• Beerdigung eines ermordeten Berliner Taxifahrers am 13.4.2023

    Der Kollege ist am 6. des Monats zu Tode gekommen. (cf. https://seenthis.net/messages/998698). Die Trauerfeier und die anschließende Überführung konnten erst am 13. des Monats geschehen, da zuvor kriminaltechnische Untersuchungen gemacht wurden.

    Zur Trauerfeier nach islamischem Ritus gekommen waren der Botschafter der Türkei, 50 bis 80 Taxikollegen und Mitglieder des Vorstand von zwei Taxiverbänden.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Islamische_Bestattung#Das_Totengebet

    Das Totengebet kann zu jeder Zeit, nur nicht beim Aufgang oder beim Untergang der Sonne gesprochen werden. Dies geschieht nach der abgeschlossenen Herrichtung des Verstorbenen für Allah. Für die Schiiten ist dazu der Erbberechtigte oder ein von ihm Beauftragter verpflichtet. Nach der sunnitischen Tradition kann dies von der verstorbenen Person schon zu Lebzeiten bestimmt worden sein. Das Totengebet kann auch von dem Scheich des Viertels übernommen werden.

    Wer das Totengebet verrichtet, steht an der rechten Seite am Kopfende der Bahre und gibt zunächst seine Absicht bekannt. Die verschiedenen Glaubensrichtungen des Islam kennen unterschiedliche Wortlaute. Die Männer des Trauergefolges stellen sich in Richtung Mekka auf und vollziehen diese Gebete anders als beim fünfmaligen täglichen Pflichtgebet stehend mit.

    Das Islamische Totengebet • Wie schaut das genau aus?
    https://www.islamische-bestattungen-muenchen.de/islamisches-totengebet

    Das islamische Totengebet, auch (arabisch: Salat-ul-Janazah, türkisch: cenaze namazi) genannt, ist eine Pflicht der Muslime gegenüber Ihrem verstorbenen Glaubensbruder bzw. Glaubensschwester, und kann minimum von einer Person verrichtet werden. Es ist erwünschenswert, dass die zuständige muslimische Gemeinschaft so viele betende Muslime wie möglich zur Verrichtung des islamischen Totengebets eingeladen werden, da der Prophet Mohammed (Friede und Segen auf ihm) sagte: "Wenn ein Muslim stirbt, und 40 Leute (oder drei Reihen) am Totengebet teilnehmen,so wird Gott deren Fürsprache und Bittgebete annehmen (Ihm seine Sünden vergeben, und ins Paradies eintreten lassen)."Hierzu listen wir Ihnen die wichtigsten Fragen und Antworten zum islamischen Totengebet bei einer islamischen Bestattung.

    Wann verrichtet man das Totengebet?

    Das islamische Totengebet wird üblicherweise kurz vor der Beerdigung verrichtet.

    Wo findet das islamische Totengebet gewöhnlicherweise statt?

    Gewöhnlicherweise wird das Totengebet in einer nahe liegenden Moschee oder am Grab verrichtet.

    Müssen die Muslime etwas spezielles beachten, um am Totengebet teilzunehmen?

    Wenn ein Muslim an einem islamischen Totengebet teilnehmen möchte, muss dieser sich in einem rituell reinen Zustand befinden. Von daher muss man die Gebetswaschung vorher durchführen.

    Wie läuft eine islamische Totengebet ab?

    Nachdem einige der muslimischen Gemeinschaft mit ihrem Vorbeter, auch (Imam | Hodscha) genannt sich am Gebetsplatz versammelt haben, wird die Verstorbene Person in Richtung Mekka (Qibla genannt) aufgestellt. Der Imam stellt sich in Kopfhöhe vor dem Leichnam und hinter ihm in mehreren Reihen gestellt die muslimischen Teilnehmer.

    Anschließend erinnert der Imam die Teilnehmer an die Bittgebete, und erklärt kurz noch den Gebetsablauf bevor es anfängt.

    Daraufhin wendet sich der Imam dem Leichnam wieder zu , sodass er mit dem Rücken zu den betenden steht, und ruft mit erhobenen Händen als Gebetsanfang „Allahu Akbar“ Gott ist groß. Und dies vier mal im ganzen Totengebet. Das islamische Totengebet besteht auf vier Takbirat (4 Gebetseinheiten), wobei jede Gebetseinheit mit „Allahu Akbar“ anfängt und endet.

    Gebetseinheit: Das rezitieren der eröffneten Sura vom Koran (Surat Al-Fatiha)
    Gebetseinheit: Das rezitieren der Friedens- und Segenswünsche auf den Propheten Abraham und Mohammed.
    Gebetseinheit: Aufrichtige Bittgebete von jedem betenden an den Verstorbenen.
    Gebetseinheit: Der Abschlussgruß rechts dann links. Man sagt: „As-salamu-aleikum-wa-rahmatullah“.

    Daraufhin wird der /die Verstorbene sofort beerdigt, und es werden vom Imam einige Verse vom Koran rezitiert und zum Abschluss eine Grabrede gehalten. Somit ist das islamische Totengebet erfolgreich beendet.

    Der Leichenzug
    https://de.wikipedia.org/wiki/Islamische_Bestattung#Der_Leichenzug

    Der Tote auf der Bahre in seinem Leichentuch kann noch mit einem feinen Teppich bedeckt werden. Die Bahre wird auf den Schultern oder bloß mit den Händen in der Kniehöhe getragen. Es ist im Islam für den Mann Pflicht, sich dem Leichenzug anzuschließen und den Toten sogar ein paar Schritte mitzutragen. Der Leichenzug mit dem Imam geht voran, ihm folgt der Tote. Fortwährend wird die Schahada laut wiederholt.

    Heute wird bei den weiten Entfernungen zwischen den Wohnungen und den Friedhöfen die Bahre auf ein dafür bestimmtes Auto gesetzt. Die Teilnehmer folgen dann im Auto oder auf dem Motorrad.

    Der Gottesdienst und das Begräbnis
    https://de.wikipedia.org/wiki/Islamische_Bestattung#Der_Gottesdienst_und_das_Begr%C3%A4bnis

    Der Tote soll innerhalb eines Tages begraben werden. Heute werden dafür meistens hygienische Gründe genannt. Der ursprüngliche Sinn für diese Eile liegt darin, dass der Todesengel die Seele nach dem Tode zum Himmel geleitet, damit sie dort eine Art Zwischengericht erfahren und anschließend wieder zum Körper ins Grab zurückzukehren kann. Tritt der Tod am Abend oder in der Nacht ein, soll das Begräbnis am kommenden Morgen erfolgen. In muslimischen Ländern wird der Verstorbene nach dem Anlegen des Totengewandes in die Moschee gebracht oder vor der Moschee aufgebahrt.

    In den Moschusduft oder in den von Kampfer oder Rosenöl mischt sich der Weihrauch durch das Abbrennen von Räucherstäbchen. Mitunter wird über den Toten noch eine kostbare Decke gelegt, die allerdings nicht ins Grab gegeben wird.

    Dann spricht der Imam, der islamische Geistliche, viermal aus der Sure 17 den Vers 111. Das ist der Beginn des täglichen Pflichtgebetes. Die üblichen Verbeugungen unterbleiben, die Anwesenden bleiben stehen. Diese Sure erinnert an die Nachtreise Mohammeds von der Kaaba nach Jerusalem, an seine Himmelsreise. Die Rezitation wird durch das persönliche Gebet „O Gott vergib ihm, sei ihm gnädig“ bzw. „O Gott vergib ihr und sei ihr gnädig“ unterbrochen. Für kleine Kinder, die als noch nicht für ihr Tun verantwortlich gelten, enthält das Totengebet keine Bitte um Sündenvergebung.

    Nach einem kurzen Trauergottesdienst begleitet der Imam die vier Männer, die den Verstorbenen auf einer Bahre gewöhnlich auf der Schulter tragen, und diejenigen, die ihm das Geleit geben, zum Grab. Wird eine Frau zu Grabe getragen, nehmen an ihrem Begräbnis nur Männer teil. Eine öffentliche Totenklage der Frauen ist nach der Scharia, dem islamischen Recht, nicht zulässig.

    #Taxi #Berlin #Arbeit #Beerdigung #Islam

  • Schweigeminute und Spendenaktion für getöteten Taxifahrer - dpa - FAZ
    https://www.faz.net/agenturmeldungen/dpa/schweigeminute-und-spendenaktion-fuer-getoeteten-taxifahrer-18813072.html

    11.4.2023 - Die Berliner Taxi-Innung gedenkt des getöteten Taxifahrers und will dessen Familie mit einer Spendenaktion helfen. Taxifahrerinnen und Taxifahrer würden mit Trauerflor an ihren Fahrzeugen an das Opfer erinnern, sagte der Vorsitzende der Innung, Leszek Nadolski, am Dienstag. Bei einer Veranstaltung am Abend sei eine Schweigeminute geplant. Zuvor hatte die «Berliner Zeitung» berichtet. Der Gustav-Hartmann-Unterstützungsverein werde Spenden sammeln, sagte Nadolski. Er habe die Zusage, dass auch die Taxistiftung helfen wolle. Die Organisationen helfen Taxifahrern, die Opfer einer Straftat geworden sind.

    Den Aufruf zum Spenden will der Chef der Taxi-Innung bei der Preview des französischen Kinofilms «Im Taxi mit Madeleine» im Cinema Paris bekanntgeben. Die Veranstaltung ist laut Nadolski seit längerem geplant. Nun werde das Treffen, zu dem auch Politiker erwartet würden, genutzt zur Erinnerung an den getöteten Kollegen. Der 49-Jährige sei kein Innungsmitglied gewesen und nach seiner Kenntnis erst seit zwei bis drei Monaten Taxi gefahren in Berlin.

    Der Mann war am Donnerstagmorgen nach einer Messerattacke im Berliner Villenviertel Grunewald gestorben. Ein Passant hatte ihn zuvor gefunden. Zeugen versuchten noch, den Mann zu retten. Der Taxifahrer starb jedoch im Krankenhaus. Der mutmaßliche Täter befindet sich in Schleswig-Holstein in Untersuchungshaft. Nach Angaben der Berliner Staatsanwaltschaft wurde der 24-Jährige am Sonntag in Norddeutschland festgenommen. Gegen ihn habe bereits ein Haftbefehl vorgelegen. Die Staatsanwaltschaft will nun einen weiteren Haftbefehl gegen ihn beantragen, damit er nach Berlin überstellt wird.

    #Berlin #Taxi #Arbeit #Kriminalität #Taximord

  • Getöteter Taxifahrer: Verdächtiger soll auch Partnerin umgebracht haben
    https://www.berliner-zeitung.de/news/berlin-grunewald-getoeteter-taxifahrer-verdaechtiger-soll-auch-part

    11.04.2023 - Der 24-Jährige soll am 4. April in Belgien seine Lebensgefährtin getötet haben und geflohen sein. Er war bereits zur Fahndung ausgeschrieben.

    Der Verdächtige im Fall des getöteten Taxifahrers in Berlin soll nach einem anderen Tötungsdelikt in Belgien auf der Flucht gewesen sein. Gegen den 24-Jährigen sei bei der Kölner Generalstaatsanwaltschaft ein Auslieferungsverfahren anhängig, sagte ein Behördensprecher am Dienstag auf Anfrage. Es gehe um den Vorwurf eines Tötungsdelikts. Weitere Angaben wollte der Sprecher mit Verweis auf die zuständige Justiz in Brüssel nicht machen.

    Nach dpa-Informationen soll der 24-Jährige am 4. April in Belgien seine Lebensgefährtin umgebracht haben und geflohen sein. Seit dem 5. April war er zur Fahndung ausgeschrieben. Am 6. April soll er dann in Berlin den Taxifahrer getötet haben.

    Neues zum Grunewalder Taximörder: Was wir über Tat und Täter wissen

    Der 49-Jährige war am Donnerstagmorgen nach einer Messerattacke im Berliner Villenviertel Grunewald gestorben. Ein Passant hatte ihn gefunden. Zeugen versuchten noch, den Mann zu retten. Der Taxifahrer starb jedoch im Krankenhaus.

    Verdächtiger in Schleswig-Holstein U-Haft

    Der Verdächtige befindet sich laut Berliner Staatsanwaltschaft seit vergangenem Samstag in Schleswig-Holstein in Untersuchungshaft. Von der Flensburger Justiz hieß es am Dienstag, der 24-Jährige sei nach einer Anordnung des Amtsgerichts Flensburg festgenommen worden. Dies erfolgte im Zusammenhang mit dem Auslieferungsverfahren, das bei der Kölner Justiz läuft, wie es hieß.

    Parallel ist der 24-Jährige von den Ermittlern in Berlin als Verdächtiger im Fall des getöteten Taxifahrers identifiziert worden. Die Staatsanwaltschaft Berlin will nun nach Angaben eines Sprechers einen weiteren Haftbefehl gegen den in Tunesien geborenen Mann beantragen, damit er nach Berlin überstellt wird.

    „Unser Verfahren wird dann in den Hintergrund treten“, erklärte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Köln. Zunächst müssten die Vorwürfe der Berliner Staatsanwaltschaft geklärt werden, bevor das Auslieferungsersuchen aus Belgien weiter geprüft werden könne.
    Taxi-Innung in Berlin gedenkt ihres getöteten Kollegen

    In Berlin gedenkt unterdessen die Taxi-Innung des getöteten Kollegen und will dessen Familie mit einer Spendenaktion helfen. Taxifahrer und Taxifahrerinnen würden mit Trauerflor an ihren Fahrzeugen an das Opfer erinnern, sagte der Vorsitzende der Innung, Leszek Nadolski, am Dienstag. Bei einer Veranstaltung am Abend sei eine Schweigeminute geplant.

    Der Gustav-Hartmann-Unterstützungsverein werde Spenden sammeln, sagte Nadolski. Er habe die Zusage, dass auch die Taxistiftung helfen wolle. Die Organisationen helfen Taxifahrern, die Opfer einer Straftat geworden sind.

    Den Aufruf zum Spenden will der Chef der Taxi-Innung bei der Preview des französischen Kinofilms „Im Taxi mit Madeleine“ im Cinema Paris bekanntgeben. Die Veranstaltung ist laut Nadolski seit längerem geplant. Nun werde das Treffen, zu dem auch Politiker erwartet würden, genutzt zur Erinnerung an den getöteten Kollegen. Der 49-Jährige sei kein Innungsmitglied gewesen und nach seiner Kenntnis erst seit zwei bis drei Monaten Taxi gefahren in Berlin.

    #Berlin #Taxi #Arbeit #Kriminalität #Taximord

  • Neues zum Grunewalder Taximörder: Was wir über Tat und Täter wissen

    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/neues-zum-taximoerder-was-wir-ueber-den-mord-in-grunewald-und-den-t

    10.4.2023 von Katrin Bischoff - Gegen den mutmaßlichen Mörder des in Grunewald getöteten Mannes soll Haftbefehl beantragt werden. Es geht um Heimtücke-Mord. Was mittlerweile bekannt ist.

    Die Brahmsstraße in Grunewald liegt in einem ruhigen Villenviertel. An diesem Montagvormittag sind nur wenige Passanten auf den Gehwegen unterwegs, obwohl die Sonne scheint. Meist sind es Hundebesitzer, die mit ihren Tieren Gassi gehen. Oder Gäste des Schlosshotels by Patrick Hellmann, das sich in dieser Straße befindet.

    Auf dem Bürgersteig gegenüber der Fünf-Sterne-Herberge liegen Gerbera, Tulpen und weiße Rosen neben drei Grablichtern. Darüber hängt an einem Laternenpfahl ein in Druckbuchstaben verfasstes Schreiben: „An dieser Stelle starb am 06.04.2023 mein Onkel“, ist dort zu lesen. Er sei ein lustiger, weltoffener und liebevoller Mensch gewesen, schreibt offenbar seine Nichte. Nusstorte habe er geliebt und ihr keine Bitte abgeschlagen.

    Eine ältere Frau mit Hund bleibt stehen, sie liest das zwei Seiten lange Schreiben. „Furchtbar“, sagt sie und fügt hinzu, dass das hier eigentlich eine ruhige Gegend sei. Am Donnerstag jedoch war die Brahmsstraße abgesperrt, machten sich Polizisten und Spürhunde auf Spurensuche.

    Denn dort, wo die Blumen liegen, wurde am vergangenen Donnerstag gegen 8.30 Uhr ein 49-jähriger Taxifahrer in seinem Fahrzeug offenbar mit einem Messerstich in den Hals lebensgefährlich verletzt. Ein Passant fand den Mann. Er alarmierte Polizei und Feuerwehr. Trotz sofort eingeleiteter Rettungsmaßnahmen und einer Notoperation verstarb der Taxifahrer in einer Klinik. Das Taxi wurde zur Untersuchung auf Spuren sichergestellt.

    Sehr schnell konnten die Ermittler der 2. Mordkommission den Tatverdächtigen ausmachen. Er war offenbar am Bahnhof Südkreuz in das Taxi gestiegen und hatte sich in die neun Kilometer weit entfernte Brahmsstraße fahren lassen. Nach der Messerattacke soll er zum Bahnhof Südkreuz zurückgekehrt sein.

    Der Mann sei durch Spezialbeamte der Polizei, sogenannte Super-Recognizer, identifiziert worden, so berichtete es die BZ. Die Beamten haben besondere Fähigkeiten, Gesichter zum Beispiel auf Videomaterial wiederzuerkennen. Sie wurden auch bei den Ermittlungen zu den Silvesterkrawallen eingesetzt.

    Bei dem mutmaßlichen Mörder des Taxifahrers handelt es sich nach Angaben der Berliner Generalstaatsanwaltschaft um einen 24-jährigen Mann. Der Tatverdächtige sei zwei Tage nach der Tat in Flensburg wegen eines bereits bestehenden Haftbefehls in anderer Sache festgenommen und dort einem Ermittlungsrichter vorgeführt worden, sagt Sebastian Büchner, der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft, am Montag.

    Derzeit sitzt der Mann in Untersuchungshaft. Warum der Tatverdächtige den Taxifahrer angegriffen habe, sei noch völlig unklar, erklärt Büchner. Dass sich der Geschädigte und sein Fahrgast um die Höhe des zu zahlenden Beförderungsgeldes gestritten hätten, könne er nicht bestätigen. „Das sind wilde Spekulationen“, sagt Büchner zu entsprechenden Medienberichten. Bisher sei ihm zu den Tatvorwürfen aus Berlin noch kein rechtliches Gehör gewährt worden.

    Indes sorgt die Bluttat für Trauer und Entsetzen unter den Kollegen des getöteten Taxifahrers. Von einer Tragödie spricht Leszek Nadolski, der Vorsitzende der Berliner Taxi-Innung. Einmal mehr habe sich gezeigt, wie gefährlich die Arbeit der Taxifahrer sei, sagt er. Immer wieder komme es vor, dass Kolleginnen oder Kollegen überfallen werden. „Aber ein Tötungsdelikt, mit solcher Brutalität ausgeführt, gab es in Berlin lange nicht mehr“, sagt Nadolski der Berliner Zeitung.

    Bei dem getöteten Taxifahrer handelt es sich nach seinen Informationen um den Vater zweier Kinder – 19 und 20 Jahre alt. „Wir werden die Familie unseres Kollegen unterstützen“, sagt Nadolski. Dafür werde der Gustav-Hartmann-Unterstützungsverein Spenden sammeln. Der Verein hilft Taxifahrerinnen und Taxifahrern, die Opfer einer Straftat geworden sind. „Ich rechne damit, dass wir 4000 bis 5000 Euro an Spenden zusammenbekommen“, erklärt der Chef der Taxi-Innung.

    Den Aufruf zum Spenden wird Nadolski am Dienstagabend bekannt geben – zur Preview des französischen Kinofilms „Im Taxi mit Madeleine“ im Cinema Paris. „80 bis 100 Taxifahrer werden bei der Veranstaltung dabei sein und Leute aus der Politik. Wir werden dabei auch eine Schweigeminute für unseren getöteten Kollegen einlegen“, sagt Nadolski. Taxifahrerinnen und Taxifahrer würden zudem mit Trauerflor an den Fahrzeugen an das Opfer erinnern.

    Bessere Sicherheitsvorkehrungen wie etwa Trennscheiben, die den Fahrer gegen hinten sitzende Fahrgäste abschirmen könnten, nennt Nadolski keine gute Lösung. „So eine Scheibe ist für Fahrgäste, die hinten nicht angeschnallt sind, bei Vollbremsungen gefährlich“, erklärt er.

    Und der Tatverdächtige? „Wir werden im Laufe der Woche Haftbefehl gegen den 24-Jährigen beantragen“, sagt Sebastian Büchner. Wegen eines Heimtücke-Mordes. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der mutmaßliche Täter frühestens Ende dieser Woche von Flensburg nach Berlin überstellt wird.

    Am Tatort hat eine junge Frau ein Grablicht angezündet. Dann studiert sie den Brief, der mit „Deine Nichte“ unterzeichnet ist. Ihr Onkel sei IT-Mann gewesen, ist über den Toten zu lesen. Jede Woche habe er eine neue Idee gehabt, „was man arbeiten könnte, was man lernen könnte, was man leben könnte. Er entschied sich, Taxi zu fahren nebenbei. Das wurde ihm zum Verhängnis.“

    #Berlin #Taxi #Arbeit #Kriminalität #Taximord

  • Waldorf Astoria Berlin: Der Chefconcierge zeigt uns das Luxushotel am Bahnhof Zoo
    https://www.berliner-zeitung.de/stil-individualitaet/waldorf-astoria-berlin-chefconcierge-christoph-hundehege-nimmt-uns-

    Ein Bericht über das Hotel, in dem man nicht aufs Klo darf - als Taxifahrer. Da haben sich Kollegen derart daneben benommen, dass die ganze Zunft Kloverbot hat

    Da.
    https://www.openstreetmap.org/node/3683945001

    9.4.2023 von Manuel Almeida Vergara - „Meet me at the clock“, sagt der New Yorker – und sein Gegenüber weiß sofort, was damit gemeint ist. Schließlich ist die mit bronzenen Relieffiguren dekorierte Standuhr im Waldorf Astoria, dem 1931 gegründeten Luxushotel, seit Jahrzehnten ein beliebter Treffpunkt. So beliebt, dass „meet me by the clock“ in New York zum geflügelten Wort geworden ist.

    „Wir treffen uns an der Uhr“ – diese Aufforderung kennt auch der Berliner, wenngleich sie ihn – ein bisschen weniger glamourös – nolens volens zur Weltzeituhr führt. Dabei hat auch Berlin seit genau zehn Jahren ein Waldorf Astoria. Und auch das Waldorf Astoria Berlin hat eine hübsche Standuhr in der Lobby.

    Christoph Hundehege plädiert ohnehin dafür, dass sich Berlinerinnen und Berliner öfter mal in das Fünf-Sterne-Hotel am Bahnhof Zoo verirren sollten. Und zwar nicht nur, um sich bei der Lobby-Uhr zu treffen: Vom Spa über die Bar bis zum Restaurant; von den weltberühmten „Eggs Benedict“ zum Frühstück über ein Stück „Red Velvet Cake“ am Nachmittag bis zum abendlichen Drink in der Hotelbar habe das Haus doch einiges zu bieten, das nicht nur Touristinnen und Touristen gefallen dürfte.

    Was in New York, London oder Paris ganz üblich ist – nämlich, auch als Einheimische die Vorzüge der besten Hotels der Stadt zu genießen – sollte sich bei uns genauso durchsetzen, findet Hundehege. Seit der Hoteleröffnung 2013 ist er Chefconcierge des Hauses, seit vergangenem Jahr außerdem Deutschland-Präsident von „Les Clefs d’Or“, einer renommierten weltweiten Concierge-Vereinigung.

    Wir treffen Christoph Hundehege im 30. Stock. Er wartet schon in einer großzügigen Ambassador-Suite auf uns, über der nur die noch großzügigere Präsidentensuite liegt. Und auch wenn sein Metier zur Verschwiegenheit verpflichtet: Ein paar Einblicke in seinen Berufsalltag will uns der Chefconcierge doch gewähren.

    Herr Hundehege, mir fällt gleich das goldene Emblem auf, das mir von Ihrem Revers entgegenfunkelt. Sieht ganz so aus, als seien Sie hochdekotiert – zumindest in Ihrem Berufsfeld.

    Das ist jedenfalls kein Militärabzeichen oder ein Sheriffstern. Wie der Name schon sagt, sind die goldenen Schlüssel das Symbol von „Les Clefs d’Or“, einer internationalen Vereinigung von Hotelconcierges. Weltweit haben wir fast 4000 Mitglieder, 200 davon arbeiten allein in Luxushäusern in Deutschland. Wir nutzen dieses Netzwerk gerne, weil wir unsere Gäste auf ihren Reisen begleiten wollen, auch über ihren Aufenthalt bei uns hinaus. Bevor sie in eine andere Stadt und ein anderes Hotel weiterziehen, telefonieren wir oft mit den Concierges dort, um sie schon mal über besondere Wünsche oder Vorlieben zu informieren. Das machen wir übrigens markenübergreifend.

    Da ruft dann also ein Concierge aus dem Waldorf Astoria Berlin beim Four Seasons in Miami oder Kempinski in Istanbul an, um die Leute dort auf ihre Gäste vorzubereiten?

    Sicher, wenn es doch dem Genuss unserer Gäste dient! Vielleicht gibt es beim nächsten Reiseziel ja ein tolles Restaurant, das schon mal reserviert werden soll, oder ein Konzert, für das es noch Karten braucht. Oder jemand hat eine Nussallergie, ist Pescetarier oder mag abends gern ein warmes Kirschkernkissen ans Bett. Jeder Hinweis hilft. Also arbeiten wir innerhalb dieser Concierge-Vereinigung wirklich eng zusammen.

    Was muss ein Concierge tun, um Mitglied bei „Les Clefs d’Or“ werden zu können?

    Theoretisch kann jeder und jede Concierge Teil unserer Vereinigung werden, wenngleich unsere Mitglieder vor allem in den Luxushäusern dieser Welt zu finden sind. Auf jeden Fall müssen sie schon eine bestimmte Anzahl an Jahren in diesem Beruf gearbeitet und auch mindestens zwei Paten innerhalb der Vereinigung haben, die für sie bürgen.

    Und was müsste man tun, um wieder rauszufliegen?

    Da gibt es bestimmt etwas. Wir haben ja ethische und moralische Vorsätze, an denen wir alle uns orientieren.

    Ich stelle mir gerade einen totalen Männerverein vor, ähnlich wie bei den traditionsreichen Butler-Vereinigungen Großbritanniens. Liege ich richtig?

    Überhaupt nicht! Ich kenne zwar den genauen prozentualen Anteil nicht, aber in der Hotellerie und Gastronomie sind ja ohnehin sehr viele Frauen tätig und so auch als Concierges. Das war sicherlich mal anders, auch, wenn wir nur ein oder zwei Dekaden zurückblicken. Aber das gleicht sich immer mehr aus, und das ist auch von unbedingter Wichtigkeit. Die Mischung macht’s, und so bin ich sehr froh, dass ich bei uns ein ganz ausgewogenes Team überblicke, das genau zur Hälfte aus Frauen und zur anderen aus Männern besteht.

    Eine Prämisse, der Sie sich als Chefconcierge des Waldorf Astoria Berlin und überdies als Präsident von „Les Clefs d’Or“ verschreiben, ist der Grundsatz der Verschwiegenheit. Dabei erleben Sie in ihrem Arbeitsalltag bestimmt einige kuriose Dinge. Fällt es Ihnen schwer, manchmal nicht doch aus dem Nähkästchen zu plaudern?

    Das fällt natürlich hin und wieder schwer. Ich würde lügen, wenn ich etwas anderes behauptete. Aber da muss ich – da müssen wir – uns eben kontrollieren, weil wir ja nicht selten mit hochrangigen und berühmten Gästen umgehen, denen wir eine Privatsphäre ermöglichen wollen. Also haben Details und Geschichtchen in Gesprächen außerhalb unseres Hauses nichts verloren.

    Glücklicherweise befinden wir uns ja gerade innerhalb Ihres Hauses, also versuche ich es einfach mal: Welche Begegnung mit einem Gast, welcher spezielle Wunsch ist Ihnen in zehn Jahren Waldorf Astoria Berlin besonders im Gedächtnis geblieben?

    Da gibt es wirklich viele Momente. Spontan muss ich an eine Situation denken, die sich im Rahmen des Champions-League-Finales zwischen Juventus Turin und FC Barcelona 2015 hier in Berlin abgespielt hat. Wir hatten einen Gast, der sich die ganze Woche auf dieses Finalspiel gefreut hatte. Zweieinhalb Stunden vor Anpfiff hatte er aber noch immer kein Ticket bekommen. Also stand er vor unserem Concierge-Desk mit der Bitte, ihm doch eines zu besorgen. Das war sicherlich ein Wunsch, der bei mir hängengeblieben ist, weil seine Erfüllung so schwierig war. Und um Ihre nächste Frage gleich vorwegzunehmen: Ja, wir konnten ihm sein Ticket besorgen, auch wenn das ein bisschen mehr Anstrengungen gekostet hat als eine einfache Restaurantreservierung.

    Dann also eine andere nächste Frage: Wen muss man anrufen, und was muss man sagen, wenn man zwei Stunden vor Anpfiff noch ein Ticket fürs Champions-League-Finale will?

    Da wären wir jetzt beim Nähkästchen, das ich lieber geschlossen halte. Wenn ich Ihnen jetzt erzählen würde, wie das funktioniert hat, dann könnte das ja am Ende jeder leisten.

    Steigen die Ansprüche eines Gastes parallel zu seiner Bedeutung? Oder anders: Kann sich eine berühmte Persönlichkeit bei Ihnen nochmal ganz andere Dinge wünschen als jemand gänzlich Unbekanntes?

    Wir haben grundsätzlich den Anspruch, jeden Gast gleich zu behandeln. Aber natürlich gibt es den einen oder die andere, die vielleicht ein paar mehr Anforderungen mit sich bringt. Wenn Sie zum Beispiel an einen Künstler denken, der gerade eine Welttournee macht und währenddessen in 100 Hotels übernachtet, dann tun wir gut daran, hier das gewünschte Umfeld zu schaffen, damit auf dieser Tour nichts ins Holpern gerät. Aber generell bemühen wir uns, niemanden seiner oder ihrer Popularität wegen zu bevorzugen.

    Ist das überhaupt möglich? Sie werden ja auch ganz persönliche Vorlieben haben, Stars, die Sie ganz toll finden und andere, mit denen Sie nichts anfangen können.

    Natürlich gibt es zum Beispiel Künstler, die ich persönlich musikalisch oder schauspielerisch besser finde als andere. Oder Staatsbesuche, auf die ich mich mehr freue als auf andere. Aber da muss ich eben ganz die professionelle Distanz wahren. Das wird von unserem Haus erwartet. Stellen Sie sich mal vor, ich würde einen Gast nach Karten für seine nächste Show, einem Autogramm oder einem Selfie fragen. Das wäre undenkbar! Und genauso undenkbar wäre es, dass ich einen Gast mit seinen Wünschen links liegen lasse, nur weil er nicht berühmt ist.

    Also darf ich Sie auch als ganz normaler Gast um Champions-League-Tickets bitten?

    Sicher, das dürfen Sie. Dafür sind wir letzten Endes da. Es muss ja auch nicht unbedingt das begehrte Fußballticket sein, es können auch Karten für ein Opernstück sein, für das Sie sich kurzfristig entschieden haben, oder einfach nur Tickets für den Zoo. Oder wir helfen Gästen dabei, sich ein Tagesticket von der BVG zu ziehen, einfach, weil sie das vorher noch nie gemacht haben. Alles ist möglich.

    Kommt es trotzdem mal vor, dass Sie Ihren Gästen sagen müssen: „Sorry, geht nicht“?

    Ich würde lügen, wenn ich sagte, es klappt immer alles völlig problemlos. Letzten Endes geht es darum, für den Gast gute Lösungen zu finden. Wenn es zum Beispiel in der Philharmonie spontan nicht mehr, wie gewünscht, fünf Plätze nebeneinander gibt, dann sorgen wir eben in Absprache mit dem Gast dafür, dass die Gruppe aufgeteilt wird und jeder einen guten Platz findet. Lösungen suchen und Lösungen finden – ich glaube, das beschreibt unsere Aufgabe als Concierges ganz gut.

    Interessant, dass Sie bis jetzt nur Beispiele außerhalb Ihres Hauses gewählt haben. Wünsche, die in der Oper, im Konzerthaus oder eben im Fußballstadion erfüllt werden sollen. Spannend wird es doch gerade dann, wenn jemand vor Ort zum Beispiel nicht mit seinem Zimmer einverstanden ist. Man hört ja gelegentlich von Stars, die etwa vorab ihre Suite neu streichen lassen, weil ihnen die Wandfarbe nicht gefällt. Oder sind das nur Hollywood-Mythen?

    Nein, das sind keine Fantastereien. So etwas gibt es. Wir haben durchaus Gäste, und das müssen gar keine Hollywoodstars sein, denen das ein oder andere Bild im Hotelzimmer nicht gefällt. Natürlich machen wir auch das dann möglich und tauschen die Kunst aus. Oder es gibt Gäste, die ihr Schlafzimmer durchgehend abgedunkelt haben wollen, sodass kein Tageslicht reinkommt. Auch das machen wir möglich. Wir versuchen, dem Ganzen keine Grenzen zu setzen.

    Klingt so, als sei Geduld Ihre wichtigste Eigenschaft. Was muss man noch mitbringen, um Ihren Job machen zu können?

    Geduld ist ganz wichtig, das stimmt. Außerdem würde ich sagen, man muss ein übergeordnetes Interesse an vielerlei Dingen mitbringen. Wir wollen unseren Gästen Empfehlungen authentisch geben können, müssen also wissen, wie es in bestimmten Restaurants so schmeckt, welcher Gang besonders zu empfehlen ist. Oder in welchen Galerien und Museen, aber auch in welchen Kiezen es gerade besonders spannend ist. Und weil sich unsere Stadt und ihre Stadtteile ja rasend schnell verändern, gehören zu meinem Beruf auch große Investitionen an privater Zeit. Wir wollen und müssen immer auf dem Laufenden sein. Man kennt das ja aus dem Privaten: Wenn Freunde Sie nach einem Restaurant fragen, dann ist es immer besonders schön, wenn Sie ganz authentisch davon erzählen können, weil Sie selbst schon mal da waren.

    Wenn wir über die Veränderungen in unserer Stadt sprechen, muss ich gleich an die Neuentwicklung der City West denken. An den Wunsch, aus der Gegend um den Bahnhof Zoo, wo 2013 auch das Waldorf Astoria eröffnet hat, eine elegante, mondäne Innenstadtlage zu machen. Spielt Ihr Haus bei diesem Vorhaben eine wichtige Rolle?

    Ja, das glaube ich durchaus. Ich würde jetzt nicht so weit gehen zu sagen, dass die Eröffnung des Waldorf Astoria Berlin der Schlüssel dazu war, die City West auf diese Weise zu entwickeln. Aber ich würde schon sagen, dass auch unsere Eröffnung dazu geführt hat, dass viele luxuriöse Boutiquen auf den Kurfürstendamm zurückgekommen sind und auch andere entsprechende Bauvorhaben umgesetzt wurden.

    Also passt Waldorf Astoria als Marke zu Berlin? Es gibt in der Stadt sicherlich einige Menschen, die das anders sehen.

    Berlin muss sich meines Erachtens vor keiner Metropole der Welt verstecken. Ganz im Gegenteil. Wenn ein Waldorf Astoria nach New York oder Amsterdam oder London passt, warum soll es nicht auch nach Berlin passen? Es gehört zu jeder Metropole dazu, dass auch diese Art von Hotellerie betrieben wird. Und die Nachfrage bestärkt uns ja darin. Luxus-Sternehotels funktionieren – auch in Berlin.

    Ist es also an der Zeit, dass wir uns endlich von Wowereits Motto „arm, aber sexy“ verabschieden?

    Ich glaube, dieser Satz hat in eine gewisse Zeit gepasst. Aber mittlerweile passt er nicht mehr. Wenn Sie sich nur mal anschauen, wie viele erstklassige Restaurants in den vergangenen Jahren und Monaten eröffnet haben! Wenn Sie sich vornehmen würden, jedes dieser Restaurants zu testen, dann wären Sie in zwei Jahren noch nicht damit durch. Dass solche Restaurants und eben Hotels wie unseres in Berlin so gut funktionieren, spricht doch dafür, dass die Klientel da ist.

    Nur empfangen Sie in Ihrem Haus ja eher Gäste von außerhalb und eben nicht die Berlinerinnen und Berliner, die vielleicht nach wie vor sexy und arm sind.

    Das ist nicht richtig. Uns besuchen auch viele Menschen, die in Berlin leben. Auch wenn das noch nicht in dem Maße geschieht, wie wir uns das wünschen würden. Das ist vielleicht tatsächlich etwas, das sich in Berlin noch nicht so durchgesetzt hat wie etwa in London oder New York: Dort ist es ganz normal, sich abends auch mal in einer Hotelbar oder einem Hotelrestaurant zu treffen, oder das Spa dort zu nutzen. Diese Hemmschwelle, die es in Berlin offenbar immer noch gibt – nämlich an den freundlichen Doormen vorbei in ein Fünf-Sterne-Hotel zu spazieren und die dortigen Angebote zu nutzen – existiert dort nicht. Aber es gibt auch hier in unserem Hotel viele schöne Dinge, die auch Berlinerinnen und Berliner erleben können. Sei es der High Tea in unserer Library im 15. Stock – für mich übrigens der schönste Ort im ganzen Hotel –, ein Tag im Guerlain-Spa oder eine Veranstaltung wie „Champaign & Eggs“ unten im Roca Restaurant.

    Gut gemachte Eier spielen im Waldorf Astoria tatsächlich eine übergeordnete Rolle. Im New Yorker Stammhaus wurden „Eggs Benedict“ erfunden, ein Frühstücksklassiker, der mittlerweile überall auf der Welt gegessen wird. Genau wie der „Red Velvet Cake“, der ebenso im Waldorf Astoria New York erfunden wurde. Hinzu kommen viele weitere, teils dramatische Geschichten, die mit dem Hotel verbunden sind. Etwa jene des Gründers John Jacob Astor IV, der 1912 beim Untergang der Titanic ums Leben gekommen war. In Ihrem Haus erinnert daran zum Beispiel ein Treppengeländer, dessen Metalldetails der Partitur des Liedes entsprechen, das als letztes auf dem sinkenden Schiff gespielt wurde. Prägt diese reiche, turbulente Markengeschichte Waldorf Astorias Sie in Ihrer täglichen Arbeit?

    Ja, das tut sie. Und das muss sie auch. Alle Häuser, die weltweit zum Portfolio von Waldorf Astoria gehören, müssen das in ihrer DNA tragen und auch zeigen. Die Erwartungen, mit denen Gäste zu uns kommen, sind gerade durch das New Yorker Mutterhaus und seine lange, intensive Geschichte sehr groß. Also muss jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter in unserem Haus dazu bereit sein, diese Geschichte weiterzuschreiben. Und ähnlich, wie ich das eben in Bezug auf Berliner Restaurants gesagt habe – nämlich, dass es auf ein authentisches Erzählen aus dem eigenen Erleben heraus ankommt – trifft das auch auf unser Hotel zu. Ich empfehle unseren Kolleginnen und Kollegen immer, wenn sie mal in Amsterdam, Shanghai oder eben New York sind, auch das Waldorf Astoria dort anzuschauen. Einfach, um unsere Marke möglichst gut zu kennen und kommunizieren zu können.

    Spielt diese Geschichte der Marke auch für Ihre Gäste eine Rolle?

    Auch das. Zudem verbinden viele Gäste ganz eigene, private Geschichten mit Waldorf Astoria. In der Tat haben wir eine sehr große amerikanische Gästeklientel, und es gibt viele, für die unser Name mit Erinnerungen verknüpft ist. Gerade vergangene Woche hatten wir hier noch ein Paar zu Gast, das seinen 50. Hochzeitstag bei uns in Berlin, aber seinen 10. Hochzeitstag schon im Waldorf Astoria in New York gefeiert hatte. Solche Gäste haben noch das, was sie früher in einem unserer Hotels erlebt haben, vor Augen, und kommen mit dieser Erwartungshaltung zu uns. Dafür, dass wir sie dann nicht enttäuschen müssen, arbeiten wir jeden Tag.

    Könnten Sie sich überhaupt vorstellen, für ein Hotel zu arbeiten, das nicht auf diesem Niveau angesiedelt ist?

    Ich persönlich könnte mir das nicht vorstellen, nein. Und ich hoffe, das ist auch bei allen meinen Kolleginnen und Kollegen so. Letztlich soll es doch das sein, wofür wir tagtäglich hierherkommen: Die Erwartungen unserer Gäste nicht nur zu erfüllen, sondern sie zu übertreffen. Den besten Service zu bieten, ein Auge fürs noch so kleinste Detail beweisen. Ich finde es unheimlich spannend, dass hier kein Tag dem anderen gleicht. Und dass ich auch nach zehn Jahren Waldorf Astoria Berlin noch von Gästen, ihren Wünschen und den damit einhergehenden Herausforderungen überrascht werde.

    Waldorf Astoria New York

    Das Waldorf Astoria New York, ein im Stile des Art déco entworfenes Wahrzeichen der Stadt, wurde im Jahr 1931 fertiggestellt. Es war aus dem Zusammenschluss zweier Hotels hervorgegangen; eines hatte dem Inverstor William Waldorf Astor, das andere dem Geschäftsmann John Jacob Astor IV gehört. Über die Jahre wurde Waldorf Astoria zu einer der renommiertesten Hotelmarken der Welt, die heute zur Hilton-Gruppe gehört und weltweit Dependancen unterhält.

    #Berlin #Charlottenburg #Hardenbergstraße #Hotel #Gastronomie #Arbeit #Luxus

  • Les expérimentations médicales nazies n’ont pas fini de faire parler de leurs horreurs
    https://fr.timesofisrael.com/les-experimentations-medicales-nazies-nont-pas-fini-de-faire-parle


    Ein glücklich lächelnder Fahrer vor seinem T4-Reisebus an der Krankenanstalt Hartheim (1940). Der Mann lächelt freundlich, weil er nicht an die Front muss, und weil er etwas sinnvolles tut. Er darf dazu beitragen, arme Menschen von ihrem Leid zu erlösen. An seiner Stelle würden wir auch so freundlich dreinschauen. Es genügt, mit seiner Zeit im Einklang zu sein.

    #Arbeit #Medizin #Nazis #vergasen

  • Rauer Wind in der Nische
    https://jungle.world/artikel/2003/27/rauer-wind-der-nische

    Jungle World 2003/27 von Christoph Villinger - Das Kreuzberger Prinzenbad ist auch bei 30 Grad im Schatten leer. Einsam kann man seine Bahnen im großen Becken ziehen. Man muss nur das nötige Kleingeld haben. Denn inzwischen kostet der Eintritt vier Euro, wer Anspruch auf Ermäßigung hat, zahlt immer noch 2,50 Euro. Dauerkarten sind abgeschafft. Nach den Protesten im vergangenen Jahr führten die Berliner Bäderbetriebe immerhin eine Spätschwimmerkarte ein, ab halb sechs Uhr kostet der Eintritt nur noch zwei Euro.

    Doch die ökonomische Krise ist nicht nur im Prinzenbad präsent. Immer weniger BewohnerInnen von Kreuzberg, das nach der Bezirksreform zum Ost-West-Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gehört, haben genügend Geld. In der Oranienstraße wirbt inzwischen selbst die Edelpizzeria Ossena mit einer Happy Hour von 18 bis 20 Uhr, um Hungrige anzulocken: »Alle Pizzas zum halben Preis.« Die Café-BesitzerInnen klagen über deutliche Umsatzrückgänge, nur am Wochenende sind die Kneipen noch voll. Und wenn man sich mal einen Cappuchino genehmigt, kommen zwei etwa zehnjährige Schulkinder an den Tisch, um selbstgebastelte Kerzen zur Finanzierung ihrer Klassenfahrt zu verkaufen. Man glaubt ihnen, denn sie sehen nicht so aus, als ob sie das Geld an der nächsten Straßenecke in Drogen umsetzen würden.

    Nebenan unterhält man sich über die 100 Euro, die ab Herbst für die Schulbücher der Kinder zu bezahlen sind. Und dass »die beste Freundin nach jahrelangem Suchen endlich einen Job gefunden hat« – in Schwäbisch Hall. Die seit zehn Jahren von den Linken befürchtete »Vertreibung der Armen aus Kreuzberg« ist ausgeblieben, vielmehr »findet ein Prozess der Binnenverarmung« statt, sagt der Kreuzberger Baustadtrat Franz Schulz von den Grünen. So nehme seit wenigen Jahren die Bevölkerung in Kreuzberg sogar wieder zu, insbesondere die deutsche. Das Problem sei der früher gut verdienende Selbstständige, der immer weniger Aufträge erhalte und dessen Geld deshalb knapp werde.

    So hat die auf mittelständische Käuferschichten ausgerichtete Supermarktkette Reichelt ihr Ladenlokal nahe dem Kottbusser Tor schon vor Jahren an den Billigdiscounter Lidl übergeben. Und keine tausend Meter weiter hat Lidl am Oranienplatz vor wenigen Monaten eine weitere Filiale neben dem edel restaurierten AOK-Hochhaus eröffnet. Das steht dafür völlig leer.

    Ebenfalls leer fahren nachts unzählige Taxen auf der Suche nach nicht vorhandenen Fahrgästen durch die Oranienstraße. Ein Kreuzberger Taxikollektiv kann sich inzwischen nur noch gut zwei Drittel des seit 1980 üblichen Stundenlohns von 7,50 Euro auszahlen. Für den Taxifahrer Tilman G. ist sein Job inzwischen »nichts weiter als eine schlecht getarnte Arbeitslosigkeit«.

    Über 30 Prozent beträgt die Arbeitslosenquote in Kreuzberg, 26 000 der etwa 147 000 EinwohnerInnen beziehen Sozialhilfe. Ein Drittel der KreuzbergerInnen hat keinen deutschen Pass. Im SO 36 genannten Teil Kreuzbergs betrug im Jahr 2001 das durchschnittliche Haushaltseinkommen nur 850 Euro, der Berliner Durchschnitt liegt immerhin bei 1 100 Euro. Knapp 3 500 Jugendliche unter 25 Jahren sind im Gesamtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg arbeitslos gemeldet, genauere Aufschlüsselungen nach einzelnen Wohngebieten gibt es angeblich nicht. Zumindest wehrt der Sprecher des Landesarbeitsamtes von Berlin-Brandenburg, Olaf Möller, eine entsprechende Anfrage der Jungle World wortreich ab.

    Doch Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer (PDS) berichtet von einzelnen Straßenzügen, »in denen bis zu 60 Prozent der Jugendlichen mit Migrationshintergrund ohne Arbeit oder gar Ausbildungsplatz sind«. Deshalb ist Talibe Suzen vom Immigrantinnenverein Akarsu e.V. so empört, dass das Arbeitsamt Mitte die Mittel für Berufsvorbereitungskurse zusammengestrichen hat. 45 Teilnehmerinnen nicht deutscher Herkunft sollten dort auf einen Beruf vorbereitet werden, um einen Ausbildungsabschluss zu erreichen. Durch spezielle Angebote und muttersprachliches Fachpersonal entwickelten die Migrantinnen in den seit 14 Jahren angebotenen Kursen schnell mehr Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit.

    Noch im vergangenen Jahr wurde der Bildungsträger von Bundespräsident Johannes Rau und der Bertelsmann-Stiftung als eines der zehn besten Projekte unter 1 300 Mitbewerbern in Deutschland ausgezeichnet. Jetzt muss der Verein, um die Insolvenz zu vermeiden, bis Ende August allen Mitarbeiterinnen kündigen, berichtet Talibe Suzen. Falls dann bis Mitte September das Arbeitsamt den von zwölf auf neun Monate verkürzten Kurs doch noch genehmigt, können sie wieder angestellt werden. Aber am 31. Juli des nächsten Jahres müssen sie wieder entlassen werden. »Das ist doch absurd«, empört sich Suzen.

    Auch die Beschäftigungsagentur Stellwerk ist von den Kürzungen betroffen. Hier werden SozialhilfeempfängerInnen Wege zum Job gezeigt. »Wir verlieren damit 350 Förderplätze«, befürchtet Kerstin Bauer (PDS), die Sozialstadträtin des Bezirks. »Mit sehr großer Besorgnis«, formuliert sie diplomatisch, sehe sie »das rein haushaltspolitische Durchsetzen der Politik der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg«. Sie fordert »mehr Sensibilität«.

    Vor Jahren wurden diese Beschäftigungsagenturen von der radikalen Linken noch als Zwangsarbeitsanstalten bekämpft. Inzwischen beugen sich einige dem Widerspruch: Lieber ausgebeutet drin als ganz draußen. Kreuzberg ist in der ganz normalen kapitalistischen Realität angekommen, mit der man in anderen Teilen Deutschlands schon immer konfrontiert war. Sind dort ABM und die anderen Programme des Arbeitsamtes schon seit längerem Fremdwörter, ermöglichten sie in Kreuzberg vielen eine Nischenexistenz, deren Finanzierung nun weggekürzt wird. Zwar sind die Mieten in Kreuzberg im Vergleich zu Stuttgart oder München immer noch niedrig, doch auch hier steigen die Preise. Ein immer höherer Anteil des geringen Einkommens wird für das Wohnen ausgegeben, manchmal machen Miete und Nebenkosten schon weit über 30 Prozent aus.

    Nun soll ausgerechnet die längst verstorbene New Economy den Bezirk retten. Für die Bezirksbürgermeisterin Reinauer hat er »überhaupt nur eine Chance, wenn sich die Medienindustrie im Spreeraum weiter ansiedelt«. Vor einem Jahr zog Universal-Musik von Hamburg an das Friedrichshainer Spreeufer, demnächst will der Musiksender MTV folgen.

    Links und rechts der Spree ist ein riesiges Medienviertel mit 50 000 Arbeitsplätzen geplant. Für viele knüpft sich daran die Hoffnung, dass dort kleinere Kreuzberger Firmen im Dienstleistungssektor einen Markt finden könnten.

    Doch statt von der Teilnahme am unteren Dienstleistungsbereich zu träumen, könnte man sich auch wehren. Am vergangenen Sonntag veranstaltete die Kampagne Berlin-umsonst eine Fahrraddemo von Schwimmbad zu Schwimmbad in Kreuzberg und Mitte »gegen die unbezahlbaren Eintrittspreise«. Wer umsonst ins Prinzenbad kommt, braucht auch vorher den Medienarbeitern nicht die Schuhe zu putzen. Also wurden die Badehosen eingepackt, die Strandbälle aufgepumpt und die Wasserpistolen durchgeladen, um endlich freies Plantschen in den Fluten zu erkämpfen. Immerhin ein Anfang.

    #Berlin #Kreuzberg #Taxi #Arbeit #2003

  • An der falschen Halte
    https://taz.de/Archiv-Suche/!456999

    23.3.2006 - In den 80er-Jahren konnte man mit Taxifahren mehr verdienen als bei einem guten Bürojob. Heute ist es oft nur versteckte Arbeitslosigkeit. Dennoch hat das kurze Kutschieren fremder Menschen seinen Reiz: Für Sigrid Sokoll ist es „pures Abenteuer“

    Statt alle vier Jahre ein neues Taxi zu kaufen, müssen die Wagen heute bis zum Zusammenbruch halten

    von CHRISTOPH VILLINGER

    Warten. Taxifahren heißt warten. Mindestens drei Viertel ihrer Zeit stehen die Berliner TaxifahrerInnen im Schnitt an der „Halte“ – so die allgemeine Erfahrung – und langweilen sich. Lesen Zeitung, lösen Sudoku-Rätsel. Frieren manchmal. Und warten. „Steigt dann nach einer Stunde endlich jemand in die Taxe, geht’s auch nur für 5,40 Euro ins nahe Urban-Krankenhaus“, erzählt Sigrid Sokoll, die an der Halte „Zossen“, Ecke Gneisenaustraße, mitten in Kreuzberg, wartet. „Davon kannst du nicht leben“, sagt die 57-Jährige.

    Einen Stundenlohn von 10 Euro brutto hält sie für ihre Arbeit für angemessen. Ihr Taxikollektiv, die Kreuzberger Taxigenossenschaft (KTG), für die sie seit 1998 fährt, kann ihr gerade noch 6 Euro brutto ausbezahlen – und das mit Mühe. Das entspricht bei den angestellten FahrerInnen etwa 40 Prozent der Tageseinnahmen.

    „Sicher gibt es Ausnahmen“, erzählt ihre Kollegin Christel Janke, die seit 20 Jahren Taxi fährt. An diesem Morgen hatte die 58-Jährige zum Beispiel Glück. „Eine Tour von Kreuzberg nach Hennigsdorf macht 38 Euro.“ Aber am Nachmittag waren es nach acht Stunden Arbeit auch nur 68 Euro Umsatz auf dem Taxameter. „Hast dich eben an die falsche Halte gestellt“, scherzt ihre Freundin.

    An der falschen Halte stehen die über 6.500 Taxen in Berlin viel zu häufig. Wenige Ausnahmetage, wie zurzeit der Berlinale oder der Grünen Woche, lösen das strukturelle Problem des Berliner Taxigewerbes nicht. Die Mehrheit der Bevölkerung hat schlicht und einfach nicht das Geld für „diesen Luxus“. Zudem gebe es rund 1.000 Taxen zu viel in der Stadt, sagt der Taxiverband Deutschland.

    Im alten Westberlin war es kein Problem, in wenigen Stunden 200 Mark Umsatz zu machen und davon als von der Sozialversicherung befreite Studentin sogar über 50 Prozent behalten zu dürfen. Der Stundenlohn der KTG betrug bereits Anfang der 80er-Jahre um die 15 Mark, und trotzdem erwirtschaftete der Betrieb Gewinne.

    Damals hatten die Menschen einfach mehr Geld zum Ausgeben – auch für Taxis. Heute muss jede Fahrerin einen vollen Tag oder eine Nacht arbeiten, um mühsam und mit Glück über 100 Euro Umsatz zusammenzufahren. Die schwierige finanzielle Lage der Branche zeigt sich inzwischen auch an den Autos: Statt alle vier Jahre einen neuen Wagen zu kaufen, müssen sie heute halten bis zum Zusammenbruch. Über 650.000 Kilometer hat das liebevoll nach seiner Funknummer „1432“ genannte Mercedes-Taxi der KTG inzwischen auf dem Buckel.

    „Trotzdem macht mir der Job eigentlich Spaß – damals wie heute“, sagt Christel Janke. 1986 hat sie nach drei Monaten Lernen ihren P-Schein, den Personenbeförderungsschein, gemacht. Janke studierte damals Landschaftsplanung, später stieg sie auf Politikwissenschaft um, aber das Taxifahren wurde immer mehr zum Mittelpunkt des Erwerbslebens. „Nachdem ich eine Weile bei diversen Kleinbetrieben und einem Frauen-Taxi-Kollektiv gefahren bin, hab ich mich 1991 exmatrikuliert und dann selbstständig gemacht“, erzählt Janke. Ihr Wunsch damals: ohne allzu große Aufregung und Stress als Alleinfahrerin den Lebensunterhalt sichern.

    Das ist inzwischen eine Illusion. Auch sie kann von der Fahrerei nicht leben: „Ohne einen finanziellen Zuschuss der Familie würde es nicht gehen.“ Und wegen ihrer Gesundheit darf sie auch nicht endlos in der Taxe sitzen „wie andere Kollegen, die täglich zehn bis zwölf Stunden auf dem Bock hocken und trotzdem ihre Familie nicht ernähren können“. „Eigentlich hätten viele TaxifahrerInnen Anrecht auf ergänzendes Arbeitslosengeld II“, meint sie. Sigrid Sokoll, die vor zwölf Jahren ihren P-Schein gemacht hat, gehört zu dieser Gruppe. Sie fährt noch 15 Stunden die Woche, den fehlenden Rest deckt sie mit „ergänzendem Arbeitslosengeld II“ ab.

    Mit wildfremden Menschen für kurze Zeit in ein intensives Gespräch kommen zu können, das macht für Sokoll den Reiz am Taxifahren aus. Reihenweise Anekdoten kann sie darüber erzählen. Etwa die von dem über 90-jährigen Rentnerpaar, das Sokoll vor einigen Jahren an der Love Parade vorbeifuhr. „Ach, wir haben schon den Rock ’n’ Roll nicht verstanden, was sollen wir uns darüber aufregen“, kommentierten die zwei das Techno-Event. Diese Erlebnisse und die gewisse Anerkennung, die sie immer wieder für ihre Arbeit erfährt, sind Sokoll wichtig.

    Da widerspricht Christel Janke. Sie hat oft das Gefühl, in die „unterste Kaste gesteckt zu werden“. Die scheinbare Bewunderung, wie mutig es sei, als Frau Taxi zu fahren, verletze sie eher. Sie fühlt sich weniger gesellschaftlich anerkannt, „eher verkannt“. Besonders seit die Bundesregierung nach Berlin gezogen sei, spüre sie einen Drang zur Elitenbildung, die am Beruf gemessen werde. „Wie oft werde ich gefragt, was ich vorher gemacht habe – als wäre Taxifahren ein Hilfsarbeiterjob.“ Dabei ist sie heilfroh, nicht in einem Büro sitzen zu müssen – und Pause machen zu können, wann sie will.

    Sigrid Sokoll würde am liebsten viermal pro Monat am Wochenende fahren, „so wäre es das pure Abenteuer“. Doch inzwischen schränkt auch sie ihre Gesundheit ein: Der körperlich sehr belastende Job fordert seinen Tribut. „Ich bin um 6 Uhr morgens bei minus 8 Grad am Innsbrucker Platz gestanden und schwitzte im Hochsommer bei Plus 35 Grad am Ostbahnhof in der Sonne.“

    Die Hoffnung auf einen anderen Job hat Sokoll aufgegeben. „Und ich kann jedem Taxifahrer, der einen anderen Job findet, nur empfehlen, diesen anzunehmen“, sagt Sokoll. Melancholisch erzählt sie von einer anderen Kollegin, die in den 80er-Jahren ihren normalen Beruf hinschmiss, weil sie mit Taxifahren genauso viel verdiente, ja sogar noch etwas für die Rente sparen konnte. „Heute zahlt sie von dem Gesparten ihre Miete. Nichts wird’s mit der Rente.“

    An eine arbeitsfreie Altersruhe glauben beide nicht mehr. „So oder so werde ich arm sein“, meint Sokoll, „und deshalb weiterfahren müssen. Ich habe dann aber wenigstens zwei, drei Tage bezahlte Unterhaltung im Alter.“

    #Taxi #Berlin #2006 #Arbeit #Taxikollektiv

  • Berlin: BVG-Busfahrer gehen unter Polizeischutz auf die Toilette
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/mobilitaet-verkehr-berlin-bvg-busfahrer-gehen-unter-polizeischutz-a

    28.3.2023 von Peter Neumann -Die Treppe hinunter, dann rechts zu einer unscheinbaren Tür und aufschließen. „Machen Sie sich auf etwas gefasst“, sagt der Mann. In der Tat, der Geruch ist nur schwer erträglich. Es riecht dumpf nach alten Leitungen, Verkrustungen, Ablagerungen. Als ob die Luft hier schon seit Jahrzehnten stehen, als ob hier niemals gelüftet würde. Eigentlich möchte man sofort wieder nach draußen. „Trotzdem ist das noch eine der besseren Toilettenanlagen, die es bei uns gibt“, erklärt ein Busfahrer der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Bei dieser Rundfahrt wird sich bald zeigen, dass das stimmt.

    Willkommen bei dem Berliner Landesunternehmen, das mit mehreren Millionen Fahrgastbeförderungen pro Tag unverzichtbar für das Funktionieren dieser Stadt ist! Willkommen auch bei den Menschen, die dieses Unternehmen und ihre Fahrgäste an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden lang in Bewegung halten. Zwei von ihnen wollen darüber informieren, was sie erleben, wenn sie während der Arbeit auf die Toilette müssen.

    Ein anrüchiges Thema? „Ohne uns würde kein Bus, keine Bahn rollen“, sagt der Fahrer. „Ohne uns könnte sich Berlin keinen Meter in Richtung Verkehrswende mehr bewegen. Wie unsere Toiletten aussehen, hat viel mit Wertschätzung zu tun.“ So gesehen, sehe es mit dieser Wertschätzung nicht gut aus. Auch wenn sich das Unternehmen bemüht.

    „Unsere Leute sind froh, wenn sie hier auf die Toilette können“

    Der BVGler ist in den U-Bahnhof Märkisches Museum gekommen, um zu zeigen, wie die Oberklasse aussehen kann. Wie gesagt, in den Räumen 150–152 riecht es nicht gut. Aber es ist geheizt, Toiletten und Waschbecken glänzen sauber. Toilettenpapier, Seife und Papierhandtücher sind vorhanden. „Unsere Leute sind froh, wenn sie hier auf die Toilette können“, so der BVG-Mitarbeiter. Er meint das Fahrpersonal der Buslinien 165 und 265, die hier, am Rand der östlichen Berliner Innenstadt, ihre Endstation haben.

    An fast 400 Orten können BVG-Mitarbeiter aufs Klo, dazu gehören auch S-Bahnhöfe. Eine interne Liste zählt mehr als hundert Personaltoiletten allein in den Berliner U-Bahnhöfen auf. Wenn ein U-Bahn-Fahrer der Leitstelle die Ziffer 700 übermittelt, wissen die Kollegen in der Zentrale: Da muss jemand austreten. „Wenn eine Bahnhofsaufsicht oder ein Bahnhofsmanager auf dem Bahnsteig sind, passen sie auf den Zug und die Fahrgäste auf. In besonders dringenden Fällen ist es auch möglich, den Fahrschlüssel abzuziehen und schnell aufs Örtchen zu verschwinden“, so die Erläuterung. Auch andere BVG-Beschäftigte dürfen im Untergrund aufs Klo.

    Mit dem Bus 147 geht es nach Friedrichshain zum Ostbahnhof. Auf dem Stralauer Platz geht es nicht so reinlich zu wie in dem Klo in der U-Bahn-Station. Das zeigt schon die Rampe, die von der Bahnhofsvorfahrt hinunterführt: Haufen von Menschenkot säumen den Weg. In der struppigen Grünanlage am Stralauer Platz leben Wohnungslose, die sich offenbar nicht anders zu helfen wissen.
    In den schwarzen Kästen warten Giftköder auf Ratten

    Am Rand des Busparkplatzes ließ die BVG Fertigbauten aufstellen. Der Fahrer nennt sie „Cadolto“ – so heißt die Herstellerfirma in Franken. Ein Container beherbergt einen Pausenraum mit Plastikstühlen und einem Tisch. Karg, aber immerhin geheizt. Daneben zwei Toilettenkabinen. In einer von ihnen hat jemand Toilettenpapier auf dem Boden verteilt. „Nicht jeder Kollege hinterlässt den Ort so wie er sollte“, lautet die Erklärung.

    Hinter den Fertigbauten versperrt ein Drahtzaun den Weg in ein Gebüsch. Unter den Sträuchern erstreckt sich ein Berliner Stillleben: Dönerpapier, Pappbecher, Taschentücher und anderer Abfall. Darüber leuchtet orangerot ein Müllbehälter der BSR, der überquillt. In dem Schmutz fallen schwarze Kunststoffkästen auf. Sie enthalten Giftköder für Ratten, die sich hier vor allem bei Dunkelheit reichlich tummeln. „Ziemlich große Tiere“, sagt eine Busfahrerin. Sie zieht noch einmal an der Zigarette, dann geht sie wieder auf Tour. Die Frau von der BVG scheint froh zu sein, wieder wegfahren zu können.

    Manche Fahrer haben Blasenkrebs, andere einen künstlichen Darmausgang

    Personaltoiletten gehören zur Sozialinfrastruktur. Das hört sich erst mal abstrakt an. Doch ihr Zustand trägt ganz konkret dazu bei, ob jemand bei dem größten deutschen Nahverkehrsunternehmen bleibt – oder wieder das Weite sucht. „Viele Kollegen aus dem Fahrdienst leiden unter Krankheiten des Verdauungstrakts“, erzählt der BVGler. „Einige haben Blasenkrebs, Reizdarm oder einen künstlichen Darmausgang. Aber sie fahren trotzdem Bus, weil sie das Geld brauchen oder ihre Zeit nicht nur zu Hause verbringen möchten.“ Das freut die BVG, bei der im Bus-Fahrdienst rund 180 Arbeitsplätze unbesetzt sind. Und es freut natürlich die Fahrgäste, weil Fahrten nicht ausfallen.

    Aber auch für Fahrerinnen ist es wichtig, dass die Toiletten funktionieren und sauber sind. „Im Moment haben wir im Fahrdienst einen Frauenanteil von rund 25 Prozent“, sagt der BVG-Mann. „Wenn sich die Toilettensituation nicht nachhaltig bessert, könnte es schwierig werden, diesen Prozentsatz deutlich zu steigern.“

    Der Werbefaktor des Klo-Containers an der Michael-Brückner-Straße in Schöneweide dürfte jedenfalls gering sein. Der kleine Fertigbau neben einer Tankstelle, die hier in Treptow-Köpenick natürlich „1. FC Union Zapfstelle“ heißt, ist mit Graffiti beschmiert. „Er ist relativ weit von der Endstelle der Buslinie 160 entfernt, außerdem muss die Straße an einer Ampel überquert werden“, erklärt der BVGler. „Das kostet Zeit.“ Bei wenigen Minuten Pause, wie sie der Dienstplan oft vorsieht, kann es knapp werden. „Früher gab es ein Pausenheim, doch das Gebäude wurde unter Finanzsenator Thilo Sarrazin verkauft.“ Der Container sei eine „Notlösung“, aber einen anderen Ort gebe es nicht.

    Wie unter einem Brennglas zeigt sich bei der Rundfahrt, wie schwer es in Berlin ist, auch kleine Projekte umzusetzen. Die BVG sei darauf angewiesen, dass die Verwaltung Sondernutzungsgenehmigungen des öffentlichen Straßenlands erteile, erläutert BVG-Sprecher Jannes Schwentu. Der Bau von Toilettenanlagen sei komplex. „Planungen müssen erstellt, Genehmigungen vom Bezirksamt eingeholt werden. Oft ist in der Nähe einer WC-Anlage kein Wasser-, Abwasser- oder Elektroanschluss gegeben.“

    Er habe nicht selten den Eindruck, dass manch einem in der Verwaltung das Verständnis fehle, entgegnet der Busfahrer, der die Berliner Zeitung zu der WC-Tour eingeladen hat. „Jeder Bezirk möchte, dass der Autoverkehr reduziert wird und die Menschen den öffentlichen Verkehr nutzen. Aber dann müssen es die Behörden uns auch ermöglichen, unter menschenwürdigen Bedingungen zu arbeiten.“

    Nachts kommen in Müggelheim Füchse zum Bus

    Die Rundfahrt ist am S-Bahnhof Baumschulenweg angelangt. „In der Glanzstraße am Bahndamm wollte die BVG ein Toilettenhäuschen bauen. Doch das Bezirksamt Treptow-Köpenick lehnte ab, weil dafür Straßenbäume gefällt werden müssten. Das Baumwohl steht über dem Wohl der Menschen, die an der Mobilitätswende mitwirken“, so das Resümee. Die BVG musste sich jahrelang mit einer Dixi-Toilette behelfen – in der sich zeitweise ein Wohnungsloser häuslich einrichtete.

    Inzwischen durfte die BVG zumindest einen WC-Anhänger aufstellen, eine von mittlerweile 17 Anlagen dieser Art. Der Anhänger hat Strom, aber kein fließendes Wasser. An der Wand klebt eine Fototapete, die eine Südseeküste zeigt. Allerdings ist der Anhänger nur ein Fortschritt auf Zeit. „Die Genehmigung zur Sondernutzung öffentlichen Straßenlands ist wie alle Erlaubnisse dieser Art befristet“, so der BVGler.

    Er könnte noch andere Beispiele zeigen. Im Cadolto an der Endstelle Odernheimer Straße in Müggelheim kommt das Wasser ebenfalls aus einem Kanister – der schon ziemlich veralgt ist. „Seit 20 Jahren ist das schon so“, berichtet ein anderer Fahrer. In der Nähe des Objekts 326, wie der transportable Bau intern heißt, verlaufen Wasserleitungen, doch es wäre schwierig, die Anlage zu verlegen. Die Haltestelle liegt in einem sensiblen Bereich: Trinkwasserschutzgebiet, private Grundstücke. „An der Endstelle kommen immer wieder Füchse zum Bus, manchmal eine ganze Familie“, erzählt eine Fahrerin. „Wenn wir abends zur Toilette müssen, müssen wir an ihnen vorbei. Das ist nicht jedermanns Sache.“

    Nicht zu vergessen die Linien 296 und 396 in Karlshorst. „Manche Frauen weigern sich, diese Linien zu fahren, weil die Toilettensituation dort besonders prekär ist“, berichtet der Busfahrer. Oder die Endstelle Nöldnerplatz: „Da gibt es eine Wall-Toilette, die aber oft blut- und kotverschmiert ist, als Fixerstübchen oder Wohnstätte missbraucht wird.“ Die BVG-Leute dürfen sich auch in einer benachbarten Polizeidienststelle erleichtern. Doch wenn polizeiliche Maßnahmen laufen, bleibt die Tür verschlossen. „Außerdem müssen die Kollegen zur Toilette begleitet werden. Ein Polizist wartet vor der Tür, bis das Geschäft erledigt ist“, so der Fahrer. „Keine schöne Situation für erwachsene Menschen.“

    Wassergüte mangelhaft – Wasserhähne abgeschraubt

    Eine eigene WC-Anlage ist an dem Standort in Lichtenberg leider nicht möglich, da der gesamte Platz neben der Endhaltestelle unter Denkmalschutz steht, entgegnet BVG-Sprecher Jannes Schwentu. Und was den Standort Ostbahnhof anbelangt: „Hier planen wir noch im ersten Halbjahr 2023 die Erneuerung des WCs und des Pausencontainers. Natürlich werden wir sofort aktiv, sollten Ratten gesichtet werden. Dazu stehen wir auch im Austausch mit dem zuständigen Ordnungsamt.“

    An der Endstelle am früheren Flughafen Schönefeld spitzte sich die Situation im vergangenen Jahr zu. Nachdem eine Probenentnahme ergeben hatte, dass die Wassergüte nicht den Vorgaben entspricht, wurden die Wasserhähne kurzerhand abgeschraubt – mit der Folge, dass sich das Fahrpersonal dort nicht mehr die Hände waschen konnte. Schwentu: „Seit Ende 2022 nutzen wir einen WC-Container am alten Taxispeicher. Darüber liegen unserem Fachbereich keine Beschwerden vor.“

    Für Investitionen in eine moderne und gute soziale Infrastruktur für die Mitarbeitenden stehen seit 2016 für zehn Jahre 20 Millionen Euro bereit. Das Thema habe für die BVG eine sehr hohe Priorität, versichert Schwentu. „Hierzu gehören Kantinen, Pausen- und Ruheräume sowie natürlich Toiletten, selbstverständlich auch und gerade für die Beschäftigten aus dem Fahrdienst.“ So weit die Theorie. Die Praxis sieht oft anders aus.

    Von den fehlenden Toiletten für die Fahrgäste gar nicht zu reden.

    #Berlin #BVG #Arbeit

  • Merci M. le ministre ! Quand Olivier Dussopt protège Uber d’une enquête pour soupçon de travail dissimulé | L’Humanité
    https://www.humanite.fr/social-eco/uber/merci-m-le-ministre-quand-olivier-dussopt-protege-uber-d-une-enquete-pour-s

    In Frankreich verhindert der Minister für Arbeit, Vollbeschäftigung und Integration, Olivier Dussopt, persönlich die Überprüfung von Uber auf Beschäftigung von Scheinselbständigen.

    28.2.2023 von Pierric MarissalDas Arbeitsministerium hat gerade wieder einmal zur Rettung von Uber interveniert, um die inspection du travail daran zu hindern, eine Untersuchung wegen des Verdachts auf Scheinselbständigkeit durchzuführen - mit anderen Worten: Lohnarbeit, die sich hinter dem Status eines Kleinunternehmers bei der Plattform verbirgt.

    Um die Tragweite dieser Entscheidung zu verstehen, müssen wir auf die Mobilisierung von Mietwagenfahrern gegen Uber im Jahr 2019 zurückblicken. Hunderte von Arbeitnehmern, die vor allem wegen ungerechtfertigter Verbindungsabbrüche wütend waren, blockierten damals die Räumlichkeiten des multinationalen Unternehmens. Brahim Ben Ali, nationaler Sekretär der Gewerkschaft INV VTC, die im Zentrum der Mobilisierung steht, wendet sich an die Aufsichtsbehörde inspection du travail .

    Im Juni 2020 lehnte diese den Antrag mit der Begründung ab, dass der Status des Selbstunternehmers selbst einer Inspektion auf der Grundlage des Arbeitsgesetzbuches im Wege stehe...". Damals wurde mir klar gesagt, dass die Inspektoren politisch unter Druck gesetzt werden und dass niemand den Kopf hinhalten will", erinnert sich Brahim Ben Ali.

    „Bevorzugte Behandlung“.

    Der Gewerkschafter wandte sich mit seinem Anwalt an das Verwaltungsgericht, das ihm Ende November 2022 voll und ganz Recht gab, die Argumente der Arbeitsaufsichtsbehörde zurückwies und eine Untersuchung innerhalb von vier Monaten anordnete.

    In einem Schreiben, das wir einsehen konnten, legte das Arbeitsministerium jedoch soeben Berufung ein und forderte das Gericht auf, seine Entscheidung, eine Überprüfung des Unternehmens anzuordnen, zu revidieren. „Deliveroo und andere wurden überprüft und verurteilt, obwohl es sich um genau das gleiche Arbeitsverhältnis handelt“, sagte Brahim Ben Ali. „Uber wird in diesem Land wirklich bevorzugt behandelt“.

    Quelle: https://seenthis.net/messages/992353

    Le ministère du Travail vient, encore une fois, d’intervenir pour sauver Uber, afin d’empêcher l’inspection du travail de mener une enquête pour soupçon de travail dissimulé – autrement dit, du salariat déguisé derrière le statut d’autoentrepreneur auprès de la plateforme.

    Pour comprendre la portée de cette décision, il faut revenir à la mobilisation des chauffeurs VTC contre Uber en 2019. Des centaines de travailleurs en colère, notamment à cause de déconnexions injustifiées, bloquent alors les locaux de la multinationale. Brahim Ben Ali, secrétaire national du syndicat INV VTC, au cœur de la mobilisation, saisit l’inspection du travail.

    En juin 2020, celle-ci rejette la demande au motif que le statut même d’autoentrepreneur fait obstacle à une inspection reposant sur le Code du travail… « On m’a clairement dit à l’époque que les inspecteurs recevaient des pressions politiques, que personne ne voulait se mouiller », se souvient Brahim Ben Ali.

    « Traitement de faveur »

    Le syndicaliste saisit avec son avocat le tribunal administratif, qui, fin novembre 2022, lui donne pleinement raison, rejette les arguments de l’inspection du travail et ordonne une enquête dans les quatre mois.

    Mais, dans un courrier que nous avons pu consulter, le ministère du Travail vient d’interjeter appel, demandant au tribunal de revenir sur sa décision d’ordonner un contrôle de l’entreprise. « Deliveroo et d’autres ont bien été contrôlés et condamnés, alors que c’est exactement la même relation de travail ! s’emporte Brahim Ben Ali. Uber a vraiment un traitement de faveur dans ce pays. »

    #Frankreich #Politik #Arbeit #Uber #Scheinselbständigkeit #Komprador #Disruption

  • Überfall in Gesundbrunnen - Fahrgast raubt Taxi und rast durch Berlin | rbb24
    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/02/fahrgast-raub-taxi-rast-durch-berlin.html

    23.2.2023 - Ein Räuber hat laut Polizei einen Berliner Taxifahrer bedroht, dessen Taxi gestohlen und ist damit durch Berlin gefahren.

    Nach Angaben der Berliner Polizei stieg der Mann in der Nacht zu Donnerstag gegen 1.25 Uhr in Gesundbrunnen (Mitte) in das Taxi des 61-jährigen Fahrers. Als der Taxifahrer halten musste, soll der Fahrgast ihn mit einem Messer bedroht haben, woraufhin der Fahrer ausstieg. Der Fahrgast setzte sich den Angaben zufolge ans Steuer und fuhr davon.

    Erfolglose Suche nach dem Räuber - Taxi beschädigt gefunden

    Gegen zwei Uhr fand die alarmierte Polizei den Wagen in Kreuzberg am Schlesischen Tor. Das Taxi war an der Unterseite beschädigt. Zeugen hatten gesehen, wie der Wagen mit viel zu hoher Geschwindigkeit über einen Bordstein

    #Berin #Taxi #Arbeit #Überfall

  • Lohnraub im Berliner Taxigewerbe » LabourNet Germany
    https://www.labournet.de/branchen/dienstleistungen/oepnv/oepnv-taxi/lohnraub-im-berliner-taxigewerbe

    Metaseite

    Lohnraub im Berliner Taxigewerbe
    https://www.berliner-arbeitslosenzentrum.de/beratung-service/taxi-soziallotse

    Protest beim Filmfest: Taxifahrer demonstrieren gegen Berlinale-Sponsor Uber
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-mobilitaet-protest-beim-filmfest-taxifahrer-protestieren-geg

    Protest gegen Berlinale-Partner Uber
    https://www.ag-taxi.de/Berlinale-Protest-gegen-Uber.html

    Taxi-Gewerbe: Lohnraub ist gängige Praxis
    https://www.neues-deutschland.de/artikel/1149593.taxi-gewerbe-lohnraub-ist-gaengige-praxis.html

    Lohnraub im Berliner Taxigewerbe: Nächster Verhandlungstermin im Juli 2021, Pressemitteilung des Berliner Taxi-Soziallotsen vom 26.02.2021 per E-Mail zum Termin am : Donnerstag 22. Juli 2021 um 11:00 Uhr Arbeitsgericht Berlin, Magdeburger Platz 1, 10785 Berlin, Raum 509

    Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=186794

    #Berlin #Taxi #Arbeit

  • Plattform-Urbanismus | sub\urban. zeitschrift für kritische stadtforschung
    https://zeitschrift-suburban.de/sys/index.php/suburban/article/view/605

    Arbeit, Migration und die Transformation des urbanen Raums
    Moritz Altenried
    , Stefania Animento , Manuela Bojadžijev
    Abstract

    Der Beitrag analysiert, wie digitale Plattformen urbanes Arbeiten und Leben ebenso verändern wie die gelebte Räumlichkeit und die materielle Architektur der Stadt. Davon sind nicht nur Arbeitsverhältnisse berührt, sondern auch alltägliche Formen und Praktiken von Mobilität, Konsum oder Reproduktion. Basierend auf umfassenden ethnografischen Forschungen beschreiben wir erstens den Aufstieg der Plattformarbeit in Berlin, insbesondere am Beispiel von Uber, Deliveroo und Helpling. Wir nehmen neue Formen algorithmischer Organisation, Kontrolle und Überwachung von Arbeit im Stadtraum in den Blick und zeigen, dass Plattformarbeit primär migrantisch ist. Davon ausgehend skizzieren wir zweitens die Umrisse eines entstehenden Plattform-Urbanismus. Das umfasst sowohl ein Verständnis der Räume und Geografien digitaler Plattformen als auch eine theoretische Perspektivierung des Begriffs. Drittens betonen wir, dass kritische Analysen des emergenten Plattform-Urbanismus zeigen können, wie Plattformen darauf abzielen, unverzichtbare urbane Infrastrukturen zu werden. Allerdings zeigt sich, dass diese Infrastrukturwerdung urbaner Plattformen kein reibungsloser Prozess ist, sondern politisch und ökonomisch umkämpft.
    Jetzt lesen
    Veröffentlicht:
    23. April 2021
    DOI
    https://doi.org/10.36900/suburban.v9i1/2.605
    Schlagworte:
    Platform-Urbanismus, Plattformen, Stadt, Digitalisierung, Arbeit, Migration, Gig Economy, Infrstruktur, Logistik Platform urbanism, platforms, city, digitisation, labour, migration, gig economy, infrstructure, logistics
    In Ausgabe
    Bd. 9 Nr. 1/2 (2021)
    digital war besser

    Rubrik: Aufsätze aus dem Schwerpunkt

    73-91
    Autor/innen-Biografien
    Moritz Altenried

    Moritz Altenried arbeitet empirisch und theoretisch unter anderem zu Digitalisierung, Arbeit, Migration, Plattformen und Logistik im globalen Kapitalismus.
    Stefania Animento

    Stefania Animento hat ihre Schwerpunkte im Bereich Mobilität, Migration und Klasse sowie Stadt- und Gentrifizierungsforschung.
    Manuela Bojadžijev

    Manuela Bojadžijev interessiert sich für gegenwärtige Transformationsprozesse von Mobilität und Migration sowie von Rassismus, im Zusammenspiel mit Veränderungen von Arbeit und Alltag durch Digitalisierung und Logistik, vorwiegend in urbanen Räumen.
    Förderung

    Dieser Artikel wurde durch Publikationsmittel im Forschungsprojekt Plattform Labour in Urban Spaces (PLUS) gefördert, finanziert durch die Europäische Kommission im Rahmen des Programms Horizon 2020 (Grant agreement No. 822638).

    Volltext

    Plattform-Urbanismus (Moritz Altenried, Stefania Animento, Manuela Bojadžijev) | In: sub\urban, Bd. 9 Nr. 1/2 (2021): digital war besser | sub\urban. zeitschrift für kritische stadtforschung
    https://zeitschrift-suburban.de/sys/index.php/suburban/article/view/605/911#content

    Arbeit, Migration und die Transformation des urbanen Raums

    Moritz Altenried, Stefania Animento, Manuela Bojadžijev

    1. Einleitung: Berlin, Juli 2019

    Ein diskreter Klingelton seines Smartphones weist den Fahrradkurier auf einen neuen Auftrag hin. Er bremst am Straßenrand und öffnet die App der Essenslieferplattform Deliveroo. Eine kurze Lieferung aus Berlin-Kreuzberg zum Neuköllner Hermannplatz für eine Entlohnung von Euro 4,20 wird ihm angeboten. Schnell kalkuliert er Entfernung, potenzielle Wartezeiten und die momentane Auftragssituation: könnte sich lohnen. Er akzeptiert den Auftrag mit einem Wisch auf dem Smartphone und macht sich auf den Weg zum Restaurant.

    Das Restaurant entpuppt sich als eine unauffällige Küche im Hinterhof eines Kreuzberger Altbaus: ein virtuelles Restaurant, eigentlich nur eine Küche, in der ausschließlich zur Bestellung über verschiedene Essenslieferplattformen gekocht wird. Dementsprechend sind die Abläufe optimiert. Es gibt keine Laufkundschaft, nur die Kurier_innen der verschiedenen Lieferdienste gehen ein und aus. Der Kurier betritt die Küche gemeinsam mit zwei Kolleginnen, die für dieselbe Plattform arbeiten. Er stellt zufrieden fest, dass die Bestellung bereits in braunen Pappbehältern auf ihn wartet. Um nicht aus Versehen mit einer falschen Lieferung loszufahren, vergleicht er die Liefernummer in seiner App genau mit der Nummer auf der Papiertüte und markiert die Bestellung – koreanische Burger und eine japanische Bowl – in der App als abgeholt. Eilig packt er die Bestellung in seinem Rucksack und macht sich auf den Weg zum Ziel in Neukölln.

    Dort angekommen, bestätigt der Deliveroo-Rider in seiner App die Ankunft bei der Kundschaft und klingelt dann an der Tür. Mehrere mit Zahlencodes gesicherte Boxen unterhalb der Klingeln und Klingelschilder, auf denen statt Namen nur die Nummern der einzelnen Wohnungen stehen, lassen darauf schließen, dass es sich um Ferienwohnungen handelt. Niemand antwortet. Er klingelt erneut. Die beiden jungen Frauen aus London, die sich hier für ein paar Tage ein Appartement über Airbnb gemietet haben, um Berlin zu besuchen, sind noch nicht da. Sie haben das Essen über ihr Smartphone aus dem Uber-Taxi bestellt, dabei jedoch die Dauer der Fahrt zurück zu ihrem Appartement unterschätzt. Die Apps des Lieferdienstes Deliveroo, der Wohnungsplattform Airbnb und des Fahrdienstes Uber befanden sich bereits vor der Berlinreise auf ihrem Handy. All diese Dienste stehen ihnen auch in ihrer Londoner Heimat zur Verfügung – genauso wie in vielen anderen Städten der Welt.

    Während der Kurier ungeduldig wartet, öffnet sich die Tür und eine Frau mit Putzsachen tritt heraus. Sie hat die Zeit, während die beiden Londonerinnen beim Sightseeing waren, genutzt, um die Wohnung sauber zu machen. Wie der Deliveroo-Kurier und die Uber-Fahrerin arbeitet auch sie über eine digitale Plattform: Das deutsche Unternehmen Helpling vermittelt unbürokratisch und stundenweise solo-selbstständige Putzkräfte, perfekt für die Besitzer_innen der mindestens fünf Airbnb-Wohnungen in diesem Haus. Diese können so aus der Distanz ihre Wohnungen sauber halten und vermieten. Der Deliveroo-Fahrer nickt der Helpling-Arbeiterin zu und nutzt die Chance, um in den Hausflur zu treten. Er ist selbstständig und wird für die Lieferstrecke bezahlt, nicht für die Zeit, die er für die Auslieferung benötigt. Wartezeiten senken also seinen Stundenlohn. Er überlegt, die Lieferung vor die Wohnungstür zu stellen und dann weiterzufahren, um heute noch sein selbst gestecktes Einkommensziel zu erreichen. Während er noch das Risiko einer verschwundenen Bestellung und den potenziellen Ärger mit der Plattform abwägt, kommen die beiden Londonerinnen zur Tür hinein und freuen sich, dass ihr Mittagessen bereits da ist.
    Plattform-Urbanismus

    Diese nur leicht fiktionalisierte Szene aus unserer ethnografischen Forschung vom Sommer 2019 veranschaulicht etwas, das sich als Plattform-Urbanismus bezeichnen lässt. Dies zeigt ein Blick auf die Smartphones von Menschen aus besonders mobilen Bevölkerungsgruppen, wie den beiden erwähnten Touristinnen oder die der meist migrantischen Arbeiter_innen von Plattformen wie Uber, Deliveroo oder Helpling besonders deutlich. Die verschiedenen Apps spielen im Leben dieser oft neuen oder temporären Berliner_innen häufig eine elementare Rolle. Doch auch ein Blick auf das Smartphone einer beliebigen langjährigen Berlinerin wird mit großer Wahrscheinlichkeit die Apps vieler solcher Plattformen aufweisen, die das urbane Leben in allen Dimensionen zu durchdringen beginnen. Google Maps leitet die Menschen durch die Stadt und modifiziert dabei ihre Geografie; Amazon beeinflusst den Konsum und die Liefervans verstopfen die Straßen. Praktiken und Räume des Datings und Ausgehens verändern sich durch Apps wie Tinder und Grindr. ShareNow, Lime, und viele andere vermieten über ihre Apps Elektroroller, Fahrräder und Autos und wollen so die urbane Mobilität revolutionieren. Airbnb bietet Ferienappartements, Uber Taxifahrten, TaskRabbit Aufbauhilfen für die neuen Ikea-Möbel, Deliveroo das Mittagessen, Helpling die Reinigung der Wohnung, Care.com die Kinderbetreuung und so weiter. Es gibt kaum noch einen Bereich von Arbeit und Leben, in denen digitale Plattformen keine Rolle spielen. Das datengetriebene Geschäftsmodell der meisten Plattformen basiert darauf, dass sie sich über die Smartphones in den Alltag der Nutzer_innen einflechten und zu einem unverzichtbaren Teil der Infrastruktur im alltäglichen Leben werden. Städte sind das primäre Aktionsfeld dieser digitalen Plattformen und werden so zu einem Laboratorium gesellschaftlicher Veränderung. Mit ihnen verändert sich auch die Stadt selbst und wird, wie die Architektin und Urbanistin Clare Lyster schreibt, immer mehr zu einer „integrierten Serviceplattform“ (Lyster 2016: 13).

    Wie digitale Plattformen urbanes Arbeiten und Leben, aber auch gelebte Räumlichkeit und sogar die materielle Architektur der Stadt verändern, ist die zentrale Fragestellung dieses Aufsatzes. Dabei liegt unser Fokus zunächst auf der Analyse von Plattformarbeit in urbanen Räumen (hier konkret in Berlin). Im zweiten Teil des Aufsatzes erweitern wir dann unseren Fokus und fragen, wie Plattformen nicht nur Arbeit, sondern zunehmend auch urbane Räume zu verändern und zu prägen beginnen.

    Wir beginnen unsere Analyse mit einer kurzen Eingrenzung des Begriffs Plattform und skizzieren kurz die Geschichte und Relevanz der Plattformarbeit bzw. Gig Economy. Anschließend analysieren wir auf der Grundlage unserer ethnografischen Forschung in Berlin, die ihren Schwerpunkt auf die Plattformen Uber, Deliveroo und Helpling legt, Prozesse und Logik der App-basierten Plattformarbeit im Stadtraum. Dabei untersuchen wir auch den in der Forschung bislang weitgehend vernachlässigten Aspekt, dass es sich bei dieser Arbeit vorwiegend um migrantische Arbeit handelt. Ausgehend von der Analyse dieses spezifischen Feldes erweitern wir dann unseren Blick auf weitere Fragen des urbanen Lebens, wie die gelebte Geografie oder die urbane Verräumlichung digitaler Plattformen. Zum Schluss erlaubt uns eine kurze Diskussion des Begriffs Plattform-Urbanismus, die gegenwärtigen Transformationen als Infrastrukturwerdung von Plattformen im Urbanen zu charakterisieren. Abschließend wagen wir einen Ausblick auf die Rolle von Plattformen im Kontext der aktuellen Covid-19-Krise.
    Forschungsperspektive: Plattformen, Arbeit, Stadt

    Wir verstehen digitale Plattformen sowohl als konkreten und wichtigen Faktor der Transformation urbaner Arbeits- und Lebensverhältnisse, als auch als radikalen Ausdruck breiterer gesellschaftlicher Veränderungen. Zu diesen gehören die Flexibilisierung von Arbeit, die Logistifizierung von Produktion und Alltag sowie das datengestützte und zunehmend automatisierte Management von Arbeit und urbanem Leben. In diesem Text geht es uns nicht um die Behauptung, die Stadt von morgen würde nach dem Prinzip von Uber und Airbnb regiert (auch wenn uns diese These nicht ganz unplausibel erscheint) oder um die Ausarbeitung einer fertigen Groß-Theorie zum Plattform-Urbanismus. Stattdessen nutzen wir den Begriff heuristisch. Wir setzen unsere Forschung zum Einfluss digitaler Plattformen auf städtische Arbeit und städtischen Alltag ein, um eine kritische Perspektive auf die Stadt von heute zu gewinnen. Diese Perspektive auf die digitalisierte Stadt steht aus unserer Sicht im Dialog mit anderen Forschungsperspektiven. Dazu zählen wir etwa kritische Perspektiven auf den Diskurs und die Materialität von Smart Cities oder die Finanzialisierung der Stadt (Halpern et al. 2013; Harvey 2013; Beverungen/Sprenger 2017).

    Unsere Analyse digitaler Plattformen im städtischen Raum entwickeln wir primär aus der Perspektive der Arbeit und aus einer Untersuchung von Plattformen, bei denen die Organisation und Ausbeutung lebendiger Arbeit im Zentrum des Geschäftsmodells steht. Unsere Forschung folgt auch deshalb diesen arbeitsvermittelnden Plattformen, weil wir Arbeit und politische Ökonomie für zentrale (wenn auch bei Weitem nicht die einzigen) Faktoren in der Produktion des urbanen Raums halten (Harvey 2010; Briken 2018). Dabei ist uns bewusst, dass wir bei der Analyse von Plattformen im Stadtraum auch andere räumliche Praktiken und Akkumulationsformen in den Vordergrund stellen könnten. Der schillernde Begriff der Plattform umfasst viele verschiedene ökonomische Formationen, die sich teilweise sehr stark von den hier untersuchten Plattformen wie Uber oder Deliveroo unterscheiden (Gillespie 2010; Srnicek 2016). Deren Einfluss und deren Rolle im urbanen Raum ist wiederum jeweils sehr unterschiedlich – man denke an die sehr unterschiedlichen Auswirkungen auf das urbane Leben durch die bereits genannten Apps Grindr und Tinder (Miles 2017), Google Maps (Luque-Ayala/Neves Maia 2019), Airbnb (Wachsmuth/Weisler 2018) oder städtische Datenplattformen (Barns 2018). Diese sehr willkürliche Auswahl zeigt auch, dass die Subsumption unterschiedlicher Applikationen und Unternehmen unter den Begriff der Plattform (und des Plattform-Urbanismus) zwar zu dessen Attraktivität, aber auch zu dessen Problematik beiträgt. Schließlich erlaubt es der Begriff, sehr unterschiedliche Unternehmen und Konstellationen zu vereinheitlichen und droht dadurch, an analytischer Schärfe zu verlieren. Andererseits erlauben Begriffe wie Plattform und Plattform-Urbanismus eine breitere Perspektive, die sehr hilfreich dabei sein kann, die tiefgreifenden Transformationsprozesse zu begreifen, zu deren Resultaten etwa die ungeheure globale Macht von Unternehmen wie Amazon oder Facebook gehört. Die Frage, welche Logik diese unterschiedlichen Unternehmen miteinander verbindet, lassen wir im Folgenden jedoch weitgehend offen. Stattdessen entwickeln wir unseren Beitrag primär aus der Perspektive der auch als Gig Economy bezeichneten Plattformarbeit. Damit konzentrieren wir uns auf einen bestimmten Typus von Plattformen sowie auf einen spezifischen Aspekt der Plattformisierung des Urbanen.

    Wir entwickeln unsere Argumentation vor dem Hintergrund zweier laufender Forschungsprojekte zu Plattformarbeit, Stadt und Migration.[1] Diese Projekte verbinden Ansätze und Perspektiven aus Anthropologie, Sozialwissenschaften, Migrationsforschung, Geografie und Stadtforschung sowie Politischer Ökonomie. Methodisch verfolgen wir schwerpunktmäßig einen qualitativen und ethnografischen Forschungsansatz. Die primäre Grundlage für diesen Artikel liefert uns unsere empirische Forschung in Berlin. Dazu gehören umfangreiche ethnografische Untersuchungen (on- und offline), über 40 Interviews mit Plattformarbeiter_innen von Deliveroo, Helpling und Uber sowie Interviews mit Gewerkschafter_innen, Aktivist_innen, Verwaltungsmitarbeiter_innen, Abgeordneten und weiteren Akteur_innen. Diese Forschung in Berlin steht im Kontext eines zweiten, transnationalen Forschungsprojektes zu Plattformarbeit in verschiedenen europäischen Städten, das uns die Kontextualisierung der besonderen Berliner Situation erlaubt.

    2. Plattformarbeit in der digitalisierten Stadt

    „I was told that it was an application and that I was going to get a job right away. They told me that you register and you get offers through the application, it was strange to me, but it was like that, you register and you get offers, cleaning offers from different houses, from different areas, either two hours or four hours, but Helpling gets a pretty high commission. That’s basically it.“ Camila, Berliner Plattformarbeiterin aus Argentinien (Interview, Januar 2020)[2]

    Plattformarbeit ist heute ein globales Phänomen. Millionen Menschen arbeiten in urbanen Zentren auf der ganzen Welt über digitale Plattformen. „Everybody is talking about the gig economy“, schreiben die britischen Wissenschaftler Jamie Woodcock und Mark Graham in ihrer kritischen Einführung zum Thema (Woodcock/Graham 2019: 1). Während sich der Begriff in Deutschland eher langsam verbreitet, hat „Gig Economy“ in anderen Ländern bereits Einzug in die Umgangssprache gehalten. In Großbritannien etwa, wo Woodcock und Graham zufolge die Zahl der Plattformarbeiter_innen inzwischen der Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Gesundheitssektor entspricht, entwickeln sich seit einigen Jahren breite öffentliche Diskussionen über das Phänomen und dessen Auswirkungen auf die Welt der Arbeit. Die Aufmerksamkeit für die Gig Economy speist sich hier, aber auch anderswo in Europa, nicht zuletzt aus einer Welle von Protesten von Plattformarbeiter_innen (Animento et al. 2017; Cant 2019). Vermittelt durch diese Kämpfe gewinnt der Begriff inzwischen auch in der deutschsprachigen Debatte an Bedeutung, vor allem im Bereich der Essenslieferung.

    Zur Größe der Gig Economy gibt es wenig belastbare Zahlen und kontroverse Diskussionen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass Plattformarbeit oft aus dem Raster üblicher Erhebungsmethoden zu Arbeitsmärkten fällt, teilweise nicht statistisch erfasst wird bzw. werden kann, häufig ein Zweit- oder Drittjob ist und zudem nur schwer von ähnlichen Formen flexibler und kontingenter Arbeit abgrenzbar ist. Die Plattform Helpling etwa, deren Geschäftsmodell das Eingangszitat prägnant beschreibt, vermittelt in über 200 Städten weltweit Putzkräfte. Die selbstständigen Kuriere von Deliveroo liefern Essen in über 500 Städten aus und die Taxiplattform Uber hat über 100 Millionen Kund_innen in über 900 Städten auf der ganzen Welt. Grob geschätzt dürften es zusammen mit Tausenden weiterer Plattformen insgesamt an die 50 Millionen Plattformarbeiter_innen sein (Heeks 2019).

    Eine umfangreiche Studie in 13 europäischen Ländern, die den Begriff Gig Economy relativ breit definiert und auch digitale Arbeit auf Onlineplattformen wie Amazon Mechanical Turk miteinschließt, resümiert, die Plattformarbeit spiele in allen untersuchten Ländern eine bedeutende Rolle. Allerdings sei sie in den meisten Fällen nicht die Haupteinnahmequelle, sondern eine wichtige Ergänzung anderer Einkommensquellen. Interessant ist die geografische Verteilung: Die höchsten Anteile regelmäßiger (wöchentlicher) Plattformarbeit wurden in Zentral- und Osteuropa gemessen. So waren es in Tschechien 2019 etwa 28,5 Prozent der arbeitenden Bevölkerung, während die Werte in Nord- und Westeuropa geringer sind. In Deutschland gingen der Studie zufolge 2016 etwa 6,2 Prozent der arbeitenden Bevölkerung mindestens einmal wöchentlich unterschiedlichen Formen von Plattformarbeit nach (Huws et al. 2019). Eine Untersuchung der Europäischen Kommission kommt mit einer anderen Methode auf ähnliche Zahlen für Deutschland (Pesole et al. 2018). Andere Erhebungen kommen zu etwas niedrigeren Zahlen. Plattformarbeit macht also bisher – darauf deuten die vorliegenden Zahlen hin – einen eher kleinen Anteil an den jeweiligen nationalen Arbeitsmärkten aus. Dieser Anteil scheint jedoch stark zu wachsen. Der Studie von Ursula Huws (2019: 1) zufolge hat sich etwa die Zahl der Plattformarbeiter_innen in Großbritannien zwischen 2016 und 2019 verdoppelt.

    Die Gig Economy ist ein globaler Arbeitsmarkt mit primär urbanen Effekten. Daher ist seine genaue Größe in einzelnen nationalen Ökonomien vielleicht auch nicht der springende Punkt. Ihre qualitative Relevanz erhält sie zumindest auch durch ihre Eigenschaft als zentrales Experimentierfeld für neue Formen digital vermittelter, organisierter und kontrollierter Arbeit. So deutet vieles darauf hin, dass die Covid-19-Krise und die daraus hervorgehenden, schon vorauszusehenden wirtschaftlichen Verwerfungen die Bedeutung der Plattformarbeit noch einmal verstärken werden. Bereits in ihrer heutigen Form ist die Gig Economy ein Produkt der letzten großen Finanz- und Schuldenkrise. Zwar steht die Gig Economy historisch betrachtet in einer langen Genealogie kontingenter Arbeit, sie ist aber in ihrer heutigen Form ein Produkt der globalen Krise ab 2007. In dieser trafen insbesondere in den USA Arbeitskräfte, die aufgrund von Entlassungen und Rezession freigesetzt worden waren, auf großzügig mit Risikokapital ausgestattete Plattformunternehmen und begründeten so einen neuen Kreislauf kontingenter Arbeit.

    Die 2009 gegründete Taxi-Plattform Uber lieferte dafür eine Art Blaupause: Wie die meisten Plattformen versteht sich Uber primär als Technologieunternehmen, das zwischen Kund_innen und selbstständigen Taxiunternehmer_innen vermittelt. Dementsprechend hat das Unternehmen selbst nur wenige festangestellte Mitarbeiterinnen. Es organisiert eine große Menge Arbeitskraft on demand, um flexibel auf sie zugreifen zu können. Den etwa 20.000 fest angestellten Mitarbeiter_innen bei Uber stehen weltweit über drei Millionen formell selbstständige Fahrer_innen gegenüber. Diese führen mit ihren eigenen Autos einzelne Taxifahrten durch, die ihnen über die Uber-App vermittelt und durch diese einzeln abgerechnet werden. Dieses Modell – die Auslagerung einzelner, zeitlich befristeter Aufträge (der sogenannten Gigs) an formell selbstständige Arbeiter_innen mittels einer digitalen Plattform – bildet die Grundlage der heutigen Gig Economy. Inzwischen dringen solche Plattformmodelle in fast alle Bereiche vor.

    Uber verbindet sein schlankes Geschäftsmodell (Srnicek 2016), das Fixkosten für Arbeit und Autos weitgehend vermeidet, mit einer kapitalintensiven Disruptionsstrategie. Diese zielt darauf ab, herkömmliche Taxidienste zu unterbieten und so vom Markt zu verdrängen. Zudem lässt sich eine oftmals aggressive Strategie zur Umgehung nationaler und munizipaler Gesetze und Reglungen im Bereich des Personentransports beobachten. Diese führt vielerorts – wie aktuell auch in Deutschland – zu erbitterten Konfrontationen mit Taxiverbänden und Stadtregierungen. Diese Auseinandersetzungen sorgen immer wieder für Rückschläge in der globalen Expansionsstrategie von Uber. Auch das Modell der solo-selbstständigen Fahrer_innen ist rechtlich wie politisch an vielen Orten umkämpft.
    Plattformarbeit in Berlin: Kontingenz und Kontrolle

    Auch in Berlin ist das Geschäft von Uber rechtlich und politisch umstritten. Ein Effekt dieser Auseinandersetzungen ist, dass die Beschäftigungsverhältnisse bei Uber hier heterogener ausfallen als an anderen Standorten. In Berlin stehen zwischen Plattform und Fahrer_in oft noch verschiedene Subunternehmen. Zugleich ist Uber für viele Fahrer_innen tatsächlich ein Vollzeitjob, auf dessen Einkünfte sie nicht verzichten können (für die Situation in den USA und Kanada: Rosenblat 2018). Verschärft wird diese Situation oft durch Schulden oder Leasinggebühren, mit denen die Fahrer_innen die Autos für ihre Arbeit finanziert haben und die sie regelmäßig bedienen müssen – nicht selten bei Uber selbst. Petra, eine Berliner Uber-Fahrerin, die mit dieser Tätigkeit ihre Rente aufbessert, beschreibt die Situation so: „Die Leasing-Autos, die müssen ja immer bezahlt werden. Da ist das Leasing, die Versicherung und das Geld muss natürlich irgendwie reinkommen. Deshalb darf ein Auto auch nicht stillstehen.“ (Interview März, 2020) Petra erzählt, dass sich manchmal zwei Fahrer_innen ein Auto teilen, um es 24 Stunden am Tag zu nutzen und so rentabel zu machen. Ihr Arbeitsalltag wird dabei komplett von der Uber-App auf ihrem Smartphone organisiert. Durch diese bekommt sie ihre Aufträge für die einzelnen Fahrten, die Routen und eine Reihe weitere Informationen. Mit den angestellten Mitarbeiter_innen von Uber im Berliner Büro hat Petra nur in Ausnahmefällen zu tun.

    Wie eingangs beschrieben, werden auch die Fahrer_innen der Essenslieferplattform Deliveroo per App durch die Stadt dirigiert. Der hohe Grad an Kontrolle über den Arbeitsprozess, den viele Plattformen über ihre Apps ausüben, lässt die Argumentation der Plattformen, lediglich Aufträge für Selbstständige zu vermitteln, zumindest fragwürdig erscheinen. Komplexe Algorithmen verteilen die Aufträge an die Fahrer_innen und versuchen diese mit Anreizsystemen in Zonen mit hoher Nachfrage zu locken. Gleichzeitig dient die App zur Schichtplanung und zur automatisierten kleinteiligen Organisation jeder einzelnen Lieferung oder Taxifahrt. Dabei werden verschiedenste Daten erhoben wie Fehlzeiten, Verspätungen, Geschwindigkeit, Routen, abgelehnte Aufträge oder Bewertungen der Kundschaft. Diese Daten werden sowohl genutzt, um die Algorithmen zu optimieren als auch um die Arbeit der einzelnen Fahrer_innen umfassend zu vermessen und gegebenenfalls zu sanktionieren.

    Teil dieses integrativen Systems „algorithmischen Managements“ (Beverungen 2017) sind verschiedene Bewertungssysteme. Oft strukturieren diese den Zugang zu zukünftigen Aufträgen und dienen so als Disziplinierungsmechanismen für die formell selbstständigen Plattformarbeiter_innen. Bei Uber und Helpling sind darüber hinaus die Bewertungen der Kundschaft enorm wichtig für den Zugang zu zukünftigen Aufträgen. Sie bringen oftmals die Arbeiter_innen in schwierige Situationen gegenüber ihren Kund_innen, etwa wenn diese unbezahlte zusätzliche Leistungen verlangen oder sich übergriffig verhalten. Bei Deliveroo bilden vor allem die individuellen Statistiken zu Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit sowie die Bereitschaft, abends und am Wochenende zu arbeiten, die Grundlage für den Zugang zu neuen Schichten und Aufträgen. Chris, ein US-amerikanischer IT-Arbeiter, der auf der Suche nach einem Job in Berlin bei Deliveroo gelandet ist, erklärt: „When you want shifts, it’s annoying if you have bad statistics.“ (Interview, August 2019) Im Falle von kurzfristigen Terminen, Krankheit oder schlechtem Wetter steht Chris vor der Wahl, entweder trotzdem zu arbeiten oder in der folgenden Woche seinen Zugang zu Aufträgen zu gefährden: „A couple of weeks ago it was […] really bad. I was working, and it was really raining, really hard and it was kind of like a storm. And it wasn’t even safe to ride. So I went home early and it still affected my statistics.“ (ebd.) Sowohl das Zurückgreifen auf die Kundschaft als ‚Ko-Management‘ als auch das Management über Apps und Algorithmen zielen auf ein System, das weitgehend automatisiert funktioniert und daher kaum angestelltes Personal für Betreuung und Management von Arbeiter_innen und Kundschaft verlangt. Digitale Technologie erlaubt dabei die präzise Organisation, Kontrolle und Vermessung der Arbeit der im Stadtraum verteilten Fahrradkurier_innen, Taxifahrer_innen und Paketlieferant_innen in einer Weise, die vorher nur in der disziplinären Architektur einer Fabrik denkbar war. Nun erfolgt sie aus der Ferne und weitgehend automatisiert – die Plattform als „digitale Fabrik“ (Altenried i. E).

    Das generelle Ziel von Plattformunternehmen ist es, ihre Fixkosten (für Arbeit und Produktionsmittel) möglichst weit zu senken. Der Rückgriff auf solo-selbstständige Arbeiter_innen, die mit ihren eigenen Fahrrädern oder Autos unterwegs sind, führt im Zuge der Digitalisierung der Arbeitsorganisation zur Renaissance einer eigentlich als weitgehend historisch betrachteten Lohnform: dem Stücklohn. In der Geschichte des Kapitalismus an den Rand gedrängt, wenn auch nie ausgestorben, sind Stücklöhne in der heutigen Gig Economy ein zentrales Mittel, das einerseits unternehmerische Risiken auf die Arbeiter_innen abwälzt und andererseits deren Leistungskontrolle und Disziplinierung dient. Die Arbeiter_innen werden nur für die einzelnen Aufträge bezahlt, nicht für eine festgesetzte Arbeitszeit. So verursachen sie bei Auftragsflauten keinerlei Kosten für die Unternehmen. Gleichzeitig werden auch die Kosten für Schichtplanung und Arbeitswege auf die Arbeiter_innen abgewälzt. Dies ist zum Beispiel ein Problem für Helpling-Arbeiter_innen, deren Arbeitsorte in der ganzen Stadt verteilt sein können, wie die bereits zitierte Camila erklärt: „A lot of time is lost between transfers, in the train, in the bus […] Today from seven in the morning to three in the afternoon, I didn’t stop. And at the end of the day, the second house for two hours paid me 15 euros, and the first one, I think, was 19.“ (Interview, Januar 2020)

    Stücklöhne funktionieren zugleich als Disziplinierungsinstrument und können so die direkte Kontrolle über den Arbeitsprozess ersetzen. So wirkt sich etwa die Geschwindigkeit eines Deliveroo-Kuriers direkt auf seinen Stundenlohn aus. Die Stücklöhne sind meist flexibel, das heißt sie ändern sich häufig, werden vielfach in Echtzeit an Nachfrage und verfügbare Arbeiter_innen angepasst. Bei Deliveroo ist die Distanz zwischen Abholort und Lieferziel ein zentraler Faktor der Entlohnung. In der Folge müssen die Fahrer_innen jedes Mal, wenn ihnen in der App ein Auftrag angeboten wird, mehrere Faktoren (generelle Nachfrage, potenzielle Wartezeit im Restaurant, Schwierigkeit des Anfahrtsweges, Endpunkt der Lieferung etc.) abwägen, um zu entscheiden, ob es sich für sie lohnt, den Auftrag anzunehmen. Jeder einzelne Auftrag ist stets eine kleine Wette darauf, dass es sich lohnen wird.

    Die Plattform Helpling erlaubt es den darauf angemeldeten Putzkräften, ihren Stundenlohn innerhalb einer vorgegebenen Spanne selbst festzulegen. Von diesem Lohn zieht Helpling dann etwa 30 Prozent Vermittlungsgebühr ab. Dadurch stehen die Arbeiter_innen der Plattform in direkter Konkurrenz zueinander um die begrenzten Putzaufträge. Insbesondere Arbeiter_innen mit wenigen oder schlechteren Kund_innenbewertungen können es sich nicht erlauben, ihre Stundenlöhne zu hoch anzusetzen, da sie sonst keine Aufträge mehr erhalten und im Niemandsland der Plattform verschwinden. Natalia, eine weitere Helpling-Arbeiterin aus Argentinien, beschreibt diese Problematik so: „I started to raise [the price] because it doesn’t give me enough money to survive, actually. So, I started to upgrade. And then there was a time when it was too high, and I didn’t get any offers, so I lowered it once again. Now I have a new model: first more clients, and then I upgrade again.“ (Interview, Januar 2020) Die Gestaltung des Profilfotos, der Klang von Namen und vergeschlechtlichte Zuordnungen sind weitere Faktoren, die bei dieser Konkurrenz eine Rolle spielen.

    Die Konkurrenz um volatile Aufträge ist in der Plattformökonomie ein globales Problem. Da selbstständige Arbeiter_innen kaum Fixkosten verursachen, gibt es für die Plattformen selbst kaum Anreize, die Zahl der bei ihnen angemeldeten Arbeiter_innen zu begrenzen, ganz im Gegenteil: Eine hohe Zahl an Arbeiter_innen bietet Plattformen wie Uber und Deliveroo die Möglichkeit, im ganzen Stadtgebiet schnellen Service anzubieten, wie Tommaso, ein Berliner Deliveroo-Fahrer analysiert: „So, their ideal condition would be to have a lot of workers, and then couriers doing just one delivery per hour, and the rest of the time doing nothing.“ (Interview, Juli 2019). Tommaso ist klar, dass sich seine Auftragslage aufgrund einer Zunahme an latenten Arbeitskräften jederzeit verschlechtern kann. In den meisten Ländern ist das Angebot an Arbeiter_innen größer als die Zahl der vorhandenen Aufträge. Plattformen sind meist nicht gewillt, den Arbeiter_innen eine bestimmte Anzahl an Aufträgen zuzusichern. Um der volatilen Auftragslage besser begegnen zu können, sind viele Arbeiter_innen bei mehreren Plattformen gleichzeitig angemeldet. Sie versuchen so, ein ausreichendes Einkommen zusammenzubringen. Selbst wenn die Auftragslage, wie bei Tommaso gut ist, ist das noch keine Garantie für die Zukunft. Der Fahrer reflektiert darüber:

    „The problem was actually, there was no guarantee actually for, no protection as a worker, let’s say. So, also there was no guarantee actually, the company would keep the same level of average of deliveries per hour. And there was no control actually over how many people were employed. And basically, I could be fired for overnight. The same thing, flexibility, also in their case, so like the dark side of flexibility.“ (Interview, Juli 2019)

    Im selben Interview betont der 38-jährige Fahrer aber auch die „hellen“ Seiten der Flexibilität. Seit er vor über zehn Jahren aus Norditalien nach Berlin gekommen ist, arbeitet er als selbstständiger Stadtführer. Seine vier Jahre bei Deliveroo erlaubten ihm ein gutes Zusatzeinkommen, besonders im Winter, wenn weniger Besucher_innen nach Berlin kommen. Wie Tommaso kritisieren viele Plattformarbeiter_innen die Prekarität dieser Existenzweise. Gleichzeitig betonen sie aber, dass diese Arbeit auch ihnen eine flexible Arbeitszeitplanung ermöglicht. Digital organisierte Plattformarbeit funktioniert in diesem Sinne für manche auch als Ergänzung zu anderen Einkommen oder als Zwischenlösung. Doch niemand möchte langfristig oder ausschließlich davon abhängig sein. Während für den italienischen Stadtführer Deliveroo als Zusatzeinkommen funktioniert hat, haben viele andere Plattformarbeiter_innen häufig weniger Alternativen und sind vollständig auf bestimmte Plattformen angewiesen.

    Krankheit oder Unfälle stellen eine zusätzliche ständige Bedrohung dieser prekären Kalkulation dar. In den meisten Fällen bedeuten sie einen hundertprozentigen Verdienstausfall. Dem stehen in der Regel kaum Ersparnisse gegenüber. Joaquín, ein Helpling-Arbeiter aus Chile, erläutert: „I would not like to get sick because you practically lose money, you cannot work, there is no security. It is a problem to get sick and it is a problem that you have to solve.“ (Interview, Dezember 2019) Arbeitsunfälle stellen dabei ein besonderes Problem dar, da viele der Arbeiter_innen nur unzureichend versichert sind. Deswegen versuchen sie, Arbeitsunfälle als private Unfälle darzustellen oder sie suchen bewusst keine medizinische Hilfe, wie Sofía, eine spanische Deliveroo-Fahrerin, schildert:

    „I had a crash in November, a pretty big bad crash. I didn’t work for like three weeks. And I have like the European [health insurance] card, but yeah, of course, you have like nothing covered. I ride fixed, and I was going down a hill, and the chain came out of place. So yeah, it was pretty bad. And I was like: ‚I’m not calling an ambulance.‘“ (Interview, August 2019)

    Während einige Arbeiter_innen bewusst darauf verzichten, sich zu versichern, weil dies ihre Einkünfte schmälern würde, liegt es bei vielen häufig an mangelnden Kenntnissen der entsprechenden Gesetze und Regularien sowie ihrer eigenen Rechte. Dies gilt insbesondere für migrantische Arbeiter_innen, für die das deutsche Sozialsystem sowie gesetzliche Regelungen zu Anmeldung, Selbstständigkeit und Versicherung oft auch sprachlich kaum zugänglich sind.
    Migration: Plattform-Mobilitäten

    „But at the same time, this is the only option that the immigrants or people from Chile or people from India have. Like they cannot work anywhere else. So, even though the work conditions are shit, they – it’s the only thing people have, yeah, the only opportunity. So, for me, I was really happy with it. And as long as I didn’t get hit by a car, everything was going to be okay.“ Bastián, Deliveroo-Arbeiter aus Chile (Interview, August 2019)

    Plattformarbeit ist vorwiegend migrantische Arbeit. In unseren vorherigen Arbeiten haben wir stets betont, dass Arbeit grundsätzlich nicht ohne die sie konstituierende Mobilität gedacht werden kann (Altenried et al. 2017, Bojadžijev 2020). Dennoch ist die Verbindung zwischen Arbeit und Mobilität historisch unterschiedlich und muss folglich immer wieder neu bestimmt werden. Unsere aktuelle Untersuchung zeigt, dass sowohl in Berlin als auch in den meisten anderen europäischen Städten die deutliche Mehrheit der auf den verschiedenen Plattformen Arbeitenden (oft relativ frisch) zugezogen sind. Während dies bei Uber in Berlin viel mit der langen Migrationsgeschichte des Taxigewerbes in Deutschland zu tun hat, arbeiten bei Deliveroo und Helpling insbesondere junge Migrant_innen, die erst vor Kurzem in die Stadt gezogen sind, etwa aus Lateinamerika oder Südeuropa.

    Für viele jüngere Migrant_innen ist Plattformarbeit eine Möglichkeit, direkt nach der Ankunft in Berlin Geld zu verdienen. Die Plattformen verlangen nur ein Minimum an Papieren und da angemeldete Arbeiter_innen keine Fixkosten verursachen, nehmen Plattformen oft alle, die sich bewerben – weitgehend ohne Bewerbungsverfahren, meist ohne Qualifikationsanforderungen und ohne Anlernphase. Die größte Hürde, an andere Jobs zu kommen, sind für die meisten dieser Migrant_innen ihre fehlenden Deutschkenntnisse. Ohne diese verringert sich die Auswahl an verfügbaren Arbeitsmöglichkeiten deutlich; ohne gute Englischkenntnisse sind sie noch weiter eingeschränkt. Die Apps der Plattformunternehmen sind dagegen meistens mehrsprachig und erlauben so auch einen Arbeitseinstieg ohne englische oder deutsche Sprachkenntnisse.

    Insbesondere für junge Migrant_innen aus Südamerika, die meist mit einjährigen Visa einreisen, ist die Plattformarbeit eine gute Möglichkeit, den eigenen Lebensunterhalt „in der Migration“ zu verdienen. Für manche wird diese Arbeit zu einem eingeplanten Teil ihrer Migrationsprojekte und stellt so etwas wie eine „Migrationsinfrastruktur“ (Xiang/Lindquist 2014) für mobile Arbeiter_innen dar. Bastián, der bereits zitierte junge Chilene, antwortet auf die Frage, inwieweit Plattformen seine Entscheidung nach Berlin zu kommen, beeinflusst haben:

    „It’s quite known that both Helpling and Deliveroo are the easy jobs to apply to when you come with a visa, because you only have one year, and this is very immediately. You don’t need that much papers, and you don’t need to speak German. So, yeah, I always thought that it was an option working as Deliveroo, even when I was in Chile.“ (Interview, August 2019)

    Viele migrantische Berliner Plattformarbeiter_innen berichten, dass die Möglichkeit, über Plattformen einen schnellen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu finden, ihnen bei ihren Migrationsplänen Zuversicht gegeben hat. Hinzu kommt, dass einige bereits in ihren Heimatländern für Plattformen gearbeitet haben, teilweise sogar für dieselben wie in Berlin. Sie wissen also bereits, wie diese funktionieren. Manche von ihnen haben mittlerweile sogar in mehreren Ländern für unterschiedliche Plattformen gearbeitet und organisieren so ihre transkontinentale Mobilität.

    Nicht wenige dieser migrantischen Plattformarbeiter_innen haben Universitätsabschlüsse und hoffen darauf, im Laufe der Zeit Arbeit in dem Bereich zu finden, in dem sie ausgebildet wurden. Gustavo, ein Stadtplaner aus Peru, der bei Helpling arbeitet, schildert dies so: „While I look for work in my master’s degree, to survive I am working, because, really, if you are fast, you earn more than in a café or restaurant.“ (Interview, Januar 2020) So wie Gustavo nennen die meisten jüngeren Plattformarbeiter_innen Jobs in Cafés oder Restaurants als mögliche Alternative zur Plattformarbeit. Die dortigen Arrangements sind meist ähnlich (schlecht) bezahlt und oftmals noch informeller und prekärer. Deswegen erscheint die per App vermittelte Arbeit ihnen oft als die bessere Option.

    Die wenigen Alternativen für migrantische Arbeiter_innen kontextualisieren deren ambivalente Bewertung von Plattformarbeit in den stratifizierten urbanen Arbeitsmärkten. Viele Sektoren, in denen Plattformen in den letzten Jahren eine Rolle zu spielen begannen – insbesondere im Dienstleistungsbereich –, sind historisch von flexibilisierten Arbeitsverhältnissen geprägt. In ihnen sind überdurchschnittlich häufig migrantische und weibliche Arbeiter_innen tätig. In ihrer Analyse der „Global City“ London, diagnostizieren Jane Wills und ihre Kolleg_innen eine Verstärkung, aber auch eine neue Qualität dieser Tendenz. Sie sprechen von einer „neuen migrantischen Arbeitsteilung“ und bezeichnen damit eine Stratifizierung des Arbeitsmarktes, bei der sich Migrant_innen vorwiegend am unteren Ende finden: „While migrants have long populated the lower echelons of the London labour market, supplying the workers who do the dirty, dangerous and difficult jobs, we posit that something new has been going on over the past two decades or so. Most clearly in relation to its rise to global-city status, London has become almost wholly reliant on foreign-born workers to do the city’s ‚bottom-end‘ jobs.“ (Wills et al. 2010: 1). In jüngerer Zeit spielen in dieser Dynamik digitale Plattformen eine wichtige Rolle. Nicht von ungefähr wurde Deliveroo 2013 in London gegründet. Aus der Perspektive nationaler Arbeitsmärkte mögen die Arbeitsverhältnisse bei digitalen Plattformen oft irregulär erscheinen. Aus der Perspektive migrantischer Arbeit sind sie jedoch Teil einer langen Geschichte hyper-flexibler, prekärer und durch Überausbeutung gekennzeichneter Arbeitsverhältnisse für mobile Bevölkerungen.

    Gerade für Berlin – kontinuierliches Ziel verschiedenster Migrationsbewegungen – kann die Rolle migrantischer Arbeit nicht nur im Bereich digitaler Plattformen nur schwer überschätzt werden. Plattformen profitieren von den jungen, oft hochqualifizierten migrantischen Arbeiter_innen und nehmen deren heterogene Mobilitätspraktiken auf. Auch wenn die individuellen Geschichten und Motive der Migration sehr verschieden sind, zeigt sich in vielen Städten ein ähnliches Bild wie in Berlin: Es sind Migrant_innen, die den Großteil der On-Demand-Arbeiter_innenschaft der Plattformen stellen. Das gilt auch über Europa hinaus. Auf die Frage, wie die Arbeit bei Essenslieferplattformen in seiner Heimatstadt Santiago de Chile funktioniert, analysiert Tomás, ein Berliner Deliveroo-Fahrer, eine ähnliche Form der migrantischen Arbeitsteilung:

    „You see in Chile, it has the same effect as here. A lot of people from Colombia and Venezuela are working there. So, it’s like a job that is accessible to them. It’s just like the same with us, like another country that is coming with difficulties in terms of economics and opportunities.“ (Interview, Juli 2019)

    Die von uns untersuchte Plattformarbeit in Berlin bietet als eine Art Mikrokosmos Einblicke in globale ökonomische und politische Krisen der jüngeren Vergangenheit. Von den Plattformarbeiter_innen kann man ebenso Geschichten über den Krieg in Syrien oder die Währungskrise in Argentinien hören wie über die Verwerfungen der Eurokrise und der Austeritätspolitik in Südeuropa. So berichtet etwa die 22-jährigen Gabriela, dass sie sich in Berlin mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhofft als in ihrer Heimat Barcelona:

    „To work in Spain is not good. You don’t get more than 10 euros per hour. You don’t get more. I was working in a restaurant by black. But I was working as dishwasher. But there was also the chef and the waitress. And we all win 5.50 euro per hour, we all.“ (Interview, Mai 2019)

    Gabriela arbeitet sowohl für Deliveroo als auch für Helpling. Um ihre Miete zu finanzieren, zieht sie gelegentlich zu ihrem Freund und vermietet ihre Wohnung unter der Hand für einige Tage über Airbnb: Leben unter Bedingungen des Plattform-Urbanismus.

    Digitale Plattformen verändern die Welt der urbanen Arbeit umfassend. Das gilt nicht nur, aber in besonderer Weise für Migrant_innen. Deren Mobilität, Prekarisierung und Flexibilisierung bildet die Grundlage derartiger Arbeitsverhältnisse in der digitalen Ökonomie. Während die Arbeit auf der Putzplattform Helpling unsichtbar und in privaten Räumen bleibt, sind die Fahrer_innen der Essenslieferdienste oder die inzwischen mehrere Tausend Uber-Taxis aus dem Stadtbild Berlins kaum noch wegzudenken. Das lässt wiederum darauf schließen, dass sich mit der Transformation der Arbeit auch Praktiken und Muster urbanen Konsums, transnationaler Mobilität und sozialer Reproduktion verändern – und damit der urbane Raum selbst. Neben den bisher genannten Plattformen müssen noch viele weitere als Teil dieser Veränderung berücksichtigt werden: von Airbnb bis Google, von TripAdvisor bis Amazon. Deswegen wollen wir im Folgenden unseren Blick über die Plattformarbeit hinaus richten und diesen emergenten Plattform-Urbanismus grob skizzieren.

    3. Plattform-Urbanismus: Geisterküchen und On-Demand-Geografien

    Kehren wir zurück zu dem virtuellen Restaurant in Berlin-Kreuzberg im Juni 2019, von dem der Deliveroo-Kurier die Bestellung abgeholt hat. Es liegt versteckt im zweiten Hinterhof. Wer sich hier nach einem konventionellen Restaurant umschaut, wird lange suchen müssen. So wie der Kurier, als er zum ersten Mal hier eine Bestellung abholte. Neben einer unscheinbaren schwarzen Tür hängt ein dezentes Schild mit dem Firmennamen und den Logos gleich mehrerer in Berlin tätiger Essenslieferdienste. Zahlreiche Fahrradkuriere gehen ein und aus. Hinter der Tür öffnen sich die Räume zur Küche. In diesen virtuellen Restaurants ist alles für die Auslieferung optimiert. Die üblichen kulturellen Insignien eines Restaurants fehlen vollständig, alles findet unter der Maßgabe von Hygiene und Effizienz statt. An einem Regal hängen zahlreiche Tablets, über die im Minutentakt Bestellungen eingehen, die irgendwo in der Stadt per App getätigt wurden. Einige der beliebtesten „Restaurants“ auf diesen Plattformen existieren tatsächlich nur in diesem Raum. In diesem Geisterrestaurant werden mexikanische Burritos, Thaicurry, vegane Hotdogs und hawaiianische Poke Bowls direkt nebeneinander gekocht. Den meisten Kund_innen wird das nicht auffallen: Die Kochstile und Nationalküchen, die hier von denselben Köch_innen zubereitet werden, treten in den Apps der Lieferdienste wie verschiedene Restaurants auf.

    Global entstehen in urbanen Kontexten immer mehr solcher Restaurants, in denen ausschließlich für die Lieferung gekocht wird. Oft werden sie als „dark kitchens“, „cloud kitchens“ oder „ghost kitchens“ bezeichnet. Weil die bestehenden Restaurants, die gleichzeitig Laufpublikum bedienen müssen, sich oft als zu ineffizient für die Anforderungen der Auslieferung erweisen und die beliebten Innenstadtlagen für solche Restaurants mit hohen Mietkosten verbunden sind, steigt die Zahl dieser Geisterrestaurants und damit die Bedeutung der sie begleitenden Geschäftsmodelle. So baute beispielsweise Travis Kalanick, der Mitgründer und ehemalige CEO von Uber, die Firma Cloud Kitchens auf, die auf die Auslieferung optimierte „virtuelle Küchen“ an bestehende Restaurants vermietet, damit sie diese von ihren Restaurantküchen trennen können. Kitchen United, ein von Google finanziertes Start-up, bietet neben Räumen und Küchenausstattung auch Software für Lieferküchen an und verspricht dabei eine Einsparung von 75 bis 80 Prozent des Personals im Vergleich zu herkömmlich organisierten gastronomischen Küchen.

    Auch die Lieferplattform Deliveroo hat auf die Erfahrung reagiert, dass viele Restaurants mit der Nachfrage nach Essenslieferungen überfordert sind und das Programm „Deliveroo Editions“ aufgesetzt. So stehen beispielsweise auf einem heruntergekommenen Parkplatz im Londoner Stadtteil Blackwell, der einst ein Umschlagplatz für Kleidung und Wolle war, zehn fensterlose Container in den Farben der Plattform. In jedem dieser kleinen Container arbeitet das Küchenpersonal beliebter Restaurants aus der Umgebung und kocht Essen – ausschließlich für die Auslieferung, etwa in die benachbarten Bürotürme in Canary Wharf, einem früheren Teil des Hafens, der jetzt ein neues Finanzzentrum ist.

    Die Container, die, abgesperrt durch Metallzäune unter den Schienen der Hochbahn stehen und mit Flutlicht beleuchtet werden, bieten ein eher trostloses Bild. Das Personal beschwert sich über die Temperaturen in den fensterlosen Containern: Je nach Jahreszeit ist es zu kalt oder zu heiß. In anderen Londoner Stadtteilen oder in anderen Städten Großbritanniens, Australiens, Frankreichs oder in Hongkong, in denen es solche Geisterküchen gibt, nutzt „Deliveroo Editions“ alte Warenhäuser oder Fabrikgebäude. Neben der großen Kapazität und den geringen Mieten sind effiziente Abläufe ein zentraler ökonomischer Faktor dieser „virtuellen Küchen“. Zur Projektierung solcher Editions-Küchen nutzt Deliveroo die Daten aus Millionen vorhergegangener Bestellungen. Mit diesen lasen sich unter anderem die Nachfrage nach bestimmten Restaurants und Kochstilen für potenzielle Standorte bestimmen. Die Editions-Küchen sowie die zunehmende Automatisierung und Standardisierung des Kochens spielen eine wichtige Rolle für das langfristige Unternehmensziel, die gelieferten Essen preislich an die Kosten für selbst gekochtes Essen anzunähern.
    Logistische Städte und neuer Plattform-Urbanismus

    Diese Entwicklungen zeigen, dass Plattformen wie Deliveroo Teil tiefgreifender Veränderungen sind, die nicht nur die Welt der Arbeit betreffen, sondern auch die Transformation des urbanen Raums. Produktion und Konsumption von Essen sind ein wichtiger Faktor, der den urbanen Raum, seine Kultur und seine Sozialität prägt, insbesondere in Innenstädten. Im Kontext einer sich immer mehr verbreitenden On-Demand-Logik verändert sich jedoch nicht nur das Essensverhalten, sondern auch das Konsumverhalten insgesamt. Immer mehr Waren – von Büchern über Käse zu Waschmaschinen – werden bis an die Haustüre geliefert. Die logistischen Prozesse bei der letzten Meile der Auslieferung werden dabei immer wichtiger; die Anforderungen an Geschwindigkeit, Flexibilität und Effizienz steigen. Amazon benötigt beispielsweise seit einigen Jahren in den Innenstädten neue Distributionszentren, um seine Prime-Kundschaft zu beliefern, die teilweise mit „Same Hour“-Lieferversprechen umworben wird. In Berlin entstanden neue städtische Amazon-Distributionszentren zuerst am Kurfürstendamm und später in Tegel. Diese neuen, innerstädtischen Lieferzentren tauchen jüngst in vielen größeren Städten auf. Sie ergänzen die großen Distributionszentren, die Amazon normalerweise an strukturschwachen und oftmals von hoher Arbeitslosigkeit gekennzeichneten Orten in der Peripherie von Städten platziert, um Miete und Lohnkosten zu sparen – wie in Brieselang bei Berlin.

    In ihrem Buch Learning from Logistics spekuliert die Urbanistin und Architektin Clare Lyster, dass die Logistik inzwischen zum zentralen Paradigma der Stadtplanung geworden ist, da Ströme von Menschen, Waren und Daten eine immer größere Bedeutung bekommen. Um diesen neuen Urbanismus zu verstehen, schlägt Lyster vor, Zeit und Effizienz als die wichtigsten Vektoren der Urbanisierung zu begreifen und fordert uns auf: „Hypothesize that time is the most critical attribute of city making, reconceptualise the city as integrated service platform rather than a series of figural artefacts.“ (Lyster 2016: 13) Im Blick auf die logistischen Geografien der On-Demand-Logik, die Same-Day- oder Same-Hour-Versprechen der Plattformen, die variablen Lieferzonen, die Stadtbewohner_innen bestimmte Dienstleistungen ermöglichen oder sie von ihnen ausschließen oder die Heat Maps, die Nachfrage in Echtzeit darstellen und automatisch mit Anreizsystemen für Taxi- oder Lieferfahrer_innen verbinden, lassen sich die Umrisse dieser Rationalität erkennen (vgl. Altenried 2019).

    Die neuen Distributionszentren, die Geisterküchen und die von Fahrradkurier_innen und Liefervans bevölkerten Straßen sind sichtbare Ausdrücke materieller Veränderungen urbanen Lebens. Dazu kommen noch viele weitere, zum Teil weniger sichtbare Plattformen. Man denke an die versteckten Geografien urbaner Reproduktionsarbeit und deren Re-Organisation über Plattformen wie Helpling oder Care.com (Altenried/Dück/Wallis 2021), an WeWork – ein Start-up, das Co-Working-Spaces und Büroflächen kurzfristig vermietet – oder an die omnipräsente Ferienwohnungsplattform Airbnb mit ihren teils drastischen Auswirkungen auf Immobilienmärkte, Praktiken des Wohnens und Vermietens sowie auf Gentrifizierungsprozesse. Ein weiteres Beispiel sind Uber, ShareNow, Lime und ihre Effekte auf urbane Mobilität. Manchmal scheint es, als gäbe es keinen Sektor urbanen Lebens, der sich nicht „uberisieren“ ließe. All diese Plattformen interagieren mit den vorhandenen städtischen Ökonomien und Infrastrukturen und transformieren diese zum Teil drastisch. Plattformen spielen auch eine wichtige Rolle beim Aufstieg der sogenannten Smart City. Der Begriff bezeichnet ein Ensemble aus Technogien, Diskursen und neuen Formen der Inwertsetzung des Urbanen, in dem große Plattformen und Technologieunternehmen eine wichtige Rolle spielen.

    Wie lassen sich diese komplexen Entwicklungen analysieren und konzeptualisieren? Hier kommt der Begriff des Plattform-Urbanismus ins Spiel, wie das gleichnamige Buch von Sarah Barns (2020), der digitale Roundtable der Zeitschrift Mediapolis (Rodgers/Moore 2018) oder der Schwerpunkt der Zeitschrift Urban Geography (Sadowski 2020) zeigen. Weder gemeinsam noch einzeln liefern diese Debattenbeiträge einen kohärenten Theorieansatz oder einen fertigen analytischen Rahmen. Sie bieten aber Ansatzpunkte für ein Nachdenken über die neueren Entwicklungen und die Urbanisierung des digitalen Kapitalismus. Der Begriff des Plattform-Urbanismus erlaubt einerseits eine Analyse der Verräumlichung von Plattformen und der Geografien des Plattform-Kapitalismus (Srnicek 2016). Der Blick auf die Geografie von Plattformen zeigt andererseits, dass diese meist ein dezidiert urbanes Phänomen sind.[3] Uber, Deliveroo oder Helpling können ihre Netzwerkeffekte am besten im verdichteten Raum der Stadt entfalten. Hier, wo sie auf mobile, prekäre und flexibilisierte Arbeit zurückgreifen können, entwickeln sie ihre Dynamik.

    Wie bereits erwähnt wollen wir die unterschiedlichen Plattformen und ihre variablen Einflüsse auf städtisches Leben nicht vereinheitlichen. Zugleich fehlt es hier am nötigen Platz, um die Umrisse einer Theorie des Plattform-Urbanismus vertieft zu diskutieren. Dennoch erscheint uns die Infrastrukturwerdung von Plattformen als möglicher Ausgangspunkt für solche Überlegungen zentral zu sein. Wie wir gezeigt haben, zielen die meisten Plattformen auf unterschiedliche Weisen darauf ab, unverzichtbare Infrastrukturen des Alltagslebens zu werden. Die beobachtbare Plattformisierung von Infrastruktur und die Infrastrukturisierung von Plattformen (vgl. Plantin et al. 2018) lassen sich dementsprechend vielleicht als die zentrale Wirkungsweise von Plattformen auf den urbanen Raum fassen. Die Diskussion des Plattform-Urbanismus im Kontext der digitalen Re-Konfiguration räumlicher und informationeller Infrastruktur (Easterling 2014, Bratton 2016) erschließt auch eine politische Kritik der plattformgetriebenen Transformation des urbanen Raums. Schließlich zeichnet sich die Plattformisierung städtischer Infrastruktur fast immer durch eine massive Ökonomisierung dieser Infrastrukturen aus. Zudem geht sie mit einer Verschärfung existierender Ungleichheiten und der immer weitergehenden Inwertsetzung neuer Bereiche urbanen Lebens einher. Das aggressive Vorgehen von Plattformen wie Uber und Airbnb sowie die Probleme verschiedener Städte, sich dagegen zu wehren, markieren die Relevanz dieses Phänomens. Die Arbeitskämpfe auf verschiedenen Plattformen oder der breite Widerstand gegen Airbnb mit seinen globalen Auswirkungen zeigen allerdings auch, dass der Prozess der Plattformisierung der Stadt nicht linear und unwidersprochen verläuft. Auch die Algorithmen der Arbeitsplattformen sind nicht allmächtig, Arbeiter_innen finden immer wieder Lücken und Praxen, um die Algorithmen zu ihrem Vorteil auszutricksen. Obwohl die Plattformen selbst gerne den Anschein erwecken, ist die Plattformisierung keineswegs ein lückenloser, unumkehrbarer und allumfassender Prozess, sondern praktisch auf jeder Ebene umkämpft und kontingent.

    4. Schluss: Berlin, März 2020

    Im Vergleich zur eingangs beschriebenen Szene hat sich viel verändert. Nur wenige Wochen später, im August 2019, hat die Plattform Deliveroo ihr Deutschlandgeschäft eingestellt. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Die circa 1.000 Berliner Fahrer_innen der Plattform waren davon völlig überrascht. Wenige Tage bevor die Entscheidung öffentlich bekannt wurde, hatten alle Deliveroo-Fahrer_innen eine Nachricht erhalten, dass im Büro neue Ausrüstung für sie zur Abholung bereitliege. Kurz darauf folgte eine E-Mail, die das Ende der Plattform zum Ende der Woche ankündigte. Der spontane Rückzug löste bei vielen Unglauben und Panik aus, bedeutete er doch für sie plötzliche (Teil-)Arbeitslosigkeit und massive finanzielle Einbußen. Er verdeutlichte so auf drastische Weise die enorme Prekarität der Plattformarbeit. Die Einstellung verweist darauf, dass die meist risikokapitalfinanzierten Interventionen von Plattformen in den urbanen Raum auch im Falle ihres Scheiterns drastische Folgen haben können.

    Wenige Monate später, im März 2020, arbeiten viele der ehemaligen Deliveroo-Fahrer_innen beim Konkurrenten Lieferando, der inzwischen das Geschäft mit Essenslieferungen in Berlin dominiert. Ihr Alltag hat sich damit jedoch nicht wieder normalisiert. In Folge der Covid-19-Pandemie ist die Stadt im Lockdown. Obwohl Lieferando seit Beginn der Krise mit „kontaktloser Lieferung“ wirbt, sind die Fahrer_innen erheblichen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Sie schwanken zwischen der Angst, sich durch die zahlreichen Kontakte mit der Kundschaft und in Restaurants anzustecken und der Befürchtung, dass ihre Tätigkeit eingestellt wird. Lieferando versprach zwar Schutzausrüstung, lieferte diese aber zur Verärgerung vieler Fahrer_innen wochenlang nicht aus. Im Gegensatz zu Deliveroo sind die Fahrer_innen bei Lieferando per Minijobs oder mit anderen Teilzeitverträgen angestellt. So stehen sie bei der Befürchtung sich anzustecken immerhin vor der Wahl, Urlaub zu nehmen oder Fehlzeiten anzuhäufen. Solo-selbstständige Arbeiter_innen anderer Plattformen haben keine derartige Absicherung. Arbeiter_innen von Helpling berichten, dass die Aufträge seltener werden und sie ohne Schutzausrüstung Angst haben, die Wohnungen der Kund_innen zu betreten. Wie unzählige Plattformarbeiter_innen auf der ganzen Welt stehen sie derzeit vor der Wahl, entweder auf Einkommen zu verzichten oder ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Hier zeigt sich besonders deutlich das stratifizierte Risiko in Zeiten der globalen Pandemie. Für mobile Bevölkerungen gilt dies sowohl hinsichtlich ihrer Arbeit als auch ihres prekären Zugangs zur Gesundheitsversorgung.

    Auch wenn einige Plattformen wie Airbnb und Uber während der Covid-19-Pandemie zunächst deutlich unter dem generellen Rückgang der Mobilität litten, spricht vieles dafür, dass die Pandemie auf längere Sicht zum weiteren Aufstieg der Plattformen beitragen wird. Während der ersten Lockdowns etwa in Paris und Mailand waren die Fahrer_innen von Deliveroo und anderen Lieferdiensten oft die einzigen Menschen, die noch auf den leer gefegten Straßen zu sehen waren. Im Vereinigten Königreich führten Uber, Deliveroo und Just Eat Gespräche mit der Regierung, um gegebenenfalls die Versorgung älterer Menschen zu übernehmen. Seit Beginn der Covid-19-Krise bieten viele dieser Essensplattformen zusätzlich die Lieferung von Gütern des täglichen Bedarfs an. In China führte der Ausbruch von Covid-19 zu einem Boom von Plattformen, die Essen und Lebensmittel an die Haustüren der isolierten Kund_innenschaft liefern. Auch in Deutschland ist die Nachfrage nach Lieferungen ins eigene Zuhause enorm gestiegen. Amazon stellte Hunderttausende neue Liefer- und Lagerarbeiter_innen ein, um die explodierende Nachfrage zu bewältigen. Jetzt, im Zuge der Covid-19-Krise, zeigt sich die gesellschaftliche Relevanz dieser Plattformen noch deutlicher, ebenso wie die Prekarität ihrer Arbeitsmodelle: Sie sind ein Gesundheitsrisiko für vorwiegend migrantische Arbeitskräfte, die sich damit in diesen Zeiten ihre Reproduktion sichern. Daher nimmt zugleich auch die Kritik an diesem Geschäftsmodell zu. Einige Plattformen sehen sich inzwischen genötigt, ihre Arbeiter_innen im Krankheitsfall zu unterstützen. Auch wenn diese Unterstützung Garantien und soziale Rechte nicht ersetzen können, sind sie doch Ausdruck eines politischen Drucks nicht zuletzt der Plattformarbeiter_innen selbst. Auch dieser verstärkt sich mit der aktuellen Krise weiter.

    Dieser Artikel wurde durch Publikationsmittel im Forschungsprojekt Plattform Labour in Urban Spaces (PLUS) gefördert, finanziert durch die Europäische Kommission im Rahmen des Programms Horizon 2020 (Grant agreement No. 822638).
    Endnoten

    [1]
    Es handelt sich zum einen um das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützte Projekt „Digitalisierung von Arbeit und Migration“ (Fördernummer 398798988), in dem wir (Moritz Altenried und Manuela Bojadžijev) gemeinsam mit Mira Wallis und Felix Busch-Geertsema forschen: http://www.platform-mobilities.net. Zum anderen geht es um das von der Europäischen Kommission im Rahmen des Programms Horizon 2020 geförderte Forschungsprojekt „Platform Labour in Urban Spaces“ (PLUS, Grant agreement No. 822638), in dem außer uns (Moritz Altenried, Stefania Animento und Manuela Bojadžijev) Valentin Niebler und Roxana Weger arbeiten. Die Unterstützung der Europäischen Kommission für die Erstellung dieser Veröffentlichung stellt keine Billigung des Inhalts dar, welcher nur die Ansichten der Verfasser wiedergibt, und die Kommission kann nicht für eine etwaige Verwendung der darin enthaltenen Informationen haftbar gemacht werden.
    [2]
    Sämtliche Namen von Interviewten haben wir geändert.
    [3]
    Eine Ausnahme bilden sogenannte Crowdworking-Plattformen, deren genuine Qualität darin besteht, über den gesamten Globus verteilte digitale Arbeiter_innen miteinander zu verbinden. Crowdworking-Plattformen bilden eine Art digitaler Fabrik räumlich verteilter Heimarbeiter_innen und kreieren so eine eigenständige Geografie, die sich nicht unbedingt mit den urbanen Zentren deckt.

    Autor_innen

    Stefania Animento hat ihre Schwerpunkte im Bereich Mobilität, Migration und Klasse sowie Stadt- und Gentrifizierungsforschung.

    animento@leuphana.de

    Manuela Bojadžijev interessiert sich für gegenwärtige Transformationsprozesse von Mobilität und Migration sowie von Rassismus, im Zusammenspiel mit Veränderungen von Arbeit und Alltag durch Digitalisierung und Logistik, vorwiegend in urbanen Räumen.

    manuela.bojadzijev@hu-berlin.de

    Moritz Altenried arbeitet empirisch und theoretisch unter anderem zu Digitalisierung, Arbeit, Migration, Plattformen und Logistik im globalen Kapitalismus.

    moritz.altenried@hu-berlin.de
    Literatur

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    #Berlin #Arbeit #Gigwork #Plattformkapitalismus

  • Plattform, Lieferdienst und Co. - ZDFmediathek
    https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-plattform-lieferdienst-und-co-100.html
    https://www.zdf.de/assets/zdfzoom-plattformen-arbeitswelt-100~1280x720?cb=1675845020831

    Verfügbarkeit:
    Video verfügbar bis 08.02.2025

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    Für Menschen mit schlechter formaler Ausbildung oder fehlenden Deutschkenntnissen, die sich auf dem herkömmlichen Arbeitsmarkt schwertun, bieten Plattformwirtschaft und Lieferdienste die Möglichkeit, überhaupt einen Job zu finden.

    Das Prinzip: Über eine App ordert der Kunde seine Einkäufe, bestellt eine Putzhilfe oder eine Betreuungskraft. Die Vorteile: Verbraucher sparen Wege, können den günstigsten Anbieter auswählen, es entstehen neue Jobs. Die Schattenseite: Es herrscht harte Konkurrenz unter den Plattform-Arbeiter*innen, viele sind arbeitsrechtlich kaum abgesichert.

    Zwar sind viele Fahrradkuriere, sogenannte „Rider“, mittlerweile in Deutschland angestellt, jedoch haben viele befristete Verträge, anderen wird noch während der Probezeit gekündigt. Die Angst vor Job- und Einkommensverlust fährt bei vielen mit. „Wenn ich stürze und es passiert nichts Ernstes, nur etwas Schmerzen hier und da - dann ziehe ich es vor weiterzuarbeiten, statt mich krank zu melden,“ berichtet ein Rider, der nicht erkannt werden möchte. Gesteuert von einer App sind die Beschäftigten der neuen Arbeitswelt oftmals vereinzelt und austauschbar. Viele kennen ihre Rechte nicht oder scheuen sich, diese gerichtlich einzufordern, weiß Rechtsanwalt Martin Bechert. In Brüssel hat man erkannt, dass die neue Arbeitswelt bessere Regeln braucht.
    „Es kann nicht sein, dass wir einen neuen Wirtschaftszweig aufbauen, der auch seine Wichtigkeit hat, (…) und dass die sozialen Regeln dem nicht entsprechen.“, sagt EU-Kommissar Nicolas Schmit im Interview mit „ZDFzoom“-Reporter Arne Lorenz.

    #Deutschland #Arbeit #Gigwork #Plattformkapitalismus

  • Laura-Solmaz Litschel — Berlin Institute for Empirical Integration and Migration Research (BIM)
    https://www.bim.hu-berlin.de/en/ppl/ac-pers/solmaz-litschel-laura

    litschel@hu-berlin.de
    Department of Integration, Social Networks and Cultural Lifestyles
    Research Associate in the project NITE

    phone: +49 (0)30 2093-46255
    litschel@hu-berlin.de

    Profile

    Laura-Solmaz Litschel is a research assistant and doctoral student at the Berlin Institute of Migration Research at the Humboldt University of Berlin. She is also an associate member of the Centre for Digital Cultures (CDC) at Leuphana University Lüneburg.

    From 2019-2020, she was a research assistant and PhD student at the Institute for Sociology and Cultural Organisation (ISKO) at Leuphana University. She works in the transnational project “Night spaces: migration, culture and IntegraTion in Europe (NITE)”. The overall project, funded by HERA (Humanities in the European Research Area), looks at material, symbolic and virtual night spaces shaped by the migration society in five European countries (the Netherlands, Ireland, the UK, Germany, Denmark and Portugal).

    In Berlin, Laura-Solmaz Litschel uses the example of digitally-organised platform work to explore how the city night is being transformed by the shift to the smart city and to what extent this “digitalised night” promotes new practices of mobility.

    She completed her studies at the University of Bremen (M.A.), the University of Cordoba and the University of Göttingen (B.A.).


    Current Research Focus

    Digitalisation and (digital) work
    Migration Studies
    Night Studies
    Platform Labour
    Smart City

    Selected Talks

    Litschel, Laura-Solmaz: Transformers of the urban Night: Platform Labour, Migration and Smart City. Panel: Anthropological Perspectives of Global Platform Labour. EASA (European Association of Social Anthropologists). 07/2020:

    Litschel, Laura-Solmaz: The new old normal. Platform Labour under Covid 19 Conditions in Berlin. Poster Presentation. Conference: Politics and Ethics of Platform Labour: Learning from Lived Experiences. Centre for research in the artis, social scienes and humanities. University of Cambridge. 04/2021.

    Litschel, Laura-Solmaz: Augmented Cities: Transformers of the Urban Night. Panel: In the name of the future. SIEF 2021. Helsinki. 06/2021.

    Litschel, Laura-Solmaz: The old normal”: Digital day laborers stay mobily 24/7. Conference: Remote work and Covid: mobility, safety and health at the time of the pandemic. University of Talinn. 06/2021.

    Litschel, Laura-Solmaz: Nocturnal Platform Labour (NITE) 22.11.2021: Fairwork Winter School. Internationale Konferenz zu Plattformarbeit, Migration und sozialer Reproduktion. Abteilung Netzwerke und kulturelle Lebensstile in Kooperation mit Fairwork Germany, Technische Universität Berlin, University of Oxford, Wissenschaftszentrum Berlin (WZB).

    Litschel, Laura-Solmaz: Platform Labour at Night. Stadt nach Acht - Nightlife Konferenz. Berlin. 25.11.2021.

    Litschel, Laura-Solmaz: Die Wartung der Smarten Stadt. Nächtliche Gig Work in Berlin. Kolloquium: hinter verschlossenen Türen? Empirische Zugänge, Methodologische Reflexionen und ethische Implikationen zu schwer zugänglichen Feldern. Universität Hamburg. 13.01. 2022

    Selected (journalistic) Publications

    Litschel, Laura-Solmaz /Faltenbacher, Sofia (2016): Digitaler Wandel: Es läuft nicht mehr wie früher. In: Die Zeit 15/2016. online: https://www.zeit.de/2016/15/digitaler-wandel-berufe-zukunft-roboter-erik-brynjolfsson
    Litschel, Laura-Solmaz (2021): Während wir schlafen. Amazon, Lieferando, E-Scooter: Wie das smarte Leben neue Nachtarbeit schafft. Wer rackert so spät bei Nacht und Wind? In: Der Freitag Ausgabe 27-2021 online: https://digital.freitag.de/2721/wer-rackert-so-spaet-bei-nacht-und-wind
    Litschel, Laura-Solmaz /Zych, Jola (2021): The augmented city: nocturnal platform labour under Covid-19 conditions in Berlin. Reimagining the Night. In: Urban Pamphleteer #9. Urban Lab. University College London. online: http://www.urbanpamphleteer.org/reimagining-the-night

    #Berlin #Forschung #Wissenschaft #Arbeit #Gigwork #Nachtarbeit

  • Dürfen Corona-Infizierte im Betrieb arbeiten?
    https://www.bund-verlag.de/aktuelles~Duerfen-Corona-Infizierte-im-Betrieb-arbeiten-0~.html

    8. Dezember 2022 - Mit dem Ende der Quarantänepflicht für Corona-Infizierte in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein ergeben sich für Arbeitgeber und Beschäftigte arbeitsrechtliche Fragen. Der Arbeitsrechtsexperte Peter Wedde nimmt dazu Stellung.

    Ende November 2022 hat sich auch Rheinland-Pfalz angeschlossen - damit ist die Absonderungspflicht bei einer Corona-Infektion in fünf von 16 Bundesländern aufgehoben. Müssen Nicht-Infizierte und Infizierte jetzt zwingend bei der Arbeit zusammenkommen?

    »Dass infizierte Beschäftigte jetzt nicht mehr zur häuslichen Isolierung verpflichtet sind, heißt ja nicht, dass sie in den Betrieb kommen müssen«, sagt der emeritierte Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS).

    Was aber ist, wenn sie vor Ort im Betrieb arbeiten wollen?

    »Corona-infiziert zu sein heißt, krank zu sein. Beschäftigte, die von einem Arzt wegen der Infektion krankgeschrieben sind, dürfen nicht arbeiten. Dieser Fall ist eigentlich klar«, so Wedde. Daran haben sich Arbeitgeber zu halten, auch wenn manche bislang gern hingenommen haben, dass an SARS-CoV-2 erkrankte Personen von zuhause weiter gearbeitet haben, obwohl sie krank waren.

    »Wer aber trotz einer festgestellten Corona-Infektion symptomfrei ist und sich fit fühlt, darf nun wieder zur Arbeit gehen (mit Ausnahme bestimmter Berufsgruppen, u.a. Beschäftigte in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen). Er oder sie ist lediglich verpflichtet, fünf Tage lang in Innenräumen eine FFP-2-Maske zu tragen und notwendige Vorsichtsmaßnahmen zu treffen wie Abstand halten«, erläutert Wedde.
    Kein Zwang zum Homeoffice

    »Unabhängig hiervon gilt, dass Arbeitgeber die Beschäftigten in dieser Situation bitten können, nicht in den Betrieb zu kommen und stattdessen übergangsweise von zuhause zu arbeiten. Das setzt allerdings Einvernehmen zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten voraus. Wer daheim keine räumliche Möglichkeit hat oder von dort aus nicht arbeiten will oder kann, den kann ein Arbeitgeber nicht zwingen.«

    Beschäftigungsverbot durch den Arbeitgeber

    Wollen Arbeitgeber – auch wegen ihrer Fürsorgepflicht gegenüber nicht-infizierten Beschäftigten – generell verhindern, dass positiv auf Corona getestete Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in den Betrieb kommen, können sie ein zeitlich befristetes Betretungsverbot aussprechen. Wedde verweist aber zugleich darauf, dass Arbeitgeber, die arbeitswillige Beschäftigte am Betreten ihres Arbeitsplatzes hindern, diesen das Gehalt weiterzahlen müssen.

    Schutzmaßnahmen nötig

    Und noch ein Punkt ist Wedde wichtig: »Arbeiten mit dem Corona-Virus infizierte Beschäftigte im Betrieb, müssen Arbeitgeber dort notwendige Schutzmaßnahmen treffen wie etwa eine räumliche Trennung. Gibt es wirksame Schutzmaßnahmen, können sich andere Beschäftigte aus Angst vor Ansteckung im Regelfall nicht weigern, am Arbeitsplatz zu erscheinen.«

    #Arbeit #Krankheit #Epidemie #covid-19#

  • Uber wird zum ersten Mal Hauptpartner der 73. Internationalen Filmfestspiele Berlin
    https:// www.uber.com/de/newsroom/uber-berlinale/

    Die Berlinale gibt den Faust und holt sich Mephistopheles ins Boot. Kulturbanausen wie gewöhnliche Festspielleitungen wissen eben nicht, dass „Uber“ eigentlich „Über“ heißt und als Über=Ubertaxi seine Wurzeln im NietzschNazischen Übermenschen-Denken eines gewöhnlichen Ayn-Rand-Fans aus guten Amihause hat. Unser Teufelchen zeigt sein Schwänzchen, wenn man ihm aufs Füßchen tritt, daß es quiekt, natürlich nur im übertragenen Sinne, denn wir sind ja Tierfreunde.

    Die Uberbande spielt über Bande, das heißt, sie will ihren ramponierten Ruf als Zerstörer öffentlicher Daseinsvorsorge und Lohmdumping-Förderer mit schickem Blingbling als Festivalförderer und echtem Kulturartefakt aufpolieren. So ein Festival ist schon eine schicke Sache. Soweit alles Uber-normal, nur was denkt die Berlinaleleitung?

    Im Code of Ethics der AG Filmfestival, bei der die Berliner Berlinale genausowenig Mitglied ist wie Donald Trump im Klub der Kernwaffengegner, heißt es unter Punkt 4:

    https://ag-filmfestival.de/wp-content/uploads/2020/04/AG-Filmfestival-CoE.pdf

    Filmfestivals sollen faire Arbeitgebende sein und alle Mitarbeiter*innen für ihre Arbeit angemessen bezahlen.

    Ob das für Mitarbeiter der Berlinale gilt, wissen wir nicht, denken aber, dass die öffentlichen Förderer das für ihre 12,9 Millionen Euro verlangen sollten. Wir kennen von profitorientierten Unternehmen die Praxis, externe Dienstleister zu Sätzen unterhalb von Tariflöhnen anzuheuern. Wenn die Berlinale jedoch Millionen aus dem Staatssäckel ausgeben darf, sollte sie nicht zugleich die wirtschaftliche und soziale Struktur der Stadt Berlin angreifen. Durch den Sponsoringvertrag mit Uber geschieht genau das.

    Ein bischen Ethik hat noch nie geschadet und gehört heute mindestens zum guten Ton bei Festivals. Venedig tut etwas gegen Kreuzfahrtmonster, Cannes will keine Oligarchen-Superjachten mehr, in Berlin sollte es um das Wohlergehen echter Menschen gehen.

    Uber tötet Taxifahrer. Das ist keine Metapher und kein Witz. Wir brauchen die Kolleginnen und Kollegen und wir müssen auch die Fahrerinnen am Steuer von Uber-Autos vor prekärer Arbeit schützen, sie zuerst, die dem Vernehmen nach zum größten Teil vulnerable Zuwanderer sind. Sie brauchen die Chance auf eine erfolgreiche berufliche Entwicklung. Wir sollten sie zum Ausbrechen aus der beruflichen Sackgasse unterbezahlter Uber-Jobs bewegen. In jedem anderen Job könnten sie nach einer Ausbildung gut verdienen, Steuer zahlen und zum Wohlstand aller beitragen. Wer hinter dem Steuer eines Uber-Autos hängt braucht staatliche Transferzahlungen zum Leben. Das muß aufhören.

    Die Berlinale sollte das unterstützen.

    Uber Newsroom
    Uber wird zum ersten Mal Mobilitätspartner und ist einer der drei Hauptpartner des Festivals
    Premiere: VIP-Shuttle-Service mit Wasserstoff-Autos

    Die Androhung von Uber-Aktionen für Besucherinnen und Besucher des FilmFest müssen wir ernst nehmen.

    Die Mobilitätsplattform plant Aktionen für Besucherinnen und Besucher

    Berlin, 19. Dezember 2022 – Die Mobilitätsplattform Uber wird zum ersten Mal Hauptpartner der 73. Internationalen Filmfestspiele Berlin, die vom 16. bis 26. Februar 2023 in der Hauptstadt stattfinden. Als einer von drei Hauptpartnern agiert das Unternehmen als Mobilitätspartner für die Berlinale und wird auf dem gesamten Festival präsent sein. Darüber hinaus plant Uber weitere Aktionen für Besucherinnen und Besucher der Veranstaltungen.

     
    Eine tolle Verkaufs- Lobby- und Verkaufsmaschine hat der Uber-Konzern. Die Leitung der Filmsfestspiele hat sich mit dieser Partnertschaft ein Unternehmen ins Haus geholt, das als Zerstörer von guten Arbeitsplätzen, für Lohndumping bekannt ist und in Deutschland Sozial- und Abgabenbetrug ermöglicht wenn nicht fördert.

    Im Rahmen der Partnerschaft vermittelt die Mobilitätsplattform den VIP-Shuttle, der die Filmstars und -crews zum roten Teppich und zu den Pressekonferenzen chauffiert. Erstmals in der Geschichte der Berlinale fahren die prominenten Gäste in umweltfreundlichen Wasserstoff-Autos zu den Veranstaltungsorten. Ein lokaler Partner von Uber wird die Fahrzeugflotte und den Service bereitstellen und operativ steuern. Während der 73. Berlinale wird Uber als Partner in vielen Bereichen des Festivals präsent sein.

    Wir verstehen: Uber erstattet einem Komprador die Kosten seiner Lesitung und erhält im Gegenzug von der Leitung der Berlinale die Gelgenheit, Reklame für sein gesellschafts- und gewerkschaftsfeindliches Programm zu machen.

    Darüber hinaus plant Uber weitere Angebote für die Berliner und in- und ausländischen Gäste des größten Publikumsfilmfestivals der Welt. Dazu zählen unter anderem die Verlosung von Tickets für Premieren als auch besondere Aktionen bei über die Uber-App vermittelten Fahrten in der Stadt.

    Nun ja, Reklameaktionen sind Klappern, das zum Handwerk gehört. Sollnse machen. Uns interessiert, wie eine von uns allen bezahlte und anerkannte Kulturveranstaltung auf die schiefe Uber-Bahn geraten konnte.

    Uber ist seit Jahren in Deutschland fester Bestandteil der Stadt- und Mobilitätskultur.

    Wer so viel inhaltleeren Quatsch von sich gibt, hat in der Regel Schlimmes hinter seiner wortreichen Nebenwand zu verbergen. Fragen wir mal den Berliner Kultursenator, ob er Uber für einen Bestandteil der Berliner Kultur oder eher für internationale Unkultur hält.

    Wir vermitteln digital sichere und komfortable Fahrten auch für zahllose Kinogänger. Mit unserem Engagement für die Berlinale wollen wir unsere lokale Verbundenheit hervorheben.

    Überd die Definition von Komfort kann man streiten. Die Sicherheit der Beförderung durch Fahrer ohne besondere Qualifikation darf wohl in Frage gestellt werden. Wer ein Navi zur Orientierung benötigt ist ungeeignet für die berufliche Personenbeförderung, weil er nie seine volle Aufmerksamkeit Verkehr und Kundschaft widmen kann.

    Und natürlich freuen wir uns auch sehr, dass die deutschen und internationalen Filmstars in diesem Jahr gemeinsam mit Uber in umweltfreundlichen Wasserstoff-Limousinen am roten Teppich vorfahren”, sagt Christoph Weigler, General Manager Uber DACH.

    Klar freut ihn das, erzeugt er über die Stars doch höchstwahrscheinlich viel Aufmerksamkeit für seine Marke. So what .

    So funktioniert Uber in Deutschland

    Uber kooperiert in Deutschland ausschließlich mit lokalen, lizenzierten Mietwagen- und Taxiunternehmen, die die Beförderungsleistung durchführen.

    Für diese lokalen Unternehmen wurde der Begriff Komprador geprägt. Sie sind Türöffner im Auftrag fremder Mächte für dien Freihandel mit Drogen und anderen gesellschaftlich schädlichen und unerwünschten Praktiken. Wir wissen aus eigenen Gesprächen und Presseberichten von den verbeiteten Unterschreitungen des gesetzlichen Mindestlohns und anderen Gesetzesverstößen, welche diesen Unternehmen durch Uber erleichtert werden. Das so genannte „Mietwagengewerbe“ könnte bei Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen zu Mindestlohn und Arbeitsschutz keine Taxi-ähnlichen Fahrten anbieten. Uber braucht Dumpinglöhne.

    Uber ist dabei Vermittler und nicht Beförderer.

    Diese Aussage trägt Uber vor sich her wie eine Monstranz, denn würde das Unternehmen von den Aufsichtsbehörden als Beförderer wahrgenommen, wäre es für alle Gesetzesverstöße seine Komparadoren (von Uber als Partner bezeichnet) verantwortlich. Wie gehen davon aus, dass Uber de facto Beförderer ist, denn Uber greift so tief in den Ablauf des Geschäfts ein wie keine Taxizentrale, gibt Preise vor und übernimmt Aufgaben, die von unabhängigen Taxi- und Mietwagenbetrieben selbständig bestimmt werden, wie etwa Verhandlungen mit Kunden über Fahrtstrecke und Nebenleistungen.

    Die Fahrer der Partnerunternehmen besitzen ausnahmslos einen Personenbeförderungsschein und erfüllen sämtliche Voraussetzungen für die gewerbliche Personenbeförderung. Alle Fahrten sind dementsprechend vollständig für den gewerblichen Betrieb, genauso wie Taxis, versichert.

    Diese Behauptung stimmt nur teilweise. Einerseits kann sie erst zutreffen, seit auf Betreiben der Uber-Lobbyisten und ihrer Kollegen anderer Plattformen die gesetzlichen Anforderungen für Fahrer massiv gesenkt wurden. Dazu kommt, dass immer wieder fragwürdige Betreiber von Uber vermittelte Fahren ausführen, die eben nicht als offizielle Mietwagen mit Konzession registriert sind. Ob der Fahrer eines Uber-Autos alle Voraussetzungen erfüllt steht in den Sternen, da es nicht wirksam kontrolliert wird.

    Die Probleme mit Lohndumping und Verkürzung von Steuern und Sozialabgaben zum Schaden von Gesellschaft und Taxibetrieben sind in der Branche sind allgemein bekannt. Hier soll nur gesagt sein, dass Uber das unterbinden könnte, solche Praktiken jedoch durch seine Geschäftspoliti fördert.

    Das Besondere bei der Vermittlung von Mietwagen mit Fahrer ist, dass der Preis bereits vor der Buchung angezeigt wird und sich auch bei längerer Fahrzeit oder Stau nicht ändert.

    Dabei sind die Uber-Preise nie vorhersehbar, denn anders als im Taxi, dessen Preis pro Kilometer gesetzlich vorgschrieben ist, ändern sie die Beförderungsentgelte bei Uber vollkommen beliebig. Im Berliner Taxitarif führen Staus und andere kurze Wartezeiten zum Leidwesen der Fahrer ebenfalls nicht zu einem höheren Fahrpreis. Die Taxipreise sind alles in allem besser vorhersagbar und planbar als die von Uber.

    Bei der Vermittlung von “Uber Taxi” in der App wird die Fahrt an ein klassisches Taxi vermittelt und die Abrechnung erfolgt zum regulären Taxitarif.

    Dem Vernehmen nach gibt es immer noch Taxiunternehmen, die bereit sind, ihren Kollegen für einen kleinen Extraprofit viel Schaden zuzufügen. Da auch ihre Preise gesetzlich festgelegt sind, kann Uber garnicht anders als bei der Vermittlung von Taxis die gesetzlich regulierten Preise und Konditionen zu respektieren.

    Die Fahrgäste sehen bei allen Optionen vor Fahrtantritt jeweils den Namen des durch Uber vermittelten Mietwagen- bzw. Taxiunternehmens sowie das Profil des professionellen Fahrers mit Fotos, Kennzeichen und Service-Bewertung.

    Alle diese Informationen stehen Taxikunden auch zur Verfügung, nur müssen Forderungen an den Fahrer persönlich über seinen Betrieb oder die Aufsichtbehörde gestellt werden. In Berlin ist bei ernsten Problemen auch die Polizei schnell zur Stelle. Taxifahrer genießen anders als Uber-Fahrer den vollen Schutz als Arbeitnehmer.

    Wir halten amtliche Sanktionen, die gerichtlich überprüft werden können, bei Verstößen für richtig und sinnvoll. Die Praxis des „Rating“ per App und Sanktionierung durch einen privaten Monopolisten sind hingegen anfällig für Manipulation und liefern die Arbeitenden der Willkür eines Unternehmes aus.

    Nach Abschluss der Fahrt wird automatisch bargeldlos mit Kreditkarte, PayPal, Apple Pay oder Google Pay bezahlt. Die Uber-App bietet zudem zahlreiche Sicherheitsfeatures wie das Teilen des Fahrtstatus und des Standortes mit Freunden oder Familie oder eine PIN-Verifizierung, um sicherzustellen, dass Nutzer in das richtige Fahrzeug einsteigen.

    Das Bargeldlose Zahlen ist Fluch und Segen zugleich. Im Taxi funktioniert das Zahlen mit Bargeld ebenso wie mit den gängigen Kreditkarten Paypal und andern bargeldlosen Systemen. Das Akzeptieren gängiger Kredit- und Bankkarten ist den Taxifahrern in Berlin staatlich vorgeschrieben.

    Weitere Infos zu den Sicherheitsfeatures gibt es hier.
    https://www.uber.com/de/de/ride/safety

    Zur Vorstellung von Uber zum Thema Sicherheit wäre einiges anzumerken. Das ist hier aber nicht Gegenstand unserer Betrachtungen.

    Über Uber
    Uber ist ein Technologieunternehmen, das Menschen per Smartphone-App weltweit auf Knopfdruck mit verschiedenen Services verbindet. Die Mobilitätsplattform verschafft ihren Nutzern weltweit unter anderem Zugang zu alternativen Beförderungsmöglichkeiten, zu Essenlieferdiensten sowie zu Frachtservices.

    Halbwahrheit: Uber ist eben kein „Technologieunternehmen“ sondern ein milliardenschwerer Plattform-Konzern, der sich vor allem als parasitärer Vermittler zwischen Anbietern und Nachfragern aufdrängt, und Kunden mit Dumpingpreisen einfängt, die er über Ausbeutung un Dumpinglöhne weltweit durchsetzt. Dass dazu „Technologie“ eingesetzt wird ist heute selbstverständlich. Superschnelle digitale Auftragsvermittlung gabe es im Berliner Taxigewerbe bereits lange vor der Gründung des US-Konzerns.

    Uber ist in mehr als 10.000 Städten in 71 Ländern aktiv und revolutioniert die Art und Weise, wie Menschen sich fortbewegen. In Deutschland ist der Fahrtenvermittlungsservice von Uber in 18 Städten verfügbar: In Berlin, München, Düsseldorf, Frankfurt/M., Wiesbaden, Mainz, Köln, Hamburg, im Großraum Stuttgart und in der Region Duisburg sowie in Essen, Leverkusen, Neuss, Bergisch Gladbach, Bonn, Hannover, Mannheim und Augsburg.

    Halbwahrheit: Die Präsenz von Uber in vielen Städten und mehreren Branchen Deutschlands wird möglich durch einen bislang unerschöpflichen spekulativen Kapitalzufluss. Mit seinen Milliarden, durch Umgehung von Tarifvereinbarungen und Arbeitsschutz versucht der Konzern alle etablierten bislang rentablen Konkurrenten vom Markt zudrängen, um anschließend Monopolprofite zu generieren. Damit versucht das Unternehmen gesellschaftliche Strukturen zu zerstören, die Voraussetzung für eine friedliches und gedeihliches Zusammenleben sind.

    Aus diesem Grund ist es gleichgültig, ob die Uber-Produkte aus Kundensicht „billig“ oder „gut“ sind, denn Uber zerstört die Grundlagen einer sozialen Gesellschaft.

    Protestschreiben können u.a. gerichtet werden an die Presseabteilung von Uber, bitte immer mit CC an die Landes- und Bundesministerien für Verkehr, Arbeit und Wirtschaft:

    Pressekontakt Uber Deutschland Tobias Fröhlich presse@uber.com

    Fazit: Zum Kotzen. Lügen und Halbwahrheiten. PR eben.

    #Arbeit #Uber #Film #Disruption

  • Immer in die Hot Zone: Warum ich nach Feierabend Autos durch Berlin fahre
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/brutal-berlin-unternehmen-ubiq-streetcrowd-carsharing-immer-in-die-

    4.2.2023 von Tiago Pinto Pais - Unser Autor ist Mitglied der StreetCrowd. Er fährt Carsharing-Autos in Gegenden, wo sie gebucht werden. Das wird nicht nur bezahlt, sondern ist auch eine Art Meditation.

    Die Firma hat verstanden, dass der Job für viele StreetCrowder ein Spaß ist, wie eine Schnitzeljagd durch Berlin.

    Es ist Sonntag, einer der wenigen sehr kalten Tage im Dezember. Um 17 Uhr steige ich aus dem Bus X7 am Flughafen BER. Ich habe kein Gepäck dabei und laufe auch nicht wie alle anderen zum hell erleuchteten Terminal. Ich laufe allein zu den Parkplätzen im Dunklen. Das heißt, nein, ein zweiter Typ mit Leuchtweste dreht sich genau wie ich in Richtung der Autos. Er überholt mich. Ist er ein Flughafenmitarbeiter? Oder haben wir dasselbe Ziel? Als wir kurz darauf vor demselben Auto stehen, sagt er zu mir: „Das ist meins! Willst du irgendwohin mitfahren?“

    Ach, er ist ein StreetCrowder, wie ich.

    StreetCrowd ist ein Angebot des österreichischen Unternehmens Ubiq, das am 9. Dezember 2020 in Berlin startete. Sie versprachen: „Mach deinen eigenen Zeitplan“, „Verdiene Geld, wann du willst“, „Die Gelegenheit ist überall“ und „Täglich 100 Euro und mehr“. All das sei möglich, indem man einfach Carsharing-Autos aus Gebieten mit geringerer Nachfrage in Gebiete mit höherer Nachfrage fahre.

    Wie bei einem nicht verkauften Sitzplatz auf einem Flug oder einem nicht vermieteten Zimmer in einem Hotel verliert ein Carsharing-Unternehmen Geld mit jeder Minute, in der ein Auto aus seinem Fuhrpark nicht vermietet ist. Daher ist ein stehendes Auto nicht in seinem Interesse. Das Unternehmen muss permanent Anreize schaffen, um diese „kalten Autos“ in Bewegung zu halten. Fahren also Carsharing-Nutzer mit dem Auto von A nach B, sind wir Streetcrowder dazu da, sie zurück von B nach A zu fahren.

    In Berlin gibt es mehrere sogenannte Hot Zones. Hier leben Menschen, die gern Carsharing nutzen, vor allem dann, wenn sie nicht weit zum Auto laufen müssen. Prenzlauer Berg, Kreuzberg, Friedrichshain, Savignyplatz und Neukölln (Reuterkiez) – das sind die Zonen, in die wir die „kalten Autos“ bringen. Die App schlägt drei Zonen vor und wir entschieden uns für eine, entweder, weil dort das nächste kalte Auto nicht weit weg steht, oder weil wir heimfahren wollen.

    Ich habe die StreetCrowd-App in der Pandemie für mich entdeckt. Ich fahre gern Auto, und gerade nachts ist das in Berlin einfach eine schöne Beschäftigung. Musik oder Nachrichten hören und in einem schönen, sauberen und warmen Auto durch die Stadt fahren – das ist für mich Freizeit. Zusätzlich ist es auch ein Spiel: Ich kann durch die Stadt laufen und wie beim Spiel PokemónGo nach „kalten Autos“ suchen. Finde ich sie, bevor ein anderer StreetCrowder sie wegfängt? Oder jemand vom Wartungsteam des Carsharing-Unternehmens?

    Eigentlich bin ich Besitzer eines kleinen Geschäfts in Kreuzberg, aber im zweiten Lockdown wurde StreetCrowding für mich zur Rettung. Ich konnte etwas tun, das zumindest etwas Geld einbrachte und gleichzeitig wie Meditation für mich war. Es wurde zu meinem Feierabend-Job. Außerdem saß ich in schönen neuen Autos und lernte die Stadt kennen: Ich war im tiefsten Lichtenberg, Steglitz und im Märkischen Viertel, ich nahm den 240er-Bus, die M13 und die 16. Ich kenne mich jetzt wirklich gut aus in Berlin.

    Je nach Länge der Fahrt verdient ein StreetCrowder zwischen drei und 13 Euro. Das ist nicht wahnsinnig viel, zumal man ja erst einmal das Auto erreichen muss. Mehr als drei Fahrten pro Stunde habe ich nie geschafft – und Gott weiß, dass ich es probiert habe. Das Gute: Am Ende eines Tages wird das Geld sofort überwiesen. Das Nervige: Gerade im Reuterkiez kann abends die Suche nach einem Parkplatz mehr Zeit einnehmen als die Fahrt dorthin.

    Aber die Firma hat auch verstanden, dass es für viele StreetCrowder ein Spaß ist, wie eine Schnitzeljagd durch Berlin. Sie begannen irgendwann mit Sonderaktionen: Wer zum Beispiel 30 Autos an einem Tag bewegte, bekam 50 Euro extra. Ich probierte es aus, ich begann morgens um fünf Uhr und schaffte es kurz vor Mitternacht. Ein Tag, 30 Autos. Aber ich hatte immer noch nicht genug.

    Die nächste Aktion: Wer von den StreetCrowdern schafft die meisten Auto-Bewegungen in einer Woche? Ich schaffte 72 Fahrten, das war der zweite Platz. Immerhin gab es dafür einen Preis. Die letzte große Aktion dieser Art gab es zu Weihnachten 2021: Wer zwischen dem 25. November und dem 31. Dezember 670 Autos bewegte, erhielt 670 Euro Prämie. Ich konnte nicht teilnehmen, aber es ist eben nicht mein Haupt-Job.

    Denn ich merkte, ich arbeite für ein Unternehmen, das für einen Service noch nicht einmal den Mindestlohn zahlen muss, weil wir StreetCrowder es ja freiwillig und gern tun. Doch inzwischen sind wir eine Gruppe von rund 400 registrierten Nutzern in Berlin. Davon sind rund 100 so aktiv wie ich. Wir bringen dem Unternehmen Millionen Euro ein, dafür will uns StreetCrowd mit einer Art Gemeinschaftsgefühl belohnen. Es gibt eine WhatsApp-Gruppe, in der die unterschiedlichsten Berliner sind: Studenten, Migranten, Auto-Nerds und Kleinunternehmer wie ich.

    Neulich trafen sich viele von uns in echt, nicht in einer Chatgruppe: Frauen waren nur wenige dabei, und endlich konnten wir uns einmal richtig unterhalten. Zunächst die üblichen Fragen nach der Steuerabrechnung und wie man das Gewerbe angemeldet hat. Da merkte ich, dass es wirklich Menschen gibt, die das hauptberuflich machen. Und für sie ist es wirklich von Bedeutung, dass ab jetzt zum Beispiel die Vergütung für Fahrten länger als 10 Kilometer sinkt – während die Carsharing-Preise in derselben Zeit gestiegen sind. Wie kann das sein?! Alle regten sich sofort auf.

    Aber für mich ist es ja ohnehin nur ein Hinzuverdienst. Ich spare das Geld, um einmal gut essen zu gehen oder ein schönes Wochenende an der Ostsee zu haben. Es ist nicht das Geld, das ich zum Überleben brauche. Trotzdem merke ich, dass wir StreetCrowder auch Teil einer neuen Art von Kapitalismus sind: der UBERifizierung der Wirtschaft. Alle sind Freiberufler, oder: gut gelaunte Selbstausbeuter.

    Obwohl es auch diese Tage gibt, an denen gar nichts klappt. Das war neulich, an einem Sonntag, als ich mal wieder Zeit übrig hatte und etwas Auto fahren wollte. Ich fuhr zum ersten Wagen nach Lichtenberg: vor meiner Nase weg. Der zweite in Friedrichshain ebenfalls, der dritte in Neukölln. Jedes Auto, zu dem ich fuhr, verschwand, kurz bevor ich dort ankam. Irgendwann gab ich auf. Es war einfach nicht mein Tag.

    Ganz anders der Sonntag im Dezember, an dem der andere StreetCrowder mir am Flughafen BER das Auto wegschnappte. Ich habe sein Angebot, mit zurückzufahren, nicht angenommen. Zeit ist Geld, und Stillstand bringt weder Einkommen noch Fahrspaß. Ich öffnete die StreetCrowd-App und fand in Schönefeld ein „kaltes“ Auto. Die App schlug Prenzlauer Berg als Ziel vor. Dort wohne ich. Ich verdiente also zwölf Euro mit der Fahrt zu meiner Haustür. Und machte Feierabend von meinem Feierabend-Job.

    #Berlin #Arbeit #Ausbeutung #Disruption #platform_capitalism #carsharing

  • Neue Photographische Gesellschaft-Steglitz
    http://www.npg-steglitz.de/index.htm

    Das wohl bekannteste Steglitzer Aushängeschild der Zeit um 1900 war wohl die Neue Photographische Gesellschaft, die ihr großes Fabrikationsareal zwischen Siemens-, Birkbusch und Luisenstraße (seit 1931 Nicolaistraße) hatte. Der äußerst tatkräftige Ostpreuße, Arthur Schwarz, 1862 in Braunsberg/Ostpreußen geboren, gründete am 5. Juli 1894 in Schöneberg mit zehn Angestellten seinen ersten fotografischen Betrieb als GmbH mit einem Grundkapital von 75.000 Mark. Man beschäftigte sich mit der maschinellen Herstellung von Fotografien, gleichzeitig mit der Fabrikation fotografischer Papiere und Bedarfsartikel. Schon 1895 wuchs die Gesellschaft auf 35 Mitarbeiter an, so dass die gemieteten Räumlichkeiten in Schöneberg nicht mehr ausreichten und nach dem Kauf des Steglitzer Grundstückes 1896 schon im Frühjahr 1897 das neue Fabrikgebäude bezogen werden konnte. Zwei Jahre später fand die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft statt, so dass der Aufschwung mit Tochterunternehmen in London, Paris, Rom und New York nicht mehr zu übersehen war. Zum zehnjährigen Bestehen verfügte man über 650 Angestellte, einige Jahre später waren es etwa 1.200.

    Für die Angestellten vorbildlich waren die verschiedenen Wohltätigkeitseinrichtungen der Neuen Photographischen Gesellschaft wie eine Fabrikkrankenkasse, die den Beschäftigten neben freier ärztlicher Behandlung und Arznei ein angemessenes Krankengeld gewährte. Weihnachten bekamen sämtliche Angestellte Geldgeschenke, im Jahre 1903 waren dies immerhin insgesamt 20.000 Mark. Wer länger als ein Jahr in der Fabrik arbeitete, erhielt Urlaub bei voller Lohnzahlung. Generaldirektor und Kommerzienrat Arthur Schwarz stiftete eine Bibliothek für die Fabrik mit über 1.600 Bänden, die den Angestellten kostenlos zur Verfügung standen. Darüber hinaus gab es eine freiwillige Fabrik-Feuerwehr, die im Jahre 1904 aus 37 Mann bestand. Etwas Besonderes war das Kasino, dessen Speisesaal 36m lang, 14m breit und 12m hoch war. Hier erhielten die Mitarbeiter Speisen und Getränke zum Selbstkostenpreis, dem weiblichen Personal wurde freier Mittagstisch gewährt. Das Kasino besaß einen Lesesaal, in der Saalmitte befand sich eine Bühne, die für Theateraufführungen vorgesehen war, hier gab es auch gesellige Veranstaltungen mit Vorträgen usw.

    Die NPG ist damals weit über die Berliner Grenzen zu einem Begriff geworden. Allein auf dem Gebiet der Post- und Stereoskopkartenherstellung wurde in großer Vielfältigkeit produziert. Bilder der Hohenzollernfamilie, bekannter Militärs, von Kriegsschiffen, Abbildungen von Skulpturen verschiedenster Bildhauer, Berliner Zoobilder, Glückwunschkarten, Landschafts- und Städteansichten und eine Menge so genannter Kitschkarten waren ein Teil des Repertoires, alles in bester Qualität, schwarzweiß und koloriert. Für die große Zahl von Kaiserbildern, die in Schulen, Kasernen und sonstigen öffentlichen Gebäuden hingen, bedankte sich Wilhelm II. bei der Neuen Photographischen Gesellschaft für die Ausführung in einem besonderen Schreiben.

    Diese Erfolge waren vor allem Arthur Schwarz zu verdanken, der sich auf unzähligen Reisen u. a. nach England, USA (60 Städte in 75 Tagen), Kanada, Mexiko, Russland, Griechenland, Italien und Frankreich vielfältige Erfahrungen und Kenntnisse erwarb und Kontakte schloss, die ihm für den Aufbau seiner Unternehmung, die er 1890 in London und 1892 in New York mit der Vertretung photografischer Spezialitäten begründete, in hohem Maße zugute kamen.

    Große Verdienste erwarb man sich in der NPG bei der Herstellung lichtempfindlichen, fotografischen Papiers, speziell Bromsilberpapiers, sowie der Verwendung desselben im Rotationsverfahren. Automatisch arbeitende Belichtungs- und Entwicklungsmaschinen beschleunigten das Verfahren und lösten die Fotoherstellung mit Hilfe von Glasplatten ab.

    Die „Kilometerphotographie“ machte es möglich, dass an einem Tag mehr als 40.000 Karten hergestellt werden konnten.

    Die Grundlagen der heutigen Farbfotografie wurden durch den Chemiker Dr. Rudolf Fischer und seinem Mitarbeiter Dr. Hans Sigrist in den Jahren 1910-1912 in den Laboratorien der NPG entwickelt.

    1912 zog sich Arthur Schwarz von seinen leitenden Stellen zurück, die Konkurrenz und die allgemeine wirtschaftliche Situation machte ihm und der Firma zu schaffen. Der 1. Weltkrieg ließ vor allem die internationalen Geschäftsbeziehungen schrumpfen, so dass die Nachfrage und damit die Fabrikation stark nachließ.

    Im Jahre1921 kam das Aus. Die NPG wurde von der Dresdener „Mimosa“ übernommen und als Tochter bis 1948 weitergeführt.

    Auf dem Gelände siedelte sich u. a. zwischen Oktober 1932 bis April 1933 das Dessauer Bauhaus unter Mies van der Rohe an.

    Wolfgang Holtz

    https://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Photographische_Gesellschaft

    Die Neue Photographische Gesellschaft m.b.H. (NPG) war ein deutsches Unternehmen, das von 1894 bis 1948 bestand. Es entwickelte das NPG Pigmentverfahren, vereinfachte die Massenherstellung von Fotografien und gilt als der Erfinder der „Kilometer-Fotografie“. Dabei wurde statt einzelner Bögen das Fotopapier erstmals in „kilometerlangen“ Rollen eingesetzt. Ebenso war sie als Verlag aktiv.

    #Deutschland #Preußen #Steglitz #Siemensstraße #Birkbuschstraße #Nicolaistraße #Geschichte #Photographie #Arbeit #Technologie #Kaiserreich

  • Uber condamné aux prud’hommes à verser près de 17 millions d’euros à 139 chauffeurs lyonnais
    https://www.francetvinfo.fr/france/uber-condamne-aux-prud-hommes-a-verser-pres-de-17-millions-d-euros-a-13

    Es muß die Höhe des vom Arbeitsgericht festgelegten Schadensersatz sein, der große Redaktionen dazu bewegt, aus einem Urteil in erster Instanz eine Schlagzeile zu machen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig und die beklagte Firma wird in Revision gehen. Noch ist also nichts entschieden.

    Interessant ist immerhin, dass in Frankreich gegen Uber geklagt werden konnte. Noch vor nicht langer Zeit wurden die Verträge mit Fahrern und Fahrgästen durch die niederländische Uber-Niederlassung geschlossen, so daß der Gerichtsstand bei Auseinandersetzungen mit dem Konzern regelmäßig in diesem Königreich lag und nicht beispielsweise in Frankreich.

    20.1.2023 - L’entreprise a annoncé qu’elle allait faire appel.

    La société Uber a été condamnée par le conseil des prud’hommes de Lyon à verser quelque 17 millions d’euros à 139 chauffeurs de VTC, a annoncé à l’AFP leur avocat, Me Stéphane Teyssier, vendredi 20 janvier. « On a eu une décision assez historique aujourd’hui. Uber a été condamnée à requalifier les contrats de 139 chauffeurs pour un montant de 17 à 20 millions d’euros », a-t-il déclaré, confirmant une information du quotidien régional Le Progrès.

    >> A LIRE AUSSI. Uber Files : révélations sur les pratiques de lobbying du géant des VTC 

    Les chauffeurs Uber lyonnais avaient saisi les prud’hommes pour requalifier la relation qui les liait en contrat de travail. Le conseil, qui rendait sa décision en délibéré, s’est prononcé « sur la base d’une jurisprudence bien établie de la Cour de cassation de janvier 2020. La Cour de cassation a estimé que les chauffeurs Uber devaient être considérés comme des salariés. Ce n’est pas une surprise. C’est l’application logique d’une telle jurisprudence », a estimé l’avocat des chauffeurs.

    La société Uber, sans communiquer le montant de la somme qu’il devra verser, a fait savoir à l’AFP qu’elle allait faire appel. « Cette décision vient à rebours de la position largement partagée par les conseils de prud’hommes et les cours d’appel qui confirment l’indépendance des chauffeurs VTC utilisant l’application, jugeant notamment qu’il n’existe aucune obligation de travail, ni d’exclusivité vis-à-vis d’Uber ou encore que les chauffeurs demeurent totalement libres dans l’organisation de leur activité », a commenté un porte-parole de la société.

    #Frankreich #Lyon #Uber #Scheinselbständigkeit #Urteil #Arbeitsgericht

  • Uber condamné aux prud’hommes à verser 17 mlns d’euros à des chauffeurs lyonnais
    https://www.usinenouvelle.com/article/uber-condamne-aux-prud-hommes-a-verser-17-mlns-d-euros-a-des-chauffeu

    20.1.2023 - Le tribunal des prud’hommes de Lyon a condamné vendredi la société Uber à verser environ 17 millions d’euros de dommages à un groupe de chauffeurs de VTC qui demandaient à être requalifiés comme salariés du groupe, a-t-on appris auprès des deux parties.

    L’avocat des 139 conducteurs, Stéphane Teyssier, s’est félicité d’une grande victoire après un long bras de fer judiciaire engagé en 2020.

    Le tribunal a estimé que la relation de travail entre ses clients et Uber devait être requalifiée en contrat de travail, impliquant le remboursement des frais professionnels tels que l’achat d’un véhicule, de carburant, ou le paiement d’heures supplémentaires, a-t-il expliqué.

    Uber a annoncé qu’il ferait appel de cette décision, se disant convaincu que la meilleure façon d’avancer sur les droits des travailleurs de sa plate-forme était le dialogue social avec les représentants des conducteurs.

    Le groupe américain a annoncé mercredi un accord avec les représentants des chauffeurs VTC sur un revenu minimum par trajet.

    Le jugement du tribunal des prud’hommes, qui ne s’applique qu’au passé et ne préjuge pas du statut actuel des chauffeurs concernés, s’appuie sur une décision prise en mars 2020 par la Cour de cassation de requalifier en contrat de travail la relation entre Uber et un de ses anciens chauffeurs.

    #Frankreich #Lyon #Uber #Scheinselbständigkeit #Urteil #Arbeitsgericht

  • Uber défait par la Cour de justice de l’UE
    https://www.liberation.fr/futurs/2017/12/20/uber-defait-par-la-cour-de-justice-de-l-ue_1618008

    #Uber ist seit 2017 ein Unternehmen der Beförderungsbranche und nicht ausschließlich Vermittler, auch wenn das Unternehmen nicht müde wird, genau das zu behaupten. Dieser Artikel berichtet über die erfolgreiche Klage Spanischer Uber-Fahrer vor dem Europäischen Getichtshof, welcher diesen Status für ganz Europa festgelegt hat.

    20.12.2017 par Christophe Alix - Suite à la plainte d’une association de taxis barcelonaise, le leader mondial des applications de transport urbain à la demande devra être soumis à une autorisation préalable, comme les taxis.

    Les revers juridiques s’enchaînent pour Uber en Europe, plus que jamais soumis à de multiples « risques réglementaires » susceptible de remettre en cause la viabilité de son modèle économique. Dernier en date, la décision de la Cour de justice de l’UE (CJUE), mercredi matin, selon laquelle son application de mise en relation de passagers avec des chauffeurs indépendants affiliés relève bien du « domaine des transports ». Une décision qui signifie concrètement que son service peut donc être soumis dans l’Union aux mêmes réglementations que celles imposées aux taxis. La cour, basée à Luxembourg, s’est penchée sur ce point à la suite d’une plainte en 2014 d’une association de taxis barcelonaise, Elite Taxis. Cette dernière s’estimait victime d’une « concurrence déloyale » du service UberPop, ouvert à des chauffeurs sans licence préalable, et qu’Uber avait également lancé en France à la même époque.

    Une lecture opposée à celle de la multinationale californienne, qui avait plaidé que son activité se limitait à l’exploitation d’une plateforme numérique jouant le rôle d’intermédiaire entre particuliers et chauffeurs. « C’est une victoire sociale, a réagi Elite Taxis par la voix de son porte-parole, Ivan Sesma, à Barcelone. C’est la société qui va vraiment en profiter. » Ce dernier estime cependant que « le chemin sera long » pour imposer cette décision de la CJUE partout où est présent Uber.

    Un service « global »

    « Le service fourni par Uber ne se résume pas à un service d’intermédiation », a considéré la Cour, estimant que l’application fournie par Uber fait « partie intégrante d’un service global dont l’élément principal est un service de transport ». Pour la juridiction européenne, le fournisseur « crée » effectivement « une offre de services de transport urbain, qu’il rend accessible, notamment par des outils informatiques ». Il devient donc « possible d’imposer à Uber l’obligation de disposer d’une autorisation administrative préalable », selon la réglementation relevant en la matière de chaque Etat membre. L’avocat général de la Cour, Maciej Szpunar avait plaidé en mai que la plateforme électronique Uber devait « posséder les licences et agréments requis par le droit national ».

    L’avocate d’Elite Taxis, Montse Balaguer, avait salué ces conclusions qui, selon elle, ne laissaient pas de « place au doute. La répercussion est très importante, car cela suppose que désormais Uber a l’obligation légale de respecter les normes en matière de transport dans chacun des Etats de l’UE ». Le jugement aura un impact « sur la capacité de l’UE d’assurer que les services en ligne ne sont pas restreints de manière indue par les Etats membres, avait mis en garde Jakob Kucharczyk, porte-parole de la CCIA, un lobby des entreprises du numérique dont fait partie Uber. Soit il permettra de promouvoir le marché unique numérique, soit il conduira à plus de fragmentation du marché pour les innovateurs en ligne ».

    Le gouvernement français « conforté »

    Dans une déclaration écrite, la ministre française des Transports, Elisabeth Borne, s’est réjoui de la décision de la CJUE, qui « conforte la détermination du gouvernement à mettre en œuvre une régulation efficace de l’activité de VTC, en faveur à la fois de la sécurité des clients, des conditions de travail des chauffeurs et d’une concurrence loyale entre les acteurs ». La ministre des Transports avait annoncé au début du mois qu’une nouvelle mission de réflexion sur la régulation du secteur des VTC allait être menée jusqu’en mars afin de s’attaquer à la réglementation du temps de conduite, sans aucun cadre aujourd’hui pour les VTC, et de la mise en place d’un tarif minimum, réclamé par les chauffeurs. Par ailleurs, à partir du 1er janvier, seuls les chauffeurs titulaires d’une carte VTC – et plus les chauffeurs capacitaires Loti, à l’origine limités au transport de groupes – pourront exercer leur activité via les différentes plateformes de réservation, conformément à la loi Grandguillaume de décembre 2016, qui a durci les conditions d’accès à la profession.

    Pour Uber, cette décision « ne changera pas les choses dans la plupart des pays de l’UE, où nous opérons déjà en respectant la réglementation en vigueur, indique une porte-parole de la plateforme. Des millions d’Européens sont toujours empêchés d’utiliser des applications comme la nôtre. […] Il est approprié de réguler les services comme Uber et donc nous allons continuer à discuter avec les municipalités dans toute l’Europe ».

    Ces derniers mois, Uber va de défaite en défaite en justice. En novembre, un tribunal du travail de Londres, où la compagnie a fait appel de la décision de la ville de lui retirer sa licence, a estimé qu’elle devait rémunérer au salaire minimum ses chauffeurs et leur offrir des congés payés comme s’il s’agissait de salariés. En France, l’Urssaf, qui réclame 5 millions d’euros d’arriérés de cotisations sociales à Uber, a certes été débouté en première instance par la justice, mais d’autres épreuves attendent ses dirigeants de l’époque UberPop. Ils avaient été déclarés coupables de complicité d’exercice illégal de l’activité d’exploitants de taxis, et condamnés en première instance. Le procès en appel est prévu en 2018.

    L’application estonienne Taxify condamnée en France

    Enfin, il n’y a pas qu’Uber à se retrouver condamné par la justice. Pas plus tard que le jeudi 14 décembre, le tribunal de grande instance de Paris a rendu une ordonnance de référé par lequel l’application d’origine estonienne de VTC Taxify, récemment arrivée en France et à Paris, a été sommée, sous astreinte, de retirer le mot « taxi » de son appellation, qui relève d’une activité réglementée différente de celle des VTC. Le tribunal a jugé que « cette dénomination crée d’évidence une confusion sur son activité pourtant étrangère à celle de taxi », et qu’en conséquence, cela « constitue un trouble manifestement illicite ». « Cela revient à condamner le service à la fermeture en France, estime Emmanuel Soussen, l’avocat d’une association de taxis plaignante – et par ailleurs de Libération. On imagine mal cette application opérant dans plusieurs pays changer de nom pour sa seule activité sur notre territoire », a-t-il conclu.

    #Spanien #Uber #Scheinselbständigkeit #Urteil #Arbeitsgericht