Warum gibt’s bei den überlangen Filmen keine Pause mehr wie früher ?

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  • Kino: Warum gibt’s bei den überlangen Filmen keine Pause mehr wie früher?
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    30.10.2023 von Stefan Hochgesand - Unser Autor erinnert sich an die Pausen bei den Kinovorführungen seiner Teenagerzeit – und fragt sich: Wieso gibt’s die heute nicht mehr? Dann macht ein Anruf ihn schlauer.

    Letzte Woche schlug mein lieber Freund B. vor, ins Bali-Kino zu gehen. Ein niedliches Kino in Zehlendorf, in dem wir dieses Jahr auch schon Steven Spielbergs „Die Fabelmans“ gemeinsam gesehen hatten. Diesmal auf dem Kinoprogramm: „Jeder schreibt für sich allein“. Dominik Grafs Dokumentarfilm über Schriftsteller im Dritten Reich. Deutlich härterer Stoff als „Die Fabelmans“, aber ich hatte Cornelia Geißlers lobende Besprechung hier in der Berliner Zeitung gelesen. Sowieso wollte ich B. sehr gerne treffen an dem Abend, und ich hatte Lust aufs Bali-Kino. So ein Ausflug nach Zehlendorf fühlt sich für mich als Neuköllner eh immer nach einer entspannten Landpartie an. Dann der Schock: Der Film dauert zwei Stunden und 47 Minuten. Mit Werbung gerechnet also locker drei Stunden. Uff.

    Auf die Gefahr hin, mich hier als Kulturbanause zu outen: Solche Längen beunruhigen mich. Was, wenn der Film doch nicht so gut ist? Dann sitzt man drei Stunden fest. Und selbst wenn er großartig sein sollte: Irgendwann nach zwei Stunden will man vielleicht doch mal was von der Kinobar holen oder aufs Klo gehen oder mit der Kinobegleitung Konversation machen oder vielleicht auch einfach nur ein paar Minuten Pause vom Dritten Reich auf der Leinwand haben?

    Wenn ich an meine extralangen Kino-Erlebnisse als Teenager denke („Herr der Ringe“, „Harry Potter“), dann gab es da immer Pausen zwischendrin, um Popcorn oder Eiskonfekt zu holen. Einige Male habe ich in den letzten Jahren an der Kinokasse gefragt, ob es solche Pausen gibt. Ich wurde dann stets ungläubig angestarrt, so als wäre das eine völlig absurde Idee – fast so, als hätte es so was niemals gegeben. Die Blockbuster werden immer länger und die Aufmerksamkeitsspanne einiger (nicht nur junger TikTok-erprobter) Menschen sinkt. Wie kann das sein, dass man keine Pausen mehr will?

    Ich rufe bei einem großen Berliner Kino an, um es zu erfahren: Man würde durchaus gerne auch mal Pausen einlegen, antwortet man mir dort – aber viele Regisseure würden das bei ihren Filmen inzwischen untersagen. Krass. Sie wollen ungeteilte Aufmerksamkeit. Schon verständlich, aber vielleicht wäre man nach einer Pause sogar noch wacher bei der Sache? Die drei Stunden mit B. im Bali-Kino gingen dann übrigens überraschend schnell rum. Vermutlich spricht das für den Film und fürs Bali und für B. Und dafür, dass meine Aufmerksamkeitsspanne noch nicht ganz vom hektischen Internet ruiniert ist.

    #cinéma #entracte