• Klima-Volksentscheid in Berlin: Was kommt da auf unsere Stadt zu?
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/klima-volksentscheid-in-berlin-was-kommt-da-auf-unsere-stadt-zu-li.

    21.3.2023 von Peter Neumann - Beim ersten deutschen Plebiszit zum Klima können Bürger den neuen Senat unter Druck setzen. Die Auswirkungen wären .vielerorts zu spüren – auch am Flughafen BER.

    Darf ich mit meinem Verbrenner-Auto auch nach 2030 noch durch Berlin fahren und mein Haus mit Öl heizen? Werden am BER weiterhin Flugzeuge starten, die mit herkömmlichem Kerosin angetrieben werden? Das sind Fragen, die wahrscheinlich mit Nein zu beantworten sind, wenn die Ziele der nächsten Volksabstimmung Wirklichkeit werden. Am 26. März können die Berlinerinnen und Berliner über ein Gesetz entscheiden, nach dem ihre Stadt bereits 2030 klimaneutral werden soll. „Wir sind zuversichtlich, dass wir bei dem Volksentscheid die nötige Zustimmung bekommen“, sagte Michaela Zimmermann vom Bündnis Klimaneustart Berlin am Dienstag. Die Initiatoren warben für ihr Projekt, das den künftigen Senat unter Druck setzen könnte.

    „Die heiße Phase hat begonnen“, sagte Rabea Koss, die Sprecherin des Bündnisses. „Der Politik Ziele setzen“, „Berlin will Klima“ – vielerorts in der Stadt weisen Plakate auf das erste deutsche Klima-Plebiszit hin. Der Volksentscheid „Berlin 2030 klimaneutral“ findet in einer Zeit statt, in der sich die Diskussion über Klima, Energie und Mobilität spürbar aufgeheizt
    hat. Auch in Berlin ist die Erderhitzung nicht für jeden ein Thema.

    Wenn sich Menschen auf Fahrbahnen kleben, um für ein Umsteuern zu demonstrieren, werden immer wieder Kraftfahrer gewalttätig. Als im Januar ein gerade mal 500 Meter langer Abschnitt der Friedrichstraße für Autos gesperrt und auf ganzer Breite für Fußgänger geöffnet wurde, war der Aufschrei groß. Bei der Wiederholungswahl am 12. Februar bekam die CDU, die sich als Schutzherrin der Berliner Autofahrer profiliert hatte, mehr als 28 Prozent der Stimmen. Sie ist nun die stärkste Partei in dieser Stadt.

    Demonstration am 25. März mit Luisa Neubauer vorm Brandenburger Tor

    „Die CDU hat gewonnen, richtig“, sagte Koss am Dienstag. „Aber das war vor allem eine Protestreaktion. Die Vermutung, dass das Ergebnis mit Autos zu tun hat, sei dahingestellt.“ Ragnhild Sørensen von Changing Cities warnte davor, „Fake News und Märchen“ auf den Leim zu gehen. Nur ein Drittel der Berliner sei per Auto unterwegs, zwei Drittel bewegten sich klimafreundlich. „Berlin ist schon jetzt fortschrittlich.“

    „Die Menschen sind bereit für den Klimaschutz“, bilanzierte Rabea Koss. Sie wollen, dass Berlin zukunftsfähig wird und lebenswert bleibt, hieß es. Beim Volksbegehren im vergangenen Herbst kamen in kurzer Zeit mehr als die geforderten rund 170.000 gültigen Stimmen zusammen. „Beim Volksentscheid am 26. März brauchen wir rund 613.000 Ja-Stimmen“, so die Sprecherin. Auch das sei machbar.

    Jetzt komme es darauf an, die Menschen zu mobilisieren, tatsächlich abzustimmen – gern auch per Brief. Das Bündnis, das nach eigenen Angaben von Spenden und Stiftungen finanziert wird, lädt für den 25. März zu einer Versammlung am Brandenburger Tor ein. Gäste sind die Wissenschaftlerin Maja Göpel und Luisa Neubauer von Fridays for Future, sie gehört zu den 50 Mitgliedern des Bündnisses. Auch Parteien wie die Klimaliste, Volt und die Tierschutzpartei sowie Unternehmen unterstützen das Plebiszit.
    Schon in zwei Jahren soll der Ausstoß von Kohlendioxid deutlich sinken

    Worum geht in der geplanten Gesetzesnovellierung? Sie soll den Senat dazu verpflichten, dass Berlin bereits in sieben Jahren, im Jahr 2030, klimaneutral wird. 15 Jahre früher, als das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz derzeit vorsieht, sollen in dieser Stadt so gut wie keine klimaschädlichen Gase mehr ausgestoßen werden.

    Originalton: „Im Land Berlin ist die Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen bis zum Jahr 2025 um mindestens 70 Prozent und bis zum Jahr 2030 um mindestens 95 Prozent im Vergleich zu der Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen des Jahres 1990 zu verringern. Dies gilt für alle sonstigen Treibhausgasemissionen entsprechend.“

    Damit Berlin das ehrgeizige Ziel auch wirklich erreicht, sollen weitere Bestimmungen verschärft werden. So ist anstelle von Klimaschutzzielen, die erreicht werden sollen, von Klimaschutzverpflichtungen, die zu erfüllen sind, die Rede. Damit das novellierte Gesetz nicht zahnlos bleibt, soll es „juristische Wege“ geben, damit es auch tatsächlich befolgt wird, erklärte Michaela Zimmermann. So sollen neue Landesgesetze nur noch dann in Kraft treten, wenn eine Prüfung ergibt, dass sie den Anforderungen gerecht werden.

    „Das Problem ist der Privatbesitz am Auto“

    Die Initiatoren wissen, dass immer die gleiche Frage kommt: Klimaneutralität – was heißt das konkret für mich? Die Antwort bleibt bewusst unkonkret. „Das Gesetz gibt die Richtung und die Zielzahlen vor“, sagte Rabea Koss. Maßnahmen, die daraus folgen, werden nicht genannt. Sie sollen „in engem Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern“ umgesetzt werden. Ein „Klimabürger:innenrat“ könnte ein geeignetes Gremium sein.

    Immerhin wurden am Dienstag einige Handlungsfelder skizziert. So wies Ragnhild Sørensen darauf hin, dass nach Erkenntnissen des Umweltbundesamts die Motorisierungsrate in Berlin mehr als halbiert werden müsste – von knapp 340 auf rund 150 Pkw pro tausend Einwohner. „Es geht nicht darum, den Menschen die Autos wegzunehmen. Das Problem ist der Privatbesitz am Auto.“ Er führe dazu, dass Fahrzeuge im Schnitt 96 Prozent der Zeit ungenutzt herumstehen. Der Verkehr müsse effizienter, der öffentliche Verkehr massiv ausgebaut werden. Die Zahl der Kiezblocks, die Durchgangsverkehr aus Wohnvierteln heraushalten, müsse auf 180 steigen.

    Der Luftverkehr auf dem Flughafen Berlin Brandenburg, kurz BER, geht in die Berechnungen ein. Sind dort noch Starts von Flugzeugen mit herkömmlicher Technik möglich? Es gehe nicht um Verbote, sondern um die klimafreundliche Umgestaltung des Flugverkehrs, entgegnete Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group. Auf Kurzstrecken ließe sich der Luftverkehr auf elektrische Antriebe umstellen. In Afrika und Asien könnten Ölpflanzen angebaut werden, aus denen sich Biokerosin gewinnen ließe.

    Arnold Drewer vom Institut für preisoptimierte energetische Gebäudemodernisierung forderte mehr Anstrengungen, Häuser zu dämmen. Mit Investitionen von 3,8 Milliarden Euro ließen sich in Berlin jährlich 2,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen, rechnete er vor. Ingo Stuckmann vom Zero Emission Thinktank verwies auf die USA, in denen mit Subventionen und Steuererleichterungen der Klimaschutz vorangetrieben wird. Ein klimaneutrales Berlin könne weltweit als Vorbild und Leuchtturmprojekt dienen.

    In Brandenburg sollen neue Solar- und Windfarmen für Berlin entstehen

    Es sei „zu hundert Prozent machbar“, Berlin in wenigen Jahren vollständig auf die erneuerbaren Energien Sonne und Wind umzustellen, sagte Hans-Josef Fell. Damit der Strombedarf kostengünstig aus regionaler Herstellung gedeckt werden kann, müsse Berlin mit Brandenburg kooperieren. Im Nachbar-Bundesland gebe es den Platz, der für die zusätzlichen Solar- und Windkraftanlagen benötigt wird. In zehn Jahren wären 112 Milliarden Euro zu investieren. „Es ist machbar, wenn der politische Wille artikuliert wird – und die Bürger beim Volksentscheid ebenfalls diesen Willen artikulieren“, so Fell.

    „Die Technik ist da, die Lösungen sind da, das Geld ist da“, sagte Lu Yen Roloff von Ansvar 2030, einer Organisation, die den Klimaschutz vorantreiben will. „Wir haben ein Umsetzungsproblem.“ Doch wo sind die Politiker und Verwaltungsleute in Berlin, die dieses Problem anpacken und die verschärften Klimaschutzverpflichtungen durchsetzen würden? Auch wenn Bettina Jarasch, Grünen-Politikerin und Klimaschutzsenatorin, beim Volksentscheid mit Ja stimmen will: Bei den im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien sehen die Organisatoren des Plebiszits keine Unterstützer. Dass CDU und Grüne über eine mögliche Koalition sprechen, wollte Klimaneustart Berlin nicht kommentieren.

    Unternehmensverbände halten das angestrebte Ziel für unerreichbar

    Ragnhild Sørensen hat bereits erfahren, wie es ist, einen Erfolg zu erringen – doch bei der Umsetzung hapert es. Sie war Mitglied der Initiative Volksentscheid Fahrrad, die bereits für den Antrag auf ein Volksbegehren mehr als fünfmal so viele Stimmen sammelte als nötig waren. 2018 wurden die ersten Teile des Mobilitätsgesetzes verabschiedet, das deutliche Verbesserungen der Radinfrastruktur vorsieht. Doch trotz verstärkter Bemühungen in der Verwaltung hat bisher nur ein kleiner Teil des Berliner Hauptverkehrsstraßennetzes geschützte Radfahrstreifen bekommen.

    Was also bringt der Volksentscheid? Die Sprecherin von Changing Cities antwortete: „Wir haben keine andere Möglichkeit, als Veränderungen zunächst auf dem Papier herbeizuführen und dann an einer Diskursverschiebung zu arbeiten“ – damit der Klimaschutz immer stärker die Diskussion bestimmt. Sørensen rief dazu auf, den Diskussionsstil zu ändern. „Warum setzen wir uns nicht an einen Tisch, um darüber zu sprechen, was möglich ist – anstatt immer nur zu sagen: Es geht nicht?“

    Die im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien sind skeptisch, ob sich das Ziel Klimaneutralität 2030 erreichen lässt. Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB), schloss sich der Einschätzung an. „Den Berlinerinnen und Berlinern vorzugaukeln, die Hauptstadt könne bis 2030 klimaneutral werden, ist unredlich. Das Ziel ist schlicht nicht erreichbar“, so Amsinck in einer Mitteilung. „Wer mit einem Volksentscheid bei den Wählerinnen und Wählern andere Erwartungen schürt, riskiert einen weiteren Vertrauensverlust in unser demokratisches System.“

    Berlins Primärenergie stamme heute zu über 90 Prozent aus fossilen Quellen. Eine Umstellung auf grüne Energie in sieben Jahren sei unmöglich, so der UVB-Chef. „Allein die energetische Sanierung aller Berliner Immobilien würde 100 Milliarden Euro kosten. Hinzu kämen die klimaneutrale Umrüstung von Wärmeversorgung und Stromerzeugung, die Dekarbonisierung der Industrie und die vollständige Umstellung des Verkehrs auf Elektromobilität. Grob geschätzt geht es um Investitionen von mehreren Hundert Milliarden Euro, von den fehlenden Fachkräften ganz zu schweigen. Keine vergleichbare Großstadt in Europa hält die Klimaneutralität bis 2030 für machbar.“

    #Berlin #Verkehr #Politik #Umwelt

  • Gegen Autotür geprallt: Radfahrer stirbt nach Dooring-Unfall
    https://www.berliner-zeitung.de/news/dooring-unfall-in-berlin-radfahrer-prallt-gegen-autotuer-schwer-ver

    Das ist der worst case : Du machst alles richtig und hältst nicht auf sondern links vom Fahrradstreifen, aber dein Fahrgast killt den Radler mit der Tür hinten rechts. Du kannst den Fahrgast ja schlecht am Aussteigen hindern und der hat es viel zu eilig, um zu warten, bis du ihm sagst, dass die Bahn frei ist. Der nach dem Zusammenstoß mit der Fahrgasttür verendete Pedalritter war zwar viel zu schnell unterwegs und trug keinen Sturzhelm, aber seis drum, du bist jetzt dran. Mist.

    21.02.2023 von Christian Gehrke - In Berlin-Charlottenburg öffnete ein Fahrgast die Tür eines Taxis. Ein Radfahrer konnte nicht mehr ausweichen. Er erlag nun zwei Tage später seinen Verletzungen.

    In Berlin-Charlottenburg kam es am Montagnachmittag zu einem schweren Verkehrsunfall mit einem Taxi.imago

    Der Radfahrer, der am Montag gegen eine Autotür eines Taxis geprallt war, ist am Mittwoch im Krankenhaus an seinen schweren Kopfverletzungen gestorben. Das berichtet die Polizei Berlin.

    Nach Angaben der Ermittler hielt der Taxifahrer, der Richtung Schlüterstraße unterwegs war, am Montag gegen 14.25 Uhr in der Kantstraße, Ecke Wielandstraße am rechten Fahrbahnrand an. Ein Fahrgast wollte aussteigen. Dann kam es zum Unglück.

    Ein 50-jähriger Radfahrer, der in der gleichen Richtung den Radweg befuhr, prallte gegen die hintere rechte Tür, die der Fahrgast öffnete. Der 50-Jährige stürzte und verletzte sich am Kopf. Alarmierte Rettungskräfte brachten den Radfahrer in ein Krankenhaus, wo er sofort operiert wurde. Die Ermittlungen zu dem Unfallhergang dauern weiter an.

    #Berlin #Verkehr #Taxi #Fahrradfahrer #Unfall

  • Abgesackter U-Bahn-Tunnel in Berlin: Für die U2 ist eine Helmpflicht geplant
    https://www.freitag.de/autoren/susanne-berkenheger/verkehrswende-push-und-pull-und-pendlerglueck

    Alles nicht so ernst gemeint? Es steht zu befüchten, daß die Realität bald die Parodie an Absurdität überbietet.

    13.2.2023 von Susanne Berkenheger - Meinung Der Chef der Jelbi-App will das Pendlerdasein revolutionieren: Den Fahrgästen der Berliner Verkehrsbetriebe ein bisschen Angst zu machen, ist dabei noch nicht einmal seine beste Idee

    Lesen Sie schon heute die Zeitung von morgen – zum Beispiel dieses Interview mit Jelbi-Chef Jakob Michael Heider, das ich noch gar nicht geführt habe, vermutlich auch nie führen werde, da es jetzt ja bereits veröffentlicht ist:

    Herr Heider, neulich las ich auf Twitter: „Ich check dieses Jelbi nicht xD Was ist das?“ Checken Sie Jelbi?

    Heider: Ja klar! Über die Jelbi-App der BVG kann ich nicht nur einen Fahrschein kaufen, sondern mittlerweile 60.000 Fahrzeuge buchen: Fahrräder, E-Scooter, E-Roller, E-Bikes, Autos, bald auch Flugzeuge, U-Boote, Heißluftbal...

    Nutzt das denn jemand?

    Heider: Manche schon! Andere kämpfen noch mit erlernter Hilfslosigkeit. Klar, wenn ich mich jahrelang von der BVG rumkutschieren lasse, verlerne ich irgendwann, selbst Verantwortung für mein Fortkommen zu übernehmen. Klappt dann etwas nicht, lungere ich meckernd und zeternd an der Station, anstatt aktiv zu werden. Diese Anspruchshaltung macht uns in Berlin viele Probleme.

    Der US-Nachrichtenagentur Bloomberg sagten Sie Anfang des Jahres, hier brauche es eine klare „Nudging“-Strategie. Mit einem „ganzheitlichen Ansatz aus Pull- und Push-Maßnahmen“ wollen Sie die Berliner anstupsen. Was kommt da auf uns zu?

    Heider: Derzeit arbeiten wir vor allem an den Push-Maßnahmen. Dazu zählen: Liniensperrungen, Pendelverkehre, Signalstörungen, Störungen im Betriebsablauf, polizeiliche Ermittlungen, Personen im Gleis und so weiter. All das aktiviert Fahrgäste, ihre Komfortzone zu verlassen und zu überlegen: Wie komme ich jetzt weiter? Bei einer Testaktion letztes Jahr in Weißensee haben wir den Schienenersatzverkehr zum großen Teil auf E-Scooter umgestellt. Die Erfahrungen waren so gut, dass wir auf Ersatzbusse bald komplett verzichten. Für Unsichere ist ein begleitetes Scootern in der Gruppe angedacht. Außerdem motivieren wir Fahrgäste, indem wir Umfahrungsmöglichkeiten mit U-Bahnen vorschlagen, die gar nicht in der Nähe fahren. Zum Beispiel: Senefelder Platz, man hört die Durchsage: Bitte nutzen Sie die U6 zur Umfahrung. Aber: Wo fährt die denn? Das sind so Lernsituationen, in denen Fahrgäste herausgefordert werden. Und die Klügsten kommen dann drauf: Klar, Jelbi! Ich traue mich einfach mal und nehme einen Jelbi-Roller, um zur U6 zu gelangen. Für die U2 ist eine Helmpflicht geplant. Fahrgästen soll klar werden: Okay, trotz des abgesackten Tunnels läuft der Pendelverkehr, aber so richtig sicher ist es vielleicht doch nicht. Lass uns lieber ein Jelbi-Leihauto nehmen!

    Was ist Ihr langfristiges Ziel? Soll keiner mehr mit den Öffis fahren?

    Heider: Im Gegenteil. Der gesamte ÖPNV gehört in die Hände der Fahrgäste. Angenommen, Sie wollen in der nahen Zukunft von der Schönhauser Allee zum Bundesplatz fahren, dann leihen Sie sich eine S42 zum Selbststeuern. Wir tüfteln gerade noch aus, wie wir Zubuchungen regeln und ob Selbstfahrende den Fahrpreis für Mitfahrende festlegen dürfen. Das könnte lukrativ werden: Sagen wir, Sie zahlen zwölf Euro Leihgebühr für die S42, nehmen noch einige hundert Zugebuchte mit, und am Bundesplatz lassen Sie die Bahn einfach stehen. Das ist doch ein super Angebot! Wenn alles glattläuft, wartet hier schon jemand mit einer Anschlussbuchung. Falls nicht, kommt es eben zu einer kleinen Störung im Betriebsablauf. Alles wie gehabt. Unser Fehler ist das dann aber nicht mehr. Natürlich werden für das Fahren unserer Flotte die entsprechenden Fahrerlaubnisse benötigt. Deshalb rate ich allen ÖPNV-Nutzern: Bringen Sie Ihre Führerscheine auf den neuesten Stand: Lernen Sie bei uns das Bus-, Tram-, S- und U-Bahn-Fahren. Damit Sie auch in Zukunft gut durchkommen.

    #Berlin #Verkehr #Disruption #Parodie #U-Bahn #S-Bahn #BVG

  • Kunst in Autos in Berlin: Die Stunde der Art Cars
    https://taz.de/Kunst-in-Autos-in-Berlin/!5910880

    Das Projekt

    CARPARK. Verschiedene Orte in Kreuzberg und Mitte, bis 19. 2., Außeninstallationen 24 Std. einsehbar, Sound je 9–21 Uhr; Audioinstallation von Kinga Kielczynska, ab 15. 2., Bauhütte Kreuzberg; Infos und Film von Peng Zuqiang: www.carpark.berlin; 19. 2.: Finissage mit Performance und Screenings, ab 18 Uhr vor und in Halle 3, Dorfplatz Dragonerareal, Obentrautstr. 19–21

    11.2.2023 von Noemi Molitor - Das Projekt „Carpark“ lässt Pkws zum Kunstort werden. Installationen im öffentlichen Raum und ein Filmprogramm drehen sich um die fahrenden Gefährten.
    Filmszene: Ein Auto steht in einem Wald. Neben der Fahrer- und der Beifahrertür stehen rechts und links jeweils ein Mann in Sommerkleidung. Die Person links im Bild hat sich vom Auto abgewendet. Der Mann rechts im Bild hat die Hand auf den Autospiegel gelehnt und schaut wie in Gedanken ins Leere.

    Im Auto, ums Auto und ums Auto herum. Sill aus Peng Zuqiangs Kurzfilm „Keep in Touch“ (2021) Foto: Peng Zuqiang

    Eingeschneit verstärkt sich der naturgewaltige Effekt von Nike Kühns Autoinstallation noch: Die Scheiben sind von Schnee bedeckt, jedoch einen Spalt breit offen gelassen, sicher damit der Japanische Staudenknöterich, der im Innern des Fahrzeugs gedeit, wenigstens etwas Sauerstoffzufuhr abseits der Photosynthese hat, an der er in Berlin oft bewusst gehindert wird.

    In der Stadt schmiegt sich so ein zum Pflanzenkübel umfunktioniertes Auto weniger vertraut ins Bild als auf dem Land, wo schon mal der ein oder andere alte Käfer pflanzenbewachsen auf einem Grundstück steht, so als Memento an die Fahrten zu Rockkonzerten in den 70ern oder dem einen Date, das alles veränderte.

    Beim Kunstprojekt CARPARK – unter Beteiligung von Dennis Dizon, Anna Ehrenstein & Rebecca Korang, EVBG (Marie Sophie Beckmann & Julie Gaspard), Luki von der Gracht, Tara Habibzadeh, Kinga Kielczynska, Nike Kühn und Göksu Kunak – sind dafür gleich mehrere der Autos bewachsen, die sich als Installationsräume auf diverse Parkplätze in Mitte und Kreuzberg verteilen.

    Auf dem Dragonaareal (Seite Mehringdamm) ist das Kühns Installation „Alien Species“ mit dem Staudenknöterich. Dass hier mal Menschen zu Werk waren, lässt sich nur noch am grellgrünen Duftbäumchen erkennen, das hier mit der Aufschrift „Wunderbaum – Grüner Apfel“ vom Spiegel baumelt. In der Fahrerkabine schaut gerade noch so der Schaltknauf aus der Erde, der Rest gehört bereits der Pflanze. Neophyten wie sie sind oft mit bedrohlichen Adjektiven wie „invasiv“ belegt, gleichzeitig zeigen sie in der Klimakatastrophe besondere Widerstandskräfte. Mitschuld an dieser Klimakrise tragen ja auch nicht die Autos per se, sondern die Treibstoffe, die traditionell für sie verwendet werden.

    Auf der anderen Seite des Dragonerareals gibt es zur Finissage des von Savannah Thümler kuratierten und unter der künstlerischen Leitung von Marenka Krasomil organisierten Projekts eine Performance von Göksu Kunak und ein Filmscreening des kuratorischen Kollektivs EVBG voller Autofilme. Dort wird als Gegengewicht zu Kühns kürzlich noch eingeschneitem Pkw auch Dennis Dizons dampfende Autoinstallation „hotboxx“ (2023) zu sehen sein, die nach Harz riecht (Eingang über Auto Klas).
    Brandneue Kraftstoffe

    Die Installation ist Teil von Dizons künstlerischem Forschungsprojekt „too cool to burn“ über die Harzgewinnung aus Kiefern im Mittelmeerraum. Dieser Harz steht ganz oben auf der Liste der Ersatzstoffe für Erdöl und wird bereits bei bestimmten Tinten und Farben, sowie, je nach Gewinnungsart, sogar als Biokraftstoff gehandelt. Allerdings ist er extrem entflammbar, was bei der steigenden Anzahl an Waldbränden nichts Gutes heißt.

    Autos sind aber nicht nur Umweltfresser und Platzräuber, sondern auch Freiheitsschenker und Rückzugsorte. Zweite Zuhause können nicht nur Lkws, sondern auch Pkws sein. Die imaginäre Fah­re­r*in von Tara Habibzadehs Wagen muss wohl am liebsten „Freed From Desire“ auf ih­ren*s­einen Fahrten gehört haben, dazu für die Pausen Bücher der Genderforscherin Afsaneh Najmabadi. In GALAs Song mischt sich schließlich die Stimme eines jungen Mannes, der Arbeiter in der Ölraffinerie in Abadan beim Streik filmte.

    Ab Mittwoch, den 15. 2., kommt noch für einige Tage Kinga Kielczynskas Installation „XVII“ zur dezentralen Ausstellung dazu. Die Künstlerin wird ihr Vehikel auf dem Gelände der Bauhütte Kreuzberg parken. Sie arbeitete bereits filmisch zum Bialowicza-Urwald in Polen und kennt sich mit bewachsenen Autos aus, die sie zum Beispiel auf der Manifesta 12 in Palermo zeigte oder aber in nicht weiter identifizierten Wäldern ausstellt und fotografisch dokumentiert: Die Welt ohne Mensch, frei nach Alan Weisman.

    Kassettendeck, Platz für etwas Kleingeld und die Hand vom Beifahrersitz aus dem Fenster gestreckt, um mit ihr auf der Luft zu surfen. So könnte auch die Fahrt der zwei Männer in Peng Zuqiangs Super-8-Film „keep in touch“ verlaufen sein bevor sie hier im Wald geparkt haben, um sich – das Auto zwischen ihnen – unentschlossen, aber voneinader angezogen, gegenüber zu stehen. Der experimentelle Kurzfilm, der für die gesamte Projektlaufzeit auf der Webseite zu sehen, ist ein queeres Zeugnis der Zärtlichkeit.

    #Berlin #Kunst #Verkehr

  • Behördenchaos: Was man erlebt, wenn man das neue „Berlin Ticket S“ benötigt
    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/soziales-armut-buergergeld-bvg-ersatzverfahren-fuer-ermaessigte-ein

    9.2.2023 von Michael Hellebrand - Der Berlin-Pass wurde abgeschafft. Unser Autor, selbst armutsbetroffen, kritisiert: Das Ersatzverfahren für ermäßigte Eintritte und Fahrkarten ist unzureichend.

    Ich schreibe diesen Text als armutsbetroffener Mann, stellvertretend für alle finanziell schwachen Menschen in Berlin. Einige von uns sind im Stadtbild deutlich sichtbar und können nicht mehr ignoriert werden. Dies sind die allerärmsten Menschen. Ohne Wohnung hausen sie im Freien und die Geflüchteten in Sammelunterkünften, manchmal auf 3 Quadratmetern pro Person. Die meisten von uns Armen sind jedoch unsichtbar. Es sind Arbeitslose, Minijobber, Aufstocker, Rentner oder BU-Rentner oder einfach nur arme oder kranke Menschen. Aber dieser Personenkreis hat meistens zumindest (noch) eine Wohnung und zusätzlich die Grundsicherung von circa 503 Euro pro Monat zum „Leben“.

    Mit diesen Zeilen möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass auch in Berlin hinter jedem der circa 500.000 Bezieher von Bürgergeld mindestens ein Mensch steht. Ein Mensch mit Gefühlen und einer Restwürde. Eben diese Menschenwürde wird immer öfter in Abrede gestellt, offensichtlich weil wir angeblich nichts mehr leisten und als Konsumenten für den Überwachungskapitalismus uninteressant und nicht mehr zu gebrauchen sind. Unnütz, ausgesondert, lästig.

    Einschlägige Medien hetzen sogar pauschal gegen uns. Dort werden wir als Schmarotzer, Faulpelze, Tunichtgute oder Wirtschaftsflüchtlinge diffamiert. Natürlich möchte kaum jemand mit solchen Menschen zu tun haben oder gar selbst dazugehören. Die Angst, als arm stigmatisiert zu werden, scheint riesig zu sein. Wenn es doch so ist, wird es geleugnet, denn unnütz beziehungsweise auf staatliche Unterstützung angewiesen zu sein, gilt als der vielleicht größte Makel. Das brauche ich wohl niemandem erklären.

    Scheinbar instinktiv verhalten sich die meisten Menschen folgerichtig. Sie schämen sich, werden depressiv, bleiben zu Hause und isolieren sich. Dort sitzen sie viel zu oft und viel zu lange einen Winter lang alleine, oft mit unterdessen gedrosselter Heizung und ohne Licht vor dem Fernseher. Etwas anderes können sie sich ohnehin nicht leisten. Und ihr Winter ist lang. Oft für den Rest ihres Rentnerlebens.

    Um hin und wieder doch der Einsamkeit entfliehen zu können, gab es bis Ende 2022 den sogenannten Berlinpass. Damit konnte man sich bisher bei Veranstaltungen, im Theater oder im Schwimmbad ausweisen, um seinen Anspruch auf eine Ermäßigung geltend zu machen. Dieser Ausweis wurde nach der Vorlage eines entsprechenden Leistungsbescheides von den Bürgerämtern einfach und unbürokratisch ausgestellt. Während der Pandemie jedoch ausnahmslos schriftlich – ohne Publikumsverkehr. Bei der Umstellung auf das Bürgergeld wurde von der Verwaltungsbehörde diese temporäre Vorgehensweise offensichtlich als Vorlage genommen, um diesen lästigen Verwaltungsakt endgültig ganz loszuwerden.

    Mit Hand geklebte QR-Codes statt Berlinpass

    Die Umstellung auf das Bürgergeld steckt bis jetzt in einer „Übergangsphase“ fest, die alle Berechtigten ohne weitere Informationen lässt. Offensichtlich gab es einen viel zu kurzen Vorlauf, um den betroffenen Personenkreis zu informieren und die notwendigen Änderungen in der Verwaltung durchzuführen. Die Infos in den Medien müssen reichen. Auch die dort angekündigten, neuen „Berechtigungsnachweise“ der Bürgerämter sind bis heute nicht bei allen Berechtigten angekommen. Und wenn doch, dann funktionieren diese auf der entsprechenden Homepage der BVG oft nicht.

    Soll heißen: Viele Grundsicherungsberechtigte warten auf ein Schreiben, auf welchem von den Mitarbeitern des Amtes zuvor „händisch“, also per Hand, ein QR-Code aufgeklebt worden ist. Dieser individuelle Code soll zusammen mit den Daten des Personalausweises, des Leistungsbescheides der Leistungsbehörde und einem Foto auf der entsprechenden Internetseite der BVG eingescannt und hochgeladen werden. Wer dazu nicht in der Lage ist, ist schon mal raus, denn es ist derzeit der einzige Weg, um an eine VBB-Kundenkarte zu kommen. Ab dem 01.04.2023 soll es dann auch einen schriftlichen Papierweg geben, wenn es kein Aprilscherz ist. Stellt man den Antrag dann ab dem 1. April schriftlich, ist man bis zur Bearbeitung der BVG ganz ohne gültigen „Berechtigungsnachweis“.

    Die Bearbeitung der Online-Anträge seitens der BVG nimmt dann wiederum Zeit in Anspruch. Man wartet also und in dieser Zeit fragt man sich, was gerade die BVG zu so einer – vom Datenschutz wohl kaum gedeckten – Stellvertreter-Aufgabe berechtigt, warum sie dafür ausgewählt worden ist und warum sie diese so bereitwillig übernimmt. Als hätte die BVG nicht genug mit sich selbst zu tun.

    Die Berliner Bürgerämter sind bekanntermaßen durch den massiven Stellenabbau seit 2001 (arm, aber sexy) vollkommen überlastet. Haben sie vielleicht gegen diesen Verwaltungsakt rebelliert? Das könnte naheliegen. Nun müssen sie jedoch stattdessen eine Wahlwiederholung und die Handarbeit des QR-Codes stemmen. Und das dauert eben. Aus dem einfachen Ausstellen des bisherigen Nachweises ist ein datenschutzrechtlich bedenkliches, behördliches und vor allem vollkommen überflüssiges Wirrwarr mit einem großen Aufwand entstanden.

    Das Resultat: Wirrwarr mit großem Aufwand

    Aber dies ist nur ein weiteres sehr typisches Beispiel vom Durcheinander in der Berliner Verwaltung. Niemand möchte die Verantwortung tragen. Wer zerschlägt nur endlich den Gordischen Knoten in der Verwaltung, anstatt diese immer mehr zu verkomplizieren. Jetzt sollen sich die bedürftigen Bürger bei der BVG legitimieren und sensible Daten preisgeben? Ja, sitzen denn im Senat von Berlin und den Behörden keine Fachleute, die dieses datenrechtlich unhaltbare Dilemma im Vorfeld hätten erkennen sollen; ja hätten erkennen und stoppen müssen? Aber Bürokratie schafft sich selbst niemals ab, das ist Gesetz. Und so wächst das Krebsgeschwür Bürokratie weiter und immer weiter.

    Ein Telefonat mit den zuständigen Datenschützern in Moabit brachte mir die Erkenntnis, dass dort viele gut bezahlte Mitarbeiter sitzen und ohnmächtig auf die Antworten der verschiedenen beteiligten Behörden warten. Und dies teilweise bereits schon seit über einem halben Jahr. Der betreffende Mitarbeiter bestätigte meinen Eindruck von der Unrechtmäßigkeit der derzeitigen Einbindung der BVG in diesen Akt. „Immerhin haben wir erreicht, dass man alle Daten bis auf den Namen auf dem Personalausweis schwärzen darf“, teilte mir dieser Herr mit. Er erschien mir ziemlich hilflos und – zumindest in dieser Angelegenheit – sehr machtlos zu sein.

    Könnte es sein, dass dies genau das Grundproblem unserer Verwaltung darstellt? Zu viele Beteiligte und Unbeteiligte mit zu vielen unklaren Vorgaben und/oder zu wenigen Kompetenzen warten und warten. Warten in gut geheizten Büros. Auch ein Leben lang. Aber immerhin in einem festen, gut bezahlten, unbefristeten und unkündbaren Arbeitsverhältnis. In der heutigen Zeit der Jackpot.

    Ich mutmaße und wünsche mir als Betroffener, dass die Wiederkehr des alten Berlinpasses bevorsteht. Dies wäre wohl die einfachste Lösung. Aber wir sind in Berlin. Einfach? Doch nicht mit uns – den Unsichtbaren.

    Dieser Beitrag unterliegt der Creative Commons Lizenz (CC BY-NC-ND 4.0).

    #Berlin #Armut #Verkehr

  • In der Pampa ausgesetzt
    https://seenthis.net/messages/984861

    Am Abend vor Weihnachten wurde eine Studentin, der eine große Plattform eine Mitfahrgelegenheit für 90 Euro nach Thénac im Departement Charente Maritime vermittelt hatte, von der Fahrerin bei Thénac in der Dordogne mitten in der Ödnis und über 150 Kilometer von ihrem Reiseziel entfernt ausgesetzt. Ein Taxi brachte sie weiter in das falsche Thénac, von wo sie, um weitere 240 Euro ärmer, nach einer Nacht im Hotel mit der Bahn zum Ziel ihrer Reise gelangte.

    So kanns gehen, wenn man sich von Amateuren fahren läßt. Ein kleines Mißverständnis, und schon sitzt der Fahrgast in der Sch...
    Wo liegt eigentlich #Bergen? In #Noirwegen, #Belgien oder #Lüchow-Dannenberg?

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bergen

    #Frankreich
    #Ortskunde #Verkehr #Personenbeförderung #Mitfahrzentrale #Plattformkapitalismus #Digitalisierung #WTF

  • Polizei nimmt zehn neue Blitzer in Betrieb – vor allem im Berliner Osten
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/mobilitaet-verkehr-raser-temposuender-polizei-nimmt-zehn-neue-blitz

    20.12.2022 von Peter Neumann - Raser aufgepasst: Die Zahl der Tempomessanlagen steigt deutlich. Auch bei den halbstationären Geräten gibt es kräftigen Zuwachs – trotz Vandalismus.

    Wer gern zu schnell mit dem Auto durch die Stadt fährt, muss an weiteren Stellen damit rechnen, geblitzt zu werden. Die Zahl der Geschwindigkeitsmessanlagen steigt in Berlin deutlich an, teilte die Polizei mit. So wird die Zahl der stationären Blitzer allein bis zum Ende des kommenden Jahres um rund ein Drittel zunehmen – vor allem im Osten Berlins. Auch bei den semistationären Geräten, die in Form von rollbaren Anhängern an Straßen aufgestellt werden, ist ein kräftiger Zuwachs in Sicht, sagte Frank Schattling von der Landespolizeidirektion. Die Polizei berichtet aber auch von Vandalismus – und davon, dass Tempomessungen in bestimmten Bereichen auf Schwierigkeiten stoßen.

    Abzocke, Wegelagerei, Willkür gegenüber Autofahrern: Frank Schattling, der bei der Berliner Polizei seit vielen Jahren für das Thema Verkehrssicherheit zuständig ist, kennt die Argumente. „Wir stellen Blitzer dort auf, wo es notwendig ist, einen Anlass gibt“, entgegnet er. Zum Beispiel dort, wo notorisch gerast wird oder wo es wegen erhöhter Geschwindigkeit mehr Zusammenstöße gibt als anderswo.

    So ist es zum Beispiel an der Kreuzung Kurfürstendamm/Cicerostraße in Wilmersdorf. Nachdem sich an diesem Knotenpunkt zum Teil schwere Unfälle ereignet haben, ließ die Polizei dort jüngst ein Tempomessgerät aufstellen. Auch an der Landsberger Allee in Lichtenberg wurde vor kurzem ein stationärer Blitzer postiert. Er steht an der Fahrbahn stadteinwärts unweit der Einmündung der Zechliner Straße. Die dritte neue Anlage dieses Jahres steht an der Schildhornstraße in Steglitz, Fahrtrichtung A100.
    Schwerpunkte in den Bezirken Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick

    „Die drei stationären Blitzer sind montiert, es sind aber noch einige Arbeiten erforderlich“, sagte Oliver Woitzik, der ebenfalls der Stabsabteilung Verkehr angehört. So, wie es derzeit aussieht, könnten die Tempomessgeräte zu Beginn des Jahres 2023 in Betrieb genommen und scharf geschaltet werden.

    Durch die Neuanschaffungen ist die Zahl der Anlagen, die sich im Bestand der Berliner Polizei befinden, von 33 auf 36 gestiegen. Zwei ältere Blitzer sind derzeit nicht in Betrieb: Einer ist kaputt, der andere befindet sich in einem Baustellenbereich, erklärte Schattling. Die Zahl der technisch bedingten Ausfälle, die in früheren Jahren in Berlin mit bis zu 50 Prozent ziemlich hoch war, ist deutlich gesunken. „Viele Standorte sind mit moderner Technik ausgestattet worden“, erklärte Oliver Woitzik. Einige Geräte mit älterem Innenleben waren zum Teil Jahre außer Betrieb, bis sie wieder instand gesetzt wurden.

    Bei den 36 Geräten im Bestand der Polizei wird es im kommenden Jahr nicht bleiben. „Unsere Planung für 2023 sieht vor, in Berlin sieben weitere stationäre Blitzer in Betrieb zu nehmen“, kündigte Woitzik an. Davon werden fünf Geräte in Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick entlang von Raserstrecken postiert. Zwei Blitzer sind für Standorte im Westen der Stadt vorgesehen. Der Beschaffungsprozess für alle sieben Anlagen läuft. Dadurch wächst die Zahl der stationären Blitzer bis Ende 2023 auf 43.
    Mit Aufklebern vom 1. FC Union unbrauchbar gemacht

    Warum konzentrieren sich die Zuwächse auf den Osten Berlins? Zwischen den beiden Stadthälften gebe es bei den stationären Blitzern immer noch ein Ungleichgewicht, das nach und nach ausgeglichen werden soll, erklärte die Polizei.

    Dass das bei manchen Kraftfahrern nicht auf Begeisterung stößt, zeigte sich in Köpenick am Standort An der Wuhlheide/Rudolf-Rühl-Allee. Der dort stationierte Blitzer musste 2020 wieder abgebaut werden, nachdem das Gerät mehrmals beschädigt worden war. Es wurde so oft zerstört oder mit Aufklebern vom 1. FC Union Berlin unbrauchbar gemacht, dass die Polizei entschied, die Anlage umzusetzen. Die Reparaturkosten hätten die Einnahmen durch Bußgelder in einem unverhältnismäßig hohen Maße überstiegen, hieß es. Der Blitzer wurde zur Landsberger Allee, Ecke Weißenseer Weg verlagert.

    Auch einer der semistationären Blitzer der Berliner Polizei fiel Vandalismus zum Opfer. Durch Brandstiftung entstand hoher Sachschaden, hieß es. Andere Anlagen wurden mit Aufklebern beklebt oder mit Farbe besprüht. Doch weil die Messtrailer mit Alarmanlagen versehen sind, ist die Polizei meist schnell vor Ort, hieß es.

    Zurzeit gehören sechs semistationäre Blitzer zum Bestand der Polizei. Die rollbaren gepanzerten Anhänger können je nach Bedarf dort stationiert werden, wo dies nötig ist. „Ihre Zahl wird in den Jahren ab 2024 um zehn steigen“, kündigte Frank Schattling an.
    Polizei: Überwachung von abbiegenden Lastwagen ist schwierig

    Bei den stationären Blitzern zeichnet sich ebenfalls weiterer Zuwachs ab. In der Koalitionsvereinbarung hat Rot-Grün-Rot festgelegt, dass deren Zahl bis zum Ende der Wahlperiode um 60 steigen soll. Die Gesamtzahl würde dann mehr als 90 betragen. „Das werden wir schaffen“, hieß es bei der Polizei, nachdem bei den Grünen Skepsis geäußert worden war. Notwendig sei aber auch, die Bußgeldstelle personell zu verstärken. Mehr Blitzer würden nichts nützen, wenn die erhöhte Zahl der Feststellungen nicht zügig abgearbeitet werden kann. Inzwischen sei damit begonnen worden, den Personalbestand aufzustocken, sagte Frank Schattling.

    Um Unfälle zum Beispiel mit Radfahrern zu vermeiden, dürfen Lkw an Knotenpunkten nur noch in Schritttempo abbiegen. Doch dies zu überwachen, sei schwierig, gab die Polizei zu bedenken. Die Überprüfung der Fahrtenschreiber wäre ein Ansatz, das wäre aber aufwendig. Mit Handlasergeräten ließe sich das Tempo messen, allerdings wären Toleranzwerte abzuziehen – bei geringem Tempo problematisch. Zudem seien nur in einem Prozent der Abbiegeunfälle Lastwagen verwickelt. „Wir werden Kreuzungen überwachen, dann aber stets den gesamten Knotenpunkt“, hieß es.
    Die Autobahn A100 und Kurfürstendamm sind weiterhin bei Rasern beliebt

    Auch weiterhin werde sich die Berliner Polizei um gefährliche Verhaltensweisen kümmern, die das Strafgesetzbuch unter dem Paragraf 315d als verbotene Kraftfahrzeugrennen sanktioniert, kündigte Schattling an. Während dieses Jahres wurden im Zeitraum von Januar bis Ende November etwas mehr als 460 Verfahren eingeleitet. Das sind rund elf Prozent mehr als im selben Zeitraum des vergangenen Jahres, als rund 520 Rennen festgestellt wurden. Im gesamten Jahr 2020 waren es 750.

    Flucht vor polizeilichen Maßnahmen nimmt mit etwas über 40 Prozent inzwischen den Großteil ein, berichtete Schattling. Gefolgt von Einzelrennen (Anteil rund ein Drittel) und Rennen mit mehreren Beteiligten, die knapp ein Fünftel aller Fälle in Berlin ausmachen. An den Schwerpunkten hat sich dagegen nichts geändert. Die A100, der Kurfürstendamm, die Landsberger und die Nonnendammallee sind weiterhin die beliebtesten Raserstrecken in der Stadt.

    Postbank-Hochhaus (Berlin)
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Postbank-Hochhaus_(Berlin)

    Blaue Augen
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Blaue_Augen
    https://www.youtube.com/watch?v=uaEiVAODN-A

    #Berlin #Verkehr #Überwachung

  • Autofahrer fährt in Berlin-Steglitz gegen Baum und stirbt
    https://www.faz.net/agenturmeldungen/dpa/autofahrer-faehrt-in-berlin-steglitz-gegen-baum-und-stirbt-18519035.html

    Bei einem Verkehrsunfall in Berlin-Steglitz ist am frühen Donnerstagmorgen ein Autofahrer gestorben. Der 31-jährige Mann fuhr mit seinem Auto auf dem Steglitzer Damm gegen einen Baum, wie eine Polizeisprecherin sagte. Durch den Aufprall wurde er aus dem Wagen geschleudert und starb an der Unfallstelle.

    Ohne diesen Toten gab es im laufenden Jahr in Berlin bisher 29 Menschen, die durch Verkehrsunfälle getötet wurden. Ob der Mann dazu gezählt wird, war zunächst noch unklar, weil die Ursache für den Unfall und Tod auch ein Herzinfarkt oder anderer Anfall sein könnte, hieß es.

    Unter den 29 Verkehrstoten waren 10 Radfahrer, 7 Fußgänger, 6 Motorrad- und Rollerfahrer, 4 Autofahrer und 2 Fahrer sonstiger Fahrzeuge. Im vergangenen Jahr gab es 40 Verkehrstote, davor 50.

    #Berlin #Verkehr #Steglitz-Zehlendorf #Südende #Steglitzer_Damm #Unfall

  • Her mit den Autos! Die kranke Debatte um die Berliner Friedrichstraße
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/her-mit-den-autos-die-kranke-debatte-um-die-berliner-friedrichstras

    27.10.2022 von Peter Neumann - Einzelhändler, die ihr eigenes Viertel schlechtreden. Politiker, die auf Zwangsbeglückung setzen. Richtige Maßnahmen am falschen Ort – das musste scheitern. 

    Als alles begann: Im August 2020 wurde der rund 500 Meter langer Abschnitt zwischen der Leipziger und der Französischen Straße autofrei. Doch die Flaniermeile geriet in die Kritik.Berliner Zeitung/Carsten Koall

    Wohnungsknappheit. Marode Schulen. Müll in Parks. Berlin hat viele Probleme. Doch die Stadt streitet sich lieber über eine unbedeutende Straße in Mitte. Für diejenigen, die dort ihr Geld verdienen, mag sie sicher wichtig sein. Für den Großteil der Berliner spielt die Friedrichstraße, abgesehen vom dort gelegenen Bahnhof, im Alltag keine Rolle.

    Wenn es allerdings um Mobilitätspolitik geht, ist der Abschnitt rund um die Galeries Lafayette, der seit August 2020 von Autos nicht mehr befahren werden darf, so etwas wie Ground Zero. Um ihn tobt eine Diskussion, bei der man erleben kann, wie laut Argumente detonieren, wenn privaten Kraftfahrzeugen auch nur ein paar Meterchen Straße genommen werden. Nachdem das Verwaltungsgericht die derzeitige Sperrung vor Kurzem für rechtswidrig erklärt hat, hat der Streit wieder an Aggressivität gewonnen.

    Eine positive Vision fehlt, es ist alles nur negativ

    Auf der einen Seite stehen manche Anlieger, Verbände, die Opposition. Es ist ihr gutes Recht, die Sperrung und die notgedrungen provisorische Gestaltung zu kritisieren. Auch, als Betroffene dagegen zu klagen. Aber manchmal verwundert es schon, mit wie viel Verve Anlieger, Verbände und die Opposition diesen Bereich seit Jahren zu einer Art Elendsgebiet stilisieren, in dem der Handel einen von den Grünen verursachten Tod stirbt und Radfahrer Fußgänger jagen. Wer die tristen Darstellungen liest, dürfte erst recht keine Lust mehr haben, dort vorbeizuschauen – und vielleicht sogar einzukaufen.

    Dabei bestand vor der Sperrung dazu kaum Anlass. Außer, man brauchte eine neue Rolex, einen neuen Montblanc. Schon vorher waren Leerstandsrate und Fluktuation hoch, schon vorher fühlten Berliner nicht das Bedürfnis, in der Friedrichstraße zu bummeln, geschweige denn abends auszugehen. Der Investorentraum von einem Ost-Kudamm, einer Luxusmeile mit hohen Mieten, aber ohne Aufenthaltsqualität ging nicht auf. Mit Sitzbänken, Vitrinen und 65 Bäumen in Kübeln hat der Bezirk versucht, die Tristesse zu kaschieren - und bekam diese Bemühungen dann auch noch um die Ohren gehauen.

    Zu Recht beschweren sich Anrainer darüber, dass der Autoverkehr in den Parallelstraßen zugenommen habe. Das hat auch die Klägerin, die nun Recht bekam, mit guten Gründen moniert. Allerdings bleiben die Kritiker eine Erklärung dafür schuldig, was genau für den Einzelhandel in der Friedrichstraße besser werden soll, wenn auch sie wieder auf ganzer Länge von Autos befahren werden darf und wenn Fußgänger auch dort wie früher auf die schmalen Gehwege verwiesen werden. Eine positive Vision fehlt, es ist alles nur negativ.

    ... und so war es vorher: die Friedrichstraße mit den Galeries Lafayette (hinten links) im Oktober 2018.

    Verfechter der Mobilitätswende erleben erneut, wie schwierig ihr Anliegen umzusetzen ist und wie sehr sie vom Straßenverkehrsrecht behindert werden. Politiker und Verwaltungsleute müssen erkennen, dass Zwangsbeglückung nicht funktioniert. Wenn die Anrainer die Flaniermeile partout nicht wollen, ist es eben so. Dann lasst wieder Autos lärmen und stauen! Mit der Bedingung, dass das auf absehbare Zeit so bleibt, damit die Staatskasse von Kosten für weitere Verschönerungsversuche verschont wird.

    Auch wenn Details zu kritisieren sind: Was in der Friedrichstraße geschehen ist, waren die richtigen Maßnahmen am falschen Ort. Das nächste Mal sollte der Senat eine berlinweite Ausschreibung starten. Wer will, dass sein Kiezzentrum schöner wird? Das Viertel, das die breiteste Unterstützung nachweist, bekommt zehn Millionen Euro.

    #Berlin #Mitte #Friedrichstraße #Verkehr #Stadtentwicklung

  • „Das ist schon gravierend“: So ernst sind die Schäden im U-Bahn-Tunnel unterm Alexanderplatz
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/das-ist-schon-gravierend-so-ernst-ist-der-tunnelschaden-unterm-alex

    18.10.2022 von Peter Neumann - Weil der Tunnel der U-Bahn-Linie U2 unter dem Alexanderplatz in Bewegung geraten ist, wurde ein Gleis gesperrt. Weiterhin können die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) nicht sagen, wie lange die Fahrgäste noch umsteigen und einen Pendelverkehr nutzen müssen. Doch nun zeichnet sich das Konzept ab, wie das unterirdische Bauwerk in der City Ost saniert werden könnte. Bekannt wurde auch, dass erste Schäden schon im August beobachtet wurden – und dass sie ein schwerwiegendes Ausmaß erreicht haben. „Das ist nicht zu unterschätzen“, sagte Ephraim Gothe (SPD), Baustadtrat von Mitte.

    Wie berichtet hat sich das Tunnelbauwerk der U2 im Bereich des U-Bahnhofs Alexanderplatz um fast vier Zentimeter gesetzt. Das bedeutet, dass sich die Betonkonstruktion gesenkt hat. Nach den Informationen, die Gothe vorliegen, bewegte sie sich bisher je nach Bereich um 3,1 bis 3,6 Zentimeter nach unten. „Das ist schon gravierend“, lautet die Einschätzung des Stadtrats, der Bauingenieur ist.
    Beton ohne Stahl auf der historischen „Centrumslinie“

    Für das Bauwerk bedeutet eine Setzung fast immer eine Belastung. In diesem Fall gilt das in besonderem Maße, denn der Beton ist unbewehrt. Das bedeutet, dass kein Stahl eingebaut wurde, der die Stabilität normalerweise erhöht. Der Abschnitt der damaligen „Centrumslinie“, der vom Spittelmarkt zum Alexanderplatz und zum Teil als Hochbahn weiter zum heutigen U-Bahnhof Schönhauser Allee führt, ist 1913 in Betrieb gegangen.

    Risse in den Tunnelwänden des Bahnhofs der U2 zeigen, wie stark das Bauwerk durch die Setzung belastet ist. Ende August seien sie erstmals gesichtet worden, berichtete der Stadtrat. Daraufhin habe die BVG mit der Covivio Kontakt aufgenommen, so Gothe. Das Immobilienunternehmen will nebenan ein Hochhaus mit Zwillingstürmen errichten, die über 33 ober- und drei unterirdische Geschosse verfügen. Dazu wurde neben dem Hotel Park Inn, in unmittelbarer Nachbarschaft des U-Bahnhofs, eine Baugrube ausgehoben, die mehrere Stockwerke tief in den Boden reicht. Weil sie im Wesentlichen fertig ist, gebe es dort inzwischen keine Arbeiten mehr, wie die Covivio bestätigte.
    Nicht mehr lange – und die BVG hätte den U-Bahn-Tunnel sperren müssen

    Dem Vernehmen nach hielt man es bei der BVG noch Anfang Oktober für möglich, den Verkehr auf der stark belasteten U-Bahn-Linie U2 in vollem Umfang aufrechtzuerhalten. Doch nach einem erneuten Gespräch mit Covivio zogen die Bauexperten des Landesunternehmens am 7. Oktober die Reißleine. „Da die Messung für das Gleis in Richtung Pankow sich nun einem Grenzwert nähert und Sicherheit oberste Priorität hat, lässt die BVG die U2 im Bereich des Alexanderplatzes bis auf weiteres vorsichtshalber nur noch auf dem gegenüberliegenden Gleis fahren“, teilte die BVG damals am Abend mit.

    Der U-Bahnhof Alexanderplatz ist mit drei Linien ein stark genutzter Knotenpunkt im Osten Berlins. Auf diesem Bild von 2020 ist die U2 nach Pankow zu sehen. Dieses Gleis ist seit dem Abend des 7. Oktober gesperrt.

    Der U-Bahnhof Alexanderplatz ist mit drei Linien ein stark genutzter Knotenpunkt im Osten Berlins. Auf diesem Bild von 2020 ist die U2 nach Pankow zu sehen. Dieses Gleis ist seit dem Abend des 7. Oktober gesperrt.imago/Rolf Zöllner

    Der Grenzwert für die Setzung, um den es geht, beläuft sich auf vier Zentimeter. Tiefer darf das Bauwerk nicht absacken. „Wenn der Wert überschritten wird, wäre die Vollsperrung des Tunnelabschnitts die zwangsläufige Folge“, sagte ein Insider.
    Zu früh an die Öffentlichkeit gegangen? Covivio schreibt kritischen Brief

    Um den Betrieb auf der U2 wenigstens zum Teil aufrechtzuerhalten und den Fahrgästen zusätzliche Unannehmlichkeiten zu ersparen, habe die BVG „verantwortungsvoll reagiert“. Das sieht manch einer bei der Covivio aber offenbar anders. Nach Informationen der Berliner Zeitung hat das Unternehmen vor Kurzem einen Brief geschrieben. Dass die BVG an die Öffentlichkeit gegangen sei, bevor der Grenzwert erreicht wurde, stößt darin auf ein negatives Echo.

    Auf der Arbeitsebene stellt Bezirksstadtrat Gothe eine gute Zusammenarbeit zwischen der BVG und den Hochhausbauern fest. Dies und die Tatsache, dass in der Baugrube nicht mehr gearbeitet werde, habe ihn und die Verwaltung dazu bewogen, von der behördlichen Anordnung eines Baustopps abzusehen. „Das ist nicht erforderlich“, sagte der Bezirkspolitiker. „Wichtig ist, dass an der Lösung der Probleme gearbeitet wird.“

    Das sei offensichtlich der Fall, so Gothe. Es gebe bereits ein erstes Konzept, wie das Tunnelbauwerk stabilisiert werden könnte. Seitlich von der Baugrube aus könnte Beton unter die Konstruktion injiziert werden, erfuhr der Ingenieur. Dadurch würde der U-Bahnhof wieder eine feste Grundlage bekommen.
    BVG kündigt für Ende dieser Woche neue Informationen an

    Wie lange die Teilsperrung andauere und Fahrgäste auf den nur alle 15 Minuten verkehrenden Pendelverkehr ausweichen müssten, teilt die BVG weiterhin nicht mit. Doch das Unternehmen möchte in absehbarer Zeit ein Update geben. „Die Prüfungen an den Anlagen der U2 am Alexanderplatz dauern an“, teilte BVG-Sprecher Nils Kremmin mit. „Wir gehen davon aus, dass erste Zwischenergebnisse Ende dieser Woche vorliegen. Sollte es Änderungen im Betriebskonzept geben, werden wir umgehend informieren.“

    Covivio-Sprecherin Barbara Lipka bekräftigte den Zeitplan. „Wir hatten letzte Woche eingeschätzt, dass es rund 14 Tage dauern würde, bis erste Ergebnisse der gemeinsamen Untersuchungen seitens BVG, Bauunternehmen und Covivio vorliegen würden“, teilte sie am Dienstag mit.

    Die Linke fordert, Hochhausbauten in der Nähe von U-Bahn-Tunneln zu stoppen. „Alle Hochhausbauten im Umfeld von genutzten U-Bahn-Tunneln müssen sofort angehalten werden“, verlangten die Abgeordneten Katalin Gennburg und Kristian Ronneburg. „Bevor diese weitergeplant oder weitergebaut werden können, müssen die Projekte hinsichtlich ihrer Risiken für den U-Bahn-Verkehr erneut untersucht und neu bewertet werden. Das gilt beispielsweise für weitere Planungen am Alexanderplatz und am Hermannplatz.“
    Investor Hines zahlt BVG 30 Millionen Euro für die Tunnelertüchtigung

    Am Alexanderplatz will auch das US-Unternehmen Hines ein Hochhaus errichten. Es nahm die Debatte zum Anlass, um darauf hinzuweisen, dass man sich mit der BVG 2021 auf ein Verfahren zum Schutz des darunter liegenden Tunnels der U5 geeinigt habe. 30 Millionen Euro würden investiert. „Zur bestmöglichen Optimierung der Tunnel-Sicherheit wird der alte Beton der Tunnelwand teilweise abgetragen und eine neue dichte, lasttragende Innenschale gesetzt werden. Das Verfahren kommt im Ergebnis einem Neubau des rund 90 Jahre alten U-Bahn-Tunnels gleich“, so Hines. Eine längere durchgehende Unterbrechung des U-Bahn-Verkehrs sei dafür nicht erforderlich, hieß es bei der BVG. Sperrungen in der Nacht oder am Wochenende reichten aus.

    #Berlin #Mitte #Alexanderplatz #Verkehr #ÖPNV #U-Bahn #Immobilien #Hochhaus #Privatisierung

  • Riesen-Panne bei BVG: 29-Euro-Ticket für Oktober bis Freitag gratis verfügbar
    https://prod.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/riesen-ueberraschung-bei-bvg-29-euro-ticket-fuer-oktober-umson

    29.09.2022 | aktualisiert am 30.09.2022 - 08:10 Uhr - Die BVG hat einen Link zum neuen 29-Euro-Ticket auf ihrer Website veröffentlicht. Dort kann es jeder kostenlos herunterladen – das soll sich jetzt ändern.

    Am Mittwochabend wurde bekannt, dass es bei der BVG im Rahmen der Einführung des neuen 29-Euro-Tickets zu einem gravierenden Fehler gekommen ist.

    Da die Chipkarte für den Fahrschein erst im November verfügbar ist, sind Tickets für den Oktober über einen Link auf der BVG-Website frei abrufbar. Aus dem 29-Euro-Ticket wurde damit ein 0-Euro-Ticket.

    Zuerst war das Schlupfloch dem Journalisten Sebastian Pertsch aufgefallen. Er erkannte, dass man als Käufer des Tickets für den kurz bevorstehenden Oktober noch keine haptische Chipkarte erhält – sondern lediglich einen ausgedruckten Zettelbeleg, auf dem man seinen Namen selbst eintragen muss.

    Die FAX-Abteilung der #BVG am Digitalisierungslimit in Kooperation mit dem #BerlinerSenat: Wer ein Abo wegen des #29EuroTicket​s bestellt, bekommt die Chipkarte erst zum November. Das Oktober-Ticket ist frei abrufbar. Ja, genau. Für alle. Ungeschützt → https://t.co/bBKCr6V3E9 pic.twitter.com/MivW8hx6kV
    — Sebastian Pertsch (@Pertsch) September 28, 2022

    Den Zettel konnte man so oft ausdrucken, wie man wollte. Pertsch weist jedoch darauf hin, dass Personen, die sich den Zettel ausdrucken und damit BVG fahren, wohl eine Straftat begehen, dass sie sich Leistungen erschleichen – auch wenn Kontrolleure das nicht überprüfen können. Mittlerweile hat die BVG auf das Schlupfloch reagiert. Sie begründete die Lücke mit der kurzen Vorlaufzeit, die es bei der Einführung gegeben hatte.

    1/6 Das Verfahren mit einer Interims-Fahrberechtigung ist der kurzen Vorlaufzeit geschuldet. Nur so ist es möglich, dass alle schon zum 1. Oktober mit dem neuen 29-Euro-Abo unterwegs sein können.
    — Weil wir dich lieben (@BVG_Kampagne) September 29, 2022

    Bestellbestätigung muss künftig mit Ticket vorgezeigt werden

    Die BVG teilte gegenüber T-Online mit, dass sie gegen das Erschleichen von Leistungen mit dem Gratis-Ticket vorgehen wolle. So solle es zukünftig erforderlich sein, eine Bestellbestätigung neben dem Lichtbildausweis zum Ticket vorzuweisen. Auf diesem Weg will der Verkehrsbetrieb sicherstellen, dass niemand mit einem 0-Euro-Ticket unterwegs ist, das er über einen Twitter-Link erhalten hat. Darauf wolle die BVG künftig auch in ihren FAQ hinweisen.

    Eine weitere Änderung soll es am Freitag geben: Im Bestellvorgang für das Ticket soll von nun an automatisch der Name des Ticketkäufers auf den Fahrschein gedruckt werden. So kann es nur der echte Käufer nutzen.

    Außerdem entschuldigte die BVG sich bei ihren ehrlichen Kunden. Diese sollten schon bald über die Änderungen informiert werden. Das Papierticket sei notwendig gewesen, um den kurzfristigen Start des 29-Euro-Tickets im Oktober überhaupt möglich zu machen. Man habe es gemeinsam mit dem Verkehrsbund Berlin-Brandenburg (VBB) entwickelt.

    #Berlin #Verkehr #ÖPNV

  • Mit dem Ridepooling-Service „Muva“ will die BVG Barrierefreiheit und Komfort bieten – aber nicht die Fehler des „BerlKönigs“ machen.
    https://taz.de/Neue-Rufbusse-in-Berlin/!5881817

    15. 9. 2022, von Claudius Prößer - Ist der Fahrstuhl zur U-Bahn mal wieder kaputt, und Sie sind auf ihn angewiesen? Kein Problem: Spätestens in 10 Minuten kommt ein kleiner schwarzer Minibus angerollt, der Sie zum nächsten Bahnhof bringt, wo der Lift funktioniert. Das zumindest ist das Versprechen des neuen Ridepooling-Angebots der BVG, das am heutigen Donnerstag unter dem Namen „Muva“ den Betrieb aufnimmt.

    „Muva“ klingt wie die berlinische Version von „Mover“ (schließlich werden hier Menschen bewegt) und kommt wohl aus derselben Wortschmiede wie die App „Jelbi“, die auf die Markenfarbe der BVG anspielt. Wie auch immer, das Versprechen, das die BVG mit dem neuen Service macht, ist alles andere als trivial: Es geht um einen enormen Schritt in Richtung Barrierefreiheit, aber auch Komfort, zwei Grundbedingungen, damit die Verkehrswende funktionieren kann. „Mobilität für alle, jederzeit und überall in Berlin“, wie es BVG-Chefin Eva Kreienkamp bei der Vorstellung des Dienstes ausdrückte.

    Das Angebot ist ein doppeltes: Als „Aufzugersatz“ werden die kleinen Rufbusse U- und S-Bahn-Stationen bedienen, bei denen der Aufzug klemmt – oder die noch immer keinen haben. Unter dem Motto „Flexible Fahrt“ kommen sie dagegen im Osten der Stadt zum Einsatz, wo immer noch große Lücken zwischen den Bahnhöfen und Haltestellen klaffen: Das Gebiet, das bedient wird, reicht von Rummelsburg bis zur Stadtgrenze bei Hoppegarten, und von Biesdorf bis kurz vor Köpenick.

    Die „Muvas“ werden für die BVG vom Dienstleister Via betrieben. Wie beim früheren Ridepooling-Angebot „Berlkönig“ errechnet ein Algorithmus bei entsprechend hoher Nachfrage kombinierte Fahrten für mehrere Fahrgäste. Gerufen werden die Kleinbusse per App oder Telefon. In jedem Fall soll es möglich sein, ein Fahrzeug zu buchen, das auch einen größeren Rollstuhl aufnehmen kann. „Beim Fahrtanlass ‚Flexible Fahrt‘ wird sichergestellt, dass eine Person mit Mobilitätseinschränkung vergleichbare Beförderungsmöglichkeiten wie ein*e Fuß- gänger*in“ hat, so lautet der Anspruch, den die BVG an sich selbst formuliert.

    Der Aufzugersatz-Service beschränkt sich bis Ende 2023 auf die U8, einen kleinen Teil der U5 – zwischen Frankfurter Allee und Tierpark – und die beiden S-Bahnhöfe Attilastraße und Marienfelde. Letzerer ist einer der wenigen verbliebenen Berliner S-Bahn-Halte ohne Fahrstuhl. Auf der U8 gibt es insgesamt noch sieben Bahnhöfe ohne Aufzug, unter anderem Schönleinstraße, Moritzplatz und Heinrich-Heine-Straße. Ab 2024 soll dann das komplette Stadtgebiet bedient werden, bis dahin wolle man aus dem Nutzungsverhalten lernen, heißt es aus der BVG.
    Immer noch nicht barrierefrei

    Eigentlich müsste der Berliner Nahverkehr gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention seit diesem Jahr komplett barrierefrei sein – tatsächlich sind aber allein bei der U-Bahn erst rund 80 Prozent der Bahnhöfe per Aufzug oder Rampe erreichbar. Die BVG verweist auf lange Genehmigungsverfahren und teils beachtliche bauliche Herausforderungen. Aktuell zielt die Planung auf Ende 2024. Zuletzt ging ein Lift im Bahnhof Birkenstraße (U9) in Betrieb, an zehn weiteren Stationen ist ein solcher im Bau – darunter die Bahnhöfe Schlesisches Tor, Rathaus Schöneberg, Seestraße und Platz der Luftbrücke.

    Laut BVG-Sprecher Jannes Schwentu liegt die Verfügbarkeit der Aufzüge des Unternehmens „sehr konstant zwischen 98 und 99 Prozent, der Großteil der Störungen ist also binnen kurzer Zeit behoben“. Gemeint seien damit „wenige Stunden“, so Schwentu. Freilich nutzt auch das einem Fahrgast nichts, der unerwartet vor verschlossenen Türen steht.

    Das Rufbus-Projekt „BerlKönig“, das 2018 gestartet war und die östliche Innenstadt bediente, endete im vergangenen Juli. Die Kritik an dem ebenfalls von Via betriebenen Dienst zielte vor allem darauf ab, dass er ein weiteres Zusatzangebot für die schon gut versorgte Innenstadt darstellte, während die Mobilität vor allem in den Außenbereichen verbesserungswürdig sei. Der Senat war dann auch nicht gewillt, den BerlKönig länger am Leben zu erhalten, zumal das – angeblich – bei einer Ausweitung auf die gesamte Stadt über 40 Millionen Euro im Jahr gekostet hätte.

    Was die Kosten für „Muva“ betrifft, hält sich die BVG bedeckt. Man verweist darauf, dass der Service im Rahmen des mit dem Land abgeschlossenen und ausfinanzierten Verkehrsvertrags angeboten werde. Im Fall der „Flexiblen Fahrt“ müssen die KundInnen auch selbst etwas zu ihrem gültigen VBB-Ticket dazuzahlen: 1,50 Euro (bzw. 0,50 Euro für Mitfahrende), wenn es nur zum nächstgelegenen Bahnhof geht, oder aber 1,50 Euro pro Kilometer, wenn man sich direkt zu einer Wunschadresse innerhalb des Servicegebiets fahren lässt. Dabei halten die Busse nicht unbedingt vor der Haustür, sondern an insgesamt 4.000 definierten „Haltepunkten“.

    Jens Wieseke, Sprecher des Fahrgastverbands IGEB, kann über das Angebot „nicht so viel Negatives sagen“, skeptisch bleibt er trotzdem: Er vermisse „ein stabiles 10-Minuten-Angebot für alle Berliner Ortsteile zu normaler Uhrzeit“. Wieseke findet auch, dass die BVG sich erst einmal „ums Kerngeschäft kümmern“ sollte. „Bevor Mittel für ein Nice-to-Have ausgegeben werden, muss der Normalbetrieb wiederhergestellt sein.“ Die U-Bahn etwa fahre seit Jahren nach einem abgespeckten Notfahrplan, weil FahrerInnen fehlten. „Dann müssen eben Stellen ausgeschrieben werden“, fordert der IGEB-Sprecher.

    #Berlin #Verkehr #BVG #Sammeltaxi

  • Die Fackel Karl Kraus - Suche nach „Kutscher“
    https://fackel.oeaw.ac.at

    Verkehrsregelung - Glück muß man haben oder: Wenn die Ochsen den Schwoaf aufstellen (Die Fackel, Heft 820-826, 1929)

    Dieser Straßenverkehr — dessen System #Paris oder #Berlin täglich unfehlbar in ein Schlachtfeld verwandeln würde, während man dort durch das dichteste Gewühl heil hindurchkommt —, dieses Chaos aus Dürftigkeit und Zufall muß eine Strafexpedition bedeuten gege die Stadt, deren Bevölkerung in ihrer Majorität den Tag nicht vergessen kann, wo es auf der Ringstraße Unfälle ohne Verschulden von Autos gab, welche vielmehr ausschließlich für den Transport der Verwundeten herangezogen wurden. ... Ohne Zweifel, wenn man in Wien sich vor den Autos retten will, muß man eins nehmen, und auch da ist es nicht sicher, ob es gelingt. Glück muß man haben.

    Wie anders auf dem flachen Lande! Dort, von wo unsere Minister offenbar mit dem Personenzug angekommen sind, betrachtet man das Automobil zwar auch als den Feind der Bevölkerung, aber als einen, der ihr unterliegt. Dort bildet es wieder das einzige Denkproblem des Autolenkers, wie er ungefährdet vom Fußgänger auf der Landstraße weiterkommt. Die Gefahr, daß der Kutscher eines Jauchewagens beherzt eine Schaufel seiner Fuhre auf die Insassen des Autos schütte, ist die geringere. Selbst die nachgeschleuderte Verdammnis: »Stinkata!« mag einen unberührt lassen. Doch auf dem Lande werden Autounfälle veranstaltet. Und zwar mit der plausiblen Begründung, daß die Urheber einmal einen solchen sehen wollten, zu welchem Behufe sie ebeni — man muß sich zu helfen wissen — Telegraphenstangen, die doch gleichfalls zu nichts nütz sind, über die Straße legen. Denn man darf nicht glauben, daß der Troglodyt nur so hinvegetiert, auch seine Wißbegier ist durch die Zeitung schon geweckt worden, und er kann seiner natürlichen Abneigung gegen das Automobilwesen tätigeren Ausdruck geben als die Hunde, die sich nach wie vor damit begnügen müssen, durch Bellen prinzipielle Verwahrung gegen den Fortschritt einzulegen, wie seinerzeit die deutsche Fortschrittspartei gegen die Unbilden der Regierung.

    Wacker (Die Fackel, Heft 454-456, 1. 4. 1917)

    Hohe Staatsbeamte beim Schneeschaufeln in Berlin.

    Aus Berlin wird uns berichtet: Der Aufruf des Oberbefehlshabers in den Marken zum Schneeschaufeln hat auch in den höchsten Beamtenkreisen tatkräftige Nacheiferung gefunden. Wer gestern durch die Linden ging, konnte vor dem Kultusministerium das Schauspiel erleben, daß Unterstaatssekretär Dr. Chappuis und Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Nentwig an der Spitze
    mehrerer Geheimer Kanzlei- und Rechnungsräte und Kanzleidiener eifrig am Werke waren, um Bürgersteig und Fahrdamm vor dem Kultusministerium vom Schnee zu reinigen.

    Wir leben seit drei Jahren nach der Fibel. So aber, wie in diesem Lesestück, sollte es immer gewesen sein. Daß die Schneeschaufler im Krieg sein müssen, ist eine bittere Empfindung.

    Aber es wird uns künftig erspart werden, wenn die Wirklichen Geheimen Oberregierungsräte mehr vor den Ministerien als drinnen tätig sein werden. Wer jetzt nach Berlin kommt, erlebt das letzte Wunder, dessen diese Zauberwelt des Ersatzes fähig ist. Es hat dort immer Menschenersatz gegeben, aber es gibt keinen Ersatz für die Ordnung. Da Klimbim, Betrieb und Aufmachung weggeblasen sind und die dürftige Seele, die sich für diese Güter geopfert hat, zurückgeblieben ist, herrscht ein Pallawatsch, der in Wien durch die Gewohnheit gemildert ist. Aus Schuhsohlen Marmelade zu machen, gelingt eben dann nicht mehr, wenn keine Schuhsohlen mehr da sind. Und wenn das nicht mehr da ist, was sich früher von selbst verstanden hat, so lebt sichs weit wienerischer als in Wien. Nur der Telephonzauber, uns ewig unerreichbar, funktioniert wie eh und je. Die Gesten des Betriebs sind geblieben, jetzt versteht sich eben das Hindernis von selbst wie einst der Fortschritt, und das Chaos klappt famos. Natürlich nur für den Einheimischen. Der Fremde steht verblüfft, denn ein Berliner Kutscher, wenn’s einen gibt, will nicht fahren und schon gar nicht um die Taxe, und durch das fabelhaft funktionierende Telephon fragt mich ein Konzertagent, auf den man ehedem nur einmal zu drücken brauchte, um einen fertigen Saal zu haben, fragt mich Ankommenden: »Habn Se für Kohlen jesorgt?« Das Geheimnis, keines zu haben, über nichts zu staunen und sich bei nichts aufzuhalten, wirkt fort. Und auch an der Straßenreinigung will man jetzt die alte Kraft erproben. Da eine Menschheit, die sich daran verausgabt hat, im großen Ganzen fehlt, so schaffen’s die Beamten. In Wien hat sich auch darin nichts verändert, indem der Dreck, der auf der Straße liegt, eh’ noch vom Frieden herrührt. Nicht um ihn wegzukriegen, sondern wegen meiner Einschätzung der kulturellen Tätigkeit unseres Unterrichtsministeriums würde ich wünschen, daß das Berliner Beispiel tatkräftige Nachahmung findet, und ich miete eine Proszeniumsloge, um das Schauspiel zu erleben, wie der Khoss von Sternegg sowie der Milosch von Fesch Hand anlegen.

    #Verkehr #Geschichte #Wien #Kutscher #Krieg

  • Karl Kraus - Aphorismen: Länder und Leute - Sprüche und Widersprüche
    https://www.textlog.de/39295.html

    Jeder Wiener ist eine Sehenswürdigkeit, jeder Berliner ein Verkehrsmittel.

    Wien und Berlin. Ich brauche Automobildroschken, um schneller zu mir selbst zu kommen. Die Ambrasersammlung habe ich in mir. Vielleicht auch die Kapuzinergruft.

    Der Mangel an Individualitäten, die uns vorwärtsbringen, erklärt sich am Ende daraus, daß hier so viele Kutscher Individualitäten sind.

    Im Gefühlsleben der Kutscher und Dienstmänner schätze ich am höchsten die Dankbarkeit. Ihre Seele hat einen Standplatz und wenn ich an dem vorbeikomme, so wünscht mir noch heute einen guten Tag, wessen ich mich vor zehn Jahren einmal bedient habe. Habe ich das Glück, neben dem Standplatz zu wohnen, so muß ich solche Wünsche öfter im Tage hören und zurückgeben. Sind die Kutscher bei ihren Wagen, so zeigen sie, so oft ich vorübergehe, auf ihre Wagen und erklären mir, daß es Wagen sind. Jedenfalls dulden sie es nicht, daß ich eine vorüberfahrende Droschke benütze. Schicke ich mich dazu an, so stürzen sie alle aus dem Wirtshaus zu der verlassenen Wagenburg und geben dem Gefühl der Kränkung in unvergeßlichen Worten Ausdruck. Treffe ich einmal einen bei seinem Gefährt, so eilt ein Mann mit nackten Füssen hinzu und beginnt es abzuwaschen. Sitze ich noch nicht drin, so öffnet er freiwillig die Wagentür. Der Kutscher weiß, daß ich Eile habe, und nützt darum die Zeit der Reinigung aus, um rasch Kaffee zu trinken und von den Kollegen Abschied zu nehmen. Wer weiß, wohin die Fahrt geht und was einem zustößt. Dann besteigt er den Bock und nachdem er das Pferd abgedeckt und den Taxameter, wenn ein solcher vorhanden ist, zugedeckt hat, wird’s Ernst.

    Der Zauber alles phantastischen Lebens, alle Märchenschimmer weben um eine Stadt, in der es Taxameter gibt. Ein öder Kasernengeist zwingt uns, täglich einmal anzuerkennen, daß der Prater schön ist.

    Wenn man an den Denkmälern einer Stadt in einer Automobildroschke vorüberkommt, dann können sie einem nichts anhaben.

    Die Musik, die ich mir zum Geratter einer Bahnfahrt oder zum Gepolter einer Droschke mache, kann mich höher erheben als die neunte Symphonie, die ich im Konzertsaal höre.

    In Berlin wächst kein Gras. In Wien verdorrt es.

    #Wien #Berlin #Verkehr #Aphorismus

  • Ab 2023: Deshalb werden Fahrradtaxis in Barcelona verboten | WEB.DE
    https://web.de/magazine/reise/2023-fahrradtaxis-barcelona-verboten-37180976

    - Fahrradtaxis werden in Barcelona und ganz Katalonien verboten.
    – 2023 tritt eine neue Verordnung in Kraft.
    – Der Hauptgrund dafür sind die fehlenden Lizenzen der Betreiber.

    Die beliebten Fahrradtaxis in Barcelona gehören bald der Vergangenheit an. Sie werden schon 2023 abgeschafft. Das berichtet die katalonische Zeitung „El Periódico“. Laut dem stellvertretenden Bürgermeister Jaume Collboni gilt das Verbot ab dem 1. Januar.

    Schon jetzt sind die touristischen Fortbewegungsmittel in der Stadt und in ganz Katalonien eingeschränkt: Sie dürfen nicht mehr an die Sightseeing-Hotspots fahren. Grund dafür sind die seit mehreren Jahren anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen der Stadt und den Rikscha-Betreibern. Viele von ihnen arbeiten ohne Lizenzen. Schon jetzt hat die Stadt deshalb mehr als 40 Fahrradtaxis beschlagnahmt.

    Die Betreiber der illegalen Dienstleistung müssen mit einer Strafe von bis zu 6.000 Euro rechnen. Nachdem die neue Verordnung in Kraft getreten ist, sind noch höhere Bußgelder zu erwarten. Ein weiterer Grund für das Verbot ist, dass die Fahrradtaxis nicht die Mobilität der Einheimischen verbessern, sondern nur den Touristen dienen. Zudem arbeiten die Fahrer unter unsicheren und schlecht bezahlten Arbeitsbedingungen.

    #Barcelona #Ausbeutung #Verkehr #Tourismus #Fahrrad

  • 800 Verfahren gegen Blockierer: Warum sitzt die Letzte Generation nicht in Haft?
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/800-verfahren-gegen-blockierer-warum-sitzt-die-letzte-generation-ni

    Die Berliner Zeitung vertritt die Position der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Schau mal an. Diese DBG-Gewerkschaft ist ganz schön rechts aber zum Glück nicht so extrem wie die Deutsche Polizeigewerkschaft im DBB (DPolG). Vielleicht braucht man so eine Haltung als Polizeireporter.

    8.7.2022 von Andreas Kopietz - Vom Rechtsstaat ungehindert können Klimaaktivisten der Letzten Generation den Verkehr lahmlegen. Das Unverständnis darüber wächst.

    Seit drei Wochen sitzen Blockierer auf den Straßen, und die Wut der Autofahrer steigt – aber auch das Unverständnis darüber, dass diese Aktionen bislang straffrei bleiben. Sogenannte Klimaaktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ blockieren immer wieder wichtige Straßen in Berlin. Seitdem hat die Polizei mehr als 800 Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, wie ein Sprecher am Freitag der Berliner Zeitung sagte.

    In vielen Fällen laufen gegen einzelne Personen mehrere Verfahren, weil es sich bei diesen um Wiederholungstäter handelt. Die Vorwürfe lauten etwa gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

    Am Freitagmorgen blockierten Demonstranten die Ausfahrt Steglitz der A103. Weitere Blockaden gab es an der Ausfahrt der A111 am Kurt-Schumacher-Damm in Tegel und an der Ausfahrt Prenzlauer Promenade/Granitzstraße der A114 in Weißensee. Wieder klebten viele Blockierer ihre Hände mit Sekundenkleber an den Fahrbahnen fest, um zu verhindern, dass die Polizei sie schnell wegbringt. Inzwischen vermischen sie den Kleber auch mit Sand, damit sich dieser noch schwerer lösen lässt.

    Wie die Berliner Zeitung aus Polizeikreisen erfuhr, entdeckten Beamte am Dienstag bei einer der von der Straße geräumten Blockiererinnen ein Mikrofon. Das Sennheiser-Ansteck-Mikro hatte die 25-jährige Frau vom Fernsehsender NDR mitbekommen. Sie sollte offensichtlich die Gespräche mit den Polizisten aufzeichnen.

    Wie Polizeisprecher Thilo Cablitz bestätigte, werde nun geprüft, ob ein Verfahren wegen Verstoßes gegen Paragraf 201 des Strafgesetzbuches (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) eingeleitet wird. „Wir haben den Sachverhalt der Staatsanwaltschaft zur Bewertung vorgelegt“, so Cablitz.

    Eine Sprecherin des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders teilte hierzu auf Anfrage mit: „Der NDR arbeitet derzeit an einer Reportage, in deren Rahmen ein NDR-TV-Team auch in Berlin gedreht hat. Wie bei einer Reportage üblich, erzählen die Autoren ihre Geschichte anhand von Protagonisten, unter anderem der erwähnten Aktivistin, und stecken ihnen deshalb ein Mikrofon an. Wir haben die Aktivistin offen mit einem Reporter und einer Kamera begleitet, die für alle Anwesenden jederzeit sichtbar waren." Von heimlichen Aufnahmen könne keine Rede sein. „Das NDR Fernsehteam hat weder geplant, irgendetwas ‚heimlich mitzuschneiden‘, noch dies getan. Der Protest und natürlich auch der Polizeieinsatz waren öffentlich, daher fiel die Tonaufnahme keinesfalls unter §201 StGB.“

    Generalstaatsanwältin: Wir entscheiden nicht nach politischen Wünschen
    Bereits von Januar bis März hatten die Demonstranten immer wieder Autobahnausfahrten blockiert. Damals leitete die Berliner Polizei 73 Ermittlungsverfahren gegen Blockierer ein, von denen viele bereits mehrfach in Erscheinung getreten sind.

    Aber bislang kam es noch zu keiner Anklage beziehungsweise Strafbefehlen, was auf zunehmenden Unmut stößt. Innerhalb der Polizei und der Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus wird gar gemutmaßt, dass diese Zaghaftigkeit politisch motiviert sei.

    Dazu ließ Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers nun mitteilen: „Über den Anfangsverdacht, die Notwendigkeit und Intensität von Ermittlungen sowie die Anklagereife entscheidet die Staatsanwaltschaft, und zwar nach Recht und Gesetz und nicht nach politischen Wunschvorstellungen.“ Koppers gilt als politisch den Grünen nahestehend.

    Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) erwiderte auf Koppers’ Aussagen am Freitag, dass es ihr nicht nur um Anklagen gehe, die sicher ihre Vorbereitungszeit bräuchten. „Fraglich ist aber, warum die Staatsanwaltschaft die Festgenommenen aktuell nicht mal einem Richter vorführen lässt oder eine eventuelle temporäre Ingewahrsamnahme nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz prüft und so verhindert, dass sie am nächsten Tag woanders sitzen und kleben.“

    Das Gesetz sieht eine Ingewahrsamnahme von bis zu 48 Stunden vor. GdP-Sprecher Jendro: „Angesichts von über 800 Verfahren sollte der Rechtsstaat transparent kommunizieren, warum bisher noch nichts passiert ist, damit in der Bevölkerung nicht der Eindruck entsteht, dass er Straftaten durchgehen lässt, nur weil sie politisch en vogue sind.“

    Polizei: Körperliche Unversehrtheit steht über fließendem Verkehr
    In anderen europäischen Ländern geht die Polizei mitunter rigoroser gegen Klima-Blockierer vor. So machten im Internet Filme aus Paris die Runde, laut denen Polizisten Blockierer einfach von der Straße abgerissen haben sollen. Im Berliner Polizeipräsidium kann man sich nicht vorstellen, dass dies tatsächlich der Fall gewesen sein soll, auch wenn die betreffenden Personen laut – angeblich vor Schmerzen - geschrien haben.

    Solche Praktiken hat die Berliner Polizei auch nicht vor, anzuwenden. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit habe einen höheren Rang als das Recht auf fließenden Verkehr, sagt Polizeisprecher Cablitz.

    Und so müssen die Polizisten festgeklebte „Aktivisten“ aufwändig und hautschonend von der Straße lösen – unter strenger ärztlicher Kontrolle. Dafür haben sie unterschiedliche Mittel ausprobiert: von Lösungsmitteln bis hin zu Speiseöl, das sie jetzt hauptsächlich verwenden. Eine solche Prozedur kann pro Hand bis zu zehn Minuten dauern.

    Inzwischen distanzierte sich in dieser Woche sogar die Generationen-Stiftung, die mit generationenübergreifenden Kampagnen gegen den Klimawandel kämpft, von den Blockierern. Die „drastischen Aktionen“ würden eher zu Spaltungen führen, die den dringend notwendigen Wandel, insbesondere beim Klimaschutz, eher verhindern als vorantreiben, erklärte sie.

    https://www.gdp.de/gdp/gdp.nsf/id/DE_DGB
    https://www.dpolg.de

    #Berlin#Verkehr #Umwelt #Klimakatastrophe #Politik #Widerstand #Polizei

  • Brutal Berlin: Warum Fahrradfahrer viel aggressiver sind als Autofahrer
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/brutal-berlin-warum-fahrradfahrer-viel-aggressiver-sind-als-autofah

    2.7.2022 von Marcus Weingärtner - Vor ein paar Wochen schrieb ich an dieser Stelle eine – nicht zu hundert Prozent ernst gemeinte – Kolumne über Berliner Eltern und Lastenräder. Die Folge war ein immenser Shitstorm. Unverständnis war noch die harmloseste Reaktion, es gab auch ernsthafte Beleidigungen. Eine Yvonne aus Recklinghausen beispielsweise, nach Eigenaussage Mitglied bei den Grünen, bezeichnete mich via Twitter als „ekligen Schreiberling“, ein Harald R. wünschte mir per Mail, ihm nicht im Straßenverkehr zu begegnen. Das wünsche ich mir auch, denn ehrlich gesagt, sind viele Radfahrer in Berlin eine Zumutung für alle Beteiligten auf den Straßen.

    Sonnenbrille, Kopfhörer und schwindendes Tageslicht

    Ich bin selbst Radfahrer und beobachte schon seit ein paar Monaten, wie sich Radfahrer und Autofahrer im Straßenverkehr zueinander verhalten. Ich würde jetzt hier kein endgültiges Ergebnis meiner Beobachtung abgeben, aber was mir klar geworden ist, ist, dass Menschen auf dem Rad ein oft verkehrswidrigeres, gefährlicheres und einfach auch unbesorgteres Fahrverhalten an den Tag legen als Menschen, die im Auto sitzen.

    Natürlich kann man argumentieren, dass ein Auto immer mehr Schaden anrichten kann als jemand, der ein Rad fährt. Das ist richtig. Aber gerade deswegen finde ich es bemerkenswert, wie krass falsch und sorglos Menschen auf dem Rad durch den an vielen Stellen der Stadt nicht gerade gemächlichen Berliner Verkehr brettern. Und damit meine ich nicht nicht nur Eltern mit Lastenrädern.

    Vergangene Woche stand ich beispielsweise nach 22.00 Uhr an der Friedrichstraße Ecke Unter den Linden. Vor mir saß eine Frau auf dem Rad. Sie fuhr los, obwohl die Ampel noch Rot zeigte. Die Frau trug Kopfhörer und eine verspiegelte Sonnenbrille. Sie entging nur haarscharf einem zu Recht wild hupenden Audi, drehte sich um, zeigte dem Fahrer den Mittelfinger und fuhr weiter. Wie gesagt: Der Audi hatte Grün, mittlerweile war es fast dunkel. Sonnenbrille, Kopfhörer.

    In derselben Woche sah ich, wie ein Mann auf der Oranienstraße in Kreuzberg mit seinem Rennrad über zwei rote Ampeln fuhr und sicherlich nur deshalb einem schweren Unfall entging, weil der Pkw, der Vorfahrt hatte, eine filmreife Vollbremsung hinlegte. Kurz danach beobachtete ich noch mehrere Rollerfahrer, die abbogen, ohne dass es für irgendeinen Verkehrsteilnehmer vorher ersichtlich gewesen wäre. Einer stürzte und schlug sich das Knie auf, ein anderer verpasste nur um Zentimeter die Motorhaube eines BMW.
    Fahren mit einem Kaffee und dabei aufs Handy schauen

    Ich wurde Zeuge, wie Leute auf dem Fahrrad auf ihr Handy blickten, während sie sich durch den Berliner Straßenverkehr bewegten, als ob sie absolut unverletzbar wären. Einer trank Kaffee auf seinem Rennrad, während er die viel befahrene Heinrich-Heine-Straße in Richtung Moritzplatz fuhr. Im Kreisverkehr am Moritzplatz dann hielt vor mir eine Frau an, stellte ihr Rad ab und zündete sich eine Zigarette an, während sie telefonierte. Immerhin stoppte sie auf dem Fahrradweg und nicht auf der Straße.

    Das alles sind die Beispiele aus nur einer Woche. Und ohne jemanden zu verurteilen, frage ich mich, warum viele Menschen auf dem Rad offenbar das Gefühl haben, sie wären quasi unverletzlich, in einem Zweikampf mit einem Auto automatisch der Stärkere. Ebenfalls aus Stahl und Kunststoff und nicht aus Fleisch, Blut und Knochen. Ich muss gestehen, ich fahre oft ohne Helm, aber ich versuche meist, defensiv und vorausschauend zu fahren, auch wenn ich mich jetzt vielleicht anhöre wie von der Verkehrspolizei. Es ist doch aber einfach so: Bei einem Unfall zwischen einem Auto und einem Radfahrer zieht letzterer meist den Kürzeren.

    Die Verkehrswende in dieser Stadt wird kommen, das steht ja ziemlich außer Frage. Aber so, wie Radfahrer und Autofahrer im Moment zueinander stehen, wie sie sich den öffentlichen Straßenraum teilen in einer Art Nahkampf auf Rädern, werden die kommenden Jahre sicherlich kein Spaß im Auto oder auf dem Rad. Im Moment sehe ich ein wesentlich uneinsichtigeres und oft auch gefährlicheres Verhalten auf der Seite der Zweiradfahrer. Das sollte sich bald ändern für ein friedlicheres Miteinander.

    #Berlin #Verkehr #Fahrrad

  • Großbaustelle Stadtautobahn: Wie lange hält die Westendbrücke noch durch?
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/grossbaustelle-stadtautobahn-wie-lange-haelt-die-westendbruecke-noc

    28.6.2022 von Peter Neumann - Für diese Baustelle wird der S-Bahn-Verkehr unterbrochen und Friedhofsgelände vorübergehend in Beschlag genommen. In Berlin kündigt sich ein weiteres großes Verkehrsprojekt an. Die Charlottenburger Westendbrücke, die im Verlauf der A100 in Richtung Norden Bahngleise überspannt, wird abgerissen und neu errichtet. Dabei bekommt die Stadtautobahn dort einen vierten Fahrstreifen. Am Dienstag stellte die Projektgesellschaft Deges das 45-Millionen-Euro-Projekt und den neuen Zeitplan vor. Danach wird die neue Brücke zwei Jahre später fertig als bisher angekündigt.

    So kann man es auch formulieren: „Die Westendbrücke hat ihre besten Zeiten hinter sich“, sagte Deges-Sprecher Lutz Günther. Die Frage ist: Wie lange hält sie noch durch? Das Spannbetonbauwerk von 1963, das seit Jahren mehr Belastungen verkraften muss, als es aushält, hat das Ende seiner Lebensdauer erreicht. Seit 2015 darf es nur mit höchstens 60 Kilometern pro Stunde befahren werden. Für Schwertransporte ist die Brücke tabu, Lastwagen müssen einen Mindestabstand einhalten. Die sieben Pfeiler wurden mit Hilfsstützen verstärkt. „Sensoren überwachen das Bauwerk“, sagt Andreas Irngartinger von der Deges. Stellen sie Ungewöhnliches fest, schlagen sie sofort Alarm.

    Täglich sind auf der Brücke rund 90.000 Fahrzeuge unterwegs

    Konzepte für weitere Einschränkungen, die den Verkehr in Richtung Dreieck Charlottenburg hart träfen, liegen bereits in der Schublade. „Sie sehen eine zusätzliche Absenkung der Höchstgeschwindigkeit und ein Lkw-Verbot vor“, berichtete der Berliner Chefplaner. „Jedes Jahr steigt das Risiko.“ Am schlimmsten wäre es, wenn dieser Teil der Stadtautobahn, auf dem täglich rund 90.000 Kraftfahrzeuge unterwegs sind, gesperrt und der Verkehr durch Wohngebiete geleitet werden müsste.

    „Geschwindigkeit ist gefragt“, folgerte Irngartinger. „Deshalb hoffen wir, dass wir in einer konzertierten Aktion mit dem Land Berlin rasch das Planrecht erhalten“ – und der angestrebte Planfeststellungsbeschluss, mit dem das Bundesprojekt genehmigt wird, nicht durch Anwohnerklagen infrage gestellt wird. Ende dieses Jahres soll das Verfahren beginnen.

    Wenn alles glattgeht, könnte die Bauvorbereitung 2024 starten, teilte die Deges mit. „Mit dem Beginn der Straßen- und Brückenbauarbeiten rechnen wir frühestens für 2025“, sagte Andreas Irngartinger. Drei Jahre später, also 2028, soll die neue Westendbrücke für den Verkehr freigegeben werden. Bislang war von 2026 die Rede, aber das Projekt erweist sich als komplizierter als gedacht.

    Die Baustelle wird sich inmitten einer Verkehrslandschaft aus Gleisen und Fahrbahnen befinden, der Platz ist knapp. Und es gilt: „Der Verkehr soll ungehindert weiterfließen“, so Projektleiter James Kanyi. Das soll auch für die Ringbahn gelten, auf der außer S-Bahnen auch Güter- und Reisezüge rollen. Wochen- oder gar monatelange Sperrungen soll es dort nicht geben, hieß es. S-Bahn-Fahrgäste müssten sich aber darauf einstellen, dass der Betrieb auf den Linien S41, S42 und S46 an einigen Wochenenden unterbrochen wird. Betroffen von dem Verkehrsprojekt ist auch der Luisenkirchhof II. „Wir beanspruchen einen kleinen Teil dieses Friedhofs“, erläuterte Andreas Irngartinger.

    Die neue Brücke aus Beton, die laut Deges „keinen Schönheitswettbewerb gewinnen würde“, wird neben der alten gebaut. Sie entsteht um bis zu 33 Meter nach Westen versetzt. Das hat zur Folge, dass sie kürzer ausfällt – statt 243 wird sie nur noch 157 Meter lang sein. Dafür wird das Bauwerk breiter.

    „Leise Deckschicht“ soll den Verkehrslärm verringern

    Denn die Autobahn bekommt in diesem Bereich zu den bestehenden drei Fahrstreifen einen vierten hinzu. Die zusätzliche Spur wird als Verflechtungsstreifen deklariert, sie soll Kraftfahrern Platz verschaffen, um sich ein- und ausfädeln zu können. Das diene der Verkehrssicherheit und entspräche dem Regelwerk für die deutschen Autobahnen, erklärte Projektleiter Kanyi. Die Anschlussstellen Kaiser- und Spandauer Damm liegen dicht beieinander. Auf dem vierten Fahrstreifen können sich Autos ohne Spurwechsel von einer Auffahrt zur nächsten Abfahrt bewegen. Leistungsfähiger werde die Autobahn dadurch nicht, betonte Andreas Irngartinger. Die Kapazität werde nicht erhöht.

    Beim Lärmschutz haben die Planer nach eigenen Angaben lange hin und her gerechnet. „Doch keine aktive Lärmschutzmaßnahme würde den gewünschten Effekt erbringen“, sagte Urs Reichart, einer von ihnen. Wände ließen sich nicht so aufstellen, dass sie eine angemessene Wirkung entfalteten. Deshalb seien passive Maßnahmen vorgesehen – wozu vor allem Lärmschutzfenster zählten. Auf der neuen Brücke soll zudem ein Straßenbelag verbaut werden, der den Verkehrslärm um bis zu 2,4 Dezibel verringern könnte. „Es handelt sich um eine leise Deckschicht mit einer homogenen, sehr gleichmäßigen und dichten Oberfläche“, erklärte Reichart. Oder, anders formuliert, um den Typ DSH-V 5.
    Bauarbeiten am Autobahndreieck Funkturm werden neun Jahre dauern

    Der Abriss und der Neubau der Westendbrücke ist nur eines von mehreren Projekten, die diesen Teil der Stadtautobahn in eine Großbaustelle verwandeln werden. So wird das Autobahndreieck Funkturm neu angelegt. 2023 sollen erste Bauvorbereitungen beginnen, 2032 könnte der neue Knotenpunkt fertig sein. Die Rudolf-Wissell-Brücke wird ebenfalls neu entstehen. Dort soll es 2024 losgehen, die Fertigstellung ist für 2031 geplant. Die A100 gilt als wichtigster Verkehrsweg im Berliner Straßenverkehr. Ihren Nutzern, den Kraftfahrern, stehen mehrere harte Jahre bevor.

    #Verkehr #Charlittenburg #A100 #Knobelsdorfstraße #Kaiserdamm #Spandauer_Damm #Dreieck_Funkturm

  • Berlkönig arbeitet mit dem Berliner Taxigewerbe zusammen
    https://www.taxi-times.com/berlkoenig-arbeitet-mit-dem-berliner-taxigewerbe-zusammen

    20.8.2019 von Axel Rühle - Seit Anfang August ist Berlin unter dem Namen „Berlkönig BC“ auf einer weiteren ÖPNV-Linie mit dem Umland verbunden. Zum Einsatz kommen dabei weiterhin Fahrzeuge von Taxibetrieben. Die Regeln bestimmt allerdings die BVG, weshalb sich manche Unternehmer „vergewaltigt“ fühlen.

    Die Verbindung des südlichen Berliner Stadtteils Rudow mit der brandenburgischen Gemeinde Schulzendorf heißt offiziell „Berlkönig BC“, da sie im Unterschied zu den bisherigen, nicht liniengebundenen Berlkönigen nicht in der Innenstadt unterwegs ist, sondern den Tarifbereich B (Stadtgebiet außerhalb des S-Bahn-Rings) mit dem Bereich C (Umland) verbindet. Zusätzlich zum normalen Fahrschein muss für den Berlkönig BC ein Anschlussticket zu 50 Cent erworben werden. Mit dem neuen Angebot wollen die Berliner Verkehrsbetriebe BVG offensichtlich auch die Digitalisierung vorantreiben, denn Fahrgäste ohne Smartphone und ohne BVG-App können den Berlkönig BC nicht nutzen.

    Dazu eine Rückblende: Seit Jahrzehnten betreibt die Innung des Berliner Taxigewerbes e. V. Nachtbusverkehr für die Berliner Verkehrsbetriebe BVG, den für Linienverkehr zuständigen Landesbetrieb. Das bedeutet konkret: Auf Buslinien mit wenig Nachfrage, wo der Einsatz der „Großen Gelben“, wie die Linienbusse, die früher dunkel-elfenbeinfarben waren, seit eh und je genannt werden, für BVG und Senat ein zu teures Zuschussgeschäft wäre, hat man den Betrieb an das Taxigewerbe ausgelagert, teils im Außenbereich, teils auf halbwegs zentrumsnahen Linien. Das begann zu vordigitalen Zeiten, als man das Taxi noch als den zuverlässigsten Personenbeförderer für Bedarfsverkehr wertschätzte.

    Aufgrund der Ausweitung des Auftrags an die „Innung“ nach der Jahrtausendwende kauften sich mehrere Mitgliedsbetriebe Kleinbusse mit etwa 15 Sitzplätzen zum ausschließlichen Zweck des Linienverkehrs für die BVG. Abgerechnet wird zwischen BVG und Taxi-„Innung“ nach Betriebsstunden je Fahrzeug. Die „Innung“ wiederum bezahlt die ausführenden Taxiunternehmer und macht dabei einen bescheidenen Gewinn – der wiederum ein finanzielles Standbein der Verbandsarbeit ist und allen Verbandsmitgliedern zugutekommt.

    Heute gibt es neben dem Linienverkehr in sonnengelben Fahrzeugen und den Taxis auch noch Free-Floating-Carsharing, Uber, Clever Shuttle und den Berlkönig, und letzterer ist die eigene Konkurrenz, die sich die BVG in Zusammenarbeit mit der Daimler-Tochter Via eingebrockt hat. Offiziell war die Idee dahinter eine ähnliche wie bei den Kleinbus-Linien der Taxi-„Innung“, auch für schwach frequentierte Gegenden, allerdings a) in Außenbezirken, b) umweltfreundlich und c) nicht liniengebunden. Von diesen drei Grundgedanken wurde nur der zuletzt genannte von vornherein umgesetzt. In der Realität fahren dieselgetriebene Vitos in der östlichen Innenstadt umher und bieten per Sondergenehmigung taxiähnlichen Verkehr zum Dumpingtarif an. Da sie ihre – häufig einzeln im fast leeren Kleinbus fahrenden – Fahrgäste nicht aus dem Privat-Pkw, sondern hauptsächlich aus dem Linienverkehr ziehen, machen sie die Straßen nicht leerer, sondern, genau wie Uber, voller.

    Nun möchte die BVG im sich verändernden Berliner Verkehr weiterhin die Hauptrolle spielen und hat vor Kurzem mit einer halb liniengebundenen Fahrverbindung die dünn besiedelte Gegend östlich des Flughafens Schönefeld an den U-Bahnhof Rudow angebunden – per Auftrag an die Taxi-„Innung“. Aus Image-Gründen verlangte die BVG, dass die ausführenden Betriebe ihre Kleinbusse als „Berlkönig“ mit dem speziellen BVG-Sitzmöbel-Muster bekleben lassen, was bei den Verantwortlichen nicht für Begeisterung sorgte. Man empfindet dies als kleine „Vergewaltigung“, weil man damit unter der Flagge des eigenen Konkurrenten fährt, um nicht zu sagen, im Gewand des Fressfeindes. Warum lässt die Taxi-„Innung“ sich darauf ein? Ziel sei es, so der Vorsitzende Leszek Nadolski gegenüber Taxi Times, langfristig mit der BVG zusammenzuarbeiten, um dem Taxigewerbe so die „letzte Meile zu sichern“. Das soll bereits im kommenden Jahr ausgebaut werden, wenn eine zweite Umland-Anbindung, diesmal im Nordwesten Berlins, eingeführt wird. In der Gemeinde Leegebruch im Landkreis Oberhavel können die klassischen Linienbusse nicht durch die engen Siedlungsstraßen fahren, weshalb die Bewohner teils recht weite Fußwege zu den Haltestellen zurücklegen müssen. Per Berlkönig soll der Ort an den Berliner U-Bahnhof Alt-Tegel angebunden werden.

    #Berlin #Brandenburg #Berlkönig #Taxi #Verkehr

  • Berlins Taxilage ist eine Notlage
    https://www.taxi-times.com/berlins-taxilage-ist-eine-notlage

    29.4.2022 von Axel Rühle - Auf einer Pressekonferenz der Berliner Taxi-„Innung“ informierten Leszek Nadolski, Hermann Waldner und Michael Oppermann ausführlich über die (Not-)Lage des Taxigewerbes und sprachen über Aufgaben der nahen Zukunft.

    Das Treffen mit den Pressevertretern am Donnerstagvormittag fand in einem Verwaltungsgebäude des Westhafens in Moabit statt, da sie mit einer anschließenden Besichtigung der benachbarten Akku-Wechselstation für Elektrofahrzeuge verbunden war. Moderator war Thomas Klein, Vorsitzender der Berliner Pressekonferenz.

    Leszek Nadolski, 1. Vorsitzender der Innung des Berliner Taxigewerbes e. V., kam direkt zur Sache: Die Möglichkeit, Fahrgäste zu befördern, werde dem Gewerbe immer mehr weggenommen. „Das heißt, wir werden bald die individuelle Mobilität der Berliner nicht mehr gewährleisten können“, obwohl es die Aufgabe der Taxiunternehmen sei, für Mobilität zu sorgen, und nicht ein Geschäft wie für viele andere. Wenn die derzeitige Abnahme der Konzessionszahlen sich fortsetze, sei die Daseinsvorsorge gefährdet.

    Für diese Entwicklung gebe es neben Corona eine Reihe von Gründen, angefangen bei der Schließung des Flughafens Tegel über die Laderegelung am Flughafen BER bis zum Versagen der Ordnungsbehörden – was er ausführlich erläuterte: Geltende Gesetze „werden in Berlin einfach nicht umgesetzt“. Das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofes habe erneut bestätigt, „dass Uber eigentlich in Deutschland illegal ist“. Er appellierte an die Behörden: „Helft uns, sonst wird es uns wirklich bald nicht mehr geben!“ Mittelfristig drohe „Mobilität nur für Menschen, die es sich leisten können“, und das dürfe nicht sein.

    In Berlin und anderen Städten findet laut Nadolski eine „Ausbeutung des ÖPNV“ statt. Fahrgäste würden abgeworben und auf Fahrzeuge umgeleitet, die eigentlich weniger Verkehr verursachen sollten. Durch die wachsende Zahl an zugelassenen Mietwagen verdichte sich der Verkehr, wodurch ein Ungleichgewicht entstanden sei. Das bedeute eine Gefahr: In anderen europäischen Ländern lasse sich beobachten, dass die Verdrängung des Taxigewerbes für doppelte Fahrpreise gesorgt habe.

    Ein schwerer Schlag seien auch die aufgrund des Ukraine-Krieges gestiegenen Kraftstoffpreise. Die dadurch zusammengeschmolzene Gewinnspanne sorge für derzeit durchschnittlich eine bis zwei Konzessionsaufgaben in Berlin.

    Nadolski bekannte sich zur CO2-neutralen Zukunft des Taxigewerbes. Der Branche sei bewusst, welche Verantwortung sie mit dieser Aufgabe übernommen habe. Taxiunternehmer seien dabei die „Testpersonen für die Autoindustrie“. Statt zu debattieren, dass man vielleicht in zehn Jahren eine Ladeinfrastruktur aufbauen könnte, müsse man handeln, und zwar jetzt.

    Mit der Zulassung eigener Elektrofahrzeuge zu Versuchszwecken für die Verbandsmitglieder habe die „Innung“ begonnen, anschließend habe man Wechselbatteriesysteme und Wasserstoffantrieb getestet und sei zu dem Schluss gekommen: „Es funktioniert, wenn man will.“ Die bisherige Resonanz auf die E-Taxi-Förderung begrüßte er und sagte, dass es weiterhin nötig sei, dass der Staat den Unternehmern hier unter die Arme greife.

    Nadolski bemängelte eine zu starke Fixierung der Behörden auf die Ladetechnik mit dem noch unterentwickelten Ladesäulennetz und eine stiefmütterliche Behandlung der Alternativen – Wasserstoff und Akkuwechselsysteme. Gerade angesichts der Ukraine-Krise müsse man erkennen, dass es wichtig sei, mehrgleisig zu fahren. So sehe es auch der von ihm entwickelte „Nadolski-Plan“ vor. „Wenn wir damit umgehen können, werden auch alle Verbraucher es können.“

    Hermann Waldner, Vizepräsident des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM) und Geschäftsführer der Funkvermittlung Taxi Berlin, bezeichnete die Situation in Berlin als „äußerst schwierig“ und auch im Vergleich zu anderen Bundesländern „sehr problematisch“.

    Gerade in Berlin sei die Diskrepanz zwischen der von Behörden und Gewerbe gewünschten Situation und der Realität hoch. Von ihrem Geschäft hätten die derzeit 4.000 Mietwagen den Taxis bereits „sehr viel weggenommen“, obwohl der Gesetzgeber diesen Teil des ÖPNV dem Taxi vorbehalten habe. Dass der Service, den das Taxigewerbe bietet, zugunsten der Mietwagen verloren geht, wolle zwar auch das Land Berlin nicht, doch aufgrund der in Berlin seit fünf Jahren zu beobachtenden „besonders krassen“ Behördenuntätigkeit werde dieser Trend anhalten. Als positives Gegenbeispiel erwähnte er die geringe Zahl von einigen hundert Mietwagen in Hamburg.

    Das Berliner Taxigewerbe werde also „von mehreren Seiten nach unten gezogen“: durch die „normalen Krisen der heutigen Zeit“, aber eben auch besonders stark durch die Mietwagenbranche mit Uber, Bolt und Free Now. Dass der Gesetzgeber dem Taxigewerbe einen verbindlichen Tarif auferlegt hat, um den Kunden einen verlässlichen Preis zu garantieren, sei zu einem großen Wettbewerbsnachteil geworden, da er das Taxi nicht gleichzeitig vor dem Wildwuchs der Billigkonkurrenz schütze, die die Preise nach belieben anbieten darf.

    Man könne es den Kunden nicht verdenken, den meist billigeren Anbieter zu wählen – der heute so dreist sei, nicht nur taxiähnlichen, sondern sogar „taxigleichen“ Verkehr anzubieten. Man könne heutzutage an innerstädtischen Taxihalteplätzen häufig Mietwagen sehen, die sich dort hinter den Taxis bereithalten, weil „einfach zu wenig bis gar nicht kontrolliert“ werde.

    Waldner sieht derzeit „ein paar positive Ansätze“: Es gebe einige Leute beim LABO und in der Senatsverwaltung für Verkehr, die zumindest etwas tun wollten und dafür sorgen, dass die Budgets erhöht werden, doch seien die Verluste und die Nachlässigkeit der letzten Jahre kaum einzuholen.

    Einer Anwendung der neuen Möglichkeiten, die das novellierte Personenbeförderungsgesetz (PBefG) den Kommunen bietet, um die ausufernde Mietwagenflut zu begrenzen, steht nach Waldners Ansicht die Angst der Behörden im Wege, dass dagegen geklagt und Schadenersatz gefordert werde. Hier müssen die Behörden seiner Ansicht nach mutiger agieren, denn wenn eine Struktur wie das Taxigewerbe „erst einmal kaputt gegangen ist“, sei dies sehr schwer wieder zu beheben.

    Zur Elektrifizierung der Taxiflotte sagte Waldner, dass seine Funkzentrale liebend gerne auch Elektrotaxis so vermitteln würde, wie die Kunden es gewöhnt seien, dass dies mit der geringen bisherigen Anzahl jedoch nicht flächendeckend möglich sei. Daher wünsche er sich ein Förderprogramm wie in Hamburg oder München, wo die Umstellung deutlich schneller vonstatten gehe.

    Michael Oppermann, Geschäftsführer des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen e. V. (BVTM), gab einen Einblick in die bundesweite Situation. In Berlin sei die Situation dramatischer als in anderen Städten. Statt von der Lage müsse man von der Notlage des Taxigewerbes sprechen. Die Frage sei, wie man damit umgeht. Nachdem viele Katastrophen hinter der Branche lägen, bestehe derzeit das Problem der hohen Kraftstoffpreise, wenngleich der Markt wieder anziehe, doch wolle er nach vorne blicken, wo Herausforderungen wie die Elektrifizierung und die Verkehrswende liegen.

    Oppermann betonte, Anspruch und Wirklichkeit, also „was die Politik möchte und was auf der Straße stattfindet“, gehen in Berlin „eklatant auseinander“. Zwar habe die Landesregierung im „roten“ Rathaus einen sehr ambitionierten Plan zum Umbau der Mobilität in der Stadt. Man wolle Vorrang für den ÖPNV, Angebote ausbauen, verbessern, flexibler machen, On-Demand-Mobility zu jeder Zeit, überall, zu fairen Preisen. Der Umgang mit dem Taxigewerbe sei aber das genaue Gegenteil. Dieser sehr flexible On-Demand-Anbieter zu jeder Zeit mit festen Preisen gehe zurück. „Da wünschen wir uns ein Mehr an Unterstützung“, wobei es besonders darum gehe, die Instrumente des PBefG anzuwenden. Diese seien begrüßenswert, da sie die Unterschiede zwischen urbanen und ländlichen Regionen berücksichtigen.

    Eines der Instrumente sei die Möglichkeit, Festpreise für Taxifahrten einzuführen. Damit könne man dem Fahrgast den dringenden Wunsch erfüllen, den Fahrpreis vorab verbindlich zu nennen. Eine ebenso wichtige neue Möglichkeit ist die Festlegung von Mindestpreisen für Mietwagenfahrten, womit man den Wettbewerb fairer gestalten und Sozialdumping bei den Mietwagenfahrern unterbinden könne. Diese beiden Instrumente werden nach Oppermanns Urteil viel zu zögerlich umgesetzt. Erst eine einzige Stadt habe Mindestpreise für Mietwagen eingeführt.

    Oppermann unterstrich, dass das Taxigewerbe der einzige Teil des ÖPNV ist, der sich komplett aus Fahrgasteinnahmen finanziert. Das sei in Berlin vielleicht noch innerhalb des S-Bahn-Rings wirtschaftlich, doch in Außenbezirken sei es aufgrund der geringeren Nachfrage und der längeren Anfahrtswege schon schwieriger, und ein Stück weiter, in Brandenburg, sei es bereits vielerorts schwer, überhaupt noch ein Taxi zu bekommen. Die ÖPNV-Finanzierung sei folglich ein wichtiges Thema, das die Politik angehen müsse.

    Als letztes Thema bemängelte Oppermann das Fehlen der Anforderungen an eine Fahrerqualifikation. Die ausstehenden Regeln zur Fachkunde für Taxi- und Mietwagenfahrer sind bis heute nicht vom Bundestag verabschiedet worden.

    #Berlin #Taxi #Wirtschaft #Verkehr #Ökologie

  • Promillegrenze – Wikipedia
    https://de.wikipedia.org/wiki/Promillegrenze

    In der Bundesrepublik Deutschland legte der Bundesgerichtshof 1953 erstmals eine Grenze von 1,5 Promille Alkohol im Blut fest, ab welcher, ohne weitere Voraussetzungen, eine Ordnungswidrigkeit vorliegt. Am 14. Juni 1973 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Gesetz über die höchstzulässige Grenze der Alkoholkonzentration bei Benutzung von Kraftfahrzeugen auf 0,8 Promille und 2001 wurde die Grenze auf 0,5 Promille gesenkt.

    Auf dem Gebiet der DDR galt ab 1956 bis zur Wiedervereinigung eine Null-Promillegrenze. Diese Regelung in § 7 StVO der DDR blieb auch nach der Wiedervereinigung gemäß Einigungsvertrag in Kraft. Eine vorgesehene Neuregelung wurde nicht getroffen, sodass am 1. Januar 1993 die westdeutsche Regelung gesamtdeutsch wurde. Das führte unter anderem dazu, dass sich durch Berlin zeitweise eine Promillegrenze zog.

    #Recht #Verkehr #Alkohol

  • Bußgeldkatalog § 24a StVG: Fahren mit Alkohol/Drogen im Blut
    https://www.bussgeldkatalog.net/strassenverkehrsgesetz/24a-stvg

    Lohnt sich ein Einspruch gegen Bußgeld, Punkte oder Fahrverbot?
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    Strafen bei Alkohol am Steuer
    Der Paragraph 24a des Straßenverkehrsgesetzes definiert das Bußgeld in puncto Alkohol am Steuer. Führt die Polizei eine Verkehrskontrolle durch und die Promillegrenze wurde überschritten, kann es neben dem Bußgeld auch zum Führerscheinentzug, Fahrverbot oder einer Geldstrafe kommen. Auch Punkte sind möglich. Mehr dazu finden Sie in unserer Bußgeldtabelle.

    Tatbestände § 24a StVG
    Bußgeldrecher: Alkohol am Steuer

    #Recht #Verkehr #Alkohol

  • Strafgesetzbuch (StGB) § 315c Gefährdung des Straßenverkehrs
    https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__315c.html

    (1) Wer im Straßenverkehr
    1.
    ein Fahrzeug führt, obwohl er
    a)
    infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
    b)
    infolge geistiger oder körperlicher Mängel
    nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder
    2.
    grob verkehrswidrig und rücksichtslos
    a)
    die Vorfahrt nicht beachtet,
    b)
    falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
    c)
    an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
    d)
    an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
    e)
    an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
    f)
    auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
    g)
    haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
    und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
    (2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.
    (3) Wer in den Fällen des Absatzes 1
    1.
    die Gefahr fahrlässig verursacht oder
    2.
    fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,
    wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    Rechtsprechung BGH, 28.06.1990 - 4 StR 297/90 - dejure.org
    https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=28.06.1990&Aktenzeichen=4+StR%20297%2F90#

    Volltextveröffentlichungen (5)
    Wolters Kluwer
    Kraftfahrer - Absolute Fahruntüchtigkeit - Grenzwert - Blutalkoholkonzentration - Neubestimmung

    kanzlei-heskamp.de
    Juristenzeitung(kostenpflichtig)
    Zum Grenzwert der alkoholbedingten absoluten Fahruntüchtigkeit eines Kraftfahrers im Sinne der §§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, 316 StGB

    rechtsportal.de(Abodienst, kostenloses Probeabo)
    StGB (1975) § 315c Abs. 1 Nr. 1a, § 316
    Herabsetzung der Grenze der absoluten Fahrunsicherheit

    juris(Abodienst) (Volltext/Leitsatz)
    Kurzfassungen/Presse (3)
    verkehrslexikon.de (Auszüge)
    Kraftfahrer sind bei einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille absolut fahruntüchtig

    anwaltonline.com(Abodienst, kostenloses Probeabo) (Kurzinformation)
    Absolute Fahruntüchtigkeit - 1,1 Promille

    kostenlose-urteile.de (Kurzmitteilung)
    Absolute Fahruntüchtigkeit bei Autofahrern liegt bei 1,1 Promille - Seit 1966 geltender Grenzwert von 1,3 Promille aufgehoben

    Papierfundstellen
    BGHSt 37, 89
    NJW 1990, 2393
    MDR 1990, 838
    NStZ 1990, 491
    NZV 1990, 357
    NJ 1990, 510
    StV 1990, 353
    VersR 1990, 1177
    VersR 1990, 177
    nach Datum nach Relevanz
    Wird zitiert von ... (113)

    #Recht #Verkehr #Alkohol