Leiter der Mauer-Gedenkstätte in Berlin : „Die Mauer ist für viele Schüler weiter weg als Pompeji“

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    Herr Klausmeier, beim Zeitunglesen hat man heute den Eindruck, die DDR und der SED-Sprech existiere noch. Im Zusammenhang mit der aktuellen Fluchtbewegung ist von „_kriminellen Menschenhändlerbanden“ die Rede, auch ein Schießbefehl wurde gefordert. Spielt das in Ihrer Arbeit eine Rolle, oder blicken Sie streng historisch zurück?
    Nein, wir sind unmittelbar mit den aktuellen Ereignissen konfrontiert, unter anderem dadurch, dass in einem Teil des früheren Aufnahmelagers für DDR-Flüchtlinge in Marienfelde, das zu uns gehört, rund 700 Flüchtlinge aus Syrien untergebracht sind. Es gibt auch erstaunte Gesichter von Schülern in unseren Seminaren, wenn wir zum Beispiel das Wort „_Fluchthelfer
    “ benutzen. In unserem Kontext ist das sehr positiv besetzt, etwa wenn es um West-Berliner geht, die Tunnel gruben, um Menschen zur Flucht aus Ost-Berlin zu verhelfen.

    Heute verstehen die Schüler darunter Kriminelle, die gegen Geld Kriegsflüchtlinge aus Syrien in einen Lkw pferchen und denen es egal ist, ob die Menschen darin ersticken. Das führt zu Diskussionen. Wir können auch historische Bezüge zur aktuellen Situation herstellen, was Flucht, Ankommen und Integration von Millionen DDR-Bürgern in der Bundesrepublik angeht. Insbesondere beim Thema Integration habe ich die Hoffnung, dass wir aus den Erfahrungen von damals heute Nutzen ziehen können.

    Beschäftigt es Sie, dass heute in Europa wieder Stacheldrahtgrenzen aufgebaut werden?
    Das bewegt mich sehr. Denn es sind Länder wie Ungarn, die damals die Öffnung der Grenzen eingeleitet haben, die jetzt als erste wieder Grenzen dichtmachen. Da wird etwas von der unglaublichen Errungenschaft von 1989, nämlich die friedliche Revolution und die Überwindung der Diktatur in der DDR und Osteuropa, teilweise rückgängig gemacht.