Unfälle sind fast schon Alltag bei den Dreharbeiten zu James-Bond-Filmen. Wenn Hauptdarsteller von Stuntmen gedoubelt werden, wird es meist gefährlich. Wirklich tragisch ging es einmal aus.
Am 1. November kommt der neue 007-Film „Skyfall“ in die deutschen Kinos. Schon jetzt ist er mit einem Budget von rund 200 Millionen Dollar einer der teuersten Bonds aller Zeiten, aber zumindest ist es nicht der mit den meisten Unfällen. Bei einer Motorradverfolgungsjagd durch den Großen Bazar in Istanbul ging „nur“ die Einrichtung des Boybeyi Juwelier Shop in die Brüche, als der Stuntman dagegen raste.
Glück gehabt, denn im letzten Bond-Abenteuer „Ein Quantum Trost“ gab es immerhin fünf Unfälle. In Nordchile raste ein aufgebrachter Bürgermeister in das Set und verletzte zwei Stuntmen. Daniel Craig erlitt Rippenprellungen, musste in Panama in das Hospital Punta Pacifica gebracht und in London wegen einer Schnittverletzung an der Hand behandelt werden. Er kommentierte ironisch: „Wenn man hier nichts abkriegt, macht man den Job nicht richtig.“
Bei den Aufnahmen für eine Verfolgungsjagd am Gardasee rasten zwei Stuntmen in einem Alfa Romeo zweimal in einen Laster und mussten mit Hand- und Kopfverletzungen ins Krankenhaus in Verona geflogen werden. Ein Aston Martin stürzte auf der Fahrt zum Set in den See. Es sind aber nur die jüngsten Beispiele für Pleiten, Pech und Pannen bei Bond-Filmen. Die Unfallserie ist so alt wie die Reihe selbst.
Leiden und lächeln
Die Szene ging in die Filmgeschichte ein. Ursula Andress entsteigt im weißen Bikini den Fluten vor Jamaika, freut sich über eine Muschel und summt ein Liedchen vor sich hin. Tatsächlich hat sie schwer gelitten, denn als die gebürtige Schweizerin am 8. Februar 1962 für den Film den ersten Bondfilm „James Bond – 007 jagt Dr. No“ aus dem Wasser kommt, war eines ihrer Beine nur übergeschminkt.
Kurz zuvor hatte sie sich an den Korallen eine klaffende Wunde zugezogen. Es ist nur ein Beispiel von vielen, das beweist wie viele Darsteller bei Bond Drehs etwas abbekommen haben. Am meisten traf es jedoch die Stuntmen und Crewmitglieder.
Hubschrauberkollisionen und Amputationen
Nur eineinhalb Jahre später stürzten Regisseur Terence Young und der Assistant Director Michael White mit einem Hubschrauber in Schottland ab, knallten ins Wasser und überlebten nur knapp. Ein Kameramann verletzte sich schwer.
Sie inszenierten in der Nähe von Crinan Hubschrauberszenen, in denen Bond gejagt wird. „Ich knallte in den anderen Hubschrauber, wir stürzten aus etwa 40 Fuß ab und ich blieb etwa eine Minute unter Wasser, weil sich mein Sicherheitsgurt nicht öffnete“, beschrieb Terence Young später die Ereignisse vom 6. Juli 1963. Danach musste er einen Arm in einer Schlinge tragen, drehte aber tapfer weiter.
Doch „Liebesgrüße aus Moskau“ barg auch für Hauptdarstellerin Daniela Bianchi Gefahren. Auf der Fahrt zum Set kam sie mit einem Wagen von der Straße ab, raste in den Graben und zog sich Hautabschürfungen zu.
Bei den Dreharbeiten von „Feuerball“, 1965 auf den Bahamas, wurde Ricou Browning, der Regisseur der Unterwasseraufnahmen von einer Harpune ins Bein getroffen, wie Ausstatter Ken Adam sich erinnert. Und das war nicht alles. „Fast wäre jemand gestorben, denn einer der Stuntman sank mit einem Vulkan Bomber auf den Meeresgrund.
Er hatte einen Alarmknopf, falls etwas schief geht, wollte ihn aber nicht betätigen, weil die Szene sehr aufwändig war. Als wir ihn da rausholten, war er nicht mehr bei Bewusstsein, doch im Krankenhaus konnten sie sein Leben retten“, so Adam weiter.
Viel schlimmer erwischte es Kameramann Johnny Jordan, der am 22. September 1966 über dem japanischen Ort Ebino von dem Rotor eines French Alouette Hubschraubers touchiert wurde. Der Brite drehte Luftaufnahmen für den Film „Man lebt nur zweimal“ und filmte, ganz und gar Kameramann, den Unfall sogar mit. „Ich dachte, vielleicht hilft es dem Arzt“, so der ironische Kommentar des Mannes.
Er musste operiert werden und ließ danach, auf eigenen Wunsch, sein linkes Bein vom Knie an abwärts amputieren. Zwei Jahre später arbeitete er an dem Bondfilm „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ – mit Prothese. Die Luftaufnahmen über Japan wurden abgebrochen und über dem spanischen Torremolinos fortgeführt.
In feuriger Mission
Dass es bei Bondfilmen heiß hergeht, ist wohl systemimmanent. Dass mehrere Mitwirkende Verbrennungen erlitten, war nicht geplant. Auch Roger Moore bekam etwas ab. Es war die finale Konfrontation zwischen Bond und Stromberg in dem 1977 entstandenen Film „Der Spion, der mich liebte“. Die Kontrahenten sitzen sich gegenüber. Der Gangster drückt ab. Hinter Moores Rücken entzündet sich eine kleine Munitionsladung.
Doch sein Hintern wird in Mitleidenschaft gezogen, da der Sprengkörper zu früh explodiert. „Es ging direkt durch meine Marine-Uniform durch. Sehr unkomfortabel“, so der Brite gewohnt ironisch über die Erfahrung. „Die Krankenschwester hat es genossen zweimal täglich den Verband zu wechseln.“ Ein anderer bekam mehr ab. Bei der Explosion des Kontrollraums wurde ein Stuntman schwer verletzt.
Ein herumfliegendes Bauteil traf ihn an Hals- und Nackenrücken und brannte dort weiter. Er erlitt schwere Verletzungen. Mehrfach musste Haut transplantiert werden. Schon 1964 erlitten zwei Akteure des Films „Goldfinger“ Verbrennungen. Alf Joint, der Darsteller von Capungo, der sich gleich zu Anfang des Films mit Bond (Connery) prügelt und in der Badewanne landet, zog sich starke Verbrennungen zu, als sich ein Stromkabel um sein Bein legte. Er spielte nicht nur, sondern schrie vor Schmerzen.
Harold Sakata, Darsteller des koreanischen Dieners von Goldfinger mit dem schönen Namen Oddjob, verbrannte sich seine Hände schwer, als er seine Melone anfasste, die in den elektrisch geladenen Gitterstäben von Fort Knox steckte. Sieben Jahre später erwischte es Stuntman George Leech, der für Putter Smith, alias Mr. Kidd, doubelte. Beim Schlusskampf mit Bond erlitt er bei den Feuerszenen Verbrennungen an den Händen.
Die Flammen eines flambierten Schaschliks griffen in „Diamantenfieber“ auf den Mann über. Bei „Feuerball“ (1965) zog sich ein Taucher schwere Verbrennungen zu, als ein Sprengkörper falsch detonierte. Er musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Stuntman Bob Simmons erlitt bei der Explosion eines in Brand geschossenen Autos Verbrennungen am Rücken.
Auch als Hauptdarsteller lebt man bei Bond gefährlich
Roger Moores brennender Hintern waren nicht seine einzigen Verletzungen. In seinem jüngsten Buch „Bond über Bond“ (Knesebeck Verlag) schreibt der Akteur gewohnt ironisch: „Ich verletzte mich während der Proben bei der Verfolgungsjagd mit Glastron-Booten in ‚Leben und sterben lassen‘ am Bein und durfte bei meiner Amtseinführung als tapferer Agent 007 netterweise sitzen.“
Als er vor knapp 40 Jahren parallel zum Start des Films ein Taschenbuch über die Dreharbeiten veröffentlichte, war das nicht so komisch gehalten. Schon im ersten Satz heißt es: „Man sagt, wenn man den Tod vor sich hat, dann läuft das ganze Leben blitzschnell noch einmal vor den eigenen Augen ab.“
Offensichtlich geschah ihm das mehrfach. Als bei einer Geschwindigkeit von 45 Meilen die Steuerung seines Bootes ausfiel, knallte er gegen ein Dock. Er verlor zwei Schneidezähne, zog sich Beinquetschungen und Hautabschürfungen zu und musste während der Dreharbeiten einen Beinverband tragen.
In Jamaika raste ein LKW in den Trailer des Hauptdarstellers, der darin gerade auf die nächste Aufnahme wartete. Da blieb er mal unverletzt. Bei der Prügelei, die an Bord einer Seilbahn für den Film „Moonraker – Streng geheim“ entstand, verletzte er sich am Knie, und in Venedig plumpste er sechsmal in den Canale Grande. Der Vorfall brach aber nur das Herz seines Schneiders, nicht seines.
Sean Connery wurde bei einer Explosion in den Elstree Studios, bei Aufnahmen für den Film „Sag niemals nie“ durch die Luft geschleudert und erlitt Prellungen. Schon 1963 hatte ihn die Hubschraubersequenz von „Liebesgrüße aus Moskau“ fast das Leben gekostet, denn einmal kamen ihm die Rotoren so nahe, dass er fast geköpft worden wäre.
Timothy Dalton bekam bei „Der Hauch des Todes“ (1987) einen Teil einer Sprengladung ab und zwei Jahre später bei „Lizenz zum Töten“ einen Schnitt in die Hand. Bei einer Prügelei, die 1997 für „Der Morgen stirbt nie“ inszeniert wurde, bekam Pierce Brosnan einen Schlag auf die Lippe, die genäht werden musste.
Als er im Februar 2002 „Stirb an einem anderen Tag“ drehte, erlitt er bei der Foltersequenz zu Anfang des Films eine Knieverletzung. Die Dreharbeiten mussten unterbrochen werden. Der in Stunts eher unerfahrene George Lazenby, der 1969 mit „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ seinen einzigen Bondfilm drehte, verletzte bei den Probeaufnahmen seinen Partner Yuri Borienko durch einen schweren Schlag und brach ihm die Nase.
Stürze, Brüche, Schnitte, Bisse
Schwere Verletzungen jeglicher Art sind bei Bondfilmen schon sehr häufig vorgekommen. Am schlimmsten traf es Stuntman Martin Grace, der für „Octopussy“ (1983) auf einem fahrenden Zug agierte, gegen einen Betonpfeiler knallte, „und sich krampfhaft an den Zug klammerte, um nicht unter die Räder zu kommen“, wie Roger Moore sich erinnert.
Grace brach sich die Hüfte, musste sechs Monate ins Krankenhaus und war beim nächsten 007-Film wieder dabei. „Das nenne ich hart im Nehmen“, kommentierte Moore. Aber auch andere mussten ins Hospital eingeliefert werden. So kam ein Stuntman beim Abseilen im Krater von „Man lebt nur zweimal“ zu schnell herunter und brach sich beide Fußknöchel.
Krokodilfarmeigner Ross Kananga, der für Roger Moore in „Leben und sterben lassen“ (1973) über die Rücken der Tiere lief, wurde von einem Krokodil mit dem Schwanz getroffen, so dass er sich eine Zehe brach. Beim Lauf über die Tiere stürzte er viermal in den Teich und erlitt Verletzungen, als ihn eines der Tiere in den linken Fuß biss.
Bei der Voodoo-Zeremonie wurde der von Michael Ebbin gespielte Hohe Priester von einer Schlange gebissen. Stuntman Bob Simmons verletzte sich bei „Der Spion, der mich liebte“ bei einem Sprung durch die Scheibe. Er war als Double für „Beißer“ Richard Kiel tätig und zog sich Schnittwunden an einer Hand zu, die genäht werden musste.
Ein tödlicher Unfall
Der Titel des fünften Bondfilms mit Roger Moore in der Hauptrolle wurde für einen Stuntman tatsächlich zu einer „tödlichen Mission“, denn am 17. Februar 1981 wurden die Dreharbeiten von einem schweren Unfall überschattet. Stuntman Paolo Rigon, der vorderste Mann im Viererbob, starb in der Bobbahn von Cortina d´Ampezzo.
Die Idee war, dass der Bob während der Szene aus der Bahn fliegt. Das Team markierte die Stelle, verschätzte sich aber in der Distanz, flog später aus der Bahn und knallte direkt gegen einen Baum. Der Unfall passierte am allerletzten Tag – es war die letzte Szene des zweiten Teams. Da auch das erste Team bereits abgereist ist, erfuhr man erst im Schneideraum von dem Unfall. John Glen: „Es war deswegen ein schrecklicher Schock, weil während der gesamten Produktion eine Reihe von gefährlichen Situationen auftraten und nichts schief ging.
Bei ‚Im Geheimdienst Ihrer Majestät‘ drehte ich dreimal eine Szene, in der ein Bob aus der Bahn flog, und nichts geschah.“ Aber diese Aussage ist geschönt, denn tatsächlich verletzte sich ein Stuntman bei der Bobjagd schwer, und es geschahen eine Reihe kleinerer Unfälle.
Am 5. Mai 1989 sagte Koproduzent Michael G. Wilson anlässlich eines Vortrags in der „New York School for Social Research“ in New York City: „Stunts sind bekanntermaßen sehr riskant, aber die Stuntmen sind so professionell und die Stunts so gut vorbereitet, dass wir nur selten wirklich ernsthafte Unfälle hatten. Die höchste Verletzungsrate hatten wir beim Bau der Sets. Dort gibt es ständig Risiken, und wir hatten andauernd Unfälle.“ Nicht gerade zutreffend, aber neuere Aussagen von ihm gibt es nicht.