• San Franciscos Niedergang : Warum ich ausgerechnet hier an einen Witz aus DDR-Zeiten denken musste
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/san-francisco-innovativ-schoen-arm-li.388253

    L’auteur de ce récit de voyage constate une dégradation des conditions de vie en Californie comparable à la situation en #URSS autour de 1990.

    16.09.2023 von Rumen Milkow - Unser Autor hat sich San Francisco einmal genauer angesehen und festgestellt: Die lange Wartezeit bei der Passbehörde ist hier das kleinere Übel.

    Der bekannte Song „Are you going to San Francisco“ von John Phillips von The Mamas & The Papas aus den Sechzigern, bekannt in der Version von Scott McKenzie, besagt, dass man unbedingt Blumen im Haar haben sollte, wenn man nach San Francisco kommt, wo man einige „sanfte Menschen“ treffen würde.

    Wir hatten keine Blumen im Haar und die einzigen, die wir zu den frühen Stunden in den Straßen Downtown San Francisco antrafen, waren gebrochene Menschen, Drogenabhängige und Obdachlose, und das in großer Stückzahl. Überall roch es nach Urin, Kot und Erbrochenem.

    Die Bürgersteige ganzer Straßenzüge waren mit Zelten vollgestellt. Im letzten Jahr soll es sogar eine richtige Zeltstadt vor dem Rathaus gegeben haben, wie ich später erfuhr.
    Menschen leben in Zelten

    Dass ich ausgerechnet in San Francisco an einen Witz aus DDR-Zeiten denken würde, der mir sogleich im Hals stecken blieb, hätte ich mir nie träumen lassen. In dem Witz kommt Erich Honecker zurück von einem Staatsbesuch in der Mongolei, von dem er die Erkenntnis mitbringt, dass man außerhalb der Hauptstadt auch in Zelten wohnen kann. Der Witz war auf das DDR-Wohnungsbauprogramm gemünzt, das ins Stocken geraten war.

    Mit den Zelten waren die in der Mongolei bis heute üblichen Jurten gemeint. Die Straßen von San Francisco im Jahr 2023 sind nicht von Großfamilien mit Jurten bevölkert, sondern von Obdachlosen in Zelten. Viele haben auch nur einen Schlafsack.

    Meine Frau kommt aus Kalifornien, weswegen ich im Sommer zwei Monate dort war. Die Hauptstadt Kaliforniens, Sacramento, ist eine Stunde von Grass Valley entfernt, dem Heimatort meiner Frau. Grass Valley ist eine Kleinstadt im Nordosten Kaliforniens am Fuße der Sierra Nevada mit 13.000 Einwohnern.

    Braucht man einen Pass, so wie meine Frau, kann man ihn nicht in Grass Valley beantragen und auch nicht in Sacramento, sondern muss ins drei Stunden entfernte San Francisco fahren. Diese Praxis ist durchaus üblich in den USA. Manche müssen sogar in einen anderen Bundesstaat fahren, um an einen Reisepass zu gelangen.

    Die Wartezeit für einen neuen Pass betrug in San Francisco bereits vor Corona 9 bis 13 Wochen. Jetzt dürfte sie eher 13 Wochen plus X betragen. Nicht nur in Berlin hapert es mit der Personalausstattung der Behörden.

    Da meine Frau im Ausland lebt und wir wenige Tage später nach Berlin zurückfliegen wollten, bestand berechtigte Hoffnung, dass man dies als ausreichende Gründe akzeptieren würde, um in den Genuss eines Express-Services zu kommen. Ob man ihr auch wirklich innerhalb eines Tages einen neuen Pass ausstellen würde, das konnte ihr zuvor niemand bei der Passbehörde sagen. So machten wir uns auf den Weg nach San Francisco, um es herauszufinden.

    Diebstähle und Einbrüche an der Tagesordnung

    Zu früher Morgenstunde fanden wir zunächst ausschließlich Menschen, die in gewisser Weise „sanft“ waren, wie in dem bekannten Song beschrieben, allerdings eher im Sinne von abgestumpft und betäubt. Ein Grund dafür ist die Droge Fenthanyl, die nicht nur in San Francisco ein großes Problem ist, auch weil mit ihrer Beschaffung Diebstähle und Einbrüche verbunden sind.

    Viele Geschäfte in San Francisco stehen deswegen heute leer, oft sind die Eingänge und Scheiben mit Holzplatten verbarrikadiert. Schilder an Fensterscheiben von Autos weisen darauf hin, dass sich ein Einbruch nicht lohne, weil sich keine Wertsachen im Wageninneren befänden.

    Auch in den selbstfahrenden Autos, die immer mehr Menschen alleine, also ohne Fahrer, durch eine dystopische Kulisse befördern, dürfte kaum etwas zu holen sein, sieht man von den unzähligen Kameras auf dem Fahrzeugdach ab. Ich musste an Filme wie „Soylent Green“ und „Idiocracy“ denken. In beiden Filmen werden Straßen einer amerikanischen Großstadt von verwahrlosten Menschen bevölkert.

    Die Nähe zum Silicon Valley mit Hightech-Unternehmen wie Apple, Google und Facebook hat die Preise für Mietwohnungen und Häuser in der Stadt in den vergangenen Jahren explodieren lassen. Rund 35.000 Menschen gelten in San Francisco und der Bay-Area aktuell als obdachlos.

    Öffentliche Plätze fallen durch das Fehlen von Bänken auf, was Obdachlosen einen dauerhaften Aufenthalt erschweren soll. In nicht wenigen Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel, denen in aller Regel die Glasscheiben fehlen, haben sie sich mit ihren Schlafsäcken niedergelassen.

    Die Wohnungskrise ist außer Kontrolle geraten, Familien mit einem Einkommen von 120.000 Dollar gelten offiziell als arm. Diese Ziffer hat das amerikanische Ministerium für Wohnungsbau festgelegt, sie ist die höchste im ganzen Land. Politiker und Hilfsvereine fordern deswegen nun sogar Bürger auf, Obdachlose bei sich aufzunehmen.

    Wirtschaftlich stärkster Bundesstaat

    Ein Problem, das auch in Berlin nicht ganz unbekannt ist, wenngleich nicht in diesem Ausmaß. Auch in der deutschen Hauptstadt gibt es hin und wieder Zelte von Obdachlosen. In aller Regel werden die Leute, die darin leben, von Ordnungsamt und Polizei rasch zum Abbau ihrer Unterkunft bewegt. Auch Berlin zieht viele Obdachlose aus dem Rest des Landes und aus dem Ausland an.

    Ähnliches gilt auch für San Francisco, wobei hier das milde kalifornische Klima hinzukommt. Ein weiterer Unterschied ist, dass San Francisco eine nicht unbedeutende Stadt im wirtschaftlich stärksten Bundesstaat der USA ist, der immerhin 14 Prozent zum Gesamtbruttoinlandsprodukt der Vereinigten Staaten beiträgt und darüber hinaus, wäre er ein Nationalstaat, die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt darstellt, vor Großbritannien, Frankreich und Indien.

    Es war ein sonniger Tag Ende Juli, an dem wir kurz nach sieben Uhr morgens in San Francisco ankamen. Eine knappe Stunde später tauchten die ersten Menschen, die aller Wahrscheinlichkeit nach noch eine Wohnung hatten, auf den Straßen von Downtown San Francisco auf, die zuvor praktisch ausschließlich von Obdachlosen und Suchtkranken bevölkert waren.

    Es waren vor allem Mitarbeiter der Stadt, unter anderem der Passbehörde, zu der wir wollten, die sich auf dem Weg zur Arbeit einen Kaffee holten. In Downtown San Francisco gibt es heute nur noch wenige Cafés, und an ihren Eingängen patrouillieren in aller Regel Mitarbeiter der Firma „Urban Alchemy“, die darauf achten, dass keine Obdachlosen in das Café gelangen.

    Meine Frage, ob sie von der Stadt oder von einer Privatfirma bezahlt werden, konnten die Mitarbeiter nicht recht beantworten. Unklar ist auch, ob die Mitarbeiter von „Urban Alchemy“ wirklich für Ruhe und Ordnung sorgen, nicht nur in San Francisco, sondern auch in Los Angeles und Sausalito in Kalifornien und Austin in Texas. Denn es gibt Kritik an der „gemeinnützigen Organisation“, die sich vor allem aus ehemaligen Häftlingen rekrutiert und „non profit“ sein soll.

    Obwohl offiziell kein Sicherheitsdienst, zeigt eine Suche auf LinkedIn Mitarbeiter von „Urban Alchemy“, die sich selbst als solche bezeichnen. Es war kurz nach 9.30 Uhr, als meine Frau ihren Antrag auf einen neuen Pass bei der Behörde, bei der es einen regen Andrang gab, abgeben konnte. Um 15 Uhr am Nachmittag sollten wir wiederkommen.

    Auch in Berlin muss man auf seinen Pass warten, wenngleich nicht so lange wie in San Francisco. Dort sind es nur sechs bis acht Wochen. Und man braucht ebenfalls zwei Termine, die oft nicht ganz einfach zu ergattern sind. Einen Termin, um den Pass zu beantragen. Den anderen, um ihn abzuholen.

    Ob der Pass meiner Frau wirklich am Nachmittag fertig sein würde, konnte uns immer noch niemand garantieren. Dass man ihren Antrag entgegengenommen hatte, nahmen wir als gutes Omen. Da wir jetzt frei und nichts weiteres geplant hatten, gingen wir runter zur Market Street, der bekanntesten Straße in Downtown San Francisco, in der sich unter anderem die Twitter-Zentrale befindet.

    Das Technologie-Unternehmen Uber hat die Market Street bereits verlassen. Twitter könnte dem Vorbild bald folgen. Mit Ausnahme eines lichtdurchfluteten Großraumbüros von „Urban Alchemy“ stehen die Räumlichkeiten nahezu aller großen Geschäfte, Hotels, Banken und Fast-Food-Ketten heute leer und Nachmieter sind nur schwer zu finden.

    Eine Tourismus-Region

    Trotzdem treibt es weiterhin Touristen hierher, vor allem wegen der Endstation der historischen Cable Cars. Auch wenn gegen Mittag einige Besucher der Stadt auf der Market Street unterwegs sind, dominieren auch jetzt Obdachlose und Suchtkranke das Straßenbild. Bei ihrem Anblick stelle ich mir die Frage, was Touristen antreibt, sich durch von obdachlosen und suchtkranken Menschen bevölkerte Straßen kutschieren zu lassen? Eine Antwort will mir nicht einfallen.

    Meine Frau, die in den Neunzigern selbst einige Jahre in San Francisco gelebt hatte, verglich ihren aktuellen Eindruck mit dem Gefühl, das sie Anfang der Neunziger als 17-Jährige bei ihrer Reise in die Sowjetunion Gorbatschows hatte: ein gebrochenes Reich, das bald darauf unterging. Vielleicht so gebrochen wie viele Menschen in San Francisco heute?

    Auch ich war schon mehrfach hier gewesen. Das San Francisco von heute hat mit der Stadt, wie ich sie kenne, nichts mehr zu tun. Ob sie auch untergehen wird? Wer weiß.

    Pünktlich um 15 Uhr waren wir zurück in der Passbehörde. 16.30 Uhr, die Behörde schließt offiziell um 16 Uhr, hielt meine Frau ihren neuen Pass freudestrahlend in den Händen.

    Um der Rush Hour aus dem Weg zu gehen, fuhren wir nicht sogleich aus der Stadt, was um diese Uhrzeit viele tun, sondern „nur“ zur Golden Gate Bridge. Hier gab es ausschließlich Touristen, dazu einen fantastischen Blick auf die imposante Hängebrücke, dem vielleicht bekanntesten Wahrzeichen San Franciscos, die ehemalige Gefängnisinsel Alcatraz und rüber zur Stadt.

    Obdachlose und Drogenabhängige waren dort nicht auszumachen. Fast war es so wie in dem Song von John Phillips: „If you come to San Francisco – Summertime will be a love-in there“.

    #USA #impérialisme #sans_abris #San_Francisco #pauvreté

  • ★ Voline, un anarchiste russe dans la Résistance contre les nazis mais aussi contre les « libérateurs » - Socialisme libertaire

    Voline est une des figures les plus marquantes de l’anarchisme international de la première moitié du XXème siècle. Si la première partie de sa vie, et notamment sa participation à la révolution russe puis à l’Armée révolutionnaire insurrectionnelle ukrainienne de Nestor Makhno et ensuite son exil est assez bien connue, les dernières années de sa vie sont rarement évoquées. Elles sont pourtant intéressantes au-delà de l’aspect historique, comme réflexion sur la signification de l’engagement anarchiste dans un pays en guerre (...)

    #Voline #anarchisme #anarchie #internationalisme #Ukraine #URSS #histoire #antifascisme #antinazisme #Trotsky #bolchevisme #stalinisme...

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    ▶️ https://www.socialisme-libertaire.fr/2023/07/voline-un-anarchiste-russe-dans-la-resistance-contre-les-nazis

  • Vienne : la grande précarité des jeunes travailleurs indépendants
    https://www.lanouvellerepublique.fr/vienne/vienne-la-grande-precarite-des-jeunes-travailleurs-independants


    Le 24 octobre 2022, une cinquantaine de livreurs manifestent à Poitiers. © (Photo archives NR/CP Marie-Laure Aveline)

    L’#Urssaf vient de mener une enquête déclinée à l’échelle régionale sur les #travailleurs_indépendants de moins de 30 ans [que nous avons reçu par la malle poste]. Leurs revenus restent généralement très bas.

    Le 24 octobre 2022, soutenus par l’Union départementale CFDT, une cinquantaine de #livreurs travaillant pour Deliveroo ou Uber Eats manifestaient devant la mairie de Poitiers. Pour défendre leurs droits mais aussi pour attirer l’attention sur la #précarité de leur situation.

    Une étude menée à l’échelle nationale par l’Urssaf et déclinée sur le plan régional vient de confirmer cette situation, d’autant plus difficile que les intéressés sont jeunes. C’est précisément sur les moins de 30 ans que porte l’étude de l’Urssaf. https://www.urssaf.org/accueil/espace-medias/communiques-et-dossiers-de-press/communiques-de-presse/activite_eco_des_moins_30_ans.html#:~:text=les%20effectifs%20salariés-,En%20.

    Un autoentrepreneur sur six
    On constate que, s’ils ne représentent que 4,8 % des travailleurs indépendants classiques en Poitou-Charentes, les moins de 30 ans pèsent pour 14,7 % chez les autoentrepreneurs (20 % pour la France entière). Les deux tiers des livreurs à domicile (activités dites « de pose et de courrier ») ont moins de 30 ans.

    Moins de 3.000 € par an en moyenne pour les indépendants de moins de 30 ans
    Pour compenser la faiblesse des revenus de leur activité, 23 % des indépendants de moins de 26 ans l’exercent en parallèle avec un #emploi salarié [et lycée de Versailles]. La proportion passe à 13 % chez les 26-29 ans, le niveau de revenu, explique l’Urssaf, s’améliorant avec l’expérience.

    Les indépendants classiques mieux lotis
    Les revenus annuels des activités indépendantes, s’ils sont corrects pour l’ensemble de ces professionnels en Poitou-Charentes (36.869 € en moyenne en 2021), restent bas pour les moins de 26 ans : 12.909 €.

    Ces chiffres cachent des situations très contrastées : si les indépendants classiques (artisans, commerçants, prestataires de services…) même les plus jeunes vivent en général correctement de leur activité, les #autoentrepreneurs ne tirent généralement que de très maigres revenus de leur travail : 5.825 € par an en moyenne pour les 26-29 ans, deux fois moins chez les moins de 26 ans.

    #travail #revenu

  • ★ Une visite aux amis… | Le blog de Floréal

    Il y a cinquante-cinq ans, un 20 août, les Soviétiques rendaient visite à leurs amis d’un pays frère. Douze ans auparavant, ils avaient fait la même chose en Hongrie, et onze ans plus tard en Afghanistan. Une sorte de coutume internationaliste…

    #URSS #Prague #1968 #Hongrie #1956 #Afghanistan #1979 #communismeautoritaire #dictature

    https://florealanar.wordpress.com/2023/08/20/une-visite-aux-amis

  • ★ Makhno contre Trotski | Le blog de Floréal

    Le 21 août 1940, Lev Davidovitch Trotski tombait, dans sa maison de Coyoacán à Mexico, sous le coup de piolet de Ramón Mercader, alias Jacques Mornard, aux ordres de Staline et sous l’impulsion de sa mère, Caridad. Après avoir purgé la peine (maximale) de vingt ans dans la prison de Lecumberri, toujours à Mexico, Mercader prit la direction de Cuba, où il fit escale, avant de partir en Union soviétique, dont il était considéré comme un « héros ». Plus tard, dans les années 1970, il retourna à Cuba. Il y termina sa vie mais fut enterré près de Moscou, avec d’autres « héros », des criminels de la Tcheka, du NKVD, du GPU, du KGB comme lui (...)

    #Makhno #anarchisme #makhnovtchina #Cronstadt #Staline #stalinisme #Ramón_Mercader #Trotski #Lénine #bolchevisme #URSS #terreur...

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    ▶️ https://florealanar.wordpress.com/2023/08/21/makhno-contre-trotski

  • ★ Voline, un anarchiste russe dans la Résistance contre les nazis mais aussi contre les « libérateurs » - Socialisme libertaire

    (...) Voline a été un révolutionnaire engagé et sans compromis : il a connu les prisons tsaristes, la déportation en Sibérie, l’exil en France puis l’expulsion pour propagande anti-guerre, le retour en Russie lors de la Révolution de 1917. Mais de nouveau il a connu les prisons bolchéviques où Trotsky l’a condamné à mort 2 fois avant finalement de l’expulser en 1921. En exil en France à partir de 1925, il n’aura de cesse de témoigner de la réalité totalitaire du communisme, qu’il désigne comme le fascisme rouge (...)

    #Voline #anarchisme #synthésisme #internationalisme #Ukraine #Makhno #AIT #CGT_SR #histoire #antifascismes #antinazisme #antistalinisme #URSS #Trotsky #bolchevisme #stalinisme #nazisme #fascisme_rouge #persécution...

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    ▶️ https://www.socialisme-libertaire.fr/2023/07/voline-un-anarchiste-russe-dans-la-resistance-contre-les-nazis
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  • ★ DÉFENDRE LA RÉVOLUTION : LA MAKHNOVTCHINA - Socialisme libertaire

    Le combat mené par les anarchistes ukrainiens occupe une place importante dans notre histoire. Rappelons brièvement les faits. Nestor Makhno (1889-1934), figure de proue de ce mouvement, n’a pas reçu de formation militaire. Par contre, il participe très tôt à des actions violentes. Ainsi, le groupe anarchiste auquel il appartient se lance vers 19116-1938 dans des attentats et des attaques à main armée, les fameuses « ex » (expropriations) à l’en­contre de riches propriétaires ou d’industriels. La création d’une unité armée est issue tout naturellement du contexte local. Après la Révolution de mars 1917, un soviet se crée dans la région de Gouliaï-Polié. Pour le défendre, un groupe de volontaires est constitué. Il regroupe huit à neuf cents hommes dont environ trois cents anarchistes. Makhno et ses compagnons y apprennent le combat (...)

    #Révolution #Makhno #Makhnovtchina #anarchisme #histoire #Russie #URSS #bolchevisme #Lénine #Trotsky...

    ⏩ Lire l’article complet…

    ▶️ https://www.socialisme-libertaire.fr/2023/07/defendre-la-revolution-la-makhnovtchina.html

  • Auteur, un métier que le fisc français ne comprend toujours pas
    https://actualitte.com/article/112595/tribunes/auteur-un-metier-que-le-fisc-francais-ne-comprend-toujours-pas

    Une vingtaine d’organisations s’agace passablement de ce que leur situation fiscale soit toujours aussi ubuesque. Le gouvernement s’entête dans son incompréhension des métiers avec des cotisations hors sol. Dans une déclaration commune, toutes appellent à ouvrir les yeux, avant de contraindre les auteurs à fermer la page…

    Régime social des artistes-auteurs et autrices : pour la suppression de la provision forfaitaire de début d’activité

    Dans le « plan parcours de l’artiste-auteur » du ministère de la Culture, l’un des enjeux affichés est « l’attention portée à la jeune création ». Pourtant, les jeunes créateurs et créatrices n’ont jamais été aussi mal traités administrativement. Ils ne sont pas formés dans leurs établissements supérieurs en ce qui concerne leurs conditions d’exercice professionnel et leurs droits sociaux. Dès qu’ils déclarent leur activité, l’administration fiscale leur demande de payer une cotisation foncière des entreprises dont ils sont normalement exonérés, et l’administration sociale (l’Urssaf Limousin) leur demande de payer des cotisations qu’ils ne doivent pas réellement !

    Cette situation est indigne.

    Normalement, les artistes-auteurs et autrices cotisent proportionnellement à leur revenu.
    Mais, depuis le transfert de la collecte des cotisations à l’Urssaf Limousin en 2019, le gouvernement a décrété qu’une provision forfaitaire calculée sur 600 smic horaire (6762 € en 2023) serait imposée aux artistes-auteurs et autrices dès qu’ils déclarent leur activité au centre de formalité des entreprises et obtiennent un numéro de Siret pour déclarer leurs revenus en BNC.

    Cette disposition, qui engendre le versement à l’Urssaf de provisions disproportionnées au revenu réel de l’artiste-auteur ou autrice qui débute, est totalement inadaptée à la population des artistes-auteurs et autrices.

    Les trois quarts des artistes-auteurs et autrices gagnent moins de 600 smic horaire par an.

    La probabilité de gagner ce montant la première année de déclaration d’activité avoisine donc zéro.

    Dans la pratique, les montants de cotisations appelés aux artistes-auteurs et autrices qui déclarent leur activité peuvent s’avérer supérieurs à la totalité de leur revenu réel ! Ces provisions ne sont régularisées par l’Urssaf Limousin que l’année suivante quand le revenu réel de l’artiste-auteur ou autrice est connu.

    Cette disposition est aussi inique que contreproductive. En effet, elle a non seulement pour conséquence de mettre de nombreux artistes-auteurs et autrices en grande difficulté mais aussi de les décourager de déclarer leur activité artistique. Elle freine ainsi leur professionnalisation. Elle tend à la fois à pénaliser la création artistique et à favoriser le travail au noir. De fait, nous constatons depuis 3 ans que le système de modulation basé sur un futur revenu annuel, donc inconnu, reste largement inopérant, notamment pour les entrants.

    C’est pourquoi nous demandons instamment au gouvernement de supprimer la provision forfaitaire de début d’activité des artistes-auteurs et autrices, donc de modifier en ce sens l’article R382-24 du code de la sécurité sociale qu’il a institué par décret et qui est entré en vigueur au 1er janvier 2020.

    Organisations signataires :

    AdaBD – Association des auteurs de bandes dessinées
    AICA France – Association internationale des critiques d’arts
    CAAP – Comité pluridisciplinaire des artistes-auteurs et autrices
    CEA – Association française des commissaires d’exposition
    La Charte des auteurs et illustrateurs jeunesse
    Chorégraphes Associé·e·s
    La Ligue des auteurs professionnels
    Les États généraux de la bande dessinée
    SAJ – Société des auteurs de jeux
    SDS – Syndicat des scénaristes
    SELF – Syndicat des écrivains de langue française
    SMC – Syndicat français des compositrices et compositeurs de musique contemporaine
    SNAA-FO – Syndicat national des artistes-auteurs FO
    SNAP-CGT – Syndicat national des artistes plasticiens CGT
    SNP – Syndicat national des photographes
    SNSP – Syndicat national des sculpteurs et plasticiens
    UNPI – Union nationale des peintres-illustrateurs
    USOPAVE – Union des syndicats et organisations professionnels des arts visuels et de l’écrit

    Crédits photo : stevepb, CC 0

    #URSSAF #Droits_auteur #Droit_travail

  • Un portrait politique de Vladimir Poutine

    Dans une série de trois articles le professeur de sciences politiques Hajo Funke dessine une image de la modification sous l’impression des événements historiques du charactère et des positions du président russe.

    02. Juli 2023 Vertane Chancen (Teil 1) : Raus aus dem europäischen Haus, rein in den Ukraine-Krieg
    https://www.telepolis.de/features/Vertane-Chancen-Raus-aus-dem-europaeischen-Haus-rein-in-den-Ukraine-Krieg-

    Die gewaltfreie Auflösung der Sowjetunion deutete der Westen als Schwäche. Es folgte die Nato-Osterweiterung. Putin wollte Russlands Ansehen als Großmacht wiederherstellen.

    03. Juli 2023 Vertane ChancenTeil 2) : Wollte Putin von Anfang an Krieg ?
    https://www.telepolis.de/features/Vertane-Chancen-Wollte-Putin-von-Anfang-an-Krieg-9205108.html

    Im Jahr 2001 bekam Russlands Präsident Applaus im Deutschen Bundestag: Die Welt sei nicht mehr in zwei feindliche Lager geteilt. Wie es zu Entfremdung und Radikalisierung kam.

    04. Juli 2023 Vertane Chancen (Teil 3 und Schluss) : Putins Radikalisierung zum antiwestlichen Nationalisten
    https://www.telepolis.de/features/Vertane-Chancen-Putins-Radikalisierung-zum-antiwestlichen-Nationalisten-92

    Sicherheitsgefühl durch Religion und Atomwaffen: Was sich im Denken des russischen Präsidenten veränderte – und wie es dazu kam.

    #Russie #URSS #histoire #politique

  • Leon Trotsky - My Daughter’s Suicide - January 1933
    https://www.marxists.org/archive/trotsky/1933/01/zinaida.htm

    Aujourd’hui la tragédie de l’exil et de la persécution touche des millions. L’histoire répète sans cesse les événements qui ont poussé au suicide la fille ainée de Léon Trotski, Zinaïda Volkova.

    TO ALL MEMBERS OF THE C.C. OF THE C.P. OF THE USSR
    TO THE CHAIRMAN OF THE EXECUTIVE COMMITTEE OF THE USSR
    TO ALL MEMBERS OF THE C.C.C. OF THE C.P. OF THE USSR.

    I deem it necessary to inform you how and why my daughter committed suicide.

    At the close of 1930, upon my request, you authorized my tubercular daughter, Zinaida Volkov, to come to Turkey temporarily with he five year old son Wesewolod, for treatment. I did not suppose that behind this liberalism of Stalin lurked a mental reservation. My daughter arrived here in January 1931 with a pneumothorax in both lungs. After a ten months sojourn in Turkey we finally obtained – despite the constant resistance of the Soviet foreign representatives permission for her to go to Germany for treatment. The child remained temporarily with us in Turkey so as not to burden the invalid. After some time the German physicians thought it possible to remove the pneumothorax. The invalid began to recover and dreamed only of returning with her child to Russia where her daughter and her husband, who is a Bolshevik-Leninist held in exile by Stalin, remained.

    On the twentieth of February 1932 you published a decree by which not only my wife, my son and I, but also my daughter Zinaide Volkov, was deprived of Soviet citizenship. In the foreign land where you gave her permission to go with a Soviet passport my daughter occupied herself only with her treatment. She did not, and because of her health, could not take any part in political life. She avoided anything that might throw the shade of a “suspicion” upon her. Depriving her of her citizenship was only a wretched and stupid act of vengeance against me. For her, this act of personal vengeance meant a break with her little daughter, her husband, her finance and all her customary life. Her mental condition, already disturbed without that by the death of her younger sister, by her own illness, received a fresh blow all the more atrocious as it was quite surprising and not provoked in any way by her. The psychiatrists unanimously declared that only a return to her normal environment, with her family, and her work could save her. But your decree of the twentieth of February of 1932 removed precisely this possibility of saving her. All other attempts, as you know, have remained in vain.

    German physicians insisted that at least her son be brought to her as quickly as possible; in that they still saw the chance of restoring the moral equilibrium of the mother. But as the six-yead old child was equally deprived of Soviet citizenship the difficulties of his departure from Constantinople to Berlin were multiplied. A half year passed in constant but fruitless efforts in several European countries. Only my unforseen trip to Copenhagen gave us the opportunity to bring the child to Europe. With the greatest difficulty he made the trip to Berlin in six weeks. He was hardly near his mother for a week when Gen. Schleicher’s police in collusion with the Stalinist agents decided to expel my daughter from Berlin. Where? To Turkey? To the Island of Prinkipo? But the child needed to attend school and my daughter needed continuous medical attention under conditions of family life bear this new blow. On the fifth of January she asphyxiated herself with gas. She was thirty years old.

    In 1928 my younger daughter Nina, whose husband has been locked up in solitary prison by Stalin for five years, was bedridden and then taken to the hospital for a short time after my exile to Alma Ata. They found her with galloping consumption. A purely personal letter, without the least relation to politics, which was addressed to me, was held up by you for seventy days so that my answer did not find her alive. She died at the age of 26.

    During my stay in Copenhagen, where my wife began a treatment for a serious illness and where I prepared myself to begin a treatment, Stalin, through Tass agency, issued the lying denunciation to the European police that a “Trotskyist conference” was meeting in Copenhagen! That was enough to have the Danish social-democratic government do Stalin the favor of expelling me with feverish haste, interrupting the necessary treatments for my wife. But in this case, as in many others, Stalin’s unity with the capitalist police at least had a political aim. The persecution of my daughter was devoid of even a shade of political sense. Depriving her of Soviet citizenship – a loss of her only hope to return to a normal environment and to recovery – finally her expulsion from Berlin (a service indisputably rendered to Stalin by the German police), are acts without a political aim for miserable and stupid revenge and nothing else. My daughter was pretty clear about her position. She understood that she could receive no safety at the hands of the European police, persecuting her at the request of Stalin. Conscious of that, her death followed on the fifth of January. Such a death is called “voluntary”. No, it was not voluntary. Stalin imposed this death upon her. I limit myself to this information without drawing conclusions. The time will come for this subject. The regenerated party will do it.

    Prinkipo, January 11, 1933
    Leon Trotsky

    Source: The Militant, Vol. VI No. 6, 11 February 1933, p. 2. Open Letter On Stalin’s Role in the Death of Zinaida Volkov (January 1933) written: 11 January 1933

    #exile #persécution #réfugiés #histoire #URSS

  • Kinder von Sowjetsoldaten : Wie ich die Familie meines Vaters fand
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/familienzusammenfuehrung-verein-russenkinder-ev-kinder-von-sowjetso

    Comment la croix rouge allemande a cessé d’aider les enfants de soldats soviétiques a retrouver leurs pères

    25.6.2023 von Anatoly Rothe - Zu DDR-Zeiten bin ich zweimal zur sowjetischen Botschaft gegangen. Beim ersten Mal, Ende der 1960er-Jahre, wurde ich gar nicht erst vorgelassen. Beim zweiten Mal, 1986, fragte ich wegen einer Reisemöglichkeit in die Sowjetunion nach. Ein freundliches Gespräch. Es endete damit, dass ich mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen wollte, nach meinem Vater zu fragen. Ich wurde regelrecht hinausgeworfen.

    Als ich 1996 meinen 50. Geburtstag vorbereitete, fragte ich mich, was ich im Leben noch erreichen wollte. Da kam diese Frage wieder hoch. Das Konsulat der russischen Botschaft gab mir zwei Adressen, die der deutschen Botschaft in Moskau und die des Archivs des russischen Verteidigungsministeriums in der Stadt Podolsk bei Moskau.

    Auf der Suche nach dem Vater in der ehemaligen Sowjetunion

    Nach einem halben Jahr bekam ich die Auskünfte über meinen Vater, musste die Suche weiterführen, weil er Kasache war und aus der Armee nach Hause entlassen worden war. Schließlich fand ich sein Grab und seine Familie. Er hatte nach seiner Demobilisierung kurz nach meiner Geburt eine Kasachin geheiratet und mit ihr neun Töchter bekommen. Sie wussten von mir, ihre Mutter hatte es ihnen erzählt. Nun war ich endlich gekommen.

    Die Schwestern erzählten mir, dass der Vater zwar erzählt hatte, einen Sohn in Deutschland zu haben, was ihm kaum einer glaubte. Jetzt aber kamen nur Töchter, da haben Nachbarn und Freunde ihm gute Ratschläge gegeben, wie man einen Sohn zeugt. Wie allgemein bekannt – Salz aufs Fensterbrett etc.

    Selbstverständlich wurde ich herzlich in die Familie aufgenommen. Um es vorweg zu sagen, so erging es allen, die Erfolg bei ihrer Suche hatten. Wir fanden zueinander und blieben es. Die vielen Besuche hatten eine Folge, ich heiratete eine Kasachin, eine Frau aus dem Land meines Vaters. Die Ehe scheiterte, weil sie, eine Sprachdozentin an der Universität in Kysylorda, vom hiesigen Jobcenter die Empfehlung erhielt, putzen zu gehen. Ich hätte es nicht ertragen.
    Gründung des Vereins Russenkinder e.V.

    Als ich 2014 auf eine Gruppe Betroffener stieß, hatte keiner von ihnen die Vorstellung, dass die Suche nach dem Vater überhaupt möglich war. Das war der Auslöser für die weiteren Geschehnisse. Diese Gruppe war mehr auf persönliche Empfindsamkeit orientiert. Ich wollte helfen. So kam es zur Gründung des Vereins Russenkinder e.V. im November 2014. Ein denkwürdiger Termin.

    Kurz vorher hatte es eine Veranstaltung der Vereinigung von internationalen Kriegs- und Besatzungskindervereinen gegeben. Auf ihr wurde mir unmissverständlich erklärt, dass eine Zusammenarbeit mit uns nicht erwünscht sei, man kann sich denken – satzungswidrig.

    Einfach gesagt geht es um Familienzusammenführungen. Botschafter einiger beteiligter Länder haben unsere Arbeit ausdrücklich begrüßt und ermuntern uns fortzufahren. Ebenso wünschen sie uns Erfolg.

    Seit unser Verein sich mit diesem Thema beschäftigt, gab und gibt es aus unserem Geburtsland keinerlei Unterstützung. Einige Helfer wollen nicht öffentlich genannt werden, von staatlichen und anderen Einrichtungen bestenfalls ein Verschweigen.

    Der Internationale Suchdienst des DRK in München half bis 2012 Russenkindern bei der Suche. Zu dieser Zeit übernahm eine Frau aus Estland, die einen Deutschen geheiratet hatte, die Leitung. Seitdem bekommen wir keine Antwort mehr von dort. Das haben uns viele Betroffene geschildert, ebenso andere Institutionen, die sich mit dem Thema Suche befassen und an die sich Russenkinder gewendet haben. Die Zivilgesellschaft will uns nicht wahrnehmen. Selbst vor unserer Würde wurde nicht haltgemacht. Die Frau, die die gleiche Arbeit unter wesentlich einfacheren Bedingungen und mithilfe aus der Politik für die amerikanischen Betroffenen ausführte, bekam das Bundesverdienstkreuz.
    Kinder von deutschen Müttern und Sowjetsoldaten

    Unser Start fand unter äußerst schwierigen Bedingungen statt. Es gab Auseinandersetzungen, Beschimpfungen, Lügen über uns, unsere Arbeit und Umstände, was dazu führte, dass manchmal mehr Aufwand für die Abwehr und zu Erlangung von Öffentlichkeit notwendig war als für die eigentliche Arbeit. Die ist schwierig genug, wurde teilweise öffentlich konterkariert. Wir haben uns trotzdem durchgesetzt.

    Man ahnt es, es geht um einen Aspekt des Verhältnisses zu Russland. Wir sind sogenannte Russenkinder. Und da beginnen die Missverständnisse. Dieser Begriff wird von uns verwendet, weil eine kurze, prägnante Bezeichnung erforderlich ist.

    Richtig ist, dass die Armee, die unter großen Opfern einen wesentlichen Anteil an der Niederschlagung Nazideutschlands hat, aus vielen Völkerschaften bestand. Die UdSSR, die Union der sozialistischen Sowjetrepubliken, bestand aus 16 Republiken. In ihr lebten und leben viele Menschen verschiedener Abstammungen. Also Russen, Bjelorussen, Ukrainer, Usbeken, Kasachen, Balten, Tataren, Koreaner, Juden, Deutsche – über 120 Völkerschaften.

    Es herrschte Wehrpflicht, sie alle wurden in die Armee eingezogen. Viele von ihnen waren in Ostdeutschland, der DDR, im Dienst. Von ihnen stammen wir ab. Wir sind Kinder von deutschen Müttern und Soldaten und Offizieren der Roten, später Sowjetarmee. Wir wurden hier geboren, gingen in Kindergärten, Schulen, lernten einen Beruf, studierten, arbeiteten in diesem Land und trugen zu seiner Entwicklung bei. Wir gründeten Familien, bekamen ebenfalls Kinder und Enkelkinder. Die Ältesten sind vom Jahrgang 1945, der Jüngste uns bekannte ist Jahrgang 1990.

    Von Anfang an gab es über unsere Väter Gerüchte, Erzählungen, Spekulationen. In den günstigen wurden sie versetzt. Weit gravierendere wurden erzählt, sie seien nach Sibirien geschafft, in Straflager gesperrt, gar erschossen worden.

    Durch die vielen gefundenen Väter wurde langsam sichtbar, dass diese Gerüchte sich nicht bestätigten. In keinem einzigen uns bekanntem Fall wurde bestraft. Im Gegenteil, zum Beispiel wurde ein Leutnant in den 70er-Jahren als Oberst in die Reserve entlassen.

    Wichtigster Punkt unserer Vereinsarbeit war und ist, Hilfe und Unterstützung bei der Suche nach dem Vater und seiner Familie zu geben. Nur wenige wussten, dass es diese Möglichkeiten gibt. Es meldeten sich Betroffene, erzählten ihre Geschichten, fragten, was sie tun können, was wir raten. Mancher redete zum ersten Mal darüber, andere wollten sich ihre Geschichte von der Seele reden.

    Zum Schluss sahen die meisten ein, sich auf die Suche nach dem Vater und seiner Familie zu begeben. Oder die Kinder und Enkel fragten nach ihren Wurzeln.

    Die Suchen gehen so vor sich: Wer den Namen des Vaters kennt, schreibt an das besagte Archiv in Podolsk. War der Vater beim Geheimdienst, an das Archiv des RGVA in Moskau. In der Regel wurden die Angaben übermittelt und die Suche konnte konkret in der entsprechenden Region weitergeführt werden.

    War der Name des Vaters nicht oder nur der Vorname bekannt, ist es sehr viel schwieriger, fast unmöglich. In solchen Fällen muss man eventuelle Zeitzeugen befragen, um diesen herauszubekommen. Wer seinen Vater und dessen Familie findet, erfährt viel Glück, Herzlichkeit, Interesse und Zuneigung. Man selbst, ich erfuhr es ja am eigenen Leibe, beginnt eine neue Phase im Leben. Oft gab es Reaktionen wie: Wir sind Dir von ganzem Herzen dankbar!

    Unsere Webseite wurde in den zehn Jahren des Bestehens über eine dreiviertel Million Mal aus der ganzen Welt aufgerufen. Über 1200 Betroffene haben uns kontaktiert. Viele von uns wuchsen mit ihren Müttern auf, ebenso bei Großeltern oder anderen Verwandten. Unsere Mütter heirateten. Wir bekamen Stiefväter. Manche von uns hatten keine schöne Kindheit.

    Die Familien behandelten sie herablassend, herabwürdigend. Andere wiederum erfuhren viel Liebe und Zuneigung, Förderung in ihrer Entwicklung. Der Versuch, diesen Begriff in die Wikipedia einzubringen, wurde abrupt abgebrochen, als die Ursache für Benachteiligungen benannt wurde. Es waren die Deutschen, die Familien, Nachbarn, Mitschüler etc. Denn unsere Väter waren nicht mehr da, uns zu beschützen.

    Früher galten wir als kleine Stalins, jetzt als Putins

    Viele von uns haben sich mit dem Thema auseinandergesetzt. Als ich mir meiner Herkunft bewusst wurde, bin ich ungezwungen damit umgegangen, habe damit manchmal kokettiert. Andere wiederum schämten sich, wieder andere waren stolz darauf. Im Nachhinein denke ich, dass mir meine Herkunft eher genutzt hatte. Wir erfuhren von Gewissensbissen. Eine Erzählung lautet, dass ein sehr einfühlsamer Stiefvater sich um das Kind bemühte als wäre es sein eigenes.

    Viele Jahre nach seinem Tod hatte die Betroffene immer noch Schuldgefühle, wenn sie daran dachte, vielleicht doch nach dem leiblichen Vater zu suchen. Ihr schien, es wäre Verrat. Ein anderer Betroffener fühlte sich schuldig. Er hatte gehört, die Väter seien bestraft worden dafür, dass sie Kinder mit deutschen Frauen gezeugt haben und dachte, durch seine Existenz sei sein Vater eingesperrt worden.

    Eines war von vornherein klar, es gibt von uns keinerlei politische Erklärung. Nach dem Zerfall der Sowjetunion brachen nationalistische Ressentiments aus. Es gab sie unterschwellig schon zu sowjetischen Zeiten. Um allen Russenkindern helfen zu können, bleiben wir absolut neutral, um niemanden davon abzuhalten, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Ebenso unabdingbar ist Verschwiegenheit.

    Nach dem 24. Februar 2022, dem Tag, an dem Russland die gesamte Ukraine angriff, änderte sich die Situation für einige von uns dramatisch. Spielte früher die Herkunft der Menschen in der Sowjetunion keine Rolle, kam es zu Fällen, in denen Familienmitglieder, die vorher in völligem Einklang miteinander lebten, miteinander brachen, weil mit einem Male ukrainische Wurzeln hervorgeholt wurden. Russisch sollte nicht mehr gesprochen werden, Familienmitglieder, Mutter und Geschwister nicht mehr kontaktiert werden.

    Ebenso kam es zu Beleidigungen, Beschimpfungen, sogar Gewalt wurde angedroht. Um es einmal populär auszudrücken – früher galten wir als kleine Stalins, jetzt als kleine Putins. Wir hatten Befürchtungen, dass unsere Arbeit, Hilfe bei der Suche nach der väterlichen Familie abgebrochen werden müsste. Es ist nicht der Fall. Es gibt weitere Nachfragen, ebenso helfen die russischen Archive bei den Auskünften wie gewohnt.

    Für uns ist Öffentlichkeit von Bedeutung, da nur so Betroffene und deren Nachkommen über die Möglichkeit informiert werden können, dass sie ihre Suchen aufnehmen können und wo sie Hilfe dazu erfahren.

    Anatoly Rothe ist Vorsitzender des Vereins Russenkinder e.V., im Netz zu finden unter

    https://www.russenkinder.de.

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    #famille #guerre #occupation #URSS #DDR #Allemagne

  • ★ LA FAILLITE DU COMUNISME D’ETAT RUSSE - Socialisme libertaire

    ★ Rudolf Rocker, extrait de Les Soviets trahis par les bolcheviks (1921). 

    La Russie présente depuis quelques mois les signes d’une crise intérieure, dont les inévitables conséquences pourraient avoir une importance sans doute plus décisive pour son proche avenir que toutes les secousses qui l’ont ébranlée jusqu’ici au cours de la révolution. Les compromis économiques du gouvernement russe avec le capitalisme étranger, la révolte de Cronstadt, la déclaration de guerre ouverte aux anarchistes et aux syndicalistes faite par LÉNINE au Xe Congrès du parti communiste, la féroce persécution de tous les partis et tendances socialistes non bolcheviques et, last but not least, l’indéniable processus de décomposition à l’intérieur du parti communiste lui-même sont autant de phénomènes dont on ne peut méconnaître l’importance ni mesurer aujourd’hui les effets sur le mouvement ouvrier international. C’est précisément l’extraordinaire importance de la crise actuelle pour l’ensemble du mouvement socialiste qui nous pousse à prendre publiquement position (...)

    #RudolfRocker #anarchisme #Cronstadt #soviet #Makhno #Lénine #Tchéka #despotisme #bolchevisme #étatisme #communisme #Russie #URSS #Révolution

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  • ★ ERRICO MALATESTA : BOLCHÉVISME ET ANARCHISME (1923) - Socialisme libertaire

    ★ Errico Malatesta : Bolchévisme et anarchisme - A propos du livre « Dictature et révolution », de Luigi Fabbri (préface à l’édition espagnole). 

    Écrit il y a deux ans, le livre de Luigi Fabbri sur la Révolution russe n’a rien perdu cependant de son actualité et reste le travail le plus complet et le mieux structuré que je connaisse sur ce thème. Les événements qui se sont déroulés par la suite en Russie sont même venus démontrer la valeur du livre en apportant une confirmation expérimentale postérieure et des plus évidentes aux déductions que Fabbri tirait des faits connus à l’époque et des principes généraux soutenus par les anarchistes.

    La matière du livre est un cas particulier du vieux et éternel conflit entre liberté et autorité qui a envahi toute l’Histoire passée et travaille plus que jamais le monde contemporain  ; des vicissitudes de ce conflit dépend le sort de la révolution en acte et de celles qui sont à venir.

    La Révolution russe s’est déroulée selon le même rythme que toutes les révolutions passées. A une période ascendante vers plus de justice et plus de liberté - qui a duré tant que l’action populaire attaquait et abattait les pouvoirs constitués - a succédé la période de réaction, dès qu’un nouveau gouvernement a réussi à se consolider. Cette réaction, due au nouveau pouvoir, est parfois lente et graduelle, parfois rapide et violente  ; elle tend à détruire le plus possible les conquêtes de la révolution et à établir un ordre qui puisse assurer le maintien au pouvoir de la nouvelle classe gouvernante et défendre les intérêts de nouveaux privilégiés et de ceux des anciens qui ont réussi à survivre à la tourmente (...)

    #Malatesta #Luigi_Fabbri #anarchisme #bolchevisme #Révolution #URSS #Russie

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  • 28 février 1921 : révolte de Kronstadt dernier acte de la révolution russe - Socialisme libertaire

    Si on entendra encore parler de la révolte de Kronstadt de 1921 longtemps après, c’est que, d’une certaine manière, en quelques semaines se concentrent tous les éléments de la révolution russe. Dans la tragédie de la révolution russe, ces événements sont ceux qui annoncent le dénouement. C’est le moment où se soldent les comptes de la révolution entre les différentes factions révolutionnaires. Depuis, cette révolte est devenue source d’un conflit mémoriel. Elle marque dans les mémoires une démarcation entre révolutionnaires partisans de la voie autoritaire et révolutionnaires anti-autoritaires (...)

    #Révolution #Soviet #Russie #URSS #Lénine #Trosky #bolchevisme #communisme_autoritaire #fascisme_rouge #dictature #Cronstadt #crime #répression #histoire...

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  • ★ COMMENT IL NE FAUT PAS FAIRE LA RÉVOLUTION ! - Socialisme libertaire

    Peu avant sa mort en 1920, Kropotkine écrivait : « Nous apprenons à connaître en Russie comment le communisme ne doit pas être introduit. » Le vieux théoricien anarchiste se gardait d’attaquer trop ouvertement les nouveaux maîtres de Russie pour ne pas alimenter la réaction. Les anarchistes comptèrent néanmoins parmi les premiers critiques – et les premiers persécutés – du bolchevisme.
    20 décembre 1917. Moins de deux mois après le « coup d’État d’octobre » (selon la formule de Rosa Luxemburg) est créée la Commission extraordinaire de lutte contre le sabotage et la contre‑­révolution –­ en russe Vetchéka. Voilà lancée la sinistre Tchéka, organe de répression du nouveau pouvoir indépendant de la justice. « Au nombre des facteurs qui ont assuré la victoire des bolcheviks, écrit l’historien Michel Heller, il faut compter […] une découverte géniale de Lénine : l’utilisation de la police politique et de la terreur pour qui veut garder le pouvoir. »
    11‑­12 avril 1918. Des détachements armés de la Tchéka attaquent les vingt‑­six locaux anarchistes de Moscou. Dans deux lieux, de violents combats opposent tchékistes et anarchistes. Bilan : une quarantaine de morts et plus de cinq cents arrestations parmi les anarchistes, ainsi que le démantèlement des organisations libertaires de la nouvelle capitale russe. Désormais, les bolcheviks qualifient les anarchistes de « bandits » (...)

    #histoire #Révolution #Russie #URSS #bolchevisme #Lénine #Trotsky #dictature #autoritarisme #pouvoir #étatisme #oppression #répression #domination #crime #terreur #Tchéka #Cronstadt #Anarchisme #Kropotkine

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  • DDR-Moskau-Korrespondent : Putins Russland habe ich schon vor der Wende zu spüren bekommen
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/ddr-moskau-korrespondent-dietmar-schumann-wladimir-putin-russland-h


    Dietmar Schumann und Kameramann Gerhard Gläser 1978 in Jakutien.Privatarchiv Schumann

    A propos des condition de vie en URSS qui ressemblaient à celles qui rendent possible le régime de Poutine

    Dietmar Schumann - An einem Sonntag im Juli 1965 begann am Berliner Ostbahnhof meine erste Reise in die Sowjetunion. Ich war 14, „Trommelreporter“ und sollte für die Zeitung der DDR-Pionierorganisation berichten, wie die sowjetischen Kinder ihre Sommerferien verbringen. Die Gastgeber von der Partnerzeitung „Pionerskaja Prawda“ fuhren mit mir in einige Ferienlager rund um Moskau. Ich sah „Schwanensee“ im Bolschoi Theater, den Clown Oleg Popow im Moskauer Zirkus, natürlich auch Lenins aufgebahrten Leichnam an der Kremlmauer. Ich verbrachte wunderbare Badetage im Pionierlager Artek auf der Krim.

    Nur einmal gab es Ärger, nach einem Besuch des Moskauer Kaufhauses GUM. Neben dem Ausgang sah ich bettelnde Zigeuner, Frauen und Kinder, und wollte sie fotografieren (ich benutze das Wort „Zigeuner“, weil die Angehörigen des Roma-Volkes sich in Russland selbst so nennen, „Zigany“, d.V.). Dazu kam ich aber nicht. Denn ein Begleiter sprang schreiend dazwischen: „Das ist verboten! Kamera weg!“.

    Das war meine erste Bekanntschaft mit den vielen Tabus, die in der Sowjetunion galten. Für Besucher aus den sozialistischen „Bruderstaaten“, besonders für Journalisten. Nur Erfolgsmeldungen waren erlaubt. Nichts über Zigeuner, nichts über Betrunkene auf den Straßen, nichts über das niedrige Lebensniveau der Menschen, nichts über Qualitätsmängel in der Industrie, schon gar nichts über Regimekritiker oder die Verbrechen der Stalinzeit.

    Hinzu kam: Vier Fünftel des Territoriums der UdSSR waren „gesperrte Gebiete“, durften von Ausländern nicht betreten werden. Auch nicht von den „kleinen Brüdern“. Militärbasen, Raketen-Standorte, Städte mit Rüstungsbetrieben oder auch Gegenden, in denen die Sowjetbürger besonders miserabel lebten, waren Tabuzonen. Ein Heer von Aufsehern, Mitarbeiter des KGB, Funktionäre von KPdSU und Komsomol, hatten dafür zu sorgen, dass nicht gerüttelt wurde an diesen Verboten. Wer es dennoch wagte, musste mit harten Strafen rechnen.

    Der Reservistenkrug aus Perleberg

    Auch Stalins Straflager, in denen Millionen Sowjetbürger den Tod fanden, und die Verbannung von Regimekritikern nach Sibirien, blieben mir nicht verborgen. Im März 1978, als Jakutien unter Eis und Schnee lag, bereiste ich die ostsibirische Region mit Gerhard Gläser, einem der besten Kameramänner des DDR-Fernsehens.

    In unserem Hotel in der Stadt Jakutsk gab es im Keller eine kleine Bar, in der wir eines Abends beim Bier saßen und auf dem Tresen etwas entdeckten, was uns staunen ließ. Ein riesiger Bierkrug, bunt bemalt und mit deutscher Schrift versehen. Ein Reservistenkrug aus dem Jahr 1909 vom Feldartillerieregiment Nr.38 aus Perleberg. Wie kommt der nach Jakutsk?

    Jana, die Frau hinter der Bar, klärte uns auf. Ihre Familie stammte aus Estland und war im Sommer 1940, kurz nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen in die Baltenrepublik, nach Sibirien verbannt worden. Ihr Großvater hatte als junger Mann in Perleberg bei der kaiserlichen deutschen Armee gedient. Zurück in Tallinn wurde er Polizist. Er stand auf der Verhaftungsliste der Sowjets ganz oben. Seinen deutschen Reservistenkrug nahm er mit in die Verbannung, wo er in einem Arbeitslager an der Lena 1944 verhungerte.

    Seine Enkeltochter Jana, die 1942 im Gulag geboren wurde, blieb in Jakutien, wo sie einen Russen heiratete. Auf den zugefrorenen Flüssen im jakutischen Norden, wo Stalins Straflager waren, begleiteten Gläser und ich russische Lastwagenfahrer. Auf der zugefrorenen Indigirka transportierten sie Ausrüstungen zu entlegenen Silberminen.

    Nach einigen Tagen überholten wir einen Raupenschlepper, der zwei große Schlitten zog, auf denen Holzhütten montiert waren. Wir trafen auf zwei Männer mittleren Alters mit langen Bärten. Ingenieure aus Leningrad, für 20 Jahre von der Sowjetmacht verbannt nach Jakutien. Sie durften sich frei bewegen, aber Jakutien nicht verlassen. Warum? Auf einer Versammlung in ihrem Institut hatten sie 1975 Kritik an der Wirtschafts- und Sozialpolitik der KPdSU geübt und die Ablösung der Parteiführung verlangt. Wegen „antisowjetischer Propaganda“ wurden beide nach Sibirien deportiert. Zur Zeit des Generalsekretärs Leonid Breschnew, den Willy Brandt hofierte und der dem „kleinen Bruder“ Erich Honecker seine Küsse verabreichte.

    Je weiter wir nach Osten fuhren, umso herzlicher wurden die Menschen und umso schlimmer ihre Geschichten. Ich erlebte viele kluge, gastfreundliche und hilfsbereite Russen, habe viele Freundschaften damals geschlossen. Doch ich lernte auch ihre andere Seite kennen, die „schwarze Seite ihrer Seele“, wie sie das nennen. Ihre Obrigkeitshörigkeit zum Beispiel.

    Die Russen hatten immer zu gehorchen, wenn sie einigermaßen leben, zumindest überleben wollten. Zu Zeiten der Zaren und ihrer Geheimpolizei Ochrana und zu Zeiten der Sowjets und ihrer Geheimpolizei KGB. Sie waren es über viele Jahrzehnte gewohnt, den Befehlen der Obrigkeit zu gehorchen. Eigenes Denken und Handeln standen immer unter Strafe. Wenn wir abends mit Russen zusammen saßen, am Lagerfeuer in der Taiga, in den Wohnzimmern von Nowosibirsk, Tula oder Sagorsk: immer große Wehleidigkeit und Klagen über die schlimmen Zustände im Land. Und immer das Warten auf einen Erlöser. Die Russen warten immer auf einen „guten Zaren“, einen „guten Parteisekretär“ oder „guten Chef“, der sie von ihrem bitteren Schicksal erlöst.

    Es gilt das Recht des Stärkeren: „Führen Sie sich nicht auf wie deutsche Faschisten!“

    Auf jeder Drehreise durch die UdSSR wurden wir begleitet von einem Mitarbeiter des sowjetischen Fernsehens oder des Außenministeriums. Der sollte das Programm organisieren und auf uns aufpassen. Diese „Aufpasser“ waren meist freundliche, hilfsbereite Menschen. Einige aber auch schlimme Denunzianten. Einmal drehte ich mit Kameramann Gläser im Baggerwerk von Kostroma. Gegen 20 Uhr kamen wir ins Hotel zurück und wollten zu Abend essen.

    Das Restaurant sollte bis 22 Uhr geöffnet haben. Kaum hatten wir Platz genommen, begann eine Putzfrau zwischen unseren Füßen zu wischen. „Aufstehen! Raus hier! Wir haben geschlossen!“. Wir begehrten, den Leiter des Restaurants zu sprechen. Noch bevor der kam, mussten wir eine Schimpfkanonade unserer Begleiterin Lena F. vom sowjetischen TV über uns ergehen lassen. „Verlassen Sie sofort das Restaurant und halten Sie den Mund! Sie befinden sich hier in der Sowjetunion. Hier bestimmen wir, nicht Sie. Führen Sie sich nicht auf wie deutsche Faschisten!“.

    Wie bitte? Wir möchten doch nur zu Abend essen nach einem langen Arbeitstag. „Wenn Sie nicht sofort das Restaurant verlassen, hole ich die Miliz!“, schrie die Dame an uns. Mein Kameramann meinte nur, sie solle sich nicht aufführen wie eine „Babajaga“ (deutsch: Hexe). Wir gingen hungrig zu Bett, fuhren am nächsten Tag nach Moskau zurück, wo uns der Studioleiter schon mit galliger Miene erwartete. Unsere russische Begleiterin, verheiratet mit einem KGB-Offizier, hatte noch in der Nacht telefonisch Meldung beim sowjetischen Geheimdienst gemacht.

    Der hatte das ZK der KPdSU informiert. Am Morgen wurde die Meldung per Telex nach Berlin übermittelt, an die Abteilung Agitation und Propaganda beim ZK der SED. Gegen Mittag wusste die Leitung des DDR-Fernsehens Bescheid und die rief im Moskauer Studio an. Wir sollten uns umgehend erklären. Was habt ihr angestellt? Wir hätten „den Anordnungen sowjetischer Genossen nicht Folge geleistet, uns antisowjetisch aufgeführt und sowjetische Genossen beleidigt“.

    Mit diesen Worten hatte uns die russische Begleiterin denunziert. Wir kamen mit einem blauen Auge davon. Aber wir nahmen uns in Zukunft in Acht. Andere Menschen zu verleumden, anschwärzen bei der Obrigkeit, das ist Alltag in Russland. Die Russen leben mit der täglichen Angst, von ihren Nachbarn oder Kollegen bei den Behörden denunziert zu werden. Das mussten auch wir, nicht nur einmal, bitter erfahren.

    An jedem Drehort führte der erste Weg zum örtlichen Parteichef, der das Programm absegnen musste. Dabei wurden wir meist zum Essen eingeladen. Köstliche russische Spezialitäten gab es da, Sekt und Wodka sowie jede Menge Trinksprüche. Die Parteisekretäre priesen die Stärke der Sowjetunion. Wir könnten alle viel von ihnen lernen. Auf die Freundschaft! Auf den Sieg des Kommunismus!

    Nach dem dritten Wodka wurden sie meist kleinlaut: „Ja, da hat die Sowjetunion nun euch Deutsche im Großen Vaterländischen Krieg besiegt und was ist das Ergebnis? Ihr in der DDR lebt besser als wir Russen.“ Das habe ich immer wieder gehört, auch von Freunden. Diese Mischung aus großspuriger nationaler Überheblichkeit (Wir sind die Größten und die Besten! Wir sind die Sieger und haben immer recht! Ihr müsst alle von uns lernen!) und einem tiefen Gefühl von Minderwertigkeit.

    In Russland gilt das Recht des Stärkeren. Kompromissbereitschaft oder gar Nachgiebigkeit werden als Schwäche bewertet und gnadenlos ausgenutzt. Dies hatten wir „kleinen Brüder“ schnell begriffen, im Reich des „großen Bruders“. Möglichkeiten, Stärke zu zeigen, gab es durchaus.

    Anfang der 1980er Jahre flogen wir nach Kasachstan, in die Wüste Moin-Kum. Dort war durch ein Kanalsystem ein Stück Wüste für die Landwirtschaft urbar gemacht worden. Das wollten wir drehen, umzingelt von 35 Begleitpersonen. Partei, Komsomol, Gewerkschaft, KGB, alle waren vertreten und wollten die richtigen Bilder für uns inszenieren. Sie gaben lautstark Anweisungen, trieben Tiere vor die Kamera, sprangen selbst ins Bild. Als es dem Kameramann Gerhard Gläser zu viel wurde, legte er seine Kamera zur Seite.

    Wir erklärten den verdutzten Genossen, dass wir unsere Dreharbeiten beenden und abreisen werden. Die sowjetischen Freunde würden die Dreharbeiten für das DDR-Fernsehen stören. Wir seien für unseren Job ausreichend qualifiziert und benötigen keine Anweisungen, weder vom Parteisekretär der Sowchose noch vom KGB. Der deutsch-sowjetischen Freundschaft würde auf diese Weise schwerer Schaden zugefügt. Das hatte gesessen. Wir hatten Stärke gezeigt. Schlagartig zogen sich unsere 35 Aufseher zurück und wir konnten unsere Reportage unbehelligt drehen.

    Zweimal im Jahr bekamen wir im Moskauer Studio des DDR-Fernsehens Besuch hochrangiger sowjetischer Genossen. Es beehrte uns der Leiter der Presseabteilung des Außenministeriums der UdSSR Kim Konzajewitsch Sofinski mit seinen für die DDR zuständigen Mitarbeitern Wassiljew und Burdakin. Es wurde getafelt und getrunken. Sofinski erläuterte, wie die Sowjetunion immer stärker werde, die USA dafür immer schwächer.

    Zu vorgerückter Stunde genoss Sofinski Videos des freizügigen DDR-Fernsehballettes. Danach wollte der Hüne selbst seine Stärke demonstrieren, seine Muskelkraft unter Beweis stellen und forderte zum Bankdrücken auf. Für das Team des DDR-Fernsehens trat Kameramann Gerhard Gläser an. Gläser, früherer Leistungssportler, Turner beim ASK Potsdam, brauchte nicht lange, um den sowjetischen Funktionär zu bezwingen. Der schwor Revanche und verlor die nächste Runde noch schneller. Was eigentlich ein Spaß sein sollte, wurde für die Russen an diesem Abend bitterer Ernst. Es war nur ein Spiel, in dem sie der Stärkere sein wollten. Verlieren, das waren sie nicht gewohnt. Schwer beleidigt fuhren unsere Gäste nach Hause.

    Vom 23. Februar bis zum 3. März 1981 tagte in Moskau der 26. Parteitag der KPdSU. Erich Honecker wollte die Gelegenheit nutzen, um von Generalsekretär Breschnew grünes Licht für einen Besuch in der BRD zu erhalten. Was er bekam, war eine Abfuhr. Entsprechend seiner Laune: mies. Für das DDR-Fernsehen war aus Berlin der Journalist Ulrich Makosch nach Moskau gekommen. Ein weitgereister Mann.

    Er war lange Jahre in Indonesien, Singapur und Indien als Korrespondent stationiert. Er hatte bewegende Dokumentationen produziert und Bücher geschrieben. Makosch kannte sich aus im Westen und in der Dritten Welt und kam nun zum ersten Mal in die Sowjetunion. Am Ende des Parteitages fuhr der schlechtgelaunte Honecker nach Leningrad. Makosch und ich begleiteten ihn mit unseren Kameraleuten und Technikern in die Stadt an der Newa. Man empfing Honecker im Smolny. Man zeigte ihm ein Neubaugebiet und das Kernkraftwerk am finnischen Meerbusen.

    Ein Besuch ohne Höhepunkte. Unser Bericht war schnell fertiggestellt und nach Adlershof überspielt. Am späten Abend flogen wir mit der Aeroflot nach Berlin. Es war spät, ich war müde, wurde aber hellwach, als mir Ulrich Makosch, der neben mir im Flieger saß, offenbarte: „Ich war jetzt eine Woche lang in der Sowjetunion und ich weiß jetzt, dass die DDR in absehbarer Zeit den ökonomischen Wettbewerb mit der BRD verlieren wird. Der wichtigste Grund dafür: Wir haben die ökonomisch schwächeren Verbündeten. Die UdSSR und die anderen RGW-Staaten sind ökonomisch viel schwächer als die Verbündeten der BRD. Nimm nur die USA, England, Frankreich, Spanien und Italien. Das wird den Ausschlag geben.“

    Dem Kommunisten Ulrich Makosch, Mitglied der SED-Bezirksleitung Berlin, hatte im März 1981 eine Woche in der Sowjetunion gereicht, um das Ende der DDR vorauszusagen. Er sollte Recht behalten. Die DDR verschwand von der Bildfläche. Die Sowjetunion auch. Die Erfahrungen, die der „kleine Bruder“ zehntausendfach mit dem „großen Bruder“ gemacht hatte, wurden nun nicht mehr gebraucht. Das Wissen der Ostdeutschen über Russland und den Charakter der Russen wurde weitgehend ignoriert. In den deutsch-russischen Beziehungen der Jelzin- und Putin-Jahre dominierten Westdeutsche, in der Politik, in der Wirtschaft und in den Medien. Von Ausnahmen, wie Angela Merkel, abgesehen. Mit welchem Ergebnis, ist bekannt.

    Zum Autor

    Dietmar Schumann ist Jahrgang 1951, verheiratet, Journalist von Beruf. Er hat in Leipzig und Moskau studiert, ist seit 2016 im Ruhestand. Er war von 1974 bis 1990 beim DDR-Fernsehen beschäftigt, u. a. als Auslandskorrespondent in Moskau und Budapest. Seine Stationen beim ZDF: Reporter beim Magazin „Kennzeichen D“, Auslandskorrespondent in Moskau und Tel Aviv. Von 2005 bis 2016 hat er längere Auslandsreportagen und Dokumentationen für das ZDF und Arte produziert, u. a. in Russland, der Ukraine, im Kaukasus und in der Karibik. Zahlreiche Einsätze für das ZDF als Reporter in Kriegs- und Krisengebieten, u. a. im zweiten Tschetschenienkrieg, in Berg-Karabach, in Afghanistan, im russisch-georgischen Krieg 2008 und in Libyen. Als Rentner schreibt er gelegentlich für „Karenina“, die Internet-Plattform des Petersburger Dialoges.

    https://www.youtube.com/watch?v=TilQ8BIHisw&pp=ygUQQXpuYXZvdXIgbmF0YWxpZQ%3D%3D


    Gilbert Bécaud, Natalie

    #Russie #URSS #journalisme #politique #histoire

  • ★ LES SOVIETS TRAHIS PAR LES BOLCHÉVIKS - Socialisme libertaire

    ★ Extraits de «  Les Soviets trahis par les Bolchéviks  » (1921) 
    par Rudolf Rocker. 

    -- Origine et signification de l’idée de conseils 
    -- La 1ère Internationale et l’idée de dictature 
    -- Les conceptions opposés de Marx-Engels et de Bakounine...

    #URSS #Russie #Révolution #Marx #Engels #conseillisme #soviet #bolchevisme #centralisme #dictature #dictature_du_prolétariat #Association_internationale_des_travailleurs #Bakounine #anarchisme #socialisme_libertaire #fédéralisme

    ⏩ Lire l’article complet…

    ▶️ https://www.socialisme-libertaire.fr/2023/03/les-soviets-trahis-par-les-bolcheviks.html

  • ★ Apparition et évolution de l’idée des conseils en Russie et rapports des anarchistes russes envers elle - Socialisme libertaire

    « Nos soviets n’étaient pas autre chose que la réalisation russe des bourses du travail françaises et des chambres du tra­vail italiennes. » Cette affirmation est exacte dans une cer­taine mesure, mais pas totalement. Les conseils des tra­vailleurs russes étaient effectivement semblables aux bourses et aux chambres dans la mesure où celles-ci, comme les conseils, se présentaient comme des organes d’union et de coordination des activités des travailleurs de différentes entre­prises et productions d’une région, c’est-à-dire des organes d’union territoriale des travailleurs à l’échelon local. Les soviets ressemblaient aux bourses et aux chambres dans le sens qu’ils prétendaient également — du moins durant un certain temps et selon le rôle qu’y jouaient les anarcho-syndi­calistes russes — devenir des organes de régulation au plan local de la production et de la distribution des biens dans le nouveau régime communiste. Mais indépendamment de cette ressemblance, les soviets des travailleurs russes avaient une particularité très caractéristique qui les distinguaient beaucoup des bourses et des chambres, et même des conseils de travailleurs locaux des organisations ouvrières espagnoles. Les bourses et les chambres en France et en Italie, et les conseils ou comités en Espagne, sont en fait des conseils syn­dicaux ouvriers locaux, composés des délégués des organisa­tions professionnelles ou de producteurs existant préalable­ment localement. Ces organisations ont leur vie établie et réglée, et leurs délégués dans les conseils syndicaux, les bourses ou les chambres sont responsables devant les assem­blées de ces organisations (...)

    #histoire #Révolution #Russie #URSS #dictature #autoritarisme #communisme #marxisme #dictature_du_prolétariat #Marx #Engels #Lénine #Soviet #bolchevisme #anarchisme #émancipation

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  • ★ L’IDÉE DES SOVIETS N’EST PAS UNE NOTION BOLCHEVIQUE - Socialisme libertaire

    La théorie des soviets n’a rien de commun avec le système de gouvernement soviétique, comme le croient la plupart des gens. Au contraire, nous sommes en droit de soutenir l’inver­se, à savoir que l’idée des soviets, l’idée d’une organisation de la vie sociale dans le sens d’un système nouveau, libre et com­muniste, avec la régulation de la production et de la distribu­tion des biens dans la future société par l’intermédiaire de ren­contres, de réunions de travail entre les délégués directs, tou­jours remplaçables et dépourvus de tout pouvoir, des organi­sations professionnelles et des centres de distribution ; cette idée n’a rien de commun avec le caractère propre aux bolche­viques, leur tendance étatique et leur système dictatorial dans la réglementation de la vie sociale (...)

    #histoire #Révolution #Russie #URSS #dictature #autoritarisme #étatisme #parlementarisme #communisme #marxisme #dictature_du_prolétariat #Marx #Engels #Lénine #Trotski #Soviet #Petrograd #Kronstadt #bolchevisme #anarchisme...

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  • Fritz Brupbacher (1874-1944) : „Nicht der Bürokrat, sondern der Proletenparvenu hat die Revolution verraten“ – Zur Sowjetunion der 1920er Jahre
    http://www.meinhard-creydt.de/%e2%80%9enicht-der-burokrat-sondern-der-proletenparvenu-hat-die-revo

    Fritz Brupbacher, Schweizer Arzt, libertärer Sozialist und Schriftsteller
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Fritz_Brupbacher

    Die Russische Revolution zu Lenins Zeiten

    Als 1917 die Oktoberrevolution in Rußland sich vollzog, freuten wir uns unendlich, glaubten zwar nicht, daß alle Blütenträume reifen werden, erwarteten aber, daß die ökonomische Grundlage geschaffen werde, auf der dann ein Sozialismus aufgebaut werde, der im Laufe der Zeit zur Möglichkeit der Entwicklung aller einzelnen Individuen führen wird.
    Da wir die siegende Führung, die Bolschewiki, kannten, als brutale Jakobiner und Autoritäre, hatten wir von Anfang an die Furcht im Herzen, daß eine Despotie durch die andere abgelöst werde.

    Da aber während der ersten drei Jahre die Bolschewiki ständig gegen die Weißen und ihre Alliierten, die Deutschen, Engländer, Franzosen und Japaner, zu kämpfen hatten, stellten wir unsere Einwände ganz in den Hintergrund. Uns schien vor allem ihr Sieg über die Weißen wichtig. Noch als ich 1921/22 drei Monate lang in der Sowjetunion war, konnte in mir selbst die volle Kritik gegen die Bolschewiki nicht aufkommen. Ich sympathisierte wohl mit der Arbeiteropposition der Chliapnikow und Kollontay, trat auch für sie ein, wandte mich bei meiner Rückkehr an die Zentrale der schweizerischen KP, damit sie dafür eintrete, daß dieser Arbeiteropposition alle Bewegungsfreiheit gegeben werde – aber da ich sah, wie unendlich schwer der Kampf war, den die kleine Gruppe der Bolschewiki gegen die ganze Welt führte, war meine Kritik gedämpft.
    Ich hatte damals den Eindruck, daß der Kern der Partei wunderbar sei, daß ihr Despotismus zum Teil begründet sei darin, daß die Masse indolent war – nur eines fürchtete ich sehr. Ich traf überall in den subalternen bürokratischen Stellen ein Publikum, das der Zeit gar nicht würdig war. Auf Schritt und Tritt begegnete man allem, was dem Teufel vom Karren gefallen war. Großtuer, Streber, Unfähige, Schwätzer, die schon in dieser Zeit eine ungeheure Macht hatten. Jeder dieser Parasiten hatte seinen Revolver oder seine Pistole und ein Papier in der Tasche, das ihm alle Rechte über Leben und Tod der gewöhnlichen Bürger zusprach. Ich selber besaß auch so etwas Ähnliches, und auf der Reise in die Hungergegenden manipulierte der Leiter unserer Expedition ständig mit dem Revolver, drohte mit ihm, sobald irgendeinem Befehl nicht sofort Folge geleistet wurde.

    Und bevor wir verreisten, schimpfte uns, die wir ohne Revolver waren, ein höherer Bolschewik aus, und als er uns triumphierend seine vielen Schießinstrumente vorzeigte, merkte man, daß bei ihm die Freude an der Gewalt größer war, als es verstandesmäßig nötig gewesen wäre. All die aus Freude am Herrschen Herbeigelaufenen zeigten damals schon den Anfang des Cäsarenwahnsinns. Man schluckte diese Erscheinungen – aber recht ungern. Ich bin damals aus Rußland abgereist, weil ich mit diesen Leuten nicht zusammenarbeiten konnte. Ich formulierte: Ein Kern von prächtigen Revolutionären opfert sich auf für eine Idee, und eine Unmenge von recht unsympathischen Leuten entwickelt sich zu Profiteuren der Revolution.

    Ich kam zum Schluß, daß möglichst schnell die dem Teufel vom Karren gefallenen Politikanten entfernt und ersetzt werden müßten durch die Menschen der aufbauenden Arbeit. Ich sprach offen aus, daß es jetzt nötig sei, nicht eine dritte Revolution zu machen – bei der doch wieder neue destruktive Autoritäre aufkämen, sondern daß man mehr die Initiative zur Arbeit und zum Aufbau anzu regen habe und daß allmählich eine andere, aufbauende Menschenschicht leitende Minorität der Sowjetunion werden müsse. Das war anfangs 1922. Es schien, daß sogar der Jakobiner Lenin zugunsten der Initiative der Peripherie einlenken wolle.

    Anfänge der Verwirklichung der «Philosophie» in der Sowjetunion

    In dieser Phase der Revolution war eine der schönsten Erscheinungen die Zerstörung des ganzen alten ideologischen Gerümpels, der Wille, den alten Bürger-Spießermenschen zu Grabe zu legen und für die Realisierung eines neuen Menschen zu kämpfen.
    Man stürzte die alten Strafgesetze um, baute neue, in denen die Abschaffung der Bestrafung der Homosexualität, der Abtreibung, des Konkubinats, der Sodomie, der Blutschande usw. proklamiert wurde, als Ausdruck davon, daß künftig alle Vorurteile beseitigt und nur noch bestraft werden sollte, wer einen ändern schädigte. Die Ehescheidung wurde frei. Es genügte künftig, daß einer der beiden Partner sich scheiden lassen wollte. Er konnte einfach die Scheidung anmelden, und damit war sie auch vollzogen. Hatte eine Frau mit mehreren Männern verkehrt und bekam ein Kind, so mußten alle, die in der kritischen Zeit mit ihr verkehrt hatten, Alimente zahlen.

    Die Frau erhielt die gleichen Rechte in politischer und ökonomischer Beziehung wie der Mann. Jede Frau hatte das Recht, sich eine unerwünschte Schwangerschaft unentgeltlich in einer staatlichen Klinik beseitigen zu lassen. Niemals wurde eine Frau, die eine Schwangerschaftsunterbrechung an sich machen ließ oder machte, bestraft. Ein intensiver Kampf wurde geführt gegen alle religiösen Vorurteile. Auf dem Gebiet der Schule und der Kunst wurde allen modernsten Experimenten die Möglichkeit des Versuchs offen gelassen.
    Es mischten sich in die ökonomisch-politische Revolution all die großen Ideen, die alle Klassen, wenn sie in Gärung geraten, immer und immer wieder vertreten.
    Man hatte das Gefühl, da werde nicht nur dafür gestritten, daß eine neue Klasse oder Schicht ans Ruder komme, sondern daß man gleichzeitig auch kämpfe für die Emanzipation des Menschengeschlechts, und wenn man auch vorläufig notgedrungen untolerant und gewalttätig verfahre, so tue man es wider Willen und nur, weil man denke, auf diese Weise am besten seinen hohen menschlichen Idealen Genüge zu tun. Jeder von uns dachte, wenn einmal die größte Not vorbei sei, werde man mit Behagen alle Despotie und alle Diktatur liquidieren und dem freien Menschen, der in freier Solidarität lebt, werde Platz gemacht werden. Gewiß waren die Bolschewiki immer autoritär. Aber noch im Jahre 1922 gab es doch so viel Gedankenfreiheit, daß ein legaler anarchistisch-syndikalistischer Verlag existierte, in dem die Werke von Bakunin, Malatesta, Kropotkin, Nettlau, James Guillaume, Emma Goldmann, Elise Reclus, Landauer, Fabri und von andern offen erscheinen konnten.
    Überhaupt war in dieser Zeit noch alles in der lebendigen Entwicklung begriffen.

    Etwas Unspießerisches, Originelles war neben dem politisch Revolutionären und Autoritären in der Revolution vorhanden. Es war auch die Zeit, wo wir mit großer Freude alle aus dem Russischen übersetzte Belletristik verschlangen, in der man von dem neuen Menschen sprach und auch von dem neuen revolutionierten Privatleben. Es war die Zeit, in der sich auch in den außerrussischen kommunistischen Parteien ein frisches Leben kundtat und hie und da jemandem etwas in den Sinn kam, ja sogar offiziell gedruckt wurde, was noch originell war und ins Gebiet gedanklicher Neuproduktion gehörte.

    Abkehr

    Die Abkehr von dieser Phase beginnt mit dem, was man Bolschewisierung der Komintern nannte, und was in Europa mit dem Namen von Sinowjew verknüpft ist.
    Es wurde auf einmal die Disziplin als das Allerhöchste betrachtet und durfte nichts mehr gedacht werden, was nicht das oberste Politbüro vorgedacht hatte. Die Diktatur von Moskau wurde in der Zeit absolut. Es mußte in Moskau etwas vor sich gehen, was wir nicht durchschauten, was sich aber im Ausland bemerkbar machte als absolute Diktatur der Kominternleitung über die ausländischen Sektionen. Als Außenstehende konnten wir die ganze interne Entwicklung in Rußland um so weniger verstehen, als die Elemente in Rußland, die der innerpolitischen Entwicklung sich entgegenstemmten, im Ausland gar nicht zu Worte kamen.

    Wir wußten die längste Zeit nicht, was der Konflikt Trotzki-Stalin bedeutete.
    Ich zum Beispiel war etwas verwirrt, wagte aber nicht öffentlich entscheidend Stellung zu nehmen, wenn ich auch innerhalb der Partei gegen die antitrotzkischen Resolutionen stimmte. Ich schrieb aber etwas ironisch in einem Artikel in der Berliner «Aktion», daß Trotzki mir nicht recht zu haben scheine, da er zu sehr Kulturmensch sei.

    Ohne mir recht bewußt zu sein, hatte ich den Zentralpunkt getroffen, wie wir später sahen. Es waren allerlei kleine Tatsachen, die man in der russischen Belletristik herauslas, oder auch in den Tageszeitungen, die einen eine gewisse Änderung ahnen ließen im Geist der russischen Bewegung. Es waren Kleinigkeiten, über die man hinwegsehen konnte, die einen aber merken ließen, daß irgend etwas Philiströses, Spießerhaftes, das in den ersten Zeiten nicht da war, auftauchte.

    Die westlichen Proleten, auch wenn sie das gleiche bemerkt hätten, hätten sich in ihrem Durchschnitt – und in der Politik herrscht immer der Durchschnitt – nicht daran gestoßen, sind sie doch selber Spießbürger. Übrigens erkannten wir die Veränderung in Rußland am besten an den dort ausgebildeten Propagandisten. Da Moskau fand, im Westen gebe es keine richtige führende Schicht, holten sie aus jedem Land junge Arbeiter nach Moskau und schickten sie uns nach einiger Zeit umgemodelt wieder heim. Sie brachten uns den Geist des neuen Moskau mit. Ein Geist, der diesen jungen Proleten übrigens sehr zusagte, da er ihr eigener Geist war, der Geist dessen, der hinauf will, der herrschen will, der alles heruntersetzen will, was nicht er ist und nicht er besitzt. Den Geist des Arrivisten à tout prix erhielten wir von Moskau in Form der Leninschüler und EKI-Vertreter zugeschickt.
    Die Knaben wußten ihre Ellenbogen zu gebrauchen, ganz gleich wie die junge Generation in Moskau selber. Wie alle uns berichteten, die Rußland in den Jahren nach 1923 gründlich angeschaut haben, verstand es die Jugend sehr gut, durch gegenseitige Hilfe hochzukommen. Vielleicht nie war die Streberkameradschaft so wunderbar entwickelt wie im neuen Rußland und in der Komintern der ganzen Welt.

    Aus vielen Einzeltatsachen, die wir der russischen Presse (Zeitungen und Zeitschriften) entnahmen, schlossen wir, daß eine Art Plüschsofaproletariat, wie wir es nur zu gut aus Europa kennen, im Entstehen begriffen war. Nicht Freude an großen Ideen, sondern an schoflen Möbelstücken und Abendkleidern usw. charakterisierte dies neue Proletariat, das zudem gar keinen Sinn für Gleichheit untereinander hatte. Ungeniert offen gab es in den Speisesälen vieler Institutionen verschiedene Eßklassen, wie ein Beteiligter etwas pointiert sagte: die Klasse derer, die Hühner aßen, die Klasse derer, die gesottenes Rindfleisch aßen, und derer, welche die Reste beider Klassen aßen.

    Eine Unmenge kleiner Details ließ uns merken, daß da etwas entstand, was nicht im Programm unseres Sozialismus gestanden hatte.

    Und wenn Bolschewiki zu uns nach Europa kamen, waren wir erstaunt über ihr Benehmen. Sie traten auf, als wären sie unsere Vorgesetzten und Kommandanten, und wenn wir Dinge sagten, die ihnen nicht gefielen, so brüllten sie uns an, wie das in kapitalistischen Ländern die Meister in den Fabriken tun und wie es die Lenin-Schüler auch taten, die man uns auf den Hals schickte. Es wuchs da etwas, was einen recht sonderbar anmutete. Eine Mischung von Plüschsofasozialisten mit cäsarenwahnsinnigen Unteroffizieren mit schlechten Emporkömmlingseigenschaften.

    Schon früh merkte man, daß es da eine Schicht von Leuten gab, die kommandierten und viel Freude hatten am Kommandieren, und eine andere, die nur folgen durfte. Es fiel einem nicht in erster Linie eine starke Differenzierung in europäisch-ökonomischem Sinn auf, vielmehr eine Differenzierung in der Hierarchie des Befehlens und Gehorchens.
    Es gab wohlhabendere und ganz arme Leute, doch keine ganz Reichen.
    Aber der, man möchte fast sagen militärische, Gradunterschied im Zivilleben war ausgesprochener als in Europa. Der Unterschied zwischen Herr und Sklave wurde groß. Die Furcht, die der zu gehorchen Habende vor dem Befehlenden hatte, war sehr groß. All das roch man so heraus. Konnte man im Westen ablesen aus der Hierarchie in der Komintern, die den Geist des neuen Rußland wiedergab.

    Ob die geistige und moralische Verlumpung russisch oder nur europäisch war, das konnten wir zu Beginn nicht unterscheiden, da wir doch nicht in Rußland lebten. Wir wußten nur, daß die, welche im Westen an dieser Verlumpung teilnahmen, von den Russen nicht etwa gemaßregelt, sondern protegiert wurden und avancierten.

    In der Komintern galt Lug und Trug für erlaubt, nicht nur dem Klassengegner gegenüber, sondern auch gegenüber dem politischen Gegner in den eigenen Reihen, und es wurden die, welche das nicht billigten, als Kleinbürger verlacht. Man könnte es noch im Sinne von Netschajeff als revolutionär bezeichnen, wenn man im politischen Kampf alle Mittel für gestattet betrachtete. Aber man ging weiter. Jeder Streber fand, es gebe keine moralische Verpflichtung, und wenn er aufsteigen wolle, so seien Lug und Trug gerade so gestattet, wie die Wahrheit. Vielleicht sogar revolutionärer, und man entwöhnte sich der Ehrlichkeit, als wäre sie etwas Unanständiges, über die ökonomische Lage in Rußland erfuhren wir das Widersprechendste.

    Daß die Erzählungen von offiziellen Reisenden wohl stimmten, darüber waren wir nicht gerade im Zweifel. Aber wir kamen bald zum Schluß, daß es zwei Rußland gebe, wie es später, als es siebzehn Lohnklassen gab, deren siebzehn gab. Glaubwürdige Optimisten erzählten uns von dem einen Rußland, dem es ganz ordentlich ging; und Leute, die lang dort gewesen und Augen hatten, erzählten uns von einem ganz andern Rußland, das uns gerade so glaubwürdig vorkam.

    Daß Glück und Unglück drüben aber nicht jedem Einzelnen im gleichen Maße zukamen, sondern «klassenmäßig», im Sinne neuer Klassen, verteilt waren, das kam uns erst ganz allmählich zu Bewußtsein. Und von dem Zeitpunkt an hatten wir das neue Rußland, den Kern des neuen Rußland erkannt: Es hatte sich eine neue, glücklichere, herrschende Schicht und eine weniger glückliche und dienende Schicht herausgebildet.

    Das war schon an und für sich unangenehm. Daß aber der gute alte Kern der Bolschewiki den Kampf gegen diese neue privilegierte Schicht nicht aufnahm, sondern sie noch deckte, das war das neue Unglück. Und das war für sehr viele leitende Bolschewiki der Fall.

    Als ich meine Lebenserinnerungen herausgeben wollte und aus einer Anzeige derselben hervorging, daß ich diese neue Schicht und vor allem die sogenannten Apparatschiki angreifen wollte, schrieb mir ein hervorragendes Mitglied des russischen Zentralkomitees einen flehentlichen Brief, bat, es nicht zu tun, und fügte ausdrücklich hinzu: solange es eine Bourgeoisie gibt, müssen wir jeden Apparat decken. Die Leute sahen nicht ein, daß dieser bolschewistische Apparat selber wieder eine Art Bourgeoisie war, die sich von der alten nur durch größere Unfähigkeit und noch ärgeres Kommandierenwollen unterschied.
    Es hatte sich aus dem Proletariat und der Bauernschaft eine Schicht gebildet, die die alten revolutionären Ideen verriet, die das vorhandene Glück monopolisierte. Eine Schicht, die ganz der Schicht entsprach, die nach 1918 in Deutschland ans Ruder kam, die Schicht, die in der deutschen Regierung Scheidemann, Ebert, Severing, Noske und Braun vertraten, die Parvenuproleten, die Verräter des Sozialismus.

    Eine Erscheinung, die auch anno 1918 nicht nagelneu war, die sich entwickelt hatte als Durchschnittserscheinung in dem Teil des Proletariats, der in eine gute ökonomische Situation gekommen war.

    Es war da etwas Prinzipielles. Es waren die gleichen Leute, die, als es ihnen noch schlechter gegangen, die Fahne der Idee des Sozialismus vorangetragen, die für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit gestritten – oder dergleichen getan, dafür zu streiten –, vielleicht sogar geglaubt hatten, sie stritten dafür, und die sich einfach an die Stelle der Bürger setzen wollten, um dann, wie es die Bürger nach ihrem Aufstieg auch getan haben, die Ideen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in den Kot zu werfen. So hatte sich in Rußland eine privilegierte, vom Sozialismus abtrünnige Schicht gebildet, eine Schicht von vielleicht fünf Millionen Menschen – unter ihnen lebten weitere 175 Millionen und durften kaum atmen, und nicht viel mehr denken, als das zur Zeit der Zaren gewesen.

    Wohl konnte jeder in die obere Schicht aufsteigen, aber nur, wenn er vor den neuen Herren kroch und keinen ändern Charakter hatte, als den eines Lumpenhundes. Diese neue Schicht ist es, die in Rußland herrscht. Den ersten Zusammenstoß zwischen den Revolutionären und den künftigen Spießbürgern kennen wir schlecht. Ich nehme an, es sei der Zusammenstoß zwischen Anarchisten und Bolschewiki gewesen. Obwohl hier noch andere Momente eine Rolle gespielt haben werden. Dieser Zusammenstoß ist für uns noch zuwenig geklärt. Den zweiten kennen wir besser: Das ist der Zusammenstoß mit der antibürokratischen Arbeiteropposition der Kollontay und Chliapnikow. Lenin und Trotzki waren sehr energisch gegen diese Opposition vorgegangen. Schon damals kämpften die Bolschewiki mit allen redlichen und unredlichen Mitteln. Und Kollontay sagte zu mir persönlich: «Wenn Sie hören, daß man von mir sagt, ich hätte silberne Löffel gestohlen, so wissen Sie, daß man mich politisch vernichten will.»

    Der dritte Zusammenstoß war der mit Trotzki und seinen Anhängern in den Jahren 1924 bis 1929. Damals verstanden wir ihn nicht recht. Heute wissen wir, daß es der Kampf war der trotzkistischen Revolutionäre gegen die Parvenuproleten, die genug hatten von der Revolution und sich nur mehr kümmerten um den «Aufbau» in Rußland.
    Wenn sie den Internationalismus aufgaben, so hieß das: Wir liquidieren unsere revolutionären Ideen. Hätten sie das offen gesagt, so hätten sie die Anhängerschaft des Weltproletariates verloren. Aber es war ihnen aus innen- und außenpolitischen, taktischen Gründen noch daran gelegen, und deshalb verwirrten sie die ganze Frage. Die Trotzkisten aber wurden einerseits gehindert, zum Weltproletariat zu reden, waren selber in dem Irrtum befangen, daß nicht das Proletariat, sondern die Bürokratie im Begriffe war, den Sozialismus zu verraten.
    Und doch war eben das erstere der Fall, das heißt der Teil des Proletariates, der ans Ruder gekommen war, verriet den Sozialismus.

    Und das war etwas viel Prinzipielleres, als die Trotzkisten gemeint hatten, und hatte ganz andere Konsequenzen. Also nicht der Bürokrat, sondern der Proletenparvenu hat die Revolution verraten. Darin liegt etwas «Gesetzmäßiges». Dieser Prozeß wird sich immer wiederholen. Wo eine bestimmte Schicht ans Ruder kommt, verrät sie ihre idealistische, sozialistische Ideologie. Wir würden sagen, der Durchschnittsmensch aller Klassen und Schichten verrät, wenn er ans Ruder kommt, immer seine idealistische Ideologie. Das ist wohl ein unumstößliches Gesetz.

    Abbau der Revolution in Rußland unter dem Druck des bolschewistischen Spießbürgers

    In erster Linie will der Neuspießer seine Ruhe haben, und jeder, der davon redet, daß es nicht gut geht im Land, und der etwas ändern will, ist eine persönliche Beleidigung für das Regime und ein Ruhestörer. Er soll die Schnauze halten; hält er sie nicht, dann ins Loch mit ihm.
    Deshalb das strengste Verbot, zu reden und zu denken. Strenger als es je in den schwersten Zeiten des Krieges gegen die Weißen war.

    Dem Volk fällt es nicht leicht, das Maul zu halten. Denn es geht ihm nicht wunderbar. Auch wird das Volk nervös, weil es sich die «Oblomowerei» abgewöhnen muß. Es muß schaffen lernen. Es ist wahr, es ist schwer, mit dem undressierten russischen vorkapitalistischen Menschen, der durch Krieg, Revolution, Bürgerkrieg etwas verlaust worden ist, eine neue ökonomische Gesellschaft aufzubauen. Die Bürokraten suchen es mit Gewalt zu schaffen. Sie wollen durch Dekret und GPU die neue Welt schaffen. Von Anfang an ist das so gewesen. Das verdarb die Besten unter den Herrschenden. Züchtete Cäsarenwahnsinn. Das russische Volk ist sehr passiv, oder dann explodiert es. Ein passives Volk hat auch gern, daß einer es führe. Alle Passiven erliegen der Gefahr, Despoten zu züchten. Die Passivität der Russen disponierte sie, an Stelle des weißen Zaren einen roten Herrscher zu akzeptieren.
    Die Disposition des Volkes zum Despotismus erleichterte das Entstehen der roten Diktatur in Rußland. Der Despotismus, geboren aus der Notwendigkeit, ein passives Volk zur Produktivität zu erziehen, wurde von den Bürokraten verwendet gegen alle, die der Bürokraten Sattheit bekämpfen wollten, die denken, zur Kritik anregen wollten.
    Sie benützten den aus «rationalen» Gründen entstandenen Despotismus, um den Weitergang der Revolution zu verhindern. Er wurde Kampfmittel gegen die Revolutionäre. Die Proklamation von Stalin zum Diktator bedeutete: Schaffen eines Führers gegen die Revolution.

    Also Verschärfung der Diktatur, um die Revolutionäre auszurotten. Unerbittlicher Kampf des Neuspießers gegen den permanenten Revolutionär, wie in allen Revolutionen, sobald sie einer Klasse zur Macht verholfen.

    Der Spießbürger war auch in Noskescher Form in Deutschland und in der Mussolinischen Form in Italien brutal. Der russische hatte sich noch dazu verwildert in langem Bürgerkrieg. Das Menschenleben war so entwertet worden durch Krieg und Bürgerkrieg, daß man es auch in dem neuen Kampf, dem Kampf des Spießers gegen den permanenten Revolutionär, nicht hoch einschätzte.

    Die allerbesten Bolschewiki kannten nie Rücksichtnahme auf die menschliche Individualität. Aber sie hatten selber eine solche und vergewaltigten die andern nicht mehr, als sich selber. Sie wurden von einer Idee beherrscht, unterdrückten in sich alles, was dieser Idee nicht lebte, und so waren sie auch gegen die andern. Die russischen Neuspießer aber hatten als einzig Individuelles den Willen, ihren Platz zu behalten, etwas vorzustellen und «glücklich» zu leben. Wer sie da störte, der wurde erschossen.

    Die Größe ihrer Brutalität wurde stark mitbestimmt durch die ungeheuren Kompetenzen, die in Bürgerkrieg und Revolution oft ganz minderwertigen Menschen zufielen. Und die ihnen zu Kopf stiegen. Die alten Bolschewiki waren Erben gewesen auch des Nihilismus. Waren Basarows gewesen. Hatten in sich die Bürgervorurteile abgebaut.

    Die sie beerbten, waren Parvenüs, die alle Spießervorurteile und Spießergeschmäcker erst ansehen. Leute, die etwas scheinen wollten, während die echten alten Revolutionäre nichts so scheuten wie den Schein. Sein war ihr Wille. Aller Firlefanz war ihnen eklig.

    Die Neuspießer in Rußland aber erfanden den Scheinbarock in Leben, Kunst, in allem. Sie waren Vorstellungsbegabte – Leute, denen nichts so weh tat, wie wenn sie nicht anerkannt wurden. Das war der neue Mensch, den die Revolution geboren. Der neue Plüschsofaspießer in der Sowjetunion hat die Plüschsofaseele des internationalen Spießertums. Man stelle sich ihn vor als einen Knaben oder Mädchen, dem Arbeiten immer noch nicht leicht geworden ist. Er muß sich sehr vergewaltigen, seine Triebe unterdrücken, wenn er leistungsfähig sein will. Bei schönem Wetter möchte er lieber bummeln als arbeiten und die neue Welt organisieren. Er und auch diejenigen, welche er kommandiert, würden lieber das Leben genießen als organisieren, arbeiten und kommandieren.

    Der neue russische Mensch soll sehr launisch und nervös sein, und das kann man darauf zurückführen, daß er noch nicht rationalisiert ist. Und er selbst und jedermann verlangt das von ihm.

    Deshalb ist er böse auf alles, was ablenkt, auf alle Triebe. Wie Frau Oberst Gygax bös ist auf die Liebesgefühle ihrer Dienstmagd, weil sie meint, diese seien daran schuld, daß ihre Dienstmagd ihre Arbeit nicht recht macht, so ist der russische Spießer böse auf den Drang nach Lust bei sich und noch mehr beim «Untertan». Er haßt die sinnlichen Ablenkungen. Das ist typisch für den Spießbürger. Er hat einen Antisexualkomplex.

    Man stellt sich unter dem russischen Revolutionär etwas anderes vor. Man denkt an eine typische Figur, etwa die dritte in der «Liebe» von Kollontay. Stimmt gar nicht. Wenn sie eine Fortsetzung geschrieben hätte, hätte sie eine vierte Figur gezeichnet: den uns allen bekannten Spießer mit der doppelten Sexualmoral. Eine, die er von sich und den andern verlangt, und eine, die er lebt.

    Da er sehr moralisch ist, hat er die Homosexualität, die sein revolutionäres Strafrecht als nicht mehr strafbar ansah, wieder zu strafen angefangen. Auch ist er sehr streng geworden in bezug auf die Scheidung. Es müssen wieder beide Teile einverstanden sein, wenn geschieden werden soll. Scheidung ist auch Monopol der Wohlhabenderen geworden. Man zahlt eine Art Scheidungs-«strafe». Die Schwangerschaftsunterbrechung wird wieder bestraft, und es gibt nicht einmal mehr eine medizinisch gestattete Schwangerschaftsunterbrechung aus sozialen Gründen. Und die Wissenschaft fängt auch an, zu schreiben, daß eine Tuberkulose durch eine Schwangerschaft nicht verschlimmert werde.

    Man fängt wieder an zu reden von der Heiligkeit der Familie. Hat auch den Weihnachtsbaum wieder eingeführt.

    In einem vielgerühmten Roman von Awdejenko, «Ich liebe Dich», ist der Höhepunkt die Stelle, wo dem Liebhaber das süße Geheimnis der Schwangerschaft mitgeteilt wird. Im Schulbetrieb kehrt man zu den autoritären preußischen Schulmethoden zurück und empfindet sie als fortschrittlich. Die Todesstrafe für Kinder über zwölf Jahre wird eingeführt.
    Weshalb diese Rückbildungen auf kulturellem Gebiet? Die Bolschewiki waren insofern immer Bolschewiki, als ihnen die Freiheit des Individuums verhaßt war, sie brachten für sie kein Verständnis auf. Sie sind Erben des Zarismus, das heißt eines Volkes, das aus langer Gewohnheit der Unfreiheit fast keine Lust hat, selber zu denken und zu handeln. Sie übernahmen es, dieses Volk in die Revolution zu führen. Als dieses Oblomow-Volk explodierte, schlug es alles zusammen, was es an Fesseln gab. Das war die erste Phase der Revolution, in der eine Art Freiheit fürs Individuum «ausbrach».

    Nach der Explosion wurde das Volk, besonders weil die Bolschewiken alle freiheitlich Gesinnten (Anarchisten, Anarchosyndikalisten) erschossen, wieder zum passiven Volk, das sich führen und despotisch beherrschen ließ, sich überhaupt nur bewegte, wenn es von den Bolschewisten am Kragen genommen wurde. Sie versuchten nicht, zur Freiheit zu erziehen. Sie verachteten die Freiheit. Gleichzeitig zog zu ihnen hinüber alles, was herrschen, sadistisch sein wollte. Was dem Teufel vom Karren fiel.

    Und nun kam die Phase des Austobens der Herrschlust (sehr stark ökonomisch, selbsterhalterisch bedingt). Den Herrschenden war jede individuelle Regung ein Dorn im Auge. Dagegen wehrten sich wenige. Die Feigheit des Menschen und sein Wille, an den Augen der Herrschenden abzulesen, wie man sich verhalten müsse, um heraufzukommen, taten das ihrige. Damit war die Revolution zu Ende. War eine neue Despotie erschienen. Man freute sich, als Herrschender dem Untertanen «zuleid zu werken». In diesem Stadium befindet sich Rußland seit langem.

    Der Wille zur Lust beim Untertanen ist dem Herrscher ein Dorn im Auge.

    Wer einmal zu tun gehabt hat mit einem Bolschewiken der späteren Jahre, in dessen Auge es aufflammt bei jedem Wort, das ihm nicht gefällt, der einen anbrüllt bei jedem Satz, der Freiheit atmet, der jedesmal lügt, wenn er mit der Wahrheit das System nicht verteidigen kann, der kann sich das Leben des Individuums, das sich für seine Freiheit wehrt, in Rußland vorstellen! Und wer im Ausland nicht nur diese Bolschewiki, sondern auch die Leute, die in Missionen herkamen, gesehen hat und von ihnen nichts erfahren konnte, als was in den Zeitungen der Bolschewiki steht – außer sie waren mal besoffen und heulten dann über die Last der Lüge und Unfreiheit, die sie bedrückte –, wer das gesehen, der kann sich eine ungefähre Vorstellung machen von dem, was aus der Revolution wurde.

    Und wenn man sich fragt, wie wird das denn ertragen, so muß man daran denken, daß die, welche die Macht haben, Menschen sind, die von zuunterst kamen und sich freuen, daß sie zuoberst sind. Es gibt einen Film: «Die letzten Tage von St. Petersburg». Einen Sowjetfilm. Zum Schluß des Films sucht eine Proletin ihren Mann. Sie sucht und sucht und muß immer höher steigen, ihn zu suchen. Zulegt findet sie ihn zuoberst auf einem Turm. Von da kann er auf alle herabsehen und alle beherrschen. Dort oben steht er und betrachtet die Welt – und seinen Nabel. «Wir sind das Salz der Erde.»

    Die Ermordung der Revolutionäre

    Daß die echten Revolutionäre vor einer solchen Entwicklung erschraken und eine neue Revolution gegen dieses herrschende Geschmeiß anstrebten, ist selbstverständlich. War das nun das, was sie gewollt, was sie angestrebt? Wollten sie die Monopolisierung der Errungenschaften der Revolution durch Stalin, das heißt durch den repräsentativen Typus des emporgekommenen Seminaristen, der die andern Spießbürger führte und von ihnen Generalvollmacht erhielt, weil er sie in der hundertsten Potenz darstellte? Als ich 1921/22 in Moskau war, sprach man in der Arbeiteropposition von der dritten Revolution, die nötig sein werde gegen die damals Herrschenden, Lenin, Trotzki, Sinowjew usw. Die Opposition sagte, die Revolution ist verloren und in die Hände der Bürokraten geraten. Die Arbeiterorganisationen haben keine Macht mehr. Ein neuer Bürokratenstaat ist entstanden; gegen ihn muß der Arbeiter seine Revolution machen. Das war schon 1921. Noch unter Lenin und Trotzki, und beide unterdrückten, wenn auch mit etwas weniger grausamen Mitteln, diese Kritik und Kritiker.

    Stalin und seine Gefolgschaft sind groß geworden dank dem System von Lenin und Trozki. Dank dem autoritären Zentralismus. Weil man die Arbeiteropposition unterdrückt hat, weil man alles mit Macht, Gewalt, Autorität, Tscheka, GPU glaubte durchsehen zu müssen. Man glaubte nicht an die Notwendigkeit, sich auf die guten Elemente stützen zu müssen. Man wollte einfach alles aufdrängen. Mit wessen Hilfe schien gleichgültig. Man nahm einfach die Leute, die einem gehorchten, kamen sie aus der Ochrana oder aus der Wrangel-Armee, um die zu bändigen, die Lenin, Trozki, dem Politbüro nicht gehorchen wollten.

    Alles wollte man mit Gewalt durchsetzen. Solange man eine Minorität ist und keine Macht zu vergeben hat, mag das gehen, weil dann niemand zu einem kommt, außer er sei überzeugt und wolle sterben für seine Idee. Wenn man aber einen Goldschatz hat, Staatsmacht hat, dann kommt aller Dreck zu einem, und mit diesem Dreck zusammen haben schon Lenin und Trozki die wahrhaftigen Revolutionäre zu Paaren getrieben.

    Lenin und Trotzki haben Stalin, haben die Organisation geschaffen, diejenige Regierungsmethode und Menschen herangezogen, die heute die Revolutionäre erschießen lassen. Ihre Generation hat angefangen, die Disziplin des Idioten höher zu schätzen, als das ungenierte Aussprechen der Wahrheit durch einen anständigen Menschen. Sie haben immer mit den Unanständigen die Anständigen geschlagen. Sie wußten es. Sie hielten die Disziplin für die Haupteigenschaft des Revolutionärs und töteten so den fruchtbarsten Menschen, schlossen ihn aus, den intellektuell und moralisch fruchtbaren Menschen. Da sie von dem Wahn besessen waren, sie wüßten die Wahrheit, sie allein, nach Marx, würden den Weg zur Emanzipation der Arbeiterklasse kennen, fanden sie, daß alle ihnen zu gehorchen hätten. Da ihnen in der Zeit, da sie keine Macht hatten, nur besondere Individuen gehorchten und nicht der Lump, kam die Falschheit ihres Systems erst zur ganzen Auswirkung, als sie an die Macht gekommen waren und nun alle zu ihnen kamen, die durch ihren Kadavergehorsam zu etwas kommen wollten.

    Sie haben die heutige Bürokratie geschaffen, die miserable Qualität dieser Bürokratie und ihres Anhangs.

    Sie haben durch Schaffung dieses Apparates die Weiterentwicklung der Revolution verhindert. Sie schufen den Apparat, der die alten Bolschewiki erschossen hat.
    Trotzki schuf den Apparat, der ihn aus Rußland verbannte. Zwanzig Jahre lang haben die Bolschewiki daran gearbeitet, den Apparat zu schaffen, der sie schließlich zugrunde richtete. Wenn dieser Apparat nicht alle tötet, die davon zu berichten wissen (was schon möglich ist), wird der letzte Bolschewik die Tragödie des Irrtums der Bolschewiki erzählen: Wie Lenin die Revolution, die er geschaffen, zugrunderichtete.

    _________________________________________________________

    (Auszug aus: Fritz Brupbacher: Der Sinn des Lebens. Zürich 1946.

    Eine Auswahl u. a. aus diesem Band, die auch den hier dokumentierten Text umfasst, ist unter der Überschrift „Hingabe an die Wahrheit – Texte zur politischen Soziologie, Individualpsychologie, Anarchismus, Spießertum und Proletariat“ 1979 im Karin Kramer Verlag (Berlin) erschienen.

    Lesenswert ist auch die Autobiographie Brupbachers: „Ich log so wenig als möglich“, zuerst erschienen Zürich 1935, 2. Auflage 1973 Zürich.

    Karl Lang hat eine Biographie von Brupbacher verfasst unter dem Titel „Kritiker - Ketzer - Kämpfer. Das Leben des Arbeiterarztes Fritz Brupbacher“. Zürich, 1976.)

    #socialisme #Russie #URSS #révolution #prolétariat #stalimisme #anarchisme

  • Stalinisme et Bolchevisme (1947) - Socialisme libertaire

    Texte de Paul Mattick rédigé en 1947.
    Paul Mattick (1904 - 1981) fut un militant et théoricien marxiste
    du communisme de conseils (conseillisme).

    Trotsky prétend qu’en rédigeant sa biographie de Staline il poursuivait un but : montrer « comment une telle personnalité a pu se développer et comment elle a fini par usurper une situation exceptionnelle ». Tel est le but avoué. Mais le but réel est tout autre. Il s’agit de montrer pourquoi Trotsky a perdu la position de force qui était la sienne à un certain moment, alors que c’est lui qui aurait du être l’héritier de Lénine, étant plus digne de cet héritage que Staline. Ainsi, avant la mort de Lénine, ne disait-on pas communément « Lénine et Trotsky » ? Ne renvoyait-on pas systématiquement le nom de Staline vers la fin, voire même à la dernière place, des listes de dirigeants bolcheviques ? N’a-t-on pas vu, en telle ou telle occasion, Lénine proposer de ne mettre sa signature qu’après celle de Trotsky ? Bref le livre nous permet de comprendre pourquoi Trotsky pensait qu’il était l’« héritier naturel de Lénine ». En fait c’est une double biographie : celle de Staline et de Trotsky (...)

    #Paul_Mattick #socialisme #Staline #stalinisme #bolchevisme #étatisme #capitalisme #Lénine #léninisme #Trotsky #URSS...

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    ▶️ https://www.socialisme-libertaire.fr/2015/06/stalinisme-et-bolchevisme.html

  • Le prologue d’une guerre généralisée ? #archiveLO (23 mars 2022)

    Dans la capacité de l’#armée_ukrainienne à résister à une armée russe supérieure en nombre et mieux équipée, il y a évidemment le fait que, dans cette guerre avec la Russie commencée en réalité il y a huit ans déjà autour du Donbass , l’armée ukrainienne et les milices d’extrême droite qui la suppléent bénéficient du soutien des puissances impérialistes, les États-Unis en particulier, en armes, en conseillers, en financements.

    Même si l’#Ukraine ne fait pas partie officiellement de l’OTAN, le régime qui la dirige a choisi depuis qu’il est en place de faire partie du camp impérialiste dirigé par les États-Unis.

    Invoquer à ce propos le droit des peuples à disposer d’eux-mêmes pour nier la participation officieuse, sinon déclarée, de l’#OTAN dans cette guerre, est une escroquerie.

    Comme l’est le fait d’invoquer le combat de la démocratie contre un régime dictatorial.

    Poutine est incontestablement un dictateur, représentant en chef de la classe privilégiée russe, de la bureaucratie et des oligarques milliardaires qui en sont issus.

    C’est une dictature avant tout contre la classe exploitée, maintenue dans la pauvreté pour assurer les privilèges des bureaucrates et des oligarques, mais aussi, de plus en plus, au profit des grandes entreprises de l’Occident impérialiste, en particulier françaises, les Total, Auchan, Renault et quelques autres.

    L’autoritarisme croissant de #Poutine, son ambition, à l’intérieur même de la Russie, de rétablir la verticale du pouvoir et, vers l’extérieur, celle de réagir à l’encerclement croissant du pays par l’OTAN expriment la réaction de la bureaucratie à la décomposition de l’ancienne #URSS au temps de Eltsine.

    Dictature sur la #classe_ouvrière russe et mépris des peuples

    Les fournitures d’armes occidentales n’expliquent cependant pas tout de la capacité de l’État ukrainien de tenir tête à l’armée russe. S’y ajoute l’erreur fondamentale, sociale, de Poutine et de ses généraux de mépriser les sentiments d’aspiration nationale des peuples, surtout lorsqu’ils s’expriment d’une façon d’autant plus confuse qu’il s’agit de deux peuples frères, largement entremêlés.

    Lors de l’invasion de l’Ukraine, l’armée de la bureaucratie russe n’a pas été accueillie en libératrice. Au fil des jours, le caractère de plus en plus barbare des #bombardements ne visant plus seulement des objectifs initiaux, mais de plus en plus la population, n’ont pu que renforcer l’horreur, sinon forcément la volonté de résistance d’une bonne partie du peuple ukrainien, sa composante russophone comprise.

    En dénonçant la politique des bolchéviques du temps de Lénine, qui avaient su unir dans un même combat les travailleurs russes et ceux de toutes les nations opprimées auparavant par la monarchie tsariste, à commencer par l’Ukraine, et en prenant pour modèle la politique brutale de Staline en matière de droits des nations, Poutine a renforcé le crédit de l’OTAN, tout en poussant la population ukrainienne dans les bras de l’#extrême_droite nationaliste.

    Il y a un autre aspect qui renforce l’OTAN : la guerre, en se prolongeant, amène les gouvernements des États issus de la dislocation de l’URSS à prendre leurs distances.

    Il ne s’agit pas seulement de la #Géorgie ou de la #Moldavie, dont les dirigeants aspirent à rejoindre le camp occidental, mais aussi de pays dont les dirigeants sont les mieux disposés à l’égard de Moscou, comme le #Kazakhstan ou l’#Ouzbékistan. Sans être aussi complices de Poutine que #Loukatchenko en #Biélorussie, les dirigeants de ces deux pays de « l’étranger proche » étaient jusqu’à présent plus ou moins associés à la Russie politiquement, diplomatiquement, mais aussi sur le plan économique. C’est en train de changer.

    L’invasion oblige les dirigeants de ces États à choisir entre les deux pays en guerre. Et, au lieu de s’aligner, ils lorgnent de plus en plus vers l’Occident et tiennent à l’affirmer. Le satrape de Moscou a dû particulièrement apprécier l’infidélité de ses semblables du Kazakhstan dont il venait, tout récemment, de sauver la mise en intervenant pour mater leur classe ouvrière en révolte contre les hausses de prix des carburants et le régime qui les avait décidées.

    Il n’est pas difficile de deviner l’intensité de l’activité diplomatique que déploient en ce moment les puissances impérialistes dans tous les États issus de la décomposition de l’URSS, doublée de l’activité de lobbying des trusts occidentaux implantés dans ces États…

    Avant les guerres futures, consolider les alliances

    L’offensive russe contre l’Ukraine participe à la mise en place du système d’alliances pour la future généralisation de la guerre.

    C’est avec la même préoccupation que les #États-Unis manient la carotte et le bâton pour décourager la #Chine de trop lier son avenir à la Russie.

    Malgré la brutalité des bombardements, les négociations continuent entre les représentants des deux camps. Les deux parties prenantes dans cette guerre, les bureaucrates et les oligarques russes et ceux de l’Ukraine soutenue par les puissances impérialistes, trouveront peut-être un compromis qui permette aux deux camps de prétendre n’avoir pas perdu et ainsi de garder la face

    Zelensky serait prêt, paraît-il, à faire son deuil de la Crimée et de tout ou partie du Donbass. Poutine pourrait masquer alors son échec à mettre en place à Kiev un gouvernement prorusse, mais il dévoilerait par là-même face aux états-majors de l’OTAN les limites de sa puissance militaire. Un échec qui pourrait lui coûter sa place de chef de la bureaucratie et des oligarques milliardaires.

    On ne sait pas sur quel compromis pourraient aboutir les tractations en cours. Ce qui les rend vraisemblables, c’est que les dirigeants des deux États, tout en se menant la guerre avec la peau de leurs peuples, sont profondément complices contre leurs exploités respectifs. Et la guerre, à cette étape de la crise économique, n’arrange pas forcément les affaires des trusts impérialistes, ni des oligarques russes comme ukrainiens auxquels ils sont liés par mille liens.

    Même si un cessez-le-feu intervenait à brève échéance, il y aura eu le prix payé par les classes populaires. Morts, exil, destructions en Ukraine. Effondrement économique en Russie, aggravé par les sanctions. Deux peuples frères de plus en plus séparés par un fleuve de sang.

    Vers une guerre généralisée ?

    Il n’y a pas aujourd’hui un mécanisme économico-politique qui pousse inévitablement à la généralisation de la guerre du même type que ce qui a précédé la Deuxième Guerre mondiale, et même dans une certaine mesure la Première Guerre mondiale (un impérialisme coincé par ses concurrents et étouffant faute d’espace vital).

    Mais on est déjà au-delà de l’affirmation si juste mais abstraite de Jean Jaurès : « Le capitalisme porte en lui la guerre comme la nuée porte l’orage. »

    La guerre en Ukraine sera peut-être considérée par les historiens du futur comme une des étapes préparatoires d’une guerre généralisée à venir. Un peu comme ce qu’ont été avant la #Deuxième_Guerre_mondiale l’invasion de l’Éthiopie par les troupes de Mussolini ou celle de la Mandchourie par l’armée de l’Empire du Japon, avec la course à l’armement, les mercenaires préparant le terrain, la manipulation de l’opinion publique, l’embrigadement de la population, les #massacres_de_masse.

    L’interpénétration de la situation de crise et des préoccupations guerrières des uns et des autres est susceptible de provoquer un « processus autoréalisateur ». C’est-à-dire que la guerre, en aggravant la crise, en bouleversant les rapports de force, en soulignant les contradictions entre les puissances impérialistes elles-mêmes, pousse à un mécanisme conduisant à la guerre généralisée. Il ne faut pas raisonner uniquement en fonction de ce qui s’est passé lors de la Première et de la Deuxième #Guerre_mondiale. D’ailleurs, les deux n’étaient identiques qu’en ceci : elles ont concrétisé la barbarie vers laquelle évolue l’impérialisme, c’est-à-dire le #capitalisme pourrissant.

    Pour le moment, le camp impérialiste, représenté par son organisme militaire, l’OTAN, dominé par les États-Unis, prend moult précautions pour pouvoir affirmer qu’il n’est pas en guerre, tout en renforçant son dispositif d’encerclement tantôt de la Russie, tantôt de la Chine.

    On peut entrevoir plusieurs cheminements possibles, les uns à l’initiative de Poutine qui, coincé par l’insuccès de la guerre éclair qu’il avait espérée avec l’accord des sommets de la bureaucratie, pourrait essayer de donner le change en Moldavie, en Géorgie ou ailleurs.

    Quant à l’OTAN, tout en se gardant de passer pour l’agresseur, elle continue à livrer des armes à l’Ukraine en quantités croissantes, ce qui peut entraîner bien des dérapages.

    Mais, encore une fois, c’est l’approfondissement de la crise, aggravée par le fait même de la guerre en cours, dans une économie archi-mondialisée, où tout le monde dépend de tout le monde, qui peut rendre la #généralisation_de_la_guerre inévitable

    « Ne demande pas pour qui sonne le glas, il sonne pour toi. » Il en sera ainsi tant que le prolétariat n’aura pas détruit le capitalisme, la propriété privée des moyens de production, la concurrence, c’est-à-dire la guerre économique qui porte en elle la #guerre tout court.

    Georges KALDY (LO)

    #impérialisme #guerre_en_ukraine

  • Dans la Tchécoslovaquie sous le joug soviétique, la dissidence se joue en musique.

    https://lhistgeobox.blogspot.com/2023/03/dans-la-tchecoslovaquie-sous-le-joug.html

    "Libérée du joug nazi par l’Armée rouge, la République tchécoslovaque tombe en 1948 dans l’orbite soviétique. Elle devient alors une dictature communiste, au sein de laquelle la Sûreté de l’Etat (Státní Bezpečnost – StB) sévit avec zèle. Une chape de plomb s’abat sur la société et les productions culturelles.

    Si les autorités communistes dénoncent et fustigent le rock, une musique décrite comme « capitaliste et perverse », elles ne réussissent cependant pas à en empêcher ni l’attrait ni la diffusion. Au cours des années 1960, le pays connaît une libéralisation timide, marquée par une production culturelle d’une grande richesse, notamment dans le domaine de la musique populaire. Ainsi, à la veille du Printemps de Prague, les jeunes tchécoslovaques partagent nombre de pratiques culturelles avec leurs homologues occidentaux. Constatant l’émergence des nouvelles tendances culturelles, le régime hésite face à l’attitude à adopter. Par conformisme et peur, il opte finalement pour ce qu’il sait le mieux faire : réprimer. Dès lors, les policiers traquent tous ceux qui arborent les cheveux longs ; un choix esthétique considéré comme un scandaleux symbole de liberté scandaleux. La guerre aux « chevelus » est déclarée."

  • #Révolution #Soviet #Russie #URSS #Lénine #Trosky #Staline #stalinisme #bolchevisme #communisme_autoritaire #fascisme_rouge #dictature #Cronstadt #crime #répression #histoire...

    ★ QU’EST-CE QUE LA RÉBELLION DE KRONSTADT ? - Socialisme libertaire

    La rébellion de Cronstadt eut lieu dans les premières semaines de mars 1921. Proclamée par Trotsky lui-même comme étant « la fierté et la gloire de la révolution russe », ses marins étaient réputés pour leurs idées et activités révolutionnaires et avaient transformé la base navale et la ville en république soviétique de fait peu après la révolution de février. Cependant, en 1921, la Cronstadt rouge s’était retournée contre la dictature communiste et avait lancé le slogan de la révolution de 1917 « Tout le pouvoir aux Soviets » , auquel il ajoutait « et non aux partis ». Les rebelles ont appelé cette révolte la « troisième révolution » et la considérait comme l’achèvement du travail commencé lors des deux premières révolutions russes en 1917 en instituant une véritable république de travailleurs basée sur des soviets autogérés librement élus. Comme l’a dit l’anarchiste russe Voline, tandis que “Cronstadt tombait et que le socialisme d’État triomphait,” cela “a exposé… le caractère réel de la dictature communiste” et “[dans] le labyrinthe complexe et obscur qui s’ouvre aux masses en révolte, Kronstadt est un phare lumineux qui illumine la bonne route.“ [La Révolution inconnue, p. 537-8] (...)

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    ▶️ https://www.socialisme-libertaire.fr/2021/02/qu-est-ce-que-la-rebellion-de-kronstadt.html