Berliner Rettungswagen braucht 46 Minuten zum Notfall

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  • Von Marzahn nach Spandau : Berliner Rettungswagen braucht 46 Minuten zum Notfall
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    Le service d’aide médicale urgente de Berlin n’est plus capable d’intervenir dans des délais raisonnables. La croissance de la ville, le manque d’effectifs et de véhicules et les files d’attente dans les autres service médicales ont crée une trop grande demande pour le SAMU. Après des décennies d’austérité et de restructurations du secteur médical la survie des patients est menacé par de très longues temps d’attente.

    14.12.2023 von Andreas Kopietz - Berliner sollten keinen medizinischen Notfall erleiden – und wenn, dann nur zu bestimmten Tageszeiten. Oft ist kein Rettungswagen frei. So häufig galt im Dezember Ausnahmezustand.

    Es gibt inzwischen Feuerwehrleute, die bei dem Thema sarkastisch werden: Den Herzinfarkt, die Niereninsuffizienz oder den Schlaganfall solle man besser verschieben, wenn man in Berlin wohnt. Die Feuerwehr hat nämlich zu wenige Rettungswagen (RTW). In diesem Monat ist es besonders schlimm. Jeden Tag herrscht „Ausnahmezustand Rettungsdienst“. Zeitweise steht nicht ein einziger Rettungswagen zur Verfügung. Und wenn, dann brauchen die Retter oft zu lange zum Patienten – mitunter mehr als 30 Minuten. Denn sie müssen weite Strecken durch die Stadt zurücklegen.

    So musste sich nach Informationen der Berliner Zeitung zum Beispiel in der vergangenen Woche der RTW 6110 von seinem Stützpunkt in Marzahn mit Blaulicht durch die gesamte Stadt bis nach Spandau quälen. Er benötigte dafür 46 Minuten. Gerufen wurde er wegen Rückenschmerzen. Diese sind in den meisten Fällen harmlos. Selten könnte die Ursache aber auch ein Herzinfarkt sein, dessen Schmerz in den Rücken ausstrahlt.
    So oft gab es im Dezember schon Ausnahmezustand Rettungsdienst:

    Am Mittwoch war bisher der schlimmste Tag für die Rettungskräfte: 16 Stunden Ausnahmezustand.

    Am Mittwoch war bisher der schlimmste Tag für die Rettungskräfte: 16 Stunden Ausnahmezustand.Berliner Zeitung

    Der Ausnahmezustand Rettungsdienst wird immer dann ausgerufen, wenn mehr als 80 Prozent der Rettungswagen ausgelastet sind und die vorgegebene Zeit vom Notruf bis zum Eintreffen der ersten Helfer nicht mehr gehalten werden kann. Dann muss Personal, das laut Plan auf Löschfahrzeugen sitzt, Rettungswagen besetzen – was zulasten des Brandschutzes geht. Ein Beispiel: Laut der vom Lagedienst erstellten Stärkemeldung waren am Montag dieser Woche 22 Löschfahrzeuge personalgemindert oder gar nicht besetzt. Es fehlten 14 RTW, davon 13 von den Hilfsorganisationen, die über einen extremen Mangel an Notfallsanitätern klagen. Diese wandern nach der Ausbildung oft in andere Bundesländer ab, wo das Arbeiten angenehmer und die Bezahlung besser sind.

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    Im Durchschnitt elf Stunden und 22 Minuten Ausnahmezustand

    Bei Ausnahmezustand können die Rettungswagen nur für nötigste Arbeiten, wie etwa das Auffüllen von Material, außer Betrieb genommen werden. Für Putzen und Pausen ist da keine Zeit.

    Im Durchschnitt dauerte der tägliche Ausnahmezustand im Dezember elf Stunden und 22 Minuten. Im Allgemeinen setzt der Mangel gegen Mittag ein und dauert bis in die Nacht. An diesem Donnerstag wurde der Ausnahmezustand um 10.08 Uhr ausgerufen. Er endete am Freitagmorgen, um 1.15 Uhr. Und so droht der Dezember den Rekord vom November zu schlagen, als an 25 Tagen die RTW knapp waren.

    Experten nennen viele Ursachen für die Krise des Rettungsdienstes: etwa der Mangel an ausgebildeten Notfallsanitätern. Oder ein hohes Anspruchsdenken in der Bevölkerung, weshalb wegen Kleinigkeiten sofort der Notruf 112 gewählt wird. Als eine weitere Ursache wird auch das System der Arztpraxen benannt, wo Kassenpatienten keine Termine bekommen und sich deshalb an die Feuerwehr oder direkt an die Notaufnahmen der Krankenhäuser wenden. Der Rettungsdienst muss im Grunde die Mängel des Gesundheitssystems ausbaden.
    Innenverwaltung stoppt Ausschreibung an private Dienstleister

    Kritisiert wird von vielen das sture Anwenden des Standardisierten Notruf-Abfrageprotokolls (SNAP), weshalb ein RTW beziehungsweise Notarzt auch wegen einer Nagelbettenzündung oder wegen „Blutung mit internistischer Ursache“ (Nasenbluten) losfährt. Mit den standardisierten Fragen sei es nicht möglich, bei der Notrufannahme zu differenzieren, lautet einer der Kritikpunkte. Etwa bei der Frage „Atmet die Person normal?“ Der Verein „Berlin brennt“, ein Zusammenschluss von Feuerwehrleuten, würde SNAP deshalb am liebsten abschaffen, während andere, wie die Deutsche Feuerwehrgewerkschaft, dafür werben, SNAP klug anzuwenden, weil es Rechtssicherheit gebe. Es schütze die Kollegen, argumentiert auch ein Behördensprecher.

    „Berlin brennt“ kritisiert in einer Presseerklärung zudem, dass die Senatsinnenverwaltung den benötigten Mehrbedarf an RTW nun doch nicht durch einen privaten Dienstleister auffüllen will wie zunächst geplant. Sie habe eine Ausschreibung von 18 zusätzlichen RTW ohne Angabe von plausiblen Gründen oder wirksamen Ersatzmaßnahmen überhastet gestoppt. Der feuerwehrpolitische Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, Alexander Herrmann, sagt dazu: „Es ist eine Grundsatzfrage, ob man privatisiert oder die Hilfsorganisationen stärkt. Wir favorisieren die Stärkung der Hilfsorganisationen.“

    #Allemagne #Berlin #SAMU #austérité #santé