Im Flüchtlingslager auf #Lesbos grassiert eine sonderbare Krankheit. Augenscheinlich gesunde Kinder verfallen plötzlich in totale Apathie. Hilfe ist nicht in Sicht.
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Augenscheinlich gesunde Kinder verfallen in Apathie. Mediziner erkennen ein bestimmtes Krankheitsbild, wenn Kinder in mindestens drei der folgenden Bereiche passiv werden: Sprechen, Essen, Mobilität, Sozialleben, Körperpflege und -hygiene, Ansprache auf Fürsorge- und Ermutigungsmaßnahmen. Es beginnt in der Regel schrittweise, im schlimmsten Fall steigert sich der apathisch-depressive Zustand bis in eine Art Katatonie, einen Starrezustand.
Naheliegend wäre es, vom sogenannten #Resignation_Syndrome zu sprechen. Die Bezeichnung tauchte zuerst in den Neunzigerjahren in Schweden auf und machte mit steigenden Zahlen Schlagzeilen. Auch damals wiesen Flüchtlingskinder die Symptome auf. „Die Resignierten“, „Sweden’s mystery illness“, „Only in Sweden: Hundreds of refugee children gave up on life“, hieß es in den Medien.
Bis heute gibt es keine eindeutige Bezeichnung für die Erkrankung. Verschiedene Begriffe kursieren: Resignation Syndrome (RS), #Pervasive_Refusal_Syndrome (PRS), #depressive_Devitalisierung (DD), #Traumatic_Withdrawal_Syndrome (TWS), #Giving-up-Syndrome oder einfach apathische Flüchtlingskinder. Und obwohl die Beeinträchtigung der Kinder offensichtlich ist, gibt es nicht mal den Konsens, dass es sich um eine Krankheit handelt. Das könnte auch daran liegen, dass das Resignation Syndrome nicht nur ein medizinisches Phänomen ist, sondern ein Politikum: Bis heute treten die Symptome fast ausschließlich in einer spezifischen Bevölkerungsgruppe auf, nämlich in Familien, die aus ihren Heimatländern vor Gewalt geflohen sind und nun in der Schwebe leben, in Angst vor der Rückkehr.