Sozialreform in Deutschland: Dem Umsturz vorbauen
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Le bougeois sous le Kaiser comprenaient qu’il leur fallait freiner la montée du parti social-démocrate. Il nous ont légué une association de bienfaiteurs le Verein für Socialpolitik VfS.
24.10.2023 von Ingar Solty - Kathedersozialliberale. Vor 150 Jahren wurde der Verein für Socialpolitik gegründet.
Die immer stärker werdende Arbeiterbewegung in den 1870er Jahren zwang das Bürgertum zu einer Reaktion. Die Kombination aus Erster Internationale (1864–1872) und Pariser Kommune 1871 hatte den Herrschenden das Herz in die Hose rutschen lassen. Der Beginn einer weltumspannenden kapitalistischen Krise verstärkte 1873 die Angst vor einer sozialistischen Revolution. Der Aufstieg der Sozialdemokratie zur Massenpartei schien diese Angst zu bestätigen. Die Reaktion der Herrschenden zeigte zwei verschiedene Tendenzen: einerseits die buchstäbliche Reaktion, die eine demokratische Mobilisierung der Arbeiterklasse mit dem althergebrachten Mitteln aus Unterdrückung und ideologischer Ablenkung im Keim ersticken sollte. Andererseits der weitgefasste »Sozialliberalismus« (Reinhard Opitz), der den Arbeitern entgegenkam, um ihnen den umstürzlerischen Wind aus den Segeln zu nehmen.
Die erste Strömung setzte auf Demagogie: Die 1876 gegründete Deutschkonservative Partei, die evangelische Kirche unter dem Berliner Domprediger Adolf Stoecker und die »Berliner Bewegung« mobilisierten den Antisemitismus. Das verfing vor allem bei den Grundbesitzern, weil die ökonomische Wut über globalisierte Agrarkonkurrenz, Deflation und Kreditnot sich als Judenhass kanalisieren ließ. Zugleich sollte der Antisemitismus auch die Arbeiter gewinnen. In diesem »Präfaschismus« (Hans-Jürgen Puhle) waren bereits wesentliche Elemente der faschistischen Bewegung herausgebildet.
Die zweite Strömung entstand in den ideologischen Staatsapparaten. Es brauchte praktische Integrationsangebote, um die mit dem Kapitalismus entstandenen Unsicherheiten einigermaßen abzufedern und die widerspenstige Arbeiterklasse davon zu überzeugen, dass das kapitalistische System und die althergebrachten undemokratischen Hierarchien doch tolerabel seien. Die Geschichte vereint Elemente beider Strömungen, wobei die »Ordnungspartei« dominant blieb: Bei Bismarcks »Zuckerbrot-und-Peitsche«-Politik war das Parteiverbot (»Sozialistengesetz«, 1878–1890) entscheidend und ging auch der Einführung der eingeschränkten Sozialversicherung von 1884 voraus.
Sozialkonservative Bündnispläne
Im Geist der Reform von oben zur Verhinderung der Revolution von unten wurde vor 150 Jahren der einflussreiche und bis heute existente »Verein für Socialpolitik« (VfS) gegründet. Lange bezeichnete man die dort Organisierten als »Kathedersozialisten«. Das Attribut »Katheder« verweist auf deren universitäre Verankerung. Sozialismus nannten die Herrschenden in dieser Zeit indes alles, was von der wirtschaftsliberalen Orthodoxie abwich. In Wahrheit handelte es sich bei der Hauptströmung im VfS um Sozialliberale. Sie stellten den krisenhaften Kapitalismus nicht prinzipiell in Frage, sondern diskutierten, welche Sozialpolitik – Regulierung, Redistribution, Staatsinterventionismus – nötig sei, um ihn zu stabilisieren. Es entstand so unter dem Druck von unten und in der Krise der liberalkapitalistischen Weltordnung die Theorietradition der Institutionellen Politischen Ökonomie zwischen Marxismus einerseits und der sich herausbildenden altwirtschaftsliberalen Neoklassik andererseits. Zu ihr zählen letztlich John Stuart Mill, die Historische Schule der Nationalökonomie, Werner Sombart, Max Weber, John Maynard Keynes, John K. Galbraith, u. a.
Die Bemühung um eine Sozialreform war indes älter. Die Sozialkonservativen im Umfeld von Bismarcks Geheimrat Hermann Wagener und der von ihm herausgegebenen Berliner Revue hatten schon in den 1860er Jahren die weltgeschichtliche Bedeutung der Arbeiterbewegung erkannt und versucht, den Agrarier Bismarck für ein Bündnis der konservativen, kapitalistisch gewordenen Grundbesitzerpartei mit der Industriearbeiterklasse zu gewinnen. Dies entstand im antirevolutionären Geist des »sozialen Königtums« (Lorenz Stein). Es sollte zugleich den Reichskanzler, dessen Machtbasis eine »Klassensymbiose von Junkertum und Bourgeoisie« (Lothar Machtan/Dietrich Milles) war, aus der Abhängigkeit vom liberalen Bürgertum befreien, das parlamentarisch die Mehrheit bildete. Bismarck hatte sich, wie auch sein Briefwechsel mit Lassalle zeigt, hierfür zunächst offen gezeigt.
Ein solches Bündnis wäre freilich zwangsläufig auf Kosten der Landarbeiterklasse gegangen. Denn die ostelbischen Großgrundbesitzer, die sich im Zuge der »Bauernbefreiung« sukzessive das Agrarland der Kleinbauern unter den Nagel gerissen hatten, waren nicht bereit, sich auf die Vorschläge der Berliner Revue für einen Normalarbeitstag für Landarbeiter einzulassen.
Daraus ergaben sich aber neue Widersprüche. Mit der Krise des Junkertums wurden sie offensichtlich. Die kleinen sozialkonservativen Kreise beschäftigten sich mit der Agrarfrage weniger aus Sorge um die Landarbeiter, sondern aus Angst vor der Agrarmonopolisierung und ihren Folgen. Sie erschien ihnen aus staatspolitischen Gründen heikel, weil sie eine doppelte Abwanderung zur Folge hatte: nach Nordamerika und in die Städte. Damit verbunden war die Angst vor landwirtschaftlichem Arbeitskräftemangel, der Polonisierung der östlichen Kolonialgebiete (vor allem Ostpreußens), der Wehrunfähigkeit im Osten und des Verlusts der Ernährungssouveränität. Die Abwanderung in die Städte ließ zudem einen Bedeutungszuwachs der Arbeiterbewegung und des Sozialismus auch im Militär befürchten.
Das kleine und mittlere Grundeigentum sollte aus all diesen Erwägungen heraus erhalten werden. Es entzündete sich eine Debatte über dessen Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem agrarischen Großgrundbesitz. Die Abwanderung verschärfte sich dabei in dem Maße, wie die »Große Depression« auch Ergebnis der Globalisierung der Agrarmärkte war, was eine »Große Deflation« und einen entsprechenden Abwertungsdruck für die Landarbeit sowie intensivierten Rationalisierungsdruck für die ostelbisch-gutsherrschaftliche Landwirtschaft bedeutete. Insofern aber die Finanzkrise bei den Banken eine restriktive Politik des Geldverleihs bewirkte, verteuerten sich die für die Rationalisierung nötigen Kredite. Diese »Kreditnot des Grundbesitzes« (Karl Rodbertus) war die Triebkraft des Antisemitismus, weil die Konservativen die Wut auf das Finanzkapital gegen die Juden richteten.
Die Angst vor der Arbeiterbewegung wiederum war die Triebfeder der »Eisenacher Versammlung zur Besprechung der sozialen Frage« vom 6. bis 8. Oktober 1872. Aus ihr ging ein Jahr später der »Verein für Socialpolitik« hervor. Mitten in diesem Prozess ereignete sich allerdings die bis dahin größte Krise des Kapitalismus. Seit dem Winter 1872/73 gab es die ersten Warnsignale. Schließlich kam es zwischen dem 23. April und dem 1. Mai zum Wiener Börsencrash mit Kursverfall und Panikverkäufen. Im Juni erreichte die Finanzkrise Berlin. Am 15. September brach die New Yorker Bank Jay Cooke & Co. zusammen, die den Eisenbahnbau finanziert hatte. Es folgte die »Große Depression« (Hans Rosenberg), die bis 1896 anhielt.
Die Krise warf neue Fragen auf. Sie war eine »organische« (Antonio Gramsci), insofern sich in ihr ausdrückte, dass der bisherige Entwicklungstyp des Kapitalismus an seine inneren Grenzen gestoßen war. Mit der Entstehung der großen Konzerne vollzog sich der Übergang vom Konkurrenz- zum Monopolkapitalismus. Die Überakkumulation produzierte Überschusskapital auf der Suche nach profitablen Anlagesphären und intensivierte internationale Spannungen. Aus diesem Grund forderten die neu entstandenen Verbände von Großgrundbesitz und Industriekapital nun Schutzzölle. Zugleich drängten die nationalen Bourgeoisien zur Gewährleistung von Kapitalexport und zum Schutz von Auslandsinvestitionen ihre Staaten in Richtung Kolonialismus. So war die Weltwirtschafts- auch eine Transformationskrise. Auf dem Weg des Krisenmanagements verwandelte sich der alte liberale Konkurrenzkapitalismus im Rahmen der freihändlerischen »Pax Britannica« in den »Organisierten Kapitalismus« (Rudolf Hilferding) der zwischenimperialistischen Rivalitäten in einem fragmentierten Weltmarkt der Kolonialreiche. Der Kurs in Richtung Erster Weltkrieg war damit gesetzt.
Ideologie der nachholenden Nation
Der Umbruchprozess war notwendigerweise auch ein intellektueller. In den Diskussionen im VfS lässt sich die krisengetriebene Theoriegeschichte der politischen Ökonomie nachvollziehen. Dazu gehört, wie Sozialreform und Staatsinterventionismus, die ursprünglich der Revolutionsabwehr dienen sollten, sich im Kontext der Krise mit einer Orientierung auf einen auch nach außen starken Staat vermengten. Überhaupt besteht seit Cecil Rhodes und Joseph Chamberlain ein enger Zusammenhang zwischen bürgerlicher Sozialreform und Imperialismus, weil dieser als die einzige nichtrevolutionäre Lösung der sozialen Frage erschien. In Deutschland verkörpert diese Verbindung wohl niemand prominenter als Max Weber, der eine tragende Rolle im VfS spielte und sowohl Abhilfe gegen die »Marktabhängigkeit« der Lohnarbeiter wie auch einen starken Staat anstrebte, etwa gegen die »Polonisierung« im Osten.
1872/73 war die Situation jedoch noch offen. Der zugespitzte Gegensatz von Kapital und Arbeit und die Krise offenbarten die Notwendigkeit einer Reform. Die allgemeine Tendenz in der Wirtschaftswissenschaft der Zeit bestand darin, die angelsächsische liberale Orthodoxie zu hinterfragen und die Rolle des Staates in der Wirtschaft neu zu verhandeln. Die Frage war, wie stark der Bruch ausfallen sollte. Die »Historische Schule« von Bruno Hildebrand und ihrem wichtigsten Schüler Gustav Schmoller wandte sich gegen abstrakten Utilitarismus und betonte das Historische, Institutionelle, Kulturelle, Besondere. Allgemeine Annahmen über den liberalen »Nachtwächterstaat«, den Freihandel usw. als Nonplusultra für alle Zeiten und alle Staaten seien abzulehnen. An die Stelle des theoretischen Abstraktionismus und seiner in Frage gestellten Annahmen setzte man empirisch-induktive Verfahren. Joseph Schumpeter und die zeitgleich entstehende neuliberale Österreichische Schule warfen der Historischen Schule daher Theorielosigkeit vor. Auch aus marxistischer Sicht ist festzustellen, dass sie als Teil der Institutionellen Politischen Ökonomie kaum mit dem Wirtschaftsliberalismus bricht, sondern den kapitalistischen Markt zum Ausgangspunkt nimmt, um dann mehr oder weniger starke Ausnahmen zu definieren.
Die Kritik der angelsächsischen Ökonomik blieb dabei freilich nicht nur wissenschaftliche Auseinandersetzung. Vielmehr handelte es sich um die ideologische Entsprechung des Konflikts zwischen britisch-imperialem Herzland und einem nachholend sich entwickelnden »hobbesschen Randstaat« (Kees van der Pijl). Zu Recht verwies die Historische Schule gemeinsam mit dem Marxismus auf die Tatsache, dass die Marktvergötterung der Angelsachsen verschweige, dass der Staat durchaus eine wesentliche Rolle in der Entstehung des englischen Kapitalismus gespielt hatte, und zwar sowohl in der gewaltsamen Herstellung von »doppelt freien Lohnarbeitern« während der ursprünglichen Akkumulation als auch in der merkantilistischen Abschottung der Wirtschaft in der kapitalistischen Frühentwicklung. Entsprechend suchte die Historische Schule die notwendige Staatslenkung im nachholenden Deutschland zu begründen.
Allerdings würde es zu kurz greifen, den VfS nur als Indikator einer nationalen Kurskorrektur anzusehen. Im Kontext von Revolutionsfurcht, zugespitzter internationaler Konkurrenz und Krise war er auch Ausdruck der »Großen Transformation« (Karl Polanyi) und dem damit einhergehenden Paradigmenwechsel. Als solcher wurde er auch von seinen Feinden erkannt. So schrieb Friedrich August von Hayek in »Der Weg zur Knechtschaft« (1944) zutreffend: »Über zwei Jahrhunderte hatten englische Ideen ihren Weg ostwärts genommen (…). Um das Jahr 1870 (…) setzte eine rückläufige Bewegung ein (…). Von nun an wurde Deutschland zum Zentrum, von dem die Ideen, die die Welt im 20. Jahrhundert regieren sollten, nach Osten und Westen ausgingen«: Hegel, Marx, List, Schmoller, Sombart, Mannheim.
Die Positionen im VfS waren indes kaum einhellig. Es gab heftige Richtungsstreitigkeiten. Sie erfolgten insbesondere zwischen Historischer Schule und den stärker kapitalismuskritischen Sozialkonservativen. Deren wesentliche theoretische Vertreter waren Karl Rodbertus, in Eisenach vertreten durch den Berliner Revue-Redakteur Rudolf Meyer, und der Nationalökonom Adolph Wagner. Es ist Dieter Lindenlaubs Schrift »Die Richtungskämpfe im Verein für Socialpolitik« (1966) zu verdanken, dass die nachträgliche Homogenisierung des VfS entmythologisiert wurde. Sie ergab sich durch die Niederlage der Sozialkonservativen während der Gründungsphase. Die Krise von 1873 hatte deren »Staatssozialismus« noch verstärkt. Standen bis dahin regulatorische Vorhaben wie die Fabrikinspektion, der Arbeiterschutz, der Normalarbeitstag zur Behandlung der Arbeiterfrage sowie das Rentenprinzip von Rodbertus und die Grundentschuldung zur Behandlung der Agrarfrage im Vordergrund, so änderte sich dies mit der Krise, weil sich nun auch sehr viel stärker gesamtwirtschaftliche Steuerungsfragen aufdrängten: für oder gegen den Schutzzoll, für oder gegen staatliche Rettungen privatwirtschaftlicher Akteure, für oder gegen Verstaatlichungen?
Projekt Staatssozialismus
In diesem Kontext radikalisierten die Sozialkonservativen ihre »staatssozialistischen« Vorstellungen und operierten mit frühen Formen der makroökonomischen Wirtschaftssteuerung. Die Bezeichnung »Kathedersozialismus« als Gegenprinzip zum Manchesterkapitalismus ist insofern nicht ganz falsch, als sie sich, auf ein Kontinuum Markt – Staat bezogen, stärker in Richtung Staat bewegt. Dies erkannte selbst der dem alten Wirtschaftsliberalismus zugeneigte Lujo Brentano an: Alle »Kathedersozialisten« seien »zu neuer Anerkennung der Berechtigung der Staatseinmischung in das Wirtschaftsleben« gekommen. Damit ist aber noch nicht ausgesagt, wie stark und zu welchem Zweck.
Die Sozialkonservativen plädierten für ein Bündnis von Grundbesitz und Arbeiterklasse in Gegnerschaft zu den Bürgerlich-Liberalen, die genau das zu verhindern trachteten. Artikuliert wurde der Konflikt in Form der Frage nach der Tiefe der Korrekturen an der kriselnden liberalen Orthodoxie. Die konservativen »Staatssozialisten« Wagener und Meyer befanden sich im Richtungsstreit indes in der strukturell unterlegenen Position. Es war von daher nicht verwunderlich, dass in Eisenach neben Meyer (als Zögling von Rodbertus und Wagener) zwischenzeitlich noch zwei weitere Akteure auftraten: Adolph Wagner, seit 1870 Professor für Nationalökonomie in Berlin, und Hermann Roesler, Professor für Staatswissenschaft in Rostock.
Wagner hatte am 12. Oktober 1871 auf der freien kirchlichen Versammlung evangelischer Männer in Berlin einen vielbeachteten Vortrag gehalten, der 1872 als »Rede über die soziale Frage« publiziert wurde. In ihm stellte er sich grundsätzlich gegen die liberale Wirtschaftstheorie. In der Folge hatte er auch Tuchfühlung zu den Sozialkonservativen aufgenommen. Seither kooperierten sie eng, was Wagner auch stärker mit Rodbertus verband, der sich von außen in den Konstituierungsprozess des VfS einschaltete.
Meyer reiste zusammen mit Wagner nach Eisenach. Rodbertus zeigte sich in einem Brief an Meyer vom 17. September 1872 zuversichtlich, dass man hier würde reüssieren können. Der Brief belegt, wie sehr Rodbertus die Gegensätze zwischen »staatssozialistischen« Sozialkonservativen und sozialliberalen »Kathedersozialisten« bewusst waren: »Seit dem Frühjahr (…) glaubte ich, die Kathedersocialisten würden unter sich sein. Nun sehe ich an den andern Namen (…), dass die ganze Angelegenheit ihrem Chef W[agener] in die Hände gespielt ist.« Meyer merkte dazu später an: »R[odbertus] war, nicht mit Unrecht misstrauisch, allein hier ging er zu weit. Die Kathedersocialisten handelten nicht unter den Impulsen Wageners sondern der [liberalen] Delbrückclique (…). Wageners Stellung war schon damals unhaltbar, da er die ganze liberale Bureaukratie gegen sich und Bismarck nur noch hie und da für sich hatte.« Er selbst sei »in Eisenach (…) sofort in die heftigste Opposition zum Gros der Kathedersocialisten« geraten. Diese Einschätzung Meyers teilte auch Brentano, neben Schmoller und Wagner der prominenteste Eisenacher. In seinen Lebenserinnerungen weist auch er auf die isolierte Stellung der Sozialkonservativen hin: »Wagner erwartete vom preußischen Königtum die Förderung (der) kulturhistorischen Entwicklung« der »Verminderung des (Privat-)Eigentumsumfangs als leitendes Prinzip im Kulturgang der Rechtsentwicklung«. In Eisenach habe »1872 nur (…) Meyer (…) diesen Anschauungen Sympathie entgegengebracht.«
Die erheblichen Unterschiede zwischen Sozialliberalen und »Staatssozialisten« offenbarten sich in ihren Auffassungen über Pläne für die Fabrikinspektion, die Einführung von Mindestlöhnen, einer Sozialversicherung und progressiven Einkommenssteuer, für öffentliche Beschäftigungsprogramme, Verstaatlichungen und den Rechtsschutz für gewerkschaftliche Lohnverhandlungen und Tarifverträge. Am heftigsten tobte der Konflikt über die Besteuerung der großen Einkommen, Verstaatlichungen und die Stärkung von Gewerkschaftsrechten. Dabei nahmen die Sozialkonservativen in all diesen Fragen die »sozialistischere« Position ein, was Rodbertus im Brief an Meyer zu der Aussage führte: »Wie kann man Sie aber die äusserste Rechte in der socialen Frage nennen? Sie repräsentiren ja die äusserste Linke.«
Auch Brentano bestätigt in seinen Erinnerungen, dass man sich im VfS über die Differenzen bewusst war: »Wagner (…) stimmte in dem, was er wollte, weder mit meiner Auffassung noch mit der von Schmoller und Gneist überein (…). (E)r wollte die soziale Reform prinzipiell und in allen ihren Teilen aufrollen (…). Die Zeit sollte nun bald zeigen, welche Auffassung berufen sei, dem Verein das Gepräge zu geben (…). Auf dem Kongress von 1875 erschien nun Rudolf Meyer allein, um einen von ihm und von Rodbertus unterzeichneten Antrag zu stellen, dem Reichskanzler das Ersuchen auszusprechen, der deutschen Industrie sowie den bei derselben beteiligten Unternehmern und Arbeitern sowohl nach außen wie nach innen den Schutz zu gewähren bzw. zu verschaffen, welcher in Anerkennung des Wertes der Arbeit und der eigengearteten Stellung der deutschen Industrie als das alleinige Mittel erscheint, unsere in Frage gestellte Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt und den sozialen Frieden auf dem heimischen Markt wiederzugewinnen. Meyer wünschte, dass sein Antrag an einem dritten Kongresstage verhandelt werde, um bis dahin soviel Sukkurs heranzuziehen, dass der Antrag angenommen worden wäre. Mit seiner Annahme wäre der Verein (…) Wagener ausgeliefert gewesen. Um dies zu verhindern, habe ich (…) auf Grund (…) unserer Geschäftsordnung, dass jeder Antrag drei Wochen vor der Versammlung bekannt zu geben sei, beantragt, Meyers Antrag als unzulässig abzuweisen. So geschah es. Meyer stampfte vor Wut und verließ zornig den Saal.« Kein Wunder, dass Meyer Brentano fortan als Erzfeind bezeichnete.
Die »Staatssozialisten« blieben mit ihren Forderungen nach »Nationalisierung der wichtigsten Dienstleistungsindustrien, insbesondere derjenigen, welche bereits unter beinahe monopolistischen Bedingungen arbeiteten wie z. B. auf den Gebieten der Transport- und Kommunikationsmittel, des Bank- und Versicherungswesens, der Kraftwerke und öffentlichen Versorgungsbetriebe« letztlich isoliert.
So konsequent nun aber Wagner wirtschaftlich war, so eng verknüpft blieb sein Staatssozialismus mit der »Staatsräson«. Er pries den »preußischen Kameralismus« und redete dem Machtstaat das Wort. Dazu gehörte die Propagierung des Kolonialismus. Die Demokratie lehnte er ab. So oder so: Wagner und die Sozialkonservativen unterlagen. Nicht lange danach verließ Wagner den Verein.
Im »Nationalen« unterschied sich Wagner kaum von Schmoller. Während dem Liberalen Brentano die Nachahmung des englischen Liberalismus vorschwebte, der Arbeiterforderungen über die Gewerkvereine in die liberale Partei integriert hatte, wollte Schmoller die Gesellschaft durch Sozialreformen einen, als Voraussetzung für eine Machtstaatpolitik nach außen.
Meyer wiederum ging nach der Niederlage im VfS auch mehr und mehr zum Reichskanzler auf Distanz, als sich abzeichnete, dass dieser in Richtung Schutzzoll, Sozialistengesetz und (Kolonial-)Imperialismus gehen würde, womit sich die Hoffnung auf den »staatssozialistischen« Cäsaren zerschlagen hatte. 1877 warf er Bismarck in »Politische Gründer und die Corruption in Deutschland« persönliche Vorteilsnahme vor. Mit Wagner entzweite er sich später in der Frage der Agrarzölle und des Kolonialismus. In »Die Ursachen der amerikanischen Concurrenz« (1883) attackierte er ihn auch in einem Atemzug mit den »Kathedersocialisten, welche (…) noch immer glauben, Fürst Bismarck sei ein socialer Reformator«. Wagners national-sozial-imperialistischen Kurs wollte er nicht mittragen: Er wende sich »mit Abscheu von jenem Chauvinismus ab, der von der Tribüne des Parlaments einer Großmacht (…) mit jener Macht und Größe prahlt, welche wir 1866 und 1870 zwei Nachbarn gegenüber bewiesen haben.«
Das Elend der Neoklassik
Der Richtungsstreit von einst kennzeichnet den VfS heute nicht mehr. Dabei gäbe es für Kontroversen ausreichend Grund. Insofern als Ergebnis des Siegs der neoliberalen Konterrevolution jedoch der Druck von unten fehlt, ist er dieser Tage ein homogen dem Wirtschaftsliberalismus und der Neoklassik verschriebener Zusammenschluss. Man könnte auch von einer Versammlung der Kathederneoliberalen sprechen, und insofern wäre der Name »Verein gegen Socialpolitik« passender. Zu den Vorsitzenden gehörten in jüngerer Zeit der Marktdoktrinär Hans Werner Sinn und die aktuelle Vorsitzende der »Wirtschaftsweisen« der Bundesregierung, Monika Schnitzer, die sich u. a. für die Rente mit 70 und viele weitere »alternativlose« Sozialkürzungsmaßnahmen stark macht.
In jedem Fall hat sich der VfS von seinem Gründungskonsens zum Scheitern wirtschaftsliberaler Politik weit entfernt. Streit findet heute in getrennten Organisationen statt. Im Nachgang der globalen Finanzkrise, die das Elend und den Autismus der Neoklassik und ihrer Annahmen zu »homo oeconomicus«, Gleichgewichtstheorem usw. offenbarte, entwickelte sich der Widerstand heterodoxer Ökonomen. 2012 gipfelte er in einer Gegenkonferenz. Die Kritiker forderten »Theorienvielfalt statt geistiger Monokultur«, »Methodenvielfalt statt angewandter Mathematik« und »Selbstreflexion statt unhinterfragter, normativer Annahmen«. Konsultationen, die eine Erweiterung des Spektrums ergeben sollten, scheiterten.
Die angesichts der heutigen Systemkrise anstehende Erneuerung des wirtschaftstheoretischen Denkens dürfte sich jenseits des VfS vollziehen. Vielleicht trifft sich die alternative politische Ökonomie irgendwann noch einmal in Eisenach. Von dort kam ja auch nicht das schlechteste Programm der sozialistischen Arbeiterbewegung, das im Bürgertum für ein solches Fracksausen sorgte, dass der VfS überhaupt entstehen konnte.
]]>#Sénégal : comment un trafic de rendez-vous pour obtenir un visa vers l’Europe s’est installé
Au Sénégal, c’est la galère pour obtenir des rendez-vous de demande de visas pour l’Europe. Il faut parfois plusieurs mois pour trouver un créneau. Un trafic s’est donc organisé, avec des intermédiaires qui réussissent à se saisir de ces créneaux et les revendent à prix d’or aux Sénégalais désespérés. Illustration.
Aliou actualise sans arrêt la même page internet depuis plus de deux mois : le site de #VFS_global, sur lequel se réservent les #rendez-vous pour les demandes de visa pour la France. Et le même message s’affiche à chaque fois. « Aucun rendez-vous trouvé », résume Aliou.
Cet artiste graffeur devait se rendre à la Réunion, un département français de l’océan Indien, sur invitation pour un festival. Un de ses amis le met alors en contact avec un intermédiaire. Aliou explique : « Si on me dit qu’il faut passer par la plateforme et que j’essaie depuis deux mois et que ça ne passe pas, je vais essayer d’exploiter d’autres ressources. Le gars m’a dit qu’il faut que je lui envoie de l’argent pour qu’il me trouve un rendez-vous. Pour l’instant, je lui ai envoyé 100 000 ».
Des rendez-vous qui peuvent coûter jusqu’à 400 euros
100 000 francs CFA, soit 150 euros, sans garantie de résultats. Des sommes qui peuvent s’envoler jusqu’à 400 000 francs CFA. Cet homme, qui souhaite rester anonyme, a aussi dû passer par ce marché noir pour acheter un rendez-vous à sa belle-sœur. Il a remarqué que les vendeurs avaient des méthodes bien rodées : « Ce sont souvent des gens qu’on n’arrive pas à avoir au téléphone et on communique souvent par WhatsApp et au moment du règlement, on règle souvent par mobile money. »
Mary est étudiante en marketing. Elle et six de ses camarades devaient partir en France pour un échange universitaire. Mais là encore, impossible de trouver un rendez-vous. Les étudiants échangent sur Messenger avec des revendeurs, mais finissent par renoncer. « On a carrément perdu espoir, soupire Mary. Ce qui fait le plus mal, c’est qu’on a fait toutes les étapes. On a tous les papiers, mais il nous manque juste le visa ».
Pour Aliou, le graffeur, le départ pour 1er octobre est fortement compromis.
’Il y a une pénurie de disponibilité de créneaux en ligne. De telles situations sont exploitées par des fraudeurs qui escroquent les voyageurs en leur proposant des créneaux de rendez-vous en échange d’argent. Nous conseillons fortement à tous les candidats de se méfier des rabatteurs, en se faisant passer parfois pour des partenaires de VFS Global. Et l’une des mesures essentielles que nous avons introduite est l’exigence du paiement et des frais de service en ligne pour certains pays comme le Sénégal. C’est la garantie que les rendez-vous sont bloqués par de véritables candidats. Et cela résout également les problèmes de "#No_Show" ; c’est-à-dire les gens qui prennent rendez-vous et qui ne viennent pas. Nous avons amplifié les avertissements à plusieurs points de contact : les plateformes des médias sociaux, SMS, messages vocaux, au centre d’appel, des annonces. #VFS Global, c’est un #prestataire_de_services consulaires pour les gouvernements. Les plages de rendez-vous, les délais de traitement, les décisions concernant les demandes de visas sont la seule prérogative de l’ambassade ou bien du consulat concerné. Les délais de traitement des demandes de visas varient selon les pays. J’exhorte les demandeurs à faire leur demande de visa à l’avance et la plupart des pays acceptent les demandes de visa entre 3 et 6 mois avant la date prévue du voyage.’
Lamine Diagne, directeur des opérations pour VFS au Sénégal, sur la pénurie de rendez-vous
▻https://www.rfi.fr/fr/afrique/20231006-s%C3%A9n%C3%A9gal-comment-un-trafic-de-rendez-vous-pour-obtenir-un-visa
#visas #coût #prix #privatisation
]]>#Visas pour la #France. Le business des frontières fermées
Un vent de fronde souffle sur le continent. De nombreux Africains se plaignent de ne pas être remboursés lorsque leur demande de #visa pour la France est refusée, alors même que Paris a durci sa #politique_migratoire. Les #étudiants, dont les frais d’inscription à l’université ont été augmentés en 2019, sont particulièrement pénalisés.
C’est un #business florissant pour la France, et très coûteux pour les Africains. Depuis plusieurs semaines, l’État français est accusé par plusieurs organisations civiles africaines de se faire de l’argent sur le dos des demandeurs de visa. En cette rentrée universitaire, les critiques sont particulièrement vives du côté des étudiants. Car c’est une règle : les frais dépensés (plusieurs centaines d’euros) ne sont jamais remboursés, même si la procédure n’aboutit pas.
Le 17 août 2022, la Fédération marocaine des droits du consommateur s’est saisie du sujet. Son président, Bouazza Kherrati, a envoyé un courrier à Hélène Le Gal, ambassadrice de France dans le royaume chérifien. Dans sa lettre, il demande la restitution des « frais des visas non délivrés », invoquant un « service non fait ». Bouazza Kherrati a reçu une fin de non-recevoir de la part de la diplomate. Un mois plus tard, le 14 septembre, 115 organisations des deux rives de la Méditerranée ont signé l’appel intitulé : « La Politique des visas : discrimination et injustice ». Selon elles, entre 2021 et mars 2022, 23 % des demandes de visa en provenance des pays du Maghreb ont été refusées parce que ces États rechignent à rapatrier leurs ressortissants en situation irrégulière en France. Ces organisations dénoncent des procédures « extrêmement coûteuses et sans remboursement en cas de refus », ainsi que « des mesures discriminatoires insupportables ».
Le chantage au visa dénoncé dans ce communiqué est assumé par le ministre français de l’Intérieur. Le 6 novembre 2020, lors de sa visite en Tunisie, Gérald Darmanin avait évoqué le sujet avec le président Kaïs Saïed. Le ministre français avait demandé au chef de l’État d’accepter le retour des Tunisiens expulsés de France sans quoi le nombre de visas accordés serait réduit. Le 28 septembre 2021, sur France Inter, Gabriel Attal, alors porte-parole du gouvernement, parlait d’une « décision drastique, inédite, mais nécessaire » pour justifier la baisse sévère du nombre de visas accordés aux Tunisiens (-30 %), aux Marocains (-50 %) et aux Algériens (-50 %).
Plus de refus pour l’Afrique
La situation n’est pas tout à fait inédite. Dans les pays africains, le taux de refus est particulièrement élevé depuis au moins 2015 et ce que l’on a appelé en Europe « la crise migratoire ». En 2019, année pré-Covid qui peut être considérée comme une année « normale » (la pandémie a par la suite fait chuter les voyages internationaux), sur 1 471 374 demandes de visa en provenance de 47 pays africains, 448 400 ont été refusées, soit un taux de 30,47 %. C’est presque deux fois plus que la moyenne de l’ensemble des consulats français dans le monde (16 %). Dans le détail, certains pays se distinguent. C’est le cas de l’Algérie (de 41,6 % de refus à 54,8 % selon les consulats), du Sénégal (42,7 % de refus), des Comores (42,3 %), de la Guinée-Conakry (52 %), du Nigeria (41,3 % de refus à Abuja et 52 % à Lagos), du Togo (34,9 %) ou encore du Maroc (32 %)1.
En 2021, année post-Covid, le nombre de demandes a été beaucoup moins élevé (325 972), mais l’écart reste significatif entre la moyenne des refus au niveau mondial et celle qui concerne uniquement l’Afrique : 21 %, contre 27 %. C’est un fait : la politique migratoire de la France est plus sévère pour les ressortissants africains que pour les personnes venant des autres continents (en comparaison, le taux de refus pour des demandes de visa depuis la Chine était de 5,4 % en 2019).
Ces derniers mois, des étudiants ont ainsi été écartés arbitrairement, « alors que certains avaient déjà commencé leur cycle universitaire en France », explique Olivier Deau, attaché parlementaire de Karim Ben Cheikh, député (Nupes) de la 9e circonscription des Français de l’étranger. L’élu, ancien consul général à Beyrouth, sera le rapporteur spécial de l’évaluation annuelle de l’action extérieure de l’État. Ce document produit chaque année par l’Assemblée nationale étudie l’activité du ministère des Affaires étrangères. La question des visas sera au cœur de son travail, car, précise Olivier Deau, « nous recevons chaque jour des dizaines de demandes d’intervention de Français dont le conjoint, ou un membre de la famille, n’a pu obtenir un visa ou tout simplement une réponse ».
Un #trafic de visas à Dakar ?
En septembre 2022, à Dakar, les délais d’attente pour obtenir un rendez-vous de dépôt de dossier auprès du prestataire privé #VFS_Global (qui gère le dépôt du dossier et l’enregistrement des données biométriques pour le compte du consulat français) dépassaient deux mois. Quant à ceux qui avaient enfin pu le déposer, ils n’avaient toujours pas obtenu de réponse plusieurs semaines après leur enregistrement. Afin de débloquer la situation, Moïse Sarr, le secrétaire d’État chargé des Sénégalais de l’étranger, a rencontré les 12 et 22 août Philippe Lalliot, l’ambassadeur de France, et Didier Larroque, le consul général à Dakar2. Les deux diplomates ont promis de renforcer les équipes et d’ouvrir 1 200 créneaux supplémentaires au niveau du prestataire.
Contacté par Afrique XXI, George Cherian, le directeur adjoint de VFS Global en charge de la communication, explique ces difficultés par « l’ouverture des frontières internationales, l’assouplissement des restrictions de voyages, la reprise des vols internationaux, la vaccination généralisée et la réouverture des cours dans les universités étrangères ». Tout cela aurait selon lui « contribué à l’augmentation du trafic sortant du Sénégal cette année, notamment vers des destinations comme la France ». Ces explications, qui seraient à l’origine d’une augmentation de 250 % des demandes par rapport à 2021, sont également avancées par le ministère français de l’Europe et des Affaires étrangères, qui affirme « [s’efforcer] d’instruire ces demandes de visa dans le souci de favoriser les échanges entre [les] deux pays, notamment pour la mobilité étudiante ».
Une argumentation peu convaincante. Cette explosion des demandes ne représente en réalité qu’un « rattrapage » (terme utilisé par le Quai d’Orsay dans ses réponses envoyées à Afrique XXI) par rapport à la situation observée avant la pandémie de Covid-19 : en 2019, la France avait enregistré 52 721 demandes ; en 2021, 12 584 demandes. Si l’on applique une augmentation de 250 % à ce dernier chiffre, le nombre de demandes serait d’un peu plus de 44 000 depuis le début de l’année 2022. Le consulat n’aurait donc pas anticipé un retour à la normale, pourtant prévisible, en ne fournissant pas assez de créneaux à VFS Global.
Le problème est-il ailleurs ? Ainsi que l’a révélé la lettre d’information Africa Intelligence, une enquête administrative diligentée par le Quai d’Orsay au sujet du consulat français de Dakar a mis au jour un « trafic de visas » dont auraient pâti de nombreux demandeurs3.
Une manne financière pour le Quai
Centrafrique, Congo-Brazzaville, Sénégal… Les affaires de corruption dans les services consulaires français sont récurrentes. Déjà, en 2007, un rapport du Sénat établissait le constat suivant : « Pas un consulat visité n’a été épargné par des cas de corruption d’agents, en relation avec la demande de visas »4. C’est d’ailleurs l’un des arguments qui a été avancé par l’État français à la fin des années 2000 pour justifier le recours à des prestataires privés tels que le groupe indo-suisse VFS Global (basé à Dubaï). Ce système permettrait, selon les autorités, d’éviter les contacts directs entre les demandeurs et les fonctionnaires de la chancellerie et donc de limiter les possibilités de corruption.
Une certitude : loin d’avoir mis fin à ce fléau, cette privatisation est une charge supplémentaire pour les demandeurs, et a permis au Quai d’Orsay d’augmenter ses recettes – l’activité « visa » étant la seule qui en rapporte à ce ministère - tout en lui permettant de réduire ses effectifs dans les consulats. Selon un rapport publié par le Sénat en 2018, « les recettes tirées de l’activité visas se sont élevées à 217,7 millions d’euros, en hausse de 3,5 % par rapport à 2016 (210,4 millions d’euros) ». Pour 2019, les prévisions étaient de 222,1 millions d’euros. Avec « France Visa », une plateforme informatique sur laquelle s’enregistrent les demandeurs, les services consulaires pourraient bientôt voir leur activité principale disparaître. À terme, tous les dossiers devraient être étudiés à Nantes, où se trouve le siège flambant neuf de cette structure créée en 2018.
C’est une manne d’autant plus intéressante que même ceux qui n’obtiennent pas le fameux sésame l’abondent. Contacté, le Quai d’Orsay se réfugie derrière le « code Schengen » : « Le remboursement n’est pas prévu par la réglementation européenne et les frais sont fixés par le code communautaire des visas pour les visas de court séjour. » En tout cas, de nombreux étudiants africains admis dans une faculté française n’ont pu assister à la rentrée universitaire le 13 septembre. Certains ne comprennent pas le refus de leur visa malgré les sommes avancées et non remboursées. D’autres n’ont toujours pas eu de réponse. Aucun des étudiants contactés par Afrique XXI, et ayant une demande de visa en cours, n’ont souhaité s’exprimer. Tous craignent d’être reconnus et que leur dossier soit pénalisé.
La plupart d’entre eux sont passés par Campus France, un service destiné à les accompagner dans le choix de l’université et dans la constitution de leur dossier. Le passage par cette institution, qui dépend de l’ambassade, est obligatoire dès lors qu’elle est disponible dans le pays de la demande. Ce service est facturé entre 60 000 et 75 000 FCFA (entre 91 et 114 euros) selon les pays. En contrepartie, le prix du visa a certes été divisé par deux (40 euros), mais cela n’exonère pas l’étudiant des frais facturés par l’entreprise intermédiaire.
Le sentiment d’avoir été « arnaqué »
À la politique migratoire française particulièrement sévère envers les ressortissants africains s’est ajoutée une autre décision qui a mécaniquement écarté des universités françaises de nombreux étudiants du continent : entre 2018 et 2019, les frais d’inscription pour un étranger sont passés de 243 euros pour une année de cycle « master », à 3 770 euros. À cette époque, le gouvernement français avait pourtant envoyé des signaux contraires en affirmant vouloir accueillir 500 000 étudiants étrangers, contre 300 000 auparavant. Selon Campus France, ils étaient 400 000 inscrits lors de la dernière rentrée universitaire, et il y avait parmi eux 150 000 Africains. Mais ce chiffre est un cumul comprenant les étudiants déjà inscrits les années précédentes et les nouveaux arrivants. En réalité, selon nos calculs, seuls 8 000 nouveaux étudiants africains ont obtenu leur visa pour venir étudier en France en 2022.
Le Sénégalais Adama Seck a tenté sa chance en 2019. Il avait alors 27 ans. Admis à l’université de Bordeaux en première année de master, il s’était pourtant résolu à terminer son parcours à l’université Cheikh-Anta-Diop de Dakar. « Mon visa a été refusé au motif que mes documents étaient inexacts, raconte-t-il à Afrique XXI. J’aurais peut-être pu rectifier le tir si le consulat m’avait expliqué quels documents posaient problème. » Le flou entretenu par les réponses lapidaires fournies par le consulat est un reproche entendu couramment. Le manque de canaux de communication avec le consulat, pour un éventuel recours, en est un autre. Charles Malinas, ancien ambassadeur de France en Centrafrique, admet dans le livre qu’il vient de publier : « Le formulaire que doivent renseigner les demandeurs est à la fois intrusif et suffisamment ambigu pour qu’un refus puisse être opposé sans véritable motivation. Et les recours, possibles, sont en réalité pratiquement inaccessibles5. »
Pour Adama Seck - qui est aujourd’hui enseignant dans son pays -, l’addition fut salée : au coût du #visa_Schengen (60 euros à l’époque, 80 euros aujourd’hui) se sont ajoutés ceux du prestataire (entre 20 et 30 euros), ainsi qu’une caution de trois mois versée pour une chambre en colocation à Bordeaux (plusieurs centaines d’euros). Il avait également dû fournir une attestation de virement mensuel non révocable de 630 euros (un document qui prouve que l’étudiant disposera des ressources nécessaires pour vivre en France). « C’est un oncle installé en France qui a payé la caution et qui s’est engagé à verser cette somme mensuellement », explique-t-il. Mais, trois ans après sa mésaventure, le sentiment d’avoir été « arnaqué par la France » ne l’a pas quitté. Sentiment aujourd’hui partagé par de nombreux étudiants bloqués dans leur pays.
▻https://afriquexxi.info/Visas-pour-la-France-Le-business-des-frontieres-fermees
#privatisation #migrations #Afrique #Sénégal #université
#Visas : les ratés de la #sous-traitance à des #sociétés_privées
En quelques années, la #France a généralisé la #délégation à des entreprises privées de ses services de délivrance des visas. Difficultés à obtenir un rendez-vous, bugs informatiques, surcoût : les demandeurs se plaignent de nombreux dysfonctionnements résultant de cette nouvelle donne, qui, par ailleurs, pose de sérieuses questions en matière de #protection_des_données personnelles.
▻https://www.mediapart.fr/journal/international/021119/visas-les-rates-de-la-sous-traitance-des-societes-privees
#migrations #privatisation #VFS_global
ping @etraces
Nowhere to go: #Myanmar farmers under siege from land law
The Myanmar government has tightened a law on so-called ’vacant, fallow and virgin’ land, and farmers are at risk.
Han Win Naung is besieged on his own land.
Last September, local administrators in Myanmar’s southern Tanintharyi region put up a sign at the edge of his 5.7-hectare farm that read “Under Management Ownership - Do Not Trespass”.
They felled the trees and started building a drug rehabilitation facility and an agriculture training school on opposite ends of his plot.
He was eventually informed that the administrators were challenging his claim to the land and had filed charges against him under a controversial law that could see him jailed for three years.
“I didn’t know what this law was,” the 37-year-old farmer told Al Jazeera. “I didn’t understand what was happening to us. They also asked us to move. We don’t have anywhere else to go.”
Han Win Naung is accused of violating the Vacant, Fellow and Virgin (#VFV) Lands Management Law which requires anyone living on land categorised as “vacant, fallow, and virgin” to apply for a permit to continue using it for the next 30 years.
According to estimates based on government data, this category totals more than 20 million hectares or 30 percent of Myanmar’s land area. Three-quarters of it is home to the country’s ethnic minorities.
The law has sparked outrage among land-rights activists, who say it criminalises millions of farmers who do not have permits and lays the ground for unchecked land seizures by the government, the military and private companies.
Struggle to survive
“The more people learn about this law, the more they will use it against farmers who cannot afford lawyers,” said a lawyer who is representing Han Win Naung. She asked to be identified only as a member of Tanintharyi Friends, a group that represents several farmers who have been sued under this law.
Now Han Win Naung’s farm is in disrepair. Because of the lawsuit, he has been unable to tend to the mango, banana and cashew trees that have sustained his family since his father set up the farm 28 years ago.
“We haven’t been able to do anything on the farm since September … We are facing a lot of trouble getting food on the table,” he said.
The VFV law is modelled on a British colonial policy in which land occupied by indigenous people was labelled “wasteland” in order to justify seizing it and extracting its revenue. After independence, Myanmar’s military rulers adopted the strategy as a way to ensure they could feed their ranks.
In 2012, the nominally civilian government under former general Thein Sein enshrined the strategy into law, referring to the targeted land as “vacant, fallow, and virgin” instead of “wasteland”.
Last year, despite coming to power on a platform of protecting the land rights of smallholder farmers and promising to reverse all military land grabs within a single year, the government of Aung San Suu Kyi and her National League for Democracy (NLD) made the VFV law stricter.
With the NLD’s endorsement, arrests and evictions of farmers like Han Win Naung are accelerating.
In September 2018, Myanmar’s parliament, which is controlled by the NLD, passed an amendment that imposed a two-year prison sentence on anyone found living on “vacant, fallow, and virgin land” without a permit after March 11.
This gave millions of farmers, many of them illiterate or unable to speak Burmese, just six months to complete a Kafkaesque process of claiming land they already consider their own.
According to a survey conducted by the Mekong Region Land Governance Project, in the month before the deadline, 95 percent of people living on so-called VFV land had no knowledge of the law.
’Torn up’
As the deadline approached, local land-rights activists jumped into action, sending petitions to the government demanding that the law be repealed.
In November, 300 civil society organisations signed an open letter denouncing the law as “an effort to grab the land of ethnic peoples across the country”, especially land belonging to hundreds of thousands of refugees and internally displaced people who have no ability to apply for permits.
In December, the Karen National Union (KNU), a powerful ethnic armed organisation that had recently withdrawn from the national peace process, called for the VFV law to be “torn up”, raising the spectre of future conflict.
But these petitions fell on deaf ears, and as the deadline expired, millions of people, many of whose families had been on the same land for generations, became trespassers.
Saw Alex Htoo, deputy director of the Karen Environmental and Social Action Network (KESAN), blames the NLD’s pursuit of foreign investment for the policy.
“The NLD is pushing for investment to come into the country without really looking at what’s happening on the ground,” he said. “That’s the only way they could support this VFV law, which is inviting conflict and will displace millions of farmers across the country.”
When asked why the party would pass an amendment that could harm so many people, NLD spokesperson Myo Nyunt said that while land disputes might arise, the purpose of the law was not mass dispossession.
“The purpose of the law is to promote the rule of law,” he said.
"When we implement the new law, those affected have the responsibility to understand and follow it. If they have grievances, they can report them to the relevant committee addressing land grabs. There will be some people who are affected negatively by this law, but that is not the intention of this law.
“The government is working to improve the livelihood and quality of life in Myanmar and the rule of law.”
Ye Lin Myint, national coordinator for the Myanmar Alliance for Transparency and Accountability (MATA), said enforcement of the VFV law actually calls the rule of law into question because it contradicts several earlier government commitments, including the 2015 Nationwide Ceasefire Agreement (NCA) between the government and eight ethnic armed organizations.
“The NCA clearly states that during the peace process, there should be no land seizures,” he said. “This law will start a domino effect of ethnic conflict.”
Conflict over the VFV law has already begun. At least one activist has been arrested for protesting against it and observers say the NLD’s role in generating conflict risks a backlash in next year’s election.
“The ruling National League for Democracy party are really shooting themselves in the foot with the VFV law,” said Phil Robertson, deputy Asia director for Human Rights Watch. “This will be a human rights disaster that goes to the doorstep of millions of farmers across the nation, and it’s a fair bet they will punish those they consider responsible in the next election.”
Han Win Naung attests to this. Since he was sued, his 80-year-old father has stopped eating and cannot sleep. His children, nieces, and nephews are embarrassed to go to school.
“People like us have been suffering since this government came to power,” he said. “We don’t think we will be voting for the NLD in 2020.”
▻https://www.aljazeera.com/news/2019/03/myanmar-farmers-siege-land-law-190328003658355.html
#Birmanie #terres #agriculture #géographie_du_vide #loi #expulsion #minorités #accaparemment_des_terres
ping @odilon
La politique d’#externalisation_des_frontières de l’UE, ses bénéficiaires et ses conséquences pour les #droits_humains.
Résumé du rapport
La situation désespérée des 66 millions de personnes déplacées dans le monde ne semble troubler la conscience européenne que lorsqu’un drame a lieu à ses frontières et se retrouve sous le feu des projecteurs médiatiques. Un seul État européen – l’Allemagne – se place dans les dix premiers pays au monde en termes d’accueil des réfugiés : la grande majorité des personnes contraintes de migrer est accueillie par des États se classant parmi les plus pauvres au monde. Les migrations ne deviennent visibles aux yeux de l’Union européenne (UE) que lorsque les médias s’intéressent aux communautés frontalières de Calais, Lampedusa ou Lesbos et exposent le sort de personnes désespérées, fuyant la violence et qui finissent par mourir, être mises en détention ou se retrouver bloquées.
Ces tragédies ne sont pas seulement une conséquence malheureuse des conflits et des guerres en cours dans différents endroits du monde. Elles sont aussi le résultat des politiques migratoires européennes mises en œuvre depuis les accords de Schengen de 1985. Ces politiques se sont concentrées sur le renforcement des frontières, le développement de méthodes sophistiquées de surveillance et de traque des personnes, ainsi que l’augmentation des déportations, tout en réduisant les possibilités de résidence légale malgré des besoins accrus. Cette approche a conduit un grand nombre de personnes fuyant la violence et les conflits et incapables d’entrer en Europe de manière légale à emprunter des routes toujours plus dangereuses.
Ce qui est moins connu, c’est que les tragédies causées par cette politique européenne se jouent également bien au-delà de nos frontières, dans des pays aussi éloignés que le Sénégal ou l’Azerbaïdjan. Il s’agit d’un autre pilier de la gestion européenne des flux migratoires : l’externalisation des frontières. Depuis 1992, et plus encore depuis 2005, l’UE a mis en œuvre des politiques visant à externaliser les frontières du continent et empêcher les populations déplacées de parvenir à ses portes. Cela implique la conclusion d’accords avec les pays voisins de l’UE afin qu’ils reprennent les réfugiés déportés et adoptent, comme l’Europe, des mesures de contrôle des frontières, de surveillance accrue des personnes et de renforcement de leurs frontières. En d’autres termes, ces accords ont fait des pays voisins de l’UE ses nouveaux garde-frontières. Et parce qu’ils sont loin des frontières européennes et de l’attention médiatique, les impacts de ces politiques restent relativement invisibles aux yeux des citoyens européens.
Ce rapport cherche à mettre en lumière les politiques qui fondent l’externalisation des frontières européennes et les accords conclus, mais aussi les multinationales et sociétés privées qui en bénéficient, et les conséquences pour les personnes déplacées ainsi que pour les pays et les populations qui les accueillent. Il est le troisième de la série Border Wars, qui vise à examiner les politiques frontalières européennes et à montrer comment les industries des secteurs de l’armement et de la sécurité ont contribué à façonner les politiques de sécurisation des frontières de l’Europe, puis en ont tiré les bénéfices en obtenant un nombre croissant de contrats dans le secteur.
Ce rapport étudie l’augmentation significative du nombre de mesures et d’accords d’externalisation des frontières depuis 2005, le phénomène s’accélérant massivement depuis le sommet Europe-Afrique de La Valette en novembre 2015. Via une série de nouveaux instruments, tels que le Fonds fiduciaire d’urgence pour l’Afrique (EUTF), le Cadre pour les partenariats avec les pays tiers en matière de gestion des migrations et la Facilité en faveur des réfugiés en Turquie, l’UE et les États membres injectent des millions d’euros dans un ensemble de projets visant à prévenir la migration de certaines populations vers le territoire européen.
Cela implique la collaboration avec des pays tiers en matière d’accueil des personnes déportées, de formation des forces de police et des garde-frontières ou le développement de systèmes biométriques complets, ainsi que des donations d’équipements incluant hélicoptères, bateaux et véhicules, mais aussi des équipements de surveillance et de contrôle. Si de nombreux projets sont coordonnés par la Commission européenne, un certain nombre d’États membres, tels que l’Espagne, l’Italie et l’Allemagne, prennent également des initiatives individuelles plus poussées en finançant et en soutenant les efforts d’externalisation des frontières par le biais d’accords bilatéraux.
Ce qui rend cette collaboration particulièrement problématique est le fait que de nombreux gouvernements qui en bénéficient sont profondément autoritaires, et que les financements sont souvent destinés aux organes de l’État les plus responsables des actes de répression et de violations des droits humains. L’UE fait valoir, à travers l’ensemble de ses politiques, une rhétorique consensuelle autour de l’importance des droits humains, de la démocratie et de l’état de droit ; il semble cependant qu’aucune limite ne soit posée lorsque l’Europe soutient des régimes dictatoriaux pour que ces derniers s’engagent à empêcher « l’immigration irrégulière » vers le sol européen. Le résultat concret se traduit par des accords et des financements conclus entre l’UE et des régimes aussi tristement célèbres que ceux du Tchad, du Niger, de Biélorussie, de Libye ou du Soudan.
Les politiques européennes dans ce domaine ont des conséquences considérables pour les personnes déplacées, que le statut « illégal » rend déjà vulnérables et plus susceptibles de subir des violations de droits humains. Nombre d’entre elles finissent exploitées, avec des conditions de travail inacceptables, ou encore sont mises en détention ou directement déportées dans le pays qu’elles ont fui. Les femmes réfugiées sont particulièrement menacées par les violences basées sur le genre, les agressions et l’exploitation sexuelles.
La violence et la répression que subissent les déplacés favorisent également l’immigration clandestine, reconfigurant les activités des passeurs et renforçant le pouvoir des réseaux criminels. De fait, les personnes déplacées sont souvent forcées de se lancer sur des routes alternatives, plus dangereuses, et de s’en remettre à des trafiquants de moins en moins scrupuleux. En conséquence, le nombre de morts sur les routes migratoires s’élève de jour en jour.
En outre, le renforcement des organes de sécurité de l’Etat dans l’ensemble des pays du MENA (Moyen Orient Afrique du Nord), du Maghreb, du Sahel et de la Corne de l’Afrique constitue une menace directe contre les droits humains et la responsabilité démocratique dans ces zones, notamment en détournant des ressources essentielles qui pourraient suppress être destinées à des mesures économiques ou sociales. En effet, ce rapport montre que l’obsession européenne à prévenir les flux migratoires réduit non seulement les ressources disponibles, mais dénature également les échanges, l’aide et les relations internationales entre l’Europe et ces régions. Comme l’ont signalé de nombreux experts, ce phénomène crée un terreau favorable à toujours plus d’instabilité et d’insécurité, et a pour conséquence de pousser toujours plus de personnes à prendre la route de l’exil.
Un secteur économique a cependant grandement tiré parti des programmes d’externalisation des frontières de l’UE. En effet, comme l’ont montré les premiers rapports Border Wars, les secteurs de l’industrie militaire et de sécurité ont été les principaux bénéficiaires des contrats de fourniture d’équipements et de services pour la sécurité frontalière. Les entreprises de ces secteurs travaillent en partenariat avec un certain nombre d’institutions intergouvernementales et (semi) publiques qui ont connu une croissance significative ces dernières années, à mesure qu’étaient mise en oeuvre des dizaines de projets portant sur la sécurité et le contrôle des frontières dans des pays tiers.
Le rapport révèle que :
La grande majorité des 35 pays considérés comme prioritaires par l’UE pour l’externalisation de ses frontières sont gouvernés par des régimes autoritaires, connus pour leurs violation des droits humains et avec des indicateurs de développement humain faibles.
48% d’entre eux (17) ont un gouvernement autoritaire, et seulement quatre d’entre eux sont considérés comme démocratiques (mais toujours imparfaits)
448% d’entre eux (17) sont listés comme « non-libres », et seulement trois sont listés comme « libres » ; 34% d’entre eux (12) présentent des risques extrêmes en matière de droits humains et les 23 autres présentent des risques élevés.
51% d’entre eux (18) sont caractérisés par un « faible développement humain », seulement huit ont un haut niveau de développement humain.
Plus de 70% d’entre eux (25) se situent dans le dernier tiers des pays du monde en termes de bien-être des femmes (inclusion, justice et sécurité)
Les États européens continuent à vendre des armes à ces pays, et cela en dépit du fait que ces ventes alimentent les conflits, les actes de violence et de répression, et de ce fait contribuent à l’augmentation du nombre de réfugiés. La valeur totale des licences d’exportations d’armes délivrées par les États membres de l’UE à ces 35 pays sur la décennie 2007-2016 dépasse les 122 milliards d’euros. Parmi eux, 20% (7) sont sous le joug d’un embargo sur les ventes d’armes demandé par l’UE et/ou les Nations Unies, mais la plupart reçoivent toujours des armes de certains États membres, ainsi qu’un soutien à leurs forces armées et de sécurité dans le cadre des efforts liés aux politiques migratoires.
Les dépenses de l’UE en matière de sécurité des frontières dans les pays tiers ont considérablement augmenté. Bien qu’il soit difficile de trouver des chiffres globaux, il existe de plus en plus d’instruments de financement pour les projets liés aux migrations, la sécurité et les migrations provient de plus en plus d’instruments, la sécurité et les migrations irrégulières étant les principales priorités. Ces fonds proviennent aussi de l’aide au développement. Plus de 80% du budget de l’EUTF vient du Fonds européen de développement et d’autres fonds d’aide au développement et d’aide humanitaire.
L’augmentation des dépenses en matière de sécurité des frontières a bénéficié à un large éventail d’entreprises, en particulier des fabricants d’armes et des sociétés de sécurité biométrique. Le géant de l’armement français Thales, qui est également un exportateur incontournable d’armes dans la région, est par exemple un fournisseur reconnu de matériel militaire et de sécurité pour la sécurisation des frontières et de systèmes et équipements biométriques. D’autres fournisseurs importants de systèmes biométriques incluent Véridos, OT Morpho et Gemalto (qui sera bientôt racheté par Thales). L’Allemagne et l’Italie financent également leurs propres groupes d’armement – Hensoldt, Airbus et Rheinmetall pour l’Allemagne et Leonardo et Intermarine pour l’Italie – afin de soutenir des programmes de sécurisation des frontières dans un certain nombre de pays du MENA, en particulier l’Égypte, la Tunisie et la Libye. En Turquie, d’importants contrats de sécurisation des frontières ont été remportés par les groupes de défense turcs, notamment Aselsan et Otokar, qui utilisent les ressources pour subventionner leurs propres efforts de défense, également à l’origine des attaques controversées de la Turquie contre les communautés kurdes.
Un certain nombre d’entreprises semi-publiques et d’organisations internationales ont également conclu des contrats de conseil, de formation et de gestion de projets en matière de sécurité des frontières. On y trouve la société para-gouvernementale française Civipol, l’Organisation internationale pour les migrations (OIM) et le Centre international pour le développement des politiques migratoires (ICMPD). Les groupes Thales, Airbus et Safran sont présents au capital de Civipol, qui a rédigé en 2003, à titre de consultant pour la Commission Européenne, un document très influent établissant les fondations pour les mesures actuelles d’externalisation des frontières, dont elle bénéficie aujourd’hui.
Les financements et les dons en matière d’équipements militaires et de sécurité ainsi que la pression accrue sur les pays tiers pour qu’ils renforcent leurs capacités de sécurité aux frontières ont fait croître le marché de la sécurité en Afrique. Le groupe de lobbying Association européenne des industries aérospatiales et défense (ASD) a récemment concentré ses efforts sur l’externalisation des frontières de l’UE. De grands groupes d’armement tels qu’Airbus et Thales lorgnent également sur les marchés africains et du Moyen-Orient, en croissance.
Les décisions et la mise en œuvre de l’externalisation des frontières au niveau de l’Union européenne ont été caractérisées par une rapidité d’exécution inhabituelle, hors du contrôle démocratique exercé par le Parlement européen. De nombreux accords importants avec des pays tiers, parmi lesquels les pactes « Migration Compact » signés dans le Cadre pour les partenariats et l’Accord UE- Turquie, ont été conclus sans ou à l’écart de tout contrôle parlementaire.
Le renforcement et la militarisation de la sécurité des frontières ont conduit à une augmentation du nombre de morts parmi les personnes déplacées. En général, les mesures visant à bloquer une route particulière de migration poussent les personnes vers des routes plus dangereuses. En 2017, on a dénombré 1 mort pour 57 migrants traversant la Méditerranée ; en 2015, ce chiffre était de 1 pour 267. Cette statistique reflète le fait qu’en 2017, les personnes déplacées (pourtant moins nombreuses qu’en 2015), principalement originaires d’Afrique de l’Ouest et de pays subsahariens, ont préféré la route plus longue et plus dangereuse de la Méditerranée Centrale plutôt que la route entre la Turquie et la Grèce empruntée en 2015 par des migrants (principalement Syriens). On estime que le nombre de migrants morts dans le désert est au moins le double de ceux qui ont péri en Méditerranée, bien qu’aucun chiffre officiel ne soit conservé ou disponible.
On assiste à une augmentation des forces militaires et de sécurité européennes dans les pays tiers pour la sécurité aux frontières. L’arrêt des flux migratoires est devenu une priorité des missions de Politique de sécurité et de défense commune (PSDC) au Mali et au Niger, tandis que des États membres tels que la France ou l’Italie ont également décidé de déployer des troupes au Niger ou en Libye.
Frontex, l’Agence européenne de garde-frontières et garde-côtes, collabore de plus en plus avec les pays tiers. Elle a entamé des négociations avec des pays voisins de l’UE pour mener des opérations conjointes sur leurs territoires. La coopération en matière de déportation est déjà largement implantée. De 2010 à 2016, Frontex a coordonné 400 vols de retours conjoints avec des pays tiers, dont 153 en 2016. Depuis 2014, certains de ces vols ont été appelés « opérations de retour conjoint », l’avion et les escortes navigantes provenant des pays de destination. Les États membres invitent de plus en plus fréquemment des délégations de pays tiers à identifier les personnes « déportables » sur la base de l’évaluation de nationalité. Dans plusieurs cas, ces identifications ont conduit à l’arrestation et à la torture des personnes déportées.
Ce rapport examine ces impacts en cherchant à établir comment ces politiques ont été mises en œuvre en Turquie, en Libye, en Égypte, au Soudan, au Niger, en Mauritanie et au Mali. Dans tous ces pays, pour parvenir à la conclusion de ces accords, l’UE a dû fermer les yeux ou limiter ses critiques sur les violations des droits humains.
En Turquie, l’UE a adopté un modèle proche de celui de l’Australie, externalisant l’ensemble du traitement des personnes déplacées en dehors de ses frontières, et manquant ainsi à des obligations fondamentales établies par le droit international, telles que le principe de non-refoulement, le principe de non-discrimination (l’accord concerne exclusivement les populations syriennes) et le principe d’accès à l’asile.
En Libye, la guerre civile et l’instabilité du pays n’ont pas empêché l’UE ni certains de ses États membres, comme l’Italie, de verser des fonds destinés aux équipements et aux systèmes de gestion des frontières, à la formation des garde-côtes et au financement des centres de détention – et ce bien qu’il ait été rapporté que des garde-côtes avaient ouvert le feu sur des bateaux de migrants ou que des centres de détentions étaient gérés par des milices comme des camps de prisonniers.
En Égypte, la coopération frontalière avec le gouvernement allemand s’est intensifiée malgré la croissante consolidation du pouvoir militaire dans le pays. L’Allemagne finance les équipements et la formation régulière de la police aux frontières égyptienne. Les personnes déplacées se trouvent régulièrement piégées dans le pays, dans l’impossibilité de se rendre en Libye du fait de l’insécurité qui y règne, et subissent les tirs des gardes-côtes égyptiens s’ils décident de prendre la route maritime.
Au Soudan, le soutien à la gestion des frontières fourni par l’UE n’a pas seulement conduit à suppress sortir un régime dictatorial de son isolement sur la scène internationale, mais a également renforcé les Forces de soutien rapide, constituées de combattants de la milice Janjawid, considérée comme responsables de violations de droits humains au Darfour.
La situation au Niger, un des pays les plus pauvres au monde, montre bien le coût de la politique de contrôle des migrations subi par les économies locales. La répression en cours à Agadez a considérablement affaibli l’économie locale et poussé la migration dans la clandestinité, rendant la route plus dangereuse pour les migrants et renforçant le pouvoir des gangs de passeurs armés. De même au Mali, l’imposition des mesures d’externalisation des frontières par l’UE dans un pays tout juste sorti d’une guerre civile menace de raviver les tensions et de réveiller le conflit.
L’ensemble des cas étudiés met en lumière une politique de l’UE via-à-vis de ses voisins obsessionnellement focalisée sur les contrôles migratoires, quel que soit le coût pour les pays concernés ou les populations déplacées. C’est une vision étroite et finalement vouée à l’échec de la sécurité, car elle ne s’attaque pas aux causes profondes qui poussent les gens à migrer : les conflits, la violence, le sous-développement économique et l’incapacité des États à gérer correctement ces situations. Au lieu de cela, en renforçant les forces militaires et de sécurité dans la région, ces politiques prennent le risque d’exacerber la répression, de limiter la responsabilité démocratique et d’attiser des conflits qui pousseront plus de personnes à quitter leurs pays. Il est temps de changer de cap. Plutôt que d’externaliser les frontières et les murs, nous devrions externaliser la vraie solidarité et le respect des droits de l’homme.
pour télécharger le #rapport :
▻https://www.tni.org/files/publication-downloads/expanding_the_fortress_-_1.6_may_11.pdf
cc @reka @albertocampiphoto @daphne @marty
À qui profite la gestion des migrations ?
Les migrations font partie de l’histoire de l’humanité mais les frontières n’ont jamais été aussi fermées qu’aujourd’hui. Les conventions issues des politiques migratoires actuelles ont divisé les migrants en différentes catégories (politiques, économiques, climatiques...) en fonction de la supposée légitimité ou non d’avoir accès au droit d’asile ou à séjourner sur un territoire étranger. « Le migrant économique », qui se déplace pour fuir la misère engendrée par les politiques liées au remboursement de la dette, est la catégorie qui bénéficie du moins de droits et son accès aux territoires extérieurs varie en fonction des besoins de main-d’œuvre ou des politiques de fermetures aux frontières.
Manolo el del Bombo — Wikipédia
▻https://fr.wikipedia.org/wiki/Manolo_el_del_Bombo
Outsourcing Border Control. Politics and Practice of Contracted Visa Policy in Morocco
This book explores the everyday practices of border control and implementation of mobility policy in the European Schengen area by analyzing consular visas services on the edges of the territory. Using an original case study, private contractors that implement EU visa policy on governments’ behalf, the author focuses on visa application centers located in Morocco and run by the two major contractors of European Member States, the transnational corporations #VFSGlobal and #TLSContact. The analysis builds on ethnographic research that encompasses the making of EU visa policy at the European, national and local levels. It aims at uncovering the reasons that have led to the adoption of outsourcing as a normal and legitimized mode to implement EU visa policy and the effects of that choice.
▻http://www.palgrave.com/de/book/9781137469830
#visa #visas #Maroc #asile #migrations #réfugiés #livre #privatisation
cc @fil
Populists in Europe (8/8): The Xenophobic nature of #True_Finns
▻http://fr.myeurop.info/node/13869
In #Finland, the True Finns or PS currently have 38 #MPs out of a total of 200 in the Eduskunta, the Finnish Parliament. But these so-called patriots have xenophobic tendencies.
Until 2011 there were 39 True Finn MPs out of 200. But one of them was excluded last year by PS head Timo Soini. lire la suite
#Debates #Politics #european_union #Finland #immigration #MEPs #migrants #PerusSuomalaiset #Perussuomalaiset #populism #racism #Syria #VF #xenophobia
]]>L’Europe des populismes (8/8) : #Vrais_Finlandais xénophobes
▻http://fr.myeurop.info/2014/05/15/europe-des-populismes-vrais-finlandais-xenophobes-13846
Jean-Pierre Frigo
En #Finlande, les Vrais Finlandais (VF) détiennent actuellement 38 #députés sur 200 à l’Eduskunta, le #Parlement finlandais. Des « patriotes » aux relents xenophobes.
Jusqu’en 2011 les Vrais Finlandais (VF) comptaient 39 députés sur 200. lire la suite
#Débat #Société #INFO #Union_européenne #eurodéputés #Finlande #immigration #migrants #PerusSuomalaiset #populisme #racisme #Syrie #union_européenne #VF #xénophobie
]]>Great video in #Ghantoo the rocket base tha has been taken yesterday by the #VFSA
SyriansRISE_UP
►https://www.youtube.com/watch?v=iQzbASpZquU&feature=relmfu