#wiesenstraße

  • Ein Mann will nach oben von Hans Fallada - 6. Ankunft in der Wiesenstraße
    https://gutenberg.spiegel.de/buch/ein-mann-will-nach-oben-10061/8

    Es war schon dunkle Nacht gewesen, als der Zug im Stettiner Bahnhof einlief. Mit unglaublicher Zungenfertigkeit hatte Rieke Busch einem Dienstmann, der Feierabend machen wollte, seine Karre abgeschwatzt. Das alte Gesicht unter der roten Mütze wurde immer verwirrter, dann stets vergnügter. »Na, Männecken, Sie sind doch ooch müde?« hatte Rieke gefragt und ihre Hand ganz sachte neben die altersfleckige, ausgemergelte Hand auf den einen Holm des Handwagens gelegt. »Wat wollen Se da mit de Karre nach Haus zuckeln? Alleene jeht sich det doch ville besser?«

    »Du bringst mir die Karre ja nich wieda, du freche Kröte, du!« jammerte der alte Mann.

    »Wo wohnen Se denn? In de Müllerstraße? Ooch ’ne feine Jejend! Und ick wohne in de Wiesenstraße – kennste de Wiesenstraße, Opa?«

    »Det hab ick doch jleich jemorken, det du vom Wedding bist, du Aas du!« strahlte der Alte.

    »Na, siehste«, lachte Rieke, »da weeßte schon, wie ick heiße! Aas heiße ick! Und wie heißt du, Opa?«

    »Küraß heiß ich. Nummer siebenundachtzig. Müllerstraße, vergiß nicht!«

    »Küraß –?« Rieke sprach den Namen wie Kieraß. »Kieraß, ick hab jedacht, so heeßen nur die Hunde. Na jut, Opa, det wer’ ick schon nich verjessen, siebenundachtzig, Müllerstraße, Kieraß. – Schieb ab, Opa! Huste dir man sachte in den Schlaf!«

    »So ein frechet Aas!« hatte der Alte wieder gesagt und war ganz gehorsam abgeschoben, ohne Rieke auch nur nach ihrem richtigen Namen zu fragen. Aas aus der Wiesenstraße schien ihm als Pfand für seinen Handwagen völlig zu genügen.

    #Fallada_nach_oben #Wedding #Wiesenstraße #Müllerstraße

  • Berlin-Gesundbrunnen: Streit zwischen zwei Frauen löst Massenschlägerei von 50 Leuten aus
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/berlin-gesundbrunnen-streit-zwischen-zwei-frauen-loest-massenschlaegerei-von-50-leuten-aus/22880538.html

    04.08.2018 - Streit zwischen zwei Frauen löst Massenschlägerei von 50 Leuten aus. Erst gingen zwei Frauen aufeinander los, plötzlich prügelten sich Dutzende. 30 Polizisten rücken an, um die die Schlägerei auf offener Straße zu beenden.

    In Gesundbrunnen kam es am Freitagabend zu einer Massenschlägerei. Etwa 50 Personen aus zwei Gruppen sollen gegen 19.30 Uhr in der Wiesen- Ecke Hochstraße aneinandergeraten sein, wie die Polizei mitteilte. Ungefähr dreißig Polizisten mit neun Einsatzwagen und eine Diensthundestreife waren im Einsatz, um die Schlägerei zu beenden.

    Ein Polizeibeamter, der versuchte, die Gruppen zu trennen, wurde leicht verletzt. Etwa zehn Personen sollen ihn umringt und durch „Drücken und Schubsen am Oberkörper“ verletzt haben. Er wehrte sich und konnte weitere Angriffe verhindern.

    Nach Polizeiangaben war der Grund der Schlägerei offenbar ein Streit zwischen zwei 22 und 25 Jahre alten Frauen ganz in der Nähe. Genaueres zu den Hintergründen ihrer Auseinandersetzung ist unklar. Beide sollen sich gegenseitig gekratzt und an den Haaren gezogen haben und mussten unter anderem mit Kratzern und Prellungen im Krankenhaus ambulant behandelt werden.

    Die Wiesenstraße, Hochstraße und Gerichtstraße waren wegen des Einsatzes vorübergehend für den Verkehr gesperrt. Acht Strafanzeigen wegen Körperverletzung, Landfriedensbruch und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wurden aufgenommen. Von vier Frauen und vier Männern wurden die Identitäten festgestellt, sie konnten anschließend wieder gehen.

    #Berlin #Gesundbrunnen #Hochstraße #Wiesenstraße #Hitze #Polizei

  • Berliner Obdachlosenhilfe: Abends Suppe, morgens Schrippe - Berlin - Tagesspiegel Mobil
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/berliner-obdachlosenhilfe-abends-suppe-morgens-schrippe/20806562.html

    von Andreas Conrad
    Vor rund 150 Jahren entstanden die ersten Berliner Obdachlosenasyle. Finanziert wurde sie von reichen Vertretern des liberalen Bürgertums.

    Rieke Busch, das Weddinger Kellerkind aus Hans Falladas Roman „Ein Mann will nach oben“, wohnte der alten Wiesenburg direkt „vis à vis“, war also bestens vertraut mit dem Ort, „wo die Penna und die Stroma schlafen, wenn se sonst keene Bleibe haben“. 1941 wurden diese Zeilen geschrieben, die Szene spielt allerdings um einiges früher, als das 1896 eröffnete Heim des „Berliner Asylvereins für Obdachlose“ in der Wiesenstraße 55 gerade erst ein paar Jahre alt war.

    Eine ehemals berühmte Sozialeinrichtung, Vorgänger der zahlreichen Unterkünfte, die Obdachlosen heute angeboten werden, den Hangar 4 des Flughafens Tempelhof eingeschlossen. Doch die Wiesenburg, wie der Volksmund sie nannte, war keineswegs die erste dieser Einrichtungen, deren Berliner Geschichte vor 150 Jahren begann.

    Das genaue Datum liegt in den Tiefen der Archive verborgen, recherchiert man im Internet, stößt man auf widersprüchliche Angaben. So verzeichnet das historische Stadtlexikon luise-berlin.de für den 3. Januar 1868: „Das erste Obdachlosenasyl in Berlin öffnet seine Pforten. Es diente der Unterbringung wohnungsloser Frauen.“

    Die Eintragung für den 3. Januar 1869 klingt sehr ähnlich: „Der ,Friedrich Werdersche Bezirksverein’ eröffnet ein erstes provisorisches Mädchen- und Frauenasyl mit 60 Betten in der Wilhelmstraße/Ecke Dorotheenstraße (Mitte).

    Der erste und einzige Gast in dieser Nacht war ein 18-jähriges Dienstmädchen.“ Für diese Einrichtung, untergekommen in einer alten Artilleriewerkstatt, findet man als Eröffnungstermin aber auch den 7. Dezember 1868, als erstes Haus des Berliner Asylvereins.

    Gründungstag 30. November 1868
    Verbürgt ist immerhin als dessen Gründungstag der 30. November 1868, möglicherweise ist er ja aus dem alten Verein hervorgegangen, was das Durcheinander teilweise erklären würde. Fünf Jahre später folgte ein Männerasyl in der Büschingstraße. Angesichts der massiven sozialen Probleme in der Kaiserzeit erwiesen sich diese Angebote als unzureichend, ein Neubau musste her.

    Da war es günstig, dass die Vereinsmitglieder keineswegs minderbemittelte Philanthropen , sondern in ihren Reihen viele durch Geld oder Rang herausragende, oft jüdische Mitglieder des liberalen Bürgertums waren. Der Industrielle August Borsig gehörte ebenso dazu wie der Arzt Rudolf Virchow oder der Fabrikant und SPD-Vorsitzende Paul Singer. Den Vorsitz hatte der Bankier Gustav Thölde.

    Es war also nicht der Staat, der den Ärmsten der Armen die Hand bot. Vielmehr ging die Initiative von privaten Kreisen aus, aus sozialem Verantwortungsgefühl und wohl auch aus dem Bestreben, den negativen Auswirkungen des Kapitalismus entgegenzuwirken und sozialen Sprengstoff zu entschärfen.

    Schlafräume mit 50 Betten
    Eröffnet wurde die an einer Privatstraße gelegene Wiesenburg zunächst als Asyl für 700 Männer, das 1907 um eines für 400 Frauen erweitert wurde. Es gab Schlafräume mit je 50 Betten, Wasch-, Bade- und Desinfektionsräume, dazu einen Trakt mit Wasserturm, Kesselhaus und Dampfmaschinen für Heizung, Strom- und Warmwasser. Die Benutzung war gratis, abends wurde Suppe mit Brot gereicht, morgens Kaffee mit Schrippe. Anonymität der Schlafgäste war garantiert, die Polizei hatte keinen Zutritt.

    Bis in die zwanziger Jahre stand die Wiesenburg Obdachlosen offen, zuletzt von der Jüdischen Gemeinde betrieben. 1945 wurde die Anlage durch Bomben weitgehend zerstört. Das Gelände blieb sich selbst überlassen, genutzt auch als bizarre Kulisse für Filmaufnahmen, das ehemalige Beamtenhaus immerhin noch von Mietern bewohnt.

    Mittlerweile aber steht die Wiesenburg unter Denkmalschutz, wurde 2014 der Wohnungsgesellschaft Degewo übergeben. Das Areal soll saniert und um einen Neubau mit 100 Wohnungen ergänzt werden. Auch die Ateliers und Kunstwerkstätten, die sich dort angesiedelt haben, sowie der als „Kulturstelle“ auftretende Verein „Die Wiesenburg“ sollen blieben, man hat sich offenbar geeinigt. Mit der Ruhe in diesem Winkel der Stadt ist es freilich vorerst vorbei.

    #Berlin #Wedding #Wiesenstraße #Obdachlosoigkeit #Geschichte