nicht nur das habe die Tunnelbauer in Verzug gebracht, merkt die Illustrierte an. Es sei zu berücksichtigen, „daß die Arbeiten mehrmals monatelange, ja halbjährige Unterbrechungen erlitten, die nicht auf technische Hindernisse, sondern auf den langsamen Fortschritt der Verhandlungen mit den in Frage kommenden Verwaltungen zurückzuführen waren“.

    Der Tunnel an sich ist 454 Meter, mit seinen beiden Rampen 582 Meter lang; er kreuzt die an einer Stelle 195 Meter breite Spree annähernd rechtwinklig. Sein Scheitelpunkt liegt in zwölf Meter Tiefe unter dem mittleren Wasserspiegel; zeitgenössische Postkarten werben mit „15 Meter unter der Spree“.

    Das Bauwerk verschlang 1,7 Millionen Goldmark, das entspricht der heutigen Kaufkraft von fast 16,8 Millionen Euro.

    Am 18. Dezember 1899 nimmt die im selben Jahr gegründete Berliner Ostbahnen GmbH, eine Tochtergesellschaft der bereits erwähnten Gesellschaft für den Bau von Untergrundbahnen, den Spreetunnel in den Straßenbahnbetrieb. Die Linie 82 verkehrt zwischen Schlesischem Bahnhof (heute Ostbahnhof) und Treptow, Platz am Spreetunnel; sie wird bis 1908 nach Schöneweide und 1909 nach Cöpenick erweitert.


    Knüppel an den Mann! Zur Fahrt durch den Tunnel war nur der Wagen mit dem Signalstab („Knüppel“) befugt. Der Stab wurde bei der Ausfahrt eingeholt und bei der Einfahrt vergeben. Daher nannte der Volksmund die Linie 82 „Knüppelbahn“.

    Die Trasse im Tunnel ist eingleisig, es ist daher nur eine Fahrt je Richtung möglich. Um Zusammenstöße zu vermeiden, ist nur der Fahrer, der einen Signalstab – im Volksmund „Knüppel“ – an seinem Straßenbahnwagen hängen hat, zur etwa zweiminütigen Durchfahrt befugt. Eine Betriebsaufsichtsperson an der Ausfahrt nimmt den Stab entgegen und gibt ihn wieder ab. Daher nennen die Berliner die Linie 82 „Knüppelbahn“.

    Der Spreetunnel bilde nicht nur „eine Sehenswürdigkeit“, heißt es in einer 1899 veröffentlichten Schrift; er verschaffe der Stadt „einen nicht unbeträchtlichen Vermögensvorteil, da sie vertraglich berechtigt ist, schon nach 36 Jahren von diesem mit grossen Kosten hergestellten Bauwerk unentgeltlich Besitz zu ergreifen“.

    Der U-Bahn-Bau nimmt in Berlin Fahrt auf, allerdings angetrieben von Siemens – das Unternehmen unterbreitete bereits um das Jahr 1880 Pläne für eine Hochbahn –, seinem Mitgesellschafter Halske und der Deutschen Bank. Am 18. Februar 1902 nimmt die erste U-Bahn-Linie für den öffentlichen Nahverkehr in Deutschland ihren Betrieb auf, vom Stralauer Tor (ab 1924 Osthafen, 1945 durch einen Bombentreffer zerstört) bis zur Warschauer Brücke und zum Zoologischen Garten erweitert.

    Die Rechnung, mit dem Spreetunnel Geld zu machen, geht nicht auf. Als die Stadt ihn 1935 übernehmen kann, ist der Straßenbahnverkehr durch den Spreetunnel bereits seit drei Jahren eingestellt. Die Verantwortlichen mussten zunehmend Bauschäden feststellen. Immer wieder sickerte Wasser ein. Die voraussichtlichen Sanierungskosten standen in keinem Verhältnis zum Nutzen. In jedem einzelnen Straßenbahnwagen saßen schließlich nur noch zwei bis drei Fahrgäste. Der Tunnel wurde daher am 15. Februar 1932 für den Bahnbetrieb geschlossen. Damit endete seine Geschichte allerdings nicht.

    Für die Olympischen Spiele 1936 erfährt der Spreetunnel eine Instandsetzung als Fußgängerpassage. Anfang 1945 werden in die Röhre Trennwände mit Türen eingebaut sowie Bänke und Stühle aufgestellt, damit sie als Luftschutzraum dienen kann. Vermutlich infolge eines Bombentreffers füllt sich der Tunnel teilweise mit Wasser. Er wird drei Jahre später sicherheitshalber ganz geflutet. Und 1968 werden beide Zufahrtsrampen und einige Tunnelmeter auf der Treptower Seite abgetragen, die Überreste zugeschüttet.


    Der Spreetunnel zwischen Stralau und Alt-Treptow diente ab Anfang 1945 als Luftschutzraum. Als er im Dezember 1996 leer gepumpt wurde, fanden sich unter anderem etliche Parkbänke. Die Idee, ihn wieder nutzbar zu machen, wurde fallen gelassen. Andreas Kopietz

    In den 1990er-Jahren plant die Entwicklungsgesellschaft Rummelsburger Bucht, auf Stralau Hunderte neue Wohnungen zu bauen. Sie erwägt, den Spreetunnel wieder nutzbar zu machen. Für die Untersuchung des Bauwerks beauftragt sie 1996 den Verein Berliner Unterwelten. Der macht sich im Dezember ans Werk. Zuerst wird ein Teil des Rasenstreifens auf der Tunnelstraße aufgebrochen – jener Teil, welcher der Spree am nächsten liegt – und der Zugang zur Röhre freigelegt. Ein Taucher der Feuerwehr begibt sich anschließend hinein. Nachdem er sich versichert hat, dass das Bauwerk betreten werden kann, wird der Tunnel leer gepumpt.

    „Im Inneren des Bauwerks sah es noch erstaunlich gut aus“, erinnert sich Dietmar Arnold, der Vorsitzende der Berliner Unterwelten, an die Begehung des Tunnels. „Der vordere Teil befand sich sogar in einem relativ sauberen Zustand, die Spuren der Luftschutzanlage waren noch gut zu erkennen.“ Die Parkbänke aus Ausflugslokalen, die für die Schutzsuchenden bereitgestellt worden waren, standen immer noch da. Und: „An den Decken gab es noch Reste der Isolatoren. Hier verlief einst die Oberleitung, ein letzter Hinweis auf den ehemals durchfahrenden Straßenbahnverkehr.“

    Als hätten die Schutzsuchenden die Tunnelröhre überhastet verlassen – so stellt sich die Szenerie dar: Auf den Bänken stehen oder liegen Tassen und Teller, Flaschen und Kannen sowie ein Wasserbehälter des Reichsluftfahrtministeriums; zu sehen sind auch ein Kartenspiel und ein Kamm sowie ein Paar Damenschuhe.

    Das Vorhaben, den Spreetunnel instand zu setzen, gab die Entwicklungsgesellschaft Rummelsburger Bucht aus Kostengründen auf. Sobald die Pumpe abgestellt war, füllte sich der Tunnel wieder mit Wasser. Der Zugang wurde wieder verschlossen.
    Eine Wand und eine Frage

    Auch im Treptower Park erinnert eine Infotafel an den Spreetunnel. Sie steht an der Puschkinallee, nahe dem Parkplatz am Gasthaus Zenner, an einem Kiesweg am Sommerblumengarten. Hier befand sich die Rampe zur Ein- beziehungsweise Ausfahrt. Bei der Erneuerung des Gartens im Jahr 2016 wurden deren Überreste teilweise freigelegt. Und anschließend wieder zugeschüttet.

    Vorbei an den vier Springbrunnen der Gartenanlage sind es nur ein paar Meter zum Ufer der Spree mit Blick auf Stralau. Sanft wellt sich das Wasser. Und dunkel. Irgendwo da unten liegt es, das nicht sichtbare Denkmal der Berliner Verkehrsgeschichte.

    Der Verein Berliner Unterwelten kann sich vorstellen, den Spreetunnel zumindest teilweise aus der Versenkung zu holen. „Man könnte“, regt Dietmar Arnold an, „die Tunnelrampen wieder ausgraben und ,archäologische Fenster‘ einsetzen.“

    Bei ihrer Erkundung des Spreetunnels 1996 stießen die Besucher nach etwa 80 Metern in Richtung Treptow erst auf den Hinweis „Notausgang“ und dann auf eine türlose Trennwand aus Ziegelsteinen. Ein Notausgang ist aber Arnold zufolge in keinem Bauplan verzeichnet. Was verbirgt sich hinter dieser Mauer?

    #Berlin #Stralau #Tunnelstraße #Spree #Geschichte #Verkehr #Straßenbahn

  • Duden | Straßennamen
    https://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/strassennamen

    Für die Schreibung der Namen von öffentlichen Straßen, Plätzen, Brücken u. Ä. gelten im Allgemeinen dieselben Regeln wie für sonstige Namen. Abweichende Einzelfestlegungen durch die jeweils zuständigen Behörden kommen jedoch vor.

    D 161
    Das erste Wort eines Straßennamens wird großgeschrieben, ebenso alle zum Namen gehörenden Adjektive und Zahlwörter <§ 60 (2.2)>. (Vgl. auch D 87. https://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/Gro%C3%9F-%20und%20Kleinschreibung#D87)

    Zum Beispiel

    – Im Trutz
    – Am Alten Lindenbaum
    – Kleine Bockenheimer Straße
    – An den Drei Tannen
    – Von-Repkow-Platz

    D 162
    1. Zusammengesetzte Straßennamen schreibt man zusammen <§ 37 E2>.

    Zum Beispiel
    – Bahnhofstraße, Rathausgasse, Bismarckring, Beethovenplatz, Schlossallee
    – Neumarkt, Langgasse, Hochstraße
    (Aber bei dekliniertem (gebeugtem) Adjektiv: Neuer Markt, Lange Gasse, Hohe Straße)

    2. Getrennt schreibt man jedoch, wenn eine Ableitung auf -er von einem Orts- oder Ländernamen vorliegt <§ 38, 49 E>.

    Zum Beispiel
    – Leipziger Straße, Am Saarbrücker Tor, Thüringer Platz, Kalk-Deutzer Straße, Bad Homburger Weg oder Bad-Homburger Weg (vgl. D 145 https://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/namen#D145)
    (Aber, da keine Ableitungen, sondern selbst auf -er endende Orts-, Völker- oder Familiennamen: Drusweilerweg, Römerplatz, Herderstraße)

    3. Straßennamen, die mit mehrteiligen Namen zusammengesetzt sind, schreibt man mit Bindestrichen <§ 50>.

    Zum Beispiel
    – Georg-Büchner-Straße, Kaiser-Friedrich-Ring, Van-Dyck-Weg, E.-T.-A.-Hoffmann-Straße, Carl-Maria-von-Weber-Allee, Berliner-Tor-Platz, Am St.-Georgs-Kirchhof, Bad-Kissingen-Straße, Sankt-Blasien-Weg, Bürgermeister-Dr.-Meier-Allee

    📙 In der Schweiz werden Straßennamen, die die Ableitung eines geografischen Namens auf -er enthalten, zusammengeschrieben. (Vgl. auch Erläuterung zu D 64. https://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/getrennt-und-zusammenschreibung#D64)

    Zum Beispiel
    – Zürcherallee
    – Engadinerweg
    – Hottingerplatz

    D 163
    Bei der Zusammenfassung mehrerer Straßennamen setzt man einen Ergänzungsstrich, wenn ein Teil einer Zusammensetzung eingespart wird <§ 98>.

    Zum Beispiel
    – Ecke [der] Motz- und Kleiststraße
    – Ecke Motz-/Kleiststraße
    – Ecke [der] Motz- und Ansbacher Straße
    – Ecke Motz-/Ansbacher Straße
    – Ecke [der] Motz- und Albrecht-Dürer-Straße
    – Ecke Motz-/Albrecht-Dürer-Straße
    – Ecke [der] Albrecht-Dürer- und Motzstraße
    – Ecke Albrecht-Dürer-/Motzstraße
    – Ecke [der] Ansbacher und Motzstraße

    #Rechtschreibung #Straßennamen

  • Chodowieckistraße und Co. in Berlin: Diese Straßennamen kann kein Mensch aussprechen
    https://www.berliner-zeitung.de/panorama/chodowieckistrasse-und-co-in-berlin-diese-strassennamen-kann-kein-m

    Wenn’s weita nüscht is ...

    3.1.2024 von Anne Vorbringer - An manchen Straßennamen scheitern selbst alte Hauptstadthasen. Oder wissen Sie auf Anhieb, wie man die Chodowieckistraße in Prenzlauer Berg korrekt ausspricht?

    Im vergangenen Jahr haben die Sprachexperten der E-Learning-Plattform Preply untersucht, welche international bekannten Lebensmittel von den Deutschen am häufigsten falsch ausgesprochen werden. Dazu wurden knapp 500 Begriffe daraufhin analysiert, wie häufig deren Aussprache bei Google eingegeben wird.

    Die Top Fünf wurde von „Bruschetta“ angeführt, das Röstbrot aus dem italienischen Antipasti-Segment wird hierzulande mindestens genauso oft bestellt wie falsch ausgesprochen, was auch für Spezialitäten wie Ciabatta, Tagliatelle und Gnocchi gilt. Letztere werden in deutschen Restaurants gerne zu „Gnotschi“, „Gnoki“ oder „Noschi“ verhunzt.

    Leider gibt es noch keine statistisch verwertbare Erhebung zu den am häufigsten falsch ausgesprochenen Berliner Straßennamen, aber wir sind uns ziemlich sicher, dass unsere fünf Beispiele es in jedes derartige Ranking schaffen würden.

    1. Prenzlauer Berg: Chodowieckistraße

    Als mein Ex-Freund damals aus unserer gemeinsamen Vorderhauswohnung in der sehr leicht auszusprechenden Dunckerstraße auszog, waren wir nicht sonderlich gut aufeinander zu sprechen. In meinem emotionalen Verlassenwerden-Tief galt es, auch Kleinigkeiten mit einer gewissen Schadenfreude zu betrachten. Zum Beispiel den Umstand, dass auf dem angespannten Berliner Innenstadt-Mietmarkt nur noch eine Hinterhofbutze in der Chodowieckistraße für ihn frei war.

    Ausgerechnet in der Chodowieckistraße, hahahaha, dachte ich. Nun würde er jedem Taxifahrer buchstabieren müssen, wo er nach seinen Kneipenabenden mit den Kumpels hinkutschiert werden will. Schließlich hat es die kurze, parallel zur Danziger Straße verlaufende Chodowieckistraße aussprachetechnisch in sich und selbst Profis wissen nicht, was eigentlich richtig ist.

    Ich jedenfalls habe in Taxis schon alles gehört, von „Chodowjetzkistraße“, gesprochen mit „zk“, über „Chodowikki-“ bis „Schodowikkistraße“ – also mit sch und doppeltem k. Benannt ist die Straße in Prenzlauer Berg nach dem 1726 in Danzig geborenen und 1801 in Berlin verstorbenen Maler, Radierer und Kupferstecher Daniel Nikolaus Chodowiecki.

    Dessen Nachname wird laut Duden „Chodowjetski“ ausgesprochen, polnische Muttersprachler schlagen auf anderen Plattformen eher ein „Hoddowjetski“ vor. Zum Üben für die nächste Taxifahrt haben wir Ihnen einen YouTube-Link herausgesucht. Dass der Fahrer Sie dann auch versteht, dafür übernehmen wir allerdings keine Garantie. Mein Ex-Freund jedenfalls hat es irgendwann aufgegeben und bat immer darum, an der Ecke Danziger und Prenzlauer Allee rausgelassen zu werden.

    2. Grünau: Rabindranath-Tagore-Straße

    Früher hieß die vom Adlergestell bis zur Regattastraße verlaufende Rabindranath-Tagore-Straße im schönen Grünau mal schnöde-einfach Straße 900. Doch dann erfolgte auf Vorschlag des Indologen Professor Walter Ruben zum 100. Geburtstag des Nobelpreisträgers Rabindranath Tagore die Umbenennung nach dem 1861 in Kalkutta geborenen Philosophen und Dichter.

    Der Schriftsteller Stefan Heym hat in der Rabindranath-Tagore-Straße gewohnt und erzählte Ende der Neunzigerjahre in der Zeit diese hübsche Anekdote zu seiner Adresse: „Die DDR wollte von Indien anerkannt werden, nannte deshalb unsere Straße Tagorestraße, und da sagte jener Indologe zum Bürgermeister: Es gibt drei Brüder Tagore. Die könne man verwechseln, wenn man nicht deutlich mache, welchen man meint. Deshalb heißt die Straße Rabindranath Tagore, und alle Pförtner von Hotels, in denen ich je einkehrte, mussten ‚Rabindranath Tagore‘ in ihre Bücher schreiben.“

    Auch heute noch hat sich an der Unaussprechlichkeit und Unbuchstabierbarkeit wenig geändert, berichtet ein Kollege aus Grünau. Selbst bei Google Maps herrscht Zungenbrecherpotenzial, und wenn das Kartennavi auf dem Handy die „Rabbindrannattrgorr-Straße“ ausspricht, will man sich vor Lachen kringeln und vergisst dabei unter Umständen, auf den Verkehr zu achten. Auch nicht ungefährlich.

    3. Wedding: Malplaquetstraße

    Malplakat? Malplack? Wasnochmal? Die Malplaquetstraße in Wedding stellt wohl selbst Anwohner vor Schwierigkeiten. Sie reicht von der Nazarethkirchstraße bis zur Seestraße, so viel steht fest. Doch wie spricht man sie nur korrekt aus?

    Lesen wir zunächst im Kauperts Straßenführer durch Berlin nach. Dort heißt es: „In der äußerst blutigen Schlacht bei Malplaquet am 11.9.1709 vernichteten während des Spanischen Erbfolgekriegs die vereint kämpfenden preußischen, österreichischen und britischen Truppen – unter Führung von John Churchill Marlborough – die Armee Ludwigs XIV. von Frankreich. Der verlustreich erkämpfte Sieg wurde nicht genutzt und hatte auch nicht die erhoffte kriegsentscheidende Wirkung.“

    Verlustreich, aber namensgebend: die Schlacht bei MalplaquetHeritage Images/imago

    Und weiter: „Vorher Straße Nr. 45, Abt. X/1 des Bebauungsplanes. 1888 entschied der Magistrat von Berlin anlässlich des 200. Geburtstags Friedrich Wilhelms I., der als Kronprinz in den Niederlanden seine Feuertaufe erhalten hatte, eine Anzahl Weddinger Straßen nach Ereignissen und Personen des Spanischen Erbfolgekriegs (1701–1714) zu benennen. So erhielt auch die Malplaquetstraße ihren Namen.“

    Malplaquet liegt in Nordfrankreich und wird demzufolge très français ausgesprochen und betont: malplakee.

    4. Tiergarten: John-Foster-Dulles-Allee

    John Foster Dulles war ein amerikanischer Politiker, der unter US-Präsident Dwight D. Eisenhower von 1953 bis 1959 als Außenminister der Vereinigten Staaten diente. Er war bekannt für seine kompromisslose Haltung gegenüber der Sowjetunion im Kalten Krieg und betrachtete den Kommunismus als „moralisches Übel“.

    Übel gerät bisweilen auch die Aussprache seines Namens in Berlin, ist nach Dulles doch eine kleine, vom Spreeweg bis zur Scheidemannstraße reichende Allee benannt. Die lässt von „Dallas“ über „Dulls“ bis hin zu „Dulli“ allerlei verhunzungstechnische Alternativen zu. Entscheiden Sie selbst, wie sehr Sie den Ami ärgern wollen, etwa wenn Sie das nächste Mal das Haus der Kulturen der Welt ansteuern, das in der John-Foster-Dulles-Allee 10 ansässig ist.

    5. Friedenau: Handjerystraße

    Von „Hand-cherie“ über „Händ-dschäry“ bis „Hand-jerri“ ist eigentlich aussprachetechnisch alles drin in der Friedenauer Handjerystraße, die von der Varziner Straße bis zur Bundesallee und Stubenrauchstraße führt. Benannt ist sie nach dem Politiker Nicolaus Prinz Handjery, der 1836 in Konstantinopel zur Welt kam und 1900 in Dresden starb.

    Wenn’s hilft: Auch eine Pflanze ist nach Handjery benannt. Der Bergahorn „Prinz Handjery“ hat einen breit ovalen bis kugelförmigen Wuchs.Agefotostock/imago

    Der Kauperts weiß: „Der Sohn eines russischen Staatsrats stammte aus einer vornehmen griechischen Familie. Seit 1845 mit seiner Familie in Preußen lebend, erhielt Handjery 1851 das preußische Bürgerrecht, 1854 legte er in Berlin das Abitur ab und studierte dann in Berlin und Bonn Jura. 1858–1861 diente er im Garde-Kürassier-Regiment. Nach dem Examen und juristischer Tätigkeit beim Berliner Stadtgericht und der Potsdamer Regierung wirkte Handjery von 1870 bis 1885 als Landrat des Kreises Teltow und vertrat den Kreis im Abgeordnetenhaus und im Reichstag. 1885 wurde Handjery Regierungspräsident in Liegnitz, bis er 1895 wegen Krankheit aus seinen Ämtern ausschied und zurückgezogen in Berlin lebte. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof, Großgörschenstraße.“

    Lässt man sich den Wikipedia-Artikel über den Juristen laut vorlesen, so spricht dort eine weibliche Stimme den Namen eher wie folgt aus: „Nikolaus Handjerü.“ Gibt man das wiederum in die Google-Sprachsuche ein, schlägt die Maschine Seiten vor wie „Handjob zum Nikolaus“. Das dürfte die Verwirrung endgültig komplett machen. Zumal es in Berlin gleich zwei Handjerystraßen gibt: Die andere liegt in Adlershof.

    #Berlin #Geschichte #Straßen #Handjerystraße #Adlershof #Friedenau #Tiergarten #John-Foster-Dulles-Allee #Wedding #Malplaquetstraße #Grünau #Rabindranath-Tagore-Straße #Prenzlauer_Berg #Chodowieckistraße

  • Berlin-Mitte: Selbstgemachte Umbenennung der Mohrenstraße – wo sind all die Aufmüpfigen hin?
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/berlin-mitte-selbstgemachte-umbenennung-der-mohrenstrasse-wo-sind-a

    27.12.2023 von Timo Feldhaus - Als die U-Bahn hält, kommt unser Autor ins Straucheln: Ist die Stadt noch zu retten, wenn hier niemand mehr aus der Mohrenstraße die Möhrenstraße macht?

    Öfters komme ich die U2 nehmend automatisch an der Station Mohrenstraße vorbei. Aussteigen tue ich dort selten, am Rande der Stadtmitte habe ich meistens nichts zu tun. Ich schaue höchstens kurz auf, wenn der Zug hält und dann seine Fahrt durch den unterirdischen Schlund fortsetzt. Zuletzt traf mich dabei ein melancholischer Schlag. Ob es so etwas gibt: Einen blitzhaften Schlag der Melancholie? Ich weiß es nicht, aber verantwortlich für meinen Gemütszustand waren die zwei ausgewaschenen, fast kaum mehr sichtbaren Ö-Punkte über dem Wort „Mohrenstraße“, die mir beim letzten Mal schon aufgefallen waren. Jemand hatte sie dort aufgemalt, woraufhin jemand anderes sie wohl abwaschen musste, was aber nicht vollkommen geklappt hatte. Es war die Tafel Richtung des Ausgangs, wo man zu dem berühmten Getränkehandel kommt, bei dem Angela Merkel als Kanzlerin öfters ihre Einkäufe erledigte.

    Die Sache ist, ich war von einem Moment auf den anderen irgendwie enttäuscht von Berlin. Wo waren die aufmüpfigen Bewohner? Viele in der Stadt wollen den rassistischen Namen loswerden, sie plädieren seit Jahren für eine Umbenennung, die eigentlich auch schon fast durch ist. Ein Begriff, der für viele Mitbürger ein Schimpfwort ist, sollte aus dem öffentlichen Verkehr gezogen werden. Die Zeiten ändern sich und Wörter auch.

    Der schönste Berlin-eigene Widerstand

    Was mich dabei aber vor allem irritierte: dass sich derweil niemand mehr um das Ö „kümmerte“. Wo waren wir hingekommen, dass in Berlin niemand diese beiden Punkte aufmalte, und aus der ungeliebten Mohrenstraße die lustige Möhrenstraße machte. Sei es, weil es die politische Agenda vorgibt, sei es einfach aus Spaß. Sei es aus schönstem Berlin-eigenem Widerstands-Bürger-Engagement, sei es aus jugendlicher Lust an der eigenen Einarbeitung in den Stadtraum. Trugen die jungen Leute heute keine Eddings mehr mit sich rum, weil sie sich nur mehr auf ihren TikTok-Wänden verewigten? Schauten sie überhaupt nicht mehr auf von ihren Handys, weil das virtuelle Leben viel interessanter war als das im Berliner Untergrund? War ihnen allen womöglich der Spaß vollends vergangen?

    Da hatte doch selbst vor den Umbenennungsdebatten immer irgendeiner „Möhrenstraße“ draus gemacht, dit war doch Berlin! Diese reinliche U-Bahn, der schöne Schein, das war nicht mehr mein Berlin, dachte ich. Und ich dachte auch, obwohl das sicher politisch nicht korrekt gedacht war, wie anders die Zeiten waren, als alle über die Umbenennung eines Straßennamens gestritten haben, im Sommer 2022, und wie unschuldig und zivilisiert dieser Streit wirkte im Vergleich zu denen, die wir an der Schwelle zu 2024 führen.

    #Berlun #Mitte #Mohrenstraße #Straßenumbenennung

  • Wintereinbruch: Welche Regeln Berliner über das Schneeschippen kennen müssen
    https://www.berliner-zeitung.de/news/winterdienst-schnee-schippen-das-muessen-die-menschen-in-berlin-bei

    Na dann schippt mal schön.

    29.11.2023 von Jule Damaske - In Berlin ist der Winter eingebrochen. Schnee, Eis und Glätte beschäftigen die Menschen nun schon seit einigen Tagen. Doch was müssen Anwohnerinnen und Anwohner bei der Räumung von Schnee und Eis beachten? Wer ist für den Winterdienst verantwortlich? Und wo kommt der beseitigte Schnee hin? Ein Überblick.

    Wer ist für Beseitigung von Schnee und Eis auf den Gehwegen zuständig?

    Für die Schnee- und Glättebekämpfung auf den Gehwegen sind gemäß dem Berliner Straßenreinigungsgesetzes (StrReinG) grundsätzlich die Anliegenden einer öffentlichen Straße verantwortlich. Anliegende sind Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken, Erbbauberechtigte, Nießbrauchende sowie Inhabende eines im Grundbuch vermerkten dinglichen Nutzungsrechts, wie aus einer Mitteilung des Bezirksamts Treptow-Köpenick am Mittwoch hervorgeht.

    Was genau gehört zu den Aufgaben beim Winterdienst?

    Schneeberäumung: Je nach Fußgängeraufkommen muss Schnee in der Breite von mindestens einem Meter, 1,5 Meter auf Gehwegen der Hauptverkehrsstraßen und Geschäftsstraßen und drei Meter in besonderen Fällen, beispielsweise am Kurfürstendamm geräumt werden.

    – Winter- und Eisglätte abstreuen
    - Eisbildungen beseitigen, denen nicht ausreichend durch Streuen entgegengewirkt werden kann
    – Hydranten, Zugänge zu Telefonzellen, Notrufsäulen, Aufzügen, Briefkästen und Parkautomaten von Schnee und Eis befreien

    Wann muss der Winterdienst geleistet werden?

    Grundsätzlich gilt: Schnee soll unverzüglich nach Beendigung des Schneefalls, bei anhaltendem Schneefall auch mehrfach, geräumt werden. Schnee- und Eisglätte müssen unmittelbar nach ihrem Entstehen bekämpft werden. Wenn es nach 20 Uhr schneit, muss der Winterdienst bis 7 Uhr am folgenden Morgen oder 9 Uhr (an Sonn- und Feiertagen) durchgeführt werden.

    Kann jemand anderes den Winterdienst für mich übernehmen?

    Anliegende haben die Möglichkeit, andere geeignete Personen oder Firmen mit der Durchführung des Winterdienstes zu beauftragen. Sie sind sogar dazu verpflichtet, wenn sie nicht selbst die Pflicht zum Winterdienst erfüllen können oder wollen. Außerdem gilt dem Bezirksamt zufolge: „Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer sind verpflichtet, die ordnungsgemäße Durchführung des Winterdienstes zu kontrollieren“, auch wenn sie es durch Dritte vornehmen lassen.

    Wenn Anliegende körperlich oder wirtschaftlich nicht in der Lage sind, den Winterdienst durchzuführen oder durchführen zu lassen, kann das Land Berlin nach einem gesonderten Antrag diese Verpflichtung übernehmen. Der Antrag kann hier gestellt werden.
    Darf zum Auftauen Salz verwendet werden?

    Die Nutzung von Auftaumitteln jeglicher Art ist allgemein verboten. Warum das so ist und welche Alternativen es gibt, erklärt der BUND Berlin. Nur die Berliner Stadtreinigung (BSR) darf Tausalz zur Räumung der Fahrbahnen nutzen.

    Wohin kommt der geräumte Schnee?

    Der geräumte Schnee kann dem Bezirksamt zufolge auf dem Gehweg am Fahrbahnrand gesammelt werden. Der Schnee darf nicht im Rinnstein landen, ebenso wenig auf Gullys, vor Ein- und Ausfahrten, in Haltestellenbereichen der öffentlichen Verkehrsmittel, auf Radfahrstreifen und Radwegen und Bereichen von gekennzeichneten Behindertenparkplätzen. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass der Schnee neben Fußgängerüberwegen, Straßenkreuzungen und -einmündungen nur so hoch angehäuft werden darf, dass keine Sichtbehinderungen riskiert werden.
    Was ist zu beachten, wenn das eigene Grundstück ein Eckgrundstück ist?

    Diejenigen, deren Grundstücke an Straßenkreuzungen oder -einmündungen liegen, müssen „zusätzlich die Fortführungen der Gehwege bzw. Fußgängerbereiche bis an den Fahrbahnrand in der erforderlichen Breite“ räumen und streuen, so das Bezirksamt. „In nicht genügend ausgebauten Straßen sind die Fortführungen der Gehwege bzw. Fußgängerbereiche über die Fahrbahn bis zur Straßenmitte zu beräumen und zu streuen.“

    Was ist zu beachten, wenn sich vor dem Grundstück eine Haltestelle befindet?

    Für die Haltestellenbereiche der öffentlichen Verkehrsmittel, einschließlich der Wege zu den Wartehallen, ist die BSR zuständig. Ausgenommen sind die Mittelinseln, die von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) geräumt werden.

    Welche Konsequenzen drohen, wenn der Winterdienst nicht durchgeführt wird?

    Wenn Anliegende ihrer Pflicht zum Winterdienst nicht nachkommen, „kann die zuständige Behörde eine Ersatzvornahme auf dessen Kosten anordnen“. Laut dem Bezirksamt kann ein Ordnungswidrigkeitenverfahren nach dem StrReinG eingeleitet werden. In dem Fall, dass es aufgrund des unterlassenen Winterdienstes zu einem Unfall kommt, kann darüber hinaus ein Strafverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet werden. Eine betroffene Person kann dann zivilrechtliche Forderungen, beispielsweise Behandlungskosten oder Schadensersatz, gegen die Verantwortlichen geltend machen.

    #Berlin #Winter #Straßenreinigung

  • Was der Kaupert nicht weiß - Dunckerstraße in Grunewald
    https://m.kauperts.de/Strassen/Toni-Lessler-Strasse-14193-Berlin

    Der unsprüngliche Name Dunckerstraße erscheint nicht in der Geschichte der heutigen Toni-Lesser-Straße. Dabei ist sie gut dokumentiert. Was ist passiert?

    Details — Toni-Lessler-Straße
    PLZ 14193
    Ortsteil Grunewald
    ÖPNV Zone B Bus X10, M29
    Verlauf von Wernerstraße bis Hubertusbader und Kronberger Straße
    Falk Planquadrat O 10

    Zuständigkeiten — Toni-Lessler-Straße
    Arbeits­agentur Berlin Nord
    Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf
    Amts­gericht Charlottenburg
    Grundbuchamt Charlottenburg
    Familien­gericht Kreuzberg
    Finanz­amt Wilmersdorf
    Polizei­abschnitt A 22
    Verwal­tungs­bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf

    Geschichte — Toni-Lessler-Straße
    Alter Bezirk Wilmersdorf
    Alte Namen Seebergsteig (1936-2003)
    Name seit 1.9.2003

    Info Lessler, Toni, * 1874 Bückeburg, † 5.5.1952 New York, Pädagogin, Opfer des NS-Regimes.

    Die Umbenennung der mittigen Mohrenstraße war ein Verlust, geschuldet der Eulenspiegelei eines tansanischen Berliners und seiner fröhliche Wokistentruppe. Denen gelang es, die historisch nicht im Ansatz rassistische sondern im Gegenteil ehrend gemeinte Bezeichnung nach ihrem Verständnis umzudefinieren. Damit hat Berlin einen wichtigen Verweis auf Ereignisse und Topologie seiner Geschichte umd eine feste Orientierungsmarke im Stadtbild eingebüßt. Halb so schlimm, lustig war es anzusehen, wie die komplette BVV Mitte nach der Pfeife von ein paar selbsternannten Moralpredigern tanzte.

    Dem Seebergsteig hingegen trauert keine Menschenseele nach, abgesehen von 74 wegen der erforderlichen Adressänderung erzürnten Villenbewohnern. Die haben nur zähneknischend akzeptiert, dass Demokratie eben nicht die Ausweitung ihres Besitzrechts über den grunewalder Gartenzaun hinaus bedeutet. Das Regelwerk namens Demokratie, in dem alle ein bischen mitbestimmen können, haben sie dabei mit allem Nachdruck für die Beibehaltung des Nazinamens eingesetzt. Hat nicht geklappt, zum Glück.

    Über Straßennamen im Bezirk entscheidet das Bezirksamt und das wiederum wird von der Bezirksverordnetenversammung, der BVV kontrolliert. Dagegen kommt nur ein Senator oder der Regierende an, aber der wird den Teufel tun und es sich wegen einer Handvoll Villenbewihner aus dem noblen Grunewald mit der Öffentlichkeit verscherzen. Die mag keine Nazis mehr, zumindest nicht so offensichtliche.

    Sehr schön an der Geschichte ist die von der Villenfraktion ins Feld geführte Unterscheidung zwischen „kulturellen Antisemiten“, und „Vorbereitern des Holocaust“. Wer wenn nicht die deutschen „kulturellen Antisemiten“ kommt denn als „Vorbereiter des Holocaust“ in Frage? Ausschließlich die Teilnehmer der Wannseekonferenz? So hätten die Grunewalder Naziliebhager es wohl gern gehabt.

    In der ehemaligen Dunckerstraße stehen einige Villen aus der Zeit ihrer Umbenennung in den antisemitischen Seebergsteig. Die Erben ihrer Erbauer wollen sich anscheinend immer noch nicht eingestehen, worauf ihr heutiger Wohlstand beruht. Nazis, das waren immer die anderen, die Fanatiker. Man selber oder Opi war nur aus Pragmatismus dabei. Irgendwer musste ja das Geld von der Straße aufsammeln, seit die Juden das nicht mehr erledigten.

    Dunckerstraße
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stra%C3%9Fen_und_Pl%C3%A4tze_in_Berlin-Grunewald

    Die Straße wurde 1898 nach dem Verlagsbuchhändler, Publizist und Politiker Franz Duncker benannt. Mit der „Arisierung von Straßennamen“ in der NS-Zeit wurde am 14. April 1936 die Dunckerstraße nach dem NS-freundlichen Theologen in Seebergsteig umbenannt.

    Franz Duncker
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Franz_Duncker

    Franz Gustav Duncker (* 4. Juni 1822 in Berlin; † 18. Juni 1888 ebenda[1]) war ein deutscher Verleger, linksliberaler Politiker und Sozialreformer.

    Wieso wollten die Massenmörder aus ganz Deutschland, die Spree Killers United , eigentlich diesen ominösen Seeberg als einen der Ihren ehren?

    Reinhold Seeberg
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Reinhold_Seeberg

    Reinhold Seeberg (* 24. Märzjul. / 5. April 1859greg. in Pörrafer (Livland); † 23. Oktober 1935 in Ahrenshoop) war ein deutscher evangelischer Theologe.
    ...
    1918/1919 wurde er Rektor der Universität Berlin.
    ...
    Als Rektor initiierte Seeberg u. a. das Gefallenendenkmal der Berliner Universität[5], dessen lateinische Inschrift Invictis victi victuri („Den Unbesiegten die Besiegten, die siegen werden“) eine kaum verhüllte Aufforderung zur Revanche für die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg war.[6] Als Rektor trug er auch dazu bei, dass die Universität dem jüdischen Mediziner Georg Friedrich Nicolai die venia legendi aberkannte. Nicolai hatte ab 1914 kriegskritische Schriften publiziert.
    ...
    In seine radikale Modernitätskritik mischten sich zunehmend antiliberale Töne sowie ein rassentheoretisch begründeter Antisemitismus. Als erster akademischer Theologe griff er die These auf, Jesus sei ein Arier gewesen.

    Verstehe, Theologen gehen immer, sind halt die Guten, die man immer zu (!) Weihnachten und vielleicht (auch !) zu Ostern in ihrem Gotteshaus besucht. Man zahlt ihnen sogar Steuern, so gut sind die. Und dann ist der Mann Seeberg ja lange vor dem Holocaust gestorben, kann also nicht dabei gewesensein. Perfektes Alibi, Euer Ehren.

    Berlin: Entscheidung im Streit um den Seebergsteig, Der Tagesspiegel vom 12.12.2002
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/entscheidung-im-streit-um-den-seebergsteig-956095.html

    Die Umbenennung des Seebergsteigs wird heute voraussichtlich in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) CharlottenburgWilmersdorf besiegelt – gegen den Willen der CDU und der meisten Anwohner der Straße in Grunewald. SPD, Grüne, FDP und PDS wollen die Bezeichnung nach Reinhold Seeberg (1859 bis 1935) ändern, weil der Theologe ein Antisemit und „Wegbereiter“ des Nationalsozialismus gewesen sei. Der neue Name Toni-Lessler-Straße soll eine jüdische Pädagogin ehren, die bis 1939 die „Private Waldschule Grunewald“ geleitet hatte.

    Am Dienstagabend stritten darüber ein Dutzend Anwohner mit Bezirksverordneten im Rathaus Wilmersdorf. 74 der rund 100 Anwohner haben schriftlich die Beibehaltung des Straßennamens verlangt. Das Treffen kurz vor der Entscheidung nannten sie eine „Alibi-Veranstaltung“. Zum wiederholten Mal hielten sich Gegner und Befürworter der Umbenennung einige Zitate aus Seebergs Schriften vor, um ihre Standpunkte zu untermauern. Die Anwohner beriefen sich besonders auf den Historiker Günter Brakelmann. Dieser sieht in Seeberg einen „kulturellen Antisemiten“, aber „keinen Vorbereiter des Holocaust“. Zum Ärger von Mario Blochwitz, dem Initiator des Protestschreibens, war Brakelmann nicht zum Treffen eingeladen worden.

    FDP-Fraktionschef Jürgen Dittberner erinnerte daran, dass der Seebergsteig einst Dunckerstraße hieß. Erst 1936 hätten „die Nazis Seeberg aufs Schild gehoben, um den anderen Namen zu tilgen“. Das sei für die FDP der entscheidende Punkt.

    Die CDU erneuerte ihren Vorschlag, den Namen Seebergsteig einfach anders zu deuten: Zusatztafeln sollten auf den Ortsteil Seeberg in Altlandsberg hinweisen, hieß es.

    Verwirrung gab es um die Kosten der Umbenennung. Das Bezirksamt hat 1000 Euro für vier neue Schilder errechnet, jedoch übersehen, dass es acht Schilder gibt. Die CDU kritisierte den finanziellen Aufwand. Zugleich verlangte der CDU-Verordnete Joachim Dannert allerdings, den Anwohnern die Kosten einer Adressenänderung zu erstatten.

    Die Bürger erwägen gerichtliche Schritte. Schon Mitte der 90er Jahre hatten sie gegen einen Umbenennungsbeschluss der BVV geklagt. Nach einer Niederlage vor dem Verwaltungsgericht legten sie Berufung ein – bis die CDU vorübergehend die BVV-Mehrheit gewann und den alten Beschluss kippte. Trotz ihres Streits erklärten Anwohner und Politiker, einen Eklat wie bei der Rückbenennung der Jüdenstraße in Spandau vermeiden zu wollen. CD

    #Berlin #Grunewald #Toni-Lesser-Straße #Seebergsteig #Dunckerstraße #Mitte #Mohrenstraße #Antisemitismus #Straßenumbenennung #Geschichte #Nazis #Straßennamen #Bezirk #Bezirksamt #Bezirksverordnetenversammung #BVV

  • Emmanuel Macron promet de simplifier les noms des voies publiques : les Champs-Élysées deviendront « Grande rue »
    https://lechodelaboucle.fr/2022/03/23/emmanuel-macron-promet-de-simplifier-les-noms-des-voies-publiques-le

    Politique, Société, Une
    23.3.2022 - C’était l’une des promesses de campagne d’Emmanuel Macron en 2017 : simplifier le mille-feuilles administratif. Si certaines réformes d’ampleur ont bien vu le jour (remplacement des formulaire FP213-A et FP214-B par l’unique formulaire FP213-AB lors d’un changement de domicile, abandon de la formule obligatoire « Je vous prie d’agréer Monsieur le Préfet/Maire/Inspecteur des finances publiques (…), l’expression de mes respectueuses salutations » à la fin de vos réclamations administratives), force est de constater que la simplification administrative majeure promise il y a 5 ans a accouché d’une souris, voire d’une musaraigne.

    Emmanuel Macron a donc décidé d’accélérer le processus et promet avant 2023 une simplification majeure des noms des voies publiques françaises. Dans le discours qu’il a prononcé à Brest ce mardi 24 mars, le Président, candidat à sa propre réélection, annonce ainsi que 80% des dénominations de rues, avenues, boulevards, lieux-dits… de France serait modifié avant l’automne « afin de rendre tout cela plus simple pour nos concitoyens et que pour leurs GPS ».

    Afin de démontrer qu’il ne s’agit pas là d’une réforme parisienne pour « emmerder les territoires (sic) », Emmanuel Macron souhaite que la capitale montre l’exemple dès cet été, avec une modification très symbolique au cœur même de Paris : l’avenue mythique des Champs-Élysées deviendrait ainsi sobrement « GRANDE RUE ».

    Gageons que de nombreux grognons, et pas seulement parisiens, ne manqueront pas de critiquer cette annonce.

    La rédaction

    Crédits photographiques : Josh Hallett / Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic

    #Frankreich #Straßenumbenennung

  • Kauperts Bekenntnisse - die vielen Namen der Dorotheenstraße
    https://m.kauperts.de/Strassen/Dorotheenstrasse-10117-Berlin

    Es geht natürlich um die Dorotheenstraße in 10117 Berlin-Mitte. Die namensgebende Dame war im aufstrebenden Preußen des 19. Jahrhunderts so populär, daß noch heute drei weitere Straßen in Adlershof, Lichterfelde und Wannsee nach der Kurfürstin von Brandenburg aus dem 17. Jahrhundert, der zweiten Frau Friedrich Wilhelms (der mit dem Reiterstandbild, nicht der mit dem U-Bahnhof), des „großen Kurfürsten“ benannt sind.

    Und so beschreibt uns Herr Kaupert die Geschichte der heutigen Dorotheenstraße zwischen #Am_Kupfergraben bis #Ebertstraße und #Scheidemannstraße:

    Geschichte — Dorotheenstraße Alter Bezirk Mitte
    Alte Namen Am Bauhof (um 1696-1822), Hinter dem Observatorium (18. Jh.-1822), Hinter Gasse (17. Jh.-18. Jh.), Letzte Straße (18. Jh.-1822), Clara-Zetkin-Straße (1951-1995)
    Name seit 25.4.1822

    Die Dorotheenstraße trägt ihren Namen, wie wir der Liste ihrer früheren Bezeichnungen eine Zeile über der Angabe „seit 25.4.1822“ entnehmen können, in der Tat erst seit 1995, denn unmittelbar zuvor hieß sie nach der Frauenrechtlerin und kommunistischen Reichstagsabgeorneten und Kampfgefärtin Rosa Luxemburgs Clara Zetkin.

    Die Sortierung der Straßennamen erschwert dem Leser die historische Einordnung der Bezeichnungen, unterstellt, dass hier nur ungeschickte Überlegungen zum Layout der Danenbankeinträge sichtbar werden. Unterschwellig ider ausdrücklich zeigt sich hier jedoch eine revisionistische Sicht auf die deutsche Geschichte. Die heutige Benennung nicht mit dem Datum der Widmung durch die zuständige BVV Mitte zu bezeichnen sondern mit dem des preußischen Erlaß von 1822, tut so, als ob mit der Umbenennung ein voheriger Zustand wieder hergestellt worden wäre, und die Epoche der Clara-Zetkin-Straße nicht existiert hätte. Zurück nach Preußen, die Kontinuität der Geschichte ist bis 1822 wieder hergestellt. Wem gehört der Verlag heute? „Zepter und Krone GmbH“ heißt die Dachgesellschaft und Besitzer des „Kaupert“ heute. Wenn das kein Zufall ist.

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kaupert_(Verlag)

    Und so würde eine zutreffend fortlaufend sortierte Liste der historischen Bezeichnungen der heutigen Dorotheenstraße aussehen:

    Am Bauhof (um 1696-1822), Hinter dem Observatorium (18. Jh.-1822), Hinter Gasse (17. Jh.-18. Jh.), Letzte Straße (18. Jh.-1822),
    Dorotheenstraße (25.4.1822 - 1951)
    Clara-Zetkin-Straße (1951-1995)
    Name seit 1995

    Die Neubenennung als Dorotheenstraße erfolgte in einem neuen historischen Kontext und hat deshalb eine neue Bedeutung. Im Jahr 1822 wurde der Kurfürstin Dorothea gedacht, im Jahr 1995 hingegen sollte der kommunistischen Frauenrechtlerin ausdrücklich nicht mehr grdacht werden. Frag heut mal wen auf der Straße nach Dorothea. Niemand kennt sie. Das ist nicht weiter schlimm, denn ihre Epoche haben wir seit lamgem hinter uns gelassen. Und niemand soll mehr an die olle Clara erinnert werden. Das ist schade, denn sie hat viel für die Frauen von heute erreicht.

    Erstaunlich, wie ideologisch nicht nur eine Straßenumbenennung sindern auch ihre Abbildung im Code von Datenbankabfragen und Layoutanweisungen sein kann.

    #Dorotheenstraße #Clara-Zetkin-Straße #Straßenumbenennung

  • Kolumne Berliner Trüffel, Folge 34: Auf den Spuren einer Plastik ohne Namen
    https://www.tagesspiegel.de/kultur/kolumne-berliner-truffel-folge-34-auf-den-spuren-einer-plastik-ohne-nam

    12.8.2023 von Michael Bienert - Wer schwingt da den Taktstock? Beim Sonntagsradeln zwischen Kiefern und Villen öffnet sich plötzlich ein elliptischer Platz mit gepflegtem Rasen, in der Mitte die Bronzefigur eines Dirigenten. Ihr Sockel trägt keinen Namen, eingemeißelt sind vier Worte: Kunst. Kultur. Wissenschaft. Wirtschaft.

    Drei Alleen münden auf den Platz, vielleicht geben die Straßenschilder einen Hinweis? Der Oberhaardter Weg, steht da, hieß früher Joseph-Joachim Straße, nach dem berühmten Geigenvirtuosen, Komponisten und Gründungsdirektor der Berliner Musikhochschule. Wegen dessen jüdischer Herkunft wurde die Straße 1939 von den Nazis umbenannt.

    Es führen allerdings auch eine #Griegstraße und eine #Nikischstraße auf den Platz mit dem Musiker aus Bronze. Der norwegische Komponist oder der ungarische Maestro könnten auch gemeint sein. Na gut, das Netz wird es schon wissen. Denkste. Googlemaps verzeichnet an der Koordinate ein Grieg-Denkmal. Aber die weitere Recherche führt ins Nichts.

    Auf der Rückseite der Skulptur ist eine Signatur eingeritzt, schwer zu entziffern. Der Versuch mit dem Namen Andrej Irzykowski führt endlich zu einem Suchmaschinentreffer. Ein Bildhauer aus Lünen, dessen Website seit 2008 nicht aktualisiert worden ist. Aber er ruft zurück. Ein Kunstfreund, der aus Lünen in den #Grunewald gezogen sei, habe die Skulptur 2014 in Auftrag gegeben. Nein, sie stelle keine der drei genannten Personen dar, es sei dabei um etwas Universelleres gegangen, ums Dirigieren.

    Der gesenkte Taktstock ist verbogen, jemand hat versucht, ihn abzubrechen. Und ist gescheitert an dem Stahlstab, den der Bildhauer listig drin versteckt hat. Sonst ist die Figur hohl. Jedes Körperteil gibt beim Beklopfen einen anderen Glockenton. Die linke Hand der Figur scheint ein unsichtbares Orchester zu zügeln. Eingefroren in dem Moment, wo Musik in Stille übergeht.

    #Oberhaardter_Weg #Joseph-Joachim-Straße #Nazis #Geschichte #Straßenumbenennung

  • #Allemagne : une nouvelle place au nom du résistant camerounais #Rudolf_Douala_Manga_Bell

    Une troisième place au nom de Rudolf Douala Manga Bell, résistant camerounais à la colonisation allemande, a été inaugurée en Allemagne, à #Aalen, le 1er juillet dernier. Une #pétition circule auprès des autorités allemandes pour la #réhabilitation de Rudolf Douala Manga Bell et de #Ngosso_Din.

    Rudolf Douala Manga Bell fut l’ancien roi du clan Bell du peuple Douala au Cameroun pendant la période coloniale allemande. Pour avoir tenté de fédérer les communautés contre le colonisateur, il fut pendu « pour haute trahison » le 8 août 1914 à Douala avec son secrétaire Ngosso Din.

    #Jean-Pierre_Félix_Eyoum, membre de la famille et installé en Allemagne depuis un demi-siècle, travaille depuis trente ans sur cette histoire. La place Manga Bell de Aalen a été inaugurée en présence des représentants des autorités du Cameroun. Avant cela, une place a été inaugurée à #Ulm en octobre, une autre à #Berlin en décembre.

    Jean-Pierre Félix Eyoum a déposé il y a un an une pétition auprès des autorités allemandes pour la réhabilitation de Rudolf Douala Manga Bell et Ngosso Din. Pourquoi une place à Aalen ? Parce que ce fut la ville d’accueil de Roudolf Douala Manga Bell, quand il vient apprendre l’allemand à 16/17 ans en 1891 en Allemagne raconte Jean-Pierre Félix Eyoum, au micro de Amélie Tulet, de la rédaction Afrique.

    La demande de réhabilitation de Rudolf Douala Manga Bell et Ngosso Din, figures de la #résistance contre la #colonisation_allemande, est examinée au Bundestag allemand. Avant sa visite en octobre dernier au Cameroun, la ministre adjointe aux Affaires étrangères allemande avait déclaré : « la peine capitale prononcée contre le roi Rudolf Douala Manga Bell en 1914 est un parfait exemple d’#injustice_coloniale ».

    https://amp.rfi.fr/fr/afrique/20230709-allemagne-une-nouvelle-place-au-nom-du-r%C3%A9sistant-camerounais-r

    #Cameroun #toponymie #toponymie_politique #décolonial #toponymie_décoloniale #colonialisme #mémoire #noms_de_rue

    ping @cede @_kg_ @reka

    • Le #martyr camerounais Rudolf Douala Manga Bell a désormais sa place à Berlin

      Après Ulm, Berlin est la deuxième ville allemande à avoir une rue ou une place du nom de Rudolf Douala Manga Bell, ce roi camerounais, figure de la résistance face aux colonisateurs.

      Le gris et le froid berlinois n’ont pas douché l’enthousiasme de la foule. Et pour cause : la place Gustav Nachtigal, du nom du colonisateur qui hissa le drapeau allemand sur le Cameroun, n’existe plus ; elle s’appelle désormais place Rudolf et Emily Douala Manga Bell.

      Rudolf Douala Manga Bell, c’est ce roi devenu héros national pour avoir osé défier le colonisateur allemand et qui fut exécuté en 1914. « Il s’était opposé à certains plans du gouvernement allemand colonial qui essayait de déposséder les gens, de leur prendre leurs terrains... et évidemment, ça n’a pas plu aux Allemands », raconte Jean-Pierre Félix Eyum, l’un de ses descendants. Emily Douala Manga Bell, l’épouse de Rudolf, fut quant à elle l’une des premières Camerounaises à avoir été scolarisées.
      « Un message d’espoir »

      Mais si Rudolf Douala Manga Bell a maintenant une place à son nom à Berlin, il n’est pas totalement réhabilité, ce qu’attend désormais Jean-Pierre Félix Eyum. « J’attends que le gouvernement allemand prononce enfin ces mots-là : "Nous sommes désolés d’avoir fait ce que nous avons fait". C’est cela que j’appelle réhabiliter Rudolf Douala Manga Bell », indique-t-il. Il se dit optimiste à ce sujet. Il a récemment déposé une pétition dans ce sens au Parlement allemand.

      L’actuel roi de Douala, Jean-Yves Eboumbou Douala Manga Bell, voit quant à lui dans cette cérémonie en l’honneur de son ancêtre « un symbole extraordinairement important de reconnaissance d’une situation qui a été déplorable en son temps ». « Un message d’espoir », dit-il. Cette inauguration est en tout cas une nouvelle étape dans la reconnaissance très récente par l’Allemagne de son passé colonial. Un passé longtemps éclipsé par les crimes commis par le régime nazi durant la Seconde Guerre mondiale.

      https://www.rfi.fr/fr/afrique/20221202-le-martyr-camerounais-rudolf-douala-manga-bell-a-d%C3%A9sormais-sa-plac

    • L’Allemagne inaugure une place Rudolf Douala Manga Bell en hommage au martyr camerounais

      Pour la première fois sur le sol allemand, une place au nom de Rudolf Douala Manga Bell a été inaugurée le 7 octobre, dans une tentative allemande de regarder son passé de colonisateur du Cameroun. Cela à Ulm, dans le sud de l’Allemagne, où le roi Rudolf Douala Manga Bell avait étudié le droit à la fin du XIXe siècle, avant de rentrer au Cameroun, où il fut ensuite exécuté par l’administration allemande pour avoir tenté de fédérer des communautés camerounaises contre les colons.

      Au Cameroun, son nom est dans tous les manuels scolaires : Rudolf Douala Manga Bell était un roi, le roi du clan Bell au sein du peuple Douala. Celui-ci était établi depuis des générations sur la côte Atlantique, au bord de l’estuaire du Wouri, où se trouve l’actuelle ville de Douala, capitale économique du Cameroun.

      C’est son père, le roi Auguste Douala Ndumbe Bell, qui l’envoie étudier en Allemagne pour qu’il maîtrise la langue de ceux dont la présence augmente sur la côte, avec l’arrivée de missionnaires puis l’installation de comptoirs pour le commerce.

      Mais quelques années après le retour de Rudolf Douala Manga Bell au Cameroun, le gouvernement colonial allemand remet en cause le traité de protectorat signé avec les chefs Douala. Le texte stipule que la terre appartient aux natifs, mais le gouverneur allemand veut alors déplacer les populations.

      Rudolf Douala Manga Bell s’y oppose, d’abord de façon légaliste, allant jusqu’au Parlement allemand plaider la cause de son peuple, avant de se résoudre à tenter de fédérer les autres communautés du Cameroun contre le colonisateur allemand. Mais il est arrêté en mai 1914, jugé et condamné en un seul jour. Il est pendu le 8 août 1914 avec son lieutenant pour « haute trahison ».

      Le Cameroun avait été sous domination allemande d’abord, avant d’être placé sous les mandats britannique et français après la Première guerre mondiale.
      Les descendants de la figure camerounaise appellent à la réhabilitation de son image par l’Allemagne

      Les descendants du roi Rudolf Douala Manga Bell attendent notamment sa réhabilitation par les autorités allemandes, pour laver son nom. Un des combats que mène notamment son arrière-petite-fille, la Princesse Marylin Douala Manga Bell qui constate que les choses bougent en Allemagne depuis le milieu des années 2010.

      https://www.rfi.fr/fr/afrique/20221025-l-allemagne-inaugure-une-place-rudolf-duala-manga-bell-en-hommage-au-ma

  • Umbenennung der Berliner Mohrenstraße: „Dann ist das also für uns gelaufen“
    https://www.berliner-zeitung.de/news/gericht-urteilt-ueber-umbenennung-der-berliner-mohrenstrasse-li.366

    6.7.2023 von Anja Reich - Das Berliner Verwaltungsgericht hat entschieden, die Straße darf umbenannt werden. Die Verhandlung machte klar: Die Kläger hatten wenig Chancen. So lief der Tag im Gericht.

    Am Ende der Verhandlung über die Mohrenstraße, kurz vor der Urteilsverkündung, sieht es für einen Moment so aus, als würde das Bezirksamt doch einlenken, auf die Gegner der Umbenennung zugehen. Gerade hatten sie ihre Argumente vorgetragen, sich beschwert, nie von den Politikern in ihrem Bezirk angehört worden zu sein, und ihnen vorgeworfen, immer nur die Umbenennungsaktivisten zu unterstützen. Sogar ein Büro werde ihnen bezahlt, ein Büro, das immer leer steht!

    Ein starker Vorwurf, findet der Richter. „Der Bezirk sponsort die Umbenennungsräume?“, fragt er den juristischen Vertreter vom Bezirksamt Mitte. „Können Sie dazu etwas sagen?“

    Nein, sagt der Justiziar. Mehr sagt er nicht. Aber dann wendet er sich doch noch an die Männer auf der anderen Seite des Ganges, die Kläger, und sagt in versöhnlichem Ton, er werde „den Wunsch nach mehr Dialog mitnehmen“ und dafür sorgen, „dass das, was ich heute gehört habe, an der richtigen Stelle ankommt“.

    Er hat kaum zu Ende gesprochen, da ruft einer der Kläger: „Heißt das, das Verfahren wird ausgesetzt, bis die Bezirksverordnetenversammlung die Sache neu bewertet?“ Nein, sagt der Justiziar, so sei das nicht gemeint gewesen.

    „Dann ist das also für uns gelaufen“, stellt der Kläger fest, empört, resigniert. Und fügt hinzu: Egal was man sage, es helfe ja doch nichts.

    So ist sie, die Stimmung im Berliner Verwaltungsgericht, als hier am Donnerstag die 1. Kammer unter Vorsitz von Richter Wilfried Peters darüber verhandelt, ob die Mohrenstraße in Berlin-Mitte umbenannt werden darf oder nicht. Und damit einen drei Jahre währenden Streit um Kolonialismus, Rassismus und Willkür von Bezirkspolitikern beendet.
    Mohrenstraße: Sechs Anwohner hatten geklagt

    Im Jahr 2020 hatte die Bezirksverordnetenversammlung die Umbenennung auf Antrag von Grünen und SPD beschlossen. In der Begründung hieß es: „Nach heutigem Demokratieverständnis ist der bestehende rassistische Kern des Namens belastend und schadet dem internationalen Ansehen Berlins.“

    Sechs Anwohner hatten dagegen geklagt, darunter der Historiker Götz Aly, der Bücher über den Nationalsozialismus und über den deutschen Kolonialismus geschrieben hat. Er finde durchaus, dass an den deutschen Kolonialismus in kritischer Weise erinnert werden solle, erklärte er. Aber der Beschluss zur Umbenennung der Mohrenstraße sei „überstürzt und wenig begründet“. Seinen Widerspruch habe das Bezirksamt nicht inhaltlich geprüft, sondern ein standardisiertes Ablehnungsschreiben verschickt.

    Es ist heiß und stickig im Gerichtssaal in Moabit, vorne links sitzen die Kläger, sechs Männer mit schütteren Haaren und dunklen Anzügen. Rechts hat das Bezirksamt Mitte Platz genommen, zwei Männer aus der Rechtsabteilung. Vorne das Gericht, vier Männer, eine Frau. Unter den Zuschauern sieht die Geschlechterverteilung ähnlich aus. Und schnell ist klar: Die Männer sind gegen die Umbenennung, die Frauen dafür. Götz Aly formuliert es so: „Die eine Gruppe ist zivilgesellschaftlich, die andere sind alte weiße Männer.“

    Aly kennt sich aus mit Straßennamen und Berliner Stadtgeschichte. Seine Klagebegründung klingt wie ein historischer Vortrag. Umbenennungen, sagt er, hätten immer etwas Totalitäres. Er erinnert an den Nationalsozialismus, die DDR, die Nachwendezeit, sagt, dass es ihm schon einmal gelungen sei, einen Namen zu retten, den von Nikolai Bersarin, des ersten sowjetischen Stadtkommandanten von Berlin nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Viele Namen, vor allem in Mitte, erinnerten an eine andere Zeit: Zimmerstraße, Hugenottenstraße, Hirtenstraße, Jüdenstraße. Und nein, die Taubenstraße habe nichts mit Vögeln zu tun, sondern mit Menschen, die nichts hören. Und keiner käme auf die Idee, den Gendarmenmarkt in „Platz der Bundespolizei“ umzubenennen, nur weil das zeitgemäßer sei.
    Historiker Götz Aly warnt vor Spaltung der Gesellschaft

    Der Richter hört lächelnd zu, er scheint es zu genießen, den Vortrag, Alys leise ironische Art, die Argumente seiner Gegner auseinanderzunehmen. Aktivisten, die sich in Vereinen versammelt haben, die Decolonize Berlin, Afrika-Rat Berlin Brandenburg e.V. oder Amo Kollektiv Berlin heißen und sogar Alys türkische Familiengeschichte recherchiert haben.

    Leider falsch, wie der Historiker dem Gericht nun mitteilt. Als Beweis hat er seinen Stammbaum mitgebracht, hält ihn hoch, erklärt, dass Mohren im 17. Jahrhundert, als die Straße ihren Namen bekam, sogar mehr Ansehen genossen und zu Hofe besser bezahlt worden wären als Türken. Natürlich habe es Sklaverei gegeben, natürlich bestreite er nicht, wie schlimm das gewesen sei, aber wenn das Bezirksamt inhaltlich argumentiere, tue er das auch.

    Berlin: Straße wird trotz wenig Zuspruch nach Inge Meysel benannt

    Unter Goebbels’ Aufsicht: Wie der Friedrichstadt-Palast zur Propagandabühne wurde

    Er warnt davor, sich auf „das geänderte Demokratieverständnis einer Gesellschaft“ zu berufen, weil sich das sehr schnell ändern könne. Und vor der Spaltung der Gesellschaft warnt er auch, gerade komme da etwas ins Rutschen, sagt der Historiker. Spätestens jetzt ist klar: Es geht im Gericht um die Frage, ob eine Straße in Berlin-Mitte umbenannt werden darf, aber es könnte auch um die Wärmepumpe oder die LNG-Terminals auf Rügen gehen. Darum, dass Menschen sich ausgeschlossen fühlen, wenn sie das Gefühl haben, Beschlüsse werden über ihre Köpfe hinweg gefällt.

    Am Ende seines Vortrags sagt Götz Aly, ob die Umbenennung justiziabel sei, sei ihm egal. Wichtig sei, dass sie nach demokratischen Prinzipien erfolge. Da ahnt er wohl bereits, dass seine Klage kaum Chancen haben wird. Der Vorsitzende Richter hatte „aus Fairness gegenüber den Beteiligten“ gleich zu Beginn der Verhandlung auf das „eingeschränkte Handeln des Gerichts“ hingewiesen. Der Grund: eine „einheitliche Rechtsprechung nicht nur in Berlin“, das „weite Ermessen der Kommune, in unserem Fall des Bezirksamts Mitte“. Es klang, als entschuldige er sich bei Götz Aly und seinen Mitstreitern dafür, dass er ihnen nicht weiterhelfen kann.
    Sätze wie aus einem Kafka-Roman

    Immer wieder spricht der Richter vom „staatsbürgerlichen Dialog“, betont, wie wichtig der sei. „Für uns ist aber nur maßgeblich, ob hier eine willkürliche Benennung erfolgt ist, außerhalb jeder sachlichen Erwägung und völlig unvertretbar.“ Bei allem Für und Wider „dränge sich das nicht auf“. Es sei nicht abwegig zu sagen, die sprachliche Wahrnehmung habe sich geändert. „Es gibt eben keine Sarotti-Mohren und Negerküsse mehr.“

    Der Vertreter des Bezirksamts erklärt, die Prinzipien der repräsentativen Demokratie seien alle eingehalten worden, gibt später aber zu, sich mit dem Widerspruch der Anwohner gar nicht auseinandergesetzt zu haben. Wegen Personalmangels. Er sagt: „Das in den Verwaltungsvorgang aufzunehmen, kann die Verwaltung nicht leisten, weil die Verwaltung zu knapp besetzt ist, deshalb haben wir uns in der Verwaltung auf das Wesentliche konzentriert.“ Sätze, die auch in einem Kafka-Roman stehen könnten.

    Ein Kläger liest eine E-Mail des Bezirksamts vor als Beweis für die „willkürliche Behandlung“ der Anwohner und fragt, wo das denn alles hinführen solle. „Eines Tages ist die Friedrichstraße weg, weil Friedrich nicht unser demokratisch gewählter Fürst war.“ Ein anderer weist darauf hin, dass er Mitglied der deutsch-arabischen Gesellschaft sei, und behauptet: „Keiner von denen, die den Namen ändern wollen, wohnen auch dort.“ Zustimmendes Gemurmel. Nur hinten in der letzten Reihe sagt eine Frau leise: „Doch.“

    Die Frau heißt Regina Römhold und erzählt in der Pause, dass sie am Institut für Europäische Ethnologie arbeitet, das sich in der Mohrenstraße Nummer 40 befindet. Eine Adresse, an der sie nicht länger ihre Studenten und internationalen Gäste empfangen möchte. Deshalb hat sie eine Initiative zur Umbenennung der Mohrenstraße gegründet und öffentliche Stadtrundgänge organisiert. Sie arbeite viel mit Südafrikanern zusammen, sagt sie. „Die wundern sich schon, wenn sie nach Deutschland kommen und diesen Namen aus der Sklaverei hier vorfinden.“ Götz Aly habe ein gutes Buch über koloniale Raubkunst geschrieben. Sein Festhalten am alten Berliner Geschichtsbild verstehe sie nicht.

    Aber Aly scheint selbst nicht mehr so richtig von seiner Klage überzeugt zu sein und kündigt an, bei Ablehnung nicht unbedingt in Berufung gehen zu wollen. „Ich möchte mich nicht in eine Sache verbeißen, mich jahrelang damit beschäftigen. Das kann ich meinen Mitklägern nicht versprechen.“

    Dann wird das Urteil gesprochen, die Klage – wie erwartet – abgelehnt, eine Berufung nicht zugelassen. Götz Aly sagt, das sei „in Ordnung so“. Er akzeptiere die Entscheidung des Gerichts, das Verfahren sei fair abgelaufen, der Richter habe seine Sache gut gemacht. Die Anhörung, die es nie gab im Bezirk, hier habe sie endlich stattgefunden. Er werde sich nun bald neue Visitenkarten drucken lassen. Auf denen steht: Anton-Wilhelm-Amo-Straße, der Name des ersten Gelehrten afrikanischer Herkunft an einer preußischen Universität.

    #Berlin #Mitte #Mohrenstraße #Straßenumbenennung

  • Gericht: Berliner Mohrenstraße darf umbenannt werden
    https://www.berliner-zeitung.de/news/gericht-urteilt-ueber-umbenennung-der-berliner-mohrenstrasse-li.366

    Und wieder kriegen wir eine ins unmerkbare umbenannte Straße verpasst. Aus der Mohrenstraße hätte eine Amostraße werden können. Nun sollen die Mohren doch zum
    Anton-Wilhelm-Amo-Straßen-Sprachmonster erhoben werden. So be it , heute merkt sich sowieso niemand mehr Namen von Stadtorten. Geokoordinaten herrschen hinter PR-Verballhornungen fürs gemeine Volk. Heil Amo, Ami go home, oder so.

    6.7.2023 von Anja Reich - Am Ende der Verhandlung über die Mohrenstraße, kurz vor der Urteilsverkündung, sieht es für einen Moment so aus, als würde das Bezirksamt doch einlenken, auf die Gegner der Umbenennung zugehen. Gerade hatten sie ihre Argumente vorgetragen, sich beschwert, nie von den Politikern in ihrem Bezirk angehört worden zu sein, und ihnen vorgeworfen, immer nur die Umbenennungsaktivisten zu unterstützen. Sogar ein Büro werde ihnen bezahlt, ein Büro, das immer leer steht!

    Ein starker Vorwurf, findet der Richter. „Der Bezirk sponsort die Umbenennungsräume?“, fragt er den juristischen Vertreter vom Bezirksamt Mitte. „Können Sie dazu etwas sagen?“

    Nein, sagt der Justiziar. Mehr sagt er nicht. Aber dann wendet er sich doch noch an die Männer auf der anderen Seite des Ganges, die Kläger, und sagt in versöhnlichem Ton, er werde „den Wunsch nach mehr Dialog mitnehmen“ und dafür sorgen, „dass das, was ich heute gehört habe, an der richtigen Stelle ankommt“.

    Er hat kaum zu Ende gesprochen, da ruft einer der Kläger: „Heißt das, das Verfahren wird ausgesetzt, bis die Bezirksverordnetenversammlung die Sache neu bewertet?“ Nein, sagt der Justiziar, so sei das nicht gemeint gewesen.

    „Dann ist das also für uns gelaufen“, stellt der Kläger fest, empört, resigniert. Und fügt hinzu: Egal was man sage, es helfe ja doch nichts.

    So ist sie, die Stimmung im Berliner Verwaltungsgericht, als hier am Donnerstag die 1. Kammer unter Vorsitz von Richter Wilfried Peters darüber verhandelt, ob die Mohrenstraße in Berlin-Mitte umbenannt werden darf oder nicht. Und damit einen drei Jahre währenden Streit um Kolonialismus, Rassismus und Willkür von Bezirkspolitikern beendet.
    Mohrenstraße: Sechs Anwohner hatten geklagt

    Im Jahr 2020 hatte die Bezirksverordnetenversammlung die Umbenennung auf Antrag von Grünen und SPD beschlossen. In der Begründung hieß es: „Nach heutigem Demokratieverständnis ist der bestehende rassistische Kern des Namens belastend und schadet dem internationalen Ansehen Berlins.“

    Sechs Anwohner hatten dagegen geklagt, darunter der Historiker Götz Aly, der Bücher über den Nationalsozialismus und über den deutschen Kolonialismus geschrieben hat. Er finde durchaus, dass an den deutschen Kolonialismus in kritischer Weise erinnert werden solle, erklärte er. Aber der Beschluss zur Umbenennung der Mohrenstraße sei „überstürzt und wenig begründet“. Seinen Widerspruch habe das Bezirksamt nicht inhaltlich geprüft, sondern ein standardisiertes Ablehnungsschreiben verschickt.

    Es ist heiß und stickig im Gerichtssaal in Moabit, vorne links sitzen die Kläger, sechs Männer mit schütteren Haaren und dunklen Anzügen. Rechts hat das Bezirksamt Mitte Platz genommen, zwei Männer aus der Rechtsabteilung. Vorne das Gericht, vier Männer, eine Frau. Unter den Zuschauern sieht die Geschlechterverteilung ähnlich aus. Und schnell ist klar: Die Männer sind gegen die Umbenennung, die Frauen dafür. Götz Aly formuliert es so: „Die eine Gruppe ist zivilgesellschaftlich, die andere sind alte weiße Männer.“

    Aly kennt sich aus mit Straßennamen und Berliner Stadtgeschichte. Seine Klagebegründung klingt wie ein historischer Vortrag. Umbenennungen, sagt er, hätten immer etwas Totalitäres. Er erinnert an den Nationalsozialismus, die DDR, die Nachwendezeit, sagt, dass es ihm schon einmal gelungen sei, einen Namen zu retten, den von Nikolai Bersarin, des ersten sowjetischen Stadtkommandanten von Berlin nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Viele Namen, vor allem in Mitte, erinnerten an eine andere Zeit: Zimmerstraße, Hugenottenstraße, Hirtenstraße, Jüdenstraße. Und nein, die Taubenstraße habe nichts mit Vögeln zu tun, sondern mit Menschen, die nichts hören. Und keiner käme auf die Idee, den Gendarmenmarkt in „Platz der Bundespolizei“ umzubenennen, nur weil das zeitgemäßer sei.
    Historiker Götz Aly warnt vor Spaltung der Gesellschaft

    Der Richter hört lächelnd zu, er scheint es zu genießen, den Vortrag, Alys leise ironische Art, die Argumente seiner Gegner auseinanderzunehmen. Aktivisten, die sich in Vereinen versammelt haben, die Decolonize Berlin, Afrika-Rat Berlin Brandenburg e.V. oder Amo Kollektiv Berlin heißen und sogar Alys türkische Familiengeschichte recherchiert haben.

    Leider falsch, wie der Historiker dem Gericht nun mitteilt. Als Beweis hat er seinen Stammbaum mitgebracht, hält ihn hoch, erklärt, dass Mohren im 17. Jahrhundert, als die Straße ihren Namen bekam, sogar mehr Ansehen genossen und zu Hofe besser bezahlt worden wären als Türken. Natürlich habe es Sklaverei gegeben, natürlich bestreite er nicht, wie schlimm das gewesen sei, aber wenn das Bezirksamt inhaltlich argumentiere, tue er das auch.

    Er warnt davor, sich auf „das geänderte Demokratieverständnis einer Gesellschaft“ zu berufen, weil sich das sehr schnell ändern könne. Und vor der Spaltung der Gesellschaft warnt er auch, gerade komme da etwas ins Rutschen, sagt der Historiker. Spätestens jetzt ist klar: Es geht im Gericht um die Frage, ob eine Straße in Berlin-Mitte umbenannt werden darf, aber es könnte auch um die Wärmepumpe oder die LNG-Terminals auf Rügen gehen. Darum, dass Menschen sich ausgeschlossen fühlen, wenn sie das Gefühl haben, Beschlüsse werden über ihre Köpfe hinweg gefällt.

    Am Ende seines Vortrags sagt Götz Aly, ob die Umbenennung justiziabel sei, sei ihm egal. Wichtig sei, dass sie nach demokratischen Prinzipien erfolge. Da ahnt er wohl bereits, dass seine Klage kaum Chancen haben wird. Der Vorsitzende Richter hatte „aus Fairness gegenüber den Beteiligten“ gleich zu Beginn der Verhandlung auf das „eingeschränkte Handeln des Gerichts“ hingewiesen. Der Grund: eine „einheitliche Rechtsprechung nicht nur in Berlin“, das „weite Ermessen der Kommune, in unserem Fall des Bezirksamts Mitte“. Es klang, als entschuldige er sich bei Götz Aly und seinen Mitstreitern dafür, dass er ihnen nicht weiterhelfen kann.

    Sätze wie aus einem Kafka-Roman

    Immer wieder spricht der Richter vom „staatsbürgerlichen Dialog“, betont, wie wichtig der sei. „Für uns ist aber nur maßgeblich, ob hier eine willkürliche Benennung erfolgt ist, außerhalb jeder sachlichen Erwägung und völlig unvertretbar.“ Bei allem Für und Wider „dränge sich das nicht auf“. Es sei nicht abwegig zu sagen, die sprachliche Wahrnehmung habe sich geändert. „Es gibt eben keine Sarotti-Mohren und Negerküsse mehr.“

    Der Vertreter des Bezirksamts erklärt, die Prinzipien der repräsentativen Demokratie seien alle eingehalten worden, gibt später aber zu, sich mit dem Widerspruch der Anwohner gar nicht auseinandergesetzt zu haben. Wegen Personalmangels. Er sagt: „Das in den Verwaltungsvorgang aufzunehmen, kann die Verwaltung nicht leisten, weil die Verwaltung zu knapp besetzt ist, deshalb haben wir uns in der Verwaltung auf das Wesentliche konzentriert.“ Sätze, die auch in einem Kafka-Roman stehen könnten.

    Ein Kläger liest eine E-Mail des Bezirksamts vor als Beweis für die „willkürliche Behandlung“ der Anwohner und fragt, wo das denn alles hinführen solle. „Eines Tages ist die Friedrichstraße weg, weil Friedrich nicht unser demokratisch gewählter Fürst war.“ Ein anderer weist darauf hin, dass er Mitglied der deutsch-arabischen Gesellschaft sei, und behauptet: „Keiner von denen, die den Namen ändern wollen, wohnen auch dort.“ Zustimmendes Gemurmel. Nur hinten in der letzten Reihe sagt eine Frau leise: „Doch.“

    Die Frau heißt Regina Römhold und erzählt in der Pause, dass sie am Institut für Europäische Ethnologie arbeitet, das sich in der Mohrenstraße Nummer 40 befindet. Eine Adresse, an der sie nicht länger ihre Studenten und internationalen Gäste empfangen möchte. Deshalb hat sie eine Initiative zur Umbenennung der Mohrenstraße gegründet und öffentliche Stadtrundgänge organisiert. Sie arbeite viel mit Südafrikanern zusammen, sagt sie. „Die wundern sich schon, wenn sie nach Deutschland kommen und diesen Namen aus der Sklaverei hier vorfinden.“ Götz Aly habe ein gutes Buch über koloniale Raubkunst geschrieben. Sein Festhalten am alten Berliner Geschichtsbild verstehe sie nicht.

    Aber Aly scheint selbst nicht mehr so richtig von seiner Klage überzeugt zu sein und kündigt an, bei Ablehnung nicht unbedingt in Berufung gehen zu wollen. „Ich möchte mich nicht in eine Sache verbeißen, mich jahrelang damit beschäftigen. Das kann ich meinen Mitklägern nicht versprechen.“

    Dann wird das Urteil gesprochen, die Klage – wie erwartet – abgelehnt, eine Berufung nicht zugelassen. Götz Aly sagt, das sei „in Ordnung so“. Er akzeptiere die Entscheidung des Gerichts, das Verfahren sei fair abgelaufen, der Richter habe seine Sache gut gemacht. Die Anhörung, die es nie gab im Bezirk, hier habe sie endlich stattgefunden. Er werde sich nun bald neue Visitenkarten drucken lassen. Auf denen steht: Anton-Wilhelm-Amo-Straße, der Name des ersten Gelehrten afrikanischer Herkunft an einer preußischen Universität.

    #Berlin #Mitte #Mohrenstraße #Anton-Wilhelm-Amo-Straße #Politik #Geschichte #Kultur #Rassismus #Straßenumbenennung

  • Berlin: Straße wird trotz wenig Zuspruch nach Inge Meysel benannt
    https://www.berliner-zeitung.de/news/berlin-friedrichshain-kreuzberg-strasse-wird-nach-schauspielerin-in

    Kennt keiner mehr, rein zufällig in Berlin geboren, war auch nicht so wichtig, Schauspielerin bekommt trotzdem Straße gewidmet. So isses im Tod wie im Leben: Es müssen nur die Richtigen einen Narren an Dir gefressen haben, dann jeht’s Dir super. Wenigstens muß diesmal kein Mohr drunter leiden.

    3.7.2023 Nur 32 Anwohner hatten sich für das Vorhaben ausgesprochen. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg beschließt trotzdem die Umbenennung.

    Eine Straße in Berlin soll nach der Schauspielerin Inge Meysel (1910-2004) benannt werden. Dabei haben sich nur wenige Anwohner für das Vorhaben ausgesprochen. Bislang trägt die Straße keinen Namen. Ein Termin gebe es noch nicht, teilte ein Sprecher des zuständigen Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg am Montag mit.

    Die Umbenennung der Straße zwischen der Koppenstraße und der Straße der Pariser Kommune sowie dem Franz-Mehring-Platz geht auf einen Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung im November 2019 zurück. Anfang 2021 wurden die rund 1500 Anwohnerinnen und Anwohner laut Bezirk befragt, ob sie die Änderung ihrer Adresse mit dem neuen Namen „Inge-Meysel-Straße“ haben wollen.

    Geantwortet hat nach Angaben des Sprechers nur ein Bruchteil: 206 Menschen wollten die alte Adresse behalten, lediglich 32 sprachen sich für die Änderung aus. Trotzdem solle dem BVV-Beschluss entsprochen werden, hieß es vom Bezirk.

    Inge Meysel wurde am 30. Mai 1910 als Tochter eines jüdischen Tabakhändlers und einer Dänin geboren und starb 2004 im Alter von 94 Jahren. Die Schauspielerin verkörperte resolute Frauen von der Putzfrau bis zur Diebin und vor allem Mütter, was ihr den Titel „Mutter der Nation“ einbrachte. Sie galt als forsche Kämpferin und unerschütterliche Kratzbürste. So wandte sie sich etwa gegen die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen und sprach offen über eigene Erfahrungen mit der Liebe zu Frauen.

    #Berlin #Friedrichshain #Inge-Meysel-Straße #Straßenumbenennung

  • Götz Aly gegen Bezirksamt Mitte: Die Causa Mohrenstraße kommt vor Gericht
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/goetz-aly-gegen-bezirksamt-mitte-mohrenstrasse-in-berlin-sechs-pers

    Es ist eine ergötzliche Angelegenheit, wenn Mohrenfreunde den Ihren ein Straßenschild erhalten wollen, wo Antirassisten laut scheien „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehn“. Der nächste Akt der Mohren-Posse spielt vor Gericht. Diesmal also kein Wilhelmstraßen- sondern ein Mohrenstraßen-Prozess. Wie schön, die Geschichte wiederholt sich als Farce. Gute Unterhaltung ist garantiert. Der zerbrochene Krug läßt grüßen.

    3.7.2023 von Maritta Adam-Tkalek - Mohrenstraße in Berlin-Mitte: Sechs Personen klagen gegen Umbenennung. „Unverzüglich“ sollte die Umbenennung der Mohrenstraße nach dem Hauruck-Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung Mitte vom August 2020 starten. Drei Jahre sind seither vergangen, die Mohrenstraße heißt immer noch Mohrenstraße. Der Widerstand von Bürgern hat die Eilvollstreckung durch das Bezirksamt Mitte bislang aufgeschoben. Der Versuch der Berliner Verkehrsbetriebe, den U-Bahnhof in Glinkastraße umzubenennen, war schon im Monat zuvor in Peinlichkeit und Rückzug geendet: Die Verantwortlichen hatten doch glatt übersehen, dass der russische Komponist Michail Glinka antisemitische Opern geschrieben hat.

    In dieser Woche kommt – so oder so – wieder Bewegung in die nur scheinbar ruhende Streitfrage: Am Donnerstag, den 6. Juli um 10.00 Uhr wird die 1. Kammer des Berliner Verwaltungsgericht unter dem Vorsitz von Richter Wilfried Peters, Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Berlin, über die von sechs Berliner Bürgern individuell eingereichten Klagen zusammen verhandeln. Als Leitklage gilt die des Historikers Götz Aly, bekannt durch seine Forschungen zum Nationalsozialismus, zuletzt auch zum deutschen Kolonialismus in der Südsee.

    Mohrenstraßen-Prozess: Erstmals zur Sache

    Andere Klagen, die zahlreiche weitere Berlinerinnen und Bürger eingereicht hatten, waren aus formalen Gründen abgewiesen worden: Sie waren – anders als die jetzt vor Gericht tretenden – keine Anwohner der Mohrenstraße und daher nicht klageberechtigt. Das heißt: Es wird zum ersten Mal in der Sache verhandelt. Bekommen die Kläger Recht, bleibt der Name. Wer ihn weiterhin ändern will, müsste einen neuen Umbenennungsprozess starten.

    Die Empörung nach dem Mohrenstraßenbeschluss der BVV war enorm gewesen, denn die grün-rote Zählgemeinschaft in der BVV Berlin Mitte hatte ohne jede Beteiligung von Anwohnern dem Druck aktivistischer Gruppen nachgegeben – für Bürgerinnen und Bürger gab es keine Veranstaltung, keine Information, keine Möglichkeit, andere Namensvorschläge einzureichen oder Alternativen zu debattieren.

    Anton Wilhelm Amo statt Mohrenstraße?

    Anton Wilhelm Amo (ca. 1703–ca. 1753), der erste bekannte Philosoph schwarzer Hautfarbe in Deutschland, konnte nichts dafür, dass er als Auserwählter von oben ohne Gegenkandidaten zum Namensgeber werden und die Mohrenstraße verdrängen soll – ausgerechnet er, der eine wichtige Disputatio an der Universität Halle zum Thema „De de iure Maurorum in Europa“ (zu Deutsch: Zur Rechtsstellung der Mohren in Europa) geführt hatte und damit heutige Behauptungen, Mohr sei seit ewigen Zeiten ein diskreditierendes Wort, widerlegte. Obendrein wurde die Biografie des gebürtigen Ghanaers von den interessierten Seiten historisch derart verdreht, bis sie passte.

    Demokratische Mitsprache war auch nach dem BVV-Beschluss nicht vorgesehen. Zwar hatte die Linke einen Änderungsvorschlag eingebracht, der vorsah, Namensvorschläge zu sichten und eine öffentlich tagende Kommission auswählen zu lassen. Ein „ergebnisoffener öffentlicher Partizipationsprozess“ sollte der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, sich an der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte zu beteiligen. Den Vorschlag für ein solches demokratieübliches Verfahren stimmten Grüne und Sozialdemokraten nieder. Sie brachen auch mit ihrer sonst heiligen Regel, bis zum Erreichen der Geschlechterparität der Straßennamen Straßen nur nach Frauen zu benennen.

    Besonders enttäuscht waren vor allem die in der Bürgerinitiative Pro Mohrenstraße Engagierten: Jahrelang hatte ihnen die SPD zugesagt, über einen sachlichen Diskussionsprozess zu einer historischen Einordnung des Namens zu kommen. Es hatten bereits Entwürfe für Informationstafeln vorgelegen. Während der BVV-Debatte hatte Sascha Schug, SPD-Fraktionsvorsitzender, Unwohlsein angesichts des Verfahrens erkennen lassen und eingeräumt: „Ja, wir weichen vom Üblichen ab, aber das ist jetzt notwendig.“ Man gehe auf das Drängen von „Menschen aus dem kolonialen Bereich“ ein. Er gab also zu, demokratische Gepflogenheiten dem Druck einer lauten Minderheit zu opfern.

    Zur Begründung hatte es in dem Umbenennungsantrag von Grünen und SPD geheißen: „Nach heutigem Demokratieverständnis ist der bestehende rassistische Kern des Namens belastend und schadet dem internationalen Ansehen Berlins.“ Die Formulierung „nach heutigem Demokratieverständnis“ irritierte die interessierten Bürgerinnen und Bürger zusätzlich. Obendrein wurden Erinnerungen an eine andere Mohrenstraßen-Wegbenennung wach: 1934 hatten die Nationalsozialisten in Coburg, der Stadt, die einen Mohren, den Heiligen Moritz, im Stadtwappen trägt, den Geehrten aus rassistischen Gründen getilgt. Die amerikanischen Befreier der Stadt vom Nationalsozialismus machten den NS-Beschluss von 1934 umgehend rückgängig und gaben der Stadt ihren Patron zurück.

    In Mitte folgten der inzwischen wegen Manipulation bei einer Stellenbesetzung abgewählte Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel und die zuständige Kultur-Stadträtin Sabine Weißler (beide Grüne) dem „Ersuchen“ der BVV, die Umbenennung unverzüglich zu exekutieren. In einer Sitzung des Stadtrates fiel dann der entsprechende Beschluss. Die Allgemeinverfügung des Bezirksamts erschien im Amtsblatt vom 14. Mai 2021.

    Es hagelte Bürgerprotest: 1134 Personen legten Widerspruch ein. Bald bekam jeder Einzelne Post vom Bezirksamt mit der Androhung von bis zu 741,37 Euro Verwaltungsgebühr. Angesichts dieser Drohkulisse wurden rund 900 Widersprüche zurückgezogen. Aus Leserzuschriften an die Berliner Zeitung sprach Wut über den Umgang des Amtes mit engagierten Bürgern. 237 blieben dabei und zahlten die schließlich auf 148,27 Euro festgelegte Widerspruchsgebühr. Alle Widersprüche wurden abgelehnt.

    Lucas Schaal, CDU, holte bei der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus im Februar das Direktmandat in Mitte. Er hat im Wahlkampf die Wut der Bürger über die Verkehrspossen um die Friedrichstraße aufgenommen – und auch den nicht erloschenen Ärger über das Verfahren in der Mohrenstraße gespürt: „Das Thema bewegt die Anwohner hier so stark, dass es in den Diskurs der demokratischen Parteien geholt werden muss“, sagte er der Berliner Zeitung. Keinesfalls dürfe man das emotionale Thema den Extremen überlassen. Den Rechtsbegriff, der in der Formulierung „nach heutigem Demokratieverständnis“ stecke, also nach Gefühlslage, hält der Jurist für „nur schwer operabel“. Er bevorzugt den Weg der Kontextualisierung.

    Als sein Parteifreund Joe Chialo, heute Kultursenator, im Herbst 2020 in den Bundestagswahlkampf einstieg, antwortete er im Interview mit der Berliner Zeitung auf die Frage „Mohrenstraße, ja oder nein?“: „Die Diskussion ist sehr aufgeladen – aber ich bin ein Freund des Kontextualisierens. Wenn man den Namen klar einordnet, sodass die Menschen den Zusammenhang erleben, dann ist das in Ordnung.“

    Auch er erinnerte an die Stadt Coburg, die den Kopf eines Schwarzen im Wappen führt und damit den Heiligen Mauritius ehrt: „Ich finde den Gedanken großartig: Wenn man den im Mittelalter eingepflanzten Gedanken weiterträgt, in dem man die Abbildung ohne die rassistischen Signale zeitgemäß umwandelt, damit sich niemand daran stößt, wäre eine Heldengeschichte implantiert, die verbindet statt zu spalten.“ Er wolle Brücken bauen.

    Der Historiker Götz Aly, langjähriger Kolumnist dieser Zeitung, klagt mit dem Ziel, die Allgemeinverfügung aufzuheben. Sie verstoße gegen den grundgesetzlich geschützten Gleichheitsgrundsatz, gegen das Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot staatlichen Handelns sowie gegen kommunalrechtliche Regeln. Seinen Widerspruch habe das Bezirksamt nicht inhaltlich geprüft, sondern ein standardisiertes Ablehnungsschreiben verschickt. Zentrale Punkte seiner Argumentation seien hier genannt.

    Laut Paragraf 40ff. des Bezirksverwaltungsgesetzes von Berlin wäre das Bezirksamt verpflichtet gewesen, „die Mitwirkung der Einwohnerinnen und Einwohner“ zu fördern und diese rechtzeitig „über ihre Mitwirkungsrechte zu unterrichten“. Das geschah nicht. Den Gleichbehandlungsgrundsatz sieht er verletzt, weil das Bezirksamt zwar anti- und postkoloniale Aktivistengruppen als „zivilgesellschaftliche Akteure“ anerkennt, nicht jedoch jene Bürgerinnen und Bürger, die, wie er selbst, „gegen das Ansinnen begründete Einwände erheben“. Diese Menschen gelten dem Bezirksamt „offensichtlich nicht als gleichrangige oder überhaupt als zivilgesellschaftliche Akteure“.

    Auch er argumentiert gegen das Ansinnen, Straßennamen könnten geändert werden, wenn sie „nicht heutigem Demokratieverständnis“ entsprächen: Der „extrem schwammige Begriff“ öffne „interessengeleiteten, jeweils opportunen Interpretationen Tür und Tor“. Er verweist auf das „heutige Demokratieverständnis“ der Orban-Partei in Ungarn oder der Gefolgsleute Donald Trumps in den USA.

    Als Historiker betont er, die Mohrenstraße sei Teil der Stadtgeschichte, „ein geschichtliches Monument“. Der Name wurde der Straße in der neu angelegten Friedrichstadt im Jahr 1709 verliehen. Nach 1684 hatte Brandenburg/Preußen mit einem Gesandten von der afrikanischen Westküste, Häuptling Jancke, in Berlin über einen Schutzvertrag verhandelt.

    Ob die kleine Delegation an der künftigen Mohrenstraße gewohnt hat, ist ebenso wenig belegt wie andere Spekulationen über Unterkünfte von Hofmohren oder schwarzen Musikern. Fest steht allerdings: „Straßennamen werden nicht in beleidigender Absicht verliehen, sondern in der Regel in ehrender und/oder orientierender Absicht“, sagt Aly. „Niemand würde auf die Idee kommen, die Jüdenstraße umzubenennen, nur weil das Wort Jude immer wieder und sehr häufig als Schimpfwort gebraucht worden ist.“

    Verletzt die Mohrenstraße jemandes Rechte?

    Die Behauptung der Aktivisten, mit dem Namen Mohrenstraße habe man schwarze Menschen beleidigen wollen, kann demnach als abwegig beiseitegelegt werden. Eine gefühlte Diskriminierung, wie von Aktivisten angeführt, ist nach Auffassung der Kläger, zu denen auch Bodo Berwald, Rechtsanwalt und Vorsitzender der Bürgerinitiative Pro Mohrenstraße gehört, „rechtlich unbeachtlich“: „Maßgeblich ist allein, ob durch den Namen Mohrenstraße aus objektiver Sicht gesetzlich geschützte Rechte schwarzer Menschen verletzt werden und damit dem Ansehen Berlins geschadet wird.“

    Zu den vorkolonialen Beziehungen Brandenburg/Preußens und Afrikas (Deutschland wurde 1884 Kolonialmacht, 175 Jahre nach der Benennung der Mohrenstraße) sagte William Gmayi Nsuiban, Historiker am Nationalmuseum in der ghanaischen Hauptstadt Accra, im Jahr 2022 Journalisten des RBB: „Nach allem, was wir wissen, gab es keine Anfeindungen.“ Die Brandenburger seien akzeptiert worden, man habe miteinander Geschäfte gemacht. Diese Geschäfte beinhalteten auch den Verkauf von etwa 20.000 Sklaven durch Afrikaner und deren Transport nach Amerika auf Brandenburger Schiffen.

    Zu guter Letzt sei angeführt, welche Auskunft das eigene Bezirksamt dem Bürgermeister und der Stadträtin im November 2020 erteilten: Der Fachbereich 4 im Stadtentwicklungsamt stellte erstens fest: „Die Umbenennung ist im Verkehrsinteresse nicht erforderlich.“ Zweitens: „Der Namensvorschlag (Anton Wilhelm Amo) ist aus Sicht der Orientierungsfunktion öffentlicher Straßen nicht geeignet.“ Neben der angrenzenden Wilhelmstraße eine weitere Straße mit dem Element Wilhelm sei „durchaus problematisch“.

    Drittens: Man halte die „angeregte Umbenennung“ der Mohrenstraße für „nicht zulässig“, weil Zweifel daran bestünden, dass der Name dem Ansehen Berlins schade. Viertens „sollte unter dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit abgewogen werden, ob den diversen Anliegern (u.a. Bundesministerien und Botschaften) bei insgesamt 69 Hausnummern tatsächlich eine Adressänderung zugemutet werden sollte“. Schließlich schade, fünftens, die mediale Berichterstattung über langwierige rechtliche Auseinandersetzungen dem Ansehen Berlins mehr als die Beibehaltung des Namens Mohrenstraße.

    Das Bezirksamt Mitte hat seine Meinung nicht geändert: Man sei „optimistisch, dass die Straße final umbenannt werden kann. Dafür plant der Bezirk Mitte eine offizielle und öffentliche Einweihungszeremonie.“

    #Berlin #Mitte #Mohrenstraße #Straßenumbenennung

  • New York Vehicle and Traffic Law § 1194 (2019) - Arrest and Testing. :: 2019 New York Laws :: US Codes and Statutes :: US Law :: Justia
    https://law.justia.com/codes/new-york/2019/vat/title-7/article-31/1194

    2019 New York Laws
    VAT - Vehicle and Traffic
    Title 7 - Rules of the Road
    Article 31 - Alcohol and Drug-Related Offenses and Procedures Applicable Thereto
    1194 - Arrest and Testing.

    #USA #New_York #Recht #Straßenverkehr #Alkohol #Polizei

  • So groß wie der Schlosspark: Für die TVO müsste viel Berliner Wald gefällt werden
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-verkehr-tangentiale-verbindung-ost-marzahn-koepenick-so-gros

    6.4.2023 von Peter Neumann - CDU und SPD in Berlin wollen den Straßenlückenschluss zwischen Marzahn und Köpenick vorantreiben. Doch nun heißt es, dass mehr Bäume fallen müssten als bekannt war.

    Autofahrer im Osten Berlins wünschen sich die Tangentiale Verbindung Ost, kurz TVO. Die schwarz-rote Koalition, die nun entsteht, will das Projekt vorantreiben. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich CDU und SPD dazu bekannt, dass der Bau der geplanten Straße noch in dieser Wahlperiode beginnen soll – bis 2026. Doch der Lückenschluss hat seinen Preis. Eine Waldfläche größer als der Schlosspark Biesdorf oder halb so groß wie der Zoo müsste dafür fallen – mehr als bisher erwartet. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage des Linke-Abgeordneten Kristian Ronneburg hervor.

    „Nach aktuellem Planungsstand werden voraussichtlich zirka 15,8 Hektar Wald gefällt werden“, teilte Verkehrs-Staatssekretärin Meike Niedbal in der parlamentarischen Drucksache mit. So lautet der „überschlägige aktuelle Planungsstand“. In welchem Maße der Eingriff ausgeglichen und durch Neupflanzungen ersetzt werden müsse, werde derzeit ermittelt, berichtete die Grünen-Politikerin. „Der Umfang der erforderlichen naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bemisst sich nach dem Umfang und der Schwere der Eingriffe in Natur und Landschaft“, so Niedbal.

    Als neue Nord-Süd-Straße soll die TVO angrenzende Ortsteile wie Friedrichsfelde, Karlshorst, Biesdorf und Köpenick von Verkehr entlasten. Auf der Köpenicker Straße in Biesdorf sowie auf anderen Verbindungen, an denen Menschen wohnen, gibt es oft Stau.

    Geplant war die TVO schon zu DDR-Zeiten. Während der 1990er-Jahre kam das Vorhaben in der Senatsverwaltung in Gang. Doch weil die Pläne auf politischen Druck mehrmals geändert wurden, kam es bei dem Projekt immer wieder zu Verzögerungen. Auch stiegen die erwarteten Kosten immer weiter an. War lange von 47 Millionen Euro die Rede, wurde der Aufwand zuletzt mit 350 Millionen Euro beziffert. Der Senat erwartet werktags zwischen 22.000 und 33.000 Fahrzeuge in beiden Richtungen.
    Haltestelle für Umsteiger zur U5 und S3

    Inzwischen liegen erste Details vor. Nachdem der Lückenschluss im Osten der Stadt zwischenzeitlich nur einen Fahrstreifen pro Richtung bekommen sollte, gelten jeweils zwei Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr wieder als gesetzt. Flankiert wird die geplante, rund 7,2 Kilometer lange Verbindung jenseits der Schallschutzwand von einem vier Meter breiten Zwei-Richtungs-Radweg und einem 2,40 Meter breiten Gehweg auf der Ostseite. Auf der TVO sollen auch Linienbusse der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) verkehren. Wo die neue Straße die U-Bahn-Linie U5 und die S-Bahn-Linie S3 kreuzt, entstehen Haltestellen zum Umsteigen.

    Es ist ein Projekt, das von einer breiten Koalition von Parteien, Verbänden und anderen Akteuren getragen wird. Erst im Januar fanden sich mehr als 20 Organisationen zusammen, um Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch Dampf zu machen. Aber auch die Grünen-Politikerin, die Ende April ihren Posten verlässt, hat sich für das Straßenbauprojekt ausgesprochen.

    „Die TVO ist das wichtigste Verkehrsprojekt für den Berliner Südosten“, bekräftigte Jochen Brückmann, Präsident des Verbands Deutscher Grundstücksnutzer, im Januar. „Auf eine Entlastung vom Durchgangsverkehr warten Zehntausende Anwohner. Für eine zügige Realisierung gibt es schon seit vielen Jahren einen breiten Konsens durch alle Parteien. Unsere Forderung an die Senatsverwaltung: Sofortige Einleitung des Planfeststellungsverfahrens und schnellstmöglicher Baubeginn!“
    Zuletzt war von 14,6 Hektar Wald die Rede

    „Die Tangentiale Verbindung Ost ist überfällig“, sekundierte Robert Rückel, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Berlin. „Wirtschaftsverkehr und Bürger quälen sich durch überlastete Haupt- und ungeeignete Nebenstraßen, um im Ostteil der Stadt von Nord nach Süd zu kommen. Also brauchen wir die TVO zwingend, um Wohngebiete zu entlasten, den Verkehr für alle sicherer zu machen und Lärm und Emissionen zu verringern. Die TVO kann die großen Gewerbegebiete im Nordosten direkt mit dem Technologiestandort Adlershof und dem BER verbinden. Weitere Verzögerungen sind schlichtweg nicht zu rechtfertigen. Deshalb fordern wir einen Start des Planfeststellungsverfahrens in diesem Jahr – und zwar ohne Wenn und Aber!“

    Allerdings gibt es auch Kritik an dem Straßenbauprojekt. Wie berichtet hat der Sachverständigenbeirat Naturschutz, der die Senatsverwaltung berät, im Jahr 2020 eine ausführliche kritische Stellungnahme vorgelegt. Darin warnt das Gremium davor, dass der geplante Flächeneingriff in die besonders wertvollen Eichenwälder in der Wuhlheide „überaus schwerwiegend“ sein werde. Dabei lag den Experten zum Waldverlust offenbar noch eine geringere Zahl vor, denn damals war von 14,6 Hektar Wald die Rede, die beim Bau der Vorzugsvariante beseitigt werden müssten. „Dies wäre der höchste Waldverlust in Berlin seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Für die Variante V 1.1 hingegen würden nur 7,6 Hektar Wald in Anspruch genommen“, so der Sachverständigenrat.
    Linke-Politiker vermisst Ausbau des Berliner Außenrings

    Zitat: „Wenn mit dem Berliner Mobilitätsgesetz eine ‚Verkehrswende‘ eingeleitet werden soll, müssen umfangreiche Straßenneubauplanungen für den motorisierten Verkehr, die wie die Tangentialverbindung Ost mit erheblichen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind, grundsätzlich noch mal auf den Prüfstand gestellt werden. Die neue TVO bietet eine großräumige Nord-Süd-Verbindung an, die zu mehr Verkehr führen wird, wodurch die Emissionen insgesamt zunehmen werden.“

    Stattdessen sollte auf dem Berliner Außenring eine neue S-Bahn-Verbindung, die Nahverkehrstangente, eingerichtet werden. „Diese ‚Schienen-TVO‘ wäre zur Verminderung der Belastungen anderer Straßen, wie zum Beispiel der Treskowallee geeignet“, so das Fachgremium.

    CDU und SPD haben offenbar kein Interesse am Ausbau von Nahverkehr in den Außenbezirken und schon gar nicht in #MaHe. Kein Satz zur Schienen-TVO, nur die Straßen-TVO soll gebaut werden. Wo bleiben die versprochenen Angebote @kaiwegner? pic.twitter.com/4ZPmQhzpFb
    — Kristian Ronneburg (@k_ronneburg) April 3, 2023

    Von der Nahverkehrs-TVO, dem Ausbau des parallelen Berliner Außenrings, ist allerdings im neuen Koalitionsvertrag nicht die Rede. „CDU und SPD haben offenbar kein Interesse am Ausbau von Nahverkehr in den Außenbezirken und schon gar nicht in Marzahn-Hellersdorf. Kein Satz zur Schienen-TVO, nur die Straßen-TVO soll gebaut werden“, kritisiert der Linke-Verkehrspolitiker Kristian Ronneburg bei Twitter.

    #Berlin #Stadtebtwicklung #Verkehr #Straßenbau #Treptow-Köpenick

  • Wegen Antisemitismus: In Berlin sollten mindestens 100 Straßen umbenannt werden
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/wegen-antisemitismus-in-berlin-sollten-mindestens-100-strassen-umbe

    Bald ist Schluss und so macht der Ansprechpartner für Antisemitismus-Fragen beim Land Berlin Samuel Salzborn nochmal ordentlich Reklame für sein Projekt Straßenumbenennung. Das Problem dabei: Bis zur Beseitigung des Nazireichs durch die Rote und die US-Armee waren die meisten entscheidenden Figuren Deutschlands irgendwo Antsemiten. Bei genauem Hinsehen und wenn man das unbefingt will, findet man deshalb zu fast allen Namenspatronen unserer Straßen Antisemitisches. Sogar Karl Marx wurde in letzter Zeit von fanatischen Philosemiten des Antisemitismus beschuldigt.

    Zum Glück ist die Verankerung in und Abhängigkeit von den geschichtsbewusstseinsbefreiten grünen und linken Milieus in der kommenden Regierungskoalition nicht so stark ausgeprägt wie bei Bündnis 90 / die Grünen und der Berliner Linkspartei. Die Sache wird deshalb vermutlich ruhiger angegangen werden und die Verdrängung der deutschen Geschichte aus dem Berliner Stadtplan weniger absurde Formen annehmen als unter R2G.
    Alles hat halt Vor- und Nachteile.

    30.3.2023 von Antonia Valencia - Der Senat für Justiz gibt den aktuellen Stand der Debatte bekannt – und empfiehlt bei rund 100 zu handeln. Und was ist mit der Martin-Luther-Straße? Umbenennen?

    Langwierig könnten sie werden, die Diskussionen, sagt Samuel Salzborn. Aber er sieht auch denen gelassen entgegen. Aufarbeitung und kontroverse Debatten bräuchten eben Zeit. Dann wird der Ansprechpartner für Antisemitismus-Fragen beim Land Berlin ungewöhnlich scharf: „Die Auseinandersetzung mit Antisemitismus hat viel mit Selbstkritikfähigkeit zu tun, welche oft nicht leichtfalle.“ Zudem sei sie jahrzehntelang in Deutschland „verschlafen“ worden.

    Samuel Salzborn hat am Mittwoch zu einer Pressekonferenz in die Räume des Senats für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung geladen, um noch einmal über Straßennahmen mit antisemitischen Bezügen zu diskutieren. An einem glänzenden runden Holztisch unter einem imposanten Kronleuchter sitzt Urte Evert ihm zur Seite, Leiterin des Stadtgeschichtlichen Museums Spandau. Beide verweisen zunächst auf ein Dossier, das schon im Dezember 2021 vorgelegt wurde. Das hatte 290 Straßen und Plätze in Berlin identifiziert, deren Namensgeber Antisemiten waren oder antisemitische Haltungen zeigten.

    Autor des Dossiers ist der Leipziger Politikwissenschaftler Felix Sassmannshausen. Sein Dossier regt zu weiterer Recherche an und bietet drei verschiedene Handlungsempfehlungen: 1. weitere Forschung, 2. Kontextualisierung, 3. Umbenennung der Straße oder des Platzes. Kontextualisierung bedeutet, dass Infotafeln vor Ort den Kontext deutlich machen. Das kann auch digital geschehen, Evert nennt beispielsweise die „Berlin History App“, eine Art digitaler Stadtführer. In etwa 100 Fällen empfiehlt der Autor eine Umbenennung der Straßen und Plätze.

    Berlin hat inzwischen einige Übung im Neuschöpfen und Umbenennen von Straßen nach berühmten Verstorbenen. Seit 1997 gibt es den Marlene-Dietrich-Platz am Potsdamer Platz, die Axel-Springer-Straße wird seit 2008 von der Rudi-Dutschke-Straße durchkreuzt und erst vor wenigen Monaten wurde der Rio-Reiser-Platz in Kreuzberg nach dem Sänger benannt, der in demselben Stadtteil gelebt hatte. Die heißesten Debatten um Berliner Straßennahmen betrafen zuletzt auch U-Bahn-Stationen: Die Mohrenstraße (Straße und U-Bahnhof) sollten erst nach dem russischen Komponisten Michail Glinka benannt werden. Aufgrund von Antisemitismusvorwürfen gegen Glinka wurde letztlich der afrodeutsche Philosoph Anton-Wilhelm-Amo erwählt.

    Oft gehen den Umbenennungen langjährige Diskussionen voraus, so wie jetzt wieder beim Vorschlag, den Großen Stern im Tiergarten nach Helmut Kohl zu benennen. Bis der Beschluss gefasst wurde, sagt Evert, die Kinkelstraße in Spandau im Jahr 2002 wieder Jüdenstraße zu nennen, seien siebzehn Jahre vergangen. Sie bekräftigt: „Langjährige Debatten sind das, was ich an Demokratie so toll finde.“ Alle hätten schließlich die Kraft, den öffentlichen Raum mitgestalten zu können.
    Kann noch eine Straße nach Martin Luther benannt sein?

    Ähnliche Diskussionen entbrannten um den U-Bahnhof Onkel-Toms-Hütte in Zehlendorf, benannt nach einem berühmten Roman aus dem Jahr 1852. Der Profi-Basketballer Moses Pölking fühlte sich durch den „entmenschlichenden“ Namen diskriminiert und startete eine Petition. Aber war der Roman nicht gegen Rassismus?

    Die Debatte um die Umbenennung von Straßen sei aber nicht neu. „Seit der Gründung von Großberlin hat es immer Debatten um Straßennahmen gegeben“, betont Urte Evert. Vor allem nach 1945 kam es zu vielen Umbenennungen. „Wir können alle froh sein, dass der Adolf-Hitler-Platz nicht mehr existiert“, so Evert. Er ist heute nach Theodor Heuß benannt. „Durch die Umbenennungen entsteht keinesfalls Geschichtsvergessenheit“, sagt sie, „vielmehr wird die Geschichte durch die Diskussion bekannter.“

    Eleganter ging die Umbenennung der zwei Straßen vonstatten, die auch in der Pressekonferenz von Salzborn und Evert genannt wurden: der Elkartsweg in Spandau heißt nun Erna-Koschwitz-Weg und der Maerckerweg in Lankwitz heißt Maria-Rimkus-Weg. Es gab ein paar Gegendemonstranten, aber insgesamt ist es still geworden um diese Straßen. Weitere Umbenennungen, die bereits als beschlossen gelten, nennt Salzborn gegen Ende der Konferenz: die Treitschkestraße in Steglitz und die Robert-Rössle-Straße in Buch. „Und es laufen viele weitere Prüfverfahren.“

    Zusammen mit dem Aktiven Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. entwickeln derzeit Stadtmuseen mehrerer Bezirke das Projekt „(Um)Benennen. Zur Geschichte der Straßennamen in den Berliner Bezirken“. Verschiedenen Ausstellungen sollen einladen, sich mit den vielen Straßenumbenennungen in der Geschichte Berlins und den damit einhergehenden gesellschaftlichen und politischen Umbrüchen auseinanderzusetzen.

    Nicht nur deshalb komme laut Salzborn die Diskussion um Straßennahmen „bundesweit intensiver in Gang“. Besonders kontrovers ist aktuell die Debatte um die Martin-Luther-Straße, die sich ausgerechnet in unmittelbarer Nähe der Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung befindet. Salzborn hält Luther in Anbetracht seiner Judenfeindlichkeit für „hochproblematisch“. Er verstehe aber auch die evangelische Perspektive. Es gäbe „stark auseinanderliegende Grundpositionen“. Er schließt versöhnlich wie nebulös: „Eine Annäherung ist jedoch möglich.“

    #Berlin #Martin-Luther-Straße #Karl-Marx-Straße #Karl-Marx-Allee #Straßenumbenennung #Politik #Antisemitismus #Philosemitismus

  • Debatte um den Einheitskanzler: Braucht Berlin einen Helmut-Kohl-Platz?
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/debatte-um-den-einheitskanzler-braucht-berlin-einen-helmut-kohl-pla

    28.03.2023 von Anne-Kattrin Palmer, Elmar Schütze - Berlin debattiert, ob es zu Ehren Helmut Kohls eine Straße oder einen Platz geben soll. Die CDU in Marzahn-Hellersdorf wäre sofort bereit, aber auch andere Orte sind denkbar.

    Seit Jahren ist es ein offener Wunsch der CDU in Berlin, dass Altkanzler Helmut Kohl in der Hauptstadt mit einem Platz oder einer Straße geehrt wird. Seitdem die Partei mit Kai Wegner an der Spitze die Wiederholungswahl gewonnen hat und derzeit mit der SPD über eine große Koalition verhandelt, ist auch das Thema wieder in den Fokus gerückt. An Vorschlägen, mitunter unsinnigen, jedenfalls mangelt es nicht.

    2017 starb Helmut Kohl, der schon zu Lebzeiten als Einheitskanzler in die Geschichte eingegangen war. Als er regierte, fiel die Mauer und der Euro kam. Bis 1998 blieb der Pfälzer an der Macht, bis ihn die SPD mit Gerhard Schröder ablöste. Es folgten ungute Momente für Kohl: 1999 kam die Parteispendenaffäre auf, der Altkanzler weigerte sich, Spendernamen zu nennen, und nahm diese auch mit ins Grab. Und seine damalige Ziehtochter und spätere Bundeskanzlerin, Angela Merkel, distanzierte sich von ihm. Bis zu seinem Tod war er dennoch ein großes Vorbild in der Union, weil er eben Geschichte schrieb.

    Seit Jahren wirbt daher die Berliner CDU dafür, dass dem Altkanzler ein Denkmal gesetzt wird, im jüngsten Wahlkampf vorne weg Kai Wegner, der forderte, „an einer zentralen Stelle Berlins“ an den „Kanzler der Einheit“ zu erinnern. Immerhin ist inzwischen die Fünf-Jahres-Frist nach dem Tod verstrichen, die in Berlin gebraucht wird, um eine Persönlichkeit mit einem Straßennamen zu ehren.

    In den Jahren zuvor waren alle Vorschläge fehlgeschlagen. 2018 beispielsweise, als sich der damalige CDU-Fraktionschef Burkard Dregger (58) in den Kopf gesetzt hatte, den Großen Stern mit der Siegessäule im Tiergarten nach Kohl zu benennen. Ein frommer Wunsch, der schnell vom Tisch gewischt wurde. Die Begründungen reichten vom diplomatischen „der Große Stern ist zu groß – für jeden Politiker“ (FDP) bis zum groben „geschichtslos, despektierlich, dümmlich“ der Grünen.

    Doch nun könnte die Ehrenstraße oder der Platz in greifbare Nähe rücken, definitiv festgelegt hat sich die höchste Entscheidungsrunde („Dacharbeitsgruppe“) um Kai Wegner und Franziska Giffey (SPD) aber noch nicht. Trotzdem gibt es bereits allerhand Ideen.

    Unions-Fraktionsvize Stefanie Bung (45), derzeit in der Koalitionsverhandlungsgruppe Stadtentwicklung, postete kürzlich eine Karte vom jetzigen Schlossplatz (Mitte) vis-à-vis vom Lustgarten, schrieb dazu: „Berliner und Besucher aus aller Welt würden dort zwischen Berliner Dom, Humboldt-Forum und Einheitsdenkmal auch an den Kanzler der Deutschen Einheit angemessen erinnert werden.“ Der Schlossplatz als Helmut-Kohl-Platz? Mal sehn.
    Denkmal für den Altkanzler: Bezirke melden bereits Interesse an

    Doch auch Bezirke melden Interesse an, vorneweg Marzahn-Hellersdorf. Der CDU-Abgeordnete Christian Gräff stammt von dort. Er hält die Idee für gut: „Warum muss Helmut Kohl das Denkmal in Mitte oder in Tiergarten gesetzt werden? Bei uns passt es doch auch, und viele Menschen sind offen dafür“, sagt Gräff im Gespräch mit der Berliner Zeitung.

    Tatsächlich würde Marzahn-Hellersdorf gut passen. Der Bezirk hat sich in den vergangenen Jahren zu einer neuen Hochburg der Berliner CDU gemausert, es ist außerdem der Wahlkreis von CDU-Generalsekretär Mario Czaja. Und wo würde eine Erinnerung an Kohls „blühende Landschaften“ besser passen als im Boom-Stadtteil im Berliner Osten?

    Der Wirtschaftspolitiker Gräff wüsste auch schon einen Standort: im Ortsteil Biesdorf den Elsterwerdaer Platz, gut angebunden an die U5, die dort eine Haltestelle gleichen Namens hat. Das große Areal mit einem zweigeschossigen Einkaufszentrum, dem Biesdorf-Center, könnte eine Auffrischung gebrauchen. Das Bezirksparlament von Marzahn-Hellersdorf hat schon zugestimmt. „Es ist gut, dass sich da jetzt etwas tut“, so Gräff, „Helmut Kohl als Namenspate würde da gut hinpassen.“

    Warum Kohl nicht neben die Adenauer-Straße legen?

    Doch auch andere Plätze oder Straßen wären denkbar. In Wedding beispielsweise sucht das Bezirksamt Mitte derzeit Namensvorschläge für den Nettelbeckplatz. Der preußische Reformer und Seemann Joachim Nettelbeck ist im Bezirk in Ungnade gefallen, weil er um 1800 „aktiv im Versklavungshandel tätig war und Koloniallobbyismus betrieb“, wie es in einem Namensfindungsaufruf des Bezirksamts heißt. Allerdings würden Frauennamen bevorzugt, heißt es weiter.

    Aber was wäre denn mit der Paul-Löbe-Allee, die durch das Regierungsviertel führt? Ein Teil könnte weiterhin so heißen, doch das östliche Ende Richtung Spree könnte in Helmut-Kohl-Straße umbenannt werden. Sie liefe direkt am Reichstagsgebäude entlang. Kohl befände sich in unmittelbarer Nachbarschaft seiner Vorgänger Konrad Adenauer und Willy Brandt, die dort auch mit einem Straßennamen bedacht sind.

    Frei wäre auch der Platz vorm Fernsehturm am Alex mit dem Neptunbrunnen, der legendäre „Platz ohne Namen“. Helmut Kohl könnte sich hier, direkt vor dem Roten Rathaus, auch gut machen. Doch bislang sind diese Orte nicht in der Vorschlagsliste der Politiker, dennoch werden gewiss weitere folgen.

    Übrigens: Kohls Vorgänger Helmut Schmidt (SPD) hat auch noch keine Straße in Berlin, dafür eine im Bernauer Stadtteil Schmetzdorf, vor den Toren der Hauptstadt – allerdings auch, weil er dort im Krieg Unterschlupf mit Ehefrau Loki fand. Es ist eine Anliegerstraße und gilt als „Nebenstraße mit Verbindungscharakter“.
    Bundesweit gibt es mehrere Kohl-Straßen

    Allerdings ist es ja nicht so, dass Helmut Kohl bei Ehrungen per Straßenname bundesweit zu kurz käme. In Speyer, der Stadt, in der Kohl 2017 beerdigt wurde, ist ein Teil der Rheinpromenade in Helmut-Kohl-Ufer umbenannt worden. Mainz, wo Kohl von 1969 bis 1976 als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident amtierte, hat inzwischen einen Helmut-Kohl-Platz. Auch in Dessau, Erfurt und im Seebad Loddin auf der Insel Usedom haben sich die Befürworter einer Ehrung des Altkanzlers durchgesetzt. In Dessau allerdings musste die Helmut-Kohl-Straße gerade saniert werden. Die Baustelle kostete viele Nerven, heißt es dazu in der Mitteldeutschen Zeitung.

    #Berlin #Politik #Straßenumbenennung #Politik #CDU #wtf

  • Bürger können Vorschläge machen: Neuer Name für Berliner Nettelbeckplatz gesucht
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/burger-konnen-vorschlage-machen-neuer-name-fur-berliner-nettelbeckplatz

    29.3.2023 von Julia Weiss - Der Bezirk Mitte sucht einen neuen Namen für den Nettelbeckplatz in Wedding – und alle Berliner Bürgerinnen und Bürger dürfen Vorschläge einbringen. Wer eine Idee hat, kann diese bis 24. April online auf mein.berlin.de veröffentlichen.

    Der bisherige Namensgeber Joachim Nettelbeck (1738-1824) war dem Bezirksamt zufolge „aktiv im Versklavungshandel tätig und betrieb Koloniallobbyismus“. Deswegen hatte die BVV Mitte die Umbenennung im Herbst 2021 beschlossen.

    Das Berliner Straßengesetz macht dazu einige Vorgaben: Bereits vorhandene Straßennamen dürfen nicht noch einmal vergeben werden, auch keine ähnlichen Bezeichnungen. Namensgebende Personen müssen seit fünf Jahren tot sein.

    Frauennamen werden bevorzugt, weil bisher mehr Männer auf diese Weise geehrt werden. Zudem sei ein Bezug auf Berlin und den Bezirk Mitte wünschenswert, so das Bezirksamt.

    Mehr als 30 Vorschläge für die Umbenennung des Nettelbeckplatzes sind bisher eingegangen – darunter „Platz der Kiezmusik“, „Marie-Burde-Platz“ oder auch weniger erst gemeinte wie „Platzi McPlatzgesicht“. Alle Ideen können online kommentiert und diskutiert werden.

    Umbenennungsverfahren können langwierig sein, weil Anwohnende dagegen klagen. Im Afrikanischen Viertel dauert die Umbenennung von Straßen, die nach Kolonialherren benannt sind, mehrere Jahre.

    #Berlin #Wedding #Nettelbeckplatz #Straßenumbenennung

  • Berlin ehrt „Gerechte unter den Völkern“: Aus dem Maerckerweg in Lankwitz wird der Maria-Rimkus-Weg
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/berlin-ehrt-gerechte-unter-den-volkern-aus-dem-maercker-wird-der-maria-

    12.2.2023 von Boris Buchholz - Die Ehrung per Straßennamen für den „Kolonialkrieger“, Freikorps-Chef und Antisemiten Georg Ludwig Rudolf Maercker hat ein Ende: Am Freitag, 17. Februar, um 11 Uhr erhält der Lankwitzer Maerckerweg einen neuen Namen. Fortan wird der Maria-Rimkus-Weg an eine „Gerechte unter den Völkern“ erinnern:

    Maria Rimkus hatte im Nationalsozialismus der hochschwangeren jüdischen Zwangsarbeiterin Ruth Abraham und deren Familie geholfen und unter anderem durch gefälschte Pässe die Flucht aus Nazi-Deutschland ermöglicht. Die Feier zur Benennung des Maria-Rimkus-Weges ist öffentlich; sie findet an der Ecke von Maerckerweg und Emmichstraße statt.

    1953 ehrte der Staat Israel in der Gedenkstätte Yad Vaschem Maria Rimkus als „Gerechte unter den Völkern“. Geboren in Lankwitz, lebte sie bis zu ihrem Tod im Jahr 2001 in der Mörchinger Straße in Zehlendorf. Dass der Maerckerweg umbenannt werden soll, hatte die Bezirksverordnetenversammlung 2020 beschlossen. 2021 einigten sich die Bezirkspolitiker:innen dann auf den neuen Namen.

    Bereits seit 2011 trägt die am Gemeindepark gelegene ehemalige Seniorenfreizeitstätte „Club Lankwitz“ den Namen „Maria-Rimkus-Haus“. Auf der Website des Sozialamts Steglitz-Zehlendorf heißt es: „Maria Rimkus zählt zum Kreis der stillen Heldinnen und Helden, die ihren verfolgten Mitmenschen ohne viel Aufhebens halfen, ohne dafür Applaus zu erwarten.

    Im Gegenteil: Ihre Menschenfreundlichkeit und Glaubensüberzeugung als Katholikin drängten sie zu Zivilcourage und Nächstenliebe. Ohne das Zeugnis von Menschen wie Maria Rimkus wäre Steglitz-Zehlendorf ärmer.“

    1997 berichtete Maria Rimkus der US-amerikanischen Shoah Foundation über die Begegnung mit der Familie Abraham. Auf Youtube ist ein Ausschnitt des Interviews abrufbar (Screenshot oben).

    https://www.youtube.com/watch?v=NO9gEoDtZuY

    Maerckerweg 1-11 in Berlin - KAUPERTS
    https://berlin.kauperts.de/Strassen/Maerckerweg-12249-Berlin

    Allgemeines zu Maerckerweg
    Postleitzahl 12249
    Ortsteil Lankwitz
    ÖPNV Zone B Bus X83, 283
    Straßenverlauf von Emmichstraße bis Belßstraße
    Falk‑Stadtplan Planquadrat T 14
    Geschichte von Maerckerweg
    Ehemaliger Bezirk Steglitz
    Alte Namen Mackensenstraße (1915-1935)
    Name seit 18.1.1936
    Der Maerckerweg wird am 17.02.2023 in Maria-Rimkus-Weg umbenannt.

    Maercker, Georg, * 21.9.1865 Baldenburg/Havel, + 31.12.1924 Dresden, Militär.

    Zunächst im Dienst der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft tätig, ging Maercker 1889 zur Schutztruppe in Ostafrika, 1890 nach Deutsch-Südwest. Von 1908 bis 1910 war er Kommandeur der Schutztruppe im Hereroland. Im Ersten Weltkrieg war er Divisionskommandeur; er warf 1919 an der Spitze eines Freikorps linke revolutionäre Bewegungen in Mitteldeutschland nieder. Sein undurchsichtiges Verhalten während des Kapp-Putsches führte im April 1920 zu seiner Entlassung.

    Der Maerckerweg wurde auf den Fluchtlinien der 1935 gelöschten Mackensenstraße angelegt, die bis dahin nur im Bebauungsplan existierte.

    Openstreetmal Way: Maria-Rimkus-Weg (4792052)
    https://www.openstreetmap.org/way/4792052

    note Umbenennung am 17.2.2023
    postal_code 12249
    source https://www.bz-berlin.de/berlin/steglitz-zehlendorf/hilfe-niemand-findet-unsere-strasse

    Umbenannt, rückbenannt – Chaos!
    Hilfe, niemand findet unsere Straße
    https://www.bz-berlin.de/berlin/steglitz-zehlendorf/hilfe-niemand-findet-unsere-strasse

    16.9.2022 von Birgit Bürkner - Das Hin und Her um den Namen einer kleinen Straße bringt einige Lankwitzer zur Verzweiflung

    Eine Straße, die es nicht mehr gibt und noch nicht gibt, bringt rund 200 Lankwitzer zur Verzweiflung.

    Seit fünf Monaten können die Anwohner des Maerckerwegs keine Pakete mehr empfangen, haben Behörden-Ärger und die Feuerwehr würde sie im Notfall auch nicht finden.

    Der Sachverhalt
    Das Bezirksparlament Steglitz-Zehlendorf beschloss 2021, den Maerckerweg umzubenennen. Der Name war der hundert Meter langen Straße während der NS-Herrschaft zu Ehren Georg Ludwig Rudolf Maerckers (1865–1924) verliehen worden. Der Offizier verantwortete in Kolonialkriegen Morde an Einheimischen.

    Die Straße sollte nach Maria Rimkus (1910–2001) benannt werden, die Menschen jüdischer Herkunft zur Flucht verhalf. Im April erfolgte die Umbenennung. Die alten Straßenschilder wurden demontiert, die neuen angebracht.

    Das Problem
    Sieben Anwohner legten Widerspruch ein. Die Umbenennung wurde nicht rechtskräftig. Die neuen Schilder wurden abgeschraubt, die alten wieder aufgehängt. Aber: Der neue Name war schon digitalen Straßenverzeichnissen gemeldet worden.

    Die Konsequenzen
    Pakete mit der Adresse Maerckerweg konnten im Paket-Verteilzentrum nicht zugeordnet werden. Sie gingen zurück an den Absender. Sendungen mit der Anschrift Maria-Rimkus-Weg schafften es zwar bis ins Lieferfahrzeug, der Bote konnte die Straße vor Ort jedoch nicht finden.

    Anwohnerin Nicole N.: „Meine Steuerbescheinigung kam nicht an. Zudem konnte wochenlang eine Internetstörung nicht behoben werden.“ Ihre Nachbarin Corinna E.: „Kein Jobcenter wollte für mich zuständig sein, da man meine Adresse nicht fand.“

    Die Lösung
    Keine! Auf die B.Z.-Frage, wie das Problem behoben werden solle, antwortete der zuständige Stadtrat Urban Aykal (48, Grüne) nicht. Er teilte lediglich mit: Seine Behörde hätte keine Meldung an das Straßenumbenennungsverzeichnis veranlasst. Und: Die Umbenennung werde weiter bearbeitet.

    Alleingelassen in einer Straße, die es nicht gibt.

    #Berlin #Steglitz-Zehlendorf #Lankwitz #Maerckerweg #Maria-Rimkus-Weg #Emmichstraße #Mörchinger_Straße #Straßenumbenennung #nazis #shoa #résistance

  • Le conseil municipal de Kyiv a renommé 32 rues de la capitale ukrainienne.

    Le maire #Vitali_Klitshko a publié la liste intégrale ici :
    https://t.me/vitaliy_klitschko/1665

    La rue Vassili Joukovski, poète russe de la première moitié du XIXe, est devenue la rue Leopold Yashchenko, musicologue et compositeur ukrainien du XXe siècle, créateur de la chorale Homin qui célébrait le folklore ukrainien et a donc été interdite en 1971 pour « nationalisme ».

    La rue du maréchal Govorov, officier soviétique s’étant illustré notamment pendant la Guerre d’Hiver, est devenue la rue du général Momot, officier ukrainien qui dirigeait le centre de formation des gardes frontières, tué en 2014 sur le front du Donbass.

    L’allée Engels est devenue l’allée Bohdan-Ihor Antonytch, poète et hommes de lettres né en Pologne et mort à 28 ans d’une pneumonie à Lviv, où il s’est établi pour ses études.

    L’allée Tourgueniev est devenue l’allée Oleksander Barvinsky, figure du monde de la culture et de la politique de l’Ouest de l’Ukraine à la fin du XIXe siècle, apôtre (catholique) d’un rapprochement avec la Pologne

    La rue Engels est devenue la rue Opanas Slastion, intellectuel et artiste ukrainien du XIXe-XXe siècle.

    La rue Souvarov, généralissime de l’Empire russe, est devenue la rue Serhiy Kotenko, colonel de l’armée ukrainienne mort au combat le 9 mars dernier dans les environs de Zaporijia.

    La rue de l’Académie Kurchatov, du nom de l’un des pères de la bombe nucléaire soviétique, est devenue la rue Orest Levytsky, cofondateur de l’académie nationale des sciences d’Ukraine en 1918.

    La rue Nikolaï Raïevski, général de l’armée impériale renommé pour ses faits d’armes pendant les guerres napoléoniennes, est devenue la rue Pavlo Zahrebelnyï, grand écrivain ukrainien du XXe siècle.

    Le boulevard de l’amitié entre les Peuples est devenu le boulevard Mykola Mikhnovsky, théoricien du nationalisme ukrainien au début du XXe siècle et militant indépendantiste.

    La rue du général Potapov, qui a commandé le 5e Armée et a survécu à la captivité dans les camps allemands, est devenue la rue Vassil Domanytsky, intellectuel de la fin XIXe-début XXe qui a édité pour la première fois en Ukraine Kobzar, le grand œuvre du poète Taras Chevtchenko

    La rue Ouliana Gromova, partisane communiste ukrainienne exécutée par les nazis en 1943, est devenue la rue Kateryna Stupnytska, sergent de l’armée ukrainienne morte au combat le 8 mars dernier à 25 ans.

    La rue Zoïa Kosmodemianskaïa, partisane russo-soviétique pendue par les Nazis à 18 ans, est devenue la rue Sofia Halechko, soldate austro-hongroise au sein de l’Ukrainian Sich Riflemen qui deviendra l’armée de la Rep. populaire d’Ukraine occidentale l’année de sa mort (1918)

    La rue Dostoïevski est devenue la rue… Andy Warhol

    https://twitter.com/pierre_alonso/status/1601271481975341057

    #Ukraine #Kiev #Kyiv #toponymie #noms_de_rue

  • Bruder von Rio Reiser: „Es hat Rio krank gemacht, dass wir die DDR überfallen“
    https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/berlin-kreuzberg-bruder-von-rio-reiser-es-hat-rio-krank-gemacht-das

    21.08.2022 Interview von Susanne Lenz

    Gert Möbius, geboren 1943, ist der mittlere Bruder von Peter und Ralph (Rio Reiser, 1950–1996). Nach einer Kaufmannslehre studierte er Malerei und arbeitete mit seinen Brüdern an Theaterproduktionen. Er managte die Band Ton Steine Scherben, arbeitete als Drehbuchautor für Film- und Fernsehproduktionen und war Mitbegründer des Berliner Tempodroms. Nach dem Tod seines Bruders Rio Reiser im Jahr 1996 baute er das Rio-Reiser-Archiv auf.
    An das Leben seines Bruders erinnert er sich in dem Buch „Halt dich an deiner Liebe fest. Rio Reiser“ (Aufbau Berlin 2017, 352 S., 14 Euro)

    Rio Reiser (1950–1996) war Mitbegründer und von 1970 bis 1985 Sänger und Haupttexter der Band Ton Steine Scherben. Zu seinen bekanntesten Liedern gehören „Macht kaputt, was euch kaputt macht“, „Keine Macht für Niemand“ und der „Rauch-Haus-Song“ mit Ton Steine Scherben sowie „König von Deutschland“, „Alles Lüge“ und „Junimond“ aus seiner Solozeit. Der Rauch-Haus-Song ist zur Hausbesetzer-und Kreuzberg-Hymne geworden. Das Georg-von-Rauch-Haus auf dem Kreuzberger Bethanien-Gelände, zu dessen Besetzung Rio Reiser 1971 bei einem Konzert in der Mensa der Berliner TU aufgerufen hatte, ist bis heute ein selbstverwaltetes Jugendzentrum.

    Gert Möbius und sein kleiner Bruder Rio Reiser wohnten in der Oranienstraße, rauchten gemeinsam den ersten Joint. Auch sein Outing hatte Rio Reiser bei ihm.

    Wir besuchen Gert Möbius in seinem Haus in Berlin-Zehlendorf, eine alte Villa mit Garten. Dass er mal in dieser ruhigen Wohngegend landen würde, habe er sich früher nicht vorstellen können, sagt er. Gerade arbeitet Gert Möbius an einer kleinen Ansprache, die er am 21. August halten wird. An diesem Tag wird bei einem Festakt ab 17 Uhr der Heinrichplatz in Berlin-Kreuzberg nach seinem kleinen Bruder benannt: Rio Reiser.

    Herr Möbius, wie sind Sie und Rio Reiser damals nach Berlin gekommen?

    Wir haben vorher in Frankfurt am Main gewohnt, haben dort Theater gemacht. Rio wusste nicht so richtig, was er machen sollte, in der Schule hatte er Probleme. Meine Mutter ist immer hingerannt, aber mit den Sprachen klappte es nicht. Das war schon im Melanchthon-Gymnasium in Nürnberg so, wir sind viel umgezogen. Musik hat er aber damals schon gemacht. Er hat dann in Nürnberg ein Krippenspiel geschrieben, das in der Schule aufgeführt wurde und ein Riesenerfolg wurde. Dann hat er auch bessere Noten bekommen. Weil mein Vater so ein begeisterter Fotograf war, hat Rio dann gesagt, er mache statt Schule eine Fotolehre. Unser ältester Bruder Peter ist nach Berlin gezogen und ich dann auch. Wir hatten eine schöne Wohnung über dem Literarischen Colloquium, und dann kamen wir auf die Idee, eine Beat-Oper zu machen. Rio sollte die Musik machen, deshalb haben wir ihn nach Berlin geholt, und wir haben dann auch zusammen gewohnt.

    Wo denn?

    Erst am Kaiserdamm, später in der Uhlandstraße. Und Rio hat dann die Lieder für „Robinson 2000“ geschrieben. Wir sind damit zum Theater des Westens gegangen, der Intendant hieß Karl-Heinz Stracke, der war aus dem Handwerker-Milieu, hat das ganze Theater tyrannisiert und auch selber gespielt. Rio hatte die Gitarre dabei und hat ihm ein paar Songs vorgespielt, die Stracke gefielen. Aber er wollte Stars haben. Zuerst haben wir selber rumtelefoniert, dann sind wir zum Arbeitsamt. Die haben dann überall rumtelefoniert. Sogar bei Ringo Starr haben die angerufen.

    Das Arbeitsamt?

    Ja. Und dann hat Eric Burdon gesagt, er macht es. Eine Woche später hat er wieder abgesagt, er musste nach San Francisco. Wir konnten dann die Sängerin Marion Maerz verpflichten. Und den Sohn von dem Tiefseetaucher Hans Hass, Hans Hass junior. Der konnte auch singen. Der Star dieser Beat-Oper war aber der der Engländer David Garrick. Von ihm stammt der Song „Dear Mrs. Applebee“.

    War das ein Erfolg?

    Ein Erfolg war das nicht. Der Regisseur hatte keine Lust. Außerdem hat er sich beim Proben in den Hauptdarsteller verliebt, aber der sich nicht in ihn. Er hat irgendwann einfach aufgehört, die Regie zu machen. Der komplizierte Handlungsablauf von Peters Libretto war auch nicht einfach zu inszenieren. Ich hab das ja selber nicht verstanden. Und dem Stracke war die Musik zu laut.

    Also, Rio Reiser kam für diese Beat-Oper nach Berlin und nicht, weil er hier keinen Wehrdienst machen musste, was ja damals für viele ein Motiv war?

    Das war auch ein Grund. Aber am wichtigsten war für ihn, dass es in Berlin eine andere Atmosphäre gab, dass man hier andere Leute kennenlernen konnte als in dem Kaff, in dem er damals lebte.

    Hat er vielleicht auch gehofft, in Berlin seine Sexualität besser ausleben zu können?

    Das war damals noch gar nicht so entwickelt. In Offenbach hatte er noch eine Freundin. Er wusste damals wohl noch gar nicht, dass er schwul ist. Er hat sich erst in Berlin bei mir geoutet.

    War er da selbstbewusst, auch wenn die Gesellschaft Homosexualität weit weniger akzeptierte als heute?

    Das war ja verboten. Es gab den Paragraphen 175 noch. Rio hat sich sehr gut mit den Lehrlingen angefreundet, mit denen wir damals Theater gemacht haben, da ist auch was gelaufen. Aber die haben sich nicht getraut, sich öffentlich zu zeigen. Das ging damals nicht. Das hätten auch die Jugendlichen nicht gewollt. Und unsere Eltern durften das schon gar nicht wissen.

    Wo in Kreuzberg haben Sie damals gewohnt?

    Erst in der Oranienstraße 45, dann in der 43, gegenüber von dem Lokal „Max und Moritz“.

    War die Oranienstraße damals schon so voller Kneipen wie heute?

    Kreuzberg war damals anders. Die Wohnungen waren nicht saniert, man lebte mit dem Klo auf halber Treppe. Kreuzberg sah genauso aus wie Ost-Berlin. Als wir da 1968 hingezogen sind, kamen die ersten Türken. Es wohnten da vor allem Familien mit Kindern. All die, die es nicht geschafft hatten, nach Gropiusstadt zu ziehen, wo sie hinsollten. Denn die wollten ja Kreuzberg abreißen und eine Autobahn bauen. Die wollten die ganze Kreuzberger Szene vernichten, die Jugendlichen und die Leute, die kein Geld hatten. Auch Rentner waren dabei. Das haben wir mit verhindert.

    Wie sah es in Ihrer Wohnung aus?

    In der Oranienstraße 43 wohnten wir in einem Fabrikgebäude im Hinterhaus. Wir hatten das als Gewerberaum gemietet, es kostete eine Mark pro Quadratmeter, und wir hatten hundert Quadratmeter. Da war gar nichts drin, auch keine Toilette. Ich habe dann erstmal einen Ölofen gekauft. Wir haben da auch geprobt. Das war ein großer Raum. Erst als wir später ans Tempelhofer Ufer gezogen sind, hatte Rio ein eigenes kleines Zimmer. Früher war man nicht so anspruchsvoll. Es gab auch keine Betten, wir hatten nur Matratzen. Der Freundeskreis in Kreuzberg wurde immer größer. Und es gab da Leute, die nicht zu Hause wohnen wollten, aber nichts hatten.

    Ging es so mit den Hausbesetzungen los?

    Ja. Ich habe dann mit meinem Freund Lothar Binger gegenüber vom alten Krankenhaus Bethanien ein Fabrikgebäude entdeckt. Da war keiner drin, und da haben wir überlegt, ob wir das nicht besetzen können. Damals gab es die Stadtteilarbeit in Kreuzberg, die haben Mieterberatung und so was gemacht, mit denen haben wir uns besprochen. Wir waren dann 20, 30 Leute, und dann spielten die Scherben in der Alten Mensa der TU. Und da hat Rio die Durchsage gemacht: Wir fahren jetzt alle zum Mariannenplatz. Wir waren 80 Leute, sind da rein, saßen bei Kerzenlicht, Strom gab es nicht. Plötzlich haben wir gemerkt: Wir können ja die ganze Nacht hier sitzen, aber besetzt ist es deswegen noch nicht. Da muss ja erst die Polizei kommen.

    Und die kam nicht?

    Erstmal nicht. Es gibt das Gerücht, dass jemand von der CDU, der spät vom Skatspielen nach Hause kam, das Licht da oben gesehen hat. Und dann kam die Polizei doch. Die wussten aber gar nichts mit uns anzufangen. Gut, die haben uns mitgenommen auf die Wache. Wir waren Lehrlinge und Studenten, es war nichts geklaut und nichts kaputt gemacht worden. Es war nichts passiert. Deshalb haben sie uns wieder laufen lassen. Wir haben den damaligen Jugend-Stadtrat von Kreuzberg angerufen, Erwin Beck, ein alter SPD-Genosse. Der hat uns das legalisiert. Wir haben Veranstaltungen gemacht, Musik, Filmvorführungen, alle möglichen Gruppen haben da was veranstaltet. Nur wohnen konnte man da nicht, aber unsere Jugendlichen wollten ja irgendwo wohnen.

    Wie ging es weiter?

    Wir haben überlegt: Gegenüber das Krankenhaus Bethanien, das steht doch auch leer. Mal sehen, was da so los ist. Aber es war Winter, und uns war klar, dass wir auf jeden Fall Heizung brauchen. Und dann haben wir beim Rumlaufen zufällig den Hausmeister getroffen. Wir haben ihm erzählt, was wir so planen, und er sagte, er sei früher bei der Roten Hilfe gewesen, in den 20er-Jahren. Dabei kam heraus, dass er wie ich halbblind ist. Er sagte: Ich mach euch auf und stell die Heizung an. Ihr könnt kommen. Das war 1971.

    Unglaublich!

    Ich bin mit Lothar Binger dahin gefahren und habe die Zäune aufgeschnitten. Und dann haben die Scherben wieder an der TU gespielt und Rio sagte: So Freunde, jetzt fahren wir nach Kreuzberg und gucken, was es da zu sehen gibt. Ein paar Tage vorher war Georg von Rauch erschossen worden, der in der Studentenbewegung aktiv war. Deshalb haben wir mehr Leute zusammenbekommen als beim ersten Mal. Und wir hatten auch gleich angekündigt, dass wir das Haus Georg-von-Rauch-Haus nennen. Wir waren dann über 100 Leute, aber es kam auch viel Polizei.

    Daher die Zeile in dem Rauch-Haus-Song: „Der Mariannenplatz war blau, so viel Bullen waren da“.

    Klar. Wir sind aber trotzdem rein und wussten nicht so richtig, wie wir uns verhalten sollen. Mich hat dann noch so ein Polizeihund ins Bein gebissen. Wir haben sofort den Beck angerufen, er kam auch und hat der Polizei gesagt, sie sollen nach Hause gehen, er würde es regeln. 74 Leute sind am Ende da wohnen geblieben.

    Was für Leute waren das?

    Ganz verschiedene. Es waren die Jugendlichen von unserer Theatergruppe, aber es waren auch viele, die ich gar nicht kannte. Leute, die bei dem Scherben-Konzert gewesen waren, aber auch Leute, die mit Rauschgift zu tun hatten. Es waren 74 Leute, die ganz verschiedene Interessen hatten. Das wurde dann auch für uns zum Problem.

    Rio Reiser und Sie haben da nicht gewohnt?

    Nein, aber ich hab das Geld aufgetrieben und für alle gekocht. Ich bin später vom Senat als Kontaktperson zwischen dem Haus und dem Senat angestellt worden, zusammen mit Irene Mössinger, die später das Tempodrom gegründet hat. Ein paar Lehrlinge waren die einzigen, die gemerkt haben, dass da Ordnung reinkommen muss. Das hieß für die: Arbeiten gehen, in die Schule gehen. Andere haben gesagt: Nee, wir wollen Revolution machen. Aber wir wollten, dass das Haus sich selber erhalten kann, und wenn man arbeitet, kriegt man Geld und als Schüler und Student auch. Da bildete sich eine Lehrlingsschicht heraus, Leute aus dem Proletariat, die realistischer drauf waren, die dann später auch beim KBW waren, dem Kommunistischen Bund Westdeutschland. Das passte den Leuten von unserer Theatergruppe „Roten Steine“ nicht, die sind dann fast alle zu uns ans T-Ufer gezogen. Die wollten nicht mehr in dem reaktionären Rauch-Haus wohnen.

    Mit wem hat sich Rio Reiser denn besser verstanden, mit den Lehrlingen oder mit den Studenten?

    Nur mit den Lehrlingen. Mit Studenten wollte er gar nichts zu tun haben, das war nicht seine Welt. Die haben ihm zu viel theoretisiert.

    Was hat ihn inspiriert?

    Er war ein sehr engagierter Christ, hat jeden Tag die Bibel gelesen. Die kannte er fast auswendig. Und er war Karl-May-Fan. Er hatte alle Bände.

    Was hat ihn an Karl May fasziniert?

    Der Gerechtigkeitssinn. Man kann jemanden in den Fuß schießen, aber nicht ins Herz. Dass er Christ ist, hat er aber nicht jedem auf die Nase gebunden. Die Scherben konnten damit nichts anfangen. Lanrue kam aus Frankreich und war katholisch. Und Kai Sichtermann kam aus Norddeutschland, der Vater war Bankdirektor. Die haben sich für sein Christentum nicht interessiert.

    Und für die linke Studentenbewegung war Religion Opium fürs Volk.

    Opium des Volkes. Das ist ein Unterschied. Aber das Christentum war Rios Welt, auch an seinen Texten merkt man seine humanistische Grundhaltung. Das kam von unseren Eltern, die waren im Dritten Reich keine Nazis, sondern Mitglieder der Bekennenden Kirche. Wie Niemöller und Bonhoeffer. Mein Vater war kein Soldat, er hat sich versteckt, als er einberufen werden sollte. Später ist er in die CDU eingetreten, aber das war eine andere CDU damals. Später ist er wieder ausgetreten.

    Und Rio Reiser ist nach der Wende in die PDS eingetreten, oder?

    Es hat ihn total krank gemacht, dass wir die DDR überfallen.

    Überfallen?

    Er hat sich darüber aufgeregt, dass wir Westler die DDR vereinnahmen wollen. Er sagte immer: Die haben mich nicht gefragt, ob ich die Wiedervereinigung in der Form will. Der ist richtig krank geworden und hat sich an Gysi gewandt, die kannten sich bereits. Und dann hat ihm Gysi am 11.11.1990 das Parteibuch überreicht.

    Wie war Ihr Verhältnis? Rio Reiser war ja Ihr kleiner Bruder, war das so ein Beschützerverhältnis?

    Wir waren immer zusammen, haben uns immer geholfen. Wir waren die besten Freunde. Als er gestorben ist, habe ich das gar nicht fassen können. Ich habe oft Angst um ihn gehabt, aber mehr in der Zeit in Kreuzberg. Er ging oft mit Leuten weg, die Trips genommen haben. Ich habe nichts gegen Trips, habe selber auch welche genommen und auch Shit geraucht. Rio und ich haben auch zusammen den ersten Joint geraucht und danach haben wir gesagt: Nie wieder Bier.

    Weil das einfach so viel besser war?

    Ja! Wir haben Musik ganz anders gehört, anders gesehen. Für mich war das ganz wichtig. Und auch das Menschenbild hat sich für mich verändert, zum Positiven hin. Dass man auch hinter die Fassade gucken kann. Aber man wusste nicht, wo die Schwelle überschritten wird und man auch andere Sachen nimmt. Einige Freunde von ihm sind an Heroin gestorben. Er hat sich Gott sei Dank da rausgehalten. Aber ich konnte manchmal nachts gar nicht schlafen. Als ob er mein Sohn wäre.

    Würde es ihn freuen, dass nun ein Platz in Kreuzberg nach ihm benannt wird?

    Klar, warum nicht. Ich finde es ganz gut, dass mal ein Platz nach jemand anderem benannt wird als nach Nazis und Generälen. Dass mal jemand anderes drankommt als die, die immer schon dran waren. Für Rio ist das im Nachhinein ein Geschenk.

    #Berlin #Kreuzberg #Oranienstraße #Mariannenplatz #Heinrichplatz #Rio-Reiser-Platz #Straßenumbenennung #Rauch-Haus-Lied #TSS #Geschichte
    #Hausbesetzung

  • Un quartier de #Berlin rebaptise des lieux avec les noms de résistants africains à la #colonisation

    Une rue et une #place portant le nom de personnalités phares du colonialisme allemand ont été débaptisées, début décembre, dans le quartier de #Wedding. Elles ont désormais le nom de résistants ayant œuvré, au début du XXe siècle, contre l’action de l’Allemagne en Afrique.

    “Fini d’honorer les dirigeants de la colonisation.” Comme le rapporte le Tagesspiegel, plusieurs lieux du “quartier africain” de Berlin ont été rebaptisés, dans le cadre d’une initiative menée par les autorités locales. “L’ancienne place #Nachtigal est devenue la place #Manga-Bell ; et la rue #Lüderitz, la rue #Cornelius-Fredericks”, détaille le titre berlinois. Le tout au nom du “travail de mémoire” et du “#décolonialisme”.

    #Gustav_Nachtigal et #Adolf_Lüderitz, dont les noms ornaient jusqu’à présent les plaques du quartier, avaient tous deux “ouvert la voie au colonialisme allemand”. Ils ont été remplacés par des personnalités “qui ont été victimes de ce régime injuste”.

    À savoir Emily et Rudolf Manga Bell, le couple royal de Douala qui s’est opposé à la politique d’expropriation des terres des autorités coloniales allemandes au #Cameroun, et Cornelius Fredericks, résistant engagé en faveur du peuple des #Nama, avant d’être emprisonné et tué dans le camp de concentration de #Shark_Island, dans l’actuelle #Namibie.

    “Indemnisation symbolique”

    “Les noms des rues du quartier africain ont fait polémique pendant plusieurs années”, assure le journal berlinois. Lorsqu’en 2018 l’assemblée des délégués d’arrondissement de ce quartier, Wedding, dans l’arrondissement de #Berlin-Mitte, avait proposé pour la première fois de changer les noms de certains lieux, près de 200 riverains étaient montés au créneau, critiquant notamment le coût de la mesure. Ils assuraient par ailleurs qu’“on ne peut pas faire disparaître l’histoire des plaques de rue”.

    Mais les associations des différentes diasporas africaines, elles, considèrent que les changements de noms sont importants, dans un pays “où les crimes du colonialisme allemand ne sont pas éclaircis systématiquement”. L’Empire allemand a en effet été responsable de diverses atrocités commises pendant sa courte période coloniale – comme le génocide des Héréro et des Nama, entre 1904 et 1908, dans ce que l’on appelait à l’époque le “Sud-Ouest africain allemand” et qui correspond aujourd’hui à la Namibie.

    Cet épisode de l’histoire n’a été reconnu par l’Allemagne qu’en mai 2021, rappellent les organisations décoloniales d’outre-Rhin. “Elles demandent de nouveaux noms de rue à titre d’indemnisation symbolique pour les victimes, mais également à titre éducatif.”

    https://www.courrierinternational.com/article/memoire-un-quartier-de-berlin-rebaptise-des-lieux-avec-les-no

    #toponymie #toponymie_politique #colonialisme #résistance #noms_de_rue #rebaptisation #colonialisme_allemand #Allemagne_coloniale #Allemagne #toponymie_coloniale #mémoire

    ping @cede @nepthys

    • Keine Ehre für Kolonialherren in Berlin: Straßen im Afrikanischen Viertel werden umbenannt

      Aus dem Nachtigalplatz wird am Freitag der Manga-Bell-Platz und aus der Lüderitzstraße die Cornelius-Fredericks-Straße. Anwohner hatten gegen die Umbenennung geklagt.

      Nach jahrelangen Protesten werden ein Platz und eine Straße im Afrikanischen Viertel in Wedding umbenannt. Aus dem bisherigen Nachtigalplatz wird der Manga-Bell-Platz und aus der Lüderitzstraße die Cornelius-Fredericks-Straße.

      „Straßennamen sind Ehrungen und Teil der Erinnerungskultur“, sagte Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne). Daher sei es eine wichtige Aufgabe, Namen aus dem Berliner Straßenbild zu tilgen, die mit Verbrechen der Kolonialzeit im Zusammenhang stehen.

      Gustav Nachtigal und Adolf Lüderitz waren Wegbereiter des deutschen Kolonialismus, der im Völkermord an den Herero und Nama gipfelte. An ihrer Stelle sollen nun Menschen geehrt werden, die Opfer des deutschen Unrechtsregimes wurden.

      Das Königspaar Emily und Rudolf Duala Manga Bell setzte sich nach anfänglicher Kooperation mit deutschen Kolonialautoritäten gegen deren Landenteignungspolitik zur Wehr. Cornelius Fredericks führte den Widerstandskrieg der Nama im damaligen Deutsch-Südwestafrika, dem heutige Namibia, an. Er wurde 1907 enthauptet und sein Schädel zur „Erforschung der Rassenüberlegenheit“ nach Deutschland geschickt und an der Charité aufbewahrt.

      Über die Straßennamen im Afrikanischen Viertel wurde viele Jahre gestritten. Im April 2018 hatte die Bezirksverordnetenversammlung Mitte nach langem Hin und Her beschlossen, den Nachtigalplatz, die Petersallee und die Lüderitzstraße umzubenennen. Dagegen hatten 200 Gewerbetreibende sowie Anwohnende geklagt und die Namensänderungen bis jetzt verzögert. Im Fall der Petersallee muss noch über eine Klage entschieden werden.

      Geschichte könne nicht überall von Straßenschildern getilgt werden, argumentieren die Gegner solcher Umbenennungen. Denn konsequent weitergedacht: Müsste dann nicht sehr vielen, historisch bedeutenden Personen die Ehre verweigert werden, wie etwa dem glühenden Antisemiten Martin Luther?
      Klagen verzögern auch Umbenennung der Mohrenstraße

      Ein anderes viel diskutiertes Beispiel in Mitte ist die Mohrenstraße, deren Namen als rassistisch kritisiert wird. Auch hier verzögern Klagen die beschlossene Umbenennung. Gewerbetreibende argumentieren auch mit Kosten und Aufwand für Änderung der Geschäftsunterlagen.

      Vor allem afrodiasporische und solidarische Organisationen wie der Weddinger Verein Eoto und Berlin Postkolonial kämpfen für die Straßenumbenennungen. Sie fordern sie als symbolische Entschädigung für die Opfer, aber auch als Lernstätte. Denn bis heute fehlt es oft an Aufklärung über die deutschen Verbrechen. Die Debatte darüber kam erst in den letzten Jahren in Gang.

      Wenn am Freitag ab 11 Uhr die neuen Straßenschilder enthüllt werden, sind auch die Botschafter Kameruns und Namibias sowie König Jean-Yves Eboumbou Douala Bell, ein Nachfahre des geehrten Königspaares, dabei. Die Straßenschilder werden mit historischen Erläuterungen versehen. (mit epd)

      https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/keine-ehre-fur-kolonialherren-in-berlin-strassen-im-afrikanischen-viert

    • Benannt nach Kolonialverbrechern: #Petersallee, Nachtigalplatz - wenn Straßennamen zum Problem werden

      Die #Mohrenstraße in Berlin wird umbenannt. Im Afrikanischen Viertel im Wedding dagegen wird weiter über die Umbenennung von Straßen gestritten.

      Die Debatte über den Umgang mit kolonialen Verbrechen, sie verläuft entlang einer Straßenecke im Berliner Wedding. Hier, wo die Petersallee auf den Nachtigalplatz trifft, wuchert eine wilde Wiese, ein paar Bäume werfen kurze Schatten, an einigen Stellen bricht Unkraut durch die Pflastersteine des Bürgersteigs. Kaum etwas zu sehen außer ein paar Straßenschildern. Doch um genau die wird hier seit Jahren gestritten.

      Am Mittwoch hat die Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Mitte beschlossen, die Mohrenstraße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße umzubenennen, nach einem widerständigen afrikanischen Gelehrten. Im gleichen Bezirk hat die Organisation „Berlin Postkolonial“ in dieser Woche ein Informationszentrum zur deutschen Kolonialgeschichte in der Wilhelmstraße eröffnet – in den kommenden vier Jahren soll es von Erinnerungsort zu Erinnerungsort ziehen.

      Das Zentrum ist die erste speziell dem Thema gewidmete öffentliche Anlaufstelle in der Stadt.

      Andernorts aber kämpft man seit Jahren nach wie vor erfolglos für eine Umbenennung von Straßennamen mit Bezügen zur Kolonialzeit. In ganz Deutschland gibt es noch immer mehr als 150 – im Berliner Wedding treten sie besonders geballt im sogenannten Afrikanischen Viertel auf. Orte wie die Petersallee, der Nachtigalplatz und die Lüderitzstraße. Orte, die nach deutschen Kolonialverbrechern benannt sind.
      #Carl_Peters wurde wegen seiner Gewalttaten „blutige Hand“ genannt. Gustav Nachtigal unterwarf die Kolonien Togo, Kamerun und Deutsch-Südwestafrika.

      Carl Peters (1856–1918) war die treibende Kraft hinter der Gründung der ehemaligen deutschen Kolonie #Deutsch-Ostafrika, seine Gewalttätigkeit brachte ihm die Spitznamen „Hänge-Peters“ und „blutige Hand“ ein. Gustav Nachtigal (1834– 1885) nahm eine Schlüsselrolle ein bei der Errichtung der deutschen Herrschaft über die drei westafrikanischen Kolonien Togo, Kamerun und Deutsch-Südwestafrika, das heutige Namibia. Und der Bremer Kaufmann Adolf Eduard Lüderitz (1834–1886) gilt als der Mann, der das deutsche Kolonialreich mit einem betrügerischen Kaufvertrag in Gang setzte.

      Eine Ehrung für außergewöhnliche Leistungen

      Straßennamen sollen eine besondere Ehrung darstellen, sie sollen an Menschen erinnern, die außergewöhnlich Gutes geleistet haben. Das deutsche Kolonialreich aufgebaut zu haben, fällt nicht mehr in diese Kategorie. Aus diesem Grund wurden in der Geschichte der Bundesrepublik bislang allein 19 Straßen umbenannt, die Carl Peters im Namen trugen. Das erste Mal war das 1947 in Heilbronn. Der aktuellste Fall findet sich 2015 in Ludwigsburg. Auch nach dem Ende des Nationalsozialismus und dem der DDR hat man im großen Stil Straßen umbenannt, die als Würdigung problematischer Personen galten.

      Im Wedding ist wenig passiert, in der Welt zuletzt viel. Die Ermordung des schwarzen US-Amerikaners George Floyd hat Proteste ausgelöst, weltweit. Gegen Rassismus, gegen Polizeigewalt. Aber auch gegen die noch immer präsenten Symbole des Kolonialismus, dem diese Ungerechtigkeiten, diese Unterdrückungssysteme entspringen. Im englischen Bristol stürzten Demonstranten die Statue des Sklavenhändlers Edward Colston von ihrem Sockel und versenkten sie im Hafenbecken.

      „Krieg den Palästen“

      Ein alter Gewerbehof in Kreuzberg unweit des Landwehrkanals, Sommer 2019. Tahir Della, Sprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, sitzt an seinem Schreibtisch in einem Co-Working-Space. Um ihn herum Bücher, Flyer. Hinter Della lehnen zwei große Plakate. Auf dem einen steht: „Black Lives Matter“. Auf dem anderen: „Krieg den Palästen“. Ein paar Meter über Dellas Kopf zieht sich eine großformatige Bildergalerie durch die ganze Länge des Raums. Fotos von Schwarzen Menschen, die neue Straßenschilder über die alten halten.

      „Die kolonialen Machtverhältnisse wirken bis in die Gegenwart fort“, sagt Della. Weshalb die Querelen um die seit Jahren andauernde Straßenumbenennung im Wedding für ihn auch Symptom eines viel größeren Problems sind: das mangelnde Bewusstsein und die fehlende Bereitschaft, sich mit der deutschen Kolonialvergangenheit auseinanderzusetzen. „Die Leute haben Angst, dieses große Fass aufzumachen.“

      Denn wer über den Kolonialismus von damals spreche, der müsse auch über die Migrations- und Fluchtbewegungen von heute reden. Über strukturellen Rassismus, über racial profiling, über Polizeigewalt, darüber, wo rassistische Einordnungen überhaupt herkommen.

      Profiteure der Ausbeutung

      „Deutsche waren maßgeblich am Versklavungshandel beteiligt“, sagt Della. In Groß Friedrichsburg zum Beispiel, an der heutigen Küste Ghanas, errichtete Preußen schon im 17. Jahrhundert ein Fort, um von dort aus unter anderem mit Sklaven zu handeln. „Selbst nach dem sogenannten Verlust der Kolonien hat Europa maßgeblich von der Ausbeutung des Kontinents profitiert, das gilt auch für Deutschland“, sagt Della.

      Viele Menschen in diesem Land setzen sich aktuell zum ersten Mal mit dem Unrechtssystem des Kolonialismus auseinander und den Privilegien, die sie daraus gewinnen. Und wenn es um Privilegien geht, verhärten sich schnell die Fronten. Weshalb aus einer Debatte um die Umbenennung von kolonialen Straßennamen in den Augen einiger ein Streit zwischen linkem Moralimperativ und übervorteiltem Bürgertum wird. Ein Symptom der vermeintlichen Empörungskultur unserer Gegenwart.

      Ein unscheinbares Café im Schatten eines großen Multiplexkinos, ebenfalls im Sommer 2019. Vor der Tür schiebt sich der Verkehr langsam die Müllerstraße entlang, dahinter beginnt das Afrikanische Viertel. Drinnen warten Johann Ganz und Karina Filusch, die beiden Sprecher der Initiative Pro Afrikanisches Viertel.
      Die Personen sind belastet, aber die Namen sollen bleiben

      Ganz, Anfang 70, hat die Bürgerinitiative 2010 ins Leben gerufen. Sie wünschen sich eine Versachlichung. Er nennt die betreffenden Straßennamen im Viertel „ohne Weiteres belastet“, es sei ihm schwergefallen, sie auf Veranstaltungen zu verteidigen. Warum hat er es dennoch getan?

      Seine Haltung damals: Die Personen sind belastet, aber die Straßennamen sollten trotzdem bleiben.

      „Da bin ich für die Bürger eingesprungen“, sagt Ganz, „weil die das absolut nicht gewollt haben.“ Und Filusch ergänzt: „Weil sie nicht beteiligt wurden.“

      Allein, das mit der fehlenden Bürgerbeteiligung stimmt so nicht. Denn es gab sie – obwohl sie im Gesetz eigentlich gar nicht vorgesehen ist. Für die Benennung von Straßen sind die Bezirksverwaltungen zuständig. Im Falle des Afrikanischen Viertels ist es das Bezirksamt Mitte. Dort entschied man, den Weg über die Bezirksverordnetenversammlung zu gehen.
      Anwohner reichten 190 Vorschläge ein

      In einem ersten Schritt bat man zunächst die Anwohner, Vorschläge für neue Namen einzureichen, kurze Zeit später dann alle Bürger Berlins. Insgesamt gingen etwa 190 Vorschläge ein, über die dann eine elfköpfige Jury beriet. In der saß neben anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren auch Tahir Della, als Vertreter der Schwarzen Community. Nach Abstimmung, Prüfung, weiteren Gutachten und Anpassungen standen am Ende die neuen Namen fest, die Personen ehren sollen, die im Widerstand gegen die deutsche Kolonialmacht aktiv waren.

      Die #Lüderitzstraße soll in Zukunft #Cornelius-Fredericks-Straße heißen, der Nachtigalplatz in Manga-Bell-Platz umbenannt werden. Die Petersallee wird in zwei Teilstücke aufgeteilt, die #Anna-Mungunda-Allee und die #Maji-Maji-Allee. So der Beschluss des Bezirksamts und der Bezirksverordnetenversammlung im April 2018. Neue Straßenschilder hängen aber bis heute nicht.

      Was vor allem am Widerstand der Menschen im Viertel liegt. Mehrere Anwohner haben gegen die Umbenennung geklagt, bis es zu einer juristischen Entscheidung kommt, können noch Monate, vielleicht sogar Jahre vergehen.

      Eine Generation will endlich gehört werden

      Auf der einen Seite ziehen sich die Prozesse in die Länge, auf der anderen steigt die Ungeduld. Wenn Tahir Della heute an die jüngsten Proteste im Kontext von „Black Lives Matter“ denkt, sieht er vor allem auch eine jüngere Generation, die endlich gehört werden will. „Ich glaube nicht, dass es gleich nachhaltige politische Prozesse in Gang setzt, wenn die Statue eines Versklavungshändlers im Kanal landet“, sagt Della, „aber es symbolisiert, dass die Leute es leid sind, immer wieder sich und die offensichtlich ungerechten Zustände erklären zu müssen.“

      In Zusammenarbeit mit dem Berliner Peng-Kollektiv, einem Zusammenschluss von Aktivisten aus verschiedenen Bereichen, hat die Initiative kürzlich eine Webseite ins Leben gerufen: www.tearthisdown.com/de. Dort findet sich unter dem Titel „Tear Down This Shit“ eine Deutschlandkarte, auf der alle Orte markiert sind, an denen beispielsweise Straßen oder Plätze noch immer nach Kolonialverbrechern oder Kolonialverbrechen benannt sind. Wie viel Kolonialismus steckt im öffentlichen Raum? Hier wird er sichtbar.

      Bemühungen für eine Umbenennung gibt es seit den Achtzigerjahren

      Es gibt viele Organisationen, die seit Jahren auf eine Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit dem Unrecht des Kolonialismus drängen. Zwei davon sitzen im Wedding, im sogenannten Afrikanischen Viertel: EOTO, ein Bildungs- und Empowerment-Projekt, das sich für die Interessen Schwarzer, afrikanischer und afrodiasporischer Menschen in Deutschland einsetzt, und Berlin Postkolonial.

      Einer der Mitbegründer dieses Vereins ist der Historiker Christian Kopp. Zusammen mit seinen Kollegen organisiert er Führungen durch die Nachbarschaft, um über die Geschichte des Viertels aufzuklären. Denn Bemühungen, die drei Straßen umzubenennen, gibt es schon seit den achtziger Jahren.

      Kopp erzählt auch von der erfolgreichen Umbenennung des Gröbenufers in Kreuzberg im Jahr 2010, das seitdem den Namen May-Ayim-Ufer trägt. „Vor zehn Jahren wollte niemand über Kolonialismus reden“, sagt Kopp. Außer man forderte Straßenumbenennungen. „Die Möglichkeit, überhaupt erst eine Debatte über Kolonialismus entstehen zu lassen, die hat sich wohl vor allem durch unsere Umbenennungsforderungen ergeben.“

      Rassismus und Raubkunst

      2018 haben sich CDU und SPD als erste deutsche Bundesregierung überhaupt die „Aufarbeitung des Kolonialismus“ in den Koalitionsvertrag geschrieben. Auch die rot-rot-grüne Landesregierung Berlins hat sich vorgenommen, die Rolle der Hauptstadt in der Kolonialzeit aufzuarbeiten.

      Es wird öffentlich gestritten über das koloniale Erbe des Humboldt-Forums und dem Umgang damit, über die Rückgabe von kolonialer Raubkunst und die Rückführung von Schädeln und Gebeinen, die zu Zwecken rassistischer Forschung einst nach Deutschland geschafft wurden und die bis heute in großer Zahl in Sammlungen und Kellern lagern.

      Auch die Initiative Pro Afrikanisches Viertel hat ihre Positionen im Laufe der vergangenen Jahre immer wieder verändert und angepasst. War man zu Beginn noch strikt gegen eine Umbenennung der Straßen, machte man sich später für eine Umwidmung stark, so wie es 1986 schon mit der Petersallee geschehen ist. Deren Name soll sich nicht mehr auf den Kolonialherren Carl Peters beziehen, sondern auf Hans Peters, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und Mitglied des Kreisauer Kreises.

      Straßen sollen vorzugsweise nach Frauen benannt werden

      Heute ist man bei der Initiative nicht mehr für die alten Namen. Für die neuen aber auch nicht wirklich. Denn diese würden nicht deutlich genug im Kontext deutscher Kolonialgeschichte stehen, sagt Karina Filusch, Sprecherin der Initiative. Außerdem würden sie sich nicht an die Vorgabe halten, neue Straßen vorzugsweise nach Frauen zu benennen.

      An Cornelius Fredericks störe sie der von den „Kolonialmächten aufoktroyierte Name“. Und Anna Mungunda habe als Kämpferin gegen die Apartheid zu wenig Verbindung zum deutschen Kolonialismus. Allgemein wünsche sie sich einen Perspektivwechsel, so Filusch.

      Ein Perspektivwechsel weg von den weißen Kolonialverbrechern hin zu Schwarzen Widerstandskämpfern, das ist das, was Historiker Kopp bei der Auswahl der neuen Namen beschreibt. Anna Mungunda, eine Herero-Frau, wurde in Rücksprache mit Aktivisten aus der Herero-Community ausgewählt. Fredericks war ein Widerstandskämpfer gegen die deutsche Kolonialmacht im heutigen Namibia.
      Bezirksamt gegen Bürger? Schwarz gegen Weiß?

      Für die einen ist der Streit im Afrikanischen Viertel eine lokalpolitische Auseinandersetzung zwischen einem Bezirksamt und seinen Bürgern, die sich übergangen fühlen. Für die anderen ist er ein Symbol für die nur schleppend vorankommende Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte.

      Wie schnell die Dinge in Bewegung geraten können, wenn öffentlicher Druck herrscht, zeigte kürzlich der Vorstoß der Berliner Verkehrsbetriebe. Angesichts der jüngsten Proteste verkündete die BVG, die U-Bahn-Haltestelle Mohrenstraße in Glinkastraße umzutaufen.

      Ein Antisemit, ausgerechnet?

      Der Vorschlag von Della, Kopp und ihren Mitstreitern war Anton-W.-Amo- Straße gewesen, nach dem Schwarzen deutschen Philosophen Anton Wilhelm Amo. Dass die Wahl der BVG zunächst ausgerechnet auf den antisemitischen russischen Komponisten Michail Iwanowitsch Glinka fiel, was viel Kritik auslöste, offenbart für Della ein grundsätzliches Problem: Entscheidungen werden gefällt, ohne mit den Menschen zu reden, die sich seit Jahrzehnten mit dem Thema beschäftigen.

      Am Dienstag dieser Woche ist der Berliner Senat einen wichtigen Schritt gegangen: Mit einer Änderung der Ausführungsvorschriften zum Berliner Straßengesetz hat er die Umbenennung umstrittener Straßennamen erleichtert. In der offiziellen Mitteilung heißt es: „Zukünftig wird ausdrücklich auf die Möglichkeit verwiesen, Straße umzubenennen, wenn deren Namen koloniales Unrecht heroisieren oder verharmlosen und damit Menschen herabwürdigen.“

      https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/petersallee-nachtigalplatz-wenn-strassennamen-zum-problem-werden-419073