Taxifahrer in Südafrika wehren sich gegen Dumping durch US-Konzern (junge Welt)

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    Nichts ging mehr am vergangenen Freitag morgen auf der R24, der wichtigsten Verbindungsstraße zwischen Johannesburg und dem internationalen Flughafen »O. R. Tambo«. Verzweifelt schleppten Reisende ihre Koffer zu Fuß in Richtung der Abflughallen, die Bilder gingen durch Südafrikas Medien. Grund für den Kollaps zur Hauptverkehrszeit in der Finanz- und Börsenmetropole war ein Protest von Taxifahrern gegen den Fahrdienst Uber. Diese sehen sich durch das US-Unternehmen zunehmend aus dem Markt gedrängt. Weil Südafrikas Regierung dagegen nichts unternimmt, eskaliert der Konflikt.

    »Uber bringt uns um«, erklärte Taxifahrer Abner Mashikinoya am Freitag im Gespräch mit dem Nachrichtenportal News24. Der Konzern sei nach Südafrika gekommen, »um die Branche kaputtzumachen«. Was der Johannesburger vermutet, legt nicht nur die Niedrigpreispolitik des Konzerns nahe. Auch die weltweiten Kernzahlen des Uber-Geschäfts lassen durchaus den Rückschluss zu, dass es dem Unternehmen nicht vorrangig um zeitnahe Gewinne, sondern (zunächst) um die Beseitigung der Konkurrenz geht. Bei 3,76 Milliarden US-Dollar (3,53 Milliarden Euro) Umsatz, so berichtete die Wirtschaftswoche am Montag online unter Berufung auf die aktuellsten Zahlen des Konzerns, habe Uber 2,2 Milliarden US-Dollar Verlust gemacht. Solange die Kapitalgeber den Kurs unterstützen, stört das kaum. Uber strebt nach langfristiger Marktdominanz, die Anleger spekulieren auf die – freilich rein imaginäre – Wertsteigerung des Dienstes.

    Leidtragende sind Taxifahrer wie Mashikinoya. »Wir können nicht einmal mehr unsere Kinder zur Schule schicken«, sagte dieser mit Blick auf die gesunkenen Einnahmen und die hohen Kosten für Schulgebühren und Lernmaterialien. »Es reicht, wir sind es satt, und wir sind wütend.« Unterstützung bekam Mashikinoya von Taxiverbandssprecher Reuben Mzayiya. »Uber ist illegal«, erklärte der im Gespräch mit dem Sender 702 Talk Radio. »Wenn man hier operieren will, muss man sich beim Verkehrsministerium registrieren und sämtliche Voraussetzungen erfüllen. Uber macht all das nicht. Es unterhält einfach eine Parallelstruktur und verlangt einen Bruchteil unserer Preise«, führte Mzayiya aus. Dahinter steckt neben der globalen Strategie, Fahrer lediglich über seine App zu vermitteln, aber nicht anzustellen, um so Dumpingpreise zu erreichen, zusätzlich ein hausgemachtes südafrikanisches Problem. Dort gilt für Taxifahrten nämlich ein von der Regierung festgelegter Mindestpreis pro Kilometer von derzeit 15 Rand (1,07 Euro). Da Uber jedoch als Charterdienst gilt, kann es diesen Tarif unterbieten – und den Taxifahrern daher im großen Stil Kunden abspenstig machen. »Ich würde da auch Uber nutzen, denn es ist billig«, gestand Mashikinoya offen.

    Südafrikas Regierung denkt derzeit nicht daran, den Forderungen nach einem Uber-Verbot nachzukommen. Ismail Vadi, Verkehrsminister der Provinz Gauteng, zu der Johannesburg gehört, befand noch am Freitag vor dem Verkehrsausschuss, dass »dieser Typ von technologischer Innovation und angebotenem Service durch diese Art von Unternehmen für die Gesellschaft wertvoll ist«. Der Politiker des regierenden African National Congress (ANC) erklärte zwar, dass die Taxibranche Lobbyarbeit betreiben könne, wenn sie damit nicht einverstanden sei. Den Protest vom Freitag, den die Polizei schließlich nach mehr als drei Stunden aufgelöst hatte, nannte er jedoch »illegal«. Die Taxifahrer haben ihrerseits weitere Blockaden angekündigt, sollte die Regierung nicht auf sie zukommen. Mashikinoya konnte sich ohnehin nur einen Grund für die Pro-Uber-Politik vorstellen: »Die Regierung weiß doch, dass sie Geld von Uber genommen hat, weil sie korrupt ist.«

    Doch die Wut darüber trifft in der Regel weder Regierungsbeamte noch die Konzernmanager, sondern vor allem die Uber-Fahrer. Erst Anfang Februar fielen Taxifahrer vor dem Johannesburger Bahnhof Rosebank mit Knüppeln über ihre Konkurrenten und deren Autos her. Ein Einzelfall war das nicht (in andern Ländern, die Uber im Zuge seiner neoliberalen Aggression beglückt hat, kam das auch schon vor, beispielsweise in Frankreich und den USA; Red.). Die Uber-Auftragnehmer verlangen vom Konzern daher besseren Schutz. Am Freitag versammelte sich eine Gruppe von ihnen vor dem Unternehmenssitz in Johannesburg. Doch die Firmenleitung lehnt Gespräche mit den eigenen »Fahrer-Partnern«, wie sie die auf dem Papier unabhängigen »Transportunternehmer« nennt, ab. Sicherheit sei ein wichtiges Anliegen für das Unternehmen, und man wolle, dass die »Partner« das Gefühl hätten, »mit uns jederzeit über alles reden zu können«, erklärte Uber-Südafrika-Sprecherin Samantha Allenberg in einer Stellungnahme gegenüber dem Nachrichtenportal eNCA. Doch »die Meinung dieser kleinen Gruppe« repräsentiere nicht die der über 4.000 Uber-Fahrer in Südafrika.

    Ähnlich arrogant wie gegenüber den eigenen Scheinselbständigen äußerte sich Allenberg auch zu den Protesten der Taxifahrer. Diese hätten »lediglich unterstrichen, warum Menschen sich immer häufiger für sichere, verlässliche Alternativen wie Uber entscheiden«, sagte die Sprecherin zu News24. Der Konzern biete seine »Technologie« aber gern auch den Taxifahrern an, führte sie zudem aus. »Viele Taxifahrer« hätten sich Allenberg zufolge sogar bereits bei Uber angemeldet – »um ihre Einkommen zu steigern«. Kapitulation mag manchen verzweifelten Fahrern tatsächlich als einziger Ausweg erscheinen, die Wut wird dadurch allerdings kaum gelindert werden. Weitere Proteste – und gewaltsame Übergriffe – sind so eine Frage der Zeit. Solange lediglich Fahrer auf andere Fahrer eindreschen, scheint Uber dies wenig zu stören.

    #Taxi #Uber #Südafrika